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Das Evangelische Rheinland - Archiv der Evangelischen Kirche im ...

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sehr Nüchternes und müssen sachlich erledigt<br />

werden. Aber die For<strong>der</strong>ung<br />

wird von Jahr zu Jahr brennen<strong>der</strong>,<br />

daß wir sie „seelsorgerl<br />

i ch", volksmissionarisch anfassen.<br />

Und gerade, wenn wir — wie<br />

es doch wohl den Anschein hat — allgemein<br />

dazu übergehen weiden, ein Kirchgeld<br />

einzuziehen und damit auch die Gemeindeglie<strong>der</strong><br />

steuerlich erfassen, die jetzt<br />

zum großen Teil von <strong>der</strong> <strong>Kirche</strong>nsteuer nicht<br />

berührt weiden, wird es unsere Aufgabe<br />

sein, ihnen zu zeigen, was die Gemeinde<br />

nun auch unentgeltlich ihnen leistet.<br />

Die hier besprochene Fühlungnahme geschieht<br />

durch das gedruckte Wort. Daß<br />

wir uns vor <strong>der</strong> Gefahr hüten müssen, das<br />

gedruckte Wort, das tote Ding an die<br />

Stelle <strong>der</strong> lebendigen persönlichen Beziehung<br />

zu setzen, ohne die es nun einmal keine Gemeinschaft<br />

und keine Gemeinde gibt, sei nur<br />

kurz erwähnt. Darum die For<strong>der</strong>ung,<br />

solche ersten Grüße (mit Ausnahme natürlich<br />

des Steuerzettels!) nicht mit <strong>der</strong> Post<br />

zu senden — dann erleben sie das Schicksal<br />

<strong>der</strong> <strong>im</strong>mer mehr zur Lawine anschwellenden<br />

„Drucksachen", sie weiden in den Papierkorb<br />

abgeleitet. Diese Grüße <strong>der</strong> Gemeinde<br />

müssen von Gemeindehelfern, vor allem den<br />

freiwilligen Gemeindehelfern, persönlich abgegeben<br />

werden. Sie müssen auch an die<br />

Unverheirateten bestellt werden, gerade sie,<br />

und nicht nur die Familie, müssen erfahren,<br />

daß eine Gemeinde da ist, die sich um sie<br />

kümmert.<br />

Pfarrer 0. Dusse, Essen.<br />

Wesen, Organisation und praktische Arbeit<br />

<strong>der</strong> Gemeinde unter dem Gesichtspunkt <strong>der</strong><br />

sozialen Aufgabe<br />

Vorbemerkung:<br />

Folgende Sätze sind nicht eigenes Gedankengut,<br />

son<strong>der</strong>n gemeinsam erarbeitet<br />

auf dem Sozialen Kursus <strong>der</strong> Synodal-<br />

Vertreter für die sozialen Aufgaben ix<br />

Rengsdorf vom 7. bis 11. Januar<br />

1929. Beson<strong>der</strong>s auf Grund von zwei<br />

Vorträgen, dem ersten von Pfarrer Kunze,<br />

W.Gladbach, über „Gemeindeorganisation<br />

und Gemeindearbeit unter dem Gesichtspunkt<br />

<strong>der</strong> sozialen Aufgabe", und dem<br />

zweiten oon Pfarrer Kramm, Solingen,<br />

über „Aufgaben und Arbeitsmöglichkeiten<br />

<strong>der</strong> sozialen Ausschüsse", sind uns so<br />

dringliche grundsätzliche Fragen über die<br />

wirkliche Lage unserer <strong>Kirche</strong> gestellt<br />

worden, daß wir meinen, s!e einer breiteren<br />

kirchlichen Öffentlichkeit weitersagen<br />

zu müssen.<br />

n wir — sei es auch unter welchem<br />

Gesichtspunkt — die Frage nach <strong>der</strong><br />

<strong>Kirche</strong> stellen, stellen wir <strong>im</strong>mer die Frage<br />

nach <strong>der</strong> Gemeinde. Wir stellen hier die<br />

Frage nach <strong>der</strong> Gemeinde unter dem Gesichtspunkt<br />

<strong>der</strong> sozialen Aufgabe. <strong>Das</strong> geht<br />

gerade <strong>im</strong> Blick auf die wirkliche Lage unserer<br />

gegenwärtigen <strong>Kirche</strong> nicht ohne eine<br />

grundsätzliche Besinnung über das Wesen<br />

<strong>der</strong> Gemeinde. Wir stehen heuzutage <strong>im</strong>mer<br />

wie<strong>der</strong> in <strong>der</strong> großen Gefahr, daß wir geschäftige<br />

Tätigkeit verwechseln mit Gemeindearbeit.<br />

Vor allem das Großstadtpfarramt<br />

droht <strong>im</strong>mer mehr ausgefüllt zu<br />

weiden mit VerwaltungS-, OrganisationSund<br />

Belriebsarbeit aller Art in den verschiedensten<br />

Tagungen, Ausschüssen, Sitzungen,Vereinen<br />

undVereinchen. Besteht darin<br />

das Wesen <strong>der</strong> Gemeinde? Nein! — Dieses<br />

Nein ergibt sich aus einer dreifachen Erkenntnis<br />

:<br />

4) <strong>Das</strong> Wesen <strong>der</strong> Gemeinde erkennen wir<br />

in ihrem Ursprung: Der Heilige Geist baut<br />

die Gemeinde, und sie kann aus keiner noch<br />

so glänzenden Organisation „gemacht"<br />

werden.<br />

2) <strong>Das</strong> Wesen <strong>der</strong> Gemeinde spiegelt sich<br />

wi<strong>der</strong> in ihrem Ziel: ^^ Gemeinde hat eine<br />

eschatologische Hoffnung, und diese steht <strong>im</strong><br />

Wi<strong>der</strong>spruch zu je<strong>der</strong> sozialen Ordnung.<br />

Daraus ergibt sich <strong>im</strong> Hinblick auf die<br />

soziale Aufgabe <strong>der</strong> Gemeinde, daß sie eben<br />

nicht die Hauptaufgabe <strong>der</strong> Gemeinde ist<br />

und daß keine sozialen Reformen die Gemeinde<br />

bauen können, denn sie sind sündig,<br />

— noch viel weniger wird durch soziales<br />

Tun <strong>der</strong> Gemeinde ihre eschatologische<br />

Hoffnung zur Erfüllung gebracht.<br />

3) Nichtsdestoweniger entsteht aus dem<br />

Ursprung und dem Ziel <strong>der</strong> Gemeinde ihre<br />

konkrete Aufgabe, die wie<strong>der</strong>um das Wesen<br />

<strong>der</strong> Gemeinde deutlich macht: die Gemeinde<br />

muß Zeuge des Reiches Gottes sein in <strong>der</strong><br />

Welt, — nicht nur durch das Wort, son<strong>der</strong>n<br />

gerade durch ihr Handeln. Denn<br />

das Wort <strong>der</strong> <strong>Kirche</strong> kann nicht gehört<br />

werden, wenn ihm das Tun <strong>der</strong> <strong>Kirche</strong><br />

ins Gesicht schlägt. Die Tat <strong>der</strong> Gemeinde<br />

soll Hinweis sein auf Gottes Tat. — Die<br />

Aufgabe, Zeuge des Reiches Gottes in <strong>der</strong><br />

Welt zu sein, ist <strong>der</strong> Gemeinde durch daö<br />

Evangelium gesetzt. Und gerade dadurch erfährt<br />

nun die soziale Arbeit <strong>der</strong> <strong>Kirche</strong><br />

eine ganz entscheidende grundsätzliche Beleuchtung:<br />

Sie ist eine dem Wesen <strong>der</strong> Gemeinde<br />

entsprechende Arbeit, — und zwar<br />

gerade auch deshalb, weil die Gemeinde es<br />

nicht nur mit Seelen zu tun hat, son<strong>der</strong>n<br />

mit dem ganzen Menschen, Denn sie ge-<br />

schieht <strong>im</strong> Dienste des Evangeliums, das<br />

sich an den ganzen Menschen richtet, nicht<br />

nur an seine Seele. Und darum ist sie<br />

nicht nur „Vorhofsarbeit", die hinter dem<br />

Dienst <strong>im</strong> Allerheiligsten, „Seelen für den<br />

Heiland zu gewinnen", zurücksteht, son<strong>der</strong>n<br />

sie ist ein ganz wesentlicher Bestandteil dieser<br />

Arbeit <strong>im</strong> Allerheiligsten, weil Leib und<br />

Seele des Menschen eben nicht auseinan<strong>der</strong>zureißen<br />

sind. Eine Seelsorge, die tatsächlich<br />

nur die Seele des Menschen erfassen<br />

will, ist ein Kind des Hellenismus, aber<br />

nicht des Neuen Testamentes. —<br />

Aus dieser dreifachen Besinnung auf das<br />

Wesen <strong>der</strong> Gemeinde entsteht für den mit<br />

offenem Auge in unserer gegenwärtigen<br />

<strong>Kirche</strong> stehenden Menschen <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong><br />

eine brennende Frage: Entspricht die<br />

wirkliche Lage unserer <strong>Kirche</strong> diesem ihrem<br />

Wesen, — und, wenn nicht, wo liegen die<br />

Fehler? Wo liegt die Schuld?<br />

II.<br />

Die Fehler liegen zweifelsohne zum Teil<br />

beson<strong>der</strong>s in <strong>der</strong> Organisation <strong>der</strong> gegenwärtigen<br />

<strong>Kirche</strong> und die Schuld bei den<br />

Menschen, die diese Organisation ruhig ertragen,<br />

ohne sie zu än<strong>der</strong>n. — Zunächst<br />

muß das eine gesagt werden: Auch wenn,<br />

wie oben gesagt, die Gemeinde nicht durch<br />

irgendeine Organisation gebaut wird, so<br />

wirkt sich doch das Tun <strong>der</strong> Gemeinde<br />

nirgendwo an<strong>der</strong>s aus als <strong>im</strong> Rahmen <strong>der</strong><br />

Gemeindeorganisation. — Wir haben in<br />

<strong>der</strong> <strong>Kirche</strong> keine für alle Zeiten richtige<br />

Organisation. „Jede Organisation muß<br />

aus <strong>der</strong> Gegenwartslage entstehen" (Schlatter).<br />

Aber gerade das kann dem heutigen<br />

Menschen, <strong>der</strong> gleichzeitig sich ernsthaft auf<br />

das Wesen <strong>der</strong> Gemeinde besinnt und ebenso<br />

ernsthaft die Gegenwartslage ins Auge<br />

faßt, klar weiden, daß an manchen ganz<br />

entscheidenden Punkten die gegenwärtige<br />

Gemeindeorganisation <strong>im</strong> Grunde nicht<br />

gegenwärtig ist, son<strong>der</strong>n antiquarisch und<br />

darum lebenhemmend. <strong>Das</strong> wird zunächst<br />

deutlich, wenn wir die verfassungsmäßig<br />

gegebene Gemeindeorganisation <strong>der</strong> Gemeindekörperschaften<br />

unter dem Gesichtspunkt<br />

<strong>der</strong> sozialen Aufgabe <strong>der</strong> Gemeinde<br />

ins Auge fassen: Wir denken da zunächst<br />

an die Entstehung und Zusammensetzung<br />

dieser Körperschaften durch das gegenwärtige<br />

Wahlverfahren und ziehen die Lehre<br />

aus den letzten <strong>Kirche</strong>nwahlen. Erschrekkend<br />

deutlich ist es durch sie geworden, wie<br />

sehr unsere <strong>Kirche</strong>, anstatt eine He<strong>im</strong>at für<br />

alle zu sein, die ihrer bedürfen, dem VereinStypuS<br />

verfallen ist, d. h. einem Element<br />

gesellschaftlicher, auf best<strong>im</strong>mte Interessen<br />

abgestempelter Organisation. Sozialistisch<br />

ausgedrückt: Die <strong>Kirche</strong> ist verbürgerlicht.<br />

Die Masse <strong>der</strong> Gebildeten, gerade so wie<br />

<strong>der</strong> Arbeiter, erreicht sie nicht mehr. Im<br />

Neuen Testament ist uns erzählt, daß<br />

Sklaven ein kirchliches Amt bekleideten.<br />

Wo ist heute <strong>der</strong> vierte Stand in unseren<br />

kirchlichen Körperschaften? Diese Frage<br />

müssen wir stellen, nicht um des Interesses

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