Kunqu - Jecklin & Co. AG
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vergleichen. Als in lausanne aufgewach-<br />
sener, gebürtiger Amerikaner bestätigt<br />
er, dass «sich die Faszination der <strong>Kunqu</strong>-<br />
Oper mühelos auf Europäer überträgt.<br />
Dank ihres lyrischen Grundtons ist sie<br />
eine leicht zugängliche Form des chine-<br />
sischen Theaters.»<br />
Jahrhundertealte Traditionen …<br />
natürlich gibt es auch gravierende Unter-<br />
schiede zum europäischen Musiktheater.<br />
Während die italienische Oper als Versuch,<br />
das antike Drama wiederzubeleben,<br />
an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert<br />
von einer kleinen Gruppe<br />
Intellektueller erdacht wurde und sich<br />
erst mit der Eröffnung der ersten öffentlichen<br />
Opernhäuser in der Mitte des<br />
17. Jahrhunderts ein breiteres Publikum<br />
eroberte, so entwickelte sich die <strong>Kunqu</strong>-<br />
Oper aus verschiedenen populären Formen<br />
des chinesischen Theaters. Daher<br />
integrierte sie neben der Verbindung von<br />
Wort, Musik und Schauspiel von Anfang<br />
an auch Tanz und Akrobatik in ihre ebenso<br />
bunte wie abwechslungsreiche Darstellungsweise.<br />
Aufwendige Bühnenbilder,<br />
wie sie die europäische Oper seit dem<br />
17. Jahrhundert pflegt, kennt die <strong>Kunqu</strong>-<br />
Oper hingegen nicht. Daher kann ein<br />
Werk wie «Der Pfirsichblütenfächer» aus<br />
der letzten chinesischen Kaiserdynastie<br />
auch in einem Konzertsaal wie jenem der<br />
Zürcher Tonhalle ohne grössere szenische<br />
Einschränkungen gespielt werden.<br />
Ein weiterer gravierender Unterschied<br />
zum europäischen Theater besteht in<br />
den Traditionsformen der <strong>Kunqu</strong>-Oper.<br />
In ihrer 600-jährigen Geschichte hat sie<br />
zwar immer wieder zeittypische Stoffe<br />
mit aktuellen Bezügen zum leben der<br />
Menschen herausgebildet, das Verfahren<br />
einer Aktualisierung, wie sie das europäische<br />
Regietheater heute betreibt, ist ihr<br />
aber grundsätzlich fremd. Das liegt zu-<br />
nächst daran, dass sich chinesische<br />
Künstler weniger als Interpreten, sondern<br />
als Hüter der Werktradition verstehen.<br />
So zeichnet sich ein guter Darsteller<br />
der <strong>Kunqu</strong>-Oper nicht dadurch aus, dass<br />
er seiner Partie ein individuelles Profil<br />
verleiht; er sieht es vielmehr als seine Aufgabe<br />
an, hinter die Rolle zurückzutreten<br />
und ihren über die Jahrhunderte überlieferten<br />
Charakter möglichst unverfälscht<br />
und ohne Einbringung einer persönlichen<br />
note wiederzugeben.<br />
Das Traditionsbewusstsein der <strong>Kunqu</strong>-<br />
Oper ist aber auch darin begründet, dass<br />
ihre einzelnen Elemente in viel stärkerem<br />
Masse miteinander verzahnt sind,<br />
als das im westlichen Theater der Fall ist.<br />
Während sich die europäische Oper weitgehend<br />
darauf beschränkt, in einer Partitur<br />
das Verhältnis von Text und Musik zu<br />
fixieren, so sind in den mündlich tradierten<br />
Werken der <strong>Kunqu</strong>-Oper auch andere<br />
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