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Affenversuche an der Universität Freiburg<br />
GESELLSCHAFT<br />
Der Titel schreit fast schon nach Empörung. An unserer Universität sollen Versuche an Äffchen durchgeführt<br />
werden? Gibt es wirklich eine Grundlage für einen gerechtfertigten Aufschrei, oder ist es nur<br />
ein künstliches Empören? FABIENNE WIDMER<br />
Wer nicht selber Medizin, Biologie,<br />
Psychologie oder Biomedizin<br />
studiert, ist damit kaum<br />
vertraut. Seit 1975 werden an der Universität<br />
Freiburg Tierversuche an Affen<br />
durchgeführt. Das verwundert und wirft<br />
Fragen auf.<br />
An Tierversuche an Ratten haben wir<br />
uns gewöhnt, sehen es häufig als ein<br />
notwendiges Übel für den Fortschritt in<br />
der Medizin. Aber Affen – bei uns an der<br />
Universität sind es Makaken – als Versuchsobjekt<br />
irritieren. Ist das wirklich<br />
notwendig oder ist es eine Laune der Forscher?<br />
Eric Rouiller, Chef am Neurophysiologischen<br />
Institut, bekommt letzteren<br />
Vorwurf immer wieder zu spüren. Seine<br />
Forschungen sind zu einem Grossteil öffentlich<br />
zugänglich, weswegen er schon<br />
mehrfach Morddrohungen erhalten hat.<br />
Warum werden trotz aller Kritik Tierversuche<br />
an Affen durchgeführt, und warum<br />
empfinden wir Versuche an Affen skandalöser<br />
als Versuche an Mäusen oder Ratten?<br />
Die Frage nach dem Warum<br />
zur Bekämpfung einer Krankheit funktioniert,<br />
wird sie in der Regel nicht direkt an<br />
den Menschen angewendet. Dafür sind<br />
die Unterschiede zwischen Mensch und<br />
Ratte und damit einhergehend das Risiko<br />
schlicht zu gross. Affen werden also nicht<br />
als primäres Versuchsobjekt verwendet,<br />
sondern erst nach erfolgreichem Durchführen<br />
an Kleinstsäugetieren.<br />
Der Konflikt in der Wissenschaft betrifft<br />
das Abwägen zwischen Wissensgewinn<br />
und medizinischem Fortschritt und dem<br />
Tierzwang- und leiden. Überwiegt ersteres,<br />
sind viele Wissenschaftler dazu<br />
bereit, das Leiden der Tiere in Kauf zu<br />
nehmen.<br />
Ethische Fragen<br />
Die meisten Medikamente, die wir zu uns<br />
nehmen, wurden einmal an Tieren getestet.<br />
Trotzdem schockieren uns Tierversuche<br />
an Affen viel mehr, als eben die alltäglichen<br />
Versuche an Mäusen und Ratten.<br />
Wir haben uns in unserem Kulturkreis<br />
daran gewöhnt, dass dies der Preis ist,<br />
den wir für ein längeres, schmerzfreieres<br />
Leben bezahlen. Gerade weil Tierversuche<br />
an Affen zur Zeit an keiner anderen<br />
Schweizer Universität durchgeführt werden,<br />
geniessen diese einen unrühmlichen<br />
Sonderstatus. Dass die Auflagen für Affenversuche<br />
bedeutend höher sind als für<br />
Versuche an Ratten, wird ignoriert.<br />
Tierhaltung in Freiburg<br />
Wichtig ist in diesem Zusammenhang<br />
auch die Tierhaltung während der Versuchszeit,<br />
die immerhin vier bis fünf Jahre<br />
dauert. Die Makaken in Freiburg sind<br />
in einem Gehege untergebracht, welches<br />
an Schweizer Zoos von vor einigen Jahren<br />
erinnert. Kahle Wände, kein grün, jedoch<br />
sind Spielzeuge und Rückzugsmöglichkeiten<br />
vorhanden. Die Tiere sind zu fünft<br />
in einem Raum von 45 Kubikmetern. Obwohl<br />
vom Gesetz nicht vorgeschrieben,<br />
haben sie zusätzlich Zugang zu einem<br />
Aussenkäfig. Trotzdem gibt der universitäre<br />
Makaken-Käfig ein etwas trauriges<br />
Bild ab.<br />
© Photo : W.C.Colares<br />
© Illustration: Clarisse Aeschlimann<br />
Zur Beantwortung der ersten Frage müssen<br />
zwei Dinge in Betracht gezogen werden.<br />
Erstens: Die Auflagen, um Versuche<br />
an Affen durchführen zu können, sind<br />
in der Schweiz hoch. In einem Konzept<br />
müssen der Grund für das Experiment,<br />
das zu erwartende Ergebnis, die Anzahl<br />
benötigter Jahre und Tiere, die Art und<br />
Methoden des Versuchs sowie der erwartete<br />
Schweregrad des Eingriffs angegeben<br />
werden. Über dessen Bewilligung berät<br />
zuerst ein Komitee aus Veterinären, Wissenschaftler<br />
und Tierschützern. Sie geben<br />
eine Empfehlung ab. Schlussendlich<br />
entscheidet das kantonale Veterinärsamt<br />
über die Annahme des Konzeptes. Falls in<br />
den ersten dreissig Tagen nach der Bewilligung<br />
keine Rekurse eingegangen sind,<br />
darf das Experiment dann unter weiteren<br />
Auflagen begonnen werden.<br />
Zweitens ist der Versuch an Primaten ein<br />
Zwischenschritt. Lässt sich mittels Tierversuchen<br />
an Mäusen oder Ratten herausfinden,<br />
dass beispielsweise eine Methode<br />
Für noch mehr Informationen:<br />
Hier geht's zum<br />
ausführlichen Artikel<br />
inklusive Statement des<br />
Rektorats.<br />
3/<strong>2017</strong><br />
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