Das Evangelische Rheinland - Archiv der Evangelischen Kirche im ...
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<strong>im</strong> Juni, dem Zeitpunkt <strong>der</strong> Berufszählung).<br />
— Im Nahrungs- und Genußmittelgewerbe<br />
kommen 18 verschiedene Gruppen vor. Die<br />
släcksibelegten sind Kakao-, Schokoladenund<br />
Süßwaren und die Tabakfabrikation.<br />
Schwere und leichte, schmutzige und unangenehme<br />
neben <strong>der</strong> saubersten und feinsten<br />
Arbeit und solche, die eigene Geltung hat,<br />
stehen nebeneinan<strong>der</strong>. Die Facharbeitern:<br />
hat durch lange Uebung sich eine große<br />
Fertigkeit in ihrem Spezialfach erworben,<br />
oft in 1>i—2 Jahren (Pralinenüberzieherin,<br />
Zigarettenfacharbeiterin usw.). In <strong>der</strong><br />
Zigarrenindustrie werden 64,3 o. H. gelernte<br />
Arbeiterinnen beschäftigt.<br />
Bei den Arbeitsämtern sollte man darauf<br />
achten, daß überall Fach -Abteilungen eingerichtet<br />
werden, um so die „ungelernte Arbeiterin"<br />
(man schaltet diesen Ausdruck<br />
jetzt aus zugunsten von „Lohn- und Industrie-Arbeiterin")<br />
möglichst <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong><br />
in ihrem Fach unterzubringen, öamit sie<br />
sich nach und nach Fachkenntnisse erwerben<br />
und zu einer Berufsfreude und zu einem<br />
Standesbewußtsein gelangt, das man<br />
gerade in den oben genannten Industrien<br />
sehr häufig antrifft. Es wird ihr dadurch<br />
ein Aufstieg zur Vorabeiterin und Meisterin<br />
ermöglicht.<br />
Die Lage <strong>im</strong> Verkaufsgewerbe ist bedingt<br />
durch die Lage <strong>im</strong> Einzelhandel. Die Verkäuferin<br />
muß sehr gut ausgebildet werden,<br />
um „seine Majestät, den Kunden" nach<br />
Wunsch zu bedienen; sie muß Verkaufskunst<br />
und Käuferpsychologie gut kennen. — Diesen<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen gegenüber fehlte es an wirtschaftlicher<br />
Sicherstellung. <strong>Das</strong> tariflich<br />
festgelegte Gehalt ist ungenügend, l^eberstunden,<br />
Sonntagsdienst und die in allen<br />
Arbeitsberufen zu kurz bemessenen Ferien<br />
(3 bis höchstens 14 Tage nach 16 Jahren)<br />
bringen gesundheitliche Schädigungen. Die<br />
Rationalisierung des Einzelshandels, die <strong>im</strong><br />
Interesse <strong>der</strong> Verbilligung <strong>der</strong> Waren begründet<br />
wird, darf nicht nur mit sozialen<br />
Verschlechterungen für die Verkäuferinnen<br />
erreicht werden. Auch das kaufende Publikum<br />
muß zur Rücksichtnahme erzogen werden.<br />
Schwierig ist die Sicherung <strong>der</strong> Zukunft <strong>der</strong><br />
Verkäuferinnen. Aufstiegsmöglichkeiten sind<br />
gering (Zunahme <strong>der</strong> Warenhäuser, Abnahme<br />
<strong>der</strong> Kleinbetriebe). Es müßten durch<br />
soziale Gesetzgebung größere Sicherungen<br />
erreicht werden. — Notwendig ist ein<br />
Verstehen- und Helfen-wollen aller<br />
Frauen für die Frauen, um egoistisch-materialistisches<br />
Streben einzudämmen<br />
und auch diesen Frauen Glück und Wohlergehen<br />
und ein inneres Wachsen und<br />
Reifen ohne Verbitterung zu schaffen.<br />
Einstmals war alle Frauenarbeit in <strong>der</strong><br />
Familie gebunden, heute istö nur ein kleiner<br />
Teil <strong>der</strong>selben; <strong>der</strong> weit größere vollzieht sich<br />
in und für die Allgemeinheit. Deshalb<br />
sind alle Fragen <strong>der</strong> Frauenarbeit allgemeine<br />
Fragen und von zentraler Bedeutung. Wir<br />
ringen um „Vermenschlichung" <strong>der</strong> Wirtschaft,<br />
und die Frauenfrage in <strong>der</strong>selben ist<br />
ein nur von Frauen zu erlebendes und daher<br />
auch nur daher zu lösendes Problem.<br />
Die neue Organisation <strong>der</strong> Arbeit hat zur<br />
Schaffung <strong>der</strong> Arbeitsämter geführt. Ihre<br />
Aufgabe ist:<br />
1. Die Beobachtung deS ArbeitömarkteS,<br />
Zusammenfassen vieler einzelner Erscheinungen<br />
und Entwicklungen,<br />
2. B e r u f S Zuführung in jedem einzelnen<br />
Fall von Berufsberatung und Arbeitsvermittlung,<br />
3. Pflege <strong>der</strong> Arbeitskraft, als wichtigstes<br />
Mittel durch die Arbeitslosenversicherung.<br />
Die Arbeitsämter bedeuten ein Stück<br />
Wirtschaftsleben, mehr noch, ein Stück<br />
Menschenleben. Frauen müssen gestaltend<br />
und ausführend und mit dem Maße <strong>der</strong><br />
Freiheit darin mitarbeiten, wie es <strong>der</strong><br />
Würde und Bedeutung <strong>der</strong> Frauenarbeit<br />
<strong>im</strong> Wirtschaftsleben entspricht, und diese<br />
Seite <strong>der</strong> Frauenberatung und Frauenbetreuung<br />
muß unter weiblicher Leitung<br />
stehen.<br />
Wenn die Arbeitsämter in voller Möglichkeit<br />
und Verantwortung wirksam werden<br />
soll, müssen sich alle Frauen als Arbeitnehmer<br />
vertrauensvoll an sie wenden<br />
können. I^nd die Hausfrauen als Arbeitgeber<br />
müssen wissen, um was es sich handelt,<br />
müssen „Schwarzarbeit" unterdrücken<br />
und sich mit den Nest<strong>im</strong>mungen <strong>der</strong> Arbeitslosenversicherung<br />
und <strong>der</strong> Arbeitsvermittlung<br />
bekannt machen; so kann von je<strong>der</strong> Seite<br />
her an einer wirksamen Tätigkeit <strong>der</strong> Arbeitsämter<br />
mitgearbeitet werden.<br />
Im Kleinsten treu sein, damit Großes erreicht<br />
werde!" E. Schütte.<br />
Der neue Volksschullehrer als Volkserzieher und die höhere Schule<br />
<strong>im</strong> Dienste <strong>der</strong> Gemeinde<br />
um zweiten Male verlassen Ostern<br />
^) Studenten <strong>der</strong> neuen pädagogischen<br />
Akademien diese ihre Bildungsstätten, um<br />
ins Leben hinauszutreten. In Breslau<br />
hat auf <strong>der</strong> Tagung des Reichselternbundes<br />
Ministerialdirektor Kästner über den neuen<br />
akademischen Lehrer als Volkserzieher gesprochen!<br />
Es sind Jugendliche von etwa 22 Jahren,<br />
die nun dem Leben unserer Zeit gegenübergestellt<br />
werden, voll von Hoffnungen und<br />
mit Hoffnungen erwartet. Allerdings erblickt<br />
man in <strong>der</strong> neuen Lehrerbildung wohl<br />
nicht mehr das Allheilmittel für die Schmerzen<br />
unserer Zeit. Diese Erwartungen hat<br />
man fallen lassen müssen. An<strong>der</strong>erseits<br />
wird man dem Einwurf entgegentreten<br />
können, was denn eigentlich die neue Lehrerbildung<br />
Beson<strong>der</strong>es bringe. Es scheint manchmal<br />
gleichgültig, ob jemand rechts o<strong>der</strong> links<br />
von einer Mauer steht, und doch kann diese<br />
Stellung über Freiheit und Unfreiheit entscheiden.<br />
Während nämlich früher <strong>der</strong> junge<br />
Seminarist nach seinem Examen sich<br />
zwar den Mauern des Seminars, aber<br />
nicht den Wänden <strong>der</strong> Seminarbildung<br />
entronnen sah, steht jetzt <strong>der</strong> junge<br />
Akademiker stolz da <strong>im</strong> Besitz seiner<br />
Allgemeinbildung, die er auf <strong>der</strong> höheren<br />
Schule, und seiner Fachbildung, die er<br />
auf <strong>der</strong> Akademie erworben hat. Schranken<br />
scheint es hier nicht mehr zu geben. Er wird<br />
sich jetzt selbst zurechtfinden, einmal in seinem<br />
Berufe und sodann zu seiner Umwelt, zum<br />
Volke.<br />
W Der Lehrer — Volkserzieher!<br />
Während nun die frühere Bildung eine<br />
gewisse I^nbeholfenheit und Weltfremdheit<br />
mit sich brachte, soll ihm die neue Welt<br />
Offenheit geben und ihn in den Stand setzen,<br />
auch die Welt, das Volk, das ihn umgibt,<br />
zu bilden, zu erziehen. Nun ist es anerkannt,<br />
daß unzählige Lehrer <strong>der</strong> alten<br />
Schule in Stadt und Land, auch in <strong>der</strong><br />
Großstadt als Volkserzieher in <strong>der</strong> Erwachsenenbildung<br />
zum Teil mit glänzendem<br />
Erfolge tätig sind. Woher dieser Erfolg?<br />
Wird er nicht von einer best<strong>im</strong>mten Volkstümlichkeit,<br />
ja von einer gewissen Schulmeisterart<br />
alter Zeit stammen? Es wird das Ziel<br />
sein müssen, die Vorzüge alter BildungSweise<br />
mit denen neuer Bildung zu vereinen.<br />
Diese Aufgabe zu lösen, kann nicht die<br />
Arbeit <strong>der</strong> pädagogischen Akademien allein<br />
sein, an ihr muß vielmehr auch die höhere<br />
Schule von Anfang an mitarbeiten. Denn mit<br />
jenen Bildungögötzen: „Allgemeinbildung",<br />
„Fachbildung", ist eS in Denkschriften und<br />
Zeitungsartikeln zwar getan, aber nicht <strong>im</strong><br />
wirklichen Leben. Denn hier tritt uns eine<br />
große Spannung entgegen. Gerade <strong>der</strong><br />
höheren Schule machte man, früher jedenfalls,<br />
den Vorwurf <strong>der</strong> Volksfremdheit. Sie<br />
führe zu den Büchern, aber nicht zum<br />
Leben! <strong>Das</strong> BerechtigungSwesen wird angeschuldigt!<br />
Gewiß, eS ist eine furchtbare<br />
Spannung zwischen <strong>der</strong> Bildung zum<br />
Volk und <strong>der</strong> Bildung vom Volk. Noch<br />
<strong>im</strong>mer unterscheiden wir unter dem Einfluß<br />
<strong>der</strong> „höheren Bildung": „Gebildete" und<br />
„Volk". Eine Folge, so heißt es, <strong>der</strong> Zeit