Download als Pdf-Datei - Die Linke
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EDITORIAL<br />
<strong>Die</strong> neue LINKE –<br />
woher kommt sie, wohin geht sie …<br />
<strong>Die</strong> ersten 100 Tage der Partei DIE LIN-<br />
KE sind vorüber. Weder höfliches Abwarten,<br />
geschweige denn ein Bonus<br />
wurde uns nach der Gründung am 16.<br />
Juni in Berlin gegönnt. Ich will mich<br />
nicht beklagen, dass unsere Existenz<br />
ein Teil des politischen Sommerlochs<br />
gefüllt hat. <strong>Die</strong> Prognosen über eine<br />
veränderte Parteienlandschaft gehörten<br />
zum sachlichen Teil der politischen<br />
Auseinandersetzung. <strong>Die</strong> Ausfälle bei<br />
der SPD gegenüber der LINKEN sind<br />
inzwischen dort angekommen, wo ich<br />
deren Ursachen immer gesehen habe,<br />
in Richtungsdebatten der SPD. Anfang<br />
Oktober auf dem Bundeskongress von<br />
ver.di habe ich in meinem Grußwort<br />
festgehalten, dass die SPD mit ihrer<br />
Agenda-2010-Politik die Hebamme der<br />
neuen LINKEN war. <strong>Die</strong> Chance, über<br />
die PDS hinaus, auch im Westen der Republik<br />
zu einer polischen Kraft zu werden,<br />
entstand mit dem Aufbruch vieler<br />
im Westen, sich politisch gegen Sozial-<br />
und Demokratieabbau neu zu organisieren.<br />
<strong>Die</strong> PDS brachte in die Neugründung<br />
ihre Parteigeschichte, den Bruch<br />
mit dem Stalinismus <strong>als</strong> System, ihre<br />
inzwischen vielseitigen politischen Erfahrungen<br />
in den Kommunen, den Ländern,<br />
in Europa mit. Unsere Mitglieder<br />
sind auch Mitglieder der europäischen<br />
<strong>Linke</strong>n. Auch das ist neu, nicht nur für<br />
die, die die WASG gegründet hatten,<br />
auch für die über 3.600 Neumitglieder<br />
der LINKEN, die sich gleich zwei Parteikulturen<br />
aneignen müssen. Wir „Langjährigen“<br />
haben mehrfache Verantwortung.<br />
Wir müssen auf neue Art zuhören<br />
lernen und erkunden, welche Hoffnungen<br />
andere mit der neuen LINKEN verbinden.<br />
Wir müssen zugleich darauf<br />
achten, dass unsere Kompetenzen gar<br />
keine geringen sind, sondern eher gewachsen<br />
und unsere Unterschiedlichkeit<br />
ein Schatz ist, den wir wirklich<br />
heben wollen. Soziale und emanzipatorische<br />
Politik gehören für uns zusammen.<br />
Dass friedliche Konfliktlösung unters<br />
Dach des Völkerrechts gehört, ist<br />
ein Fazit deutscher und europäischer<br />
Geschichte. Doch rechtsextreme Demagogen<br />
geben im Gewand sozialer<br />
Forderungen wieder und wieder menschenverachtende<br />
Antworten und kaschieren<br />
sie <strong>als</strong> Ausweg globaler Deregulierung.<br />
Rechtsextremismus ist ein<br />
europäisches Problem, eine gefährliche<br />
Reaktion auf die Krise politischer Institutionen<br />
und zugleich ein massiver Angriff<br />
auf demokratische Öffentlichkeiten,<br />
auf Leib und Leben von Menschen,<br />
die internationalistisch denken und leben.<br />
Der Austausch zwischen den Kommunalpolitikern<br />
der LINKEN hat begonnen.<br />
Ein Werkzeugkoffer gegen Rechtsextremismus<br />
und analytisches Material ist auf<br />
unseren Websites abrufbar. Doch von<br />
einer geläufigen Querschnittsaufgabe,<br />
den Kampf gegen Rechtsextremismus<br />
in den kommenden Wahlkämpfen, in der<br />
Parteibildung, in der Programmatik und<br />
bei der politischen Schwerpunktsetzung<br />
im Auge zu haben – davon sind wir<br />
noch weit entfernt. Häufig wird Rassismus<br />
<strong>als</strong> Jugend- oder Randgruppenproblem<br />
verharmlost, einseitig auf soziale<br />
Konflikte, auf mangelnde Perspektiven<br />
zurückgeführt. Dagegen hilft nur Aufklärung,<br />
transparente Informationen über<br />
rechtsextreme Straftaten, die Zusammenarbeit<br />
in demokratischen Bündnissen<br />
und auch ganz deutliche Forderung<br />
vor Ort und im Bund, die politische und<br />
kulturelle Antifa-Arbeit in planbaren<br />
und stabilen Strukturen weiterführen<br />
zu können. Es ist eigentlich keine Zeit,<br />
umständlich nach politischen Aufgaben<br />
der neuen LINKEN zu suchen. Sie liegen<br />
auf der Strasse und wir haben es in der<br />
Hand, für ein soziales und weltoffenes<br />
Klima mehr Politik zu machen, bundesweit,<br />
vor Ort, in Europa.<br />
Professor Dr. Lothar Bisky, MdB<br />
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