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Die Wirtschaft Nr. 44 vom 4. November 2011

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RECHT UND WIRTSCHAFT<br />

Kanzlei Blum, Hagen & Partner<br />

Auswirkungen des Betriebs- und Unternehmensübergangs<br />

auf Arbeitsverträge<br />

Es ist unbestritten, dass ein<br />

Unternehmen Gegenstand<br />

einer Übertragung sein kann.<br />

In der Praxis kauft der Erwerber entweder<br />

das Unternehmen <strong>vom</strong> bisherigen<br />

Unternehmensträger<br />

(„Asset-Deal“) oder er erwirbt alle<br />

Anteile am bisherigen Rechtsträger<br />

(„Share-Deal“). Zumal sich bei<br />

„Share-Deals“ bei unternehmensbezogenen<br />

Rechtsgeschäften grundsätzlich<br />

nichts ändert, wird im Folgenden<br />

auf die „Asset-Deals“ eingegangen.<br />

Insbesondere wird die<br />

Frage behandelt, wie sich der Betriebs-<br />

und Unternehmensübergang<br />

auf die Arbeitsverträge auswirkt.<br />

Allgemein<br />

Das Schicksal von Arbeitsverhältnissen<br />

im Fall eines Übergangs<br />

von Unternehmen, Betrieben oder<br />

Betriebsteilen auf einen anderen Inhaber<br />

wird im Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz<br />

(AVRAG)<br />

grundsätzlich in Form einer Eintrittsautomatik<br />

geregelt. Das heißt,<br />

derjenige, der ein Unternehmen,<br />

Betrieb oder Betriebsteil übernimmt,<br />

tritt als Arbeitgeber mit<br />

allen Rechten und Pflichten in die<br />

im Zeitpunkt des Überganges bestehenden<br />

Arbeitsverhältnisse ein.<br />

<strong>Die</strong> <strong>vom</strong> Betriebsübergang betroffenen<br />

Arbeitnehmer sind lediglich<br />

rechtzeitig zu informieren, wobei<br />

dies grundsätzlich in den Aufgabenbereich<br />

der Arbeitnehmervertretung,<br />

bei Fehlen einer solchen zu<br />

den Aufgaben des Veräußerers<br />

zählt.<br />

40 DIE WIRTSCHAFT Freitag, <strong>4.</strong> <strong>November</strong> <strong>2011</strong><br />

Haftung des Erwerbers<br />

Im Falle des Betriebs- und Unternehmensübergangs<br />

bleiben Art und<br />

Umfang der Arbeitsverpflichtung<br />

genauso aufrecht wie die vertraglichen<br />

Entgeltansprüche und Nebenzusagen.<br />

Es findet keine Endabrechnung<br />

statt, sondern sind die offenen<br />

Arbeitnehmeransprüche vielmehr<br />

<strong>vom</strong> Erwerber zu erfüllen. Der<br />

Erwerber hat für alle noch nicht erfüllten<br />

Entgeltansprüche in vollem<br />

Umfang einzustehen. Eine beschränkte<br />

Haftung des Erwerbers –<br />

nämlich maximal bis zur Höhe der<br />

übernommenen Aktiva – besteht<br />

nur dann, wenn der Arbeitnehmer<br />

bereits beim Veräußerer ausgeschieden<br />

ist und der Erwerber von der<br />

Existenz der Arbeitnehmeransprüche<br />

wusste oder wissen musste.<br />

Widerspruch der<br />

Arbeitnehmer<br />

Arbeitnehmer haben grundsätzlich<br />

keine Möglichkeit, den Übergang<br />

ihres Arbeitsverhältnisses zu<br />

verhindern. Nur dann, wenn der Erwerber<br />

den kollektivvertraglichen<br />

Bestandsschutz oder die betriebliche<br />

Pensionszusage nicht übernimmt,<br />

kann der Arbeitnehmer<br />

dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses<br />

widersprechen. Ein solcher<br />

Widerspruch hat innerhalb<br />

eines Monats ab Ablehnung der<br />

Übernahme des kollektivvertraglichen<br />

Bestandsschutzes oder der betrieblichen<br />

Pensionszusagen zu geschehen.<br />

Erfolgt seitens des Erwerbers<br />

keine Äußerung, hat ihn der Ar-<br />

beitnehmer binnen angemessener<br />

Frist zu einer Äußerung diesbezüglich<br />

aufzufordern. Äußert sich der<br />

Erwerber auch trotz Aufforderung<br />

nicht, so kann der Arbeitnehmer<br />

dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses<br />

auf den Erwerber innerhalb<br />

eines Monats nach Ablauf der<br />

von ihm gesetzten Frist widersprechen.<br />

Widerspricht der Arbeitnehmer,<br />

so bleibt sein Arbeitsverhältnis<br />

zum Veräußerer aufrecht, soweit<br />

dieser noch Unternehmensteile fortbetreibt.<br />

Zusammenfassung<br />

Zusammengefasst ergibt sich<br />

somit, dass ein Betriebs- und Unternehmensübergang<br />

neben betriebswirtschaftlichen<br />

Überlegungen auch<br />

einiger (arbeits-)rechtlicher Abklärungen<br />

bedarf. Mittels obigen Ausführungen<br />

wurde versucht, einen<br />

groben Überblick über die arbeitsrechtlichen<br />

Bestimmungen in diesem<br />

Fall zu verschaffen. Tatsächlich<br />

sind jedoch mit einem Betriebsbzw.<br />

Unternehmensübergang noch<br />

weitere Rechtsfragen, wie insbesondere<br />

die Weitergeltung von Kollektivverträgen,Betriebsvereinbarungen<br />

etc., verbunden. Es empfiehlt<br />

sich daher, noch vor dem Betriebsbzw.<br />

Unternehmensübergang die arbeitsrechtliche<br />

Situation und die<br />

Folgen eines solchen Übergangs<br />

einer eingehenden, rechtsanwaltlichen<br />

Prüfung im Einzelfall zu unterziehen.<br />

Dadurch können unliebsame<br />

Rechtsstreitigkeiten, Nachforderungen,<br />

Kosten etc. vermieden wer-<br />

den und wird gleichzeitig ermöglicht,<br />

dass die volle Konzentration<br />

auf die Unternehmensfortführung<br />

bzw. -weiterentwicklung gerichtet<br />

werden kann.<br />

Dr. Marco Fiel.<br />

Informationen:<br />

Kanzlei Blum, Hagen & Partner<br />

Dr. Wolfgang Blum<br />

Mag. Johannes Blum<br />

MMag. Dr. Markus Hagen<br />

Dr. Marco Fiel<br />

Liechtensteinerstraße 76<br />

6800 Feldkirch<br />

T 05522 39573<br />

F 05522 39576<br />

E office@kanzlei-bhp.at<br />

I www.kanzlei-bhp.at

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