MITTEILUNGEN und BERICHTE - Staatliche Museen zu Berlin
MITTEILUNGEN und BERICHTE - Staatliche Museen zu Berlin
MITTEILUNGEN und BERICHTE - Staatliche Museen zu Berlin
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Weiter gibt es bei Falk <strong>und</strong> Dierking eine klare Trennung in "altes" <strong>und</strong> "neues<br />
Lernen". Altes Wissen ist die persönliche Bestätigung <strong>und</strong> Vergewisserung von<br />
schon vorhandenem Wissen. (Museums-)erinnerungen werden dabei abgerufen;<br />
Lernen ist die Übereinstimmung mit schon vorhandenen Wissen. 6 Für viele Jahre<br />
meinte man auch, dass Lernen nur durch Repetitionen angemessener Stimuli<br />
erfolgreich sei. 7<br />
In diesem Sinne ist Lernen wirklich ein konstruktives Vorgehen. 8 Im wörtlichen<br />
Sinne werden Erinnerungen aufgebaut <strong>und</strong> konstruiert aus schon vorhandenen<br />
Informationen. Die Erinnerung (<strong>und</strong> die Erwartung an einen Museumsbesuch) ist<br />
allein eine Komposition aus vorhergehenden Erinnerungen <strong>und</strong> persönlicher "Ge-<br />
schichte". Neues Lernen ist aber das Erwerben von neuem Wissen, <strong>und</strong> gerade<br />
dieses neue Wissen ist schwierig <strong>zu</strong> erklären. Am besten geschieht dies, wenn<br />
ein Individuum sich an neue Umstände anpassen muss <strong>und</strong> wenn die Umwelt<br />
einen da<strong>zu</strong> zwingt, mentale Vorverständnisse sich selbst als nicht haltbar ein<strong>zu</strong>-<br />
gestehen <strong>und</strong> sie <strong>zu</strong>gunsten einem "neuen Wissen" auf<strong>zu</strong>geben. 9<br />
Dies ist häufig schwierig, weil sich auch vorherige Fehlinformationen als hartnä-<br />
ckig erweisen. "Wirkliches Lernen" (also neues Lernen) kann also nur durch z.T.<br />
(der auf Außendarstellung ausgerichteten Zielgerichtetheit) weitaus wichtiger. Intrinsisch<br />
motivierte Menschen sind weitaus häufiger "meisterschaftsbezogen".<br />
6 Treinen (1996: 60) meint sogar, dass Besucher nur dann freiwillig auf die Kommunikationsangebote<br />
von Ausstellungsangeboten eingehen, wenn es auf der Besucherseite vorher<br />
kommunikative Vorerfahrungen <strong>und</strong> Objekterwartungen gibt. Das Eingehen auf Objekte<br />
ist nichts anderes als die Vergewisserung darüber, was man schon weiß. Bei den<br />
Besuchern sind "Entschlüsselungsakte eher auf assoziative Verarbeitungsvorgänge rückführbar<br />
(…), [auf] subjektive <strong>und</strong> private kommunikative Vorerfahrungen (…) [,was] <strong>zu</strong>sätzliche<br />
neue Lerneffekte nicht unbedingt fördert." (Treinen 1996: 65)<br />
7 Dass dies im Museum nicht stimmen muss, zeigen Doering, Bickford, Karns <strong>und</strong> Kindlon<br />
(1999) <strong>zu</strong> einer Ausstellung manipulativer Wirkungen von Landkarten auf. Obwohl die<br />
Hauptnachricht in allen Ausstellungsräumen wiederholt wurde (Landkarten sind manipulativ)<br />
erinnerten sich nur wenige Besucher später an diese Message.<br />
8 Siehe <strong>zu</strong>r Entwicklung <strong>und</strong> Gestaltung des konstruktivistischen Museums <strong>und</strong> des konstruktivistischen<br />
Lernens Hein (1995), Hein & Miles (1997) <strong>und</strong> Hein (2002).<br />
9 Diese Umwelt kann der Bekannten- oder Fre<strong>und</strong>eskreis sein. Treinen stuft "die Chancen<br />
<strong>zu</strong>r Vermittlung ungewohnter Inhalte ohne <strong>zu</strong>sätzliche kommunikative Unterstüt<strong>zu</strong>ng als<br />
äußerst gering" ein. Diese kommunikative Unterstüt<strong>zu</strong>ng kann nur durch einen "Bekanntenkreis<br />
mit gleichgerichteten, auf Museumsinhalte bezogenen Kommunikationsinteresse"<br />
stattfinden. Nur dann "bleibt die Möglichkeit, nachhaltige Objekterlebnisse mit<strong>zu</strong>nehmen<br />
oder im Nachhinein <strong>zu</strong> gewinnen." (Treinen 1996: 65, 1999) . Die Bedeutung dieses<br />
kommunikativen Anpassungsdrucks wird auch von Kirchberg (2005) <strong>und</strong> Piscitelli & Weier<br />
(2002) betont.<br />
40