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CDU-Filz und - zfd-online.net

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In Rom, wo die Familie des 1885 in<br />

Sassari, Sardinien, geborenen Mario<br />

Sironi wohnte, lernte der junge Maler<br />

um 1910 Giacomo Balla, Umberto Boccioni<br />

<strong>und</strong> andere Mitglieder der Avantgarde-Bewegung<br />

des Futurismus kennen.<br />

„Ein Rennwagen ist schöner als die<br />

Nike von Samothrake“ lautete einer der<br />

ästhetischen Leitsprüche in den zahllosen<br />

Manifesten der Gruppe jener Zeit.<br />

Aufgabe der Kunst wurde die Auseinandersetzung<br />

mit dem Leben in der Großstadt,<br />

dem neuen Standard der voranschreitenden<br />

Technik <strong>und</strong> die<br />

Aufsplitterung<br />

der Erfahrbarkeit<br />

von Raum<br />

<strong>und</strong> Zeit –<br />

doch<br />

„Selbstbildnis“, 1908 „Paesaggio urbano con aeroplano“, 1920<br />

man war zugleich auch nationalistisch<br />

gesonnen. Man liebte die italienische<br />

Heimat, so daß einige futuristische Gemüter,<br />

wie etwa der richtungsweisende<br />

Dichter Gabriele d’Annunzio, sich nahtlos<br />

in die faschistische Denkungsart<br />

eingliedern konnten. Nach der offiziellen<br />

Aufforderung an Sironi im Jahre 1914,<br />

sich der futuristischen Bewegung anzuschließen,<br />

schuf dieser höchst eigenwillige<br />

Portraits <strong>und</strong> Interieurszenen in der<br />

typischen, prismatischen Aufsplitterung<br />

der Farben <strong>und</strong> Formen.<br />

Um 1920 präsentieren sich die Werke<br />

Sironis dagegen in ganz anderer Weise:<br />

Dem Rausch aus Farbe <strong>und</strong> Bewegung<br />

folgen beklemmend ruhige <strong>und</strong> menschenleere<br />

Ansichten der düsteren Vorstädte,<br />

der Fabrikanlagen. In Mailand<br />

formierte sich um Sironi um 1922 die<br />

Malergruppe des „Novecento Italiano“,<br />

welche sich ohne festgelegte ästhetische<br />

Normen für die Notwendigkeit einer<br />

neuen plastischen <strong>und</strong> kompakten<br />

Malerei einsetzte – neben Sironis<br />

urbanen Landschaften<br />

kristallisieren sich in diesem<br />

Umkreis auch die monumentalen,psychologisierend<br />

gesehenen<br />

Figuren von Carlo<br />

Carrà oder die aus<br />

wenigen, leisen<br />

Gegenständen<br />

komponierten<br />

Stille-<br />

„Paesaggio urbano“, 1919 „Il camion giallo“, 1919<br />

„Paesaggio urbano“, 1922<br />

Nummer 62 · 28.1.1994 · Seite 12<br />

Vom Futurismus zur monumentalen Figurenmalerei<br />

Mario Sironis Leben <strong>und</strong> Werk<br />

ben des Giorgio Morandi heraus. Sironis<br />

Glaube an den ideologischen Auftrag<br />

der neuen italienischen Kunst wird vollends<br />

1933 sichtbar, als er das „Manifest<br />

der Wandmalerei“ formuliert <strong>und</strong> sich<br />

für die Notwendigkeit einer „neuen<br />

faschistischen Kunst“ ausspricht: „Die<br />

Wandmalerei ist die eigentliche Form<br />

der sozialen Malerei. Der Vorstellungskraft<br />

des Volkes kann sie besser als jede<br />

andere Form entsprechen“.<br />

Man möchte in den großfigurigen, athletischen<br />

<strong>und</strong> scheinbar klassischen Vorbildern<br />

nachempf<strong>und</strong>enen Figuren der<br />

danach von Sironi geschaffenen Werke<br />

heute bisweilen den italienischen Prototyp<br />

einer faschistisch-totalitären Kunst<br />

erkennen, die sich im Gegenzug zu dem<br />

„sozialistischen Realismus“ stalinistischer<br />

Prägung entwickelte. Nicht zu<br />

übersehen ist im Europa der dreißiger<br />

Jahren allerdings die allgemeine Tendenz<br />

zu einer klassischen, der abstrakten<br />

Moderne entgegenwirkenden Figurenmalerei,<br />

die als neue Auseinandersetzung<br />

mit der sichtbaren Realität<br />

gewertet werden kann – selbst Picasso<br />

experimentierte damals mit den Formen<br />

monumentaler Figuren.<br />

Sironis Bedeutung für die Entwicklung<br />

der modernen Malerei in Italien ist<br />

unangefochten; eine eingehende Diskussion<br />

<strong>und</strong> Bewertung seiner künstlerischen<br />

<strong>und</strong> ideologischen Position<br />

bleibt in Deutschland, wo man auch die<br />

eigene totalitäre Kunst ängstlich in<br />

Depots versteckt, jedoch weiterhin zu<br />

leisten. Sironi starb 1961 in Mailand,<br />

nachdem er die Nachkriegsjahre<br />

erschüttert durch die Auswirkungen der<br />

faschistischen Ideologie <strong>und</strong> den<br />

Selbstmord seiner Tochter durchlebt<br />

hatte. Eine erste Auseinandersetzung<br />

mit seinem Werk fand in Deutschland<br />

1988 anläßlich einer Retrospektive in<br />

Baden-Baden <strong>und</strong> Düsseldorf statt. gol

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