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die zuständige Ministerin in der Presse.<br />

Man lebt inzwischen seit über fünf Jahren<br />

mit dem unhaltbaren Zustand, dass<br />

die Vertreter der Opferverbände aus der<br />

NS-Zeit, dass der Zentralrat der Juden<br />

und auch die VVN-BdA aus Protest gegen<br />

das geltende Gesetz nicht dem entsprechenden<br />

Beirat angehören.<br />

IGleichzeitig werden neue, zum Teil absurde<br />

Tatsachen geschaffen.<br />

Ich erinnere hier nur an die ominöse<br />

Gedenkstele in Hohnstein im Landkreis<br />

Sächsische Schweiz. Auf der dazugehörigen<br />

Tafel steht unter anderem: „<strong>Die</strong><br />

Nation<strong>als</strong>ozialisten hatten 1933–1934<br />

auf der Burg ein Schutzhaftlager eingerichtet.<br />

Das Ehrenmal ist den inhaftierten<br />

Opfern gewidmet. Von der SED<br />

war hier ein zentrales ‚Isolierungslager‘<br />

für politisch Andersdenkende des Bezirkes<br />

Dresden geplant, das jedoch nie zur<br />

Ausführung kam.“<br />

Ich habe bereits vor der Einweihung<br />

der neuen Stele öffentlich gegen diesen<br />

Text protestiert, und ich bleibe auch<br />

heute noch dabei: Ich halte diese Formulierung<br />

für ahistorisch, geschichtsverfälschend,<br />

naziverharmlosend und<br />

infam. Wieder einmal wird von interessierter<br />

Seite – der Hohnsteiner Bürgermeister<br />

ist Mitglied der CDU – de facto<br />

eine Gleichsetzung des Hitler-Faschismus<br />

mit der DDR-Zeit vorgenommen.<br />

Dagegen müssen wir uns immer und mit<br />

Neonazis im Internet<br />

In seinem umfangreichen Werk „Terrorismus<br />

– der unerklärte Krieg“ geht der<br />

amerikanische Autor Bruce Hoffman<br />

auch darauf ein, in welch umfassender<br />

Weise das Internet heute durch einzelne<br />

oder Gruppen von Terroristen überall<br />

in der Welt genutzt wird. Es habe für sie<br />

die Funktion der Kommunikation, des<br />

schnellen, oft in Echtzeit erfolgenden,<br />

umfassenden und vor allem kostengünstigen<br />

weltweiten Informationsaustausches.<br />

Es vermag staatliche Zensurbemühungen<br />

zu umgehen, Nachrichten<br />

mühelos und anonym zu verbreiten, ihre<br />

Aktionen in dem Kontext zu verbreiten,<br />

wie sie sich wünschen – ohne Behinderung<br />

durch den Filter, die Auswahl<br />

und die Perspektive der etablierten Medien.<br />

Es ermögliche „Informationswäsche“<br />

zu betreiben, das heißt, provokative<br />

Video- oder Audioclips ins Netz zu<br />

stellen, dadurch „Internetsensationen“<br />

zu schaffen, die dann ihren Weg in die<br />

Mainstream – Medien finden. Schließ-<br />

aller Entschiedenheit wehren, ohne die<br />

DDR zu verklären und dam<strong>als</strong> tatsächlich<br />

vorhandene Defizite zu verschweigen.<br />

Nur ganz nebenbei sei noch angemerkt,<br />

dass ein Gedenkstein oder eine Gedenktafel<br />

nach allen historischen Regeln<br />

ja wohl an etwas erinnern soll, was<br />

auch tatsächlich geschehen ist, nicht an<br />

etwas, was womöglich von irgendwem<br />

theoretisch geplant wurde.<br />

<strong>Die</strong> Proteste in Hohnstein hatten leider<br />

keinen Erfolg, die CDU-Mehrheit im<br />

Stadtrat lehnte die Forderung nach einer<br />

Korrektur des Textes der Tafel ab.<br />

Zumindest aber haben wir eine öffentliche<br />

Diskussion anstoßen können und<br />

die neuerliche Geschichtsverfälschung<br />

nicht widerstandslos hingenommen.<br />

Widerstand ist heute immer wieder notwendig.<br />

Und niemand von uns sollte den Mut dazu<br />

verlieren. Es gibt Hoffnung. Sie darf<br />

nicht sterben.<br />

Ich kenne zum Beispiel die Erlebnisberichte<br />

junger Leute aus dem Kreis Mittweida.<br />

Immer wieder wurden sie Opfer<br />

von Nazi-Gewalt, sie wurden geschlagen,<br />

ihre Jugendklubs wurden überfallen.<br />

Niemand half ihnen, das Thema<br />

wurde lange, viel zu lange klein geredet.<br />

Dann wurde nach Monaten anhaltender<br />

Gewalt endlich die Kameradschaft<br />

„Sturm 34“ verboten. Ein Verbot<br />

lich biete das Internet neue und erweiterte<br />

Möglichkeiten zur Beschaffung<br />

von Spendengeldern für illegale Aktivitäten<br />

und Untergrundgruppen. 1<br />

In ähnlicher Weise lässt sich heute der<br />

Umgang der Neonazis mit dem Internet<br />

und dem World Wide Web beschreiben,<br />

wobei diese in ihrem Germanisierungsfimmel<br />

nur Begriffe wie „Weltnetz“,<br />

„Heimatseite“ usw. verwenden. <strong>Die</strong><br />

Nutzung dieses Mediums durch die Parteien,<br />

Organisationen, Gruppierungen<br />

und Netzwerke der extremen Rechten<br />

und durch einzelne Neonazis hat explosionsartig<br />

zugenommen. Ohne Internet,<br />

so stellen die verschiedenen Analytiker<br />

und in ihrer Folge die Verfassungsschutzberichte<br />

klar, sei der moderne<br />

Neonazismus nicht denkbar. Als Funktionen,<br />

die das Internet für die Neonazis<br />

erfüllt, werden u. a. das „Schaufenster“<br />

der Parteien und Gruppierungen, der<br />

Koordinierungsplatz, die Mobilisierung<br />

und Werbung für Aktionen und Veran-<br />

– und das angesichts der Existenz von<br />

Dutzenden Kameradschaften in Sachsen.<br />

Geändert hat sich für die Situation<br />

der Jugendlichen nur wenig. Aber sie<br />

waren glücklich am Tag der Antifa-Demo<br />

in Mittweida, denn sie waren nicht<br />

allein. Gedacht hatten sie, dass ihretwegen<br />

vielleicht 500 Leute nach Mittweida<br />

kommen würden, am Ende waren es<br />

über 2.000!<br />

Wir Antifaschisten brauchen diese Solidarität.<br />

Es gibt unzählige Opfer – auch<br />

heute wieder. Aber es gibt auch das Engagement<br />

vieler dagegen. Lassen wir es<br />

nicht zu, dass wir Antifaschistinnen und<br />

Antifaschisten gegeneinander ausgespielt<br />

werden.<br />

Wenn ich eingangs die Frage aufgeworfen<br />

habe, ob der heutige Rechtsextremismus<br />

die größte politische Bedrohung<br />

im 21. Jahrhundert ist, so mag jeder einzelne<br />

sich dazu sein eigenes Urteil bilden.<br />

Eine der größten Bedrohungen ist<br />

es allemal. <strong>Die</strong>se Gefahr so weit wie irgend<br />

möglich zu minimieren, muss auch<br />

in den kommenden Jahren unser aller<br />

Anliegen sein.<br />

Dr. André Hahn MdL<br />

1 Geringfügig überarbeitete Rede auf der Landeskonferenz<br />

der VVN-BdA Sachsen am 16. Oktober<br />

2007. <strong>Die</strong> Zwischenüberschriften sind von der Redaktion<br />

des „Rundbriefs“ hinzugefügt worden.<br />

staltungen, die Plattform für Diskussionen<br />

und Strategien, die Werbung neuer<br />

Mitglieder, die Rolle <strong>als</strong> „Propagandaabteilung“,<br />

die Bühne für die rechtsextreme<br />

Musikszene genannt. Nicht zuletzt<br />

spielt für die Neonazis das Internet auch<br />

eine bedeutsame Rolle für den Handel,<br />

die Bedienung des umfangreichen Angebots<br />

der Verlage und Versandagenturen,<br />

sowie für die Beschaffung von Geld<br />

für sich selbst und die Szene.<br />

Explosionsartiges Wachstum<br />

rechter Homepages<br />

Eine Zeitlang hatten Öffentlichkeit und<br />

Behörden geglaubt, dass Neonazis und<br />

andere Rechtsextremisten keine Beziehung<br />

zu Computern und moderner Kommunikationstechnik<br />

hätten. Das sollte<br />

sich bald <strong>als</strong> totale Fehleinschätzung<br />

erweisen. Bereits 1994 konstatierte<br />

Bernd Wagner, dass die rechtsextreme<br />

Szene durchaus über ein weitläufiges<br />

Netz von Mailboxen verfügt, dass Re-<br />

7

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