hier - Herbert Bruhn
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Kapitel 6: „Inklusive Schule- Leben und Lernen mittendrin“ (Pius Thoma und Cornelia Rehle)<br />
benötigt. 36 Das Bewertungssystem wirkt einerseits auf das Verhalten der Schüler<br />
und andererseits nimmt es Einfluss auf die Unterrichtsgestaltung. Die Lehrkräfte,<br />
die sich für Inklusion einsetzen, schaffen in Zusammenarbeit mit anderen<br />
Inklusionspartnern günstige Bedingungen für ein gutes Klassenklima. Die<br />
inklusiven Praktiken werden dann durch die Unterstützung der Schulbegleitung, der<br />
Eltern und Therapeuten entwickelt. In den positiven Beispielen im Buch<br />
engagierten sich die Lehrkräfte für Inklusion und motivierten somit ihr Umfeld.<br />
Jedoch muss <strong>hier</strong> bedacht werden, dass der Erfolg nicht allein von der Lehrkraft<br />
abhängig ist, sondern das Umfeld, z.B. die Schulverwaltung, auch inklusionswillig<br />
sein muss. Für die Integrationskinder scheint sich nach den Beispielen die<br />
Integration in einer Regelschule fast durchweg positiv auszuwirken.<br />
„Alle <strong>hier</strong> geschilderten Kinder stellen unter weitgehend „normalen“,<br />
erwartungsoptimistischen Bedingungen ganz offensichtlich ihre Lernfähigkeit in<br />
weit stärkerem Maß als erwartet unter Beweis.“ (S. 174).<br />
Sie übertreffen in hohem Maß ihre vorhergesagten Fähigkeiten. Die medizinischen<br />
Diagnosen scheinen oft auf veraltete Feststellungsverfahren zu basieren. Da oft<br />
nicht viele Entwicklungsmöglichkeiten erwartet werden, reduziert man die<br />
Anforderungen. Das Kind hat somit oft gar nicht erst die Möglichkeit sich über<br />
seine Vorgaben hinaus zu entwickeln, weil es dementsprechend nicht weiter<br />
gefördert wird. Die Gründe für eine solche Reduktion sind Verhinderungen von<br />
Motivation oder Überforderung. Aus den Beispielen geht jedoch offensichtlich<br />
hervor, dass keine Entwicklungsmöglichkeiten vorhersagbar sind. Man solle sie<br />
somit grundsätzlich offen halten und möglichst viele Kontaktmöglichkeiten mit<br />
nicht beeinträchtigten Kindern bereitstellen (S. 175).<br />
Was die Eltern aus den Beispielen des Buches betrifft, haben die Kinder sehr viel<br />
Glück. Sie befinden sich in einer günstigen Situation, da sie auf ein bestmöglichstes<br />
Maß gefördert werden sollen. Die Eltern zeigen ein „gesundes Misstrauen“ der<br />
medizinischen Diagnose gegenüber und gleichzeitig vollstes Vertrauen in die<br />
Fähigkeiten und Kompetenzen ihrer Kinder. Alle Eltern zeigen sehr viel Kraft,<br />
setzten sich mit Schulbehörden, Therapeuten und Lehrern auseinander. Während<br />
der kompletten Schulzeit ihres Kindes gehen sie einen steinigen Weg. Immer<br />
wieder müssen sie hoffen und bangen, dass ihr Kind integrativ beschult wird oder es<br />
die integrative Beschulung behalten kann.<br />
Die Autoren des Buches sind zudem der Meinung, dass alle weniger privilegierten<br />
Familien mit förderbedürftigen Kindern von schulischer Integration ausgeschlossen<br />
bleiben, solange die schulischen Strukturen nicht inklusiv ausgerichtet werden.<br />
Diese Eltern haben oft nicht die Energie, das Selbstvertrauen oder das Wissen, um<br />
sich für eine andere, „außergewöhnliche" Schulform für ihr Kind einsetzten zu<br />
können (S.177).<br />
Cornelia Rehle und Pius Thoma fordern neben Offenheit der Schulen vor allem Mut<br />
der Lehrkräfte, einen Weg der Integration mit behinderten sowie mit<br />
nichtbehinderten Kindern zu gehen. Lehrer sollen durch offene Gespräche die<br />
Schüler zur Selbstreflektion motivieren und so zur Steigerung von Empathie und<br />
sozialer Kompetenz beitragen. Sehr wichtig ist auch die diagnostische Kompetenz<br />
36 Boban, Hinz 2003, S. 15<br />
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