28.08.2023 Views

CC_02_2023_Sammelmappe_web

Create successful ePaper yourself

Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.

TRIP TIPP_ALENTEJO<br />

Wie eine Savanne rollt die gelblich gefärbte Szenerie in weiten<br />

Wellen. Ich sehe viele Korkeichen und manch aufgebauschten<br />

Hügel. Hier und dort krönen mittelalterliche Städtchen die<br />

Kuppen. Von dicken Festungsmauern umschlossen, erinnern sie<br />

an kriegerische Zeiten. Im 12. Jahrhundert war es die christliche<br />

Reconquista, die hier gegen muslimische Kolonisten kämpfte.<br />

Architektonisches Highlight ist Évora. Im UNESCO-<br />

Weltkulturerbe vereinigen sich epochale Bauwerke in den<br />

Stilen der letzten 2.000 Jahre. Darunter der römische Tempel,<br />

die romanisch-gotische Kathedrale und die einzigartige<br />

Knochenkapelle aus dem 17. Jahrhundert. Ich könnte mich aber<br />

auch in das pittoreske Monsaraz verlieben. Hier scheint die<br />

Zeit vor 300 Jahren stehen geblieben zu sein. Vom mit Zinnen<br />

bewehrten Wachturm reicht der Blick bis zu Europas größtem<br />

Stausee Alqueva. Mit 1.200 Kilometern Uferlänge windet er sich<br />

über die Grenze zu Spanien. Das Hinterland ist als Portugals<br />

dunkelste Ecke bekannt. Die Finsternis begeistert. Vielmehr<br />

der Blick ins Firmament. Denn als ich mich beim nächtlichen<br />

Weinchen in Mini-Resort „Montimerso“ auf der Terrassenliege<br />

ausstrecke, scheint es mir, also ob ich durch Millionen blinkende<br />

Sterne sch<strong>web</strong>e. Und weil gerade Neumond ist, schiebt sich<br />

sogar die Milchstraße ins glasklare Himmelzelt. Touristen sind<br />

in dieser Region so rar wie die Beschilderung auf den schmalen<br />

Landstraßen. Ohne Navi oder Google Maps findet man nicht<br />

mal das Leading Hotel und Bilderbuch-Estate „São Lourenço<br />

do Barrocal“. Ehemalige Stallungen und Wirtschaftsgebäude<br />

beherbergen Zimmer, Cottages, Gastronomie und ein Susanne<br />

Kaufmann-Spa. Der 200 Jahre alte Hof ist aber auch Herz von<br />

800 Hektar Landwirtschaft. Hier wachsen Oliven und Gemüse<br />

für die Restaurants, hier wird Wein angebaut. Und auch Getreide<br />

für die Bäckerei sowie als Futter für 220 Kühe und acht Pferde.<br />

Wenn man Glück hat, entdeckt man Arbeiter auf dem Gelände,<br />

die gerade Korkeichen schälen.<br />

Moderne Kunst in alten Gemäuern<br />

Die wenigen Reisenden, die ich treffe, sind in Sachen Wein<br />

unterwegs. Einige Winzer haben den Trend längst erkannt,<br />

bieten feines Farm-to-Table-Konzept in modern gestylten<br />

Restaurants. Ein famoses Beispiel ist „Quinta do Quetzal“ in<br />

Vidigueira. Die niederländischen Inhaber De Bruin haben<br />

zudem großartige Galerieräume für hochkarätige Modern-Art-<br />

Ausstellungen in den Hang integriert. „Mainova“ in Vimieiro<br />

gefiel mit ebenfalls richtig gut. Ökologischer Weinanbau und<br />

Olivenölproduktion teilen sich dort 200 Hektar Land. Mein<br />

Tasting genieße ich bei einem leckeren Picknick auf dem<br />

höchsten Hügel des Anwesens. Eine Fuchsfamilie ist Nachbar.<br />

Am Ende meiner Reise gerate ich sogar in ein kleines Abenteuer.<br />

Abgesehen davon, dass ich in „Herdade do Sobroso“ reizvoll<br />

wohne und köstlich speise, lädt mich GM Julio zu einer Ausfahrt<br />

im Geländewagen über den Großgrundbesitz ein. Mit sichtlichem<br />

Stolz erzählt er, dass die Käufer des Areals 600.000 Korkeichen<br />

gepflanzt haben. Das war vor mehr als 20 Jahren. Für die erste<br />

Schälung sind sie nun fast reif. Dann geht’s auf haarsträubender<br />

Achterbahnfahrt durch die Wildnis. Nix mehr mit Rolling Hills.<br />

Zwischen steilen Hügeln verbergen sich paradiesische Täler. Sie<br />

sind Habitat von Hirschen, Wildschweinen und Mufflons. Eine<br />

kleine Herde von Hirschkühen tritt aus dem dichten Grün und<br />

strebt zügig bergan. Und dann erscheint der große Chef und<br />

präsentiert sein gewaltiges Geweih. Für Machogehabe bin ich<br />

nicht unbedingt empfänglich. Doch zugegeben, als finales Motiv<br />

meiner Alentejo-Tour hat mich die Würde des mächtigen Tieres<br />

durchaus beeindruckt.<br />

ÉVORA Im UNESCO-Weltkulturerbe erlebt<br />

man die Baustile der letzten 1.200 Jahre.<br />

SÃO LOURENÇO DO BARROCAL<br />

Leading Hotel mit Farm und Pferdeställen<br />

136

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!