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PERSPECTIVES<br />
AUS DER «THERAPEUTISCHEN UMSCHAU» *<br />
Die Milz bei hämato-onkologischen<br />
Erkrankungen<br />
Die Milz als lymphatisches und hämatologisches Organ spielt eine wichtige Rolle bei hämatoonkologischen<br />
Erkrankungen. Eine Splenomegalie kann zur Diagnose einer hämato-onkologischen<br />
Erkrankung führen, umgekehrt sollte bei Verdacht auf eine hämato-onkologische Erkrankung eine<br />
Milzuntersuchung erfolgen. Bei unklarer Splenomegalie führt eine erste diagnostische Aufarbeitung<br />
mit gezielter Anamnese, klinischer Untersuchung, Laboruntersuchungen einschließlich gründlicher<br />
Beurteilung eines Blutbildausstriches häufig zu einer Verdachtsdiagnose, sodass weitere diagnostische<br />
Maßnahmen gezielt ergriffen werden können. Eine diagnostische Splenektomie ist in aller<br />
Regel nicht erforderlich. Zu den häufigsten hämato-onkologischen Erkrankungen mit Splenome galie<br />
zählen wenig aggressive Lymphome (v. a. chronisch lymphatische Leukämie, Haarzellleukämie,<br />
splenisches Marginalzonenlymphom) und chronisch myeloproliferative Erkrankungen (v. a. chronisch<br />
myeloische Leukämie, Polycythämia vera, essentielle Thrombozythämie, Myelofibrose). Die therapeutischen<br />
Optionen sind sehr differenziert, und bis auf wenige Ausnahmen kann heutzutage auf<br />
eine therapeutische Splenektomie verzichtet werden.<br />
Dirk L. Kienle, Department Innere Medizin, Onkologie/Hämatologie, Kantonsspital Graubünden, Chur<br />
* Der Artikel erschien ursprünglich in der «Therapeutischen<br />
Umschau» (2013; 70 (3): 163-169). VSAO-Mitglieder<br />
können die «Therapeutische Umschau» zu<br />
äusserst günstigen Konditionen abonnieren. Details s.<br />
unter www.verlag-hanshuber.com/vsao.<br />
Allgemeiner Teil – erste<br />
diagnostische Schritte<br />
Die besondere Rolle, die der Milz bei hämato-onkologischen<br />
Erkrankungen zukommt,<br />
ergibt sich aus ihren physiologischen<br />
Funktionen: 1) Die Milz ist ein<br />
wichtiges lymphatisches Organ, sie enthält<br />
ca. 25 % der lymphatischen Zellmasse<br />
des Körpers. Im Rahmen lymphoproliferativer<br />
Erkrankungen kommt es häufig<br />
zu einer sekundären diffusen (seltener<br />
lokalen) Milzinfiltration mit Splenomegalie.<br />
In Einzelfällen stellt die Milz auch<br />
das Ursprungsorgan der Lymphomerkrankung<br />
dar (z. B. splenisches Marginalzonenlymphom).<br />
2) Die Milz ist ein<br />
Abbau- und Speicherorgan peripherer<br />
Blutzellen. Bei vermehrtem Anfall von<br />
Blutzellen, z. B. im Rahmen myeloproliferativer<br />
Erkrankungen, kommt es zu<br />
einer Volumenzunahme der Milz, die<br />
wiederum zu einer vermehrten Sequestrierung<br />
von Blutzellen führt. Mit fortschreitender<br />
Milzgrösse kommt es zur<br />
Ausbildung von Zytopenien (Hypersplenismus).<br />
3) Während der Fetalperiode ist die<br />
Hämatopoese in der Milz und der Leber<br />
lokalisiert. Bei Ausfall der Knochenmarkfunktion,<br />
z. B. im Rahmen einer Myelofibrose,<br />
kommt es bevorzugt zur lienalen<br />
Ersatzblutbildung (extramedulläre Hämatopoese),<br />
die eine Sple nomegalie zur<br />
Folge hat.<br />
Hämato-onkologische Erkrankungen<br />
stellen neben Lebererkrankungen und<br />
Infektionskrankheiten die häufigste Ursache<br />
für eine Splenomegalie dar. Seltener<br />
Lymphoproliferativ<br />
• <strong>No</strong>n-Hodgkin-Lymphome (NHL):<br />
• Chronisch lymphatische Leukämie (CLL)<br />
• Haarzellleukämie (HZL)<br />
• Splenisches Marginalzonen-Lymphom (SMZL)<br />
• Andere (z. B. Follikuläres Lymphom, Mantelzelllymphom)<br />
Hodgkin-Lymphom<br />
Akute lymphatische Leukämie<br />
Myeloproliferativ<br />
Myeloproliferative Neoplasien (MPN):<br />
• Chronisch myeloische Leukämie (CML)<br />
• Polycythämia vera (PV)<br />
• Essentielle Thrombozythämie (ET)<br />
• Primäre und sekundäre Myelofibrose (MF)<br />
Akute myeloische Leukämie/myelomonozytäre Leukämien<br />
als eine generalisierte Organvergrösserung<br />
findet sich ein herd förmiger Milzbefall<br />
im Rahmen hämatologischer oder<br />
metastasierender solider Tumorleiden. Bei<br />
Vorliegen einer massiven Splenomegalie<br />
(Milzunterpol > 15 cm unter dem linken<br />
Rippenbogen) finden sich in den meisten<br />
Fällen hämato-onkologische Erkrankungen<br />
als Ursache [1], ebenso bei Patienten,<br />
die einer diagnostischen Sple nektomie<br />
zugeführt wurden [2]. Tabelle 1 gibt einen<br />
Überblick über häufige hämato-onkolo-<br />
Tabelle 1: Die häufigsten hämato-onkologischen Erkrankungen, die mit<br />
einer Splenomegalie assoziiert sind.<br />
N o 3 Juin <strong>2015</strong><br />
VSAO JOURNAL <strong>ASMAC</strong><br />
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