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Altermedia verkörpert eine neue Stufe<br />

der Internationalisierung der rechtsextremen,<br />

neonazistischen, antisemitischen,<br />

zum Teil aber auch anti-islamistischen<br />

Netzpropaganda. Daneben enthält es<br />

Artikel allgemeineren Charakters, die<br />

sicher einen etwas seriöseren Eindruck<br />

vermitteln sollen. Angeschlossene Netze<br />

existieren in Österreich, Belgien (dazu<br />

gesondert für Flandern), Frankreich,<br />

Deutschland, Griechenland, Italien, Portugal,<br />

Russland, Rumänien, Großbritannien<br />

(gesondert auch für Schottland),<br />

Spanien, Schweden, in der Schweiz<br />

(gesondert für die französischsprachige<br />

und die deutschsprachige), die Niederlande<br />

und die USA. Artikel sind bei<br />

Altermedia in den Kategorien anti-war,<br />

civil-rights, corruption, diversity, double-standards,<br />

general, immigration, islams/muslims,<br />

media-lies, race, treason,<br />

video und in einem ein Jahr zurück<br />

reichenden Archiv abzurufen.<br />

Um ein Bild von der rassistischen, antisemitischen<br />

und neonazistischen Ausrichtung<br />

des Stoertebeker-Netzes zu gewinnen,<br />

genügt eine Untersuchung der<br />

Inhalte nur weniger Tage. So wurden in<br />

der zweiten Maihälfte 2007 zahlreiche<br />

Artikel zum G8-Gipfel in Heiligendamm<br />

veröffentlicht, von denen die meisten<br />

aber im Sinne der rechten Anti-Globalisierungskritik<br />

zugleich antijüdische und<br />

antiamerikanische Töne enthielten. Eindeutige<br />

rassistische bzw. antisemitische<br />

Hetze zeigten Artikel über den Besuch<br />

des von Neonazis zum Krüppel gemachten<br />

farbigen Engländers Noel Martin in<br />

Brandenburg („Gemeinheiten zum Sonntag<br />

– Neger auf Rädern“) und über den<br />

neuen französischen Staatspräsidenten<br />

Nicolas Sarkozy („Der erste Jude in Europa,<br />

der die politische Bühne von rechts<br />

betritt“). Dazu wurde auch eine Rede<br />

des den Holocaust leugnenden iranischen<br />

Präsidenten Ahmadinedschad<br />

„an die Deutschen“ ins Netz gestellt.<br />

Mit Befriedigung konnten Rechtsextreme<br />

die Meldungen über die ablehnende<br />

Haltung der Bundestagsmehrheit<br />

gegenüber den Anträgen der Linksfraktion<br />

zur Zurückdrängung des Rassismus<br />

lesen und über die Freude des „Aktionsbüros<br />

Westdeutschland“, dass ein<br />

Gericht das Absingen des Horst-Wessel-Liedes<br />

manchmal doch erlaube (ein<br />

Betrunkener hatte es mit verfremdetem<br />

Inhalt gesungen, die Anklage war aber<br />

fallengelassen worden).<br />

Am Beispiel des Abdrucks von Beiträgen<br />

des Hamburger NPD – Chefs, Immobilienbeschaffers<br />

und Rechtsanwalts<br />

Jürgen Rieger, der auch Anmelder der<br />

Gedenkkundgebungen für Hitlers Stellvertreter<br />

Rudolf Heß in Wunsiedel ist,<br />

zeigt sich, dass im Stoertebeker – Netz<br />

auch die Funktion der Mobilisierung für<br />

Neonazikundgebungen weit oben auf<br />

der Liste steht. Werbung für Bücher<br />

und Zeitschriften nationalistischer und<br />

rassistischer Art ist zwar weniger ausgeprägt,<br />

aber ebenfalls anzutreffen –<br />

so zum Beispiel für die Neuherausgabe<br />

des Nazi-Grundlagenwerkes „Das 3.<br />

Reich“ von Möller van den Bruck oder<br />

für das in Großbritannien erscheinende<br />

„Vierteljahresheft für freie Geschichtsforschung“<br />

mit dem Schwerpunkt der<br />

antisemitischen Holocaust-Konferenz in<br />

Teheran im Dezember 2006. Inzwischen<br />

ist das weltweite Netz jedoch noch weiter<br />

im Wandel. Es entwickelt sich vom<br />

Informationsmedium zu einer Art „Netz<br />

zum Mitmachen“. Nutzer gestalten die<br />

Inhalte selbst – in Form von Tagebüchern,<br />

politischen Foren, Kontaktbörsen<br />

oder auf Videoplattformen.<br />

<strong>Die</strong> Grundlage dafür bildet die derzeit<br />

attraktivste Internetplattform „You Tube“,<br />

die im US – Bundesstaat Kalifornien<br />

gegründet wurde, bei einem amerikanischen<br />

Provider angesiedelt ist und<br />

mittlerweile den Betreibern der Internetsuchmaschine<br />

Google gehört. Damit<br />

unterliegt You Tube dem US – amerikanischen<br />

Gesetz, welches, wie schon<br />

erwähnt, eine mehr <strong>als</strong> liberale Auffassung<br />

zur Meinungsfreiheit hat und das<br />

Recht auf freie Meinungsäußerung bis<br />

zum Äußersten, d. h. auch für offen faschistische<br />

und rassistische Äußerungen,<br />

vertritt. Mit You Tube ist ein Medium<br />

für Millionen Nutzer des Internets<br />

vorhanden, in dem allen eingetragenen<br />

Mitgliedern vollkommen offen steht,<br />

welche Inhalte sie dort verbreiten. So<br />

findet man neben zahllosen Hitlerkarikaturen<br />

und Hitlersatiren, <strong>als</strong>o antifaschistischen<br />

Inhalten, auch die gesamte<br />

Bandbreite neonazistischer und anderer<br />

rechtsextremistischer Materialien. Über<br />

You Tube sind heute Millionen von Videos,<br />

vor allem auch selbst produzierte,<br />

abrufbar, was natürlich auch hinsichtlich<br />

der Qualität und Professionalität alle<br />

Schattierungen erkennen lässt.<br />

Dass die rechtsextreme Szene You Tube<br />

bald <strong>als</strong> grandioses Mittel zur Kommunikation<br />

entdecken würde, bedarf<br />

keiner Erläuterung. Sie ist nicht das einzige<br />

und auch nicht das wichtigste Mittel<br />

zur szeneinternen Kommunikation,<br />

stellt aber eine vielseitig verwendbare<br />

Plattform mit hoher Innenwirkung in der<br />

Szene und mit einem ausgedehnten Potential<br />

zur Außenwerbung dar. Vor allem<br />

bietet sie den Nutzern durch garantierte<br />

Anonymität eine bestimmte Sicherheit<br />

vor den Strafverfolgungen in Deutschland.<br />

Umfangreich ist zunächst die Bandbreite<br />

der Dokumentationen in You Tube (in<br />

der Regel Filmaufnahmen und Collagen)<br />

zu allem, was mit dem Zweiten Weltkrieg<br />

aus deutscher Sicht zu tun hat. Von Beschreibungen<br />

und Anschauungsmaterial<br />

einzelner Waffen, über Dokumentationen<br />

einzelner Waffengattungen oder<br />

verschiedenen Einzelgefechten geht es<br />

dann schnell hinüber zu offenen Glorifizierung<br />

und Verherrlichung des deutschen<br />

Soldaten im Zweiten Weltkrieg<br />

bis zu heftigen Kampfszenen, Zerstörungen<br />

und menschenverachtenden Ereignissen<br />

wie Hinrichtungen. Es wird<br />

nicht hinterfragt, kritisch bewertet oder<br />

in die historische Forschung eingebunden,<br />

sondern einfach nur neutral oder<br />

glorifizierend dargestellt. Oft werden<br />

bereits vorhandene Dokumentationen<br />

benutzt (etwa aus Fernsehfilmen), bei<br />

denen die Tonspur des Filmes entfernt<br />

und durch Musik aus martialischen<br />

Märschen, Naziliedern oder Rechtsrock<br />

ersetzt, womit die ursprünglich aufklärerischen<br />

Berichte in neonazistisches<br />

Propagandamaterial umgewandelt werden.<br />

Ähnliches geschieht mit Videozusammenschnitten<br />

aus dem Nazialltag im<br />

deutschen Reich nach 1933. Aus Bildern<br />

von Nazipublikationen, Filmsequenzen<br />

aus Wochenschauen und Nazi-Propagandafilmen<br />

entstehen in der Zusammenführung<br />

mit Hetze, Drohungen gegen<br />

politische Gegner, Antisemitismus<br />

und Fremdenhass wiederum durch Unterlegung<br />

mit Musikspuren aus alter Nazimusik,<br />

Rechtsrock und Beifügung von<br />

Symbolen heutiger rechtsextremer Parteien<br />

neue Propagandawerke.<br />

Nicht selten werden auch Werbemittel<br />

des politischen Gegners, <strong>als</strong>o insbesondere<br />

von Antifa – Gruppierungen, aus<br />

dem Internet entnommen und neu zurechtgeschnitten,<br />

mit anderer Musik<br />

unterlegt und unter neuem Namen wieder<br />

eingestellt.<br />

You Tube wird selbstverständlich von<br />

den rechtsextremen Parteien und Gruppen<br />

zur Eigenwerbung benutzt, weil dies<br />

wesentlich kostengünstiger ist, <strong>als</strong> eigenes<br />

Material wie Plakate oder Flyer zu<br />

produzieren bzw. werden live-Mitschnitte<br />

von Parteitagen, Kundgebungen,<br />

Wahlauftritten und Demonstrationen<br />

dokumentiert. Als gefährlich ist auch die<br />

auf You Tube anzutreffende Filmart zur<br />

Verfolgung und öffentlichen Beleidigung<br />

von Gegnern mit der Kamera – Durchbrechen<br />

der Privatsphäre, unterschwelliger<br />

Aufruf zu Straftaten gegen die betreffenden<br />

Personen – einzustufen. Bei<br />

täglich etwa 70.000 neuen Einstellungen<br />

von Usern in You Tube ist weder ei-<br />

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