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SPECTRUM #3/2017

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Affenversuche an der Universität Freiburg<br />

GESELLSCHAFT<br />

Der Titel schreit fast schon nach Empörung. An unserer Universität sollen Versuche an Äffchen durchgeführt<br />

werden? Gibt es wirklich eine Grundlage für einen gerechtfertigten Aufschrei, oder ist es nur<br />

ein künstliches Empören? FABIENNE WIDMER<br />

Wer nicht selber Medizin, Biologie,<br />

Psychologie oder Biomedizin<br />

studiert, ist damit kaum<br />

vertraut. Seit 1975 werden an der Universität<br />

Freiburg Tierversuche an Affen<br />

durchgeführt. Das verwundert und wirft<br />

Fragen auf.<br />

An Tierversuche an Ratten haben wir<br />

uns gewöhnt, sehen es häufig als ein<br />

notwendiges Übel für den Fortschritt in<br />

der Medizin. Aber Affen – bei uns an der<br />

Universität sind es Makaken – als Versuchsobjekt<br />

irritieren. Ist das wirklich<br />

notwendig oder ist es eine Laune der Forscher?<br />

Eric Rouiller, Chef am Neurophysiologischen<br />

Institut, bekommt letzteren<br />

Vorwurf immer wieder zu spüren. Seine<br />

Forschungen sind zu einem Grossteil öffentlich<br />

zugänglich, weswegen er schon<br />

mehrfach Morddrohungen erhalten hat.<br />

Warum werden trotz aller Kritik Tierversuche<br />

an Affen durchgeführt, und warum<br />

empfinden wir Versuche an Affen skandalöser<br />

als Versuche an Mäusen oder Ratten?<br />

Die Frage nach dem Warum<br />

zur Bekämpfung einer Krankheit funktioniert,<br />

wird sie in der Regel nicht direkt an<br />

den Menschen angewendet. Dafür sind<br />

die Unterschiede zwischen Mensch und<br />

Ratte und damit einhergehend das Risiko<br />

schlicht zu gross. Affen werden also nicht<br />

als primäres Versuchsobjekt verwendet,<br />

sondern erst nach erfolgreichem Durchführen<br />

an Kleinstsäugetieren.<br />

Der Konflikt in der Wissenschaft betrifft<br />

das Abwägen zwischen Wissensgewinn<br />

und medizinischem Fortschritt und dem<br />

Tierzwang- und leiden. Überwiegt ersteres,<br />

sind viele Wissenschaftler dazu<br />

bereit, das Leiden der Tiere in Kauf zu<br />

nehmen.<br />

Ethische Fragen<br />

Die meisten Medikamente, die wir zu uns<br />

nehmen, wurden einmal an Tieren getestet.<br />

Trotzdem schockieren uns Tierversuche<br />

an Affen viel mehr, als eben die alltäglichen<br />

Versuche an Mäusen und Ratten.<br />

Wir haben uns in unserem Kulturkreis<br />

daran gewöhnt, dass dies der Preis ist,<br />

den wir für ein längeres, schmerzfreieres<br />

Leben bezahlen. Gerade weil Tierversuche<br />

an Affen zur Zeit an keiner anderen<br />

Schweizer Universität durchgeführt werden,<br />

geniessen diese einen unrühmlichen<br />

Sonderstatus. Dass die Auflagen für Affenversuche<br />

bedeutend höher sind als für<br />

Versuche an Ratten, wird ignoriert.<br />

Tierhaltung in Freiburg<br />

Wichtig ist in diesem Zusammenhang<br />

auch die Tierhaltung während der Versuchszeit,<br />

die immerhin vier bis fünf Jahre<br />

dauert. Die Makaken in Freiburg sind<br />

in einem Gehege untergebracht, welches<br />

an Schweizer Zoos von vor einigen Jahren<br />

erinnert. Kahle Wände, kein grün, jedoch<br />

sind Spielzeuge und Rückzugsmöglichkeiten<br />

vorhanden. Die Tiere sind zu fünft<br />

in einem Raum von 45 Kubikmetern. Obwohl<br />

vom Gesetz nicht vorgeschrieben,<br />

haben sie zusätzlich Zugang zu einem<br />

Aussenkäfig. Trotzdem gibt der universitäre<br />

Makaken-Käfig ein etwas trauriges<br />

Bild ab.<br />

© Photo : W.C.Colares<br />

© Illustration: Clarisse Aeschlimann<br />

Zur Beantwortung der ersten Frage müssen<br />

zwei Dinge in Betracht gezogen werden.<br />

Erstens: Die Auflagen, um Versuche<br />

an Affen durchführen zu können, sind<br />

in der Schweiz hoch. In einem Konzept<br />

müssen der Grund für das Experiment,<br />

das zu erwartende Ergebnis, die Anzahl<br />

benötigter Jahre und Tiere, die Art und<br />

Methoden des Versuchs sowie der erwartete<br />

Schweregrad des Eingriffs angegeben<br />

werden. Über dessen Bewilligung berät<br />

zuerst ein Komitee aus Veterinären, Wissenschaftler<br />

und Tierschützern. Sie geben<br />

eine Empfehlung ab. Schlussendlich<br />

entscheidet das kantonale Veterinärsamt<br />

über die Annahme des Konzeptes. Falls in<br />

den ersten dreissig Tagen nach der Bewilligung<br />

keine Rekurse eingegangen sind,<br />

darf das Experiment dann unter weiteren<br />

Auflagen begonnen werden.<br />

Zweitens ist der Versuch an Primaten ein<br />

Zwischenschritt. Lässt sich mittels Tierversuchen<br />

an Mäusen oder Ratten herausfinden,<br />

dass beispielsweise eine Methode<br />

Für noch mehr Informationen:<br />

Hier geht's zum<br />

ausführlichen Artikel<br />

inklusive Statement des<br />

Rektorats.<br />

3/<strong>2017</strong><br />

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