Das Evangelische Rheinland - Archiv der Evangelischen Kirche im ...
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36<br />
inneren Einstellung auf die Fragen <strong>der</strong> Gegenwart<br />
fehlen. <strong>Das</strong> bewiesen die Vorträge über<br />
die „kulturelle Bedeutung <strong>der</strong><br />
He<strong>im</strong>stättenbewegung" von Dr.<br />
de Laporte in Berlin über „das Wesen<br />
<strong>der</strong> Diakonie <strong>im</strong> Lichte einer mo<strong>der</strong>nen<br />
Psychologie" (Individualpsychologie)<br />
von Direktor Pastor Engelke <strong>im</strong><br />
Rauhen Hause zu Hamburg. Auch tie Berliner<br />
Bezirksgruppe hatte anläßlich <strong>der</strong> Jahresversammlung<br />
de« Gesamtoerbandes ihre Mitglie<strong>der</strong><br />
zusammengerufen. Sie füllten den Saal,<br />
um den Vortrag des Landtagsabgeordnete»<br />
Diakon Rüffer über „die nationale,<br />
kulturelle und religiöse Krisi«<br />
<strong>der</strong> Gegenwart" zu hören. Die Aussprache<br />
nach den Vorträgen zeigte die Aufgeschlossenheit<br />
<strong>der</strong> Diakone für die neuzeitlichen<br />
Aufgaben. Der Geschäftsführer Lehmann<br />
konnte mit Befriedigung in seinem Bericht darauf<br />
hinweisen, daß <strong>der</strong> Deutsche Diakonenoerband<br />
auf ein Jahr eifriger Arbeit und erfreulicher<br />
Ergebnisse zurückblicken dürfe. Die Versorgungskasse<br />
de« Verbandes hat in 5<br />
Jahren ein Vermögen von 4 >5 Millionen Mark<br />
angesammelt und stellt ihren Mitglie<strong>der</strong>» die<br />
In den Tagen vom 5.—7. März versammelte<br />
sich in Erfurt die von dem dortigen <strong>Evangelische</strong>n<br />
<strong>Kirche</strong>nausschuß berufene<br />
DD^onfercnzkircl'licker sozial« Facharbeiter<br />
unter <strong>der</strong> Leitung des Prälaten D, Dr.<br />
Schoell, Stuttgart, und unter Teilnahme<br />
von Mitglie<strong>der</strong>n fast sämtlicher deutschen<br />
Landeskirchenbehörden. Ihre Verhandlungen<br />
dienen <strong>der</strong> Erörterung grundsätzlicher Tragen<br />
und <strong>der</strong> Vorberatung von praktischen Anregungen<br />
für den sozialen Ausschuß de« Dv^KA.<br />
Generalsekretär Liz. Grunz, Berlin, sprach<br />
<strong>im</strong> Sinne seine« eben erschienenen Buche« über<br />
„Arbeiterseelsorge"; die wertvolle Darstellung<br />
ergab eine fruchtbare Aussprache, <strong>der</strong>en praktische<br />
Bedeutung sich in <strong>der</strong> Behandlung <strong>der</strong><br />
Frage <strong>der</strong> „Arbeiterfreizeiten" zeigte. Pfarrer<br />
Müller, Schwefe, leitete diese Besprechung<br />
mit einem Bericht über seine Weltanschauungswochen<br />
und die Organisation de«<br />
daraus erwachsenen „Kampfbundes" ein. Die<br />
Konferenz erkannte die Notwendigkeit <strong>der</strong> weltanschaulich<br />
wie <strong>der</strong> durch die sozialen Probleme<br />
best<strong>im</strong>mten Freizeitarbeit an, sah aber in <strong>der</strong><br />
letzteren die erste und wesentliche Aufgabe. Ein<br />
Vertreter <strong>der</strong> württembergischen Landeskirchenbehörde<br />
sprach in demselben Zusammenhang<br />
über „Kirchliche Einrichtungen in städtischen<br />
Siedlungen" und betonte auf Grund praktischer<br />
Erfahrungen die Notwendigkeit <strong>der</strong> rechtzeitigen<br />
Schaffung selbständiger Gemeinden in städtischen<br />
Siedlungsbezirken. (Vgl. den Aufsatz von Hollweg<br />
in Nr. 4 und 2 „Evgl. Rhld.").<br />
Ueber die Aufgaben <strong>der</strong> <strong>Kirche</strong> gegenüber<br />
<strong>der</strong> Arbeitslosigkeit und den „Arbeitslosen einschließlich<br />
<strong>der</strong> älteren Angestellten" berichtete<br />
Pfarrer M e n n. Die praktischen Fragen <strong>der</strong><br />
Freizeiten für Arbeitslose, vor allem arbeitslose<br />
Jugendliche, <strong>der</strong> kirchlichen Mitarbeit bei<br />
<strong>der</strong> Arbeitsvermittlung u. a. erfuhren eine eingehende<br />
Besprechung, Ueberraschend wurde von<br />
allen Seiten die Notwendigkeit betont, in den<br />
sogenannten kirchlichen Kreisen, einschließlich<br />
<strong>der</strong> Pfarrerschaft, auf ein tieferes Verständnis<br />
<strong>der</strong> seelischen Not <strong>der</strong> Arbeitslosen hinzuwirken:<br />
gerade hier werde 0er Arbeitslose weithin mit<br />
einer Verachtung behandelt, die doch gegenüber<br />
<strong>der</strong> Mehrheit nicht nur eine Lieblosigkeit, son<strong>der</strong>n<br />
eine Ungerechtigkeit bedeute. Von dem<br />
denkbar günstigsten Bedingungen, Da« Vermögen<br />
<strong>der</strong> Begräbnishilfe hat <strong>im</strong> selben<br />
Zeitraum die Höhe von 60 UM Mark erreicht.<br />
Der 7. Deutsche Diakonentag in<br />
Duisburg ist glänzend verlaufen, und hat nicht<br />
»ur am Nie<strong>der</strong>rhein, son<strong>der</strong>n auch weit darüber<br />
hinaus die Kenntnis von <strong>der</strong> männlichen Diakonie,<br />
ihrer notwendigen und segensreichen Arbeit<br />
ausgebreitet. Die literarische Arbeit hat für<br />
die Ausbildung in den Diakonenanstalten die<br />
lange vermißte „N erufskunde für Diakoni<br />
e" von Ernst Bunke und für die Werbearbeit<br />
in <strong>der</strong> großen Oeffentlichkcit da« mit<br />
reichem Bildschmuck ausgestattete Prachtwerk<br />
„D eutsche Diakonenarbeit in Wort<br />
und Bild" gebracht. <strong>Das</strong> Monatsblatt de«<br />
Verbandes „D eutsche« Diakonenblatt"<br />
ist seit Jahren auch für die Öffentlichkeit<br />
zugänglich und gibt Gelegenheit, die<br />
Arbeit <strong>der</strong> männlichen Diakonie mit ihren Aufgaben<br />
und Hin<strong>der</strong>nissen, mit ihren Sorgen und<br />
Hoffnungen zu verfolgen. Da« Jahr 4928 hat<br />
die Zuversicht neu belebt, daß die männliche<br />
Diakonie zu den lebenswichtigen Berufen<br />
unserer evangelischen <strong>Kirche</strong> und des<br />
deutschen Volkes gehört.<br />
Soziale Arbeit<br />
Berichterstatter vorgelegte Richtlinien wurden<br />
gebilligt und dem EKA. überwiesen, <strong>der</strong> zu<br />
dem Gesamtproblem Stellung nehmen wird.<br />
Einheitliches, kirchliches Verhalten bei<br />
N3irtschaftskämpfen<br />
Der Wirtschaftskampf in <strong>der</strong> nordwestlichen<br />
Eisenindustrie hatte einem Mitglied« <strong>der</strong><br />
Konferenz die Anregung zu einem Antrage gegeben,<br />
<strong>der</strong> auf die Verhin<strong>der</strong>ung inhaltlich abweichen<strong>der</strong><br />
kirchlicher Kundgebungen zu wirtschaftlichen<br />
Kämpfen abzielte. Er wünscht die<br />
Einsetzung einer Son<strong>der</strong>kommission bei dem<br />
DEKA, mit dem Auftrage, „bei drängende»<br />
und Stellungnahme erfor<strong>der</strong>nden Tagesfragen,<br />
insbeson<strong>der</strong>e be<strong>im</strong> Ausbruch von Arbeitskampfen<br />
die Frage <strong>der</strong> Möglichkeit und Notwendigkeit<br />
kirchlichen Eingreifens in Form von Kundgebungen,<br />
Vermittlungen o<strong>der</strong> Hilfsaktionen für<br />
die in Not Geratenen zu prüfen". Die Kommission<br />
soll <strong>im</strong> Einvernehmen mit den kirchlichen<br />
Sozialstellen des betroffenen Gebiete« und<br />
unter Hinzuziehung von Vertretern <strong>der</strong> freien<br />
sozialkirchlichen Arbeit tagen. Der bedeutungsvolle<br />
Antrag konnte nicht mehr durchberaten<br />
werden und wurde dem DEKA, als Älaterial<br />
weitergereicht. E« ist anzunehmen, daß er die<br />
Facharbeiterkonferenz noch einmal beschäftigen<br />
wird. Auch ein Bericht des Oberingenieur«<br />
Arnhold über die Arbeit des Dinta wurde zur<br />
Besprechung zurückgestellt.<br />
-1 <strong>Das</strong> Landvolkproblem<br />
Mit <strong>der</strong> Facharbeiterkonferenz zeitlich verbunden,<br />
tagte eine Son<strong>der</strong>konferenz zur<br />
Behandlung des Landoolkproblem«.<br />
Berichterstatter waren Oek.-Rat<br />
Lemke, Berlin: Arb.-Sekr. Hülser, Spandau:<br />
Oberkirchenrat v. Fleisch, Hannover,<br />
und Pfarrer Planck, Württemberg. <strong>Das</strong><br />
wesentlichste Ergebnis <strong>der</strong> sehr interessanten<br />
Vorträge und Verhandlungen war die Ueberzeugung<br />
von dem außerordentlichen Gewicht <strong>der</strong><br />
Frage als solcher, <strong>der</strong> Unmöglichkeit ihrer einheitlichen<br />
Behandlung und darum <strong>der</strong> Notwendigkeit,<br />
ihr durch planmäßige Behandlung<br />
von den beson<strong>der</strong>en Verhältnissen <strong>der</strong> einzelnen<br />
Landesteile aus gerecht zu werden. Sicher ist,<br />
daß die kirchliche Sozialarbeit, die sich bisher<br />
einseitig den industriellen Fragen zugewandt hat,<br />
bei allem Schwergewicht dieser Probleme in<br />
Zukunft <strong>der</strong> sozialwirtschaftlichen und sozialethischen<br />
Krists des Lande« erhöhte Aufmerksamkeit<br />
schenken muß und wiri><br />
Schlichtungsreform<br />
In <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> Schlichtungsreform<br />
hat <strong>der</strong> Arbeitgeberoerband <strong>der</strong> deutschen Textilindustrie<br />
höchst bemerkenswerte Vorschläge<br />
praktischer Art für seinen Interessenbereich gemacht.<br />
Sie lauteten:<br />
4. Sämtliche zur Zeit schwebenden Tarifstrcitigkeiten<br />
<strong>der</strong> Textilindustrie werden einem zentralen<br />
Schiedsgericht zur endgültigen gleichzeitigen Entscheidung<br />
übertragen.<br />
2. Da« Schiedsgericht setzt sich au« drei neutralen<br />
Schiedsrichtern zusammen, die gemeinsam<br />
von den Parteien best<strong>im</strong>mt werden. Angehörige<br />
<strong>der</strong> Textilindustrie und <strong>der</strong> Arbeitgeber- und<br />
Arbeitnehmerverbände <strong>der</strong> Textilindustrie kommen<br />
als Schiedsrichter nicht in Frage.<br />
3. Beide Parteien bestellen als Verhandlungskommission<br />
je fünf Vertreter. Diese fünf Vertreter<br />
müssen mit den nötigen Vollmachten zum<br />
endgültigen Abschluß <strong>der</strong> zur Erörterung stehenden<br />
Tarifverträge ausgestattet sein.<br />
4. Da« Schiedsgericht soll zunächst versuchen,<br />
durch Verhandlungen mit <strong>der</strong> Verhandlungskommission<br />
eine freie Verständigung über die<br />
einzelnen strittigen Tarifverträge herbeizuführen.<br />
5. Soweit eine freie Verständigung nicht zu erzielen<br />
ist, werden die verbleibenden Streitpunkte<br />
durch da« Schiedsgericht endgültig entschieden.<br />
<strong>Das</strong> Schiedsgericht fällt zu diesem Zweck für<br />
jeden <strong>der</strong> strittigen Bezirke einen geson<strong>der</strong>ten<br />
Schiedsspruch.<br />
6. Die Verkündigung <strong>der</strong> Schiedssprüche erfolgt<br />
gemeinsam. Beide Parteien erkennen die Schiedssprüche<br />
von vornherein als für sich bindend a».<br />
7. Für die Bezirke, <strong>der</strong>en Tarifoertragsstreitigkeiten<br />
bei dem Schiedsgericht anhängig gemacht<br />
sind, wird zwischen den Parteien ein Burgfrieden<br />
dahingehend vereinbart, daß die in einzelnen<br />
dieser Bezirke bereits ausgebrochenen<br />
o<strong>der</strong> angekündigten Streiks und Aussperrungen<br />
umgehend rückgängig gemacht und die Arbeit<br />
zum erstmöglichen Zeitpunkt wie<strong>der</strong> aufgenommen<br />
o<strong>der</strong> die Netriebe zur Arbeit wie<strong>der</strong> geöffnet<br />
werden. Neue Streiks und Aussperrungen<br />
wegen <strong>der</strong> bei dem Schiedsgericht anhängig gemachten<br />
Streitfälle sind untersagt. Bis zur<br />
Entscheidung de« Zentralschicdsgerichts sind die<br />
Lohnsätze <strong>der</strong> bisherigen Tarifverträge weiter<br />
zu zahlen.<br />
Die Annahme dieses Vorschlage« würde nicht<br />
weniger als die künftige Erledigung aller Kampffragen<br />
des Industriezweiges in voller Selbständigkeit,<br />
unabhängig vom Eingreifen aller staatlichen<br />
Schlichtungsorgane, bedeutet haben. Davor<br />
sind die Gewerkschaften, wohl teils au«<br />
grundsätzlichen, teils aus praktischen Bedenken,<br />
zurückgeschreckt. Vor allem ist es ihnen gelungen,<br />
die Zusammensetzung des Schiedsgerichts in Angleichung<br />
an die <strong>der</strong> staatlichen Schlichterkammern<br />
zu erreichen: den Vorsitzenden ernennt<br />
<strong>der</strong> Reichsarbeitsminister, die Parteien je eine»<br />
Beisitzer. Dieser Regelung entspricht es, wenn<br />
auch <strong>der</strong> Schiedsspruch des Reichsarbeitsministers<br />
als Ult<strong>im</strong>o ratio eingeschaltet wird: Einst<strong>im</strong>miger<br />
Spruch des Schiedsgericht« ist für die Parteien<br />
verbindlich, Mehrheitsspruch kommt zur<br />
Abst<strong>im</strong>mung bei den Parteien, bei Ablehnung<br />
von beiden o<strong>der</strong> von einer Seite entscheidet <strong>der</strong><br />
Reichsarbeitsminister. Auch bei dieser zu gemeinsamem<br />
Beschluß erhobenen Regelung bleibt<br />
es von höchster Bedeutung, daß <strong>der</strong> Wille zu<br />
selbständiger Erledigung von Kampffragen sich<br />
in einem so großen und wichtigen Industriezweige<br />
durchsetzen konnte. Noch sind eine Fülle von