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ses muss sich das Objekt selbst erklären können und begründen,<br />
warum es existiert. Sowie Respekt zeigen. Man muss beim Designprozess<br />
nur darauf achten, dass innerhalb des Projektes eine<br />
eigene Charakteristik, eine eigene Sprache erwächst. Aber es ist<br />
nicht so, dass ich das Gefühl habe, etwas implementieren zu müssen.<br />
Ich lasse es passieren, ich lasse es ganz natürlich wachsen. Für<br />
dieses Vorhangsystem „Ready Made“, das wir für Kvadrat entwickelt<br />
haben, haben wir lange darüber nachgedacht, wie man es installiert,<br />
welche Werkzeuge man dafür braucht. Es ist schließlich<br />
auch eine Angelegenheit von Common Sense, eine<br />
Frage des Hausverstandes. Aber gleichzeitig wusste<br />
ich, dass daraus auch eine eigene Sprache erwachsen<br />
würde. Die Poesie wuchs auf ganz natürliche Art.<br />
Sehen Sie sich selbst als Romantiker?<br />
Vielleicht. Aber natürlich bin ich als Designer ein<br />
wenig reaktionär. Früher waren die Menschen bessere<br />
Konsumenten. Und die Produkte waren besser.<br />
Im zunehmenden Konsumzwang wird eine Menge<br />
von Dingen zu billig, zu schnell und überhaupt nicht<br />
fair hergestellt. Dadurch entstehen auch Konsequenzen<br />
für die Gesellschaft – der Müll, die Verschmutzung.<br />
Rund um uns werden Dinge billiger und billiger und immer<br />
schlechter gemacht. Das macht mich reaktionär. Das Haus meiner<br />
Großeltern etwa war eine bessere Umgebung als das Apartment, in<br />
dem ich jetzt wohne.<br />
Aber das Haus der Großeltern war wahrscheinlich vor allem<br />
auch ein emotionaler Ort?<br />
Nein, ich meine das aus Designersicht. Die Qualität der Dinge war<br />
einfach höher im Haus meiner Großeltern. Und noch dazu war das<br />
Haus voller kultureller Zeichen.<br />
22 Schaufenster<br />
Ready Made Curtain. Für Kvadrat haben<br />
die Bouroullec-Brüder das Prinzip Vorhang<br />
vereinfacht.<br />
„Design muss<br />
die Kultur mit<br />
Zeichen der<br />
Veränderung<br />
füttern.“<br />
Das „Zeichensetzen“ gehört auch zu den Designaufgaben . . .<br />
Design muss ein Zeichen des Wandels setzen. Das haben wir in<br />
Europa vielleicht vergessen, weil wir alles als selbstverständlich hinnehmen<br />
– Bildung, Essen und so weiter. Aber in anderen Ländern,<br />
wo Kinder etwa nicht in die Schule gehen, dort braucht es noch dringender<br />
Zeichen der Veränderung. Ich glaube, dass Design die Kultur<br />
mit solchen Zeichen füttern muss.<br />
Sie sagen, „Fake“ und „Schein“ nehmen überhand. Kann man<br />
dem entfliehen, wenn man das Archaische sucht? Nach dem<br />
Motto: Die besten Dinge sind schon erfunden, man<br />
muss sie nur wieder ausgraben.<br />
Wir haben bereits eine Menge Kontrolle und Verständnis<br />
die Dinge betreffend verloren. Vielleicht ist<br />
das archaisch, was im Grunde mit unserem Instinkt,<br />
mit unserem Hausverstand, der uns leitet, zu tun hat.<br />
Wir nutzen iPhones, Smart Phones, schauen uns Science-Fiction-Filme<br />
an und glauben, dass ein Tisch in<br />
Zukunft schweben könnte. Aber der Tisch wird niemals<br />
schweben. Wir könnten so viel Energie aufwenden,<br />
damit der Tisch endlich schwebt, um nachher<br />
daraufzukommen, dass es besser und energieeffizienter<br />
ist, wenn er einfach vier Beine hat. Wie ein normaler Tisch<br />
eben. Es ist nicht so, dass die Designer zu archaischen Dingen<br />
zurückkommen müssen. Es geht nur darum, dass die Realität der<br />
Zukunft einfach nicht so aussehen wird wie in Stanley Kubricks<br />
„2001: A Space Odyssey“. Doch so „clean“ sind wir Menschen nicht.<br />
Die Zukunft wird eher wie „Blade Runner“ aussehen.<br />
Virtueller und physikalischer Raum sind ja fast so etwas wie Konkurrenten<br />
geworden. Doch eins hat der reale Raum immer voraus:<br />
die „Atmosphäre“.<br />
Fotos: Beigestellt