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<strong>Seniorenzeitung</strong> Weserbergland Nr. 33 20. Oktober 2018 Seite 15<br />
Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848) ist vor 170 Jahren gestorben<br />
Eine große westfälische Dichterin<br />
Verfasser: Horst Happe, OSTR.i.R., <strong>Höxter</strong><br />
Welcher beflissene Leser kennt<br />
nicht die Ballade „Der Knabe im<br />
Moor“, hat die sechs Strophen<br />
früher vielleicht im Deutschunterricht<br />
auswendig lernen<br />
müssen. Die Ballade „Der Knabe<br />
im Moor“, die auch heute noch<br />
in Lyrik-Anthologien zu finden<br />
ist, wurde 1844 in der Sammlung<br />
Gedichte von Annette von<br />
Droste-Hülshoff im Abschnitt<br />
Heidebilder als letztes Stück im<br />
Verlag Cotta gedruckt.<br />
Annette von Droste-Hülshoff<br />
(eigentlich Anna Elisabeth Freifräulein<br />
Droste zu Hülshoff)<br />
wurde am 10. Januar 1797 auf<br />
der Wasserburg Hülshoff, etwa<br />
12 km südwestlich von Münster,<br />
geboren und wuchs dort in<strong>mit</strong>ten<br />
von Mooren, Heiden, Wäldern<br />
und Bauernland auf. Der Vater<br />
der Dichterin, Clemens August<br />
II. (1760-1826), hatte 1793 Luise<br />
Therese, geborene von Haxthausen<br />
(1772-1853) geheiratet,<br />
das einziges Kind aus erster Ehe<br />
ihres Großvater Werner Adolf<br />
von Haxthausen (1744-1823).<br />
Die Familie mütterlicherseits<br />
war in Bökendorf (Schloss Bökerhof),<br />
dem Nachbarort von<br />
Bellersen, und Abbenburg (Gut<br />
Abbenburg), also im heutigen<br />
Kreis <strong>Höxter</strong>, ansässig und genoss<br />
dort großes Ansehen. Die<br />
Dichterin selbst, meist Annette<br />
oder „Nette“ genannt, hatte noch<br />
eine ältere Schwester, Maria Anna<br />
(„Jenny“, 1795-1859), und zwei<br />
Brüder, Werner (1798-1867) und<br />
O schaurig ist´s übers Moor zu gehen,<br />
wenn es wimmelt vom Heiderauche,<br />
sich wie Phantome die Dünste drehn<br />
und die Ranke häkelt am Strauche,<br />
unter jedem Tritte ein Quellchen springt,<br />
wenn aus der Spalte es zischt und singt,<br />
o schaurig ist´s übers Moor zu gehen,<br />
wenn das Röhricht knistert im Hauche!<br />
Ferdinand („Fente“, 1800-1829).<br />
Als 1826 ihr Vater starb, siedelte<br />
die Dichterin <strong>mit</strong> ihrer Schwester<br />
„Jenny“ in den Witwensitz<br />
ihrer Mutter ins Rüschhaus bei<br />
Münster über.<br />
Da die Mutter der Droste eine<br />
geborene von Haxthausen war<br />
und vom Gut Bökerhof stammte,<br />
besuchte Annette zwischen 1805<br />
und 1820 ihren Großvater Werner<br />
Adolf von Haxthausen und<br />
ihre Stiefgroßmutter Marianne<br />
mehrere Male auf dem Schloss.<br />
Durch die Familie von Haxthausen<br />
und insbesondere August von<br />
Haxthausen (1792-1866) kam<br />
sie auch <strong>mit</strong> den Brüdern Grimm<br />
in Kontakt, die zu dem später<br />
so bezeichneten „Bökendorfer<br />
Romantikerkreis“ gerechnet werden.<br />
Hier trafen sich in der ersten<br />
Hälfte des 19. Jahrhunderts die<br />
Germanisten und vor allem die<br />
als Märchensammler berühmt<br />
gewordenen Brüder Jacob (1785-<br />
1863) und Wilhelm Grimm (1786-<br />
1859) sowie deren Bruder, der<br />
Maler und Zeichner Ludwig Emil<br />
Grimm. Der Bökerhof beherbergt<br />
heute ein diesem Literatenkreis<br />
gewidmetes Museum (vgl. Günter<br />
Tiggesbäumker).<br />
Insgesamt war Annette von<br />
Droste-Hülshoff, wie Krus festgestellt<br />
hat, siebenmal in der<br />
Heimat ihrer Mutter in Bökendorf<br />
oder bei ihrem Onkel Friedrich auf<br />
Abbenburg: 1805, 1813, 1818,<br />
1819/1820 (auch Kur in Bad<br />
Driburg), 1837, 1838 und 1839.<br />
Von den üblichen Verwandtenbesuchen<br />
auf den Schlössern in<br />
Wehrden bei „Tante Dorle“ oder<br />
auf der Hinnenburg abgesehen,<br />
gab es in der ruhigen Winterzeit<br />
einige Abwechslung.<br />
Da Abbenburg und Bökendorf<br />
zur Kirchengemeinde Bellersen<br />
gehören, besuchte die Droste dort<br />
regelmäßig den Gottesdienst.<br />
Alle genannten Mitglieder der<br />
Familie von Haxthausen haben<br />
ihre letzte Ruhe an der Bellerser<br />
Kirche gefunden. „Hier liegt<br />
auch Hermann Georg Winkelhan<br />
begraben, die historische Person<br />
der Novelle „Die Judenbuche“.<br />
Bei ihren Aufenthalten auf dem<br />
Bökerhof lernte die Droste die<br />
wahre Geschichte des Bauernsohnes<br />
Hermann Georg Winkelhan<br />
aus Bellersen kennen, der im<br />
Februar 1783 auf einem<br />
einsamen Waldweg den<br />
jüdischen Händler Soistmann<br />
Berend aus Ovenhausen<br />
erschlug. Der<br />
Mörder konnte fliehen<br />
und geriet schließlich in<br />
Nordafrika in die Sklaverei. Durch<br />
glückliche Umstände wurde er<br />
freigekauft und kehrte im Frühjahr<br />
1806 in seinen Heimatort<br />
zurück. Im Herbst des Jahres erhängte<br />
er sich in einem Wäldchen<br />
bei Bellersen. Angeregt durch<br />
das Schicksal Winkelhans schuf<br />
Annette von Droste-Hülshoff<br />
ihre zuerst 1842 erschienene<br />
Meisternovelle „Die Judenbuche“,<br />
die allerdings kein strenger<br />
Tatsachenbericht, sondern ein<br />
eigenständiges literarisches Werk<br />
ist. Die Einzelheiten kannte die<br />
Autorin aus gut unterrichteter<br />
Quelle von ihren Verwandten:<br />
veröffentlichte. Ihr Onkel August<br />
von Haxthausen (1792-1866)<br />
hatte auf Grundlage der Gerichtsakten<br />
die „Geschichte eines<br />
Algierer-Sklaven“ in der Göttinger<br />
Zeitschrift „Wünschelrute“. Da<br />
einige betroffene Personen der<br />
tatsächlichen Begebenheit aus<br />
der Zeit zwischen 1783 und 1806<br />
noch lebten, bedurfte es für die<br />
Novelle „Die Judenbuche“ der<br />
Namensänderungen von Orten<br />
und Personen.<br />
Als letzter Ort der Dichterin<br />
verbleibt Burg Meersburg am<br />
Bodensee zu nennen, wo die<br />
Dichterin bei ihrem Schwager,<br />
Freiherr von Laßberg, und ihrer<br />
Schwester Jenny („Jette“) mehrere<br />
Aufenthalte verbrachte und<br />
auch 1848 starb. Hier entstanden,<br />
auch in ihrem „Fürstenhäusle“,<br />
das sie aus dem Besitz des<br />
Großherzogs von Baden 1843<br />
<strong>mit</strong> dem Honorar ihres ersten<br />
Gedichtbandes ersteigert hatte,<br />
noch fast hundert ihrer Gedichte.<br />
War die Droste bei ihrem Tod 1848<br />
fast vergessen, galt sie 50 Jahre<br />
später als Deutschlands größte<br />
Dichterin.<br />
„Meine Lieder werden leben<br />
Wenn ich längst entschwand.<br />
Mancher wird vor ihnen beben<br />
Der gleich mir empfand.“<br />
Der Droste-Stein im Königslau,<br />
einem Wald auf der Höhe<br />
zwischen Ovenhausen und dem<br />
Vorwerk Hellersen wurde im Jahr<br />
1964 zur Erinnerung an Annette<br />
von Droste-Hülshoff errichtet.<br />
Der Hinweis auf den Standort der<br />
Judenbuche beruhte allerdings auf<br />
einem Irrtum. Wie Krus in seinen<br />
Forschungen feststellen konnte,<br />
geschah der Mord an dem Juden<br />
Soistmann Berend aus Ovenhausen<br />
am 10. Februar 1783, der die Droste<br />
zu ihrer Novelle „Die Judenbuche“<br />
anregte, also der historische Tatort,<br />
auf dem Waldweg von Bökendorf<br />
nach Ovenhausen, im sogenannten<br />
Joelskamp im Ostertal.<br />
Die Erinnerung an die Verbundenheit<br />
Droste-Hüllshoffs <strong>mit</strong><br />
der Heimat ihrer Mutter ehrt die<br />
heutigen Bürger in den Ortschaften<br />
des heutigen Kreises <strong>Höxter</strong>. Eine<br />
Aufstellung der benutzten und<br />
weiterführenden Literatur gibt es<br />
beim Autor.<br />
Annette von Droste-Hülshoff, Portrait von J.J. Sprick um 1841<br />
aus Schulte Kemminghausen & Woesler. Repro H. Happe)<br />
Die Abbenburg heute.<br />
SENIORENBÜRO<br />
im STADTHAUS HÖXTER<br />
Der Drostestein im Königslau.<br />
Fotos: H. Happe Der Bökerhof heute.<br />
Das Beverunger Seniorennetz und seine Partner trauern um Marie-Luise Horst,<br />
die viel zu früh von uns gegangen ist.<br />
Sie gehörte zu den ersten, die sich dem Netz für die ältere Generation anschloss.<br />
Ihre Idee war, die Gruppe „Die Sonntagsfahrer“ zu gründen.<br />
Immer wieder suchte sie intensiv nach attraktiven Zielen im Kreis und darüber<br />
hinaus, bereitete sich auf alle, auch die kleinen Besonderheiten des Ortes vor, ließ die<br />
Sonntagsfahrer in Fahrgemeinschaften gemeinsam fahren und schloss den Nach<strong>mit</strong>tag<br />
<strong>mit</strong> einer gemeinsamen Betrachtung des Erlebten<br />
Ihre Gesundheit ließ in den letzten Jahren keine Unternehmungen mehr zu.<br />
Alle Netzwerker vermissen ihre ‚Ise‘ und werden sich an ihre fröhliche,<br />
unkomplizierte Art, auf Menschen zuzugehen, stets gern erinnern.<br />
Ihrer Familie gilt unsere aufrichtige Anteilnahme.<br />
Telefon:<br />
0 52 71 / 69 23 983<br />
Nach Vereinbarung<br />
auch Nach<strong>mit</strong>tagstermine<br />
<strong>mit</strong> den<br />
Beratern<br />
möglich.<br />
Öffn.zeiten:<br />
Montag - Freitag<br />
10 bis 12 Uhr<br />
Der Grabstein in Meersburg.<br />
Repro: H. Happe