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Unterrichtsmaterial für die Tour de Müll (pdf, 2.5

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Station 1<br />

Bremer Eine Sortierbetriebe<br />

Geschichte zum Vorlesen<br />

Arbeitsblatt 1, Grundschule<br />

Altwarenhändler, Lumpensammler<br />

o<strong>de</strong>r Klüngelskerl ?<br />

von Else Klein<br />

Auf meiner Terrasse sitze ich und genieße <strong>de</strong>n<br />

schönen Sonnentag. Plötzlich höre ich von weitem Musik,<br />

eine ganz einfache Melo<strong>die</strong>, <strong>die</strong> sich immer wie<strong>de</strong>rholt.<br />

Langsam kommt <strong>de</strong>r Klang näher, und nun weiß ich auch,<br />

wozu <strong>die</strong>ses Lied gehört. Es ist <strong>de</strong>r Altwarenhändler, <strong>de</strong>r<br />

alle paar Monate mit seinem uralten rostigen klapprigen<br />

Lastwagen durch <strong>die</strong> Straßen fährt. Er nennt sich Altwarenhändler,<br />

<strong>de</strong>nn <strong>die</strong> alte Bezeichung Lumpensammler<br />

paßt nicht mehr so ganz, <strong>de</strong>nn Lumpen sammelt er heute<br />

nicht mehr. Die Töne kommen aus <strong>de</strong>r Kassette. Er fährt<br />

eigentlich viel zu schnell, <strong>de</strong>nn, wenn ich ihm etwas<br />

mitgeben wollte, müßte ich es schon bereit liegen haben.<br />

Wenn ich nur ein paar Minuten brauchte, um es zusammenzusuchen,<br />

wäre er längst über alle Berge.<br />

Während ich <strong>de</strong>n entschwin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Töne nachhorche,<br />

steigen Bil<strong>de</strong>r aus meiner Kindheit herauf. Die Straße, an<br />

<strong>de</strong>r unser Haus lag, war noch nicht gepflastert o<strong>de</strong>r<br />

geteert. Sie führte schnurgera<strong>de</strong> zum Nachbarort, und so<br />

konnten wir ihn schon früh ent<strong>de</strong>cken. Und dann hörten<br />

wir sein Flötenspiel, eine Melo<strong>die</strong>, <strong>die</strong> er aus einer ganz<br />

einfachen Flöte zauberte. Sein alter Gaul mühte sich<br />

oftmals, <strong>de</strong>n Wagen durch <strong>die</strong> aufgeweichte Straße zu<br />

ziehen. Auf <strong>de</strong>m Kutscherbock saß er, <strong>de</strong>r Klüngelskerl,<br />

wie er bei uns hieß, und auf <strong>de</strong>r La<strong>de</strong>fläche lag fein<br />

sortiert das, was er heute schon gekauft hatte: Eisen und<br />

an<strong>de</strong>re Metalle, Kleidung und Lumpen, wirklich Lumpen.<br />

Wenn wir Kin<strong>de</strong>r ihn von weitem kommen hörten,<br />

rannten wir ins Haus und bettelten unsere Mutter, uns<br />

etwas zu geben, was wir verkaufen könnten. Wenn ihr<br />

nicht gleich das Rechte einfiel, so halfen wir schon mal<br />

nach: "Ach Mama, das Kleid, mit <strong>de</strong>m ich letzte Woche im<br />

Stracheldraht hängengeblieben bin, hat eine Riesenloch.<br />

Das kann ich doch wirklich nicht mehr anziehen." Und<br />

schnell rannte ich damit zur Straße. Meine bei<strong>de</strong>n Brü<strong>de</strong>r<br />

stöberten in<strong>de</strong>ssen im Keller und Stall und fan<strong>de</strong>n immer<br />

etwas, von <strong>de</strong>m sie meinten, dass es entbehrlich sei. Da<br />

war es gut, dass Mama noch einmal alles begutachtete,<br />

<strong>de</strong>nn sonst wär wohl so manches brauchbare Teil auf<br />

<strong>de</strong>m Wagen gelan<strong>de</strong>t. Doch schließlich hatte je<strong>de</strong>r von<br />

uns dreien ein Stück, das er zu Geld machen wollte. Und<br />

schon war er da. Auf einer uralten Waage wog er alles,<br />

was ihm gebracht wur<strong>de</strong>, und dann wühlte er in seinem<br />

großen le<strong>de</strong>rnen Geldbeutel, <strong>de</strong>r voll war mit Kupfermünzen,<br />

und wir fieberten, wieviel wir wohl bekommen<br />

wür<strong>de</strong>n. Schon malten wir uns aus, welche Kostbarkeiten<br />

wir <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Erlös eintauschen könnten. Er hatte aber nur<br />

Kleingeld <strong>für</strong> uns, Kupferstücke, ein Ein-o<strong>de</strong>r Zweipfennigstück.<br />

Das Geldstück fest in <strong>de</strong>r Hand verschlossen stürzten<br />

wir dann gleich in <strong>de</strong>n Gemischwarenla<strong>de</strong>n gegenüber,<br />

wo auf <strong>de</strong>r Theke in <strong>de</strong>m durch <strong>die</strong> Bäume vor <strong>de</strong>m Haus<br />

immer dämmrigen Raum <strong>die</strong> Köstlichkeiten stan<strong>de</strong>n: Die<br />

Bonbongläser, gefüllt mit <strong>de</strong>n leckeren Dingen, Milchkaramellen,<br />

Himbeeren und Brombeeren, Sei<strong>de</strong>nkissen,<br />

Veilchenpastillen, Lakritz und Salmiakpastillen. Lange<br />

wählten wir aus. Wo<strong>für</strong> reichte <strong>de</strong>nn unser Schatz? Es fiel<br />

so schwer, sich zu entschei<strong>de</strong>n. Veilchenpastillen waren<br />

am billigsten, da gab es 2 Stück <strong>für</strong> einen Pfennig, doch<br />

<strong>für</strong> all <strong>die</strong> an<strong>de</strong>ren Bonbons mußte gleich 1 Pfennig pro<br />

Stück hingelegt wer<strong>de</strong>n. Salmiakpastillen waren beson<strong>de</strong>rs<br />

begehrt, doch <strong>die</strong> gab es nur in kleinen Tütchen,<br />

und waren gleich teurer. Doch davon hatte man immer<br />

etwas längere Zeit etwas, <strong>de</strong>nn wir klebten uns <strong>die</strong><br />

kleinen Rhomben zu einem Stern auf <strong>de</strong>n Handrücken,<br />

und dann leckten wir das ganze genüßlich ab. Das hielt<br />

einige Zeit, bis es ganz verzehrt war.<br />

In Gedanken stehe ich wie<strong>de</strong>r vor <strong>de</strong>n Bonbongläsern,<br />

spüre genau wie damals <strong>die</strong> Schwere <strong>de</strong>s Entschlusses,<br />

<strong>de</strong>r ja gleichzeitig <strong>de</strong>n Verzicht auf all <strong>die</strong><br />

an<strong>de</strong>ren schönen Dinge be<strong>de</strong>utete. Fast meine ich noch<br />

<strong>die</strong> Süße <strong>de</strong>r Sei<strong>de</strong>nkissen zu schmecken. Ganz genau<br />

sehe ich noch <strong>de</strong>n La<strong>de</strong>n vor mir, <strong>die</strong> Schubla<strong>de</strong>n mit<br />

Mehl, Zucker usw. <strong>die</strong> Tonnen mit Heringen, Sauerkraut<br />

und Rübenkraut. Ich könnte das ganze zeichnen, so<br />

lebendig ist alles, und das war vor fast 80 Jahren...<br />

Quelle: www.omi-schreibt.<strong>de</strong><br />

Herausgeber:<br />

Umweltbetrieb Bremen, Eigenbetrieb <strong>de</strong>r Stadtgemein<strong>de</strong> Bremen, Willy-Brand-Platz 7, 28215 Bremen<br />

Im Auftrag <strong>de</strong>s Senators <strong>für</strong> Umwelt, Bau, Verkehr und Europa<br />

<strong>Tour</strong> <strong>de</strong> <strong>Müll</strong><br />

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