Anspannung vor jeder nachricht - Literaturmachen
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Seite 20 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Bulletin N– o 05 – Zeitung für Reportagen – Literaturhaus Stuttgart und Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart – Schuljahr 2010/2011 Seite 21<br />
Fortsetzung von Seite 19<br />
Das Spannendste an seinem Job war eindeutig<br />
diese Planung. Einen bestimmten Tagesablauf<br />
gibt es nicht: „Ich bin hier in der Angebotsplanung<br />
dafür zuständig, unser Liniennetz permanent<br />
zu prüfen, zu verbessern und an geänderte<br />
Nachfragen anzupassen.“ Größere Änderungen<br />
werden meistens beim Fahrplanwechsel, also<br />
Mitte Dezember, durchgeführt, müssen jedoch<br />
schon im Juni beschlossene Sache sein. Das<br />
Netz 2011 stand bereits im März 2010 fest, danach<br />
erst wurden die genauen Fahrzeiten für<br />
jede Linie präzisiert.<br />
Auch das war eine Aufgabe Kellers: er musste<br />
jede einzelne Ankunfts- bzw. Abfahrtszeit neu<br />
bestimmen, bei allen U-Bahn-Linien und teilweise<br />
auch bei den Buslinien.<br />
Die Planung macht er noch oft einfach mit<br />
Hand, auf seinem Schreibtisch befindet sich<br />
z.B. ein Netzplan der Filderbusse (Region Filderstadt-Bernhausen),<br />
für die er, zusammen<br />
mit Bus und Stadtbahn in Stuttgart, ebenfalls<br />
zuständig ist. Bei der Planung der U-Bahn-<br />
Zeiten muss man ein wichtiges Prinzip beachten:<br />
Die Reihenfolge der Ankünfte der Bahnen<br />
muss gleich bleiben, damit man von bestimmten<br />
zu anderen Linien (besser) umsteigen kann.<br />
Dies ist ein festes Schema und darf nicht verändert<br />
werden. Das Ergebnis stellt die sogenannte<br />
„Netzspinne“ dar, die die Linienführung der<br />
Linien zeigt und an einer Haltestelle eine bestimmte<br />
Ankunfts-/Abfahrtszeit, ausgegangen<br />
von einem 10-Minuten-Takt.<br />
Florian Ellwanger<br />
ein Laden<br />
Schokolade<br />
Seit über 50 Jahren gibt es im Stuttgarter<br />
Westen schon das Schoko-Paradies, wo es von<br />
Schokolade und Süßigkeiten nur so wimmelt.<br />
Seit 1960 besteht bereits das Schoko-Paradies.<br />
Frau Schweigert und Frau Schneider arbeiten<br />
hier schon seit einigen Jahren. Der Laden wurde<br />
zu<strong>vor</strong> von den Eltern von Frau Schweigert<br />
gegründet.<br />
Um 9 Uhr morgens öffnet das Schoko-Paradies.<br />
Ein anfangs noch eher ruhiger Tag. Die Schicht<br />
beginnt aber schon um sechs Uhr. Bis bald die<br />
ersten Kunden hereinstürmen und sich noch<br />
schnell einen Kaffee kaufen. Um 13:30 Uhr<br />
kommt wieder ein großer Ansturm auf das<br />
Schoko-Paradies, die Schule ist aus. Dutzende<br />
von Kindern wollen jetzt ihr übriges Geld an<br />
der Süßigkeitentheke ausgeben – für Drachenzungen,<br />
Lutscher, Apfel- und Pfirsichringe und<br />
Saure Zungen. Die Kinder lieben diese Süßigkeiten<br />
und nehmen es in Kauf, manchmal 10<br />
Minuten in der Warteschlange zu stehen.<br />
An jener Netzspinne orientiert war es seine<br />
Aufgabe, neue Zeiten zu bestimmen. Allerdings<br />
arbeitet er nicht nur handschriftlich, sondern<br />
auch mit einem speziellen Computerprogramm,<br />
mit dem sich unter anderem auch beliebige Liniennetze<br />
erstellen lassen.<br />
2010 gab es für ihn zusätzlich noch eine Beschwernis:<br />
oft musste er bei verschiedenen<br />
Bezirksbeiräten oder Gemeinderäten das neue<br />
Netz präsentieren und kam danach erst gegen<br />
22 Uhr nach Hause.<br />
Zur bisherigen Akzeptanz des Netzes meint<br />
er: „Man muss sagen, alles in allem haben wir<br />
eine überschaubare Anzahl von Beschwerden<br />
gekriegt. Mit was wir noch ein Problem haben<br />
ist, dass sich nur die Leute melden, die sich beschweren<br />
wollen, die, denen man etwas Gutes<br />
getan hat, die melden sich nicht bei uns.“<br />
Er sagt, dass die Situation jetzt viel besser sei,<br />
bei der Umstellung habe man auch Kunden-<br />
umfragen berücksichtigt. Der wichtigste Aspekt<br />
ist immer noch die U6, sie ist auch der<br />
Grund für die Veränderung.<br />
„Das mit der U2/U4 war ein Mitnahmeeffekt.“<br />
Ohne die neue Strecke zum Fasanenhof wäre<br />
der Linienaustausch einfach zu aufwändig<br />
gewesen, allein wegen der Änderung der Liniennetzpläne.<br />
Herr Keller ist allerdings nicht am Ende seines<br />
Jobs: es sind neue U-Bahn-Erweiterungen geplant,<br />
<strong>vor</strong> allem auf der Linie U12. Das Interessanteste<br />
daran: Stuttgart 21 spielt eine ganz<br />
entscheidende Rolle.<br />
Um 14 Uhr ist auch dieser Ansturm der Schüler<br />
überstanden. Das Schoko-Paradies braucht<br />
selbstverständlich immer wieder neue Produkte,<br />
die auf sogenannten Schokoladenmessen <strong>vor</strong>gestellt<br />
und dann an Interessenten geliefert werden.<br />
Die Mandelsplitter aus eigener Herstellung<br />
sind die beliebtesten unter den Pralinen. In den<br />
Saisonzeiten Ostern und Weihnachten werden<br />
auch immer neue ausgefallene Kreationen <strong>vor</strong>gestellt.Im<br />
Schoko-Paradies gibt es auch völlig<br />
unterschiedliche Preisklassen. Zum Beispiel kostet<br />
eine billige Schokoladentafel einen Euro, im<br />
Vergleich zu einer edlen zum Beispiel von Lindt<br />
bis zu 4 Euro. Bis <strong>vor</strong> Kurzem stand das Schoko-Paradies<br />
am Hölderlinplatz an der Schwab-<br />
Vieles erledigt Joachim Keller handschriftlich,<br />
doch komplizierte Streckenplanungen macht er<br />
mit Hilfe von spezieller Software am Computer.<br />
Es war schon lang in Planung, eine Tunnelstrecke<br />
vom Hauptbahnhof zum Hallschlag zu bauen.<br />
Im April letzten Jahres wurde damit begonnen.<br />
Nur mal angenommen, Stuttgart 21 würde<br />
abgeblasen und K 21 gebaut, dann würde der<br />
Bund die Tunnelstrecke wegen des zu geringen<br />
Nutzens nicht finanzieren (für die SSB ist sie<br />
zu teuer) und man hätte einerseits eine Grube<br />
neben dem Bahnhof und andererseits ein nicht<br />
weiter zu entwickelndes Netz.<br />
Nach seiner persönlichen Meinung gefragt, zögert<br />
Keller keine Sekunde, überzeugt vertritt er<br />
die offizielle SSB-Position: „Ich bin prinzipiell<br />
für Stuttgart 21.“<br />
straße 195. Doch dem Schoko-Paradies wurde<br />
im alten Gebäude gekündigt, und deshalb musste<br />
es Ende April umziehen. Seit Anfang Mai<br />
2011 steht es jetzt aber in der Johannesstraße<br />
96. Die sonst eher glückliche Frau Schweigert<br />
ist sichtlich traurig über den Umzug, hat aber<br />
den Trost, dass das Schoko-Paradies weiterhin<br />
in der Nähe des Hölderlinplatzes bleibt.<br />
Am Nachmittag kommen Erwachsene, die kleine<br />
Osterkörbe für ihre Kinder füllen oder anderes<br />
für die Familie einkaufen. Die Belieferung<br />
kommt zum größten Teil aus der Region Stutt-<br />
gart. Für Frau Schweigert ist das Tollste an ihrem<br />
Job, dass sie so viele Kinder und Erwachsene<br />
glücklich machen kann.<br />
Im Laden gibt es eine große Auswahl an Schokoladentafeln, von preiswert bis etwas teurer.<br />
Kurz <strong>vor</strong> 18 Uhr kommen noch einmal die letzten<br />
Kunden, die kurz <strong>vor</strong> Ladenschluss noch<br />
schnell ein paar Dinge kaufen wollen, wie ein<br />
paar Pfund gemahlener Kaffeebohnen oder ein<br />
paar Pralinen. Um 18 Uhr schließt dann das<br />
Schoko-Paradies, doch der Tag von Frau Schweigert<br />
ist noch lange nicht zu Ende. Oft wird noch<br />
bis zwanzig Uhr gearbeitet, die Kasse gezählt,<br />
alle Schränke neu befüllt, neu dekoriert, alle<br />
Ostereier wieder in die richtigen Schachteln<br />
sortiert. Dann muss Frau Schweigert noch nach<br />
Möhringen zur eigenen Produktion und die Pralinen<br />
für morgen abholen, bis sie dann endlich<br />
nach Hause kann.<br />
Heute waren über 140 Kunden im Schoko-<br />
Paradies, das sind 40 mehr als im Durchschnitt,<br />
sagt sie. Es gibt hier im Schoko-Paradies aber<br />
nicht nur Schokolade und Pralinen, sondern<br />
Computersucht wird in unserem Leben ein<br />
immer heikleres thema. immer mehr Leute<br />
werden abhängig von Videospielen, Onlinerollenspielen<br />
und vom internet. Doch wie<br />
entstand das alles und was ist das eigentlich,<br />
Computersucht? Wir haben mit Dr. Jamil el<br />
Kasmi, Assistenzarzt an der universitäts-<br />
klinik in tübingen gesprochen.<br />
„Die Computersucht ist ein sehr junges und<br />
wenig erforschtes Phänomen, man weiß nicht<br />
genau, wie es angefangen hat, kann aber ungefähr<br />
sagen, womit es in Verbindung stand.<br />
Die Computersucht hat sich aus dem sich immer<br />
weiter entwickelnden Internet, mit immer mehr<br />
Möglichkeiten, zusammengestellt. 90% der Fälle<br />
zeigen Suchtverhalten nach Online-Rollenspielen<br />
auf und nur 10% für andere Spiele, soziale<br />
Netze oder Pornografie. Das lässt sich auch<br />
leicht erklären, denn die Online-Rollenspiele<br />
sind dazu konzipiert, immer weiterspielen zu<br />
wollen. Man will versuchen, die ,Highscores zu<br />
knacken‘ und immer besser zu werden. Viele<br />
ziehen sich auch einfach aus der realen Welt<br />
zurück, weil sie z.B. Probleme haben und in der<br />
Onlinewelt neue Leute treffen können. Dies ist<br />
eigentlich die Sucht nach Spielen.“<br />
Aber was führt eigentlich zur Sucht?<br />
„Meistens sind es mehrere Faktoren. Man<br />
spricht von drei Faktoren: Persönlichkeits-,<br />
Umwelt-, und biologischen Faktoren. Zu den<br />
Persönlichkeitsfaktoren zählt z.B., ob man ein<br />
offener Mensch ist oder sich lieber zurück zieht<br />
und gerne alleine ist oder gleich offen für etwas<br />
Neues ist oder lieber erst abwartet. Zu den<br />
Elia Lamott<br />
auch ausgefallene Dinge wie Bananen und Äpfel<br />
aus Marzipan, einen Geldkoffer mit Süßigkeiten<br />
gefüllt oder riesige Gummibärchen mit Schokoladenhosen.<br />
Frau Schweigerts größter Wunsch<br />
ist, dass der Betrieb einmal von ihrer Tochter<br />
übernommen wird. Das Schoko-Paradies ist wie<br />
ein kleiner Tante Emma-Laden, hier wird noch<br />
alles liebevoll verpackt, die Verkäuferinnen<br />
sind freundlich und haben sichtlich Spaß an ihrer<br />
Arbeit. Man hat außerdem kaum Zeitdruck<br />
in einem solchem Laden.<br />
Kurz gesagt, das Schoko-Paradies ist ein richtig<br />
schöner Laden, so wie man ihn sich <strong>vor</strong>stellt.<br />
Ein Einkauf beim Schoko-Paradies lohnt sich<br />
immer, egal ob für Groß oder Klein, man darf<br />
einen solchen Laden nicht neben all den großen<br />
Firmen untergehen lassen. Denn wer mag schon<br />
keinen Laden voller Schokolade?<br />
nicht <strong>jeder</strong> Computerspieler<br />
ist gleich suchtgefährdet<br />
Ein Interview mit einem Experten für Computersucht<br />
Umweltfaktoren zählt, welchen Freundeskreis<br />
man hat, ob man anerkannt wird oder ob man<br />
belastet wird. Die biologischen Faktoren kennt<br />
man bei der Computersucht nicht, da sie z.B.<br />
bei den Drogen mit dem körperlichen Befinden<br />
zu tun haben und diese bei der Computersucht<br />
schwer zu erforschen sind.“<br />
Aber wie bemerkt man eigentlich, dass man süchtig<br />
ist und ab wann ist man eigentlich süchtig?<br />
„Nun, meistens bemerken die Leute das nicht<br />
selbst, sondern ihre Mitmenschen, wie die Familie<br />
oder Freunde. Da diese Sucht noch kaum<br />
erforscht ist, gibt es eigentlich keine festgelegten<br />
Anzeichen, aber es gibt Vermutungen<br />
und auch eine Art Richtlinie, ab wann man<br />
süchtig ist. Diese nennt sich ICD-10. Mögliche<br />
Anzeichen wären z.B. über vier Stunden am Tag<br />
und am Stück Videospiele spielen oder am Computer<br />
sitzen, die Arbeit jedoch wird ausgenommen.<br />
Andere Dinge zu vernachlässigen, die man<br />
früher mochte, ist auch ein Anzeichen dafür<br />
oder, wenn Schwierigkeiten auftreten, finanziell,<br />
familiäre, in der Schule oder in der Arbeit.<br />
Weitere Anzeichen sind Entzugssymptome,<br />
wenn man es nicht mehr ‚ohne’ aushalten kann,<br />
wenn man übermüdet, gereizt oder gestört ist.“<br />
Aber ab wann ist man dann eigentlich süchtig?<br />
„Die Norm ICD-10 gibt <strong>vor</strong>, wenn man in einem<br />
Jahr drei Vorgaben erreicht hat, gilt man als<br />
süchtig. Bei weniger als drei im Jahr spricht<br />
man von Missbrauch und bei mehr auch von<br />
Missbrauch oder riskantem Konsum. Die Vorgaben<br />
sind Verlangen, immer mehr spielen zu wollen,<br />
Verlust der Kontrolle, Entzugssymptome,<br />
wenn man gereizter, aggressiver, depressiv wird<br />
Vor allem die kleinen Süßigkeiten,<br />
die einzeln verkauft werden, stehen bei den<br />
ganz jungen Kunden hoch im Kurs.<br />
oder sogar weder Freude noch Trauer verspürt<br />
oder Vernachlässigung anderer Aktivitäten.<br />
Wenn drei dieser Vorgaben erreicht sind, gilt<br />
man als abhängig.“<br />
Wie kann man testen lassen, ob man abhängig<br />
ist?<br />
„Man kann z.B. in so genannte Suchtberatungsstellen<br />
gehen und es dort testen lassen.“<br />
Was tun, wenn man abhängig ist?<br />
„Man sollte auf jeden Fall versuchen, Hilfe zu<br />
finden und zur Suchtberatung gehen und auch<br />
alleine versuchen, wieder alte Aktivitäten aufzunehmen,<br />
die man vielleicht vernachlässigt<br />
hat. Man sollte auch nicht direkt versuchen<br />
mit dem Spielen aufzuhören, sondern auch wie<br />
beim Rauchen, immer weniger zu spielen oder<br />
ins Internet zu gehen.“<br />
Welche Konsequenzen können entstehen, wenn<br />
man sich nicht beraten lässt?<br />
„Es könnten gesundheitliche Schäden entstehen.<br />
Eine Studie hat bewiesen, dass Computerabhängige<br />
Vitamin-D-Mangel haben, da sie<br />
zu wenig ans Sonnenlicht gehen. Außerdem<br />
können schulische Probleme oder berufliche<br />
Schäden auftreten, finanzielle Probleme, soziale<br />
Probleme oder sogar juristische Probleme,<br />
z.B. werden Rechnungen nicht mehr gezahlt,<br />
weil sie nicht mehr beachtet werden.“<br />
Welche Altersgruppen sind besonders gefährdet<br />
und bei welchen tritt es am häufigsten auf?<br />
„Es sind besonders die jungen Leute gefährdet,<br />
da sie noch für ihre ganze Zukunft sorgen müssen<br />
und in der Schule gut sein sollten, die Computersucht<br />
kann das sehr gefährden. Es tritt<br />
auch genau bei diesen Leuten am häufigsten<br />
auf, <strong>vor</strong> allem bei den jungen Erwachsenen, weil<br />
diese auch eine gewisse Vorlaufszeit haben, da<br />
so eine Sucht nicht innerhalb eines Jahres entsteht.“<br />
Aber was ist eigentlich das gesunde Maß an solchen<br />
Spielen oder am Internet?<br />
„Ein gesundes Maß darf nicht über vier Stunden<br />
am Stück, Spielen oder ins Internet gehen,<br />
hinausreichen. Sobald Kommunikation fast nur<br />
noch über das Internet oder per SMS stattfindet,<br />
ist das gesunde Maß überschritten.“