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AUS DEN SPORTVEREINEN<br />
Wenn der „Geldbriefträger“ zweimal kassiert<br />
Der 85-jährige Günther Burandt ist aktiver Mitgestalter des Vereinslebens<br />
Im angestaubten Verwaltungsdeutsch<br />
würde man<br />
Günther Burandt wohl<br />
Lichtgeld-Kassierer nennen.<br />
Doch diese Bezeichnung<br />
ist viel zu profan für<br />
ein langjähriges Vereinsmitglied<br />
des TC Rot-Weiß Stiepel,<br />
das, so der 1. Vorsitzende<br />
Ulrich Nötzlin, „als guter<br />
Geist kleinere Aufgaben<br />
kontinuierlich wahrnimmt<br />
und damit den Vorstand bei<br />
dessen Arbeit wirkungsvoll<br />
entlastet.“ Und was<br />
die Charakterisierung von<br />
Burandts Aufgabe betrifft,<br />
möchte Nötzlin viel lieber<br />
vom sympathisch klingenden<br />
„Geldbriefträger“ sprechen.<br />
Zweimal im Monat leert der<br />
85-jährige Burandt die drei<br />
Lichtgeldautomaten in der<br />
<strong>Stiepeler</strong> Tennishalle, rollt die<br />
Euromünzen und zahlt das<br />
Geld auf das Vereinskonto<br />
ein. Zwischen 400 und 600<br />
Euro kommen pro Monat zusammen,<br />
über sieben Monate<br />
läuft die Hallensaison beim<br />
TC Rot-Weiß. „Alles geschieht<br />
auf absoluter Vertrauensbasis“,<br />
sagt der 1. Vorsitzende,<br />
„wir würden nie auf den Gedanken<br />
kommen, ihn bei seiner<br />
Aufgabe zu kontrollieren.“<br />
Günther Burandt zählt zu den<br />
ältesten unter den über 500<br />
Mitgliedern des <strong>Stiepeler</strong> Tennisclubs.<br />
Seine Leidenschaft<br />
für den Tennissport lebte der<br />
Günther Burandt leert die Lichtgeldautomaten in der Tennishalle des Tennis-Clubs<br />
Rot-Weiß Stiepel.<br />
Foto: 3satz<br />
heutige Senior zunächst von<br />
1948 bis 1967 bei Blau-Weiß<br />
Wanne-Eickel aus, seit dem<br />
1. Januar 1967 ist Burandt<br />
Mitglied des TC Rot-Weiß<br />
Stiepel. Beruflich war der<br />
stets aktive Tennisspieler im<br />
Bergbau beschäftigt, was zur<br />
damaligen Zeit für ein Mitglied<br />
eines Tennisclubs als nicht<br />
standesgemäß galt. „Ich habe<br />
damals mal einen Vereinsvorsitzenden<br />
aus Gelsenkirchen<br />
getroffen, der entsetzt darüber<br />
war, dass in seinem Club<br />
Mitglieder angemeldet waren,<br />
die nicht mal ein Haus besaßen“,<br />
erzählt Günther Burandt<br />
amüsiert und ergänzt: „Bergleute<br />
gehörten damals in<br />
den Kleingarten oder in den<br />
Männergesangverein.“ Die<br />
Meisterschaftsspiele, die er<br />
regelmäßig bestritt, wurden<br />
noch mit Balljungen ausgetragen,<br />
die 60 Pfennig für die<br />
Stunde bekamen, und die<br />
Tenniskleidung war weiß.<br />
Der 85-Jährige hat nicht nur<br />
in den Vereinen gespielt, er<br />
hat auch aktiv in der Vereinsorganisation<br />
mitgewirkt. In<br />
Stiepel war Günther Burandt<br />
in den Bau des Clubhauses<br />
einbezogen, organisierte in<br />
der damals noch internetlosen<br />
Zeit die Platzvergabe und<br />
sorgte für das Catering, als<br />
der Verein noch keine Pächter<br />
für die Gastronomie hatte.<br />
„Bockwurst mit Brot und Hühnersuppe<br />
standen damals als<br />
Standardangebote auf unserer<br />
Karte“, erinnert sich Ulrich<br />
Nötzlin an die Zeit,<br />
als der „Wirtschaftsbetrieb<br />
Tennisclub“ in<br />
Schwung kam.<br />
Seit gut einem<br />
Jahr greift Günther<br />
Burandt nicht mehr<br />
zum Tennisschläger.<br />
Dafür platziert er nun<br />
erfolgreich die Boule-Kugeln<br />
auf der neuen<br />
Boule-Bahn des<br />
Vereins. Donnerstags<br />
treffen sich dort bis<br />
zu 20 Personen, darunter<br />
auch Günther<br />
Burandt und seine<br />
Ehefrau Inge. „Wir<br />
bewegen uns draußen,<br />
es sind auch viele<br />
Frauen dabei und es macht<br />
einfach Spaß“, schildert<br />
Burandt begeistert. Selbstverständlich<br />
trifft man sich<br />
nach dem Sport auch noch in<br />
geselliger Runde zum Essen.<br />
Eine weitere Leidenschaft,<br />
die Günther Burandt mit seiner<br />
Ehefrau teilt, ist das Reisen,<br />
speziell das Reisen auf<br />
Kreuzfahrtschiffen. Nur wenige<br />
Tage nach dem Gespräch<br />
mit dem <strong>Stiepeler</strong> <strong>Bote</strong>n ging<br />
das Ehepaar auf seine 21.<br />
Kreuzfahrt. Mit der MSC Orchestra<br />
wurden von Genua<br />
aus auf dem Mittelmeer und<br />
dem Atlantik attraktive Destinationen<br />
wie Marseille, Barcelona,<br />
Malaga, Casablanca<br />
oder Lissabon angesteuert.<br />
Uli Kienel<br />
<strong>Dezember</strong> <strong>2015</strong> | <strong>Stiepeler</strong> <strong>Bote</strong> | 25