hier - Herbert Bruhn
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8.2 „Recht auf Miteinander“<br />
Kapitel 8: Meinungen aus Politik und Tagespresse<br />
Der Artikel „Recht auf Miteinander“ baut auf ein Streitgespräch zwischen dem<br />
Professor für Erziehungswissenschaft und Sprecher des Arbeitskreises<br />
„Gemeinsame Erziehung“ in Berlin, Ulf Preuss-Lausitz, und dem ehemaligen<br />
Sonderschulleiter und Vorsitzenden des Verbandes Sonderpädagogik e.V. in Baden-<br />
Württemberg, Thomas Stöppler, auf.<br />
Ulf Preuss-Lausitz spricht sich von Beginn an gegen die Sonderschulen aus. Er<br />
fordert den Wechsel der Sonderpädagogen an allgemeine Schulen, wo sie helfen<br />
sollen, förderbedürftige und nichtförderbedürftigen Schüler zusammen zu<br />
unterrichten. Thomas Stöppler hingegen sieht dies völlig anders. Er plädiert für<br />
eigenständige Sonderschulen. Seiner Meinung nach gibt es viele Schüler, die in<br />
einer sonderpädagogischen Einrichtung am besten gefördert werden können. Hierzu<br />
zählt er besonders Lernbehinderte, massiv verhaltensbeeinträchtigte Schüler oder<br />
Jugendliche mit enormen Sprachdefiziten. Preuss-Lausitz bringt Beispiele für eine<br />
erfolgreiche Inklusion aus Schulen in Brandenburg und Berlin. Stöppler dagegen<br />
kenne ganz andere, entgegengesetzte Erfahrungen. Er sagt, dass die meisten Lehrer<br />
gar nicht für eine Klasse mit Kindern, die andere Voraussetzungen mitbringen,<br />
vorbereitet sind. Sonderpädagogik fordere eine hochkomplexe Didaktik, die<br />
individuell auf das Kind zugeschnitten werden müsse. Ein guter Unterricht hänge<br />
also mit einer guten Ausbildung und dem passenden pädagogischen Umfeld für den<br />
jeweiligen Förderbedarf zusammen. Preuss-Lausitz beschreibt diese Aussage als<br />
unsinnig und veraltet, da ein erfolgreicher Unterricht an der Teamkompetenz der<br />
Lehrer und der Zusammenarbeit mit den Eltern liege. Seiner Ansicht nach lernen<br />
Kinder zudem am besten von anderen Kindern. Somit bräuchten gerade die<br />
beeinträchtigten Kinder andere Mitschüler, von denen sie lernen können. In diesem<br />
Zusammenhang macht er die Bemerkung, dass nur zwei Prozent aller Förderschüler<br />
einen mittleren Schulabschluss machen, da sie niemanden haben, von dem sie etwas<br />
lernen können. Nach Stöppler müssen jedoch erst einmal die notwendigen<br />
Bedingungen geschaffen werden, um von Inklusion und einem besserem Erfolg der<br />
Schüler sprechen zu können. Preuss-Lausitz hingegen fordert sofortige Änderung<br />
und hält nicht viel von einem immer nur in der Theorie gesprochenem „Umbau“.<br />
Ulf Preuss-Lausitz beschwert sich über den steigenden Ausbau von Sonderschulen.<br />
Thomas Stöppler erwidert <strong>hier</strong>, dass dies an der zunehmenden Zahl der schwer<br />
mehrfach Behinderten liegt, die nur aufgrund der Medizin überleben können. Auch<br />
die Zahl psychisch Kranker nehme aufgrund der schwierigen sozialen Umstände zu.<br />
Preuss-Lausitz unterstellt in diesem Zusammenhang, dass die Sonderpädagogen<br />
allein den sonderpädagogischen Förderbedarf festlegen und aus eigenem Interesse<br />
meist den Unterricht in ihrer Schule sichern. Daraufhin erwidert Stöppler, dass dies<br />
schon lange nicht mehr der Fall sei, da nun mehrere Lehrer und Eltern einen<br />
wichtigen Teil bei der Entscheidung beitragen. Des Weiteren habe er schon viele<br />
Kinder an eine Regelschule überwiesen, wenn er mit gutem Gewissen sagen konnte,<br />
dass das Kind dort die nötige Unterstützung bekommt. Aber es werden nie alle<br />
Schüler die nötige Förderung in einer solchen allgemeinen Schule bekommen<br />
können. Diese Schüler kommen dann seiner Meinung nach auf Dauer an die<br />
privaten Schulen in der Umgebung. Der ehemalige Sonderschulleiter sagt, dass<br />
viele beeinträchtigte Kinder mit ihrem Schicksal in einer „normalen Schule“ nicht<br />
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