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atw 2017-06

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<strong>atw</strong> Vol. 62 (<strong>2017</strong>) | Issue 6 ı June<br />

Die 15. AtG-Novelle zur Umsetzung der<br />

EURATOM-Sicherheits- Richtlinie<br />

391<br />

Christian Müller-Dehn<br />

Die 15. AtG-Novelle (AtG: Atomgesetz) hat das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren mit dem Beschluss des<br />

Bundestages in der dritten Lesung vom 30.3.<strong>2017</strong> und der Befassung im Bundesrat vom 12.5.<strong>2017</strong> nunmehr vollständig<br />

durchlaufen, harrt aber noch der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt. Hintergrund aller Regelungen sind die<br />

Ergänzungen der EURATOM-Sicherheits-Richtlinie, die der Europäische Rat im Juli 2014 beschlossen hat und die<br />

bis spätestens August <strong>2017</strong> in den nationalen Regelungen der EURATOM-Mitgliedsstaaten zu verankern sind. Da<br />

die meisten dieser Ergänzungen jedoch bereits geltender Standard im deutschen Atomrecht waren, waren die für<br />

Deutschland umsetzungsbedürftigen Regelinhalte gering. Dies wird ausdrücklich auch in der Gesetzesbegründung<br />

festgehalten.<br />

Die in Deutschland danach noch umzusetzenden Regelungen<br />

lassen sich drei Regelungskreisen zuordnen: Der<br />

Einführung eines periodischen Topical Peer Reviews<br />

für die kerntechnischen Anlagen, der Erweiterung der<br />

Betreiber pflichten sowie der Etablierung von Informations-<br />

und sonstigen Pflichten für die atomrechtlich<br />

zuständigen Behörden.<br />

Unstreitig neu und regelungsbedürftig ist das Topical<br />

Peer Review, das jetzt ausführlich in § 24b Abs. 2 AtG<br />

geregelt wird. Danach soll, beginnend im Jahr <strong>2017</strong>, für in<br />

Betracht kommende und sich im Geltungsbereich dieses<br />

Gesetzes befindliche kerntechnische Anlagen mindestens<br />

alle 6 Jahre eine Selbstbewertung hinsichtlich ausgewählter<br />

technischer Themen vorgenommen werden. Das<br />

bereits begonnene Topical Peer Review für <strong>2017</strong>, für<br />

das nun auch die gesetzliche Legitimation geschaffen<br />

wird, hat gemäß der europaweiten Vorgabe technische<br />

Fragen zum Alterungsmanagement zum Gegenstand.<br />

Wenn und soweit ein EU-weit abgestimmtes Thema zum<br />

nächsten oder einem späteren Topical Peer Review nur<br />

Anlagen im Leistungsbetrieb betreffen sollte, wäre das<br />

Topical Peer Review in Deutschland dann entbehrlich.<br />

§ 7 c AtG, also die Norm, die die Pflichten des Genehmigungsinhaber<br />

regelt, wächst und wächst. Die Norm<br />

wird in dreierlei Hinsicht ergänzt:<br />

So hat der Genehmigungsinhaber sicher zu stellen, dass<br />

auch Auftragnehmer und Unterauftragnehmer über die<br />

zur Erfüllung der atomrechtlichen Pflichten erforderlichen<br />

personellen Mittel verfügen. Freilich wird hierzu in der<br />

Gesetzesbegründung festgehalten, dass dies nur der Klarstellung<br />

dient und bereits zuvor materiell galt.<br />

Außerdem wird in § 7c Abs. 2 AtG eine neue Nummer 4<br />

eingefügt, die den Betreiber im Rahmen seiner Kommunikationspolitik<br />

zur Information der Öffentlichkeit,<br />

insbesondere der lokalen Bevölkerung und von Interessenträgern<br />

verpflichtet. Rechtspolitisch mag eine<br />

solche detaillierte Regelung zur Öffentlichkeitsarbeit eines<br />

Industrieunternehmens befremden, aufgrund der zahlreichen<br />

nationalen Regelungen, insbesondere in der AtVfV<br />

(Verordnung über das Verfahren bei der Genehmigung<br />

von Anlagen nach § 7 des Atomgesetzes (Atomrechtliche<br />

Verfahrensverordnung)), der AtSMV (Verordnung über<br />

den kerntechnischen Sicherheitsbeauftragten und über<br />

die Meldung von Störfällen und sonstigen Ereignissen<br />

(Atomrechtliche Sicherheitsbeauftragten- und Meldeverordnung<br />

– AtSMV)) und den Sicherheitsanforderungen<br />

an Kernkraftwerken, besteht freilich insoweit bereits eine<br />

so große Regelungsdichte, dass sich hier nur noch<br />

nachdrücklich die Frage aufdrängt, ob überhaupt noch<br />

ein Umsetzungsbedarf bestand.<br />

Drittens wird in § 7c AtG ein neuer Absatz 3 eingefügt,<br />

der den Genehmigungsinhaber verpflichtet, angemessene<br />

Verfahren und Vorkehrungen für den anlageninternen<br />

Notfallschutz vorzusehen. Aufgrund der bestehenden<br />

gesetzlichen Verpflichtungen gemäß §§ 7d, 19a Abs. 4 AtG<br />

und §§ 51, 53 StrlSchV sowie weiteren Konkretisierungen<br />

im untergesetzlichen Regelwerk, nämlich den Sicherheitsanforderungen<br />

an Kernkraftwerke, den Leitfäden zur<br />

periodischen Sicherheitsüberprüfung und einschlägigen<br />

RSK- und SSK-Empfehlungen (RSK: Reaktor-Sicherheitskommission,<br />

SSK: Strahlenschutzkommission) bestand<br />

insoweit allerdings keine ausfüllungsbedürfte Rechtslücke.<br />

Die entsprechende Regelung dient somit im<br />

Ergebnis lediglich der Transparenz gegenüber europäischen<br />

Organen. Der sehr hohe Standard hinsichtlich der<br />

mit der 15. AtG geregelten Betreiberpflichten spiegelt sich<br />

in der Stellungnahme des nationalen Normen-Kontrollrates<br />

wieder, der hierfür nur einen sehr geringen Aufwand<br />

pro kerntechnischer Anlage wiedergibt.<br />

Abgerundet werden die Neuregelungen durch Verpflichtungen,<br />

die sich an Behörden richten. Dies ist<br />

zum einen die Verpflichtung der zuständigen Behörden<br />

nach § 24 a Abs. 1 AtG, die Öffentlichkeit über den bestimmungsgemäßen<br />

Betrieb kerntechnischer Anlagen<br />

sowie über meldepflichtige Ereignisse und Unfälle zu<br />

informieren. Weiterhin wird das für die kerntechnische<br />

Sicherheit und den Strahlenschutz zuständige Bundesministerium<br />

verpflichtet, unverzüglich zu einer internationalen<br />

Überprüfung einzuladen, falls es zu einem<br />

Unfall in einer kerntechnischen Anlagen käme, der Maßnahmen<br />

des externen Notfallschutzes erforderte. Beide<br />

Pflichten sind neu und daher auch umsetzungsbedürftig.<br />

Die Änderungen der EURATOM-Sicherheits-Richtlinie<br />

waren darauf gerichtet, die kerntechnische Sicherheit<br />

in Europa weiter zu erhöhen. Vor diesem Hintergrund<br />

belegt der hier aufgezeigte sehr geringe Regelungsbedarf<br />

zur Umsetzung der EURATOM-Sicherheits-Richtlinie<br />

nochmals und sehr nachdrücklich das hohe Niveau der<br />

Anforderungen an die kerntechnischen Anlagen in<br />

Deutschland, das bereits zuvor bestanden hatte und von<br />

diesen erfüllt wird.<br />

Author<br />

Dr. Christian Müller-Dehn<br />

Senior Vice President Nuclear Regulation and Policy<br />

PreussenElektra GmbH<br />

Tresckowstraße 5<br />

30457 Hannover, Deutschland<br />

SPOTLIGHT ON NUCLEAR LAW<br />

Spotlight on Nuclear Law<br />

The 15 th German Atomic Energy Act Amendment to the Implementation of the EURATOM Nuclear Safety Directive ı Christian Müller-Dehn

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