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Juni 2012 - Niederlenz

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Dorfmuseum Saisoneröffnung<br />

Mit Sonderausstellung „Des Buchbinders<br />

Handwerk“ – von der Schriftenrolle und<br />

dem Beutelbuch zu den heutigen Buchformen.<br />

Wie immer erschien pünktlich zur Saisoneröffnung<br />

<strong>2012</strong> die Sonne, auch wenn dies<br />

vorher niemand zu hoffen gewagt hätte ...<br />

Oder besser gesagt: niemand ausser Yvonne<br />

Rodel, die Präsidentin der Museumskommission,<br />

welche ein besonderes Abkommen<br />

mit Petrus zu haben scheint. In ihrer Begrüssung<br />

informierte sie darüber, dass das<br />

abtretungswillige Leitungsteam sich bereit<br />

erklärt hat, bis Ende der Amtsperiode zu<br />

verbleiben, um in dieser Zeit für eine kompetente<br />

Nachfolge sorgen zu können. Allerdings<br />

hat die Kommission bereits tatkräftige<br />

Unterstützung bekommen: Für Haus und<br />

Garten sorgt Michele Di Leva, neu in der<br />

Kommission ist Jeannette Schmidmeister.<br />

Weitere Menschen, die sich für die Erhaltung<br />

und Pflege des <strong>Niederlenz</strong>er Kulturguts<br />

engagieren möchten, sind willkommen.<br />

Die diesjährige Ausstellung im Dorfmuseum<br />

steht ganz im Zeichen der Buchbinderkunst.<br />

Peter Karlen, von Beruf<br />

Schriftsetzer, in seiner Freizeit jedoch<br />

passionierter Buchbinder, zeigte anlässlich<br />

der Saisoneröffnung den vielen Besuchern<br />

Schritt für Schritt, wie ein Buch erst zu<br />

einem solchen wird. „Der Erfinder des<br />

Buches ist der Buchbinder – und nicht der<br />

Drucker!“ Er wagte mit dieser Behauptung<br />

eine neue Interpretation der Geschichte,<br />

welche Johannes Gutenberg, den Urvater<br />

der Buchdruckerkunst oft auch gleich als<br />

Erfinder des Buches feiert, während der<br />

erste Buchbinder namenlos und der Welt<br />

unbekannt blieb. Peter Karlen führte eindrücklich<br />

aus: „Der Drucker bedruckt einfach<br />

Bogen um Bogen und produziert einen<br />

Berg von Blättern. Eine unpraktische Sache,<br />

im Nu ist ein völliges Durcheinander. Erst<br />

der Buchbinder bringt das Ganze in Form<br />

und Ordnung.“<br />

Viel Interesse weckte seine Demonstration<br />

des Fadenheftens. Ein einfaches Gerüst<br />

ermöglicht das rationelle Binden gleich<br />

mehrerer Bände – von Hand, wohlverstanden.<br />

Die Besucher hatten viele Fragen, die<br />

Peter Karlen allesamt fachmännisch zu beantworten<br />

wusste. Er ist seit 1975 Mitglied<br />

einer Buchbindergruppe, die alte Techniken<br />

wieder aufleben lässt und pflegt.<br />

Im Hof des Dorfmuseums konnten die<br />

Besucher mitverfolgen, wie ein einfaches<br />

Notizbuch zwischen zwei Buchdeckel eingehängt<br />

wird. Jean Pierre Spetzler, der Lei-<br />

ter der Buchbindergruppe, eine Kapazität<br />

im Bereich der alten Buchbindetechniken,<br />

versah jedes Exemplar schliesslich mit<br />

einem Stempel des Eröffnungsdatums. Die<br />

praktischen, schmucken Büchlein konnten<br />

von den Besuchern zu einem symbolischen<br />

Beitrag erstanden werden.<br />

Die Exponate, die im oberen Stock noch<br />

während der ganzen Saison <strong>2012</strong> zu bestaunen<br />

sind, zeigen ein breites Spektrum der<br />

verschiedenen Bindearten, vom Beutelbuch<br />

der Mönche, das an den Gürtel gehängt<br />

werden konnte, über das ausgeklügelte<br />

Zwillingsbuch, das von zwei Seiten her<br />

gelesen werden kann, bis zu verschiedenen<br />

kunstvollen Büchern mit Bucheinbänden<br />

aus Holz, Leder, Halbleder, Pergament<br />

usw. Erstaunliches erfuhr man über den<br />

Goldschnitt, der ein Buch zu einer richtigen<br />

Kostbarkeit macht. Die Goldblätter sind<br />

ein 18’000stel Millimeter dick! Ein leiser<br />

Atemstoss kann das Gold wegfliegen lassen...<br />

Eine hohe Wand rings um den Handwerker,<br />

eine noch höhere Konzentration<br />

und allerhöchstes Geschick sind gefordert.<br />

Auf einem Rundgang durchs Museum, das<br />

mit seinen liebevoll gepflegten Ausstellungsstücken<br />

immer wieder Erinnerungen<br />

lebendig werden lässt, konnte miterlebt<br />

werden, wie wertvoll es für Kinder ist,<br />

Geschichten aus alten Zeiten zu hören.<br />

„Damals hatten wir Buben alle noch einen<br />

Fellschulsack ...“, hörte man etwa einen<br />

Grossvater seinem Enkel erklären. „An<br />

- 7 -<br />

läbigs <strong>Niederlenz</strong><br />

Interessierte Zuschauer löchern Peter Karlen mit Fragen.<br />

Der Buchbinde-Professor Jean Pierre<br />

Spetzler fertigt mit seinem Team vor Ort<br />

die Notizbüchlein zu Erinnerung an die<br />

Museumseröffnung.<br />

solchen Pulten sind wir gesessen, da drin<br />

war die Tinte, und so haben wir geschrieben<br />

– das kannst du wohl gar nicht mehr<br />

lesen heute.“<br />

Bei einem feinen Apéro blieb an diesem<br />

schönen Sonntagmorgen Zeit für Begegnungen<br />

und Gespräche. Dem Dorfmuseum<br />

sind auch in dieser Saison wieder zahlreiche<br />

interessierte Besucher zu wünschen.<br />

ewR

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