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Dezember 2011 - Niederlenz

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Hans Rudolf Hauser wurde am 28. April<br />

1932 in <strong>Niederlenz</strong> geboren. Er war der<br />

älteste von drei Buben und verlebte eine<br />

glückliche Kindheit. Die Familie wohnte<br />

zuerst in der Engelmatt, bis sie dann vom<br />

Urgrossvater das Haus am Egge, mitten im<br />

Dorf, übernehmen konnte. Vater Hauser<br />

arbeitete im <strong>Niederlenz</strong>er Kraftwerk am<br />

Aabach, welches damals im Stande war, das<br />

ganze Dorf mit Strom zu versorgen.<br />

Der Name Hauser sollte für sein ganzes<br />

Leben wie ein Motto werden, unter das sich<br />

fast alles stellen liess. “Warum auch in die<br />

Ferne schweifen, sieh, das Gute liegt so<br />

nah“, könnte man es übersetzen. Der kleine<br />

Bub fühlte sich wohl bei den Alten, die in<br />

seiner Umgebung lebten. Er war interessiert<br />

an den Geschichten, die sie erzählten. Nach<br />

der wöchentlichen Kehrichtabfuhr durchsuchte<br />

er die Abfalldeponie im „Länzert“<br />

nach brauchbaren Sachen. Die brachte er<br />

nach Hause und legte dort seine allererste<br />

Sammlung an, was die Mutter gar nicht<br />

freute. Für ihn jedoch erzählten diese alten,<br />

ausrangierten Gegenstände spannende<br />

Geschichten. Als er eines Tages voller<br />

Stolz mit einem Holzbein nach Hause kam,<br />

dessen Gelenkmechanik noch einwandfrei<br />

funktionierte, hiess die Mutter ihn dieses<br />

resolut wieder zurückbringen. Wie unverständlich<br />

für ihn, etwas so Wundervolles<br />

einfach wegzuwerfen!<br />

Auch der Liebe seines Lebens begegnete<br />

er sozusagen vor der Haustür, nämlich<br />

bereits im <strong>Niederlenz</strong>er Kindergarten. Am<br />

Jugendfest liess ihn im zarten Alter von fünf<br />

Jahren eine nicht ganz romantische Szene<br />

auf dem Rösslispiel auf eine kleine Prinzessin<br />

aufmerksam werden, die er fortan nicht<br />

mehr vergessen sollte und wollte: Yolanda<br />

Schwerzmann, die später seine Frau und<br />

treue Unterstützerin seines grössten Projektes<br />

werden sollte. Die beiden erlebten<br />

die gesamte Schulzeit in derselben Klasse.<br />

Die Frage der Berufswahl stellte sich damals<br />

in den Nachkriegsjahren nicht. Zum<br />

einen konnte so kurz nach dem Krieg nicht<br />

daran gedacht werden, eine weitere Schule<br />

zu besuchen, zum andern hatten seine<br />

Eltern an der Dürrmattstrasse ein neues<br />

Haus bezogen und der Vater erlitt einen<br />

schweren Unfall im EW, so dass Hansruedi<br />

seiner Familie nahe sein wollte. Er wurde<br />

Briefträger und hat die Herzen der <strong>Niederlenz</strong>er<br />

im Nu erobert. Da gab es ja zu der<br />

Zeit noch so viel anderes zu tun, ausser<br />

die Post zu überbringen: Der einen alten<br />

Frau half er, die Wäsche aufzuhängen, das<br />

andere Grossmütterchen musste er suchen<br />

gehen, bis er es fand, wenn es ihn nicht<br />

wie üblich an der Haustür erwartete, denn<br />

es fiel immer wieder hin und konnte nicht<br />

mehr allein aufstehen. Er zog Uhren auf,<br />

half beim Ausfüllen der Einzahlungsscheine<br />

und vieles mehr. – Längst vergangene Zeit,<br />

in der die Menschen Zeit hatten!<br />

Allmählich störte es ihn immer mehr, nach<br />

getaner Arbeit nichts Sichtbares in den<br />

Händen zu halten. So knüpfte er wieder<br />

bei dem an, was ihn in seiner Bubenzeit<br />

fasziniert hatte und machte sich auf die<br />

Suche nach alten, defekten Gegenständen.<br />

Hierbei kam ihm auch sein Beruf zu Hilfe,<br />

da er so mit vielen Menschen in Kontakt<br />

kam und auf geschichtsträchtige Dinge<br />

stiess, die er erwerben konnte. Seine Leidenschaft<br />

galt immer dem, was hinfällig<br />

geworden war, kaputt und wertlos schien.<br />

Unter seinen geschickten Händen wurde<br />

alles wieder ganz, erstrahlte in neuer alter<br />

Schönheit und erfreute ihn und seine Frau.<br />

Die beiden hatten sich im Jahr 1954 vermählt;<br />

von Anfang an gehörten Büsi zum<br />

Haushalt. Die Freude an alten Dingen war<br />

ihnen gemeinsam. Immer wieder stiessen<br />

sie in Trödlerläden auf Fundstücke, die erst<br />

hingebungsvoll auseinander genommen<br />

und repariert werden mussten. Hans Rudolf<br />

Hauser konnte oft erst dann schlafen gehen,<br />

wenn die Sache wieder instandgestellt war.<br />

Altes bemaltes Porzellan hätte er sehr gerne<br />

gesammelt, aber die Preise passten nicht ins<br />

Budget. So ermunterte er seine Frau, das<br />

Porzellanmalen zu erlernen, und förderte<br />

sie mit sachverständigen Kommentaren,<br />

Kritik und Lob. Aber er musste einsehen,<br />

dass das alles nicht so einfach war und die<br />

Preise der alten Porzellan-Meisterwerke<br />

durchaus gerechtfertigt waren.<br />

Nach und nach füllte sich das Haus am<br />

Stierenweg, in das sie 1966 gezogen waren,<br />

mit lauter Kostbarkeiten und Erinnerungsschätzen.<br />

Und dann kam der Tag im Jahr<br />

1970, an welchem Hans Rudolf Hauser<br />

das altersschwache Haus am Stierenweg 1<br />

erwerben konnte, um in dessen unterem<br />

Stockwerk seine private Sammlung unterzubringen.<br />

Das Haus musste allerdings zuerst<br />

einmal repariert werden. Da der Vater Elektriker<br />

war und auch „zwei rechte Hände“<br />

hatte, konnte mit seiner grossen Hilfe und<br />

Erfahrung das Haus in unzähligen Stunden<br />

während vieler Jahre auf den heutigen Stand<br />

gebracht werden.<br />

Die Wohnung im ersten Stock wurde vermietet,<br />

die Parterrewohnung wurde zum<br />

- 35 -<br />

Persönliches<br />

Zu Hause... Im Gedenken an Hans Rudolf Hauser<br />

Hans Rudolf Hauser<br />

Privatmuseum. So fanden die Gegenstände<br />

aus alter Zeit, die Hansruedi Hauser im Laufe<br />

der Jahre grösstenteils in unserem Dorf<br />

gesammelt hatte, einen würdigen Platz.<br />

Nach rund 20 Jahren gab er dem Drängen<br />

verschiedener Menschen aus Ortsbürger-<br />

und Einwohnergemeinde nach und willigte<br />

schweren Herzens in einen Verkauf ein.<br />

„Sein“ Haus wurde zum Dorfmuseum und<br />

somit für die Öffentlichkeit zugänglich. Für<br />

Hansruedi Hauser war es unabdingbar, dass<br />

er ein lebenslängliches Recht zugesprochen<br />

bekam, die Verantwortung zu tragen für die<br />

Parterrewohnung, den Umschwung sowie<br />

Keller und Schopf sowie das Recht, diese<br />

zu nutzen. Die Arbeit ging ihm nie aus,<br />

ständig gab es etwas auszubessern oder<br />

zu flicken. Auch wenn seine Kräfte immer<br />

mehr nachliessen – er ging Tag für Tag nach<br />

dem Rechten sehen. Von 1991 bis 2009<br />

war er Mitglied der Museumskommission,<br />

anschliessend bis zu seinem Tod beratendes<br />

Mitglied derselben.<br />

An Ferien oder Reisen war seit vielen Jahren<br />

überhaupt nicht mehr zu denken, denn er<br />

wollte das alte Haus und die Katze nicht<br />

sich selbst überlassen. Immer mehr musste<br />

er jedoch Hilfe annehmen, was ihn traurig<br />

machte, weil er sein ganzes Leben lang<br />

lieber Menschen Lasten abgenommen hatte,<br />

als ihnen welche aufzubürden.<br />

Am 11. November hat er sich nach einem<br />

Unfall nun auf eine Reise begeben, die er<br />

nicht ausschlagen konnte. Aber weil er sich<br />

nie gern von etwas abbringen liess, was ihm<br />

wichtig war, wird wohl auch diese Reise ihn<br />

nur noch tiefer nach Hause führen.<br />

Die Erinnerung an ihn ist lebendig im<br />

Dorfmuseum selber und in den unzähligen<br />

schönen Ausstellungsstücken, die unter<br />

seinen Händen wieder heil geworden sind.<br />

Sie erzählen lauter Geschichten, denjenigen,<br />

die sich Zeit nehmen, hinzuhören. ew T

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