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RÜCKENWIND

Rückenwind. Was Studis gegen Stress tun können - TU Ilmenau

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Wohltuendes in die Waagschale<br />

Interview mit Dipl.-Psych. Eva Koppenhöfer<br />

Psychologische Psychotherapeutin, Lehrpraxis, Supervisorin, Dozentin<br />

an der Universität Mannheim und an Universitäten in China<br />

Welche Auswirkungen hat eine Zeit, in der man sich auf sich selbst und sein<br />

Wohlbefinden besinnt, darauf, wie man sich anschließend wieder den Aufgaben<br />

des Alltags zuwendet?<br />

Wenn man unentwegt arbeitet, nimmt die Konzentrationsfähigkeit kontinuierlich<br />

ab. Bei geistiger Arbeit sollte man nach ungefähr 45 Minuten<br />

eine Pause machen, um die Konzentrationsfähigkeit zu erhalten. Manche<br />

Menschen haben Schwierigkeiten abzuschalten, sie können lernen, ihre<br />

Aufmerksamkeit im Wechsel auf verschiedene Inhalte auszurichten, auf die<br />

Leistungsinhalte und auf Wohltuendes. Man könnte sich eine alte Waage<br />

mit zwei Schalen vorstellen. Auf der einen Seite liegt das, was Anforderungen<br />

an uns stellt und Energie verlangt – wenn diese Seite schwerer ist,<br />

kommen wir aus der Balance. Auf der anderen sammeln wir alles ein, was<br />

uns ein positives Gefühl vermittelt, auch die vielen Kleinigkeiten – wenn<br />

diese Seite schwerer ist, werden wir nicht krank, sondern stärken unsere<br />

psychische Abwehrkraft.<br />

Wie gelingt es, das schlechte Gewissen zum Schweigen zu bringen, wenn es<br />

einem beim Genießen Pflichtvergessenheit und Selbstbezogenheit vorwirft?<br />

Man kann sich in einer Arbeitssituation einen Plan machen, in dem die Pause<br />

ihren festgelegten Platz in einem klaren Zeitablauf hat. Dem Gewissen<br />

kann man erzählen, dass man die Arbeit unterbricht, um die Leistungsfähigkeit<br />

aufrecht zu erhalten, es muss akzeptieren, dass man nicht unentwegt<br />

leistungsfähig sein kann. Und man sollte sein schlechtes Gewissen auch<br />

nicht durch Bewertungen anderer füttern lassen. Es geht um Selbstverantwortung:<br />

Ich sorge für mich und mein Wohlgefühl.<br />

Sie empfehlen den Genuss mit allen fünf Sinnen, fällt es den heutigen Menschen<br />

Ihrer Erfahrung nach schwer, sich auf die einfachen, unmittelbaren<br />

Wahrnehmungen des Augenblicks einzulassen?<br />

Absolut, oft empfinden wir nur dann etwas Positives als erwähnenswert,<br />

wenn es etwas Exklusives, Außergewöhnliches ist. Dabei gibt es so viel Tolles,<br />

an dem wir uns erfreuen können, das weder viel Vorbereitung noch<br />

Geld kostet – wir haben es vergessen und nutzen es nicht. Aber wir können<br />

uns darauf besinnen, was wir jederzeit in unserer Umgebung vorfinden und<br />

uns darauf einlassen, ob es der Klang einer Glocke ist oder das Geräusch<br />

einer ins Laub fallenden Nuss.<br />

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