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Inhaltsverzeichnis<br />

1.Einleitung ....................................................................................................................... 3<br />

2. Zur aktuellen Diskussion und Umsetzung von „Integration“ und „Inklusion“ ........... 5<br />

2.1 Aktueller Stand ........................................................................................................ 5<br />

2.2 Diskussionspunkte ................................................................................................... 6<br />

2.3 Geschichte und Entwicklung des Begriffes “Inklusion“ ........................................ 8<br />

3. Begriffsklärung und Definition von „Integration“ und „Inklusion“ .......................... 10<br />

3.1 Integration .............................................................................................................. 10<br />

3.2 Inklusion ................................................................................................................ 10<br />

3.3 Unterschiede zwischen integrativer und inklusiver Pädagogik ............................ 11<br />

4. „Alle sind verschieden“- Auf dem Weg zur Inklusion in der Schule<br />

(Jutta Schöler) ................................................................................................................. 13<br />

4.1 Integration aus Sicht der Eltern ............................................................................. 14<br />

4.2 Integration aus Sicht der Regelschullehrer ........................................................... 15<br />

4.3 Sonderpädagogen in Integrationsklassen .............................................................. 15<br />

4.4 Argumente für eine integrative Beschulung ......................................................... 16<br />

4.5 Beginn einer Integrationsklasse ............................................................................ 17<br />

5 „ Die besondere Normalität“ - Inklusion von Schüler/innen mit Behinderung<br />

(Diano Ianes) ................................................................................................................... 18<br />

5.1 Anerkennung des verschiedenen Förderbedarfs ................................................... 18<br />

5.2 verschiedene Interventionstechniken und Unterrichtsstrategien .......................... 20<br />

6. „Inklusive Schule -Leben und Lernen mittendrin“<br />

(Pius Thoma und Cornelia Rehle) .................................................................................. 25<br />

6.1 Theoretische Grundlagen ...................................................................................... 25<br />

6.2 Fallbeispiele ........................................................................................................... 29<br />

1


6.3 „Inklusive Schulkultur- Inklusiver Unterricht“ .................................................... 31<br />

7. Kritische Betrachtungsweisen zu den jeweiligen Büchern ........................................ 37<br />

7.1. „Alle sind verschieden“ ........................................................................................ 37<br />

7.2 „Die besondere Normalität“: ................................................................................. 39<br />

7.3. „ Inklusive Schule - Leben und Lernen mittendrin“: .......................................... 40<br />

8. Meinungen aus Politik und Tagespresse .................................................................... 41<br />

8.1 „Eine Schule für alle?“ .......................................................................................... 41<br />

8.2 „Recht auf Miteinander“ ....................................................................................... 42<br />

9. Meinungsbild der Studentenschaft ............................................................................. 44<br />

10.Fazit ............................................................................................................................ 48<br />

Literaturverzeichnis ........................................................................................................ 49<br />

Verbindlicher Erklärungstext ......................................................................................... 52<br />

2


1.Einleitung<br />

1.Kapitel: Einleitung<br />

Inklusion, ein hoch aktuelles Thema und besonders für mich, als Studentin des<br />

Studienganges für Sonderpädagogik, sehr interessant.<br />

Der Begriff „Inklusion“ findet seit der UN-Konvention für die Rechte von<br />

Menschen mit Behinderung 2006 öffentlich Verwendung und sorgt zurzeit in der<br />

Bildungspolitik für großen Diskussionsbedarf.<br />

Nachdem ich mich mit einigen Förderschullehrern, Dozenten, Lehramtsstudenten<br />

für Sonderpädagogik und für anderweitige Schulen unterhalten, Studien, Literatur<br />

gelesen und Vorträge von weiteren Pädagogen gehört habe, bleiben einige Fragen<br />

für mich offen. Besonders beschäftigt mich die praktische Umsetzung von<br />

inklusiven Maßnahmen in Schulen. Mit diesen Fragen möchte ich mich nun in<br />

meiner Bachelorarbeit beschäftigen.<br />

Als ich zum ersten Mal von dem Begriff „Inklusion“ hörte, konnte ich sehr wenig<br />

damit anfangen. Dies war im 4.Semester, als ein Dozent berichtete, dass wir uns im<br />

„Jahr der Inklusion“ befänden. Ich erfuhr, dass eine langwierige, grundlegende und<br />

gleichzeitig fragwürdige Änderung des Bildungssystems bevorstünde. Dann hörte<br />

ich, dass einige Förderschulen in Schleswig-Holstein keine Schüler mehr annehmen<br />

dürften und demnächst schließen würden. Daraufhin beschäftigte ich mich<br />

intensiver mit dem Thema. Ich verstand zunächst nicht, warum Sonderpädagogen<br />

und viele Eltern von förderbedürftigen Kindern zufrieden mit Inklusion sein<br />

konnten, da mir die Umsetzung utopisch erschien.<br />

Besonders für die Arbeit der Sonderpädagogen stelle ich die Umsetzung der<br />

Inklusion in Frage: Wir bekommen in unserem Studium keine ausreichende<br />

Ausbildung hinsichtlich der Beratung und einer guten psychologischen Betreuung.<br />

Ich nehme an, dass die meisten der Studierenden für Sonderschullehramt gezielt<br />

Lehrer werden wollen und bewusst Schüler mit besonderem Förderbedarf<br />

unterrichten möchten.<br />

Aufgrund einiger Gespräche mit Lehramtsstudenten für Grund-, Haupt- und<br />

Realschullehramt und eigener Annahmen könnten bei der Umsetzung von Inklusion<br />

für Grund-, Haupt- und Realschullehrer sehr viele Zweifel bestehen. Mit der Wahl<br />

des Studiums fällt für sie gleichzeitig die Entscheidung gegen ein<br />

Sonderpädagogikstudium und somit gegen einen Umgang mit förderbedürftigen<br />

Kindern. Es besteht die Gefahr der Überforderung der Lehrer durch die individuell<br />

zu leistenden Hilfen für die Schüler mit besonderem Förderbedarf.<br />

In meiner folgenden Arbeit werde ich auf den aktuellen Stand und zurzeit im<br />

Bildungssystem vorliegende Diskussionspunkte eingehen. Daraufhin folgt ein<br />

kurzer historischer Einblick zum Integrationsbegriff und eine Begriffserklärung und<br />

Definition von „Integration“ und“ Inklusion“. Hauptsächlich werde ich mich mit<br />

aktueller Literatur auseinandersetzen. Ich habe mich für drei Bücher entschieden,<br />

die letztes Jahr, 2009, auf dem Markt erschienen sind und sich speziell mit dem<br />

Thema „Inklusion“ befassen. Zudem werde ich politische Meinungen aus der<br />

Presse und ausgewählte Meinungen der Studierenden der Universität Flensburg mit<br />

einbringen.<br />

3


1.Kapitel: Einleitung<br />

Da dieses Thema gerade hoch aktuell ist, gibt es eine Menge kontroverser<br />

Denkweisen. Um den Rahmen dieser Arbeit nicht zu sprengen, wähle ich<br />

Denkansätze und Meinungen, die mir am Wichtigsten erscheinen.<br />

Schließlich erhoffe ich mir durch diese Untersuchung mehr Klarheit und Einsicht in<br />

das Thema „Inklusiver Unterricht“.<br />

4


2.Kapitel: Zur aktuellen Diskussion und Umsetzung von „Integration“ und „Inklusion“<br />

2. Zur aktuellen Diskussion und Umsetzung von „Integration“ und<br />

„Inklusion“<br />

2.1 Aktueller Stand<br />

In vielen Ländern, besonders in Canada, Italien, Norwegen und Dänemark gehört<br />

Inklusion bereits zum Schulalltag, während den meisten Mitbürgern in Deutschland<br />

der Begriff „Inklusion“ noch unbekannt ist. Nicht selten wird Inklusion als eine<br />

sonderpädagogische „Disziplin“ und als ein weiteres Modell für Integration von<br />

förderbedürftigen Schülern gesehen. In Deutschland herrscht immer noch das<br />

Prinzip der Selektion. 1 Nach der Grundschule bekommen die Kinder eine<br />

Beurteilung, auf welche Schule sie gehen sollten. Diese Beurteilungen äußern sich<br />

in Empfehlungen für Sonder-, Haupt- und Realschulen, sowie für Gymnasien. In<br />

den Sonderschulen, bzw. Förderschulen werden die Schüler in bestimmte Bereiche<br />

eingestuft, wie zum Beispiel „geistige Behinderung“, „Lernbehinderung“ oder<br />

„Sprachbehinderung“. Das Ziel dieser Selektion sind möglichst einheitliche Klassen<br />

um einen nahezu gleichen Bildungsstand zu bekommen. So können in diesem<br />

Bildungssystem zum Beispiel die Kinder der Förderschule anschließend in einer<br />

Einrichtung für förderbedürftige Menschen arbeiten und viele Schüler vom<br />

Gymnasium haben die Möglichkeit zu studieren. Dies bedeutet jedoch nicht, dass<br />

den Schülern von anderen Schulzweigen das Abitur oder ein Studium verwehrt<br />

bleibt. Mittlerweile gibt es schon einige Versuche, dieses Schulmodell aufzuspalten.<br />

Es wurden Gesamtschulen eingeführt, in denen alle Schüler miteinander lernen.<br />

Bisher bilden sie einen weiteren Schultyp, der neben den anderen Schultypen, wie<br />

zum Beispiel dem Gymnasium, existiert. 2<br />

Insgesamt handelte es sich im Jahr 2008 um 482.422 Schüler mit verschiedenstem<br />

sonderpädagogischem Förderbedarf in Deutschland. Knapp 44 Prozent unterlagen<br />

<strong>hier</strong> dem Förderschwerpunkt „Lernen“. 77 Prozent aller Schulabgänger in<br />

Förderschulen verließen die Schule ohne einen Hauptschul- oder höher<br />

qualifizierten Abschluss.<br />

„In Deutschland wurden im Schuljahr 2008/2009 18,4 Prozent der Kinder mit<br />

sonderpädagogischem Förderbedarf an einer Regelschule unterrichtet.“ 3<br />

Insgesamt wurden in den jeweiligen Bundesländern bisher 32,2 Prozent inklusiv<br />

ausgerichtete Schulen innerhalb Schleswig-Holstein, 28,2% Prozent innerhalb<br />

Brandenburg und 25,7 Prozent in Baden-Württemberg eingeführt. Alle weiteren<br />

Bundesländer folgen mit einer geringeren Prozentzahl. 4<br />

Das Ziel der Inklusion ist das „normale Ansehen“ eines Schülers mit besonderem<br />

Förderbedarf. Alle Schüler, egal ob mit oder ohne Förderbedarf, bilden eine Einheit.<br />

Keiner ist mehr „anders“. Alle Schüler haben das gleiche Recht auf Förderung und<br />

1<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Inklusive_Pädagogik<br />

2<br />

http://taz.de/1/zukunft/bildung/artikel/1/unter-schurkenstaaten/<br />

3<br />

Lange, 2009, S. 4<br />

4<br />

Hinz: „Inklusion- Verpflichtung, Vision und Programm für jede Schule“, Vortrag vom 20.5.2010<br />

5


2.Kapitel: Zur aktuellen Diskussion und Umsetzung von „Integration“ und „Inklusion“<br />

alle gelten als „normale Schüler“. Da nun niemand mehr ausgesondert wird, werden<br />

die Förderschulen überflüssig. Es gibt demnach nur noch „eine Schule für alle“. Es<br />

werden alle Schüler von unterschiedlichen Pädagogen gemeinsam unterrichtet.<br />

Trotzdem soll <strong>hier</strong> jedes Kind individuell gefördert werden. Die Schulen sind<br />

verpflichtet, die zu benötigenden Hilfsmittel für jeden einzelnen Schüler<br />

bereitzustellen. 5 Oft ist es sinnvoll Sonderpädagogen oder andere spezielle<br />

Hilfskräfte, zum Beispiel Logopäden oder Ergotherapeuten, einzusetzen. Sie sollen<br />

entweder die Lehrer beraten oder direkt mit dem Kind mit besonderem Förderbedarf<br />

arbeiten. Jedoch sollen auch diese Hilfeleistungen ohne jegliche Aussonderung<br />

stattfinden. Hervorzuheben ist, dass jedes Kind einer inklusiven Klasse ein Recht<br />

auf Förderung durch einen Sonderpädagogen hat. Das Ziel <strong>hier</strong>bei ist mehr<br />

Chancengleichheit und vor allem ein hoher Bildungsstandard. 6<br />

Zu der Idee von Inklusion gehört, dass alle Pädagogen im Stande sind, Kinder mit<br />

besonderem Förderbedarf zu unterrichten. Hierfür werden unter anderem<br />

Fortbildungsmaßnahmen bereitgestellt. Inklusion setzt nicht nur die Toleranz des<br />

„Anderssein“ voraus, sondern auch die Abschaffung alltäglicher Dinge, z.B. der<br />

Ziffernbenotung, die dies bislang verhinderten. Damit eine erfolgreiche Umsetzung<br />

der Inklusion gelingen kann, müssen somit teilweise bisherige Konzepte, Ideen und<br />

Vorschläge von alten Schulformen verworfen werden. Es muss sich auf neue<br />

Lehrpläne eingelassen werden. Zu den neuen Konzepten gehören dann zum Beispiel<br />

das Unterrichten in altersgemischten Klassen, die offene Unterrichtsform und neue<br />

räumliche Gestaltungsmöglichkeiten. Eine inklusive Schule verzichtet auf das<br />

Prinzip der Homogenität in den Klassen und legt viel Wert auf die<br />

Unterschiedlichkeit in der Bildung. Hierfür benötigt sie keine bestimmten<br />

Konzepte, sondern sie ist vielmehr auf eine flexible Anwendung von<br />

unterschiedlichen Unterrichtsmethoden angewiesen. 7 Eine mögliche Umsetzung<br />

wäre eine Raumaufteilung für verschiedene Fächer. Die jeweiligen Räume würden<br />

zum Beispiel in eine Bücherecke, eine Computerecke und eine Lese- und<br />

Schreibecke aufgeteilt. Die Schüler können selbst entscheiden, was sie lernen<br />

möchten und planen somit indirekt ihren eigenen Unterricht. Bei dieser Art von<br />

Selbstorganisation müssen sich die Schüler ihre Lerninhalte selbst beibringen,<br />

bekommen jedoch durch die Lehrperson und durch geeignete Materialien und<br />

Medien Unterstützung. Diese Hilfestellungen sind an die individuellen Bedürfnisse<br />

der Schüler angepasst. Schüler lernen somit sehr früh ein selbsterschließendes<br />

Lernen. 8<br />

2.2 Diskussionspunkte<br />

Von Kritikern der inklusiven Pädagogik kommt oft der Einwand, dass hochbegabte<br />

Schüler nicht mehr ihren Fähigkeiten entsprechend gefördert werden. Jedoch gibt es<br />

<strong>hier</strong> Studien (vgl. auch Pisa-Studie), die diese These widerlegen und zeigen, dass<br />

5 http://www.unescobkk.org/fileadmin/user_upload/appeal/IE/Publications_and_reports/<br />

open_file_on_ie.pdf<br />

6 /7 Wocken 2000, S. 492 – 503<br />

8 http://de.wikipedia.org/wiki/Inklusive_Pädagogik<br />

6


2.Kapitel: Zur aktuellen Diskussion und Umsetzung von „Integration“ und „Inklusion“<br />

vor allem die „Stärkeren“, also die Schüler ohne besonderen Förderbedarf,<br />

profitieren.<br />

Ein weiterer Einwand: Selektion bleibe aus und alle Schüler versuchen Abitur zu<br />

machen. Die Gefahr dabei ist, dass künftig wesentlich mehr Jugendliche ein<br />

Studium anstreben könnten und dies Einfluss auf eine pure Bildungsgesellschaft<br />

hätte.<br />

Es sollte klar gestellt werden, dass Lehrer und Pädagogen viel höheren<br />

Anforderungen im Studium und auch im Beruf ausgesetzt sind. Das einmalige<br />

Ausarbeiten eines Konzeptes und das jährliche Wiederholen sind in dieser neuen<br />

Form der Bildung sicherlich nicht möglich. Lehrer werden sich täglich mit der<br />

Frage auseinandersetzen müssen, wie der zu vermittelnde Unterrichtsinhalt dem<br />

einzelnen Schüler näher gebracht werden kann. Für eine realistische Umsetzung der<br />

Inklusion in Schulen müssten Lehrer und Pädagogen in Zukunft ganz anders<br />

ausgebildet werden. Es sollte auch keine strikte Aufteilung mehr zwischen<br />

Sonderpädagogen, Gymnasial-, Real- und Hauptschullehrern geben. Die<br />

Studieninhalte müssten so gesehen dieselben sein. Das Fachwissen sollte weiterhin<br />

gelehrt werden, jedoch steht die Pädagogik in diesem neuen Konzept im<br />

Vordergrund.<br />

Zudem muss die Verwendung der zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten<br />

überdacht werden. Die Inklusion in den Schulen wird aufgrund der Kostenfrage für<br />

Umbauten und mehr Angestellte von Kritikern als sehr utopisch angesehen. Jedoch<br />

ist auch <strong>hier</strong> zu beachten, dass nicht Räumlichkeiten neu gebaut werden müssen,<br />

sondern teilweise eine Umgestaltung ausreicht. Auch die Förderschulen benötigen<br />

hohe finanzielle Mittel, die nun zugunsten der Regelschulen eingesetzt werden<br />

könnten.<br />

Ein weiterer wichtiger Punkt sind Kinder mit bestimmtem Förderbedarf, die keinen<br />

Vorteil an einer inklusiven Beschulung haben. Oft stellt sich <strong>hier</strong> die Förderschule<br />

als „zentrale Möglichkeit der Identitätsbildung“ heraus. Zudem bauen die Kinder<br />

dadurch oft auch mehr Selbstbewusstsein im Umgang mit ihrer Einschränkung auf. 9<br />

Auch Emil E. Kobi sieht Inklusion mehr als eine utopische Vorstellung. Seiner<br />

Meinung nach wird Inklusion immer mehr zum Gegenteil umgesetzt. Er sagt, dass<br />

heute Leistungsschwache viel schneller als „behindert“ angesehen werden und die<br />

Leistungsstarken schnell an Privatschulen unterrichtet werden.<br />

Kobi spricht von einer „Inklusionsideologie“. Auch der theoretische Verlauf von<br />

Exklusion („Exklusion“ verwendet man häufig als Synonym für Ausgrenzung,<br />

Ausschluss aus der Gesellschaft, Entrechtung, etc.) über Selektion über Integration<br />

und Inklusion bis hin zur allgemeinen Pädagogik (vgl. auch A. Hinz, 2003) bestätigt<br />

einen ideologischen Verlauf. Während man versucht, behinderte Menschen nicht<br />

mehr in Kategorien einzuteilen, benötigen Mediziner und Therapeuten ihre DSM-<br />

über ICD –bis hin zu ICF-Checklisten um dementsprechend behandeln zu können.<br />

Die Heterogenität könne nur gehalten werden, indem einzelne Schüler durch<br />

Einzelförderung, also durch „extreme Homogenisierung“, gefördert werden. Dies<br />

9 http://wikipedia.org/wiki/Inklusive_Pädagogik.de<br />

7


2.Kapitel: Zur aktuellen Diskussion und Umsetzung von „Integration“ und „Inklusion“<br />

könne auch eine lern- und sozialpsychologische Vereinsamung einzelner Schüler<br />

zur Folge haben. 10<br />

2.3 Geschichte und Entwicklung des Begriffes “Inklusion“<br />

Der Begriff „Inklusion“ tauchte 1967 in Nordamerika viel früher auf als in<br />

Deutschland, wo er zunächst mehr als Wegweiser zu einer offeneren Gesellschaft<br />

diente. „Full inclusion“ forderte im amerikanischen Raum mit härteren Maßnahmen<br />

bereits in den 80er Jahren die sofortige Abschaffung aller gesonderten Bereiche und<br />

die bedingungslose Eingliederung von Kindern in Regelschulen. 11 In Deutschland<br />

tauchte der Begriff erst vereinzelt in den 90er Jahren auf, findet allerdings erst seit<br />

Anfang des 21. Jahrhunderts mehr Verwendung. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />

war es noch keine Selbstverständlichkeit, dass Jungen und Mädchen gemeinsam<br />

unterrichtet werden. Heute ist es nichts Ungewöhnliches, wenn altersgemischte<br />

Klassen und klassenübergreifende Unterrichtsangebote den pädagogischen Alltag in<br />

deutschen Schulen darstellen.<br />

Seit Jahren wird in Ländern wie Italien, Norwegen, Schweden und Dänemark die<br />

Integration von förderbedürftigen Kindern verwirklicht, und zwar bei einer<br />

Integrationsrate, die fast 100 Prozent der Kinder mit Behinderungen und<br />

Beeinträchtigungen abdeckt. 12<br />

1994 wurde auf dem UNESCO-Weltkongress in Salamanca folgendes formuliert:<br />

„Behinderungen des Lebens und Lernens erweisen sich, zeigen sich immer erst in<br />

den situativen Anforderungen und Bedingungen des Lebens und Lernens. Sie sind<br />

also individuell spezifisch, abhängig von den bisherigen Lebenserfahrungen und<br />

´Lebensformen` und dabei vor allem bedingt durch die Aufgaben und<br />

Anforderungen der Situationen und deren sachlicher Ausstattung bzw. den<br />

Erwartungen und Möglichkeiten der menschlichen Partner oder der Institutionen<br />

wie Schule“ 13<br />

Auch das bayerische Erziehungs- und Unterrichtsgesetz von 1994 und 2003, die<br />

Schulordnungen für Volksschulen zur sonderpädagogischen Förderung 2005, das<br />

Benachteiligungsverbot, der Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes 1997 für<br />

das Schulrecht der Länder und der Begriff „sonderpädagogischer Förderbedarf“<br />

zeigten eine langsame Entwicklung eines Perspektivenwechsels.<br />

Trotz einer Entwicklung, die dazu tendiert, den behinderten Menschen als<br />

gleichwertiges Gegenüber mit Mitspracherecht anzusehen, finden sich viele<br />

Einschränkungen in den Gesetzten wieder. Zum Beispiel wird in dem Bayerischen<br />

Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen mit dem Einschub „im Rahmen<br />

ihrer Möglichkeiten“ zum Ausdruck gebracht, dass den Schulen die Pflicht nur<br />

auferlegt werden kann, wenn sie die personellen, sächlichen, organisatorischen und<br />

didaktisch-methodischen Möglichkeiten aufweisen. Der österreichische Politiker,<br />

Johann Horvath, sieht in vielen Formulierungen der Gesetzesentwürfe eher<br />

10 Dederich et al. 2006, S. 39-39<br />

11 Markowetz 2005, S.17- 66<br />

12 Wocken 2000, S. 492 - 503<br />

13 Thoma, Rehle 2009, S. 72<br />

8


2.Kapitel: Zur aktuellen Diskussion und Umsetzung von „Integration“ und „Inklusion“<br />

Verhinderungen des lerndifferenzierten Unterrichts als Fortschritte der<br />

Unterrichtsformen. 14<br />

Der Begriff der Inklusion entstand schließlich offiziell am Anfang der 90er Jahre<br />

auf der internationalen Konferenz der UNESCO in Thailand. Auf dieser Konferenz,<br />

die unter dem Motto „Bildung für alle“ stattfand, wurde zum ersten Mal das<br />

englische Wort „inclusion“ statt „integration“ benutzt.<br />

Das wichtigste Ziel der Inklusion war das Hauptergebnis der bereits genannten<br />

UNESCO- Konferenz, die 1994 in Salamanca stattfand:<br />

„Das Leitprinzip, das diesem Rahmen zugrunde liegt, besagt, dass Schulen alle<br />

Kinder, unabhängig von ihren physischen, intellektuellen, sozialen, emotionalen,<br />

sprachlichen oder anderen Fähigkeiten aufnehmen sollen. Das soll behinderte und<br />

begabte Kinder einschließen, Kinder von entlegenen oder nomadischen Völkern,<br />

von sprachlichen, kulturellen oder ethnischen Minoritäten sowie Kinder von anders<br />

benachteiligten Randgruppen oder -gebieten.“ 15<br />

2006 verpflichteten sich alle EU-Mitgliedsstaaten, außer Lettland, ein inklusives<br />

Schulsystem zu errichten, in dem Schüler mit und ohne Behinderungen gemeinsam<br />

unterrichtet werden.<br />

In der deutschen Fassung der Konvention wurde durch einen Übersetzungsfehler<br />

Inclusion irreführenderweise mit Integration übersetzt, welches andere Denk-und<br />

Verhaltensweisen im Bildungssystem aufweist. Die grundlegenden Unterschiede<br />

zwischen Integration und Inklusion werden im folgenden Kapitel erläutert. 16<br />

14 Thoma, Rehle 2009, S. 246<br />

15/16 http://de.wikipedia.org/wiki/Inklusive_Pädagogik<br />

9


3. Kapitel: Begriffserklärung und Definition von „Integration“ und „Inklusion“<br />

3. Begriffsklärung und Definition von „Integration“ und<br />

„Inklusion“<br />

3.1 Integration<br />

Das Wort Integration kommt aus dem Lateinischen („integratio“, „integrare“) und<br />

bedeutet Ergänzung, Erneuerung oder auch „Wiederherstellung eines Ganzen“.<br />

Geht man noch genauer auf die lateinische Herleitung ein, lassen sich die<br />

lateinischen Stämme „tangere“ (berühren), „tactus“ (Berührung), sowie „intactus“<br />

(unberührt, ganz) finden.<br />

Allgemein bezeichnet Integration heute jedoch die Einfügung, beziehungsweise<br />

Eingliederung in ein Ganzes, oder auch die Anpassung oder Angleichung, wobei<br />

man immer den Zusammenhang sehen sollte. 17<br />

Es gibt verschiedenste Bereiche, in denen man den Begriff „Integration“ findet. Uns<br />

interessiert <strong>hier</strong> besonders Integration in der Pädagogik und im<br />

sozialwissenschaftlichen Bereich. In der Pädagogik versteht man unter „Integration“<br />

die Einbeziehung besonderer Eigenschaften, Verhaltens-und Denkweisen in das<br />

Bildungs-und Erziehungssystem. Im sonderpädagogischen Bereich wird Integration<br />

als Eingliederung benachteiligter Schüler gesehen.<br />

„Im schulischen Bereich unterscheidet man zwischen zielgleicher und<br />

zieldifferenter Integration. Bei zielgleicher Integration streben alle Schüler das<br />

gleiche Bildungsziel an, bei zieldifferenzierter Integration wird ein Bildungsziel an<br />

die Fähigkeiten eines Schülers angepasst.“ 18<br />

Ein gutes Beispiel für integrative Pädagogik sind die Montessori-Schulen. Diese<br />

verwenden im Gegensatz zu frontalem Unterricht einen offenen Unterricht. Nicht<br />

nur Schüler mit unterschiedlichem Alter, sondern auch mit verschiedenen<br />

Behinderungen werden in den regulären Unterricht integriert. Durch<br />

selbstverantwortliches Lernen profitieren die leistungsschwächeren Schüler von der<br />

Hilfe durch die leistungsstärkeren Schüler, die wiederum durch die zu leistende<br />

Hilfe profitieren. Hierdurch bleiben Lerninhalte stärker im Gedächtnis. Zudem<br />

werden auch soziale Kompetenzen gefördert, in dem man sich gegenseitig hilft. 19<br />

3.2 Inklusion<br />

Der Begriff „Inklusion“ kommt aus dem Lateinischen („inclusio“, „includere“) und<br />

bedeutet „ Einschluss“. Inklusion schließt den Vorbehalt des „Anderssein“ von<br />

vornherein aus und soll darauf aufmerksam machen, dass noch nachhaltiger dafür<br />

gesorgt werden muss, Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit Behinderung ,<br />

Begabung, Migrationshintergründen, ethnischen, sprachlichen, kulturellen und<br />

sozialen Benachteiligungen etc. ohne Einschränkungen am normalen<br />

gesellschaftlichen Leben als vollwertiges Mitglied teilnehmen zu lassen.<br />

17 http://www.sign-lang.uni-hamburg.de/projekte/slex/seitendvd/konzepte/l52/l5211.htm<br />

18 http://de.wikipedia.org/wiki/Integrative_Pädagogik<br />

19 Schöler 2009, S. 9ff<br />

10


3. Kapitel: Begriffserklärung und Definition von „Integration“ und „Inklusion“<br />

„Inklusion basiert […]auf einem Menschenbild, das die ausschließliche<br />

Normorientierung unserer Gesellschaft am Gesunden und Vollhandlungsfähigen<br />

aufhebt und die Unterschiedlichkeit der einzelnen Menschen als zum Menschsein<br />

notwendig zugehörig und damit als Variante von "Normalität" begreift.<br />

Verschiedenheit wird dabei als eine Bereicherung des menschlichen Lebens und des<br />

Zusammenlebens der Menschen gewertet.“ 20<br />

Für das Bildungssystem bedeutet dies, dass alle Schüler in „Schulen für alle“<br />

unterrichtet werden. Somit können alle Schüler ihr Recht auf eine angemessene<br />

Bildung und auf ein individuelles höchstmögliches Bildungsziel wahrnehmen. Auch<br />

die Rolle der Lehrer nimmt nun eine Andere ein. Das Wissen soll nun nicht mehr<br />

vorgetragen werden, sondern jeder einzelne Schüler soll sein Wissen eigenständig<br />

und durch die Begleitung und Unterstützung der Lehrer erwerben. Jedes Kind hat<br />

dabei seinen eigenen individuellen Lehrplan, lernt allein, zu zweit oder in einer<br />

Gruppe mit behinderten und nichtbehinderten Kindern, in der die Mitglieder<br />

einander unterstützen.<br />

Die Inklusion ist für einige ein neuer Begriff für Integration, für andere jedoch ein<br />

neuer Ansatz der Pädagogik. Das hauptsächliche Prinzip ist die vielfältige<br />

Wertschätzung von beeinträchtigten Kindern in der Bildung und Erziehung. Die<br />

Befürworter der Inklusion fordern eine Schule, welche die individuellen Bildungs-<br />

und Erziehungsbedürfnisse aller Schüler berücksichtigen soll.<br />

3.3 Unterschiede zwischen integrativer und inklusiver Pädagogik<br />

Der Begriff „Inklusion“ und somit auch die inklusive Pädagogik hat sich zwar aus<br />

der „Integration“, also der integrativen Pädagogik entwickelt, weist aber vor allem<br />

bei dem Thema „Schule“ Unterschiede auf. In der inklusiven Pädagogik wird viel<br />

Wert darauf gelegt, dass die Schüler, die ehemals eine Förderschule besuchten oder<br />

noch besuchen, nicht mehr ausgesondert werden.<br />

Unabhängig von Fähigkeiten und Beeinträchtigungen, sowie ihrem sozialen und<br />

kulturellen Umfeld, wird auch schon in der integrativen Pädagogik das Recht<br />

eingefordert, alle Schüler gemeinsam zu unterrichten. Jedoch ist in der Realität eine<br />

Unterscheidung zwischen Kindern „mit sonderpädagogischem Förderbedarf“ und<br />

Kindern „ohne sonderpädagogischem Förderbedarf“ entstanden, was innerhalb der<br />

Integrationspädagogik stark kritisiert wird.<br />

Die Inklusion geht <strong>hier</strong> noch einen Schritt weiter: im Bezug auf die allgemeinen<br />

Menschenrechte, wird gefordert, dass die Schule den Bedürfnissen aller Schüler<br />

gerecht werden solle, nicht umgekehrt. Der Schüler soll also nicht für die Schule<br />

gewachsen sein, sondern die Schule muss für jeden Schüler konzipiert sein. Jedes<br />

Kind soll auf ein- und dieselbe Schule gehen dürfen. 21<br />

In der folgenden Abbildung erläutert Professor Doktor Andreas Hinz den<br />

Unterschied in der Umsetzung von integrativem und inklusivem Unterricht.<br />

20 Markowetz 2005, S. 17-66.<br />

21 http://de.wikipedia.org/wiki/Inklusive_Pädagogik<br />

11


3. Kapitel: Begriffserklärung und Definition von „Integration“ und „Inklusion“<br />

Abbildung 1: Praxis der schulischen Integration versus Praxis der schulischen<br />

Inklusion nach Andreas Hinz, 2002 22<br />

Praxis der Integration Praxis der Inklusion<br />

Eingliederung behinderter Kinder in die<br />

allgemeine Schule<br />

Differenziertes System je nach<br />

Schädigung<br />

Zwei-Gruppen-Theorie (behindert /<br />

nichtbehindert)<br />

Aufnahme von Kindern mit<br />

Behinderung<br />

Individuumszentrierter Ansatz<br />

Fixierung auf die administrative Ebene<br />

Ressourcen für Kinder mit besonderem<br />

Bedarf<br />

Spezielle Förderung für Kinder mit<br />

Behinderungen<br />

Individuelle Curricula für einzelne<br />

Förderpläne für Kinder mit<br />

Behinderungen<br />

Anliegen und Auftrag der<br />

Sonderpädagogik und<br />

SonderpädagogInnen<br />

SonderpädagogInnen als Unterstützung<br />

für Kinder mit Behinderungen<br />

Ausweitung von Sonderpädagogik in<br />

die Schulpädagogik hinein<br />

Kombination von Schul- und<br />

Sonderpädagogik<br />

Kontrolle durch ExpertInnen<br />

22 www.gew-nds.de/sos/Vortrag-hinz.doc<br />

Leben und Lernen aller Kinder in der<br />

allgemeinen Schule<br />

Umfassendes System für alle<br />

Theorie einer pädagogisch<br />

ununterteilbaren heterogenen Gruppe<br />

Profilierung des Selbstverständnisses<br />

der Schule<br />

Systemischer Ansatz<br />

Beachtung der emotionalen, sozialen<br />

und unterrichtlichen Ebenen<br />

Ressourcen für ganze Systeme<br />

(Klasse, Schule)<br />

Gemeinsames und individuelles<br />

Lernen für alle<br />

Ein individualisiertes Curriculum für<br />

alle<br />

Gemeinsame Reflexion und Planung<br />

aller Beteiligter<br />

Anliegen und Auftrag der<br />

Schulpädagogik und<br />

SchulpädagogInnen<br />

SonderpädagogInnen als<br />

Unterstützung für heterogene Klassen<br />

und KollegInnen<br />

Veränderung von Sonder- und<br />

Schulpädagogik<br />

Synthese von Schul- und<br />

Sonderpädagogik<br />

Kollegiales Problemlösen im Team<br />

12


Kapitel 4: „Alle sind verschieden“- Auf dem Weg zur Inklusion in der Schule (Jutta Schöler)<br />

4. „Alle sind verschieden“- Auf dem Weg zur Inklusion in der<br />

Schule (Jutta Schöler)<br />

Die ehemalige Professorin der Technischen Universität Berlin Jutta Schöler lehrte<br />

von 1980-2006 Erziehungswissenschaften. In dem im Juli 2009 erschienenen Buch<br />

„Alle sind verschieden“ setzt sie sich intensiv mit verschiedensten Fällen und<br />

Beispielen in der inklusiven Pädagogik auseinander. Sie geht auf jeden spezifischen<br />

Bereich der Behinderung ein und überlegt, wie man <strong>hier</strong> die Kinder besonders gut<br />

fördern könnte. Jedoch behält sie immer im Hinterkopf, dass man selbst in einem<br />

spezifischen Bereich, wie zum Beispiel bei Menschen mit Hörschädigungen, nicht<br />

alle über einen Kamm scheren darf und die Menschen immer individuell betrachten<br />

sollte.<br />

Die Autorin beabsichtigt, allen Lehrern und besonders den Eltern von<br />

beeinträchtigten Kindern Mut zu machen. Sie ermutigt alle Eltern, die ihr Kind<br />

gerne an einer Regelschule unterrichtet haben wollen, dafür zu kämpfen. Sie haben<br />

das Recht auf eine inklusive Beschulung ihres Kindes, welche sie im Notfall sogar<br />

einklagen können.<br />

In Deutschland werden Anfang des 21. Jahrhunderts nur 15 Prozent aller Kinder mit<br />

„sonderpädagogischem Förderbedarf“ in allgemeinbildenden Regelschulen<br />

unterrichtet. Im Gegensatz zur Gesetzgebung in anderen inklusiv ausgerichteten<br />

Ländern ist es in Deutschland möglich, Kinder gegen ihren Willen und den der<br />

Eltern auf eine Förderschule zu überweisen (S. 168). Dies beruht noch heute auf<br />

dem Reichspflichtschulgesetz von 1938:<br />

„Für Kinder, die wegen geistiger Schwäche oder wegen körperlicher Mängel dem<br />

allgemeinen Bildungsweg der Volksschule nicht oder nicht mit genügendem Erfolge<br />

zu folgen vermögen, besteht die Pflicht zum Besuch der für sie geeigneten<br />

Sonderschulen oder des für sie geeigneten Sonderunterrichts (Hilfsschulen, Schulen<br />

für Krüppel, Blinde, Taubstumme und Ähnliches)“. 23<br />

Noch heute sind Eltern oft nicht an jedem Gespräch und dementsprechend auch<br />

nicht an jeder Entscheidung beteiligt und zudem lassen sich noch Einschränkungen<br />

zum Elternwahlrecht finden. Zum Beispiel heißt es im „Gesetz zur Regelung der<br />

sonderpädagogischen Förderung in der Schule des Landes Hessen §1, Absatz 2:<br />

„Den […] sonderpädagogischen Förderbedarf erfüllen die Sonderschulen […]<br />

oder die allgemeinbildenden und beruflichen Schulen, an denen eine angemessene<br />

personelle, räumliche und sächliche Ausstattung vorhanden ist oder geschaffen<br />

werden kann.“<br />

Im Saarland lautet der zweite Satz des §4 ähnlich:<br />

“Daher sind im Rahmen der vorhandenen schulorganisatorischen, personellen und<br />

sächlichen Möglichkeiten geeignete Formen der gemeinsamen Unterrichtung von<br />

Behinderten und Nichtbehinderten zu entwickeln.“<br />

23 Reichsgesetzblatt Teil 1 1938, S. 102<br />

13


Kapitel 4: „Alle sind verschieden“- Auf dem Weg zur Inklusion in der Schule (Jutta Schöler)<br />

Oft werden diese Paragraphen dazu genutzt, den Antrag der Eltern auf eine<br />

gemeinsame Beschulung ihres Kindes abzulehnen (S. 50).<br />

Im Dezember 2008 hat der Bundestag und der Bundesrat der Bundesrepublik<br />

Deutschland der UN-Konvention zugestimmt. Hier heißt es:<br />

„Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht behinderter Menschen auf Bildung.<br />

Um die Verwirklichung dieses Rechts ohne Diskriminierung und auf der Grundlage<br />

der Chancengleichheit zu erreichen, gewährleisten die Vertragsstaaten ein<br />

integratives Bildungssystem auf allen Ebenen und lebenslange Fortbildung.“<br />

(S. 169)<br />

Eltern von behinderten Kindern müssen nun nicht mehr die Überweisung ihres<br />

Kindes auf eine Förderschule akzeptieren, sondern jede Schule muss die<br />

Verschiedenheit der Kinder akzeptieren und mit besonderer Förderung auf sie<br />

eingehen können. Jede Regelschule soll somit eine „Förderschule“ für alle Kinder<br />

werden. Wird auf den Widerspruch der Eltern gegen Förderschulzuweisung nicht<br />

eingegangen oder spricht etwas dagegen, haben sie nun das Recht zu klagen.<br />

4.1 Integration aus Sicht der Eltern<br />

In dem ersten Kapitel des Buches „Alle sind verschieden“ geht es um die<br />

Integration aus Sicht der Eltern, die ein beeinträchtigtes Kind haben. „Die<br />

Integration eines Kindes mit Behinderung beginnt mit dem Wunsch der Eltern nach<br />

Nichtaussonderung.“ (S. 11). Die Autorin ist der Meinung, dass nicht das Kind<br />

behindert sei, sondern die Gesellschaft das Kind behindert mache. Die<br />

gesellschaftlichen Voraussetzungen für ein Leben mit einem behinderten Menschen<br />

seien selten gegeben. Deshalb fordert die Autorin, dass wir mit der Aussonderung<br />

von Behinderung erst gar nicht beginnen sollen und somit die Integration gar nicht<br />

nötig gemacht werden müsse (S. 15). Sie fordert eine sofortige Beschulung an einer<br />

Regelschule, worauf jedes Kind ein Recht habe. Jedes Kind solle gleiches Recht auf<br />

Bildung bekommen. Alle Eltern von Kindern mit sonderpädagogischem<br />

Förderbedarf sollen allein entscheiden dürfen, auf welche Vorteile an der<br />

Sonderschule sie verzichten würden und welche Nachteile sie in der Regelschule in<br />

Kauf nehmen würden (S. 22).<br />

„Die Kosten für eine notwendige Begleitung von Kindern mit Behinderung in der<br />

Regelschule müssen unabhängig vom Einkommen der Eltern von der Schulbehörde<br />

oder der Sozialbehörde übernommen werden.“ ( S. 23)<br />

Zudem sollten Eltern immer auf einen schriftlichen Bescheid bestehen und dem<br />

Schulamt deutlich machen, dass sie notfalls ein Klageverfahren einleiten werden.<br />

Wenn das Kind dann in einer Regelschule aufgenommen werden sollte, besteht ein<br />

Recht auf ein „ Nachteilsausgleich “ bei Klausuren, wodurch jedes Kind individuell<br />

berücksichtigt wird. (S. 61)<br />

14


Kapitel 4: „Alle sind verschieden“- Auf dem Weg zur Inklusion in der Schule (Jutta Schöler)<br />

4.2 Integration aus Sicht der Regelschullehrer<br />

Im zweiten Kapitel geht es um die Integration aus der Sicht von Regelschullehrern.<br />

Hier schreibt Jutta Schöler von Denkweisen und Ansichten, die oft Lehrer von<br />

Grund-, Haupt,- und Realschulen haben, wenn sie damit konfrontiert werden, in<br />

Zukunft auch Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf zu unterrichten. Viele<br />

fragen sich, ob sie ihren Schülern in bestimmten Fächern noch gerecht werden<br />

können, die einen nicht überfordern und zugleich niemanden langweilen.<br />

Schon mit der Wahl des Studiums stellen sich die meisten Lehrer darauf ein, keine<br />

beeinträchtigten Kinder in ihrem Unterricht zu haben und spezialisieren sich auch<br />

erst gar nicht auf bestimmte Bereiche der sonderpädagogischen Förderung.<br />

Viele Lehrer bekämen jetzt Angst, wenn sie hören, dass auch nur ein behindertes<br />

Kind in ihre Klasse kommt. Jutta Schöler sieht dies als Gelegenheit zur Kooperation<br />

und der Suche nach den Fähigkeiten des behinderten Kindes. Für sie stehen <strong>hier</strong><br />

mehr die Vorteile als Nachteile im Vordergrund.<br />

Die Autorin spricht von einem Zwei-Pädagogen-Prinzip. Hier sollen zwei Lehrer,<br />

meist ein Regelschullehrer und ein Sonderpädagoge eine Klasse zusammen<br />

unterrichten. Damit dies gelingt, sind gute und regelmäßige Absprachen von Beginn<br />

an notwendig. Es darf nicht einen „ersten“ und einen „zweiten“ Ansprechpartner<br />

geben, sondern beide behalten dieselbe Position. Auch wenn bei der einen<br />

Lehrperson teilweise andere Regeln gelten als bei der Anderen, müssen gewisse<br />

Grundprinzipien und Verhaltensregeln geklärt sein, um Missverständnisse zu<br />

vermeiden. Um das Zwei-Pädagogen-Prinzip zu stärken, sollen die beiden Lehrer<br />

am besten schon vor den Ferien für eine Klasse gewählt sein, um sich dann<br />

ausgiebig kennenzulernen und aufeinander einzustellen. Desweiteren ist ein<br />

regelmäßiges Treffen außerhalb der Schule von Vorteil. Auch begleitende<br />

Fortbildungsseminare tragen zu einem positiven Klassenklima bei (S. 35).<br />

Das Zwei-Pädagogen- Prinzip bedeutet auch, dass sich die beiden Lehrer mit der<br />

Vermittlung vom Lernstoff und dem Beobachten des Verhaltens der Schüler<br />

abwechseln. Das Lernklima soll möglichst offen gehalten werden, damit<br />

unterschiedliche Lernvoraussetzungen respektiert werden können.<br />

„Die entscheidende innere Voraussetzung, die Lehrer/ innen in Integrationsklassen<br />

entwickeln müssen, ist die Akzeptanz der Verschiedenheit der Lernziele[…]Lernen<br />

an einem gemeinsamen Lerngegenstand so zu planen, dass tatsächlich verschiedene<br />

Lernziele von den Kindern erreicht werden können“. (S. 38/39)<br />

4.3 Sonderpädagogen in Integrationsklassen<br />

Im darauf folgenden Kapitel geht es um die Sonderpädagogen in<br />

Integrationsklassen. Welche Erwartungen haben Lehrer der Regelschule nun an<br />

Sonderpädagogen? Auf der einen Seite möchte kein Sonderpädagoge nur die<br />

„Problemkinder“ bekommen und als „Wunderheiler“ abgeschoben werden (S. 43).<br />

Jedoch möchte ein Sonderpädagoge auch nicht umsonst etwas über die<br />

verschiedensten Förderbereiche gelernt haben und jetzt als „normaler“ Grundschul-,<br />

oder Fachlehrer eingesetzt werden. Die Funktion eines Sonderschullehrers an<br />

15


Kapitel 4: „Alle sind verschieden“- Auf dem Weg zur Inklusion in der Schule (Jutta Schöler)<br />

Regelschulen unterliegt keinen allgemeinen Vorschriften, sollte aber vorab ungefähr<br />

geklärt werden.<br />

Eine Lehrerin, die elf Jahre lang als Sonderschullehrerin für Lernbehinderte<br />

gearbeitet hat und nun fünf Stunden die Woche als Kooperationslehrerin an einer<br />

Grundschule arbeitet, berichtet von ihren Erfahrungen aus der Schule. Ihrer<br />

Meinung nach haben der Schweregrad der Beeinträchtigungen und die Vielfalt der<br />

Probleme zugenommen. Das Lernen an positiven Vorbildern sei dadurch an der<br />

Sonderschule nicht mehr möglich. Differenzierung und Individualisierung sei die<br />

Form des Unterrichts, widerspreche jedoch den sozialen Lernzielen.<br />

Schließlich ist sie der Meinung, dass sich die vorhandene Lern- und<br />

Leistungseinschränkung eines Schülers in einer Integrationsklasse nicht beheben<br />

lasse, jedoch sei der Rückstand durch die Anregungen und Auseinandersetzungen in<br />

der Gruppe wesentlich geringer. Die Aufgaben der Sonderschullehrer seien nun<br />

andere, wie zum Beispiel Beratung, Hospitation, Mitarbeit im Unterricht,<br />

Bereitstellung von Materialien, Beobachtung, Erstellen von Förderplänen,<br />

Besprechen von Fördermaßnahmen, Hinzuziehen von Hilfsangeboten etc. (S. 47).<br />

4.4 Argumente für eine integrative Beschulung<br />

Im vierten Kapitel versucht Jutta Schöler nochmal die Eltern zur Durchsetzung von<br />

Integration ihres behinderten Kindes zu überzeugen. Gesetzliche Regelungen<br />

werden vorgestellt, worüber jedoch die wenigsten Anwälte Bescheid wissen<br />

würden. Argumente für eine integrative Beschulung und gegen einen<br />

Förderschulbesuch werden noch einmal hervorgehoben.<br />

Im weiteren Verlauf geht es um die Leistungsbewertung in Integrationsklassen.<br />

Ziffernzensuren (1, 2, 3, 4, 5, 6) sind ein ungeeignetes Mittel, um das Lernen und<br />

die Leistung des Kindes zu fördern, da diese schließlich über den Schulabschluss<br />

entscheiden (S. 57). Sinnvoller ist eine verbale Beurteilung. Hierbei sollen die<br />

Schüler an ihren eigenen Lernfortschritten gemessen werden. Auch die<br />

Selbsteinschätzung wird <strong>hier</strong>durch gefördert. Offene Einschätzungen des Lehrers<br />

und solidarische Kritik sollen den Schüler dazu bringen, sich selbst zu reflektieren.<br />

Zudem dürfen die Schüler keine Angst haben Fehler zu machen (S. 60).<br />

Berücksichtigt wird der Schüler durch den Nachteilsausgleich, auf den jeder Schüler<br />

mit einer bestimmten Beeinträchtigung, die das Schreiben von Klassenarbeiten<br />

beeinflusst, ein Recht hat (S. 61).<br />

Zur verbalen Beurteilung wird zum Beispiel nach Arnold und Jürgens das<br />

„Tabellarische Zeugnis“ oder das „Rasterzeugnis“ empfohlen (S. 65). Bei dem<br />

Rasterzeugnis werden die Unterrichtsinhalte und die Lernanforderung in einer<br />

Tabelle aufgelistet. In der Spalte daneben werden das eigene Lernverhalten und die<br />

Leistungen damit verglichen. Es werden Hinweise zur nächstmöglichen<br />

Entwicklung gegeben und können eventuell bei den nächsten Bewertungen wieder<br />

aufgegriffen werden.<br />

16


Kapitel 4: „Alle sind verschieden“- Auf dem Weg zur Inklusion in der Schule (Jutta Schöler)<br />

4.5 Beginn einer Integrationsklasse<br />

Im nächsten Kapitel geht es um den Beginn einer Integrationsklasse. Hier werden<br />

Vorbereitungen getroffen, wie zum Beispiel die Rahmenbedingungen klären, die<br />

Kinder mit besonderem Förderbedarf kennenlernen, geeignete Klassenräume und<br />

Unterrichtsmaterialien bereitstellen und die zweite Kollegin besser kennenlernen<br />

und sie einarbeiten (S. 70).<br />

Zu den Rahmenbedingungen gehört unter anderem die Klassenfrequenz. Es muss<br />

gut überlegt werden, wie viele nicht behinderte und behinderte Kinder zusammen in<br />

einer Klasse unterrichtet werden sollen (S. 71). Zudem sollen auch die Arten der<br />

Behinderung berücksichtigt werden. Es müssen Fragen geklärt werden, ob zum<br />

Beispiel Kinder mit der gleichen Art von Behinderung in derselben Klasse<br />

unterrichtet werden sollen, ob Kinder mit sehr verschiedenen Behinderungen in eine<br />

Klasse gehen, oder ob nicht behinderte Kinder in die gleiche Klasse wie ihr<br />

beeinträchtigtes Geschwisterkind gehen sollen etc. (S. 77).<br />

Zu den zusätzlichen Lehrerstunden sagt Julia Schöler, sollen vier bis fünf<br />

Lehrerstunden in Integrationsklassen mit Lern-, Sprach- und<br />

Verhaltensschwierigkeiten hinzukommen. Bei hochgradig sehgeschädigten,<br />

hörgeschädigten und körperbehinderten Kindern sollen acht bis zehn Stunden<br />

bewilligt werden (S. 72). Für die Kinder, die eine eigene Betreuung haben, die<br />

ständig anwesend ist, muss keine zusätzliche Lehrkraft mit einbezogen werden.<br />

Die finanzielle Frage, ob der gemeinsame Unterricht an einer Regelschule<br />

insgesamt teurer ist als der Unterricht an einer Sonderschule, wird von der Autorin<br />

verneint. Dies konnte in mehreren Vergleichsberechnungen nachgewiesen werden<br />

(vgl. Preuss-Lausitz 1998) (S. 73).<br />

Die darauffolgenden Kapitel handeln von besonderen Beeinträchtigungen der<br />

Kinder. Es geht um Integration von Kindern mit Hörschädigungen,<br />

Sehschädigungen, Körperbehinderungen, Epilepsie, Lernproblemen,<br />

Sprachstörungen, geistigen Behinderungen, Autismus, Mehrfachbehinderungen,<br />

sowie Verhaltensauffälligkeiten. Hier wird speziell auf den besonderen<br />

Förderbedarf eingegangen und über Hilfen diskutiert. Es werden zu jedem<br />

Förderbereich folgende Themen behandelt: Alltagssituationen der Kinder, sowie<br />

Einflüsse von Musik, Sport und Therapien, Voraussetzungen in der Schule, wie<br />

zum Beispiel die Gestaltung des Klassenraumes, der Umgang mit technischen<br />

Hilfsmitteln und besondere didaktische Methoden im Unterricht etc.<br />

Hierauf könnte im Einzelnen sehr detailliert eingegangen werden, was jedoch den<br />

Rahmen dieser Arbeit sprengen würde.<br />

17


Kapitel 5 : „Die besondere Normalität“- Inklusion von Schüler/Innen mit Behinderung<br />

(Diano Ianes)<br />

5 „ Die besondere Normalität“ - Inklusion von Schüler/innen mit<br />

Behinderung (Diano Ianes)<br />

Ein weiteres aktuelles Buch zum Thema Inklusion, “Die besondere Normalität“,<br />

von Dario Ianes, erschien im September 2009.<br />

Der Autor diskutiert in seinem ersten Kapitel den Begriff „Normalität“.<br />

„Normalität als gleicher Wert jedes Einzelnen, mit gleichen Rechten unabhängig<br />

von den persönlichen, sozialen Bedingungen etc.“ (S. 10)<br />

Jeder hat das Bedürfnis nach gleichem Wert, also die Chance, mit gleichem Wert<br />

den anderen gleich zu sein. Somit soll denen mehr gegeben werden, die weniger<br />

haben und umgekehrt (S. 10). „In der Normalität findet man Zugehörigkeit und<br />

Gemeinschaft mit den anderen.“ (S. 11). Man fühlt sich sicher, geborgen und somit<br />

wertgeschätzt, man fühlt sich also „normal“, wie alle anderen. Die Normalität wird<br />

erreicht durch Routinen, Regeln und Gebräuche, die alltägliche Gewohnheiten<br />

ausmachen (S. 14).<br />

Der Autor des Buches, Dario Ianes, ist der Meinung, dass sich die schulische<br />

Normalität eher mit den entsprechenden positiven Erwartungen verbinden lasse.<br />

Demnach sei es für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf einfacher, sich<br />

mit den Mitmenschen und deren Motivationen, Werten und Zielen zu entwickeln<br />

(S. 15).<br />

5.1 Anerkennung des verschiedenen Förderbedarfs<br />

Im zweiten Kapitel werden verschiedene Förderbereiche und deren spezifischen<br />

Störungen beschrieben. Die Förderbereiche werden eingeteilt in Lernstörungen,<br />

geistige Behinderung und Entwicklungsverzögerung, emotionale Probleme,<br />

Verhaltensstörungen, psychische Probleme etc. Weitere Schwierigkeiten lassen sich<br />

oft auf schlechte Familienverhältnisse oder einem sozialschwachen Umfeld<br />

zurückführen. Schließlich ist der „Förderbedarf […] immer mit der individuellen<br />

Geschichte eines einzelnen Kindes verbunden.“ (S. 20). Der Autor spricht einerseits<br />

von einer steigenden Möglichkeit der Diagnostik und andererseits von einer<br />

wachsenden Beobachtungs- und Interpretationsfähigkeit der Lehrer. Sie lernen<br />

schon im Studium bestimmte Beeinträchtigungen zu diagnostizieren. Heute sei es<br />

somit viel einfacher Lernschwierigkeiten und Störungen, also den besonderen<br />

Förderbedarf, zu erkennen (S. 21). In diesem Zusammenhang erkennt Dario Ianes<br />

das eventuelle Problem, dass die Einschätzung und das Erkennen eines bestimmten<br />

Förderbedarfs nicht immer zum Wohl des Kindes, sondern oft auch aus<br />

eigennützigen Gründen geschehen würden. Der Lehrer möchte in seinem Beruf<br />

nicht versagen und zudem nicht mit einem „von der Norm abweichendem<br />

Verhalten“ konfrontiert und gestört werden (S. 21). Diese Anmerkung über die<br />

Gefahr einer übertriebenen Sorge, wurde jedoch:<br />

18


Kapitel 5 : „Die besondere Normalität“- Inklusion von Schüler/Innen mit Behinderung<br />

(Diano Ianes)<br />

„[…] nur deshalb angestellt, um auf die Möglichkeit hinzuweisen, dass eine<br />

Lehrkraft wegen einer -hoffentlich vorübergehenden- menschlichen oder<br />

beruflichen Schwierigkeit ihrerseits gelegentlich eine Art „falsche positive<br />

Wahrnehmung“ erzeugt, wobei sie die Problematik im Schüler sieht, während das<br />

Problem tatsächlich in ihr selbst liegt.“ ( S. 22)<br />

Zur Definition des „besonderen Förderbedarfs“ erläutert der Autor das<br />

ICF(International Classification of Functioning, Disability and Health)-Modell der<br />

Weltgesundheitsorganisation. Das Modell beschreibt, in wie fern eine Person “voll<br />

funktionsfähig“ ist. Das Kind „funktioniere“ gut, wenn biologische<br />

Wachstumsschübe mit den verschiedenen Lernformen und den menschlichen<br />

Beziehungen im Einklang sind. „ Die Funktionsfähigkeit im Erziehungsbereich ist<br />

also eine Verflechtung von Biologie, Erfahrungen im Umfeld, Aktivitäten und<br />

Initiativen des Kindes.“ (S. 26). Die Fähigkeit zu funktionieren resultiert also aus<br />

den eigenen Körperfunktionen und Körperstrukturen, den persönlichen Fähigkeiten<br />

und der sozialen Integration. Mit nicht funktionsfähigen Körperstrukturen sind<br />

„Fehlbildungen oder Fehlen von Gliedmaßen, Organen oder Teilen davon, wie z.B.<br />

zerebrale Strukturen oder Strukturen, die für die Lautbildung oder die<br />

Fortbewegung notwendig sind“, gemeint. Einschränkungen von Körperfunktionen<br />

sind Hör-, Seh-, motorische und sensomotorische Störungen,<br />

Aufmerksamkeitsdefizite, Gedächtnisschwierigkeiten etc. Diese beeinflussen die<br />

persönlichen Aktivitäten und somit auch die eigene Leistung in verschiedenen<br />

Bereichen, welches wiederum einen Einfluss auf die soziale Integration haben kann.<br />

Die Umweltfaktoren und die personenbezogenen Faktoren beeinflussen sich <strong>hier</strong>bei<br />

gegenseitig.<br />

„Wenn die verschiedenen Faktoren positiv interagieren, wächst das Kind gesund<br />

auf und „funktioniert“ vom Erziehungs- und Lernstandpunkt aus gut, andernfalls<br />

wird die Funktionsfähigkeit geschädigt, beeinträchtigt und durch Krankheit und<br />

besonderem Förderbedarf geprägt sein, etc.“ ( S. 27)<br />

Die Aufgabe des Lehrers oder des Erziehers liegt somit in der Betrachtungsweise<br />

der gesamten Konstellation.<br />

Abbildung 1: Die globale Situation eines Menschen in Anlehnung an die ICF 24<br />

24 Ianes 2009, S. 27<br />

19


Kapitel 5 : „Die besondere Normalität“- Inklusion von Schüler/Innen mit Behinderung<br />

(Diano Ianes)<br />

Zur Bewertung der Funktionsfähigkeit des Kindes schlägt der Autor drei<br />

verschiedene, möglichst objektive Bewertungskriterien vor. Das erste Kriterium<br />

stellt das der „Schädigung“, das Zweite des so genannten „Hindernisses“ und das<br />

Dritte das „soziale Stigma“ dar.<br />

Das Kriterium der Schädigung bedeutet, dass eine bestimmte Funktionsfähigkeit<br />

das Kind selbst oder andere schädigt. Es könnte zum Beispiel zu schweren<br />

Verhaltensstörungen, Selbstverletzungen, schweren emotionalen Störungen,<br />

Zurückweisungen oder Ausgrenzungen der Gruppe führen. Das Kriterium des so<br />

genannten „Hindernisses“ bedeutet, dass die jeweilige Beeinträchtigung ein<br />

Hindernis in bestimmten Situationen darstellt. Mit dem dritten Kriterium, das<br />

„soziale Stigma“, wird überprüft, ob die Beeinträchtigung des Kindes objektiv sein<br />

soziales Ansehen verschlechtert und ob ein weiteres Stigma aufgebaut wird (S. 32).<br />

5.2 verschiedene Interventionstechniken und Unterrichtsstrategien<br />

Im weiteren Verlauf des zweiten Kapitels schreibt Dario Ianes von verschiedenen<br />

Interventionstechniken, wie zum Beispiel der „Applied Behavior Analysis“ oder<br />

dem „TEACCH-Programm“ (TEACCH=Treatment and Education of Autistic and<br />

related Communication handicapped Children“) zur Anwendung bei autistischen<br />

Störungen.<br />

Die „Applied Behavior Analysis“ ist eine ganzheitlich, auf Frühforderung<br />

ausgerichtete Therapieform, die in den 60er Jahren von Ivar Lovaas entwickelt<br />

wurde. Hierbei wird geguckt, welche Fähigkeiten und Funktionen das Kind bereits<br />

besitzt und welche nicht. Methoden des operanten Konditionierens (Motivation bei<br />

richtigem Verhalten und Löschung bei falschem Verhalten) werden angewandt.<br />

Bei TEACCH geht es darum Menschen mit Autismus ein Höchstmaß an<br />

Selbstständigkeit und Lebensqualität zu ermöglichen. TEACCH soll ganzheitlich<br />

und alltagsbezogen sein. Das Programm ist nichts für einzelne Förderstunden<br />

sondern sollte in den Alltag mit einbezogen werden. Bei einer AD(H)S-Störung<br />

wird von einer „verbalen Selbstinstruktion“ gesprochen. Die Interventionen sollten<br />

parallel zu weiteren Maßnahmen angewendet werden (S. 35). Hierbei sollte immer<br />

beachtet werden, dass diese Maßnahmen in den Alltag übernommen und anerkannt<br />

werden.<br />

Im folgenden Kapitel bringt der Autor bestimmte Zweifel an der Integration von<br />

dem italienischen Politiker, Enrico Micheli, ein. Die Therapiestunden für ein Kind<br />

mit besonderem Förderbedarf sind in Regelschulen oft keine vier Stunden die<br />

Woche. Die Schüler nehmen zudem nicht die volle Zeit am Unterricht teil. Der<br />

Lehrer ist oft überfordert, da er nicht auf die besonderen Fördermaßnahmen<br />

vorbereitet ist oder sich die nötige Fördermaßnahme nicht in der Klasse oder<br />

parallel zur Klasse umsetzten lässt (S. 38). Schließlich ist Enrico Micheli nicht der<br />

Meinung, dass jedes Kind an der Integration teilnehmen solle. Auch wenn jedes<br />

Kind ein Recht auf Erziehung in einer Schule für alle Kinder habe, solle man sich<br />

trotzdem um eine realistische Umsetzung Gedanken machen. Eine schlechte<br />

Integration könne das Kind auch schädigen (S. 40).<br />

20


Kapitel 5 : „Die besondere Normalität“- Inklusion von Schüler/Innen mit Behinderung<br />

(Diano Ianes)<br />

Der französische Philosoph Morin sagt <strong>hier</strong>zu, dass die Lehrer immer in einem<br />

komplexen Zusammenhang denken sollten. Die Bedingungen selbst sollen erkannt<br />

werden und jedes Urteil vor und während der Handlung im Kontext gesehen werden<br />

(S. 41). Jedoch:<br />

„Wir müssen uns vor den vielen inneren Illusionen hüten, die uns dazu bringen<br />

können, eine Position mit ungenügend kritischem Verstand und geringer<br />

Sachkenntnis zu vertreten.“ ( S. 43)<br />

Um im Sinne der „besonderen Normalität“ über ein Kind mit bestimmtem<br />

Förderbedarf urteilen zu können, müssen folgende Ressourcen bedacht und<br />

eingeplant werden: Allgemeine schulische Organisation, Räume und Architektur,<br />

allgemeine Sensibilisierung, außerschulische Allianzen, Aus- und Fortbildung,<br />

Dokumentation, Gemeinsame Didaktik, gemeinsame Erziehungs- und<br />

Beziehungsphasen, individuelle Didaktik, individuelle Erziehungs- und<br />

Beziehungsphasen, besondere Hilfsmittel, Technologien und Materialen, Assistenz<br />

und persönliche Hilfsmaßnahmen, Rehabilitationsmaßnahmen und gesundheitliche<br />

und therapeutische Maßnahmen (S. 45ff).<br />

Hier erscheint mir die als drittes aufgezählte Ressource, „ allgemeine<br />

Sensibilisierung“, besonders wichtig. Sie bedeutet die Motivation, und somit auch<br />

die Rücksichtnahme und die Miteinbeziehung des Kindes. Außerschulische<br />

Allianzen betreffen das außerschulische Umfeld, also besonders die Rolle der<br />

Familie als eine unersetzliche Stütze. Rehabilitationsmaßnahmen stellen Logopädie,<br />

Psychotherapie, Psychomotorik, Musik-und Kunsttherapie etc. dar (S. 45ff).<br />

In dem nächsten Kapitel geht es um die Anpassung der Ziele, Materialien und<br />

Aktivitäten. Die drei Sinnrichtungen, die soziale Partizipation, die persönlichen<br />

Aktivitäten, sowie die persönlichen Kontexte des Kindes sollen in der Schule immer<br />

im Vordergrund stehen und als Lernziele formuliert werden (S. 48). Sie müssen<br />

unabhängig von den individuellen Bedürfnissen und Maßnahmen des Kindes immer<br />

Berücksichtigung finden. Die drei Elemente stehen <strong>hier</strong>bei in ständiger Interaktion.<br />

Auch wenn das Kind <strong>hier</strong>zu von Anfang an Energie, d.h. Eigenmotivation<br />

mitbringt, können die Lehrer ständig neue Inputs in den Unterricht mitbringen<br />

(S. 50).<br />

Es folgen drei Komponenten des Schülers: Verstehen des Inputs, Bearbeitung und<br />

Erzeugung einer Reaktion. Der sowjetische Psychologe, Lew Semjonowitsch<br />

Vygotskij, sagt zu dieser Dreiteilung:<br />

„ Die Grundlage der erzieherischen Aktion muss der gesamte Prozess der Reaktion<br />

der Schüler mit allen Phasen sein: die Wahrnehmung, ihre Bearbeitung und die<br />

Handlung der Antwort.“ ( S. 51).<br />

Schließlich sei diese Dreiteilung von großem didaktischem Nutzen, vor allem bei<br />

Schülern mit besonderem Förderbedarf (S. 52).<br />

Desweiteren geht es um die Anpassung der Lehrplanziele, sowie um die Anpassung<br />

und Vereinfachung der Schulbücher. Im Prinzip sollen die individuellen Lernziele<br />

für die Schüler immer im Rahmen der Lehrplanvorschrift liegen und kompatibel mit<br />

dem eigenen Leistungsniveau sein (S. 54). Bei der Anpassung wird das Lernen<br />

21


Kapitel 5 : „Die besondere Normalität“- Inklusion von Schüler/Innen mit Behinderung<br />

(Diano Ianes)<br />

durch Ersetzten verschiedener Input- und Handlungskompetenzen in irgendeiner<br />

Form möglich gemacht. Falls dies nicht funktioniert, sollte man vereinfachen. Bei<br />

der Vereinfachung verringert man die Schwierigkeit des Ziels, indem man auf eine<br />

oder mehrere Komponenten einwirkt (S. 57). Bei der Auswahl der zu verwendeten<br />

Materialien werden die gleichen Mittel und die gleichen Bücher mit den<br />

angemessenen Maßnahmen und nötigen Erleichterungsstrategien bevorzugt.<br />

Scataglini und Giustini (1998) schlagen drei Ebenen der Vereinfachung zum<br />

Bearbeiten von Texten vor. Die erste Vereinfachungsebene stellt die Hervorhebung<br />

des Textes dar. Wesentliche Begriffe werden <strong>hier</strong> visuell hervorgehoben. Daraufhin<br />

folgt die Schematisierung und Umstrukturierung des Textes. Informationen werden<br />

<strong>hier</strong> vervollständigt und ergänzt. Die dritte Vereinfachungsebene ist die<br />

Reduzierung des Textes. Der Text wird <strong>hier</strong> auf ein Minimum gekürzt, so dass<br />

schließlich nur noch die Hauptaussagen stehen bleiben.<br />

Zudem folgen nun in den nächsten Kapiteln grundlegende Lehr- und Lernstrategien,<br />

sowie metakognitive Strategien, die speziell durch die Mitschüler vermittelt werden.<br />

Zu den grundlegenden Lehr- und Lernstrategien gehören „die Task-Analysis“, „Die<br />

Techniken des Prompting und Fading“, “Techniken für das „fehlerlose“ Erlernen<br />

von Unterscheidungsfähigkeiten“, “Modeling“, „Positive Verstärkung und<br />

extrinsische Motivation“, „die Techniken Shaping und Chaining“, und die<br />

“Strategien der Generalisierung und Erhaltung“. Diese Strategien werden im<br />

Folgenden kurz definiert.<br />

Die „Task-Analysis“ heißt übersetzt „Aufgabenbeschreibung“. Hier werden die<br />

einzelnen motorischen, verbalen oder kognitiven Verhaltensweisen aufgelistet.<br />

Beim „Prompting“ werden besondere Hinweise (so genannte Prompts) zum Lösen<br />

einer Aufgabe gegeben. „Fading“ bedeutet in diesem Zusammenhang den<br />

zeitweiligen Einsatz dieser Hinweise. Ziel ist es, verschiedene Reize unterscheiden<br />

zu lernen. Die „fehlerlosen“ Lerntechniken sollen reizdifferenziertes Lernen auf<br />

verschiedene Arten erleichtern, ohne den Schüler dabei Fehler machen zu lassen.<br />

Das „Modeling“ lässt sich auf das bekannte „Modell-Lernen“ nach Alfred Bandura<br />

zurückführen. Der Schüler beobachtet <strong>hier</strong>bei eine Person, die ein bestimmtes<br />

Verhalten ausführt, dass eine Reaktion von außen erfährt. Diese wird beobachtet<br />

und vom Schüler positiv oder negativ eingeordnet. Somit kann der Schüler sich<br />

selbst ein Bild machen, auf welches Verhalten welche Reaktion zu erwarten wäre.<br />

Die „positive Verstärkung“ erklärt sich schon mit dem Namen selbst. Sie ist ein Teil<br />

der operanten Konditionierung nach Skinner und folgt um die<br />

Auftretenswahrscheinlichkeit eines bestimmten Verhaltens zu erhöhen, bzw. zu<br />

verstärken. Dies stellt zugleich eine extrinsische Motivation dar. Ein Verhalten<br />

wird von außen belohnt. Der Betroffene wird motiviert und die Wahrscheinlichkeit<br />

ist hoch, dass er dieses bestimmte Verhalten auf einen bestimmten Reiz<br />

wiederholen wird. Beim „Shaping“ werden bestimmte Verhaltensmuster gelöscht<br />

und das gewünschte Verhalten verstärkt (auch differenzielle Verstärkung genannt).<br />

Das „Chaining“ wird bei einer Kette von Verhaltensmustern eingesetzt. Das zuletzt<br />

gelernte Verhalten in der Kette wird als sekundärer Verstärker verwendet, um das<br />

22


Kapitel 5 : „Die besondere Normalität“- Inklusion von Schüler/Innen mit Behinderung<br />

(Diano Ianes)<br />

nachfolgende Verhalten zu verstärken. 25 Zuletzt folgen die Strategien der<br />

„Generalisierung“ und „Erhaltung“. „Generalisierung“ bedeutet, dass die nun<br />

erworbenen Verhaltensweisen im Alltag aktiv vom Schüler angewandt werden.<br />

„Das Kind ist also dann in der Lage zu generalisieren, wenn es in anderen<br />

Kontexten oder Situationen die Stimulusaspekte wiedererkennt, die es ihm<br />

ermöglichen, diese neue Kondition mit der vorhergehenden zu assimilieren.“<br />

(S. 75). Dies soll schließlich aufrecht „erhalten“ bleiben.<br />

In dem Kapitel „Metakognitive Strategien“ werden vier verschiedene Ebenen der<br />

Metakognitionen vorgeschlagen, die zwar getrennt voneinander dargestellt werden,<br />

sich jedoch gegenseitig beeinflussen und miteinander verbunden sind.<br />

Metakognition bedeutet<br />

„[…] im Schüler das Bewusstsein zu entwickeln für das, was er tut, warum er es tut,<br />

wann und unter welchen Bedingungen es zweckmäßig ist.“ (S. 77)<br />

Auf der ersten Ebene stehen die Kenntnisse über „die kognitive Funktionsfähigkeit<br />

allgemein“.<br />

“In einer Art „Theory of Mind „ gibt der Lehrer dem Schüler allgemeine<br />

Informationen über die verschiedenen kognitiven Lösungsprozesse[….]“ (S. 78).<br />

Daraufhin folgt das „Selbstverständnis der eigenen Funktionsfähigkeit“. Hier lernt<br />

der Schüler seine eigenen Verhaltensweisen und dessen Funktionen kennen. Somit<br />

wird er sich seinen eigenen Stärken und Schwächen bewusst. Das positive soziale<br />

Feedback vom Lehrer spielt <strong>hier</strong>bei eine wichtige Rolle (S. 80). Die dritte Ebene,<br />

eine „generalisierte Anwendung von kognitiven Selbstregulationsstrategien“,<br />

beschreibt das aktive vom Schüler selbstausgehende Dirigieren und Kontrollieren<br />

seiner kognitiven Prozesse und Verhaltensweisen. Hier findet auch der Begriff<br />

„Selbstregulation“ die richtige Verwendung. Zuerst hat der Schüler ein klares Ziel<br />

seiner „optimalen“ Funktion vor Augen, woraufhin er sich Anweisungen und Hilfen<br />

gibt, diese zu erreichen. Dieser Verlauf sollte eigens beobachtet und mit alten<br />

Zielen und Standards verglichen werden. Schließlich findet eine eigene positive<br />

oder negative Bewertung statt, welche wiederum eine neue Zielsetzung beeinflusst<br />

(S. 83). Die vierte und auch letzte Ebene ist die kognitiv- motivational- emotive<br />

Mediation. Sie stellt eine tiefere psychische Ebene dar, in der der Schüler sich selbst<br />

beurteilt, zugleich emotional interpretiert und demnach eventuell sich selbst<br />

motiviert oder sich auch von außen motivieren lässt. Eine Motivation aus sich selbst<br />

heraus nennt man auch „intrinsische Motivation“. Die „extrinsische Motivation“ ist<br />

von außen durch einen positiven Verstärker beeinflusst (S. 85).<br />

Es folgt das Kapitel, in dem Mitschüler Lehr- und Lernstrategien vermitteln.<br />

Es werden zunächst einige Interventionsstrategien zur Förderung des<br />

Gemeinschaftsgefühls, zum Beispiel globale Strategien auf Schulebene, dann<br />

spezielle Strategien auf Klassenebene und auf außerschulischer Ebene, genannt. Die<br />

Lehrer haben unter anderem die Aufgabe, die Schüler darauf vorzubereiten, wie sie<br />

sich selbst und ihren Mitschülern gegenüber begegnen. Dario Ianes unterscheidet<br />

25<br />

http://books.google.de/books?id=wHKcOFocqfsC&pg=PA128&lpg=PA128&dq=Shaping+und+Chaining+wi<br />

ki&source=bl&ots=hdEgrt8qjV&sig=T6CfHe04ouq7L0F1pSjeNrd9FYc&hl=de&ei=i9qYS7CbGYKF_Aa015G1Cw<br />

&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=2&ved=0CAkQ6AEwAQ#v=onepage&q=&f=false<br />

23


Kapitel 5 : „Die besondere Normalität“- Inklusion von Schüler/Innen mit Behinderung<br />

(Diano Ianes)<br />

zwischen verschiedenen Grundtypen, der Pseudo-Lerngruppe, der traditionellen<br />

Lerngruppe und der wahrhaft kooperativen Lerngruppe. Eigentlich erklärt der Name<br />

an sich schon die Art der Gruppe. Die Pseudo-Lerngruppe arbeitet nur für die<br />

Beurteilung und könnte besser allein arbeiten. Die traditionelle Lerngruppe hilft<br />

sich gegenseitig kaum und arbeitet mehr getrennt. Einige versuchen sich sogar von<br />

der Arbeit zu drücken und von den Anderen zu profitieren. Die wahrhaft<br />

kooperative Lerngruppe arbeitet sehr gut zusammen und weiß, „ […] dass ihr Erfolg<br />

von der gemeinsamen Anstrengung der Gruppe abhängt […].“ (S. 110).<br />

Es werden viele Tipps und Strategien vorgeschlagen, die ein Lehrer für eine gute<br />

Kooperation und ein gutes Klima innerhalb der Klasse anwenden kann.<br />

24


Kapitel 6: „Inklusive Schule- Leben und Lernen mittendrin“ (Pius Thoma und Cornelia Rehle)<br />

6. „Inklusive Schule -Leben und Lernen mittendrin“<br />

(Pius Thoma und Cornelia Rehle)<br />

Dieses Buch, ein aktueller Beitrag zur inklusiven Bildung von Pius Thoma und<br />

Cornelia Rehle, erschien im März 2009. Zuerst werden theoretische Grundlagen<br />

vorgestellt, woraufhin Fallbeispiele folgen. An dritter Stelle folgt das Kapitel<br />

„Inklusive Schulkultur- Inklusiver Unterricht“. Hier werden verschiedenste<br />

Grundlinien einer inklusiven Didaktik, Ideen und Anmerkungen zur Umsetzung<br />

einer inklusiven Schule beschrieben. Das folgende Kapitel, „Partner einer<br />

inklusiven Schule“, greift die Rolle der Begleiter und Unterstützer der integrativen<br />

und inklusiven Bildung auf.<br />

„Manchmal ist es sehr hilfreich, möglichst wenig über ein Krankheitsbild zu<br />

wissen, weil man dann gezwungen ist, sich den Menschen anzuschauen, und sich<br />

mit ihm auseinanderzusetzen. Dies ist gut so, weil ein behinderter Mensch<br />

zuallererst Mensch ist, und dann folgt lange nichts, und dann kommt erst die<br />

Behinderung zum Tragen. Ich wünsche es jedem anderen behinderten Kind, dass es<br />

auf normale Schulen gehen kann, denn jeder hat das Recht, zuerst als Mensch<br />

angesehen zu werden.“<br />

Nach dieser Aussage einer Betroffenen versuchen die Autoren deutlich zu machen,<br />

dass sie die These vertreten, dass Integration ein Grundrecht aller ist. Sie ist<br />

unteilbar und kann überall gelingen (S. 9). Die Autoren sind der Meinung, dass<br />

inklusive Strukturen zuerst in den Köpfen der Menschen beginnen müssen. Die<br />

strukturellen Veränderungen ergeben sich dann oft während der Umsetzung. Ein<br />

weiteres Kind wird <strong>hier</strong>zu zitiert:<br />

„Es sind die wahren Zäune wohl in den Herzen und Köpfen der Menschen<br />

verborgen. Morgen, so hoffe ich werden diese Zäune nieder gerissen, dann haben<br />

Gedanken freien Lauf- und das Leben auch!“<br />

6.1 Theoretische Grundlagen<br />

Pius Thoma und Cornelia Rehle fühlen sich in ihrem Buch diesem Ziel des zuvor<br />

genannten Zitates verpflichtet. Das Kernproblem in der Umsetzung der inklusiven<br />

Erziehung sehen auch sie in unserem gegenwärtigen Schulsystem. Hier sind nicht<br />

nur Kinder mit Behinderungen, sondern auch Kinder mit Migrationshintergrund und<br />

Kinder aus sozialschwachen Familien benachteiligt (S. 16).<br />

Der Menschenrechtsexperte Vernor Munoz unterstellt dem deutschen<br />

Bildungssystem „Tendenzen der Menschenrechtsverletzung auf Bildung aller<br />

Kinder“. 26 Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland gewährleistet in<br />

Artikel 2 die freie Entfaltung eines jeden Menschen und verbietet in Artikel 3 die<br />

Benachteiligung von bestimmten Gruppen, wie zum Beispiel behinderten Menschen<br />

(S. 17).<br />

26 Munoz 2007<br />

25


Kapitel 6: „Inklusive Schule- Leben und Lernen mittendrin“ (Pius Thoma und Cornelia Rehle)<br />

Im Vergleich zu anderen Ländern, zum Beispiel Italien, sind es bei uns die<br />

selektiven Strukturen, die die Grundeinstellungen unserer Gesellschaft zu einem<br />

sehr undemokratischen System werden lassen. Das deutsche Bildungswesen<br />

orientiert sich hauptsächlich an die im zweiten Kapitel bereits erwähnten Prinzipien<br />

der Ökonomisierung, der Homogenesierung und der Separierung (S. 18). Dies<br />

bestätigen Beispiele, wie die Einführung von Noten zur Leistungsbewertung und<br />

deren Einfluss auf einen Erfolg oder Misserfolg einer Schul- und Berufskarriere und<br />

die Empfehlungen für den Übergang in die Sekundarstufe (S. 19).<br />

Der amerikanische Psychologe Uri Bronfenbrenner stellt 1981 in seinem Buch „Die<br />

Ökologie der menschlichen Entwicklung“ ein Entwicklungsmodell vor, in dem die<br />

Bedeutungen der verschiedenen Umwelten auf einen Menschen sichtbar gemacht<br />

werden. Die verschiedenen Einflussfaktoren werden <strong>hier</strong> zu einem System<br />

zusammengefasst. Ein System stellt eine Einheit „ mit eigener Organisiertheit und<br />

eigener Intentionalität“. 27 Somit kann jedes Individuum und jede soziale Gruppe,<br />

aber auch Organismen und Maschinen ein System darstellen (S. 21).<br />

In dem Modell der systemischen Kreise nach Bronfenbrenner und Huschke-Rhein<br />

werden die verschiedenen Beziehungen zu dem Kind in Mikro-, Meso-, und<br />

Makrosystemen unterteilt. Das Mikrosystem stellt die engsten Beziehungspersonen,<br />

wie Familie und Freunde, dar. Im Mesosystem folgen dann Vereine, der<br />

Kindergarten oder die Schule. Hier ist das Kind interaktiv oder auch passiv<br />

betroffen. Das Makrosystem schließt letztendlich den Staat und die Kirche mit ein.<br />

Hier ist das Kind nicht direkt beteiligt, jedoch werden <strong>hier</strong> gewisse Vorgaben und<br />

Grundsätze zum Verhalten eines Menschen gegeben. Grundsätzlich steht jeder<br />

Mensch in einer gewissen und individuellen Abhängigkeit dieser verschiedenen<br />

Systeme (S. 23).<br />

Abbildung 2: Schema für die Vernetzung des Integrationshelfers in der<br />

Erziehungs- und Bildungspartnerschaft 28<br />

27 Speck 1996, S.108<br />

28 Thoma, Rehle 2009, S. 234<br />

26


Kapitel 6: „Inklusive Schule- Leben und Lernen mittendrin“ (Pius Thoma und Cornelia Rehle)<br />

Das System Schule hat die meisten und nachhaltigsten Auswirkungen auf andere<br />

Systeme und somit auf den biographischen Verlauf eines Menschen. Hierzu<br />

gehören Schulleiter, Lehrer, Elternbeirat, Hausmeister, die Klasse, Sitznachbarn,<br />

Freunde etc. Die Schule bestimmt zum Großteil die Zukunft eines jeden Kindes.<br />

Für förderbedürftige Kinder wird dieses Verbundsystem häufig zur<br />

Entwicklungsbarriere. Das Kind wird dann „ungenügend in sein Mensch- Umfeld-<br />

System integriert“. 29 Die Schule nimmt eine zentrale Brückenfunktion ein, die oft<br />

bei Menschen mit Behinderungen nicht vorhanden ist (S. 26).<br />

Zur Bedeutung der Überweisung an eine Sonderschule nehmen die Autoren im<br />

Folgenden Stellung. Meistens liegt die zugewiesene Förderschule nicht in dem<br />

bekannten Umfeld. Die Schüler müssen immer weit fahren, was außerschulische<br />

Kontakte oft unmöglich macht. Hannah Ahrend beschreibt die Schule als den ersten<br />

Ort, wo die Kinder außerhalb von Zuhause Verbindung zu Anderen aufnehmen.<br />

Damit gehe „die Schule weit über den Bildungsauftrag hinaus zu einem überaus<br />

effizienten Faktor in der Entwicklung schulpflichtiger Kinder.“ (S. 27).<br />

Zudem stellt sich heraus, dass Förderschüler mit zunehmendem Aufenthalt an<br />

Regelschulen bessere Leistungsergebnisse erzielen, als an Förderschulen. Hans<br />

Wocken charakterisiert die Förderschule als ein „niveaureduziertes, monotones<br />

Milieu, das die Entwicklung nicht mehr bestmöglich stimuliert, sondern eher<br />

Stagnation oder Retardation zur Folge hat“(S. 28/29). Sonderschüler werden oft als<br />

„Verlierer“ abgestempelt und gesellschaftlich von Anfang an ausgegrenzt.<br />

Außerdem könnten die Sonderschulen mit ihrem „Schonraumargument“ wenn<br />

überhaupt in den unteren Schuljahren punkten (S. 29). Die Sonderpädagogen, die<br />

sich für Sonderschulen aussprechen, würden die Stigmatisierung der einzelnen<br />

Schüler verharmlosen und seien von ihrer rehabilitativen und kompensatorischen<br />

Förderung überzeugt. Dabei würde jedoch der „Schonraum“ Sonderschule das<br />

Selbstwertgefühl jedes Einzelnen erheblich mindern. Von fast allen integrativ<br />

ausgerichteten Schulen werde die Anwesenheit von förderbedürftigen Kindern für<br />

sie selbst und für die Mitschüler als sehr positiv und erfolgreich dargestellt (S. 31).<br />

Schließlich entscheidet das soziale und materielle Umfeld förderbedürftiger Kinder,<br />

in wieweit sie selbst an der Gesellschaft und ihrem Umfeld teilhaben können und in<br />

wieweit sie sich selbst als behindert behandelt fühlen. 30<br />

„Wenn wir wollen, dass die Entwicklungs- und Bildungschancen für alle Kinder<br />

gleich und gerecht sind, wenn wir beschämende und damit entwicklungshindernde<br />

Eingriffe vermeiden wollen, dann können wir dies nur über den Weg der<br />

gemeinsamen Schule schaffen.“ (S. 32)<br />

Jedoch zeigt unsere Gegenwart noch nicht viele inklusiv einleitende Schritte. Sie<br />

scheinen weiterhin eine wichtige Entwicklungsaufgabe zu sein.<br />

In dem Kapitel „Separation- Integration- Inklusion unter problemgeschichtlicher<br />

Perspektive“ wird auf die Frage eingegangen, wie sich überhaupt unser<br />

hochdifferenziertes Schulsystem entwickelt hat. Vor 200 Jahren stellte die Stiftung<br />

einer Taubstummenanstalt eine Art Befreiung aus der Isolation dar. Dies galt im<br />

weiteren Verlauf für viele Sonderschulen, sowie für die Blindenstudienanstalt und<br />

29 Hildeschmidt/ Sander 2002, S.304<br />

30 Hildeschmidt/ Sander 2002, S.304<br />

27


Kapitel 6: „Inklusive Schule- Leben und Lernen mittendrin“ (Pius Thoma und Cornelia Rehle)<br />

die Schulen für Schwerhörige und Körperbehinderte. 31 Die Absicht war, Kinder<br />

anzunehmen, die aus der Gesellschaft „exkludiert“ waren (S. 36). Im Zuge der<br />

Moderne entwickelten sich neben der Entstehung von Kleinfamilien die<br />

Wirtschafts- und Produktionssysteme und daraufhin die soziale Frage. Es folgte ein<br />

utilitaristisches Denken, wobei der Mensch als hochwertig und nützlich oder als<br />

minderwertig und unnütz angesehen wurde. Die Menschen, die nicht leistungsfähig<br />

waren entpuppten sich als „Störfaktoren“. Demnach lohnte sich die Ausgabe für<br />

soziale Institutionen immer mehr, da stetig leistungsfähige Familienangehörige für<br />

die Produktion verfügbar waren. So entstanden<br />

„Netze von Irrenanstalten, Anstalten für behinderte Menschen, Krüppelheime,<br />

Zuchthäuser und Gefängnisse, aber auch von Waisenhäusern und Kindergärten<br />

sowie Alten- und Pflegeheimen“. 32<br />

Später wurde mit Beginn der Industrialisierung dieses Denken durch das<br />

Verteilungsprinzip abgelöst. Es sollte jeder Mensch eine gleich verteilte Chance in<br />

der Gesellschaft haben. Mit dem sozialdarwinistischen Ansatz veränderte sich das<br />

traditionelle Menschenbild zu einem naturwissenschaftlich, biologisch orientiertem<br />

Menschenbild. Jeder musste sich in der Wirtschaft beweisen und in verschiedensten<br />

Konkurrenzkämpfen behaupten. Der Engländer <strong>Herbert</strong> Spencer setzte das Soziale<br />

mit Biologischem und biologisches Überlegen mit wirtschaftlicher Konkurrenz<br />

gleich (S. 37). In der Mitte des 19.Jahrhunderts bekam das sozialdarwinistische<br />

Denken Einfluss auf den Umgang mit Menschen mit Behinderungen:<br />

„ Die Hilfsschule entlastet die Volksschule, damit ihre Kräfte ungehemmt der<br />

Erziehung der gesunden Jugend dienen können […]“ 33 .<br />

1960 kam durch die Kultusministerkonferenz ein Wende. Es hieß:<br />

„utilitaristische Ziele der Entlastung der Regelschule gekoppelt mit ökonomischen<br />

Erwägungen treten in der Begründungsebene zurück und werden ersetzt durch das<br />

Recht der jeweiligen Kinder auf „angemessene Bildung und Erziehung“.<br />

Es wird also an „die Achtung vor der Menschenwürde“ angeknüpft und zugleich<br />

Abstand von dem Denken der „Bildungsunfähigkeit“ gewonnen (S. 38).<br />

Desweiteren heißt es, dass das Ansehen der Sonderschulen in der Öffentlichkeit<br />

gehoben werden solle. Jeder Schüler habe ein Anrecht auf ein sinnerfülltes Leben<br />

und dürfe nicht als weniger wertvoll betrachtet werden. In den 70er Jahren kam es<br />

zur ersten offenkundigen Integrationsbewegung, die Zweifel an dem Schulsystem<br />

ausübte. Schließlich erzielte diese Bewegung wenig Erfolg und wurde schnell<br />

wieder von dem Denken der „Separation“ abgelöst.<br />

Eine alternative Denkweise spiegelt sich in dem ökonomischen Ansatz wieder, in<br />

dem das Kategorisieren keinen Sinn mehr macht. Jedes Kind ist <strong>hier</strong> bildungsfähig<br />

und hat einen individuellen Förderbedarf. Das Denken ist inklusiv.<br />

„Inklusives Denken bedeutet, bis an die Wurzeln unseres Denkens, unserer<br />

Gestaltung von Bildung und unserer Weltkonstruktion nach Elementen zu graben,<br />

31 Prengel, A. 1995, S. 175<br />

32 Hobbes 1994, S. 374ff.<br />

33 Eberwein 1994, S. 33<br />

28


Kapitel 6: „Inklusive Schule- Leben und Lernen mittendrin“ (Pius Thoma und Cornelia Rehle)<br />

die es uns ermöglichen zu einer Überwindung der defizitären Sichtweise von<br />

Menschen zu finden.“ 34<br />

Alle Barrieren sollen in Bildung und Erziehung auf ein Minimum für alle Schüler<br />

reduziert werden. 35 Für den Hallener Professor und Doktor für Pädagogik, Andreas<br />

Hinz, und dessen Frau, Ines Boban, sollte sich der inklusive Wandel nach drei<br />

Ebenen vollziehen: Zuerst muss eine Gemeinschaft gebildet werden, in der alle<br />

inklusiven Werte verankert sind, d.h. eine inklusive Kultur muss geschaffen<br />

werden. Daraufhin folgt die Etablierung von den inklusiven Strukturen, wobei eine<br />

Schule für alle entwickelt werden sollte. Inklusive Praktiken könnten dann<br />

entwickelt werden, indem Lernarrangements organisiert und Ressourcen mobilisiert<br />

werden. ( S. 41)<br />

Zurzeit befinden wir uns jedoch noch, wie schon erwähnt, in der Phase der<br />

Separation und sind somit noch weit entfernt vom Ziel der angestrebten inklusiven<br />

Schule. (S. 42)<br />

6.2 Fallbeispiele<br />

In dem nun folgenden Kapitel werden Fallbeispiele über beeinträchtigte Kinder von<br />

beteiligten Personen, wie zum Beispiel Familie, Lehrkraft, Integrationshelfer/in und<br />

Praktikanten geschildert, die einen Weg der inklusiven Beschulung gegangen sind<br />

oder gerne gehen wollten. Im Allgemeinen bestätigen die meisten eine sehr positive<br />

Leistungsveränderung durch die inklusive Bildung, jedoch erwähnen sie zugleich,<br />

wie schwer es ist, diesen Weg zu gehen. Ein positives und ein negatives Beispiel<br />

werden nun im Folgenden kurz dargestellt:<br />

Das erste Beispiel ist Jakob. Er wurde im September 1999 geboren und ist der dritte<br />

Sohn in der Familie. Nach einer unkomplizierten Schwangerschaft kam er als<br />

gesundes und unauffälliges Baby zur Welt. Nach drei Wochen fiel der Mutter dann<br />

zum ersten Mal die entrundete Pupille am rechten Auge ihres Sohnes auf. Zuerst<br />

hieß es, Jakob habe Iris-und Netzhautkolobom, d.h. es fehlt ein Stück der Iris und<br />

der Netzhaut. Nach ca. 3 Monaten entdeckte die Mutter eine weitere Auffälligkeit,<br />

eine Trichterbrust. Zudem kam noch eine schnelle Atmung hinzu, welche den<br />

Verdacht auf eine Lungenentzündung förderte. Die Lungenuntersuchungen, sowie<br />

die späteren Herzuntersuchungen zeigten positive Ergebnisse. Erst eineinhalb Jahre<br />

nach Jakobs Geburt, erfuhr man von seinem seltenen genetischen Syndrom, dem<br />

„De Grouchy- Syndrom“. Seit diesem Tag bekam Jakob in regelmäßigen Abständen<br />

Physiotherapie und Blindenfrühförderung. Zudem hatte die Familie immer wieder<br />

Kontakt zu einer Montessori-Therapeutin. Nach einiger Zeit folgten ein<br />

Leistenbruch und schwere Zahnarztbehandlungen, wobei Jakob unter anderem zehn<br />

Löcher in seinem Gebiss gefüllt und überkront werden mussten. Er zeigte<br />

Schwierigkeiten in der Sprachentwicklung und bekam pädagogische Frühförderung.<br />

Dort bekam er die Möglichkeit der „Gebärdenunterstützenden Kommunikation“,<br />

womit er die Begriffe zeigen konnte, die er sprachlich gerne benutzen wollte.<br />

Als er dann im September 2003 in den neun Kilometer entfernten Kindergarten<br />

34 Dreher 1998<br />

35 Boban, Hinz 2003, S. 11<br />

29


Kapitel 6: „Inklusive Schule- Leben und Lernen mittendrin“ (Pius Thoma und Cornelia Rehle)<br />

kam, hatte er einige Einschränkungen, entwickelte sich jedoch im Rahmen seiner<br />

Möglichkeiten zu einem selbstbewussten und fröhlichen Jungen weiter.<br />

Später war es dann für die Familie klar, dass Jakob in eine Regelschule gemeinsam<br />

mit anderen nicht behinderten Kindern gehen sollte. Dies war jedoch ein sehr<br />

kräfteraubenden Weg. Rechtzeitig zwei Wochen vor der Einschulung stellte sich<br />

schließlich eine Integrationshelferin für Jakob zur Verfügung. Somit konnte er im<br />

September 2006 in einer ortsnahen Regelschule eingeschult werden. Nach<br />

Aussagen der Mutter hat sich seitdem vieles verbessert und die Integration wirkt<br />

sich durchweg positiv auf die Situation ihres Sohnes aus. Er sei fleißig, zeige<br />

Interesse und habe sehr viel sprachliche und auch lebenspraktische Fähigkeiten<br />

erlernt. Auch die Integrationspädagogin, Gabriele Niedermeyer, bestätigt eine sehr<br />

gute Zusammenarbeit zwischen ihr, den Eltern von Jakob, den Lehrern und dem<br />

Schulleiter. „Die Erfahrung, dass Persönlichkeitsunterschiede akzeptiert und<br />

willkommen geheißen sind, erleichert den Kindern, für sich eine eigene Position zu<br />

suchen und zu gestalten.“ Bisher hat sie jedoch sonst nur negative Erfahrungen<br />

gemacht. Oft liege es nur an einer Person, die schließlich durch kräftezerrende<br />

Denk- oder Verhaltensweisen eine Umsetzung von inklusiven Strukturen nur<br />

schwer ermöglicht. Bei Jakob hat sie ein besseres Gefühl. Bei ihm erlebt sie nicht<br />

„ein behindertes Kind“, sondern „ein besonderes Kind unter anderen besonderen<br />

Kindern (S. 60). Desweiteren beschreibt die junge Grundschullehrerin die Situation.<br />

Sie bekam nach ihrem Referendariat die Stelle in der 1.Klasse angeboten, wusste<br />

aber zunächst nicht, ob sie sich dieser Herausforderung stellen kann. Einige Tage<br />

nach Schulbeginn war ihr jedoch schon klar, dass sie die richtige Entscheidung<br />

getroffen hatte (S. 61). Sie machte die Erfahrungen, dass nicht nur Jakob positive<br />

Entwicklungen zeigte, sondern auch die anderen Kinder von den<br />

Unterrichtsmethoden und dem allgemeinen Umgang mit Jakob positiv beeinflusst<br />

wurden. Auch nach Aussage der Förderlehrerin habe sowohl die Klasse, als auch<br />

die Lehrer gelernt, in Stille auf Jakobs Antworten abzuwarten und ihn nicht unter<br />

Druck zu setzten. Jedes Kind werde in seiner Einzigartigkeit akzeptiert und<br />

geschätzt. Auch die Sonderpädagogin des mobilen Sonderpädagogischen Dienstes<br />

sieht die Ausbaufähigkeit von Jakobs sozialen Kompetenzen in der Regelschule und<br />

seine kognitive Entwicklung als besonders erfolgreich an (S. 65).<br />

Zudem bestätigen auch die Kinder in der Klasse, dass sie Jakob gerne mögen und<br />

ihn in der Gemeinschaft schätzen. Schließlich wird jedoch von allen Seiten<br />

bestätigt, dass dieser Versuch von Inklusion nur durch eine intensive Betreuung<br />

einer Integrationshelferin erfolgreich möglich ist (S. 68).<br />

Das nächste Beispiel zeigt, „wie sehr Inklusion auf ein funktionierendes Netzwerk<br />

aus überzeugten Personen angewiesen ist“ (S. 95).<br />

Clara, eine von vier Schwestern, kam mit Down-Syndrom auf die Welt. Ihre Eltern<br />

förderten sie von Beginn an, nahmen sie überall mithin und sie wurde in ihrem<br />

Umfeld sofort akzeptiert. In der Krabbelgruppe, als auch im Kindergarten wurde sie<br />

erfolgreich integriert. Noch bevor sie in den Kindergarten kam, bemühten sich ihre<br />

Eltern um eine spätere Integration ihrer Tochter in einer Regelschule. Nach vielen<br />

hoffungsvollen Ereignissen und langem Hin und Her konnte Clara schließlich nicht<br />

in eine Regelschulklasse integriert werden. Entweder kam eine Integrationsklasse<br />

nicht zustande, oder die Integrationshelferin oder die vorher gewollte Lehrerin<br />

30


Kapitel 6: „Inklusive Schule- Leben und Lernen mittendrin“ (Pius Thoma und Cornelia Rehle)<br />

wurden versetzt oder sprangen aus anderen Gründen kurz vor der Claras<br />

Einschulung ab. Das Schulamt lehnte alle Versuche der Eltern auf eine integrative<br />

Beschulung ihrer Tochter ab. Die Mutter sagte <strong>hier</strong>auf nur: „Ehrlich gesagt, brach<br />

<strong>hier</strong> für mich eine Welt zusammen.“ (S. 99). Die Eltern versuchten es nun mit<br />

einem Antrag auf Einzelintegration. Es bewarben sich mehr als 30 Interessenten als<br />

Integrationshelfer. Schließlich entschied sich Claras Familie für eine studierte<br />

Diplom-Sozialpädagogin und Erzieherin mit eigenen Kindern. Schon kurze Zeit<br />

nach der Einschulung fand Claras integrative Beschulung auch <strong>hier</strong> ein Ende, da<br />

sich die Klassenlehrerin mit weiteren 23 Schüler und Clara überfordert fühlte.<br />

Konsequenzen daraus waren unter anderem, dass Claras Integrationshelferin<br />

erkrankte und Clara nun ohne Schulbegleitung nicht mehr zur Schule gehen durfte.<br />

Schließlich sollte sie, nach Aussagen des Schulleiters, an eine Förderschule<br />

überwiesen werden (S. 101).<br />

Nach Aussagen der Mutter, ging es vielen anderen Familien so, bei denen die<br />

Schulen versuchten, die Kinder auf Sonderschulen zu überweisen. Claras Mutter<br />

appelliert an alle Regelschullehrer, sich nicht aufzugeben und es wenigstens zu<br />

versuchen. Claras Lehrerin hätte erst gar nicht versucht, sich auf Clara einzulassen<br />

und nur die fachliche Vermittlung im Sinn gehabt. Sie glaubt, dass Clara unter<br />

anderen Umständen an einer Regelschule deutliche Lernfortschritte erzielt hätte<br />

(S. 102). „Wie gesagt, war es seit Januar offenbar das Bestreben von Seiten der<br />

Schule, Clara „los zu werden“ (S. 103). Die Lehrer, sowie auch die Mitschüler,<br />

hätten besser vorbereitet werden müssen. Besonders bei den Mitschülern fielen<br />

Aussagen, wie zum Beispiel: „Clara ist ja ganz nett, aber Frau L. kann ja nicht<br />

immer siebzig Kopien für Clara zusätzlich machen“. Hier stellt sich die Frage, wie<br />

ein Kind zu einer solchen Aussage kommt. Schließlich hat man Clara keine Chance<br />

für eine inklusive Bildung gegeben. Der Versuch, sie in eine Regelschule zu<br />

integrieren, ist gescheitert, da ihr nicht genug mitfühlendes Verständnis<br />

entgegengebracht worden ist. Auch in anderen allgemeinen Schulen hat es nicht<br />

funktioniert. Trotzdem möchte Claras Mutter alle, die sich für Inklusion einsetzen,<br />

motivieren und ermuntern nicht nachzugeben (S. 106). Sie habe gelernt, dass es<br />

noch ein weiter Weg zu „einer Schule für alle“ ist und dies momentan nur in<br />

Einzelfällen gelingen kann. Sei nur einer in der Kette - egal ob Integrationshelfer,<br />

Lehrer, Schulleiter - nicht motiviert genug, ist die Integration, völlig unabhängig<br />

von der Behinderungsart, kaum möglich.<br />

6.3 „Inklusive Schulkultur- Inklusiver Unterricht“<br />

In der folgenden zusammenfassenden Analyse und Bewertung aller im Buch<br />

ausführlich beschriebenen Beispiele werden sichtbare Ereignisse hervorgehoben.<br />

Wenn eine schulische Integration eines förderbedürftigen Kindes in einer<br />

Regelschule gelingen soll, müssen Eltern, Schulverwaltung, Schulleitung,<br />

Klassenlehrer, Fachlehrkräfte, Klasseneltern, Schulbegleiter/Integrationshelfer usw.<br />

an einem Strang ziehen. Wenn sich nur einer <strong>hier</strong> der Integration widersetzt, kann<br />

der gesamte Integrationsprozess scheitern (vgl. Beispiel „Clara“ und S.173). Für die<br />

Schule zeigt sich <strong>hier</strong>, dass Inklusion „[…] neben den inklusiven schulischen<br />

Strukturen auch inklusive Unterrichtspraktiken und eine inklusive Kultur [...]“<br />

31


Kapitel 6: „Inklusive Schule- Leben und Lernen mittendrin“ (Pius Thoma und Cornelia Rehle)<br />

benötigt. 36 Das Bewertungssystem wirkt einerseits auf das Verhalten der Schüler<br />

und andererseits nimmt es Einfluss auf die Unterrichtsgestaltung. Die Lehrkräfte,<br />

die sich für Inklusion einsetzen, schaffen in Zusammenarbeit mit anderen<br />

Inklusionspartnern günstige Bedingungen für ein gutes Klassenklima. Die<br />

inklusiven Praktiken werden dann durch die Unterstützung der Schulbegleitung, der<br />

Eltern und Therapeuten entwickelt. In den positiven Beispielen im Buch<br />

engagierten sich die Lehrkräfte für Inklusion und motivierten somit ihr Umfeld.<br />

Jedoch muss <strong>hier</strong> bedacht werden, dass der Erfolg nicht allein von der Lehrkraft<br />

abhängig ist, sondern das Umfeld, z.B. die Schulverwaltung, auch inklusionswillig<br />

sein muss. Für die Integrationskinder scheint sich nach den Beispielen die<br />

Integration in einer Regelschule fast durchweg positiv auszuwirken.<br />

„Alle <strong>hier</strong> geschilderten Kinder stellen unter weitgehend „normalen“,<br />

erwartungsoptimistischen Bedingungen ganz offensichtlich ihre Lernfähigkeit in<br />

weit stärkerem Maß als erwartet unter Beweis.“ (S. 174).<br />

Sie übertreffen in hohem Maß ihre vorhergesagten Fähigkeiten. Die medizinischen<br />

Diagnosen scheinen oft auf veraltete Feststellungsverfahren zu basieren. Da oft<br />

nicht viele Entwicklungsmöglichkeiten erwartet werden, reduziert man die<br />

Anforderungen. Das Kind hat somit oft gar nicht erst die Möglichkeit sich über<br />

seine Vorgaben hinaus zu entwickeln, weil es dementsprechend nicht weiter<br />

gefördert wird. Die Gründe für eine solche Reduktion sind Verhinderungen von<br />

Motivation oder Überforderung. Aus den Beispielen geht jedoch offensichtlich<br />

hervor, dass keine Entwicklungsmöglichkeiten vorhersagbar sind. Man solle sie<br />

somit grundsätzlich offen halten und möglichst viele Kontaktmöglichkeiten mit<br />

nicht beeinträchtigten Kindern bereitstellen (S. 175).<br />

Was die Eltern aus den Beispielen des Buches betrifft, haben die Kinder sehr viel<br />

Glück. Sie befinden sich in einer günstigen Situation, da sie auf ein bestmöglichstes<br />

Maß gefördert werden sollen. Die Eltern zeigen ein „gesundes Misstrauen“ der<br />

medizinischen Diagnose gegenüber und gleichzeitig vollstes Vertrauen in die<br />

Fähigkeiten und Kompetenzen ihrer Kinder. Alle Eltern zeigen sehr viel Kraft,<br />

setzten sich mit Schulbehörden, Therapeuten und Lehrern auseinander. Während<br />

der kompletten Schulzeit ihres Kindes gehen sie einen steinigen Weg. Immer<br />

wieder müssen sie hoffen und bangen, dass ihr Kind integrativ beschult wird oder es<br />

die integrative Beschulung behalten kann.<br />

Die Autoren des Buches sind zudem der Meinung, dass alle weniger privilegierten<br />

Familien mit förderbedürftigen Kindern von schulischer Integration ausgeschlossen<br />

bleiben, solange die schulischen Strukturen nicht inklusiv ausgerichtet werden.<br />

Diese Eltern haben oft nicht die Energie, das Selbstvertrauen oder das Wissen, um<br />

sich für eine andere, „außergewöhnliche" Schulform für ihr Kind einsetzten zu<br />

können (S.177).<br />

Cornelia Rehle und Pius Thoma fordern neben Offenheit der Schulen vor allem Mut<br />

der Lehrkräfte, einen Weg der Integration mit behinderten sowie mit<br />

nichtbehinderten Kindern zu gehen. Lehrer sollen durch offene Gespräche die<br />

Schüler zur Selbstreflektion motivieren und so zur Steigerung von Empathie und<br />

sozialer Kompetenz beitragen. Sehr wichtig ist auch die diagnostische Kompetenz<br />

36 Boban, Hinz 2003, S. 15<br />

32


Kapitel 6: „Inklusive Schule- Leben und Lernen mittendrin“ (Pius Thoma und Cornelia Rehle)<br />

der Lehrkraft. Zudem sollen sie auch entwicklungsorientiert vorgehen, indem die<br />

individuellen Bedürfnisse und Interessen des Kindes berücksichtigt werden<br />

(S. 177).<br />

„Eine Öffnung der Schule für alle Kinder verlangt ein Unterrichtskonzept, das<br />

getragen wird von Akzeptanz der Heterogenität unter den Kindern einer Klasse.“<br />

(S. 177).<br />

Damit dies gelingen kann, muss die komplette Unterrichtssituation einer<br />

homogenen Lerngruppe verändert werden. Der Lehrer muss <strong>hier</strong> besondere<br />

Fähigkeiten für den gemeinsamen Unterricht unter Beweis stellen. Diese<br />

besonderen Fähigkeiten äußern sich im Schaffen von Lernanlässen für alle Kinder<br />

und die Beherrschung verschiedener Unterrichtsstrategien zur Anpassung an<br />

verschiedene Lernstile. Zudem bleibt immer die individuelle Betrachtung des<br />

Kindes im Vordergrund. Dies kann durch das Lernen am gemeinsamen Gegenstand<br />

oder in gemeinsamen Lernsituationen und in individuellen Lernsituationen gelingen<br />

(S. 178).<br />

Schließlich bekommt die politische Haltung auch noch einen wichtigen Standpunkt<br />

zur Realisierung des inklusiven Bildungssystems zugeschrieben. Nur durch einzelne<br />

positive Erfahrungen und Berichten zufolge, kann die Gesellschaft immer mehr von<br />

dem Ziel der gemeinsamen Schule mitbekommen. Ermutigende Beispiele sind<br />

somit zur Bekanntmachung eines inklusiven Schulsystems sehr förderlich (S. 178).<br />

Es folgt ein Kapitel über die Umsetzung von Inklusion, die Rolle der<br />

Inklusionsbegleiter und die Stellung der Sonderpädagogik. Die Autoren sind<br />

zunächst der Meinung, dass im inklusiven Unterricht die Bedingungen der<br />

jeweiligen Klassen und einzelnen Schüler angepasst werden müssen. Es muss<br />

differenziert und zugleich gemeinsam auf sie eingegangen werden. Hier stellt sich<br />

zunächst die Frage, wie dies umgesetzt werden soll. Eine „inklusive Didaktik“ gibt<br />

es nicht. Wobei schon bestimmte Methoden für das Lernen in heterogenen Gruppen<br />

geeignet sind. Die Basis ist immer, dass jedes Kind individuell lernfähig ist. Jedes<br />

Kind muss in seinem eigenen selbstorganisiertem Lernen gefördert werden.<br />

Aufgaben müssen <strong>hier</strong>bei teilweise für den jeweiligen Schüler leichter gemacht<br />

werden. Jeder soll also mit seinem eigenen Niveau eine Aufgabe zum gleichen<br />

Lerngegenstand bearbeiten und sich schließlich mit den anderen Schülern der<br />

Klasse gemeinsam austauschen und die Lerninhalte ergänzen können. Der<br />

Unterricht orientiert sich <strong>hier</strong> an der Entwicklung des Kindes (S. 184). Die<br />

Verschiedenheit der Kinder muss <strong>hier</strong>bei als Vorteil und Potenzial für den<br />

integrativen Unterricht genutzt werden.<br />

Wie bereits erwähnt, soll also der Unterricht individualisierend und zugleich<br />

gemeinsam vonstattengehen. Für jeden Schüler werden eigene Materialien<br />

bereitgestellt, wodurch jeder seinen eigenen Lernplan hat. Jedoch sollte die<br />

Möglichkeit gegeben sein, sich kommunikativ und kooperativ mit den Anderen<br />

auseinanderzusetzten. Hans Wocken beschreibt <strong>hier</strong>zu vier verschiedene<br />

Unterrichtsmuster (S. 187). Zunächst beschreibt er die integrative Grundhaltung, in<br />

der jeder sich in die Gemeinschaft integriert, d.h. sich dazugehörig fühlt (S. 187). In<br />

der kooperativen Lernsituation arbeiten die Schüler gemeinsam an den<br />

Lerninhalten (S. 188). Im Gegensatz dazu verfolgen die Schüler in der koexistenten<br />

33


Kapitel 6: „Inklusive Schule- Leben und Lernen mittendrin“ (Pius Thoma und Cornelia Rehle)<br />

Lernsituation ihren eigenen Lernweg (S. 189). Zum Beispiel geschieht dies durch<br />

Tage- oder Wochenpläne. In der subsidiären Lernsituation helfen sich die Schüler<br />

gegenseitig (S. 190).<br />

Bei jedem Unterrichtsmuster gilt die gleiche Art von Benotung. Wenn es irgendwie<br />

möglich ist, sollte Ziffernbenotung vermieden werden. Sie sei nicht genügend<br />

aussagekräftig, nicht objektiv, nicht vergleichbar und pädagogisch schädlich<br />

(S. 191). Es bieten sich Maßstäbe an, in denen der Lehrer sich an den Fortschritten<br />

des Kindes orientiert, in wie weit es sich inhaltlich, methodisch und strategisch,<br />

sowie auch kooperativ entwickelt hat (S. 192).<br />

Ein weiterer Autor, Karsten Weigl, schreibt in seinem Artikel „Inklusiver Unterricht<br />

-natürlich vorhandene Heterogenität nutzen“ über die Grundlagen, konkrete<br />

Umsetzung und Ziele des inklusiven Unterrichts. Um als Lehrer jedes Kind auf<br />

seinem individuellen Lernweg begleiten zu können, muss er immer Anregung zum<br />

Weiterlernen bereitstellen können und motivieren, über sein eigenes Lernen<br />

nachzudenken und sich im Vergleich mit anderen weiterzuentwickeln. Betrachtet<br />

man <strong>hier</strong>bei jedoch die konkrete Umsetzung, ist es für einen Lehrer fast unmöglich,<br />

den Unterricht für jeden Schüler auf verschiedenste Arten zu differenzieren und<br />

zugleich ein gemeinsames Lernen zu fördern (S. 197). Ein gutes Beispiel für die<br />

Differenzierung im Unterricht ist ein individueller Wochenplan, wobei jeder<br />

Schüler sich mit seinem „Problem der Woche“ auseinandersetzt. Für<br />

Individualisierung im Unterricht muss man dem Kind jederzeit die Möglichkeit<br />

bieten, sich an einer gemeinsamen Aufgabenstellung individuell durch eventuell<br />

leichte Veränderung des Arbeitsauftrages heranzuwagen. Lösungsansätze werden<br />

ständig miteinander verglichen und weiterentwickelt. Hierdurch soll das<br />

„gemeinsame Lernen“ eine Bedeutung bekommen (S. 200).<br />

Cornelia Rehle stellt sich die Frage, wie man für jedes Kind das richtige Niveau<br />

findet. Sie sagt:<br />

„Der Dreh-und Angelpunkt[…]findet sich in den geeigneten Aufgabenstellungen für<br />

Kinder. […], ein genügend weitgestreckter Rahmen, innerhalb dessen die Kinder<br />

ihr Bearbeitungsniveau selber finden können.“ (S. 203).<br />

Die Aufgabenstellungen sollen also einen Spielraum für Bearbeitungen auf<br />

verschiedenen Niveaus bieten. Da jedes Kind am gemeinsamen Thema individuell<br />

arbeiten kann, bietet dies wiederum die Möglichkeit zur Kommunikation und<br />

Austausch der verschiedenen Lernwege und Lösungsansätze. Zudem achten die<br />

Lehrer darauf, immer möglichst mehrdimensionale Aufgaben zu stellen, wodurch<br />

die Kinder unterschiedliche Arbeitsprozesse durchführen können. Sie können sich<br />

aussuchen, ob sie zum Beispiel erst lesen, schreiben, malen oder basteln wollen.<br />

Des Weiteren empfiehlt die Autorin das sogenannte „weiße Blatt“. Hier können sich<br />

die Schüler selbst ihre Aufgaben stellen und gemeinsame Fragestellungen<br />

entwickeln. Auch „Forscheraufträge“ veranlassen die Kinder dazu, etwas über ein<br />

Thema herauszufinden und anschließend mit den anderen Schülern zu vergleichen<br />

und davon zu profitieren.<br />

In einem anderen Aufsatz setzt sich die Autorin, Gabriele Niedermayer, mit der<br />

Rolle der Integrationsbegleiter auseinander. „Der Integrationsbegleiter besetzt eine<br />

Schlüsselrolle“ (S. 226). Er muss den Ansprüchen des Kindes, den anderen<br />

34


Kapitel 6: „Inklusive Schule- Leben und Lernen mittendrin“ (Pius Thoma und Cornelia Rehle)<br />

Kindern, dem Lehrer, den Eltern und den Schulbehörden gegenüber genügen. Die<br />

fachliche Qualifikation ist demnach für eine gelingende Integration erforderlich.<br />

Jedoch ist die Stellung derzeit noch nicht anerkannt, wenn man die Gewährung der<br />

finanziellen Mittel betrachtet.<br />

„Die Ursache liegt vor allem im bisher nicht erfolgten Schritt hin zu einer<br />

veränderten schul- bzw. sozialgesetzlichen Anerkennung als Basis für das<br />

Berufsbild eines Integrationsbegleiters.“ (S. 229).<br />

Die Aufgaben des Integrationsbegleiters sind breit gefächert. Große Flexibilität,<br />

Offenheit und fundierte integrationspädagogische Kompetenz sind Voraussetzung<br />

für ein „Überleben“ des Integrationsbegleiters.<br />

„Der kompetente Integrationsbegleiter berücksichtigt die kognitiven, sozialen,<br />

emotionalen, körperlichen, wahrnehmungsbezogenen und kommunikativen<br />

Persönlichkeitsbereiche und die jeweils vorliegenden Umfeldbedingungen.“<br />

(S. 231).<br />

Je nach Förderbedarf des Kindes gibt er Hilfestellungen bei den Aufgaben, in dem<br />

er ermuntert und motiviert, sowie die Arbeitsanweisungen des Lehrers verdeutlicht.<br />

Je nach Wunsch des Lehrers führt er spezielle Übungen (z.B.<br />

Wahrnehmungstraining, Leseförderung etc.) mit dem Kind durch und begleitet<br />

kleine Schülergruppen bei der gemeinsamen Arbeit. Der Integrationsbegleiter<br />

erleichtert oder erschwert das Lernangebot, organisiert bestimmte Materialien und<br />

Medien und gibt Hilfestellung bei bestimmten körperlichen Behinderungen, zum<br />

Beispiel durch Handführung. Wenn notwendig werden zudem auch pflegerische<br />

Hilfen übernommen. Das Ziel ist es, dass das Kind immer weniger auf Betreuung<br />

und Hilfen angewiesen ist und den Schulalltag mit hoher Selbstverständlichkeit<br />

absolviert (S. 232f). Besonders wichtig sind Kommunikation und Absprachen des<br />

Integrationsbegleiters mit den Lehrern und Eltern des jeweiligen Kindes.<br />

Am Ende des Buches „Inklusive Schule- Leben und Lernen mittendrin“ stellt sich<br />

Johann Horvath die Frage, ob Inklusion das Ende der Sonderpädagogik sei und<br />

kommt zu dem Fazit, dass Sonderpädagogik nicht überflüssig sei, sondern sie den<br />

Heterogenitätsgedanken erweitern und intensivieren würde.<br />

„In integrativen Klassen ist insbesondere die Rolle des Sonderpädagogen starken<br />

Veränderungen unterworfen. Der Sonderpädagoge hat keine eigene Klasse mehr<br />

und ist stundenweise anwesend. Obwohl der Sonderpädagoge in seinem Kern ein<br />

Pädagoge für besondere Aufgaben und besondere Kinder ist, sollte er dies in<br />

integrativen Klassen nicht ausschließlich und nicht längerfristig sein. Eine starre<br />

Abgrenzung der unterschiedlichen Qualifikationen und die Etablierung spezieller<br />

Zuständigkeiten für einzelne Kinder, bestimmte Fächer und besondere Aufgaben<br />

sind konzeptwidrig.“ 37<br />

Eine Bedingung einer inklusiven Schule aus sonderpädagogischer Sichtweise stellt<br />

zunächst die inklusive Schule in Kooperation mit sonderpädagogischer<br />

Professionalität dar. Zudem sind flexible jahrgangsübergreifende Eingangsstufen an<br />

der Grundschule, sowie eine extensive Ausweitung aller mobilen<br />

sonderpädagogischen Dienste Voraussetzung. Die sonderpädagogischen<br />

37 Antor, Bleidick 2001, S. 76-80.<br />

35


Kapitel 6: „Inklusive Schule- Leben und Lernen mittendrin“ (Pius Thoma und Cornelia Rehle)<br />

Förderzentren sollen zu sonderpädagogischen Kompetenzzentren ausgebaut werden,<br />

was wohnortsnahe sonderpädagogische Förderung bedeuten würde. Des Weiteren<br />

müssen die Außen- und Kooperationsklassen in „Integrationsklassen“ umgewandelt<br />

werden. Hier sollen zwei Lehrkräfte durch Team-Teaching und<br />

Binnendifferenzierung im Unterricht eine Klasse von ca. 15 Schülern, wobei<br />

maximal 4 Schüler einen sonderpädagogischen Förderbedarf aufweisen,<br />

unterrichten. Die komplette Unterrichtsgestaltung muss verändert werden, wie man<br />

in den vorherigen Kapiteln bereits erfahren konnte. Schließlich darf sich nicht das<br />

Kind der Schule anpassen, sondern die Schule muss sich dem Kind anpassen<br />

(S. 249ff).<br />

36


Kapitel 7: Kritische Betrachtungsweisen zu den jeweiligen Büchern<br />

7. Kritische Betrachtungsweisen zu den jeweiligen Büchern<br />

7.1. „Alle sind verschieden“<br />

Jutta Schöler bringt viele Argumente und Ansichten, die für eine inklusive<br />

Beschulung und somit für Integration sprechen. Einige Meinungen der Autorin sind<br />

voreingenommen und allgemein zu überdenken.<br />

Zum Beispiel sagt Jutta Schöler, dass sich ein beeinträchtigtes Kind gut entwickeln<br />

würde, wenn es die anderen Kinder mit ihren Entwicklungsvorsprüngen als Vorbild<br />

und nicht als Maßstab sehe (S. 14). Diese These kann ich so nicht unterstützen, da<br />

man nicht davon ausgehen sollte, dass Kinder schon über ein derartiges<br />

Reflexionsvermögen verfügen.<br />

Zudem sagt sie, dass die Förderschule am Vormittag einen sogenannten<br />

„Schonraum“ für die Kinder darstelle und sie am Nachmittag und Wochenende<br />

dementsprechend isoliert seien (S. 15). Auch <strong>hier</strong> kommt es meiner Meinung nach<br />

auf das weitere soziale Umfeld des betroffenen Kindes an. Viele Eltern ermöglichen<br />

ihrem Kind nach der Schule ein Treffen mit anderen Kindern oder eine Teilnahme<br />

an einem Hobby.<br />

In einem weiteren Absatz spricht die Autorin davon, dass eine Familie mit einem<br />

beeinträchtigten Kind einen Anwalt benötige, um ihr Kind dauerhaft in einer<br />

Regelschule unterbringen zu können (S. 19). Sie stellt die Sonderschule als eine<br />

Einrichtung dar, die gegen Integration sei. Die Sonderschullehrer würden fast<br />

ausschließlich betonen, was die Kinder nicht könnten. Die Stärken würden oft nicht<br />

wahrgenommen. Zudem würden sich die Sonderpädagogen durch die Einführung<br />

der inklusiven Beschulung in ihrer beruflichen Position gefährdet sehen (S. 20).<br />

Auch Schulärzte, Schulpsychologen und Fachärzte seien fast ausschließlich gegen<br />

die Aufnahme eines Kindes mit sonderpädagogischen Förderbedarf an einer<br />

Regelschule (S. 21). Die Autorin gibt in diesem Zusammenhang den betroffenen<br />

Eltern den Tipp, darauf zu achten,<br />

„dass die Schulärztin oder der Schularzt nicht am Nachmittag in die leeren<br />

Klassenräume der Sonderschule geht und sich deren Vorzüge von der Schulleiterin<br />

erklären lässt“ (S. 22).<br />

Es ist anzuzweifeln, dass dies geschieht und zudem auch Eltern auf diesen Ablauf<br />

Einfluss nehmen können.<br />

Wenn das Kind es in die Regelschule geschafft habe, müssen Eltern und Kind sich<br />

über die Leistungsbewertung bewusst sein. Man solle <strong>hier</strong>bei berücksichtigen, dass<br />

zum Beispiel eine „ Vier“ in der Regelschule schwieriger zu erreichen sei als eine<br />

„Eins“ in der Förderschule (S. 25). Dies führt meiner Meinung nach zu einer<br />

extremen Selbstabwertung des Kindes, da das Kind sich wahrscheinlich mit den<br />

anderen Kindern vergleichen wird und noch nicht über eine derartige<br />

Selbstreflektion verfügt. Es könnte schnell zu Minderwertigkeitskomplexen,<br />

Frustrationen oder Ähnlichem führen.<br />

37


Kapitel 7: Kritische Betrachtungsweisen zu den jeweiligen Büchern<br />

Jutta Schöler schlägt einen Antrag auf „Nachteilsausgleich“ vor. Die Bedingungen<br />

sollen für Klassenarbeiten so verändert werden, dass die einzelnen Probleme des<br />

Kindes berücksichtigt würden (S. 25). Ein solcher Nachteilsausgleich ist sinnvoll,<br />

um in den Klassen die gleichen Themen zu prüfen. Jedoch ist die Umsetzung<br />

meiner Meinung nach nicht immer ohne Probleme durchführbar. Eine weitere<br />

Anmerkung wäre, dass auch <strong>hier</strong> wieder eine Stigmatisierung folgen könnte.<br />

Im weiteren Verlauf werden die Sichtweisen der Regelschullehrer beschrieben. Die<br />

Vorteile für eine Integration in Regelschulen seien 1. Die Gelegenheit, die eigenen<br />

Ängste vor Krankheit, Behinderung, Ausgrenzung, eigener Unvollkommenheit,<br />

Alter und Tod zu bearbeiten. 2. Die Begegnung mit einem behinderten Menschen<br />

könne anregend und befriedigend sein. 3. Individuelle Eigenarten seien oft<br />

förderlich für alle Kinder und 4. bekämen einige Lehrer durch diese Kinder wieder<br />

neuen Anstoß und würden somit mehr Motivation zeigen. 5. Für viele Lehrer sei es<br />

eine Bereicherung, wenn sie ein Kind mit Behinderung in ihre Klasse bekämen<br />

(S.28). Ich denke, dass diese Aussagen nicht zu pauschalisieren und individuell zu<br />

betrachten sind.<br />

Lehrer in Deutschland seien fast ausnahmslos Einzelkämpfer vor ihren Klassen,<br />

selten stehe Teamarbeit im Vordergrund. Die Autorin vergleicht Lehrer <strong>hier</strong> mit<br />

Sekretärinnen und Automechanikern, die sich ständig fachlich austauschen. Lehrer<br />

würden jedoch selten Konflikte im Kollegium austragen. Vielleicht haben viele den<br />

Lehrerberuf mit der Ansicht “ Da mach ich die Klassentür hinter mir zu“ und „in<br />

der Klasse bin ich König“ gewählt (S. 31). Dies ist meiner Meinung nach ein<br />

Vorurteil. Jugendliche und Erwachsene, die ihr Abitur gemacht haben, sind<br />

größtenteils reflexionsfähig und wählen nicht ein Studium um anschließend „die<br />

Tür hinter sich zu machen zu können“. Des Weiteren bekommt man in den Schulen<br />

offene Konflikte im Lehrerzimmer mit und es wird oft über Einzelfälle und<br />

geschehene Vorfälle berichtet und diskutiert.<br />

Zum Zwei-Pädagogen-Prinzip bei integrativem Unterricht schlägt die Autorin eine<br />

regelmäßige Absprache zwischen beiden Lehrpersonen vor, um Missverständnisse<br />

gar nicht erst aufkommen zu lassen (S. 33). Auch <strong>hier</strong> sehe ich eine Schwierigkeit<br />

in der Umsetzung. Es ist nicht immer einfach, jede Kleinigkeit im Vorfeld<br />

abzusprechen. Vor allem kann man nicht jedes Verhalten oder jede Reaktion des<br />

Kindes auf ein anderes Verhalten vorhersehen.<br />

Außerdem wird von regelmäßigen Fortbildungen gesprochen, die nicht stattfinden<br />

würden (S. 35). Auch wenn sie stattfänden, kann <strong>hier</strong> nicht jeder Einzelfall<br />

besprochen werden.<br />

Bei Argumenten für integrativen Unterricht bringt Jutta Schöler ein, dass<br />

Geschwister von behinderten Kindern oft psychisch überlastet seien und nicht<br />

wüssten, wie sie in ihrem Umfeld erklären sollen, dass ihr Bruder oder ihre<br />

Schwester an einer anderen Schule ist. Die meisten jüngeren Kinder denken meines<br />

Erachtens noch nicht über so etwas nach und haben keine Scheu, mit anderen<br />

darüber zu sprechen (S. 53).<br />

Die Eltern von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf sollen sich nicht<br />

auf Ausreden der Schulen einlassen. Oft würden Schulen vorschieben, sie seien<br />

nicht behindertengerecht eingerichtet oder müssten erst bestimmte Vorkehrungen,<br />

38


Kapitel 7: Kritische Betrachtungsweisen zu den jeweiligen Büchern<br />

wie zum Beispiel das Absenken von Bürgersteigen, treffen (S. 55). Hier sollte man<br />

im Hinterkopf behalten, dass die Schule haftet und erst gut ausgestattet sein muss,<br />

bevor sie bestimmte Schüler mit besonderen Voraussetzungen aufnimmt.<br />

Im fünften Kapitel des Buches „Alle sind verschieden“ geht es um die<br />

Leistungsbewertung in Integrationsklassen. Die Autorin schlägt vier verschiedene<br />

Schwierigkeitsstufen beim Lernen von Texten vor. Die Lehrer sollen kennzeichnen<br />

welcher der schwierige und welcher der einfache Text ist. Dazu sollen sie<br />

Empfehlungen geben, welches Kind sich welchen Text vornehmen sollte, um am<br />

Ende der Woche einen sichtbaren Lernerfolg zu erzielen (S. 59). Der Sinn <strong>hier</strong>bei<br />

sei, dass alle Schüler an ihren individuellen Lernfortschritten gemessen werden.<br />

Dieses könnte sich als sehr fragwürdig herausstellen, da auch <strong>hier</strong> die Schüler ihre<br />

Klassenkameraden und deren Können sehen und sich ständig mit ihnen vergleichen<br />

werden, was zur Selbstabwertung und Frustration führen kann.<br />

Es bleibt festzuhalten, dass Jutta Schöler viele interessante Ansätze zur Inklusion<br />

einbringt, aber für mich dennoch viele Fragen offen bleiben.<br />

7.2 „Die besondere Normalität“:<br />

In dem Buch von Dario Ianes erfährt man sehr viel über die einzelnen<br />

Beeinträchtigungen der Kinder und entsprechende Lehrmaßnahmen. Meiner<br />

Meinung nach sollte ein gewisses Vorwissen vorhanden sein, um den Inhalt zu<br />

verstehen. Zu Beginn des Buches schreibt Dario Ianes von dem „zweifachen Wert<br />

der Normalität“, wobei mir nicht ganz klar geworden ist, welches den „zweifachen<br />

Wert“ darstellt. Vieles zur Normalität ist verständlich, aber in der Ausführlichkeit<br />

nicht unbedingt relevant für das Thema „Inklusion“.<br />

Viele Lehr- und Lernstrategien, Voraussetzungen und verschiedene Bedingungen<br />

werden ausführlich erläutert. Es werden verschiedenste Unterrichtsstrategien und<br />

Vorgehensweisen beschrieben, die allgemein für alle Lehrer interessant sind.<br />

Einige Theorien erscheinen mir in ihrer Umsetzung kaum möglich. Zum Beispiel<br />

sollten die Lehrer sich meiner Meinung nach ein wenig von dem Ziel fern halten,<br />

dass jeder Schüler sein eigenes Lernverhalten beobachtet und kontrolliert. Man<br />

muss auch <strong>hier</strong> meines Erachtens nach den einzelnen Schüler vor Augen haben und<br />

darf nicht von einem auf alle schließen.<br />

Zudem fehlen oft praktische Beispiele um den Zusammenhang besser begreifen zu<br />

können. Demnach lässt sich dieses sehr theoretische Buch nicht leicht in der Praxis<br />

umsetzten. Auch wenn jedes Kapitel auf inklusivem Hintergrund beruht, ist das<br />

Buch mir persönlich zu praxisfern. Ich denke nicht, dass man bei der Umsetzung<br />

von inklusivem Unterricht die Theorien im Kopf hat und sie dementsprechend<br />

umsetzten kann. Der Autor sagt zu seiner Rechtfertigung, dass es nicht nur um den<br />

Bereich Schule geht. Er bezieht den Inhalt seines Buches auf viele verschiedene<br />

pädagogische Bereiche, in denen mit behinderten Kindern gearbeitet wird. Aus<br />

diesem Grunde werde ich die kritische Auseinandersetzung mit „Die besondere<br />

Normalität“ nicht weiter ausführen.<br />

39


Kapitel 7: Kritische Betrachtungsweisen zu den jeweiligen Büchern<br />

7.3. „ Inklusive Schule - Leben und Lernen mittendrin“:<br />

Das Buch von Cornelia Rehle und Pius Thoma, „Inklusive Schule -Leben und<br />

Lernen mittendrin“, hat mir besonders gut gefallen. Zuerst bekommt man einen<br />

Einblick über theoretische Grundlagen, die man über Inklusion kennen sollte. Dann<br />

geben Fallbeispiele dem Leser einen guten Überblick und jeder kann für sich selbst<br />

entscheiden, was er von den einzelnen Beispielen für sich mitnehmen möchte.<br />

Die hauptsächlich positiven Beispiele können zur Orientierung und Motivation<br />

dienen. Die negativen Beispiele bestätigen schließlich, wie viel Kraft und Energie<br />

es kostet, sein Kind inklusiv beschulen zu lassen.<br />

Negativ fielen mir in einigen Kapiteln zu „Inklusive Schulkultur- Inklusiver<br />

Unterricht“ einige utopische Sichtweisen auf. Aussagen, wie zum Beispiel „Die<br />

Verschiedenheit der Kinder muss <strong>hier</strong>bei als Vorteil und Potenzial für den<br />

integrativen Unterricht genutzt werden“ (S. 185), hören sich sehr gut an und könnte<br />

den Leser zur Umsetzung des integrativen Unterrichts motivieren. Jedoch konnte<br />

ich persönlich mit dieser Aussage nicht viel anfangen, da sie für mich eine<br />

utopische Betrachtungsweise darstellt, dessen Umsetzung viele Fragen und<br />

Probleme mit sich führt.<br />

Auch den Aussagen, dass für förderbedürftige Kinder das System Förderschule<br />

häufig zur Entwicklungsbarriere werde und das Kind in der Schule „ungenügend in<br />

sein Mensch- Umfeld- System integriert“ werde, kann ich nicht in jedem Fall<br />

zustimmen (S. 26).<br />

Eine weitere kritisch zu betrachtende Aussage ist, dass die Sonderpädagogen, die<br />

sich für Sonderschulen aussprechen, die Stigmatisierung der einzelnen Schüler<br />

verharmlosen würden. (S. 31) Hier liegt meines Erachtens die Ursache für eine<br />

solche „Stigmatisierung“ schon in der diagnostischen Beurteilung. Den Kindern<br />

werden dadurch eine Behinderung und eine eventuell folgende „Stigmatisierung“<br />

auferlegt. Ich würde nicht der Schule und den Lehrern die Stigmatisierung<br />

zusprechen, sondern eher den Behinderungsdefinitionen.<br />

Alle weiteren Aussagen von Cornelia Rehle und Pius Thoma halte ich für anregend<br />

und pädagogisch wertvoll.<br />

Schließlich befinden wir uns noch lange nicht auf dem Weg zu einer inklusiven<br />

Schule. Nur einzelne förderbedürftige Schüler sind <strong>hier</strong> bisher an ihr Ziel gelangt.<br />

Die Fallbeispiele wurden schließlich analysiert und interpretiert. Daraufhin wurde<br />

auf die Art und Weise der Umsetzung von Inklusion im Alltag eingegangen und<br />

erörtert, welche Rolle die Integrationsbegleiter und Sonderpädagogen <strong>hier</strong>bei<br />

spielen. Dies sind meines Erachtens wichtige Kapitel. Sie sind realitäts- und<br />

praxisnah. Jeder, der heute oder später mit dem Thema inklusiver Beschulung<br />

konfrontiert wird, könnte das Buch zur Hilfe nehmen.<br />

40


Kapitel 8: Meinungen aus Politik und Tagespresse<br />

8. Meinungen aus Politik und Tagespresse<br />

Zunächst werde ich auf zwei, mir besonders wichtig erscheinende, Artikel aus<br />

Zeitungen eingehen. Der erste Artikel „Eine Schule für alle?“ erschien am<br />

17.12.2009 in der „rheinischen Merkur“, der zweite wurde am 4.Februar 2010 unter<br />

dem Titel „Das Recht auf Miteinander“ in der Zeit veröffentlicht.<br />

8.1 „Eine Schule für alle?“<br />

In „Eine Schule für alle“ berichtet Astrid Prange über die aktuelle Diskussion, die<br />

seit der Ratifizierung der UN-Behindertenkonvention am 26.März 2009 vor allem in<br />

der Schulpolitik im Vordergrund steht. Politiker aller Parteien bekämen die<br />

Unzufriedenheit der Eltern beeinträchtigter Kinder zu spüren. Rund 400.000-<br />

500.000 Kinder besuchten im Durchschnitt die Förder- und Sonderschulen und<br />

blieben meist ohne Abschluss. Seit 1999 sei jedoch der Anteil der<br />

förderbedürftigen Kinder an Regelschulen von 11,6 Prozent auf knapp 20 Prozent<br />

gestiegen.<br />

Astrid Prange stellt die Frage, ob die „inklusive Bildung“ der UN-<br />

Behindertenrechts-Konvention überhaupt praxistauglich ist und nicht nur eine<br />

utopische Sichtweise darstellt. Andere Länder, wie zum Beispiel Italien oder die<br />

skandinavischen Länder zeigen, dass gemeinsames Lernen möglich sei.<br />

Nicht nur Kultusminister Helmut Rau und schulpolitische Sprecherin der<br />

Landtagsfraktion der Grünen, Renate Rastätter, sind überzeugt von einer<br />

bildungspolitischen Wandlung. Die Kultusministerkonferenz arbeitet nun daran, auf<br />

die Forderungen der UN-Konvention einzugehen.<br />

Die meisten Bundesländer, ausgenommen von Hamburg, Bremen und Schleswig-<br />

Holstein, seien jedoch noch weit entfernt von einem inklusiven Denken im<br />

Schulsystem.<br />

In Nordrhein-Westfalen werde zudem derzeit stark diskutiert, jedoch kommt der<br />

Ministeriumssprecher zu dem Fazit, dass man zunächst um Verständnis an den<br />

Schulen und Umgestaltungen der Schulgebäude werben sollte. Hierzu braucht das<br />

Bundesland jedoch finanzielle Unterstützung, die bisher vom Ministerpräsident<br />

Rüttgers zwar versprochen, aber nicht eingehalten wurde.<br />

In Baden- Württemberg schließe die nun auch für förderbedürftige Kinder<br />

allgemeine Schulpflicht nicht aus, dass diese Schüler an eine Förderschule kommen.<br />

Schließlich sagt der Hamburger Professor für den Fachbereich Lernen und<br />

Integration, Hans Wocken, dass die UN-Behindertenrechtskonvention weder<br />

Gymnasien, noch Sonderschulen verbiete und somit zur Gliederung des<br />

Schulsystems keine konkreten Einschränkungen vornimmt. Einige Politiker bleiben<br />

jedoch positiv bestärkt und hoffen und kämpfen für ein kommendes „Inklusives<br />

Schulsystem“.<br />

41


8.2 „Recht auf Miteinander“<br />

Kapitel 8: Meinungen aus Politik und Tagespresse<br />

Der Artikel „Recht auf Miteinander“ baut auf ein Streitgespräch zwischen dem<br />

Professor für Erziehungswissenschaft und Sprecher des Arbeitskreises<br />

„Gemeinsame Erziehung“ in Berlin, Ulf Preuss-Lausitz, und dem ehemaligen<br />

Sonderschulleiter und Vorsitzenden des Verbandes Sonderpädagogik e.V. in Baden-<br />

Württemberg, Thomas Stöppler, auf.<br />

Ulf Preuss-Lausitz spricht sich von Beginn an gegen die Sonderschulen aus. Er<br />

fordert den Wechsel der Sonderpädagogen an allgemeine Schulen, wo sie helfen<br />

sollen, förderbedürftige und nichtförderbedürftigen Schüler zusammen zu<br />

unterrichten. Thomas Stöppler hingegen sieht dies völlig anders. Er plädiert für<br />

eigenständige Sonderschulen. Seiner Meinung nach gibt es viele Schüler, die in<br />

einer sonderpädagogischen Einrichtung am besten gefördert werden können. Hierzu<br />

zählt er besonders Lernbehinderte, massiv verhaltensbeeinträchtigte Schüler oder<br />

Jugendliche mit enormen Sprachdefiziten. Preuss-Lausitz bringt Beispiele für eine<br />

erfolgreiche Inklusion aus Schulen in Brandenburg und Berlin. Stöppler dagegen<br />

kenne ganz andere, entgegengesetzte Erfahrungen. Er sagt, dass die meisten Lehrer<br />

gar nicht für eine Klasse mit Kindern, die andere Voraussetzungen mitbringen,<br />

vorbereitet sind. Sonderpädagogik fordere eine hochkomplexe Didaktik, die<br />

individuell auf das Kind zugeschnitten werden müsse. Ein guter Unterricht hänge<br />

also mit einer guten Ausbildung und dem passenden pädagogischen Umfeld für den<br />

jeweiligen Förderbedarf zusammen. Preuss-Lausitz beschreibt diese Aussage als<br />

unsinnig und veraltet, da ein erfolgreicher Unterricht an der Teamkompetenz der<br />

Lehrer und der Zusammenarbeit mit den Eltern liege. Seiner Ansicht nach lernen<br />

Kinder zudem am besten von anderen Kindern. Somit bräuchten gerade die<br />

beeinträchtigten Kinder andere Mitschüler, von denen sie lernen können. In diesem<br />

Zusammenhang macht er die Bemerkung, dass nur zwei Prozent aller Förderschüler<br />

einen mittleren Schulabschluss machen, da sie niemanden haben, von dem sie etwas<br />

lernen können. Nach Stöppler müssen jedoch erst einmal die notwendigen<br />

Bedingungen geschaffen werden, um von Inklusion und einem besserem Erfolg der<br />

Schüler sprechen zu können. Preuss-Lausitz hingegen fordert sofortige Änderung<br />

und hält nicht viel von einem immer nur in der Theorie gesprochenem „Umbau“.<br />

Ulf Preuss-Lausitz beschwert sich über den steigenden Ausbau von Sonderschulen.<br />

Thomas Stöppler erwidert <strong>hier</strong>, dass dies an der zunehmenden Zahl der schwer<br />

mehrfach Behinderten liegt, die nur aufgrund der Medizin überleben können. Auch<br />

die Zahl psychisch Kranker nehme aufgrund der schwierigen sozialen Umstände zu.<br />

Preuss-Lausitz unterstellt in diesem Zusammenhang, dass die Sonderpädagogen<br />

allein den sonderpädagogischen Förderbedarf festlegen und aus eigenem Interesse<br />

meist den Unterricht in ihrer Schule sichern. Daraufhin erwidert Stöppler, dass dies<br />

schon lange nicht mehr der Fall sei, da nun mehrere Lehrer und Eltern einen<br />

wichtigen Teil bei der Entscheidung beitragen. Des Weiteren habe er schon viele<br />

Kinder an eine Regelschule überwiesen, wenn er mit gutem Gewissen sagen konnte,<br />

dass das Kind dort die nötige Unterstützung bekommt. Aber es werden nie alle<br />

Schüler die nötige Förderung in einer solchen allgemeinen Schule bekommen<br />

können. Diese Schüler kommen dann seiner Meinung nach auf Dauer an die<br />

privaten Schulen in der Umgebung. Der ehemalige Sonderschulleiter sagt, dass<br />

viele beeinträchtigte Kinder mit ihrem Schicksal in einer „normalen Schule“ nicht<br />

42


Kapitel 8: Meinungen aus Politik und Tagespresse<br />

umgehen können und sich oft nicht von den Mitschülern verstanden fühlen.<br />

Ulf Preuss-Lausitz antwortet darauf, dass deshalb immer drei oder vier<br />

Förderschüler in einer Klasse gemeinsam unterrichtet werden sollten. Hiermit sei<br />

für Stöppler jedoch nicht viel getan, da auch diese drei oder vier Kinder sich als<br />

Minderheit fühlen und sie automatisch die Funktion der Außenseiter einnehmen<br />

würden, woraufhin er von dem Erziehungswissenschaftler jedoch keine<br />

Zustimmung findet. Dieser betrachtet eher Studien im Allgemeinen, wobei Thomas<br />

Stöbbler auf Einzelfälle eingeht.<br />

Außerdem betont Stöppler, dass durch die Schließung der Sonderschulen das<br />

Selbstbestimmungsrecht der Schüler und ihrer Eltern wegfallen wird. Ulf Preuss-<br />

Lausitz spricht das Verfassungsgerichtsurteil aus den siebziger Jahren an:<br />

„Der Staat darf keinen Bildungsgang abschaffen, aber er kann selbstverständlich<br />

eine Schulform schließen“.<br />

Schließlich ist er der Meinung, dass das Wahlrecht für Eltern nur dazu dienen<br />

würde, die Förderschulen zu erhalten, was nicht mit der UN-Konvention<br />

einhergehen würde. Er erwartet von allen Lehrern, dass sie einen gemeinsamen<br />

Unterricht durchführen können, was sie in ihrem Studium lernen sollten. Seine<br />

Vorbilder sind <strong>hier</strong> Italien, Spanien oder Irland. Deutschland sieht er als Sonderfall.<br />

Stöppler hingegen sieht die Situation in diesen Ländern eher kritisch. Er sagt, dass<br />

viele Schüler mit Lernbehinderungen oder Verhaltensauffälligkeiten nicht mithalten<br />

können und sich als Reaktion darauf viele Privatschulen gegründet haben, die diese<br />

Schüler fördern.<br />

Zu der finanziellen Frage, ob eine inklusive Beschulung teurer werde, antwortet<br />

Preuss-Lausitz, dass sich schließlich nicht viel ändert. Nur eine Finanzierung beider<br />

Systeme könnte man sich auf Dauer nicht leisten. Stöppler stellt das befürwortete<br />

Modell des Erziehungswissenschaftlers als „Sparmodell“ dar.<br />

Letztendlich zeigt sich für Thomas Stöppler das inklusive Bildungssystem ganz klar<br />

als negativ. Die Qualität der Förderung würde abschwächen und die Anzahl der<br />

Privatschulen zunehmen. Seiner Meinung nach werden<br />

„die großen Verlierer […] vor allem Kinder mit Behinderungen aus<br />

bildungsfernen Familien sein.“<br />

Ulf Preuss-Lausitz ist überzeugt, dass das gemeinsame Lernen von großem Vorteil<br />

ist und so kein Kind mehr abgesondert aufwachsen muss. Er hofft auf einen<br />

Wendepunkt im deutschen Bildungssystem innerhalb des zweiten Jahrzehnts des<br />

21. Jahrhunderts.<br />

43


Kapitel 9: Meinungsbild der Studentenschaft<br />

9. Meinungsbild der Studentenschaft<br />

Um mir ein grobes Bild machen zu können, inwiefern die Lehramtsstudenten aus<br />

dem 6. Semester an der Flensburger Universität über Inklusion Bescheid wissen,<br />

habe ich eine kleine Umfrage an 5 Studentinnen geschickt. 3 Lehramtsanwärter-<br />

innen davon studieren auch Sonderpädagogik. Sie sollten demnach<br />

erwartungsgemäß schon etwas von Inklusion gehört haben. Die Umfrage bestand<br />

aus folgenden Fragen:<br />

1. Was weißt du über "Inklusion" / Was ist "Inklusion" (ohne es nachzugucken)?<br />

2. Was hältst du von Inklusion? - Positiv u. Negativ<br />

3. Inwiefern wird dein weiterer Berufsweg von Inklusion beeinflusst?<br />

Antworten:<br />

Studentin im 6.Semester, Kunst und Englisch:<br />

„1. Inklusion würde ich als einen Prozess beschreiben um etwas oder jemanden mit<br />

einzubinden, zu integrieren und um etwas/jemanden auf ein Niveau zusammen<br />

zufassen. Conclusion=Zusammenfassung im Englischen; das heißt das man davon<br />

ableiten könnte, dass Inklusion „Ineinanderfassen“ bedeutet.<br />

2. Positiv, da kein Kind vernachlässigt wird und die sozialen Aspekte gestärkt<br />

werden, indem alle Kinder auf gleicher Höhe und von gleicher Wichtigkeit sind,<br />

Die Rolle in der Gesellschaft kann so einfacher gefunden werden, wenn Kinder von<br />

Beginn an alle gleich akzeptiert und behandelt würden.<br />

Negativ, weil Problemkinder untergehen könnte, da die Gemeinschaft im<br />

Vordergrund steht; sehr kluge/weite Kinder könnten in der Entwicklung gebremst<br />

werden.<br />

3. Da ich Lehrerin werde, werde ich mich vor allem pädagogisch mit dem Thema<br />

auseinandersetzen und die Kinder dementsprechend behandeln.“<br />

Studentin im 6.Semester, Musik und Englisch:<br />

„1.Über Inklusion weiß ich nicht viel. Es ist, glaube ich, ein neues Wort für<br />

Integration. Kommt wohl aus dem Englischen: to inlclude.<br />

2. Generell ist die Inklusion von "nicht normalen" Kindern / Jugendlichen /<br />

Erwachsenen z.B. in Schulen gut. Aber es ist eine große Herausforderung und in<br />

manchen Fällen bestimmt auch eine Belastung für die Verantwortlichen, z.B.<br />

Lehrer/innen. Ich bin nicht der Meinung, dass man alle Menschen gleich behandeln<br />

bzw. fördern kann, weil wir alle unterschiedlich geschaffen worden sind.<br />

3. Als angehende Lehrerin wird mich das Thema noch stark beschäftigen.“<br />

44


Kapitel 9: Meinungsbild der Studentenschaft<br />

Studentin im 6.Semester, Sonderpädagogik und Textil:<br />

„1. Inklusion ist vom Begriff der Integration abzugrenzen. Integration bedeutet<br />

etwas zuvor Ausgeschlossenes wieder einzuschließen, also zu integrieren, wobei die<br />

Inklusion meint, von Beginn nicht erst auszuschließen und dann wieder<br />

einzuschließen, sondern direkt davon auszugehen, dass es normal ist, dass eine<br />

Gesellschaft so ist wie sie ist und sie zu nehmen wie sie ist. Deshalb fordert sie auch<br />

für das Schulsystem, dass alle gemeinsam unterrichtet werden. Das heißt, dass ein<br />

interdisziplinäres Team entstehen würde usw. Menschen mit Behinderung gehören<br />

zur Gesellschaft, sowie Menschen ohne Behinderung. Inklusion fordert eine<br />

Gleichberechtigung und im Zusammenhang mit der Konvention für Behinderte<br />

fordert sie einen inklusiven Bildungsweg. Inklusion ist zurzeit hochaktuell in<br />

politischen Debatten.<br />

2. Das Problem ist oft, dass viele die Begrifflichkeiten Integration und Inklusion<br />

fälschlicherweise gleichsetzen. Ich persönlich halte sehr viel vom Konzept der<br />

Inklusion und wünschte mir mehr davon inhaltlich in den Ausbildungen für alle<br />

Lehrämter und Berufen in Bildungseinrichtungen. Bedauerlicherweise steht das<br />

deutsche Schulsystem mit der Selektion im Gegensatz zur Inklusion und verhindert<br />

sie oft. Konventionen zeigen jedoch, dass ein Recht zur Inklusion besteht und sie<br />

demnach einklagbar ist. Natürlich sehe ich hohe Anforderungen an alle, die den<br />

inklusiven Weg gehen, denke jedoch, dass dieser notwendig ist. Auf politischer<br />

Ebene stehen <strong>hier</strong> meiner Ansicht nach jedoch noch viele Verhandlungen über<br />

Veränderungen vor allem im Schulsystem und im Ausbildungssystem zu Gunsten<br />

der Inklusion an.<br />

3. Ich hoffe, dass mein Berufsweg noch sehr davon beeinflusst wird. Ich denke<br />

sowohl auf politischer Ebene wird sich in dieser Hinsicht noch etwas ändern, als<br />

auch direkt für mich im Referendariat und weiterem Berufsweg. Zum einen weil ein<br />

inklusiver Bildungsweg ein Recht für jedermann ist und demnach sowieso<br />

zwangsläufig wahrscheinlich der Weg in die Richtung der Inklusion geht, zum<br />

anderen weil ich persönliches Interesse habe, dass eine Beschulung durch ein<br />

interdisziplinäres Team erfolgt. Dadurch kann viel individueller und meiner<br />

Meinung nach erfolgreicher und fortschrittlicher gelernt und gelehrt werden.“<br />

Studentin im 6. Semester, Sonderpädagogik und Deutsch:<br />

„1. Über Inklusion gibt es so viel zu erzählen, dass es schwer fällt, diese Frage zu<br />

beantworten. Wenn man allein den Index für Inklusion betrachtet, lässt sich ein<br />

großer Umfang an Bereichen entdecken, die in diesem Zusammenhang erwähnt<br />

werden könnten und sich dabei noch nicht einmal auf alle Bereiche einer inklusiven<br />

Gesellschaft beziehen würden. An dieser Stelle möchte ich aber nur kurz ein paar<br />

der wesentlichen Grundzüge nennen. Inklusion meint die uneingeschränkte<br />

Teilhabe aller Menschen unserer Gesellschaft. Dabei geht es nicht nur, wie man<br />

schnell vermuten könnte, um den Bereich der Behinderungen, sondern auch um<br />

Herkunft, Erstsprache, Geschlecht, religiöse Ansichten etc., also jene Bereiche, die<br />

zur Ausgrenzung von Menschen führen können. Statt eine solche Ausgrenzung<br />

zuzulassen, geht es in der Inklusion darum, die Heterogenität der Menschen in einer<br />

Gemeinschaft wertzuschätzen, positiv wahrzunehmen und zu nutzen.<br />

45


Kapitel 9: Meinungsbild der Studentenschaft<br />

Anders als bei der Integration stellt sich in der Inklusion nicht die Frage, ob ein<br />

Kind in eine Regelschule "zu inkludieren" sei, da es unter inklusivem Blickwinkel<br />

keinen "nicht inkludierbaren Rest" gibt. Bei der Integration muss sich ein Kind<br />

dagegen erst als "integrierbar" qualifizieren, damit es in eine Regelschule<br />

aufgenommen wird. Inklusion beschränkt sich dabei aber nicht nur auf schulische<br />

Bildung, sondern auch auf andere gesellschaftliche Bereiche wie Freizeit und<br />

Arbeit.<br />

2. Grundsätzlich halte ich Inklusion für etwas sehr Positives und Wichtiges,<br />

besonders unter moralischem und menschlichem Aspekt. Studien haben gezeigt,<br />

dass vom Gemeinsamen Unterricht sowohl Kinder mit als auch Kinder ohne<br />

Behinderungen profitieren können. Man sollte aber auch darauf achten, dass<br />

Kindern mit Behinderung an Regelschulen eine zumindest ebenso gute Förderung<br />

gewährleistet werden kann, wie an einer speziell ausgestatteten Sonderschule.<br />

Hierbei denke ich zum Beispiel an Fördermöglichkeiten wie Snoezelenräume, die<br />

vermutlich an kaum einer Regelschule vorhanden sein werden. Auch andere<br />

Gegebenheiten müssen bedacht werden, sodass für Kinder dadurch keine Nachteile<br />

oder zusätzliche Einschränkungen entstehen. So ist auch das Vorhandensein von<br />

ausreichend Personal ein äußerst wichtiger Punkt, der nicht unbeachtet bleiben darf.<br />

Denn meiner Meinung nach können inklusive Schulen nur dann eine hohe<br />

Schulqualität entwickeln, wenn solche und andere Rahmenbedingungen erfüllt<br />

werden. In diesem Fall ist Inklusion dann aber eindeutig erstrebenswert!<br />

3. Zu Beginn meines Studiums beabsichtigte ich, Sonderschullehrerin zu werden.<br />

In wie weit sich dies dann nach dem Studium erfüllt, weiß ich jedoch nicht. Je<br />

nachdem, wie die Schulen Inklusion umsetzen und wie sich dies dann gestaltet,<br />

wird auch meine Zukunft von diesem Prozess bestimmt. Möglicherweise werden<br />

Sonderpädagogen als Zweitlehrkräfte an inklusiven Regelschulen eingesetzt um mit<br />

Regelschullehrern im Team zu arbeiten, was mir durchaus gefallen würde.<br />

Möglicherweise habe ich aber auch nur eine beratende Funktion für<br />

Regelschullehrer, kann nicht als Lehrerin tätig sein und somit nicht meinem<br />

Berufswunsch nachgehen. Mal sehen, was kommt und was die Inklusion mit sich<br />

bringt. Vielleicht verändern sich aber auch die Politik und somit auch das inklusive<br />

Vorhaben. Dann werde ich doch Lehrerin an einer Sonderschule. Wer weiß.“<br />

Studentin im 6.Semester, Englisch und Sonderpädagogik:<br />

„1. Inklusion ist meiner Meinung nach, die komplette Eingliederung von Menschen<br />

mit Behinderung. Sie haben in diesem Fall keinen Sonderstatus mehr, sondern sind<br />

volles Mitglied der Gesellschaft und haben dieselben Rechte, wie alle anderen auch.<br />

2. Ich denke, Inklusion ist ein sehr positiver Gedanke, da er auf genau das abzielt,<br />

wofür viele Sonderpädagogen heute arbeiten, wie zum Beispiel Normalisierung,<br />

Eingliederung in die Gesellschaft, mehr Toleranz innerhalb der Gesellschaft etc.<br />

Nur leider ist dieser Gedanke der Inklusion nicht realistisch. Die Gesellschaft ist<br />

noch lange nicht soweit, um behinderte Menschen voll und ganz zwischen sich<br />

aufzunehmen. Dazu fehlt es an Toleranz, sowie an dem benötigten Wissen über die<br />

vielen verschiedenen Behinderungen und deren Bedürfnisse.<br />

46


Kapitel 9: Meinungsbild der Studentenschaft<br />

3. Da ich Sonderpädagogin werde, würde mein Berufsweg durch die Inklusion sehr<br />

stark beeinflusst werden, da mein Beruf als Sonderpädagogin dann nicht mehr von<br />

Nöten wäre. Da wir aber noch nicht einmal den Prozess der Integration<br />

abgeschlossen haben, mache ich mir vorerst keine Sorgen. Bis zur völligen<br />

Inklusion ist es noch ein langer und weiter Weg.“<br />

47


10.Fazit<br />

10. Kapitel: Fazit<br />

Nachdem ich mich intensiv mit der aktuellen Literaturlage, der Meinungen in<br />

Politik und meinem Umfeld auseinandergesetzt habe, konnte ich viel Neues und<br />

Positives über ein inklusives Schulsystem erfahren. Viele Fragen, die ich vor<br />

Beginn meiner Arbeit hatte, sind aber nur teilweise beantwortet worden. Die<br />

Meinungen über ein inklusives Bildungssystem sind gespalten und lassen keine<br />

eindeutigen Schlussfolgerungen zu.<br />

Es bleiben viele Fragen zur Umsetzung offen, zum Beispiel: Wie kann eine<br />

gelingende Inklusion in den Schulen unterstützt werden und von wem? Kann<br />

Überforderung der Lehrer durch bestimmte Maßnahmen vermieden werden? Was<br />

muss in der Umwelt genau geschehen, damit wir irgendwann inklusiv denken um<br />

die Sichtweise auf den Umgang mit förderbedürftigen Menschen zu verändern? Wie<br />

kann der erforderliche Finanzbedarf gedeckt werden? Was muss geschehen, damit<br />

alle Bundesländer ihre Schulgesetze inklusiv ausrichten? Inklusion als<br />

Verpflichtung, Vision oder Programm für jede Schule? (vgl. auch Andreas Hinz)<br />

Ich zweifel immer noch an der heutigen Umsetzung und bestätige die Meinung<br />

vieler Autoren, wenn sie schreiben, dass das Ziel „Inklusion“ noch weit entfernt ist.<br />

Wir müssen in unserem deutschen Bildungssystem und in unseren Denk- und<br />

Verhaltensweisen noch eine Menge verändern.<br />

Die Idee klingt gut, „eine Schule für alle“ zu gründen. „Keiner ist mehr<br />

ausgegrenzt.“ „Alle haben die gleiche Chance auf gleiche Bildung“ etc. Meiner<br />

Meinung nach sollte die Situation des jeweiligen Menschen immer im Auge<br />

behalten werden. Es ist Fakt, dass nicht alle Schüler schon von Geburt an die<br />

gleiche Chance haben, sich in einem sozial starken Umfeld entwickeln zu können.<br />

Schon allein aus finanziellen Gründen werden viele Entwicklungen gestoppt oder in<br />

eine „falsche“ Richtung gelenkt.<br />

Ein anderer Punkt ist, dass aufgrund hirnorganischer Störungen oder anderen<br />

Erkrankungen nicht jedem Kind eine gleiche Auffassungsgabe ermöglicht werden<br />

kann. Dass jedoch mit medizinischen Diagnosen oft die Hoffnung auf eine positive<br />

Entwicklung gegeben wird, um allen eine leichte und bewusste Arbeit zu<br />

ermöglichen, kann ich nicht anzweifeln. Der Betroffene hat <strong>hier</strong>bei jedoch nicht<br />

immer nur Vorteile. Er und seine Mitmenschen wissen zwar über sein<br />

Krankheitsbild bescheid und können wahrscheinlich auch mit bewussten<br />

Interventionen positiv beeinflussen, es bleibt aber eine Stigmatisierung bestehen.<br />

Das Umfeld bietet ihm oft nur eingeschränkte Möglichkeiten sich voll und ganz<br />

entfalten zu können. Um <strong>hier</strong> wieder auf die inklusive Schule zurück zu kommen,<br />

würde ein inklusives System oft helfen, sich im vollsten Umfang entwickeln zu<br />

können.<br />

Schließlich gibt es für mich immer Vor- und Nachteile der inklusiven Bildung. Ich<br />

denke, dass es immer individuell auf das Kind ankommt. Nicht jedes Kind braucht<br />

eine ausschließlich für sich konzipierte Förderung. Jedoch kann ich mir vorstellen,<br />

dass viele Kinder damit glücklicher sind.<br />

48


Literaturverzeichnis<br />

Literaturverzeichnis<br />

Antor, Georg; Bleidick, Ulrich (2000): Behindertenpädagogik als angewandte Ethik. 1.<br />

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Artikel vom 27.Januar 2010, Letzter Zugriff: 23. Mai 2010<br />

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Zeitschrift für Heilpädagogik, 51/2000/12, S. 492 - 503<br />

51


Verbindlicher Erklärungstext<br />

Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig angefertigt und<br />

keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel und Quellen benutzt habe. Wörtlich<br />

oder dem Sinne nach aus gedruckten, elektronisch oder aus anderen Quellen<br />

entnommene oder entlehnte Textstellen sind von mir eindeutig als solche<br />

gekennzeichnet worden. Mir ist bekannt, dass Verstöße gegen diese Versicherung<br />

nicht nur zur Bewertung dieser Bachelor-Arbeit als, nicht ausreichend’, sondern in<br />

schwerer wiegenden Fällen zu weiteren Maßnahmen der Universität Flensburg bis<br />

hin zur Exmatrikulation führen können.<br />

Mit einer Ausleihe meiner Arbeit bin ich einverstanden / nicht einverstanden.<br />

Flensburg, 26. Mai 2010<br />

Ina Menting<br />

52

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