D'HANDWIERK septembre 2019
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MAGAZINE<br />
FEDERATION<br />
ROLAND KUHN, PRÄSIDENT DER „FÉDÉRATION DES ENTREPRISES DE CONSTRUCTION ET DE GÉNIE CIVIL“<br />
„Gesunder Menschenverstand“.<br />
Wohnraum gilt als das große Problem von Luxemburg. Dabei könnte viel mehr gebaut werden, wenn innerhalb des Bauperimeters –<br />
also des bereits als Bauland freigegebenen Grundes - die Genehmigungen schneller erteilt würden. Dieser Meinung ist Roland Kuhn,<br />
Baunternehmer und Präsident der „Fédération des Entreprises de Construction et de Génie Civil, die zur Dachorganisation<br />
der „Fédération des Artisans“ (FDA) gehört. Darüber hinaus hat Kuhn auch zehn Jahre lang die Handwerkskammer geleitet.<br />
Uns hat er erklärt, was er damit meint.<br />
„Roland Kuhn, Präsident der „Fédération des Entreprises de Construction<br />
et de Génie Civil“, hofft auf verantwortungsvollen Umgang mit bereits<br />
ausgewiesenem Bauland.“<br />
Herr Kuhn, was läuft am Bau falsch?<br />
Es gibt einen Mangel an qualifizierten Arbeitskräften.<br />
In den nächsten fünf Jahren werden im Durschnitt 30 bis<br />
35 Prozent der Belegschaft der Bauunternehmen in Rente<br />
gehen. Und es ist schwierig diese Leute zu ersetzen.<br />
Bei rund 18.000 Beschäftigten sprechen wir von rund<br />
6.000 erfahrenden Mitarbeitern, die dem Sektor relativ<br />
kurzfristig verloren gehen werden!<br />
Das ist enorm. Es fehlt an allem: Maurer, Techniker,<br />
Ingenieure, Baggerfahrer usw. In Luxemburg und in der<br />
Grenzregion findet man kaum geeignete Profile, um diese<br />
Mitarbeiter zu ersetzen. Viele Unternehmen sehen im<br />
Fachkräftemangel das größte Risiko für die wirtschaftliche<br />
Entwicklung ihres Unternehmens. Als Reaktion setzen<br />
wir auf die berufliche Weiterbildung unsere Mitarbeiter.<br />
Mit dem IFSB „Institut de Formation Sectoriel du Bâtiment“<br />
hat die Baubranche vor 16 Jahren ein sektorielles<br />
Weiterbildungssystem geschaffen, um unsere Mitarbeiter<br />
systematisch weiterzubilden. Die Betriebe investieren<br />
massiv in die Weiterbildung ihrer Arbeiter, pro Jahr über<br />
3 Millionen Euro. Trotzdem bleibt die Nachfrage an<br />
Mitarbeitern enorm hoch und viele Posten bleiben unbesetzt.<br />
Gute Handwerker werden rar und in Zukunft werden<br />
Leute im Handwerk mit Sicherheit genauso gut bezahlt<br />
als Akademiker. Das war schon vorausschauend.<br />
Wie sieht es mit der Ausbildung aus?<br />
Die handwerkliche Grundausbildung bringt, wie<br />
in vielen anderen Berufen nur sehr wenige Kandidaten<br />
hervor. Wir vernachlässigen keine Piste, um Mitarbeiter<br />
für unseren Sektor zu gewinnen Die Zusammenarbeit<br />
mit der Adem ist hervorragend. So haben wir z.B.<br />
das Programm „Fit4GenieCivil“ aufgelegt, wo wir<br />
Arbeitssuchende während mehreren Monaten auf den<br />
Beruf vorbereiten. Die jungen Leute werden gemäß ihren<br />
Stärken ausgebildet: im Schalen, Betonieren oder Mauern.<br />
Bislang hat jeder, der wollte einen Arbeitsplatz gefunden –<br />
und wir haben bisher mehrere hundert Leute ausgebildet.<br />
Eine andere Piste wäre es Mitarbeiter im weiteren Ausland<br />
zu rekrutieren, so wie es in der Baubranche mit Gastarbeitern<br />
aus Italien und später aus Portugal lange erfolgreich<br />
funktioniert hat.<br />
Doch auch da macht uns die Wohnungsnot Schwierigkeiten.<br />
Es würden sicher noch mehr Leute nach Luxemburg kommen,<br />
wenn es nicht ein Problem mit der Unterbringung unserer<br />
Mitarbeiter geben würde. Vor zehn oder zwölf Jahren war<br />
es kein Thema, dass jemand bei seinen Verwandten wohnen<br />
konnte. Aber das hat sich inzwischen geändert. Wir haben<br />
sogar schon überlegt, Leute in Portugal auszubilden.<br />
Wenn jemand nach Luxemburg zieht, riskiert der Lohnunterschied<br />
durch die hohen Mieten neutralisiert zu werden.<br />
Das Incentive der höheren Löhne spielt so nicht mehr.<br />
Wir sind mit der Wohnungsbauministerin im Gespräch, damit<br />
wir für die Mitarbeiter Wohnungen bauen, so wie das in der<br />
Vergangenheit schon gemacht wurde. Wir wollen landesweit<br />
Wohnungen für unsere Mitarbeiter bauen.<br />
Hervorzustreichen ist die Tatsache, dass das Bauen an sich<br />
das Wohnen nicht teuer macht. Nein, es fehlt an bebaubaren<br />
Grundstücken, deren Knappheit sich hauptsächlich für die hohen<br />
Preise verantwortlich zeichnet.<br />
Es sind folglich große Anstrengungen nötig, um der Nachfrage<br />
halbwegs hinterherzukommen. Die öffentliche und die private<br />
Hand müssen verstärkt zusammenarbeiten, bezüglich der Schaffung<br />
von bezahlbarem Wohnraum. Die Wohnungsbauministerin<br />
hat anlässlich einer Unterredung mit dem Verband der Bauun-<br />
/09/<strong>2019</strong><br />
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