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Ausgabe herunterladen - Die Wirtschaft - Neue Osnabrücker Zeitung

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Mit dem Ausbau der Emslandau-<br />

tobahn (A 31) setzte die Region<br />

bereits ein bis heute bundesweit<br />

einzigartiges Finanzierungsmo-<br />

dell um. Jetzt will das Emsland<br />

im Schulterschluss mit dem<br />

Landkreis Cloppenburg ein wei-<br />

teres verkehrspolitisches Mam-<br />

mutprojekt stemmen, um damit<br />

zur europäischen Drehscheibe zu<br />

werden. <strong>Die</strong> Europastraße 233<br />

verbindet schon heute als euro-<br />

päische West-Ost-Tangente die<br />

Autobahnen A31 und A1. <strong>Die</strong> bei-<br />

den Landkreise wollen die Trasse<br />

auf 83,5 Kilometern vierspurig<br />

ausbauen.<br />

Beide Kommunen versprechen<br />

sich davon weitere starke wirt-<br />

schaftliche Impulse. So plant die<br />

Stadt Cloppenburg bereits den<br />

Ausbau ihres 200 Hektar großen<br />

florierenden Industrie- und Ge-<br />

werbegebietes Emstekerfeld am<br />

Drehkreuz E233/A 1.<br />

Aber auch im Emsland wollen<br />

Kommunen wie Meppen, Herzla-<br />

ke und Haselünne zusätzliche<br />

Unternehmen ansiedeln. Der Ha-<br />

selünner Bürgermeister Werner<br />

Schräer plant, gleich zwei ganz<br />

neue Gewerbe- und Industriege-<br />

biete inder Stadt selbst und der<br />

Ortschaft Flechum auszuweisen.<br />

„Aber auch die bestehenden Be-<br />

triebe brauchen die schnelle<br />

Straßenverbindung, umzuihren<br />

Kunden und Baustellen in<br />

Deutschland und Europa zu<br />

kommen“, betont Schräer.<br />

Gerade die Emsländer wissen<br />

um die wirtschaftliche Bedeu-<br />

tung einer guten Infrastruktur.<br />

Bis in die 1990er-Jahre zwängten<br />

sich gerade die Lastwagen über<br />

die engen Bundesstraßen. Der<br />

Bau der Emslandautobahn A31<br />

in Nord-Süd-Richtung schritt nur<br />

im Schneckentempo voran.<br />

Der endgültige Lückenschluss<br />

war imBundesverkehrswegeplan<br />

für 2020 vorgesehen. Solange<br />

wollte die deutsch-niederländi-<br />

sche Grenzregion jedoch nicht<br />

warten. ImRahmen einer einzig-<br />

artigen grenzüberschreitenden<br />

Spendenaktion von Privatleuten,<br />

Unternehmen und Kommunen<br />

kamen damals stattliche 53,7 Mil-<br />

lionen Euro zusammen. Damit<br />

erfolgte der Lückenschuss der<br />

Autobahn bereits Ende 2004.<br />

Demgegenüber ist die Summe,<br />

die die beiden Landkreise dieses<br />

Mal aufbringen müssen, fast<br />

schon bescheiden. Rund sieben<br />

Millionen Euro wollen die beiden<br />

Kommunen zu den Gesamtkos-<br />

ten von rund 500 Millionen Euro<br />

beisteuern. Trotzdem betreten<br />

die Landkreise mit diesem Mam-<br />

mutvorhaben erneut verkehrspo-<br />

litisches Neuland.<br />

Obwohl der vierspurige Aus-<br />

bau im europäischen und Bun-<br />

desverkehrswegeplan fest veran-<br />

kert ist, drohte – wie einst bei<br />

der Emslandautobahn –ein zeit-<br />

licher Verzug. Erneut nahm man<br />

das Heft des Handelns selbst in<br />

die Hand. Während üblicherwei-<br />

se eine autobahnähnliche Trasse<br />

von Landes- oder gar Bundesäm-<br />

tern geplant wird, sind indiesem<br />

speziellen Fall die beiden Land-<br />

kreise Emsland und Cloppenburg<br />

als Planfeststellungsbehörden<br />

zeitlich sehr ambitioniert selbst<br />

unterwegs. Bis zum Juni dieses<br />

Jahres wollen sie den Verkehrs-<br />

ministerien in Hannover und<br />

Bonn alle Ausbauentwürfe für<br />

die Trasse zwischen Meppen und<br />

Emstek vorlegen. <strong>Die</strong> ersten acht<br />

dicken Aktenordner für ein elf<br />

Kilometer langes Teilstück wur-<br />

den bereits im Rahmen eines<br />

Festaktes übergeben.<br />

<strong>Die</strong> beiden Landräte Reinhard<br />

Winter (Emsland) und Hans<br />

Eveslage (Cloppenburg) halten<br />

den vierspurigen Ausbau für al-<br />

ternativlos und zwingend not-<br />

wendig. <strong>Die</strong> Europastraße 233 ist<br />

die direkte transeuropäische<br />

Straßenverbindung der Wirt-<br />

schaftsregionenAntwerpen/Rot- terdam/Amsterdam sowie Bre-<br />

men/Hamburg, Skandinavien<br />

und dem Baltikum. <strong>Die</strong>s lässt<br />

sich an den internationalen Au-<br />

tokennzeichen der Brummi-Ko-<br />

lonnen auf der E233 sehr gut ab-<br />

lesen.<br />

In Cloppenburg befahren täg-<br />

lich 21000 Autos, davon 5330<br />

Lastwagen, die Straße. Nach Pro-<br />

gnosen des Bundesverkehrsmi-<br />

nisteriums wird der Anteil des<br />

Schwerlastverkehrs bis 2025 auf<br />

über 50 Prozent ansteigen. Trotz<br />

der enormen Belastung dieser<br />

Transittrasse ist die E 233 eine<br />

der ganz wenigen Europastraßen,<br />

die nicht vierspurig ausgebaut<br />

sind. Nach jetziger Planung soll<br />

der Baustart für die „neue Auto-<br />

bahn“ 2016 erfolgen. Der Lücken-<br />

schluss könnte 2025 erfolgen.<br />

Dabei hoffen die Landkreise dar-<br />

auf, dass private Investoren das<br />

500-Millionen-Euro-Vorhaben re-<br />

alisieren. Bei erwarteten Lkw-<br />

Mautgebühren von rund 40 Mil-<br />

lionen Euro pro Jahr würde sich<br />

die Investition schnell amortisie-<br />

ren.<br />

Wie sohäufig sind die Nieder-<br />

länder den Deutschen einen gro-<br />

ßen Schritt voraus. Sie haben die<br />

Europastraße (A37) auf ihrer Sei-<br />

te der Grenze schon vor Jahren<br />

vierspurig ausgebaut. Auf deut-<br />

scher Seite reichte es bis-<br />

her nur für den vierspurigen<br />

Ausbau der E233 von der Grenze<br />

bis zur Emslandautobahn auf<br />

einer Länge von 7,5 Kilometern<br />

für 19 Millionen Euro im Jahr<br />

2007.<br />

Ab der Anschlussstelle Mep-<br />

pen zwängt sich der Verkehr<br />

dann über die 83,5 Kilometer auf<br />

der schmalen E 233 bis nach<br />

Emstek zur Hansalinie (A1). Für<br />

den niederländischen Wethou-<br />

der (Beigeordneten) aus der<br />

Stadt Emmen, Bouke Durk<br />

Wilms, gibt es zum Ausbau keine<br />

Alternative: „So kurz vor dem<br />

Ende müssen wir das Projekt<br />

jetzt auch gemeinsam zu Ende<br />

führen“, sagt er.<br />

Gleichwohl gibt es gerade im<br />

Landkreis Cloppenburg durchaus<br />

Gegner des Großprojekts. Sie be-<br />

fürchten als Folge des Ausbaus<br />

eine Zunahme des Transitver-<br />

kehrs mit steigenden Belastun-<br />

gen für Mensch und Umwelt. <strong>Die</strong><br />

Projektverantwortlichen blicken<br />

sorgenvoll nach Hannover und<br />

fragen sich, ob die Grünen auf<br />

Landes- und nach der Bundes-<br />

tagswahl im September mögli-<br />

cherweise auch auf Bundesebene<br />

das Großprojekt noch kippen<br />

können.<br />

MEPPEN. <strong>Die</strong>Emsländer sind<br />

über dieRegionhinausdafür<br />

bekannt,dasssie notfalls auch<br />

wenigübliche, unorthodoxe<br />

Wege gehen.<br />

Landkreise kämpfenimSchulterschluss fürvierspurigen Ausbau —500-Millionen-Euro-Vorhaben<br />

Emsländerund Cloppenburgerplanen Europastraße<br />

VON HERMANN-J.MAMMES<br />

Niederlande<br />

„<strong>Die</strong> Betriebe<br />

brauchen<br />

die schnelle<br />

Verbindung.“<br />

Für den Ausbau: der Haselünner Bürger-<br />

meister Werner Schräer.<br />

8<br />

DONNERSTAG,21. FEBRUAR2013<br />

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Osna-<br />

gdes<br />

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ind<br />

So<br />

in<br />

Michael Wessels<br />

ndels werden kann<br />

d<br />

ehen wir es positiv: Bei der<br />

regionalen Tourismus-Ent-<br />

wicklung gibt es noch viel Luft<br />

nach oben. Schon jetzt ist der Tou-<br />

rismus ein Milliardengeschäft mit<br />

erheblicher Relevanz für die Wirt-<br />

schaftskraft. Nach Angaben der<br />

IHK sichert dieser <strong>Wirtschaft</strong>s-<br />

zweig vor Ort zudem das Einkom-<br />

men von 39 000 Menschen.<br />

Über 30Millionen Gäste kamen<br />

im vergangenen Jahr für einen<br />

(Tages-)Ausflug, schauten sich et-<br />

was an und verschwanden (leider)<br />

ganz schnell wieder. Das gilt für<br />

die großen und kleinen touristi-<br />

schen Leuchttürme der Region, zu<br />

denen beispielsweise das Varus-<br />

schlachtgelände in Kalkriese oder<br />

Schloss Clemenswerth inSögel<br />

zählen.<br />

Mehr Geld wird aber mit Besu-<br />

chern verdient, die bleiben. Das<br />

setzt eine attraktive Angebotspa-<br />

lette voraus, die Gästen schnell<br />

klarmacht, warum sich ein länge-<br />

rer Besuch in der Region Osna-<br />

brück/Emsland lohnt. So toll etwa<br />

die Ergebnisse beim Ausbau von<br />

Fahrradwegen und -routen auch<br />

sind –Rad fahren als Ausdruck ei-<br />

nes umweltverträglichen Touris-<br />

mus kann man an vielen Stellen in<br />

Deutschland, die aufgrund land-<br />

schaftlicher Reize eine höhere At-<br />

traktivität aufweisen.<br />

Städtemarketing ist gut, Regio-<br />

nalmarketing aber besser. Hoffent-<br />

lich setzt sich diese Philosophie in<br />

der Region durch. Hohes Potenzial<br />

steckt übrigens inder Landesgar-<br />

tenschau 2014, die inPapenburg<br />

stattfinden soll. Mit der Meyer<br />

Werft gibt esinder Stadt einen In-<br />

dustriegiganten, der jährlich jetzt<br />

schon fast 300 000 Besucher an-<br />

lockt –Selbstmarketing und Nach-<br />

wuchswerbung inklusive.<br />

Aus dem Projekt könnte ein<br />

weiterer touristischer Leuchtturm<br />

mit Langzeitwirkung entstehen.<br />

S<br />

KOMMENTAR<br />

TOURISMUS<br />

Leuchttürme<br />

VON BERTHOLD HAMELMANN<br />

WWW.DIEWIRTSCHAFT.NOZ.DE WÄHLERISCHEBANKEN: SEITEN 20/21 BÖRSE:TOPSUND FLOPS SEITE19<br />

Noch immer gilt: Solarstromist eine lohnende<br />

Investition. In die Z<br />

Ruhe, idyllische und leicht zu-<br />

gängliche Natur, gut ausgebaute<br />

Wander- und Radwege, staatlich<br />

anerkannte Kur- und Erholungs-<br />

orte, malerische Altstädte, gedie-<br />

gene Beherbergung und Gastrono-<br />

mie –dank solcher Zutaten könn-<br />

ten der Raum Osnabrück, das<br />

Emsland und die Grafschaft Bent-<br />

heim zuden Aufsteigern im Tou-<br />

rismusgeschäft gehören. „Eine Be-<br />

völkerung mit immer mehr älte-<br />

ren Menschen“, sagt der Volkswirt<br />

und Tourismus-Experte Gerd Ah-<br />

lert von der <strong>Osnabrücker</strong> Gesell-<br />

schaft für wirtschaftliche Struk-<br />

turforschung (GWS), „bietet In-<br />

landsregionen, die sich touristisch<br />

bisher eher schwertu<br />

Viele bet<br />

und Anstrengungen einer Aus-<br />

landsreise.<br />

Nach einem Tiefpunkt um die<br />

Jahrtausendwende gedeiht der<br />

deutsche Inlandstourismus seit ei-<br />

nigen Jahren wieder. 2011 stieg die<br />

Zahl der touristischen Übernach-<br />

tungen in Deutschland um 3,6<br />

Prozent auf rund 394 Millionen.<br />

Von einer „Renaissance der deut-<br />

schen Feriengebiete“ schreibt der<br />

Gesellschafts- und Freizeitforscher<br />

Ulrich Reinhardt von der Ham-<br />

burger Stiftung für Zukunftsfra-<br />

gen in seiner Tourismus-Analyse<br />

2012. Im vergangenen Jahr mach-<br />

te bereits jeder zweite Ruheständ-<br />

ler innerhalb Deutschlands Ur-<br />

laub. Hinter dem Trend zum In-<br />

landstourismus sieht Reinhardt<br />

neben dem demografischen Wan-<br />

del auch die immer kürzere Ur-<br />

laubsdauer, die eine schnelle An-<br />

und Abreise erfordert..<br />

Den stärksten Zulauf erlebte<br />

2011 mit einem Übernachtungs-<br />

wachstum von vier Prozent Bay-<br />

ern. Niedersachsen folgte laut Sta-<br />

tistischem Bundesamt hinter Ba-<br />

den-Württemberg und Nord-<br />

rhein-Westfalen mit plus 2,5 Pro-<br />

zent. Das sogenannte GEO-Gebiet<br />

(Grafschaft Bentheim, Emsland,<br />

<strong>Osnabrücker</strong> Land) steigerte sich<br />

im landesweiten Vergleich zwar<br />

um 1,3 Prozent auf rund 4,5 Milli-<br />

onen Übernachtungen. Doch es<br />

liegt hinter Aufsteigern wie der<br />

Region Hannover-Hildesheim mit<br />

9,3 Prozent und dem Weserberg-<br />

land mit 4,1 Prozent. Allerdings<br />

sind dort die Beherbergungsbe-<br />

triebe schwächer ausgelastet.<br />

Dennoch und trotz aller Vorzü-<br />

ge –verglichen mit Touristenmag-<br />

neten wie den bayerischen Alpen<br />

oder den Küsten von Nord- und<br />

Ostsee fällt das touristische Ange-<br />

bot der GEO-Region eher nüch-<br />

tern aus. Attraktionen natürlicher<br />

oder menschgemachter Art sind<br />

dünn gesät. „Gottgegebene Vortei-<br />

le für das Gebiet im Wettbewerb<br />

mit anderen Regionen sehe ich ei-<br />

gentlich nicht“, sagt Karl Born,<br />

Professor für Touristikmanage-<br />

ment an der Hochschule Harz in<br />

Wernigerode.<br />

Und der Teufel steckt imDetail.<br />

So bemängeln Born und Ahlert,<br />

dass Stadt und Landkreis Osna-<br />

brück sich im Internet touristisch<br />

weitgehend getrennt präsentieren<br />

–und dies im Falle der Stadt auch<br />

noch dröge und nutzerunfreund-<br />

lich. Born lobt aber auch Fort-<br />

schritte wie die kreisübergreifende<br />

Zusammenarbeit im Rahmen der<br />

GEO-Region, des Ems-Radweges<br />

und der Straße der Megalithkultur<br />

mit ihren Hünengräbern zwischen<br />

Osnabrück und Oldenburg.<br />

Großflächige regionale Koopera-<br />

tion ist inBorns Augen für das Os-<br />

nabrücker Land und das Emsland<br />

Pflicht. <strong>Die</strong> Tourismusinformati-<br />

onsstellen der Kommunen müss-<br />

ten unbedingt auch Auskunft über<br />

benachbarte Gegenden ge<br />

dert Born<br />

relativ neue Industrietou<br />

ne immer wichtigere R<br />

Musterbeispiel: die Besi<br />

gen der Meyer Werft in<br />

burg, die als touristischer<br />

turm über die regionalen G<br />

strahlt. Wirklich Geld verd<br />

lässt sich laut Born aber<br />

„wenn es den Kommunen ge<br />

so ein Highlight in ein Gesam<br />

gebot einzubinden, bei dem<br />

Gäste auch über Nacht bleiben“<br />

Der Bedeutung von Leuchttü<br />

men haben Osnabrück und Osn<br />

brücker Land nach Auffassung de<br />

GWS-Experten Ahlert zu spä<br />

Rechnung getragen: „Chancen,<br />

sich stärker zu profilieren, sind<br />

lange nicht genutzt worden.“ So<br />

habe die Stadt das Thema des in<br />

Osnabrück und Münster geschlos-<br />

senen Westfälischen Friedens lan-<br />

ge dem agileren Münster überlas-<br />

sen. „<strong>Die</strong> Region Osnabrück könn-<br />

te touristisch heute wesentlich<br />

weiter sein“, sagt Ahlert.<br />

VON WALTRAUD MESSMANN<br />

UND CHRISTIAN SCHAUDWET<br />

OSNABRÜCK/MEPPEN. Das Ems-<br />

land und das <strong>Osnabrücker</strong>Land<br />

haben, was die Touristen der<br />

Zukunft wollen. Aber um ihre<br />

Chance nutzen zu können, muss<br />

die Region noch viel tun.<br />

Im Bundesvergleich<br />

mangelt es der Region<br />

an Bekanntheit.<br />

Aktuelle<br />

Urlaubstrends können<br />

das Blatt wenden.<br />

Das touristische<br />

Potenzial bietet jede<br />

Menge Chancen.<br />

<strong>Die</strong> Kreuzfahrtschiffe der MeyerWerft tragen nicht nur Urlauber in dieWelt, der Bau der Ozeanriesen lockt auch Tausende vonBesuchern nach Papenburg. Der IndustrietourismusliegtimTrend. Foto: M<br />

Warum die Tourismusregion Osnabrück/Emsland zum Gewinner des demografischen Wandels werden kann<br />

Willkommen, Deutschland<br />

„Gottgegebene<br />

Vorteile für<br />

das Gebiet<br />

sehe ich nicht.“<br />

In Niedersachsen auf Platz Drei<br />

Übernachtungen in der GEO-Region* im Vergleich mit anderen Urlaubsgebieten 2011<br />

Nordsee (Niedersachsen)<br />

LüneburgerHeide<br />

GEO*<br />

Hannover/Hildesheim<br />

Harz<br />

12 395 368<br />

5969 106<br />

+0,2 %<br />

+2,7 %<br />

+1,3 %<br />

4534 330<br />

4238 815<br />

3285<br />

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ft<br />

weiter die Chefetagen<br />

bleiben!<br />

„Frauen werden<br />

viel zu selten<br />

auf Positionen<br />

für den Weg<br />

an die Spitze<br />

esetzt.“<br />

motionen kochen hoch, so-<br />

bald esumdie Frauenquote<br />

geht. Befürworter wie Gegner<br />

bringen mit Vehemenz ihre Argu-<br />

mente vor. Esmutet wie die Dis-<br />

kussion um das Tempolimit an. In<br />

ganz Europa gelten, sieht man von<br />

Ecken wie Malta oder Island ab,<br />

Geschwindigkeitsbegrenzungen.<br />

Auch bei der gesetzlich veranker-<br />

ten Frauenquote sind europäische<br />

Nachbarn vielfach weiter.<br />

Bei beiden Themen leistet sich<br />

Deutschland den Luxus, einen ei-<br />

genen Weg zugehen. Der Anteil<br />

von Frauen in Führungspositionen<br />

in der Privatwirtschaft stagniert<br />

nach Berechnungen des Deut-<br />

schen Instituts für <strong>Wirtschaft</strong>sfor-<br />

schung bei unter 30 Prozent.<br />

<strong>Die</strong> Bundesregierung lässt keine<br />

einheitliche Linie zur Frauenquote<br />

erkennen. Aus Berlin ist dazu<br />

nichts zu erwarten. Egal. Denn<br />

Frauen gelangen nicht aus Gerech-<br />

tigkeitsgründen in Führungsver-<br />

antwortung. Es bleibt eine Frage<br />

der Leistung. Und da gibt es keine<br />

Unterschiede zwischen den Ge-<br />

schlechtern. Demografischer Wan-<br />

del, Fachkräftemangel, Abwande-<br />

rung gut qualifizierter Arbeitskräf-<br />

te –allein diese Stichworte treiben<br />

Unternehmen derzeit Sorgenfalten<br />

auf die Stirn. Gute Zeiten für qua-<br />

lifiziertes Personal!<br />

Wer aber bietet flexible Arbeits-<br />

zeiten oder firmenspezifische Be-<br />

treuungsangebote für Kinder? Wer<br />

stemmt in Kooperation mit ande-<br />

ren Firmen diese Herausforde-<br />

rung?<br />

Ein mahnender Zeigefinger ist<br />

fehl am Platz. Denn der Markt be-<br />

straft falsche Personalentwick-<br />

lung. Unternehmen, die hier<br />

schlafmützig unterwegs sind, ver-<br />

lieren ihre Wettbewerbsfähigkeit<br />

und bleiben auf der Strecke.<br />

Mann oder Frau, diese Frage er-<br />

ledigt sich dann von ganz alleine.<br />

E<br />

VON BERTHOLD HAMELMANN<br />

KOMMENTAR<br />

FRAUENQUOTE<br />

Luxusproblem?<br />

Montage:Monika Wegmann<br />

ch immer gilt:Solarstrom ist eine lohnende<br />

Investition. In dieZukunft aller.<br />

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Schuld, sagen Kritikerinnen, sei<br />

die „gläsernen Decke“. Der Be-<br />

griff aus der Soziologie bezeich-<br />

net die unsichtbare Barriere, die<br />

Frauen am Aufstieg ins Spitzen-<br />

management eines Unterneh-<br />

mens hindert. Auch in der Regi-<br />

on Osnabrück-Emsland mit ihren<br />

Nachbarkreisen (Grafschaft Bent-<br />

heim, Leer, Vechta, Oldenburg,<br />

<strong>Die</strong>pholz, Verden) stoßen sich<br />

Frauen an dieser Decke den<br />

Kopf: Nur zehn Prozent der Vor-<br />

standsvorsitzenden,Geschäftslei- ter oder Filialdirektoren sind<br />

weiblich. „Viele Nachwuchsma-<br />

nagerinnen bleiben auf der mitt-<br />

leren Führungsebene hängen“,<br />

stellt Barbara Schwarze, Profes-<br />

sorin für Gender und Diversity<br />

Studies an der Hochschule Osna-<br />

brück, fest.<br />

Das ist ein Ergebnis der Studie<br />

„Frauen in Führung“, die Schwar-<br />

ze mit einer Forschungsgruppe<br />

der Hochschule und dem Aus-<br />

kunftsdienst Hoppenstedt Fir-<br />

meninformationen ausgewertet<br />

hat. <strong>Die</strong> Personalaufstellung von<br />

etwa 2500 Unternehmen im Er-<br />

hebungsgebiet mit 8300 Mana-<br />

gern haben die Wissenschaftler<br />

dafür untersucht. Ihr Fazit: Im<br />

Mittelmanagement stieg der<br />

Frauenanteil von knapp 16 Pro-<br />

zent im Jahr 2006 auf 24,2 Pro-<br />

zent im Jahr 2011 an. In den<br />

Chefetagen betrug der Zuwachs<br />

im gleichen Zeitraum jedoch le-<br />

diglich drei Prozent und lag im<br />

Jahr 2011 bei zehn Prozent. „Im<br />

Spitzenmanagement haben wir<br />

kaum Bewegung in den Ge-<br />

schlechterverhältnissen“,schluss- folgert Schwarze. Der Druck der<br />

öffentlichen Debatte um Frauen<br />

in Spitzenjobs habe die regiona-<br />

len, meist mittelständischen Fir-<br />

men noch nicht erreicht –anders<br />

als DAX-notierte Großkonzerne,<br />

die inzwischen umdenken wür-<br />

den.<br />

<strong>Die</strong>sen Eindruck kann Ursula<br />

Günster-Schöning von der Ems-<br />

ländischen Stiftung Beruf und<br />

Familie nur bestätigen. „Mir fal-<br />

len im Emsland nur zwei Frauen<br />

in Top-Führungspositionen in<br />

unseren mittelständischen Un-<br />

ternehmen ein“, sagt sie. Güns-<br />

ter-Schöning weiß, wovon sie<br />

spricht: Als Unternehmenscoach<br />

arbeitet sie eng mit regionalen<br />

Firmen zusammen und berät sie<br />

vor allem zur Frage, wie sich Fa-<br />

milie und Beruf für die Angestell-<br />

ten besser miteinander vereinba-<br />

ren lassen. Ihr Urteil ist ernüch-<br />

ternd: „Von der Normalität, dass<br />

Frauen in Führungspositionen<br />

selbstverständlich und flächende-<br />

ckend zufinden sind, sind wir im<br />

Emsland leider noch Lichtjahre<br />

entfernt.“<br />

Es sei ein Teufelskreis, der<br />

Frauen im Erhebungsgebiet bis-<br />

her noch von den Chefetagen der<br />

Unternehmen fernhalte, sagt<br />

Wissenschaftlerin Schwarze. „<strong>Die</strong><br />

Männerriegen an de<br />

spektiven auf die Top-Karrieren<br />

haben“, erklärt sie. Noch schwe-<br />

rer wiege aber, dass Posten häu-<br />

fig nach dem Ähnlichkeitsprinzip<br />

vergeben würden: „Wenn Män-<br />

ner jemanden für eine Führungs-<br />

position suchen, entscheiden sie<br />

sich meistens für einen Mann.“<br />

Hier sei grundsätzliches Umden-<br />

ken notwendig. „Firmen müssen<br />

sich gezielt dafür entscheiden,<br />

gehobene Positionen mit Frauen<br />

zu besetzen“, fordert Schwarze.<br />

<strong>Die</strong> Annahme „Gute Leute wer-<br />

den sich durchsetzen“ laufe vor<br />

diesem Hintergrund ins Leere:<br />

„Bisher werden Frauen viel zu<br />

selten auf die wichtigen Schlüs-<br />

selpositionen für den Weg indie<br />

Top-Karrieren gesetzt –das ma-<br />

chen die Ergebnisse der Studie<br />

sehr deutlich.“<br />

Schwarze ist sich sicher, dass<br />

der Fachkräftemangel die Firmen<br />

im Erhebungsgebiet auf lange<br />

Sicht unter Druck setzen und<br />

zum Umdenken zwingen wird.<br />

„Es ist bereits heute absehbar,<br />

dass sie die notwendige Anzahl<br />

an Wunschkandidaten nicht<br />

mehr ohne Weiteres in der Regi-<br />

on finden oder dauerhaft binden<br />

können“, sagt die Wissenschaftle-<br />

rin. „Daher täten die Unterneh<br />

men<br />

Weibliche Karrieren<br />

enden oft ander<br />

„gläsernen Decke“.<br />

Nur auf der mittleren<br />

Ebene werden die<br />

Frauen zahlreicher.<br />

Das Risiko im<br />

Wettbewerb um<br />

Fachkräfte steigt.<br />

Geschlossene Gesellschaft<br />

VON FRANZISKA HOLTHAUS<br />

OSNABRÜCK/MEPPEN. Eine Frau<br />

auf dem Chefsessel –inden<br />

Unternehmen des Raums Osna-<br />

brück-Emsland ist das immer<br />

noch ein sehr seltenes Bild.<br />

Weibliche Nachwuchskräfte<br />

lesen daraus: In dieser Firma<br />

kannst du nicht aufsteigen.<br />

Der Frauenanteil im Top-Management derRegion stagniert –Männer dominieren weiter die Chefetagen<br />

Quelle: Hochschule Os<br />

Kaum Frauen an der Spitze<br />

Frauen im Topmanagement in der Region (Angaben in Prozent)<br />

2006 2007 2008 2009<br />

7,0<br />

8,2<br />

9,8<br />

10,0<br />

9,4<br />

10,0<br />

Wir müssen leider draußen bleiben!<br />

„Frauen werden<br />

viel zu selten<br />

auf Positionen<br />

für den Weg<br />

an die Spitze<br />

gesetzt.“<br />

Noch immer gilt: Solarstrom ist eine lohnende<br />

Stückkosten zu senken und seine<br />

Wettbewerbsfähigkeit zu steigern,<br />

muss immer mehr Geld in die<br />

Ob Futtergetreide oder Mais für<br />

die Energiegewinnung – runter<br />

vom Feld muss es immer. Lohnun-<br />

ternehmer Andreas Lührmann, der<br />

sich auf Erntearbeiten spezialisiert<br />

und damit Bauern die Anschaffung<br />

eigener Mähdrescher erspart, hat<br />

sein Auskommen. Aber auch der<br />

Herr über die Drescher spürt den<br />

Kostendruck. Wo der herkommt?<br />

„In der Liste der 100 reichsten<br />

Deutschen finden Sie keinen Land-<br />

wirt“, sagt der 50-Jährige. „Stattdes-<br />

sen Unternehmer aus dem Lebens-<br />

mittelhandel, die mit den Produk-<br />

ten der Landwirtschaft ihr Geschäft<br />

Lange hieß es, Landwirt zu sein,<br />

erfordere zu je einem Drittel Arbeit<br />

auf dem Feld, das Schreiben von<br />

Anträgen und findiges Kaufmanns-<br />

tum. In der Zukunft dürfte Letzte-<br />

res wichtiger werden.<br />

Illustration: Malte Christian<br />

Terhalle,Monika Wegmann<br />

AUSGABE 04/12<br />

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Auch Landwirtschaft ist ein knall-<br />

hartes Geschäft. Wachsen oder<br />

Weichen lautet die Devise. Kom-<br />

men noch politische Vorgaben ins<br />

Spiel, verschieben sich schnell Ge-<br />

wichtungen. Beispiel Biosprit. An-<br />

gesichts deutlich steigender Ge-<br />

treidepreise gibt es plötzlich neue<br />

Allianzen. Ob Bundesentwick-<br />

lungsminister Niebel (FDP), die<br />

Grünen, Greenpeace, Verbraucher-<br />

organisationen oder Kirchenver-<br />

treter –sie alle sprechen sich trotz<br />

EU-Vorgaben gegen den Biosprit<br />

E10aus.<br />

Folgen des immer noch gültigen<br />

Bekenntnisses der Bundesregie-<br />

rung zur Bioenergie, vor allem zur<br />

Biomasse für die Strom- und Wär-<br />

megewinnung in Biogasanlagen,<br />

zeigen sich auch in Niedersachsen.<br />

Der Maisbedarf für Biomasse und<br />

Tierfutter führte zu einer regel-<br />

rechten „Vermaisung“ von Teilen<br />

der Landschaft, ein Albtraum für<br />

Tourismusmanager.<br />

Landwirtschaft ist Teil unserer<br />

globalisierten Welt. <strong>Die</strong> gegenwär-<br />

tige Dürre inTeilen der USA etwa<br />

kennt klare Gewinner und Verlie-<br />

rer. Deutsche Getreidebauern pro-<br />

fitieren von steigenden Welt-<br />

marktpreisen. Ihnen kommt die<br />

diesjährige gute Ernte gerade<br />

recht.<br />

Futtermittel aber verteuern sich<br />

drastisch und stellen auch hiesige<br />

Zuchtbetriebe vor besondere Prob-<br />

leme. Ohne ausreichende Finanz-<br />

decke stellt sich schnell die Exis-<br />

tenzfrage.<br />

Viele, nicht kalkulierbare Fakto-<br />

ren prägen die Landwirtschaft.<br />

Das Wetter spielt dabei weiter die<br />

entscheidende Rolle, das Verbrau-<br />

cherverhalten eine andere. Solan-<br />

ge „billig“ bei Lebensmitteln den<br />

entscheidenden Kaufimpuls aus-<br />

löst, steht die Biolandwirtschaft<br />

recht einsam da.<br />

VON BERTHOLD HAMELMANN<br />

EDITORIAL<br />

LANDWIRTSCHAFT<br />

Globalisierung<br />

Sechs Männer eilen zuihren Mäh-<br />

dreschern, sechs Motoren heulen<br />

auf, <strong>Die</strong>selgeruch mischt sich in den<br />

Duft der Maissilage auf dem Hof.<br />

<strong>Die</strong> Nacht war kurz. Bis um halb<br />

vier haben die Fahrer von Lohnun-<br />

ternehmer Andreas Lührmann Rog-<br />

gen gedroschen, und schon rollen<br />

sie wieder hinaus auf die Felder um<br />

<strong>Neue</strong>nkirchen nordwestlich von Os-<br />

nabrück. Das Korn muss vom<br />

Acker, denn für morgen ist wieder<br />

Regen angesagt. „<strong>Die</strong> Landwirte<br />

checken die Vorhersagen perma-<br />

nent mit dem Smartphone“, sagt<br />

Fahrer Hubert Strößner. Der 50-<br />

Jährige ist gut gelaunt, trotz Schlaf-<br />

mangels. Seit 20 Jahren arbeitet er<br />

in der Ernte: „Das Geschäft wird<br />

immer hektischer.“ Wenn der Bauer<br />

ruft, müssen Lohnunternehmer mit<br />

ihren Maschinen starten. Möglichst<br />

sofort.<br />

Eigentlich können die Landwirte<br />

im Raum Osnabrück-Emsland mit<br />

der Ernte zufrieden sein. Ertrag<br />

und Qualität sind gut, die Preise<br />

hoch, und trotz des vielen Regens<br />

haben die meisten ihre Ernte recht-<br />

zeitig eingefahren.<br />

Dennoch sorgen sich die Bauern<br />

immer ärger um ihre Zukunft. Aus-<br />

gaben für Dünger, Technik und<br />

Sprit steigen, die Margen sinken.<br />

Fläche wird knapper und teurer. Ei-<br />

ne Tierschutz- oder Bauverordnung<br />

jagt die nächste. „<strong>Die</strong> immer schär-<br />

feren Auflagen bringen vor allem<br />

kleine Familienbetriebe<br />

in Bedrängnis“, sagt Mar-<br />

tin Andrees, Geschäfts-<br />

führer beim Hauptver-<br />

band des <strong>Osnabrücker</strong><br />

Landvolks. Seit etwa 20<br />

Jahren müssten jährlich<br />

bis zu vier Prozent der<br />

Betriebe aufgeben. „Wir<br />

rechnen damit, dass sich<br />

dieser Trend während<br />

der nächsten vier bis fünf<br />

Jahre beschleunigt“, sagt<br />

Andrees. Offenbar garan-<br />

tieren fast nur noch Mas-<br />

se und hohe Produktivi-<br />

tät das Überleben – die<br />

kleinen Höfe, die aufge-<br />

ben, werden von großen<br />

geschluckt.<br />

Dass das altehrwürdi-<br />

ge Gewerbe derart unter Druck ge-<br />

rät, geht nichtnur die Bauern etwas<br />

an. Denn obwohl die Agrarwirt-<br />

schaft im Landkreis Osnabrück di-<br />

rekt nur 2,4 Prozent zur Gesamt-<br />

bruttowertschöpfung beiträgt, vor-<br />

sorgen ihre Erzeugnisse den größ-<br />

ten Arbeitgeber im Landkreis, die<br />

Futter- und Nahrungsmittelindust-<br />

rie. Große Teile der Fleisch- und<br />

Milchproduktion werden in der Re-<br />

gionverarbeitet.<br />

Das Weser-Ems-Gebiet ist das<br />

Epizentrum der deutschen Fleisch-<br />

wirtschaft: „<strong>Die</strong> Viehdichte ist fast<br />

nirgends so hoch wie im Raum<br />

Vechta-Cloppenburg-Emsland und<br />

den angrenzenden Regionen Nord-<br />

rhein-Westfalens.“, sagt Andreas Le-<br />

ge von der Landwirtschaftskammer<br />

Niedersachsen. Drei Viertel aller<br />

Schweineschlachtungen in Nieder-<br />

sachsen finden hier statt. Ging es<br />

im Weser-Ems-Raum 2001 noch 8,6<br />

Millionen Schweinen an den Kra-<br />

gen, waren es 2011 bereits fast 15<br />

Millionen. Noch rasanter gewach-<br />

sen ist die Geflügelbranche: Weil<br />

die Masthähnchenställe des Gebie-<br />

tes immer mehr Fleisch ausstoßen,<br />

produziert Niedersachsen ein<br />

Mehrfaches seines eigenen Geflü-<br />

gelbedarfs.<br />

Kein Wunder, dass die Weizen-,<br />

Gerste- und Roggenernten der hie-<br />

sigen Landwirte fast vollständig in<br />

Futter verwandelt werden. Um 29<br />

Prozent hat die Mischfutterherstel-<br />

lung in Niedersachsen nach Berech-<br />

nung der Landwirtschaftskammer<br />

zwischen 2002 und 2011 zugelegt,<br />

die Schlachtmenge wuchs gar um<br />

57 Prozent.<br />

So flott aber wird die Viehbran-<br />

che wohl nicht mehr lange laufen.<br />

<strong>Die</strong> Grenze sei in Sicht, sagt der Os-<br />

nabrückerLandvolk-Geschäftsfüh- rer Andrees: „In spätestens 36 Mo-<br />

naten kommt die Tierhaltung hier<br />

ans Limit.“ Für weitere Ställe sei<br />

wegen vorgeschriebener Abstände<br />

zu Wohngebieten und anderer Im-<br />

missionsschutz-Vorgaben kaum<br />

noch Platz. Denn bei intensiver<br />

Viehhaltung entstehen Unmengen<br />

von Exkrementen und Gasen. Gülle<br />

landet meist als Dünger<br />

aufden Feldern.<br />

Den Dümmer, sagen<br />

Naturschützer, habe das<br />

beinah umgebracht. Phos-<br />

phathaltige Exkremente<br />

aus der Tierhaltung, her-<br />

eingespült durch den<br />

Fluss Hunte, gelten als<br />

Hauptursache für die Al-<br />

genplage in dem belieb-<br />

ten See südlich von <strong>Die</strong>p-<br />

holz vor einem Jahr. Al-<br />

genbrühe, tote Fische,<br />

fauliger Gestank – das<br />

teils unter Naturschutz<br />

stehende Gewässer war so<br />

gut wie am Ende.<br />

Ausweichgebiete, auf<br />

denen Tierhalter ihre Gül-<br />

le-Überschüsse loswerden<br />

könnten, gibt es nicht. Im Gegen-<br />

teil, die landwirtschaftliche Fläche<br />

schrumpft. <strong>Neue</strong> Großställe, Neu-<br />

baugebiete, Aufforstungsflächen,<br />

Straßenbau und auch die vielen<br />

neuen Biogas-Anlagen fressen Hek-<br />

tar um Hektar Ackerfläche. Kauf-<br />

und Pachtpreise steigen. Wer als<br />

Landwirt expandieren will, um<br />

Stückkosten zu senken und seine<br />

Wettbewerbsfähigkeit zu steigern,<br />

muss immer mehr Geld in die<br />

Hand nehmen.<br />

Ob Futtergetreid<br />

die Energiegewinnung – runter<br />

vom Feld muss es immer. Lohnun-<br />

ternehmer Andreas Lührmann, der<br />

sich auf Erntearbeiten spezialisiert<br />

und damit Bauern die Anschaffung<br />

eigener Mähdrescher erspart, hat<br />

sein Auskommen. Aber auch der<br />

Herr über die Drescher spürt den<br />

Kostendruck. Wo der herkommt?<br />

„In der Liste der 100 reichsten<br />

Deutschen finden Sie keinen Land-<br />

wirt“, sagt der 50-Jährige. „Stattdes-<br />

sen Unternehmer aus dem Lebens-<br />

mittelhandel, die mit den Produk-<br />

ten der Landwirtschaft ihr Geschäft<br />

machen.“<br />

Lange hieß es, Landwirt zu sein,<br />

erfordere zu je einem Drittel Arbeit<br />

auf dem Feld, das Schreiben von<br />

Anträgen und findiges Kaufmanns-<br />

tum. In der Zukunft dürfte Letzte-<br />

res wichtiger werden.<br />

NEUENKIRCHEN/OSNABRÜCK. <strong>Die</strong><br />

Landwirtschaft ist die Schlüs-<br />

selbranche der Region: Vonihr<br />

hängt der größte Arbeitgeber,<br />

die Lebensmittelindustrie, ab.<br />

VomProfit aberkommt bei vie-<br />

len Bauern wenigan. Sie ächzen<br />

unter hohen Kosten und müssen<br />

alles tun, um ihre Produktivität<br />

zu steigern. Immer mehr kleine-<br />

re Betriebe geben auf.<br />

VON CHRISTIAN SCHAUDWET<br />

<strong>Die</strong> Schlüsselbranche<br />

nähert sich ihrer<br />

Wachstumsgrenze.<br />

<strong>Die</strong> Achillesferse<br />

der Landwirtschaft ist<br />

der Mangel an Fläche.<br />

Viele Jobs in der<br />

Region hängen<br />

von den Bauern ab.<br />

PROFIT<br />

Spurt ins Ungewisse<br />

Landwirte müssen mit rasant steigenden Kosten und wachsenden Risiken<br />

fertig werden. Immer mehr kämpfen ums Überleben.<br />

Illustratio<br />

Terhalle,<br />

Landwirtschaft stützt Nahrungsindustrie<br />

Anteil Beschäftigter im Landkreis Osnabrück<br />

<strong>Die</strong> Nahrungs- und Futter-<br />

mittelindustrie istmit 9296<br />

Beschäftigten (9,3 Prozent) de<br />

größteArbeitgeber im Landkre<br />

Osnabrück 1 .Sie istangewiesen<br />

Güter,die vonnur 1799 (1,7Prozent) unmittelbar in<br />

der Landwirtschaft beschäftigten Menschen produziert werden.<br />

1) Insgesamt 104457 sozialversicherungspflichtig BeschäftigteimLandkreis Osnabrück<br />

1,7Prozent<br />

Quelle: Wirschaftsförderungsgesellschaft <strong>Osnabrücker</strong> Land · Grafik: <strong>Neue</strong> OZ/Michel<br />

mittelindustrie ist mit 9296<br />

Beschäftigten (9,3 Prozent) der<br />

) der<br />

größte Arbeitgeber im Landkreis<br />

dkreis<br />

. Sie ist angewiesen auf<br />

esenauf<br />

17Prozent<br />

9,3Prozent<br />

WWW.DIEWIRTSCHAFT.NOZ.DE REVOLUTION AUF DEM ACKER SEITE9 BÖRSE: TOPS UNDFLOPS SEITE 19 DONNERSTAG, 30.AUGUS<br />

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WWW.DIEWIRTSCHAFT.NOZ.DE UMFRAGE: ANRUF BEIM CHEF SEITE11 BÖRSE: TOPS UNDFLOPS SEITE24 AUSGABE 05/12<br />

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Der Duft bayerischer Brezeln<br />

durchweht Backstuben im indi-<br />

schen Goa, am Fuße des nepalesi-<br />

schen Annapurna-Massivs, im süd-<br />

afrikanischen Durban, im australi-<br />

schen Perth, in Los Angeles wie<br />

auch inLondon. Zahllose „German<br />

Bakeries“, deutsche Bäckereien,<br />

zeugen rund um den Erdball vom<br />

Nimbusdeutscher Backkunst.<br />

Doch essind nicht die Bäcker al-<br />

lein, denen das hiesige Handwerk<br />

sein Spitzenimage im Ausland ver-<br />

dankt. Weltgewandte Zimmerleute,<br />

Anlagenbauer und Elektrotechni-<br />

ker, auch aus dem Raum Osna-<br />

brück-Emsland, tragen kräftig dazu<br />

bei, und sie verdienen gut daran.<br />

Deutsche Expertise beim energieef-<br />

fizienten Bauen etwa ist europa-<br />

weit gefragt.<br />

Ebenso willkommen sind Ni-<br />

schenspezialisten: 30 Prozent sei-<br />

ner bis zu sechs Millionen Euro<br />

Jahresumsatz macht Kinderland<br />

Emsland Spielgeräte außerhalb<br />

Deutschlands, Tendenz steigend.<br />

<strong>Die</strong> in Geeste von Handwerkern ge-<br />

zimmerten und geschweißten<br />

Spielanlagen nehmen schon mal<br />

die Ausmaße einer kleinen Ritter-<br />

burg oder eines Miniaturdorfes an.<br />

Sie stehen in Freizeitparks in<br />

Frankreich, Zoos und Gartenaus-<br />

stellungen in den Benelux-Ländern,<br />

Schulen in Großbritannien und<br />

Spanien. Seinen Exportschlager,<br />

ein barrierefreies Spielplatzkarus-<br />

sell für Rollstuhlfahrer, hat Ge-<br />

schäftsführer Mario Hampel auch<br />

schon nach Israel, Russland, Singa-<br />

pur und Australien verkauft.<br />

Als kleiner Handwerksbetrieb<br />

den Markt so weit zudurchdringen<br />

ist Sisyphos-Arbeit, bedarf vor al-<br />

lem eines unermüdlichen Marke-<br />

tings. Hampel hetzt von Messe zu<br />

Messe, fährt 80000 Kilometer und<br />

fliegt etwa 30-mal im Jahr. „Hier<br />

f ktioniert<br />

werk, geknüpft auf Messen und im<br />

Branchenverband der Freizeitparks<br />

und Freizeitunternehmen, ist sein<br />

Kapital. Hier werden Kunden von<br />

nah und fern auf das 60-Mitarbei-<br />

ter-Unternehmen aufmerksam, das<br />

im In- wie im Ausland gegen we-<br />

sentlich größere und günstigere<br />

Wettbewerber antritt.<br />

Spielanlagen aus Geeste gehören<br />

zu den teuersten der Welt. <strong>Die</strong><br />

größte bisher im Ausland verkaufte<br />

Anlage kostete fast eine halbe Mil-<br />

lion Euro. Aber die Kunden wüss-<br />

ten eben um deren Verarbeitungs-<br />

qualität und Langlebigkeit, sagt<br />

Hampel. Deshalb sei jüngst auch<br />

ein australischer Händler auf ihn<br />

zugekommen –ein Rolli-Karussell<br />

aus Geeste dreht sich inzwischen in<br />

Melbourne.<br />

Wichtigstes Erfolgskriterium ne-<br />

ben Qualität, Ideenreichtum und<br />

Zuverlässigkeit ist in Hampels Au-<br />

gen der individuelle Zuschnitt:<br />

„Wenn wir Ware von der Stange<br />

machen würden, hätten andere uns<br />

längst überholt.“ Deshalb passt er<br />

seine Spiellandschaften gemeinsam<br />

mit Designern und Landschaftsar-<br />

chitekten oft lokalen Themen an:<br />

Eine Kletteranlage für den Außen-<br />

bereich eines Industriemuseums et-<br />

wa lieferten die Emsländer in Ge-<br />

stalt eines Hochofens, in dem Kin-<br />

der den Prozess des Stahlkochens<br />

Spielanlagen, die auch Menschen<br />

mit Behinderungen zugänglich<br />

sind: Kindern ebenso wie beglei-<br />

tenden Erwachsenen mit körperli-<br />

chen Gebrechen. „<strong>Die</strong> Bevölkerung<br />

in den Industrieländern wird im-<br />

mer älter“, so Hampel, „da müssen<br />

wir unsere Produkteanpassen.“<br />

Module gemeinsam mit Kunden<br />

zu entwickeln, im Unternehmen<br />

vorzuproduzieren und überall auf<br />

der Welt aufbauen zu können hält<br />

auch Hans-Jürgen Keil für den ent-<br />

scheidenden Wettbewerbsvorteil<br />

seines Unternehmens: „<strong>Die</strong> Vielfalt<br />

für die Nischen, die Maßschneide-<br />

rei, das ist unser Wettbewerbsvor-<br />

teil“, schwärmt der Geschäftsführer<br />

von Keil Anlagenbau in Hunteburg.<br />

Unverzichtbar dafür seien hand-<br />

werkliche Ausbildung und Erfah-<br />

rung. Beides gewährleiste die nöti-<br />

ge Flexibilität für Spezialaufträge.<br />

„Der Tank dort auf dem Hof geht<br />

morgen nach Brasilien.“ Das bau-<br />

chige Ungetüm wird Teil einer<br />

Kühlschrankfabrik, die ein Maschi-<br />

nenbauer dort errichtet. Fünf Keil-<br />

Handwerker werden sechs Wochen<br />

lang die Montage des Tanks und<br />

weiterer Teile koordinieren. Keils<br />

Spezialität sind Tanklager, Produk-<br />

tions- und Versorgungsanlagen,<br />

durch die Chemikalien etwa für die<br />

Klebstoff-, die Druckfarben- und<br />

dieAutoindustriefließen.<br />

Das 1973 als Ein-Mann-Hei-<br />

zungs- und Lüftungsbaubetrieb ge-<br />

gründete Unternehmen beliefert<br />

heute Großkunden wie BASF,<br />

Johnson Controls, TRW und Conti-<br />

nentalfast auf der ganzen Welt.<br />

Aber warum eigentlich in die<br />

Ferne schweifen, wenn doch hier-<br />

zulande die Konjunktur so laut<br />

brummt, dass viele Handwerksun-<br />

ternehmen sich in den vergange-<br />

nen Monaten vor Aufträgen kaum<br />

rettenkonnten?<br />

„Wenn man solche Nischenpro-<br />

dukte macht wie wir, sind die<br />

Märkte in der näheren Umgebung<br />

begrenzt“, sagt der 62-Jährige. „Un-<br />

sere Kunden arbeiten weltweit, da<br />

müssen wir mit.“ <strong>Die</strong> Firma in dem<br />

4000-Seelen-Städtchen erwirtschaf-<br />

tet einen Jahresumsatz von an die<br />

20 Millionen Euro und beschäftigt<br />

rund 130 Mitarbeiter. „Ohne das in-<br />

ternationale Geschäft wären wir<br />

viel kleiner“, sagtKeil. Zudem hätte<br />

sein Unternehmen nicht das<br />

Know-how ansammeln können,<br />

das ihm heute oft zum entschei-<br />

denden Vorsprung verhelfe. Doch<br />

von umtriebigen Internationalisten<br />

wie Hampel und Keil auf die ge-<br />

samte Handwerksbranche zu<br />

schließen, wäre falsch.<br />

Fortsetzung Seite 2<br />

OSNABRÜCK/GEESTE/HUNTEBURG.<br />

Nischen-Championsbringtim<br />

Raum Osnabrück-Emsland<br />

nicht nur die Industrie hervor.<br />

Innovative Handwerksbetriebe<br />

liefern weit über die Grenzen<br />

Europas hinaus. Forscher sehen<br />

darin die beste Versicherung ge-<br />

genKonjunktureinbrüche.<br />

Das Handwerk wird global<br />

VON CHRISTIAN SCHAUDWET<br />

Findige Unternehmen aus der Region erobern mit Pioniergeist den internationalen Markt<br />

In Singapur spielen<br />

Kinder auf Spielgeräten<br />

aus dem Emsland.<br />

In São Paulo baut<br />

man Kühlschränke mit<br />

Technik aus Hunteburg.<br />

Betriebe nutzen<br />

die fetten Jahre dazu,<br />

Neuland zu betreten.<br />

Als kleine<br />

Handwerksfirma<br />

in der Ferne<br />

Kunden zu<br />

gewinnen ist<br />

Sisyphos-Arbeit.<br />

In die weite Welt ziehenHandwerkerseit Jahrhunderten.Den Zimmermann Tim Knauer(r.,mit seinem Kollegen Peter Brusdeilins) ausOsnabrückführte dieTraditionderGesellenwan-<br />

derungbisinsamerikanischeMonumentValley.Auchganze UnternehmenausdemRaumOsnabrück-EmslanddrängenaufdenWeltmarkt. Foto:privat,Montage:<strong>Neue</strong>OZ/Michel<br />

<strong>Die</strong> Stimmung im Handwerk ist<br />

gut, die Auftragsbücher sind voll.<br />

<strong>Die</strong> Branche gibt sich trotz gesun-<br />

kener Konjunkturerwartungen<br />

selbstbewusst. „Vom Anstrich bis<br />

zur Zentralheizung, vom Apfel-<br />

strudel bis zur Zahnprothese“, so<br />

vermarktet sich das Handwerk als<br />

„<strong>Wirtschaft</strong>smacht von nebenan“.<br />

<strong>Die</strong> Aussage stimmt. Immerhin<br />

fast fünf Millionen Menschen ar-<br />

beiten in dieser Branche. Oft sind<br />

es Klein- und Mittelbetriebe, die<br />

vorrangig den lokalen und regio-<br />

nalen Markt im Blick haben.<br />

<strong>Die</strong> europäische Schuldenkrise<br />

schürt die Inflationsangst, und die<br />

spült dem Handwerk auch inun-<br />

serer Region Geld in die Kassen.<br />

Wegen der wirtschaftlichen Unsi-<br />

cherheit investieren viele Men-<br />

schen in Immobilien und damit<br />

oft in bessere Wärmedämmung, in<br />

ein neues Bad oder eine neue Kü-<br />

che. Im Gegensatz zur industriel-<br />

len Massenproduktion sind indivi-<br />

duelle Lösungen und Produkte<br />

Merkmale handwerklicher Stärke.<br />

Doch Ungemach droht. Fehlender<br />

qualifizierter Nachwuchs entwi-<br />

ckelt sich zu einer Achillesferse,<br />

wirkt als Wachstumsfalle.<br />

Auf dem Ausbildungsmarkt ist<br />

die Trendwende da. Mehr Lehr-<br />

stellen stehen immer weniger Be-<br />

werber gegenüber. Das wissen<br />

auch die Chefs von Handwerksun-<br />

ternehmen, die längst strategisch<br />

auf ein Engagement im Ausland<br />

setzen und händeringend nach<br />

Personal suchen. Mit der Auswei-<br />

tung ihrer Geschäftstätigkeit bil-<br />

den sie die Speerspitze der wirt-<br />

schaftlichen Entwicklung, arbeiten<br />

an der Zukunft ihrer Unterneh-<br />

mens, bieten sichere Arbeitsplätze,<br />

holen Know-how in die Region<br />

und sorgen dafür, dass die Re-<br />

densart „Handwerk hat goldenen<br />

Boden“ weiter Bestand hat.<br />

VON BERTHOLD HAMELMANN<br />

KOMMENTAR<br />

DAS HANDWERK<br />

Goldener Boden

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