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Vom Töggele zum Tischfussball<br />
KULTUR<br />
Das Töggele ist wohl eines der bekanntesten und auch meistgespielten Kneipenspiele. Doch je länger<br />
je mehr etabliert sich Tischfussball auch als ernstzunehmende Sportart. GIOJA WEIBEL<br />
© Rania Moudaress<br />
© Foto: Wikimedia commons<br />
Meine Begeisterung für Tischfussball<br />
hat ihren Ursprung definitiv<br />
in meiner Begeisterung für Bars.<br />
Als Kneipenspiel zeichnet er sich durch<br />
seinen sozialen Charakter aus: Bei keinem<br />
anderen Spiel lernst du die anderen Gäste<br />
in einer Bar so schnell kennen. Du stehst<br />
an den Tisch und forderst fremde Leute<br />
zum Spiel auf, wo sonst geschieht das?<br />
So kommt es, dass ich bei einem kürzlich<br />
veranstalteten Turnier in meiner Stammbar<br />
fast jeden der sechzig Teilnehmenden<br />
gekannt habe – und zwar ausschliesslich<br />
dank dem Kickertisch, der in der Mitte<br />
des Fumoirs steht. Töggele ist ein partizipatives<br />
Spiel, jeder kann an den Tisch<br />
stehen und dabei Spass haben, denn um<br />
einfach drauflos zu ballern braucht es<br />
nicht allzu viel Können. Bei Vielen wird<br />
aus diesem Spass aber bald Ehrgeiz, man<br />
steht öfters am Tisch, übt sich in Ballkontrolle,<br />
in Pässen, in einzelnen Schüssen.<br />
Schliesslich braucht man bessere Gegner,<br />
als sich in der Stammbar finden lassen<br />
und landet so bei einem Verein.<br />
Vereine und Verbände<br />
Seit einiger Zeit wird Tischfussball nämlich<br />
auch in der Schweiz in etablierten<br />
Vereinsstrukturen praktiziert. Die International<br />
Table Soccer Federation (ITSF),<br />
also der internationale Dachverband,<br />
zählt gut sechzig Mitglieder, darunter seit<br />
zehn Jahren auch die Swiss Tablesoccer Federation<br />
(STF). Diesem Schweizer Tischfussballverband<br />
sind wiederum 16 Clubs<br />
angeschlossen. Für Lokalinteressierte<br />
nennenswert wäre hier beispielsweise der<br />
TFC Freiburg Sense, der in Düdingen stationiert<br />
ist. Der STF und die angeschlossenen<br />
Clubs organisieren auch die Spiele<br />
der Regio Tour und der Swiss Tablesoccer<br />
Series Qualifikation. Durch die daraus<br />
hervorgebrachte Jahresrangliste kann<br />
man sich für die Schweizermeisterschaft<br />
qualifizieren. Den Schweizermeistern<br />
werden schliesslich die Startplätze für<br />
den ITSF World Cup vergeben. Pro Kategorien<br />
(Herren, Damen, Junioren und<br />
Senioren) gibt es je zwei Sieger: Ein Siegerteam,<br />
das im Doppel gespielt hat, und<br />
einen Sieger vom Einzel. Um in dieser<br />
Viele ambitionierte Spieler umwickeln die Griffe mit eigens mitgebrachten Bändern, um für optimale<br />
Griffigkeit zu sorgen<br />
Liga mitzuspielen, wird täglich stundenlang<br />
geübt – allerdings ausschliesslich auf<br />
Amateur-Niveau.<br />
Regeln und Sportkleidung<br />
Denn bis auf einige wenige Profispieler,<br />
darunter der belgische Tischfussball-Megastar<br />
Frédéric Collignon, kann vorerst<br />
noch niemand von diesem Sport leben.<br />
Wie jeder andere Sport ist natürlich auch<br />
Tischfussball auf diesem Level reglementiert.<br />
Grundsätzlich wird deshalb nur auf<br />
sechs Spieltischen von sechs Marken von<br />
Tischfussballtischen gespielt. Ähnlich<br />
wie es beim Tennis je nach Unterlage andere<br />
Spezialisten gibt, bestehen auch pro<br />
Tisch verschiedene Spitzenspieler. Das<br />
macht Frédéric Collignon zum Megastar<br />
und Federer-Pendant: Er ist auf jedem<br />
Kasten fast unschlagbar. In der Schweiz<br />
wird hauptsächlich auf Garlando und<br />
Ullrich Tischen gespielt, den offiziellen<br />
STF-Tisch-Partnern. Die Spielregeln<br />
sind natürlich auch strikt festgehalten:<br />
Eine Umdrehung von mehr als 360 Grad<br />
ist verboten, ebenso ist es verboten, den<br />
Gegner durch Geräusche oder Bewegungen<br />
abzulenken, wozu auch lautes Bewegen<br />
der Stange gehört, um nur einige zu<br />
nennen. Bei Spielen des ITSF – und deshalb<br />
auch des STF – müssen die Spieler in<br />
Sportkleidung erscheinen. Tischfussball<br />
will als Sport ernstgenommen werden.<br />
Und das sollte er auch! Ich lade jeden<br />
Zweifler ein, ein professionelles Turnier<br />
oder nur schon eine Trainingseinheit zu<br />
besuchen. Aber auch die leichte Seite des<br />
Töggelens, bei der man sich und seine<br />
Gegner nicht so ernst nimmt, dafür aber<br />
in Kontakt mit Leuten kommt, mit denen<br />
man sonst keine Berührungspunkte hätte,<br />
ist eine Stärke des Tischfussballs. Eine<br />
Randsportart, die ich in beiden Facetten<br />
mit Leidenschaft praktiziere.<br />
IN EIGENER SACHE:<br />
Dies ist mein letzter Artikel im Spectrum<br />
als Kulturredaktorin. Der Posten der Kulturredaktion<br />
wird somit frei. Falls ihr also<br />
interessiert seid, Spectrum mitzugestalten,<br />
zögert nicht euch zu bewerben. Ich danke<br />
euch fürs treue Lesen meiner Artikel und<br />
wünsche weiterhin viel Spass mit Spectrum.<br />
3/<strong>2017</strong><br />
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