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Unterrichtsmaterial für die Tour de Müll (pdf, 2.5

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Der erste Umweltberuf?<br />

Arbeitsblatt 6, Sek I<br />

Das Gewerbe <strong>de</strong>r Lumpensammler gibt es seit mehreren<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rten. Ihre Tätigkeit, <strong>die</strong> hauptsächlich in<br />

einer Altstoffauslese bestand, wur<strong>de</strong> in vielen Städten<br />

ausgeübt, am häufigsten in Paris. Seit <strong>de</strong>n Lumpensammlern<br />

von Paris von Ludwig <strong>de</strong>m Vierzehnten im Jahre<br />

1704 das Recht zur Altstoffauslese zugestan<strong>de</strong>n wor<strong>de</strong>n<br />

war, bestand in Paris eine Art Innung <strong>de</strong>r Lumpensammler,<br />

<strong>de</strong>r so genannten „Chiffonier“ mit guter Organisation,<br />

<strong>die</strong> auf Stan<strong>de</strong>sehre und Preise achteten.<br />

Der Pariser <strong>Müll</strong> wur<strong>de</strong> zumin<strong>de</strong>st dreimal, gewöhnlich<br />

aber viermal auf verwertbare Bestandteile durchsucht.<br />

Morgens sollte eigentlich <strong>de</strong>r Hausmeister <strong>die</strong><br />

<strong>Müll</strong>gefäße auf <strong>die</strong> Straße stellen. Dies besorgte aber an<br />

seiner Stelle ein Lumpensammler, <strong>de</strong>r da<strong>für</strong> als Entschädigung<br />

eine erste Sortierung vornehmen durfte. Danach<br />

kam ein zweiter Sammler, <strong>de</strong>r sich <strong>die</strong> <strong>für</strong> ihn noch interessanten<br />

Sachen heraussuchte. Als Dritter ist <strong>de</strong>r <strong>Müll</strong>kutscher<br />

zu erwähnen, <strong>de</strong>m eine weitere Auslese zustand.<br />

Die letzte Durchsuchung erfolgte dann durch <strong>de</strong>n<br />

Lumpensammler in einer Fabrik.<br />

In Paris war es erlaubt, <strong>die</strong> <strong>Müll</strong>gefäße auf offener<br />

Straße zu entleeren. Es wur<strong>de</strong> lediglich verlangt, dass <strong>die</strong><br />

Straße nicht verschmutzt wird. Erst ab 1914 schrieb ein<br />

Gesetz vor, dass <strong>die</strong> Straßensortierung auf einem ausgebreiteten<br />

Tuch zu erfolgen habe. Die Chiffoniers wohnten<br />

gewöhnlich unter traurigen Verhältnissen. Der<br />

Schlafraum <strong>de</strong>r Familie war meist zugleich auch <strong>de</strong>r<br />

Stapelraum <strong>für</strong> <strong>die</strong> ausgelesenen Abfälle. Gesammelt<br />

wur<strong>de</strong>n gewöhnlich Lumpen, das heißt Wäsche und<br />

Kleidungsstücke, Schuhe, Glasscherben, Metall, Knochen<br />

und alles, was irgendwie noch brauchbar und verkäuflich<br />

war. Dazu gehörten auch organische Nahrungsmittelabfälle,<br />

unter an<strong>de</strong>rem <strong>für</strong> Futterzwecke. Das Lumpensortieren<br />

wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n Hygienikern als gesundheitlich<br />

be<strong>de</strong>nklich eingestuft. Durch Lumpen sollen Pockenfälle<br />

in Papierfabriken eingeschleppt wor<strong>de</strong>n sein, Milz-brand<br />

trat beson<strong>de</strong>rs unter <strong>de</strong>n Lumpensortiererinnen in <strong>die</strong>sen<br />

Fabriken auf und <strong>die</strong> Sterblichkeit an Tuberkulose lag bei<br />

<strong>de</strong>n Lumpensammlern viel höher als bei <strong>de</strong>r übrigen<br />

Bevölkerung.<br />

Später verlagerte sich das <strong>Müll</strong>sortieren in <strong>de</strong>n<br />

meisten Städten auf <strong>die</strong> Deponien. Das wil<strong>de</strong> <strong>Müll</strong>sortieren<br />

und -auslesen war um <strong>die</strong> Jahrhun<strong>de</strong>rtwen<strong>de</strong><br />

auf <strong>de</strong>n europäischen <strong>Müll</strong>plätzen übliche Praxis. Nach<br />

Abla<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r <strong>Müll</strong>wagen auf <strong>de</strong>n abgelegenen <strong>Müll</strong>plätzen<br />

kamen Frauen heran, <strong>die</strong> <strong>de</strong>n Abfall sorgsam nach<br />

brauchbaren Dingen untersuchten und aussortiertes<br />

Material in Körbe und Säcke füllten. Diese Arbeiten<br />

wur<strong>de</strong>n von 6.00 bis 18.00 Uhr mit einer kurzen Mittagspause<br />

durchgeführt. Mit <strong>de</strong>n Frauen wühlten gewöhnlich<br />

Schweine im <strong>Müll</strong> nach Futter. Das ausgelesene Material<br />

musste entwe<strong>de</strong>r an <strong>die</strong> Stadtgemein<strong>de</strong>n abgeliefert<br />

wer<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r an Unternehmer, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Auslese gepachtet<br />

hatten. In Köln zahlte beispielsweise Anfang <strong>de</strong>s 20.<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rts ein Unternehmer jährlich 6000 Mark <strong>für</strong><br />

das Recht zur Auslese. Die Sortiererinnen erhielten nur<br />

Hungerlöhne <strong>für</strong> <strong>die</strong> mühsame und ekelerregen<strong>de</strong> Arbeit.<br />

Das ausgelesene Material kam dann ohne je<strong>de</strong> weitere<br />

Behandlung o<strong>de</strong>r hygienische Schutzmaßnahmen in <strong>de</strong>n<br />

Han<strong>de</strong>l.<br />

Aufgaben:<br />

1. Kann man Lumpensammler als einen Umweltberuf<br />

bezeichnen?<br />

2. Befragt ältere Menschen in Eurer Familie o<strong>de</strong>r<br />

Bekanntschaft, ob sie sich noch an Lumpensammler<br />

erinnern können und was <strong>de</strong>ren Tätigkeit war?<br />

3. Gibt es <strong>die</strong> beschriebenen Situationen heute noch<br />

irgendwo auf <strong>de</strong>r Welt?<br />

Herausgeber:<br />

Umweltbetrieb Bremen, Eigenbetrieb <strong>de</strong>r Stadtgemein<strong>de</strong> Bremen, Willy-Brand-Platz 7, 28215 Bremen<br />

Im Auftrag <strong>de</strong>s Senators <strong>für</strong> Umwelt, Bau, Verkehr und Europa<br />

<strong>Tour</strong> <strong>de</strong> <strong>Müll</strong><br />

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