Contents - Konrad Lorenz Institute
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Zusammenfassungen der Artikel in deutscher Sprache<br />
O’Connell/R. Dunbar<br />
Ein Test für das Erfassen von „false<br />
belief“ bei Schimpansen<br />
„False belief“ Aufgaben werden im Bereich der Entwicklungspsychologie<br />
dazu verwendet eine „theory<br />
of mind“ bei Kindern nachzuweisen. Bei Tierversuchen<br />
wurde ähnliche Kompetenzen im Bereich der<br />
sog. „sozialen Kognition“ untersucht, welche als<br />
Vorstufen einer „theory of mind“ angesehen werden.<br />
Jedoch wurden eigentlich „false belief“ Tests<br />
bei Tieren nicht durchgeführt.<br />
In dieser Arbeit werden die Ergebnisse eines nonverbalen,<br />
mechanischen – einem „false belief“ Test<br />
analogem Test vorgestellt. Getestet wurden 4<br />
Schimpansen, 11 autistische Erwachsene und 41<br />
Kinder im Alter zwischen 3 und 6 Jahren. Die Ergebnisse<br />
legen die Annahme nahe, dass die mentalen<br />
Fähigkeiten von Schimpansen denen von Kindern<br />
vor der Entwicklung einer „theory of mind“ ähnlich<br />
sind.<br />
Fred Heeren<br />
Frühe Craniata und<br />
der Weg zur Kognition<br />
Haikouella lanceolata erscheint derzeit als das älteste,<br />
gut dokumentierte Chordatier. Dieses Tier besitzt<br />
ein relativ grosses Gehirn und wirft damit die<br />
Frage auf, ob Gehirn und Endoskelett gleichzeitig<br />
evoluierten – wie bisher angenommen wurde, oder<br />
ob das Gehirn lange Zeit vor der Ausbildung eines<br />
Endoskelettes vorhanden war. Paläontologische<br />
Untersuchungen dazu sprechen von einem „top<br />
down“ Muster im Auftreten neuer Formen im Fossilbestand.<br />
Davon ausgehend stellt sich auch die Frage<br />
ob menschliche Kognition gleichsam unvermeidlich<br />
im Verlauf der Evolution auftraft, oder ob diese<br />
eher durch bloße historische Zufälligkeiten entstand.<br />
Verläuft Evolution „bottom up“ indem<br />
kleine Veränderungen unter natürlicher Selektion<br />
zu größeren Veränderungen führen, oder sind hier<br />
auch „top down“ Kräfte wirksam, welche die Entwicklung<br />
von Organismen nur innerhalb bestimmter<br />
Formen zulässt<br />
Ingo Brigandt<br />
Gestalt-Experimente und induktive<br />
Beobachtungen. <strong>Konrad</strong> <strong>Lorenz</strong>’ frühe<br />
erkenntnistheoretische Schriften und<br />
die Methoden der klassischen Ethologie<br />
<strong>Konrad</strong> <strong>Lorenz</strong> formulierte seine frühen erkenntnistheoretischen<br />
Auffassungen während der vierziger<br />
Jahre, wobei er die Bedeutung der kognitiven Prozesse,<br />
der Induktion sowie der Gestaltwahrnehmung<br />
betont. Nach dem zweiten Weltkrieg benutzte<br />
er diese philosophische Theorie, um die Methodik<br />
der klassischen Ethologie gegenüber anderen<br />
Ansätzen in der Verhaltensforschung zu verteidigen.<br />
Dieser Beitrag diskutiert das Verhältnis zwischen<br />
<strong>Lorenz</strong>’ ethologischer Methodologie und seiner<br />
Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie.Dabei<br />
wird deutlich, dass <strong>Lorenz</strong> deutliche Parallelen zwischen<br />
beiden zieht. Auf der methodologischen<br />
Ebene kommt für <strong>Lorenz</strong> die Beobachtung logisch<br />
und zeitlich vor dem Experiment. Erkenntnistheoretisch<br />
hat die Gestaltwahrnehmung Vorrang vor der Induktion.<br />
Während die Beobachtung von Verhaltensmustern<br />
hauptsächlich vom kognitiven Prozess der<br />
Gestaltwahrnehmung Gebrauch macht, stützt sich<br />
das Experiment auf Induktion. Ferner wird untersucht,<br />
welche dieser vier Elemente von <strong>Lorenz</strong>’<br />
theoretischem und methodologischen Ansatz sich<br />
gegenseitig begründen, z.B. ob <strong>Lorenz</strong> die Eigenschaften<br />
der Gestaltwahrnehmung verwendet, um<br />
den spezifischen methodologischen Ansatz der klassischen<br />
Ethologie zu rechtfertigen, oder ob die Methodologie<br />
der Ethologie die Gestaltwahrnehmung<br />
als wichtige kognitiven Mechanismus fordert. Es<br />
wird deutlich, dass es das Hauptziel von <strong>Lorenz</strong>’ erkenntnistheoretischen<br />
Schriften der Nachkriegszeit<br />
ist, den auf qualitativen Beobachtungen beruhenden<br />
Ansatz der klassischen Ethologie zu verteidigen.<br />
Dies passt mit der Tatsache, dass <strong>Lorenz</strong> mehrmals<br />
dem Vorwurf ausgesetzt war, dass die Vorgehensweise<br />
der traditionellen Ethologie keine ernsthafte<br />
Wissenschaft sei. Selbst heutzutage ist es nicht wirklich<br />
geklärt, welche erkenntnistheoretische Rolle Beobachtung<br />
und Experiment spielen. Das Verdienst<br />
von <strong>Lorenz</strong> ist es, klarzumachen, dass wir eine Theorie<br />
der kognitiven Prozesse brauchen, die bei der Gewinnung<br />
biologischen Wissens beteiligt sind.<br />
Evolution and Cognition ❘ 199 ❘ 2003, Vol. 9, No. 2