atw 2018-10
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<strong>atw</strong> Vol. 63 (<strong>2018</strong>) | Issue <strong>10</strong> ı October<br />
| | Abb. 4.<br />
Sekundärseitige Druckentlastung. Erkennbar<br />
ist die bevorzugte Dampfbildung an der Seite<br />
der U-Rohre, die dem heißen Bein zugewandt<br />
ist. Foto: R. Düringer.<br />
den Übungssequenzen auftretenden<br />
Effekte in darauf abgestimmten Demonstrationen<br />
zu visualisieren (Abbildung<br />
4). Bis zum Kernenergieausstieg<br />
war die Nachfrage so groß, dass<br />
im Extremfall 3 Schulungs einheiten a<br />
4 Stunden an einem Tag gefahren<br />
wurden. Die Nutzung er folgte auch<br />
durch Ingenieure und Techniker<br />
von Kernkraftwerken aus Frankreich,<br />
Belgien und der Schweiz.<br />
Auch wenn diese Auslastung<br />
aktuell nicht erreicht wird, zeigt<br />
der Blick auf die Vergangenheit<br />
doch, unter welchen Bedingungen<br />
ein solches Trainingsgerät fachlich<br />
effektiv und wirtschaftlich erschwinglich<br />
betrieben werden kann. Bis zu<br />
17 Kernkraftwerksblöcke wurden<br />
seinerzeit am Simulatorzentrum betreut,<br />
mit einer entsprechenden Zahl<br />
an Fachkun digen. Hinzu kamen und<br />
kommen Kunden aus dem nahem<br />
Ausland, insbesondere der Schweiz,<br />
Schweden, Belgien. Die kerntechnische<br />
Grundausbildung in der nahen<br />
Kraftwerksschule nutzt ebenfalls das<br />
Glasmodell. Behörden und Gutachterorganisationen<br />
buchen regelmäßig<br />
mehrtägige Kurse.<br />
Eine vergleichbare Konzentration<br />
an nuklearer Ausbildung findet man<br />
aktuell in China und in Südkorea. Dort<br />
wird auch ein Teil des Personals für<br />
die Blöcke vorbereitet, die in anderen<br />
Ländern, z.B. in Abu Dhabi, errichtet<br />
werden. Hier gibt es bereits Überlegungen<br />
zum Bau eigener Glasmodelle.<br />
Andere neue Standorte, wie z.B.<br />
die EPR in Olkiluoto, Finnland, und<br />
Hinkley Point, Großbritannien, wären<br />
nahe genug am Modell in Essen, um es<br />
in ihre Ausbildung einzubinden, ohne<br />
die zugehörige Infrastruktur selber<br />
schaffen zu müssen.<br />
Entscheidend für den fachlichen<br />
Erfolg ist in jedem Falle, dass die<br />
Fachkundeinhalte und die Glasmodelleffekte<br />
ineinandergreifen. Es<br />
braucht etwas Übung und Erfahrung,<br />
um die Effekte am Glasmodell stabil zu<br />
erzeugen, was die Aufgabe des versierten<br />
Technikers im Team ist, Es braucht<br />
ebenso viel Kenntnis, Erfahrung und<br />
Augenmaß, die Effekte zu präsentieren<br />
und in der Diskussion auf die<br />
Belange des jeweiligen Kraftwerkes<br />
und die relevanten Anlagen situationen<br />
zu übertragen (Abbildung 5). Zudem<br />
muss, insbesondere in der Erstausbildung<br />
und bei Per sonal anderer<br />
„ Fakultäten“, die Vorkenntnis und<br />
der erreichte Ausbildungsstand berücksichtigt<br />
werden. Gelegentliche<br />
Erläuterungen zu den Effekten im<br />
häus lichen Umfeld, z.B. beim Kaffeekochen<br />
oder dem Ablassen einer Badewanne,<br />
gehören dazu.<br />
Beschränkt sich Thermohydraulik<br />
nur auf Wasser und Dampf? Im Rahmen<br />
des sCO 2 -HeRo-Projektes wird<br />
zurzeit ein Kreislauf mit superkritischem<br />
CO 2 an das Glasmodell angeschlossen,<br />
um Messungen im Rahmen<br />
laufender europäischer Forschungsprojekte<br />
zu ermöglichen (Abbildung<br />
6). Zunächst geht es um eine<br />
alternative Wärmeabfuhr, die z.B. bei<br />
Ausfall der Stromversorgung oder der<br />
Kühlwasserversorgung die Nachzerfallsleistung<br />
an die Atmosphäre abführen<br />
könnte. Gleichzeitig kann ein<br />
Teil der Wärme über eine Turbomaschine<br />
in elektrische Energie umgewandelt<br />
werden. Das superkritische<br />
CO 2 ist dabei ein effizienter Wärmeträger,<br />
der kleinere Komponentengrößen<br />
als bei vergleichbaren Wasser-<br />
Dampf-Kreisläufen ermöglicht.<br />
| | Abb. 5.<br />
Ein Wirbelzopf an der Ansaugung eines Stutzens. Was im heimischen<br />
Bereich an einem Abfluss beobachtet werden kann, verursacht im Nachkühlsystem<br />
ggf. den Ausfall einer Pumpe. Foto: W. Debus.<br />
Mit einem Druck um bis zu 130 bar<br />
kann der Kreislauf selbst nicht in<br />
Glas ausgeführt werden. Eine dichte<br />
Instrumentierung ermöglicht aber die<br />
Verfolgung des Kreisprozesses. Die<br />
thermohydraulischen Auswirkungen<br />
auf den Glasmodell-Kreislauf werden<br />
aber an dem linken Loop in der gewohnten<br />
Weise visualisiert werden –<br />
durch das Ablaufen von Kondensat<br />
aus dem kompakten Wärmetauscher<br />
(CHX = compact heat exchanger) in<br />
eine Glasröhre, die mit der Sekundärseite<br />
des Dampferzeugers kommuniziert.<br />
So ordnet sich das Glasmodell<br />
auch 33 Jahre nach seiner Inbetriebnahme<br />
im Kernkraftwerk Biblis in das<br />
täglich neue Bemühen ein, Fachkunde<br />
anschaulich, herausfordernd, kreativ<br />
und innovativ zu vermitteln, so wie es<br />
die Einrichtungen des Simulatorzentrums<br />
im Rahmen des Energiecampus<br />
Deilbachtal in Essen weiterhin tun<br />
werden.<br />
Author<br />
Frieder Hecker<br />
GfS Gesellschaft für Simulatorschulung<br />
mbH<br />
Essen, Deutschland<br />
| | Abb. 6.<br />
Der kompakte Wärmetauscher mit CO 2 -Leitungen, Dampfzufuhr und kommunizierender Röhre für das<br />
Kondensat am linken Dampferzeuger des Glasmodells.<br />
ENVIRONMENT AND SAFETY 531<br />
Environment and Safety<br />
Training and More on the Reactor-glass Model of the Simulator Center ı Frieder Hecker