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der Ortsgruppe Humann (von Humannplatz)<br />

eine Ansprache. 10 Pfarrer Dr.<br />

Thom war auch Leiter der Arbeitsgemeinschaft<br />

der Pfarrer der Glaubensbewegung.<br />

11 Er hielt auf der Weihnachtsfeier<br />

der Ortsgruppe Arnim (von<br />

Arnimplatz) am 21. Dezember 1932 die<br />

Festansprache. 12<br />

<strong>Die</strong> Anfänge des Kirchenkampfes<br />

in der Immanuelgemeinde<br />

Berlin war Zentrum der Auseinandersetzungen<br />

zwischen „Deutschen Christen“<br />

und Bekennender Kirche. Allerdings<br />

brach der so genannte Kirchenkampf in<br />

anderen Gemeinden erst zur Kirchenwahl<br />

im Jahre 1933 aus. Ein Verdienst<br />

der Fallstudie von Christine Knop ist<br />

es, nachgewiesen zu haben, dass es in<br />

der Immanuelgemeinde bereits 1932 zu<br />

scharfen Konflikten gekommen war. 13<br />

Bereits vor den Kirchenwahlen im November<br />

1932 eskalierten die Auseinandersetzungen<br />

in der Gemeinde zwischen<br />

den Mitgliedern des „Positiven<br />

Parochialvereins“ (Positive) und der<br />

DC. <strong>Die</strong> Mittel der DC im kirchenpolitischen<br />

Machtkampf waren „Einschüchterung<br />

von Gemeindemitgliedern, Beschwerden<br />

bei der Kirchenbehörde,<br />

Drohungen und Unterstellungen von<br />

marxistischen Ideen.“ Der GKR der Immanuelkirche<br />

wehrte sich gegen die<br />

Machtansprüche der „Deutschen Christen“,<br />

indem er ihnen die Benutzung der<br />

Gemeinderäume zu Wahlvorbereitungen<br />

verweigerte, worauf sich die DC-<br />

Gruppe beim Gener<strong>als</strong>uperintendenten<br />

beschwerte. Bei einer großen Kirchenwahlkundgebung<br />

der DC-Gruppe der<br />

Immanuelgemeinde am 11. November<br />

1932 im „Saalbau Friedrichshain“<br />

zum Thema: „<strong>Die</strong> Evangelische Kirche<br />

und wir!“, bei der u. a. auch Pfarrer Loerzer<br />

sprach, trat Pfarrer Lies <strong>als</strong> Redner<br />

mit antijüdischen Ausfällen auf und<br />

diffamierte die Positiven und den GKR.<br />

Pfarrer Carl Heinecke, Vorsitzender des<br />

Gemeindekirchenrates, protestierte vehement<br />

gegen die Diffamierung beim<br />

Superintendenten. 14<br />

Zu den Kirchenwahlen 1932 trat die Liste<br />

„Deutsche Christen“ gegen die Liste<br />

„Evangelium und Volkstum“ der Positiven<br />

an. Der NSDAP-Kreisleiter VIII<br />

(Bezirke Weißensee und Pankow), Karl<br />

Bombach, von 1928 bis 1932 Sektionsführer<br />

Prenzlauer Berg, seit 1929 Bezirksverordneter<br />

in diesem Stadtbezirk,<br />

war Spitzenkandidat der „Deutschen<br />

Christen“. Er wurde nach der Wahl einer<br />

von insgesamt sieben DC-Kirchenältesten.<br />

Als er 1934 zum Bürgermeister von<br />

Prenzlauer Berg ernannt wurde, trat er<br />

aus der Kirche aus. Auch der Apotheker<br />

Ernst Steinhausen war Kandidat der DC.<br />

Später legte er sein Amt <strong>als</strong> Kirchenältester<br />

nieder und trat gleichfalls aus der<br />

Kirche aus. <strong>Die</strong> DC erlangten 7 von 18<br />

Sitzen im GKR und stellten 23 von 60<br />

Gemeindevertretern. Trotzdem erhoben<br />

sie Einspruch gegen die Wahl, den sie<br />

mit einer angeblichen Benachteiligung<br />

durch Versagen der Gemeinderäume<br />

begründeten und indem sie Vertreter<br />

des Parochialvereins der Wahlmanipulation<br />

und Wählerbeeinflussung beschuldigten.<br />

Der Einspruch wurde vom GKR<br />

abgelehnt. <strong>Die</strong> Beschwerde der „Deutschen<br />

Christen“ gegen diesen Bescheid<br />

wurde vom Kreissynodalvorstand zurückgewiesen.<br />

<strong>Die</strong> Einführung der gewählten<br />

Körperschaften fand am 19. Februar<br />

1933 statt. 15<br />

Im Vorfeld des Volkstrauertages am<br />

12. März 1933 hatte die Fraktion der<br />

„Deutschen Christen“ im Februar 1933<br />

einen Kranz mit Hakenkreuzschleife<br />

zum Gedenken an die Kriegstoten des<br />

I. Weltkrieges in der Kirche angebracht.<br />

<strong>Die</strong> DC-Gruppe widersetzte sich mit äußerster<br />

Aggressivität der vom GKR geforderten<br />

Entfernung der Schleife. Der<br />

DC-Kirchenälteste Bombach versuchte<br />

hierbei seine Mitgliedschaft im Preußischen<br />

Landtages auszunutzen, indem<br />

er in einem Schreiben mit dem<br />

Briefkopf des Preußischen Landtages<br />

vom 8. März 1933 an den GKR ankündigte,<br />

die Hakenkreuzschleife erneut<br />

am Kranz zu befestigen. Ferner drohte<br />

er im Falle ihrer Entfernung mit einem<br />

Strafantrag. Doch der Gemeindekirchenrat<br />

unter Pfarrer Heinecke blieb<br />

standhaft. 16<br />

Besonders durch den Einfluss des DC-<br />

Gründungsmitgliedes Pfarrer Ferdinand<br />

Lies (1884–1949) wurde der Kirchenkampf<br />

in der Immanuelgemeinde mit<br />

solcher Heftigkeit ausgetragen. Lies war<br />

seit 1930 in der Gemeinde tätig. Schon<br />

im Juni 1922 hatte er wegen eines skandalösen<br />

Zeitungsartikels anlässlich der<br />

Ermordung des damaligen Reichsaußenministers<br />

Walther Rathenau Aufsehen<br />

erregt. Ein Jahr später war gegen<br />

ihn ein Strafverfahren wegen Beleidigung<br />

des Reichspräsidenten Friedrich<br />

Ebert, den er öffentlich einen „Schweinehund“<br />

nannte, anhängig. Lies galt am<br />

Anfang des Kirchenkampfes <strong>als</strong> „Speerspitze“<br />

der DC-Gemeindegruppe. Seine<br />

Neigung zum Alkohol, sein Lebenswandel<br />

und sein Auftreten im Amt riefen jedoch<br />

Kritik selbst in den eigenen Reihen<br />

hervor. <strong>Die</strong>s führte schließlich dazu,<br />

dass ihm von der Amtskirche der Vorsitz<br />

im GKR, den er von 1935 bis 1936 inne<br />

hatte, entzogen wurde und der Gemeindekirchenrat<br />

1937 sogar fast einstim-<br />

mig beschloss, um seine gänzliche Abberufung<br />

zu ersuchen. Allerdings drang<br />

die Gemeinde beim Evangelischen Oberkirchenrat<br />

damit nicht durch. Erst Ende<br />

1946 musste Pfarrer Lies die Gemeinde<br />

verlassen. 17<br />

Einen treuen Mitstreiter hatte Lies in<br />

Erich Loos, der schon seit 1913 Küster<br />

der Immanuelgemeinde war. Als Mitglied<br />

der NSDAP und späterer Mitarbeiter<br />

der Gestapo setzte sich Loos stets<br />

für die Belange der DC ein. 18<br />

Epilog<br />

Gemäß der Auskunft einer Protokollantin<br />

der Entnazifizierungskommission<br />

Prenzlauer Berg wäre der Bürgermeister<br />

und Kirchenälteste Bombach nach dem<br />

Einzug der Roten Armee in Weißensee<br />

1945 mit seinem Stab noch mehrere Tage<br />

in Berlin im Auto umher geirrt. Als er<br />

schließlich keinen Ausweg mehr wusste,<br />

hätte er sich und seine Frau sowie<br />

seine Schwiegermutter in der Schule in<br />

der Prenzlauer Allee 227/228 vergiftet.<br />

<strong>Die</strong> Leichen sollen dann gegenüber an<br />

der Immanuelkirche begraben worden<br />

sein. 19<br />

Oliver Reschke M. A.<br />

1 Der Angriff, Nr. 5, 4.2.1929 und Nr. 6, 11.2.1929;<br />

vgl. auch Nr. 4, 28.1.1929, Anz.<br />

2 Christine Knop, Evangelischer Kirchenkampf am<br />

Beispiel der Berliner Immanuelgemeinde in den<br />

Jahren von 1932 bis 1945, Hausarbeit am Institut<br />

für katechetischen <strong>Die</strong>nst Berlin 2002, S. 4.<br />

3 Ebd., S. 3/4; Hans-Rainer Sandvoß, Widerstand in<br />

Prenzlauer Berg und Weißensee, Bd. 12 der Schriftenreihe<br />

über den Widerstand in Berlin von 1933<br />

bis 1945, Hrsg. Gedenkstätte Deutscher Widerstand,<br />

Berlin 2000, S. 236, vgl. auch S. 16; Vgl.<br />

ebenso: Der Angriff, Nr. 190, 21.9.1932: „Zu den<br />

Kirchenwahlen“ und Nr. 33, 8.2.1933: „Erster Kulturabend<br />

der Glaubensbewegung ‚Deutsche Christen‘“.<br />

4 Der Angriff, Nr. 223, 29.10.1932, Anz. Zu Pfarrer<br />

Freitag vgl. Der Angriff, Nr. 254, 6.12.1932: „Gaukirchentag<br />

der ‚Deutschen Christen‘“.<br />

5 Der Angriff, Nr. 236, 14.11.1932: „Bisheriges Ergebnis<br />

der Kirchenwahlen“.<br />

6 Knop, S. 6; Sandvoß 12, S. 236.<br />

7 Vgl. Knop, M4: Schreiben an den Gemeindekirchenrat<br />

der Immanuelkirchengemeinde.<br />

8 Vgl. Ankündigungen in: Der Angriff ab Nr. 239 vom<br />

18.11.1932.<br />

9 Der Angriff, Nr. 242, 22.11.1932.<br />

10 Der Angriff, Nr. 252, 3.12.1932.<br />

11 Vgl. Der Angriff, Nr. 254, 6.12.1932: „Gaukirchentag<br />

der ‚Deutschen Christen‘“.<br />

12 Der Angriff, Nr. 269, 23.12.1932.<br />

13 Knop, S. 6, 24.<br />

14 Ebd., S. 15/16, M2.<br />

15 Ebd., S. 16, zu den Kandidaten S. 27.<br />

16 Ebd., S. 15/16, M1.<br />

17 Ebd., S. 15, 24, 26, zum Wirken von Lies an der<br />

Immanuelkirche nach 1933 siehe auch S. 17–23;<br />

Sandvoß 12, S. 251.<br />

18 Knop, S. 27.<br />

19 Schreiben der Else Paulke vom 31.10.1946 (am<br />

16.7.1948 an Eidesstatt versichert), im Bestand:<br />

C Rep. 105 Magistrat von Berlin, Abteilung Finanzen,<br />

Nr. 2338 Treuhandstelle – Sondervermögensverwaltung<br />

Berlin-Pankow, Liegenschaft Homeyerstraße<br />

30, unpag.<br />

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