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OchesenWeg_Schriften_loRes_26062015.pdf

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Die historischen Ochsentriebe von Ungarn nach Bayernfür die Viehzucht: Erstens standen in diesen eherdünn besiedelten Regionen riesige Weideflächenzur Verfügung, zweitens war die dort gezüchteteRinderrasse den wechselnden Temperaturenoder dem kalten Winter gegenüber resistenterals andere Rassen. Das ungarische Graurindkonnte ganzjährig ohne Stallung draußen gehaltenwerden.Bessere FleischqualitätUngarisches Ochsenfleisch muss zu diesenZeiten das Nonplusultra auf dem europäischenFleischmarkt gewesen sein. Heimische Ochsenunterlagen im Vergleich ihrer ungarischen Konkurrenzin vielerlei Hinsicht, weshalb sich dasGraurind aus Ungarn als begehrte Importwareund Fleischlieferant bestens durchsetzen konnte.Die heimischen Rinder wurden vorwiegendals Zugtiere in der Landwirtschaft gehalten. Siewiesen mehr Muskelanteile und weniger Fett auf.Ihr Gewicht betrug nur etwa 200 kg, während dasungarische Steppenrind mühelos das zwei- biszweieinhalbfache (ca. 350–500 kg Lebendgewicht)davon erreichen konnte. Das Schlachtgewichtder Importtiere, also das reine Fleisch nach derSchlachtung, lag bei ca. 200–280 kg. Geschmackund Qualität des Steppenrindes schnitten ebenfallsbesser ab als beim heimischen Schlachtvieh,sodass die „Ungarochsen“ lange Zeit als Lieferantendes besten und teuersten Fleisches angesehenwurden. Aber auch im Vergleich zu anderen Importrindernhatte das ungarische Vieh gute Chancenauf dem Markt, es war günstiger zu bekommenals die polnische oder dänische Konkurrenzund bot dazu auch noch eine bessere Qualität. 1Veränderte EssgewohnheitenAuch die Ernährungsgewohnheiten der Stadtbevölkerungänderten sich in der Frühen Neuzeitganz rapide, vor allem bei der aufstrebendenBürgerschicht, die sich viel Luxus – wie zumBeispiel – ungarisches Rindfleisch oder teureGewürze leisten konnte. In der differenziertenStadtgesellschaft, in der unterschiedliche sozialeGruppen zusammenlebten, wurde das Bedürfnisnach Abgrenzung und Statuspräsentation immergrößer. Das üppige Essen, opulente Festmahle undbürgerliche Hochzeiten mit einem reichhaltigenFleischangebot wurden zum Statussymbol. Derzunehmende Wohlstand der bürgerlichen Schichtführte zu einem vermehrten Fleischkonsum.Das bezeugen auch Vergleiche von historischenKochbüchern ganz anschaulich. Während dasälteste erhaltene deutsche Kochbuch „das buochvon guoter spîse“ (um 1350 Würzburg) nur einigewenige Rezepte mit Rindfleisch enthält, bietet das„Ein new Kochbuch“ von Marx Rumpolt aus demJahre 1581 (Frankfurt am Main) eine wahre Fülleund Variationsbreite von 83 Rindfleischgerichten.Fleischhaus zu Nürnberg: „Ungarn giebt unswilde Stier desen sich die Metzger freuen...“ Radierung um 1700Vom Ochsenfuß zum BiberschwanzHistorische Kochbücher(14.–16. Jahrhundert)Was waren die Leibspeisen unserer Vorfahren?Was wurde im Spätmittelalter und in der FrühenNeuzeit gekocht? Darüber geben u. a. die historischenKochbücher Auskunft.Das älteste erhaltene deutsche Kochbuch, auchdas Würzburger Kochbuch genannt, stammt ausdem Jahre 1350: „das buoch von guoter spîse“.Es ist eine handschriftliche Rezeptsammlung inMittelhochdeutsch mit 101 Rezepten. Ochsenfleischkommt hier noch kaum vor.Das erste gedruckte deutsche Kochbuch ist 1485in Nürnberg erschienen, mit dem Titel „NürnbergerKüchenmaistrey“ mit Rezepten für die feine,gehobene Küche. Auch in diesem Kochbuch spieltRindfleisch noch keine wichtige Rolle.Besonders beliebt war auch der Renaissance-Bestseller aus Venedig, eine Übersetzung aus demItalienischen, mit dem Titel „Von der anständigenWollüstigkeit“ (De Honesta Voluptate), in deutscherSprache und in Druck erschienen 1542.Mit der Ausbildung des Bürgertums begann auchdie Tradition, Rezepte aufzuschreiben und fürdie Familie festzuhalten. Typische Gerichte einerAugsburger Patrizierfamilie enthält das Kochbuchder Philippine Welser aus dem Jahre 1545.Ein Meilenstein der Kochbuchliteratur war dasNew Kochbuch von 1581 (Frankfurt am Main)von Marx Rumpolt. Rumpolt, der ungarischerAbstammung war, arbeitete als Mundkoch desMainzer Kurfürsten Daniel Brendel von Homburg.Der professionelle Koch verfasste das ersteLehrbuch für Köche. Somit war er in Deutschlandeiner der ersten namentlich bekannten Meister,der das Wissen seiner Zunft allgemein zugänglichmachte. In seinem Werk finden sich zahlreicheOchsenfleischgerichte, wie zum Beispiel folgendes„Einen ganzen Ochsenkopfzu kochen“ –Rezept aus dem Kochbuchvon MaxRumpolt 1581Rezept, für die bessere Lesbarkeit in die heutigeSprache übertragen:Abendessen aus OchsenfüßenKoche die Ochsenfüße in Wasser, lasse sie auskühlen,säubere sie und entbeine sie, dann lege sie inEssig, dem du ein wenig Salz beigegeben hast.Darinnen lasse sie eine Stunde liegen, dann nimmsie heraus und schneide sie klein, dass es dünnist. Vor dem Anrichten lege sie in eine Schüsselund gieße frischen Essig darüber, streue Ingwerund gesäuberte, kleingezupfte grüne Petersiliedarüber. Also pflegt man gemeiniglich zu Nacht zueinem Salat zu geben, sonderlich im Sommer. 2Der Biber als Fisch?Die Fastenzeit war ein wichtiges Thema und vieleKochbücher enthielten einen extra Rezeptteilfür die fleischlosen Tage. Auffallend oft enthaltendiese Sammlungen Gerichte aus Biberfleisch. Obaus Unwissenheit oder als kleines Hintertürchen,um auf Fleisch nicht ganz verzichten zu müssen,wurde der Biber als Wassertier zu den Fischengezählt und durfte damit auch in der Fastenzeitzubereitet werden. Als besondere Delikatesse galtder Biberschwanz, gedämpft oder als Pastete.Biberschwanz-Rezepte finden sich in zahlreichenhistorischen Kochbüchern vom 14. bis ins 19. Jahrhundert.1 Kiss, Die Bedeutung der ungarischen Viehzucht,10 Seite 1072 http://www.koch-welten.de/Rezeptemarxrumpolt.htm11

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