Kapitel 9: Meinungsbild der Studentenschaft Anders als bei der Integration stellt sich in der Inklusion nicht die Frage, ob ein Kind in eine Regelschule "zu inkludieren" sei, da es unter inklusivem Blickwinkel keinen "nicht inkludierbaren Rest" gibt. Bei der Integration muss sich ein Kind dagegen erst als "integrierbar" qualifizieren, damit es in eine Regelschule aufgenommen wird. Inklusion beschränkt sich dabei aber nicht nur auf schulische Bildung, sondern auch auf andere gesellschaftliche Bereiche wie Freizeit und Arbeit. 2. Grundsätzlich halte ich Inklusion für etwas sehr Positives und Wichtiges, besonders unter moralischem und menschlichem Aspekt. Studien haben gezeigt, dass vom Gemeinsamen Unterricht sowohl Kinder mit als auch Kinder ohne Behinderungen profitieren können. Man sollte aber auch darauf achten, dass Kindern mit Behinderung an Regelschulen eine zumindest ebenso gute Förderung gewährleistet werden kann, wie an einer speziell ausgestatteten Sonderschule. Hierbei denke ich zum Beispiel an Fördermöglichkeiten wie Snoezelenräume, die vermutlich an kaum einer Regelschule vorhanden sein werden. Auch andere Gegebenheiten müssen bedacht werden, sodass für Kinder dadurch keine Nachteile oder zusätzliche Einschränkungen entstehen. So ist auch das Vorhandensein von ausreichend Personal ein äußerst wichtiger Punkt, der nicht unbeachtet bleiben darf. Denn meiner Meinung nach können inklusive Schulen nur dann eine hohe Schulqualität entwickeln, wenn solche und andere Rahmenbedingungen erfüllt werden. In diesem Fall ist Inklusion dann aber eindeutig erstrebenswert! 3. Zu Beginn meines Studiums beabsichtigte ich, Sonderschullehrerin zu werden. In wie weit sich dies dann nach dem Studium erfüllt, weiß ich jedoch nicht. Je nachdem, wie die Schulen Inklusion umsetzen und wie sich dies dann gestaltet, wird auch meine Zukunft von diesem Prozess bestimmt. Möglicherweise werden Sonderpädagogen als Zweitlehrkräfte an inklusiven Regelschulen eingesetzt um mit Regelschullehrern im Team zu arbeiten, was mir durchaus gefallen würde. Möglicherweise habe ich aber auch nur eine beratende Funktion für Regelschullehrer, kann nicht als Lehrerin tätig sein und somit nicht meinem Berufswunsch nachgehen. Mal sehen, was kommt und was die Inklusion mit sich bringt. Vielleicht verändern sich aber auch die Politik und somit auch das inklusive Vorhaben. Dann werde ich doch Lehrerin an einer Sonderschule. Wer weiß.“ Studentin im 6.Semester, Englisch und Sonderpädagogik: „1. Inklusion ist meiner Meinung nach, die komplette Eingliederung von Menschen mit Behinderung. Sie haben in diesem Fall keinen Sonderstatus mehr, sondern sind volles Mitglied der Gesellschaft und haben dieselben Rechte, wie alle anderen auch. 2. Ich denke, Inklusion ist ein sehr positiver Gedanke, da er auf genau das abzielt, wofür viele Sonderpädagogen heute arbeiten, wie zum Beispiel Normalisierung, Eingliederung in die Gesellschaft, mehr Toleranz innerhalb der Gesellschaft etc. Nur leider ist dieser Gedanke der Inklusion nicht realistisch. Die Gesellschaft ist noch lange nicht soweit, um behinderte Menschen voll und ganz zwischen sich aufzunehmen. Dazu fehlt es an Toleranz, sowie an dem benötigten Wissen über die vielen verschiedenen Behinderungen und deren Bedürfnisse. 46
Kapitel 9: Meinungsbild der Studentenschaft 3. Da ich Sonderpädagogin werde, würde mein Berufsweg durch die Inklusion sehr stark beeinflusst werden, da mein Beruf als Sonderpädagogin dann nicht mehr von Nöten wäre. Da wir aber noch nicht einmal den Prozess der Integration abgeschlossen haben, mache ich mir vorerst keine Sorgen. Bis zur völligen Inklusion ist es noch ein langer und weiter Weg.“ 47