Bau Fit Report 38 - AUVA
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Konzept der Bewegungspro g r a m m e<br />
Dr. Paul Scheibenpflug<br />
Wellcon, Wien<br />
P ro b l e m a u f r i s s<br />
Hohe Zahl an MSD-Erkrankungen<br />
Die steigende Zahl der Arbeitnehmerinnen, die unter Muskel-Skelett-Erkrankungen leiden, erinnert in<br />
Europa und anderswo an eine wahre Epidemie. Gemeinsam mit Stress entwickeln sich Muskel-Skelett-<br />
Erkrankungen zu den häufigsten arbeitsbedingten Krankheiten. 1<br />
Gerade auf die <strong>Bau</strong>wirtschaft trifft diese Tendenz im verstärkten Maße zu. 2<br />
Es ist davon auszugehen, dass jene Krankenstände, die direkt mit MSD-Beschwerden in Zusammenhang<br />
gebracht werden, nur die Spitze eines Eisberges darstellen.<br />
Hohe Anforderungen unter Zeitdruck, eingeschränkte Handlungsspielräume, belastende Arbeitsbedingungen<br />
(z.B. hohe Temperatur, Lärm) und oft auch geringe Anerkennung und Kommunikation führen<br />
zu hohen Beanspruchungen und in Folge zu Fluktuation und Krankenständen.<br />
Bewegungsqualität – Körperbewusstsein – Sicherheit<br />
Es ist aus verschiedenen Gründen3 davon auszugehen, dass die Bewegungsqualität bei der Arbeit die<br />
Befindlichkeit bzw. das Auftreten von Beschwerden (von Verspannungen über Gelenksschmerzen bis zu<br />
Haltungsschäden) mit beeinflusst. Dabei hängt die Qualität der Arbeitsbewegung bzw. -haltung nicht<br />
nur von den jeweiligen Arbeitsbedingungen, sondern auch vom Körperbewusstsein des arbeitenden<br />
Menschen, seinen Bewegungsstereotypen und seiner psychischen und konditionellen Verfassung ab.<br />
Für gewöhnlich wird die Qualität der Arbeitsbewegung von den Beteiligten an der erfolgreichen Erledigung<br />
einzelner Arbeitsaufgaben gemessen. Mittel- und langfristige Auswirkungen auf die Gesundheit<br />
und die Motivation werden nicht berücksichtigt.<br />
Die Leute am <strong>Bau</strong> sind geschickt, ihre Gleichgewichtsfähigkeiten sind überdurchschnittlich, aber das Zusammenspiel<br />
von Witterung, Zeitdruck, Unterlage, fehlenden Kompensationsmöglichkeiten (Seitstellschritt,<br />
Gewichtsverteilung, Anhalte- und Abstützmöglichkeiten) kann das Gleichgewichtsvermögen auf<br />
eine harte Probe stellen.<br />
Die verschiedenen Arbeitssituationen werden mit unterschiedlichem sensomotorischen Kontrollaufwand<br />
bewältigt. Dabei setzt die Kontrolle des Gleichgewichts Beweglichkeit voraus, vor allem die Fähigkeit,<br />
schwere Körperteile in eine Gegenposition zu verlagern. Präzisionsbewegungen mit hoher Haltearbeit<br />
im Rumpfbereich beeinträchtigen die Reaktionsmöglichkeiten, weil die entsprechende Muskulatur<br />
keinen Bereitschaftstonus hat.<br />
Jeder Mensch besitzt einen Pool an Handlungsalternativen, auf die er in einzelnen Situationen zurükkgreifen<br />
kann. Je größer dieser Pool ist, um so eher wird man eine situationsadäquate Handlungsalternative<br />
finden und auswählen können. Der Pool muss allerdings gewartet werden, d.h. man muss regelmäßig<br />
gefordert werden.<br />
1) Vgl. Facts 3 der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, S. 1,http://osha.eu.int<br />
2) MOSER, P. u.a. : Muß Arbeit die Gesundheit kosten.Wien 1999, S. 17<br />
3) Ungleiche Verteilung von Belastungen auf Gelenke, Bewegungsstereotype, Muskeldysbalancen,Muskeltonus, ....<br />
Forschungsbericht BAUfit – Konzept der Bewegungsprogramme 19