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Download Linde Technology 1 | 2008 (PDF 2,5 - Linde Gas

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stehen selbst in hoch industrialisierten Ländern wie England nur<br />

wenige solcher Kammern zur Verfügung und eine wochenlange Nutzung<br />

wäre extrem teuer. Zum anderen würden sich für ein solches<br />

Experiment wohl nur wenige Freiwillige finden. Denn: Wer will sich<br />

schon wochenlang mit wildfremden Menschen in eine enge Kammer<br />

einsperren lassen – ohne eine Chance, sich irgendwann einmal<br />

zurückzuziehen? „Eine solche Studie wäre vielleicht für Psychiater<br />

interessant“, sagt Grocott leicht schmunzelnd, „für uns aber wenig<br />

hilfreich“.<br />

Eine Tour auf den Mount Everest dagegen bietet gleich in<br />

mehrfacher Hinsicht optimale Bedingungen. Mit zunehmender Höhe<br />

nimmt nicht nur der Sauerstoffgehalt der Luft kontinuierlich ab: Auf<br />

5.300 Metern Höhe beträgt er nur noch die Hälfte des Wertes auf<br />

Meereshöhe, am Gipfel sogar nur noch ein Drittel. Während des Aufstiegs<br />

konnten die Forscher auch kontinuierlich<br />

untersuchen, wie sich der Körper der Probanden<br />

„DIE SAUERSToFF-<br />

MENGEN IM BLUT<br />

SIND AUF DEM<br />

MoUNT EVEREST<br />

VIEL NIEDRIGER<br />

ALS ERWARTET.“<br />

nach und nach auf den Sauerstoffmangel einstellt<br />

und verändert.<br />

Nach Teilnehmern mussten die Forscher<br />

nicht lange suchen. Schon nach kurzer Zeit hatten<br />

sich mehr Interessierte gemeldet, als die Wissenschaftler<br />

mitnehmen konnten. Die glücklichen<br />

„Auserwählten“ – eine Gruppe von 200 Männern<br />

und Frauen im Alter von 18 bis 73 Jahren – durchliefen<br />

zunächst einen Tag lang mehrere Tests, um<br />

den Stoffwechsel ihres Körpers auf Meereshöhe<br />

zu bestimmen. Jeder der Probanden wurde dabei von Kopf bis Fuß<br />

durchgecheckt: Mit Hilfe spezieller Infrarotmessgeräte bestimmten die<br />

Forscher die Durchblutung des Gehirns und der Muskeln, sie maßen<br />

die Fließgeschwindigkeit des Blutes, prüften per Ultraschall die Funktion<br />

der Lungenarterien und setzen die Teilnehmer schließlich auf ein<br />

Ergometer, auf dem sie bis an ihre absolute Leistungsgrenze strampeln<br />

mussten.<br />

Für manch einen Hobby-Sportler unter den Teilnehmer war<br />

allein der Check auf dem Ergometer schon eine neue Erfahrung.<br />

„Ich ging schon damals drei bis vier Mal pro Woche ins Fitness-<br />

studio“, erzählt Greg McNeill, Public Relations Manager bei <strong>Linde</strong>,<br />

der als Versuchsperson ebenfalls an den Testreihen in England teilgenommen<br />

hat. „Erst durch die Studie habe ich aber erfahren, dass<br />

meine maximale Leistungsgrenze viel höher liegt, als ich dachte. Normalerweise<br />

pusht man seinen Körper einfach nicht so weit über die<br />

Komfortzone hinaus, dass man an diese Grenze herankommt“, so<br />

McNeill.<br />

Kurze Zeit später hieß es für alle „Caudwell Xtreme Everest“–<br />

Teilnehmer: auf nach Nepal, zum ersten „mobilen Labor“ in Kathmandu<br />

– 1.400 Meter über dem Meeresspiegel. Was wie eine entspannte<br />

Reise klingt, setzte jedoch auch logistische Höchstleistungen<br />

voraus. Denn für ihre Expedition brauchten die Forscher nicht nur Klei-<br />

auTOrIN:<br />

cornelia Stolze arbeitet als freie Wissenschafts- und Medizinjournalistin<br />

in hamburg und schreibt unter anderem für „zeit“, „Stern“ und<br />

„Süddeutsche zeitung“.<br />

mOuNT EVErEsT // LINDE TECHNOLOGY<br />

31<br />

dung, Zelte, Verpflegung und ein komplettes Set an bergsteigerischem<br />

Equipment. Sie mussten auch Ergometer, Messgeräte, Computer und<br />

die komplette Technik für alle medizinischen Untersuchungen in den<br />

Himalaja befördern. Insgesamt eine 26 Tonnen schwere Fracht von<br />

900 Containern, deren Inhalt zum Mount Everest zu befördern war.<br />

Außer in Kathmandu waren auch mobile Labore auf 3.400 Metern und<br />

4.200 Metern sowie am Basislager (5.300 Meter) zu errichten. „Das<br />

Schwierigste daran“, erzählt Mac Mackenny, im Team für die Logistik<br />

zuständig, „war sicherzustellen, dass jedes Teil am richtigen Ort landete.<br />

Wenn wir aus Versehen etwas ins Base Camp geschickt hätten,<br />

das in Kathmandu sein sollte, hätte es zwei Wochen gedauert, es<br />

zurückzuholen“.<br />

Doch die Logistik klappte – und wenige Wochen später kamen<br />

alle freiwilligen Expeditionsteilnehmer sicher im Basislager an. Hier<br />

untersuchten die Forscher – die fast zwei Wochen<br />

im Basislager verbrachten – erneut, wie sich Höhe<br />

und Sauerstoffmangel auf das Herz, die geistigen<br />

Funktionen sowie die Muskeln und das Blut der<br />

Teilnehmer auswirkten. Die Probanden hatten<br />

damit den höchsten Punkt ihrer Tour erreicht. Für<br />

Grocott, Montgomery und sieben weitere Forscher<br />

– allesamt erfahrene Bergsteiger, die in<br />

den vergangenen Jahren bereits mehrere Gipfel<br />

über 5.000 Meter erklommen hatten – begann<br />

hier jedoch der kniffligste Teil der Expedition, der<br />

Aufstieg zum höchsten Berg der Welt. Innerhalb<br />

weniger Tage mussten die Forscher nicht nur mit der extremen körperlichen<br />

Anstrengung fertig werden. Auf dem Weg zum Gipfel sollten sie<br />

an sich selbst weitere Messungen wie Blutprobenentnahmen und Muskelbiopsien<br />

vornehmen.<br />

Keine leichte Aufgabe. Denn spätestens in der so genannten<br />

Todeszone über 7.500 Metern heißt es für jeden Bergsteiger selbst<br />

mit Hilfe von zusätzlichem Sauerstoff: So schnell wie möglich auf- und<br />

wieder absteigen. Nur so lassen sich Schäden, die die lebensfeindliche<br />

Umgebung am menschlichen Körper anrichten kann, in Grenzen<br />

halten. Das außergewöhnliche Unterfangen glückte: Den Forschern<br />

gelang es, erstmals auf dem Gipfel des Mount Everest Blutproben zu<br />

entnehmen.<br />

Nach ihrer Rückkehr nach England stand den Forschern<br />

einer der wichtigsten Teile der Arbeit noch bevor. Sechs bis neun<br />

Monate, schätzt Grocott, wird es wohl dauern, bis die riesigen Mengen<br />

von Daten, die sie gesammelt haben, in eine Datenbank eingeflossen<br />

und noch Jahre, bis die Untersuchungen abschließend ausgewertet<br />

sind. Eines aber hat sich bereits in den ersten Analysen<br />

gezeigt: „Die Sauerstoffmengen im Blut sind in so extremen Höhen<br />

wie auf dem Mount Everest viel niedriger als wir je erwartet hätten,“<br />

verrät Hugh Montgomery. „Nach der gängigen Lehrmeinung<br />

hätte niemand diese Expedition überleben dürfen.“<br />

LINkS:<br />

www.caudwell-xtreme-everest.co.uk<br />

www.high-altitude-medicine.com<br />

www.linde-gastherapeutics.de

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