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2011-3 - Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben

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arten ein, ist der Versicherer stets zahlungspflichtig.<br />

Suizid und<br />

Schadensversicherungen<br />

Ein Suizid kann erhebliche Sachschäden,<br />

aber auch gesundheitliche Schäden<br />

bei Dritten, die in die Durchführung der<br />

Tat einbezogen werden (z. B. Lokomotivführer),<br />

verursachen. Ein gescheiterter<br />

Suizidversuch kann erhebliche Kostenfolgen<br />

<strong>für</strong> den Betroffenen, <strong>für</strong><br />

Versicherungen und den Staat haben (z.<br />

B. wegen Invalidität).<br />

Umstritten ist bereits, inwieweit einem<br />

Suizidenten Schäden zugerechnet<br />

werden können: Auch heute geht mancher<br />

noch davon aus, dass sich Suizidenten<br />

grundsätzlich in einem „geistig umnachteten“<br />

Zustand befinden, so dass<br />

nach § 827 BGB keine Verantwortlichkeit<br />

<strong>für</strong> den angerichteten Schaden besteht.<br />

Eine solche pauschale Betrachtungsweise<br />

ist überholt und abzulehnen.<br />

Der so genannte Bilanzsuizid beruht regelmäßig<br />

auf einem freien Willen. Es ist<br />

auch unzulässig, allein aus der gewählten<br />

Suizidmethode Rückschlüsse auf die<br />

Verantwortlichkeit zu ziehen. Es ist im<br />

Einzelfall zu entscheiden, ob der Suizid(versuch)<br />

das Ergebnis eines mit<br />

freiem Willen gebildeten Entschlusses<br />

ist. Notfalls muss das Gericht zu dieser<br />

Frage ein Sachverständigengutachten<br />

einholen.<br />

Haftpflichtversicherung<br />

Die private Haftpflichtversicherung<br />

muss auch <strong>für</strong> die Schäden eintreten, die<br />

der Versicherte durch einen Suizid oder<br />

Suizidversuch angerichtet hat. Die Gerichte<br />

hatten wiederholt über folgenden<br />

Fall zu entscheiden: Der Versicherte hatte<br />

sich von der obersten Etage eines Hauses<br />

in die Tiefe gestürzt und dabei ein Auto<br />

erheblich beschädigt. Werden Dritte im<br />

Zusammenhang mit einem Suizid unbeabsichtigt<br />

geschädigt, hat die Privathaftpflichtversicherung<br />

nach einer Entscheidung<br />

des Bundesgerichtshofes <strong>für</strong><br />

die durch diese Versicherung gedeckten<br />

Schäden einzustehen. Der Versicherer<br />

kann den Versicherungsschutz nicht mit<br />

Verweis darauf ablehnen, dass sich<br />

durch die Selbsttötung keine „Gefahr<br />

des täglichen Lebens“ verwirklicht habe<br />

oder dass es sich dabei um eine vom<br />

Versicherungsschutz ausgeschlossene<br />

„ungewöhnliche und gefährliche Be-<br />

Dritte, wie z. B. Lokführer, sollten niemals in Suizidhandlungen einbezogen werden.<br />

schäftigung“ handele. Es sei unerheblich,<br />

ob jemand in Selbsttötungsabsicht<br />

springt oder nur versehentlich fällt. Es<br />

läge kein Grund vor, den Versicherungsschutz<br />

auszuschließen. Die Haftpflichtversicherung<br />

ist daher grundsätzlich<br />

eintrittspflichtig.<br />

Straßenverkehr<br />

Anders verhält es sich bei der Verwendung<br />

eines Autos zur Herbeiführung des<br />

Suizids. Folgender Fall lag den Gerichten<br />

in unterschiedlichen Konstellationen zur<br />

Entscheidung vor: Der Suizident überholte<br />

mit dem versicherten Pkw einen<br />

Lkw und prallte auf der Gegenfahrbahn<br />

in Suizidabsicht auf das entgegenkommenden<br />

Fahrzeug der Geschädigten.<br />

Der Suizident war sofort tot, die Fahrerin<br />

des entgegenkommenden Autos<br />

wurde erheblich verletzt, das Auto zerstört.<br />

Die Kfz-Haftpflichtversicherung<br />

des Suizidenten muss <strong>für</strong> den Schaden<br />

nicht aufkommen. Die Versicherung haftet<br />

nicht <strong>für</strong> die Schäden aus einem Verkehrsunfall,<br />

den der Versicherungsnehmer<br />

vorsätzlich herbeigeführt hat. In<br />

einem solchen Fall ist der Versicherungsschutz<br />

im Außenverhältnis zum<br />

Geschädigten von vorneherein ausgeschlossen.<br />

Die Versicherung haftet nur<br />

im Rahmen der von ihr übernommenen<br />

Gefahr, also nicht <strong>für</strong> eine vorsätzliche<br />

und widerrechtliche Schadenszufügung<br />

durch den Versicherungsnehmer. Vorsatztaten<br />

fallen also nicht unter den<br />

Schutz der Kfz-Haftpflichtversicherung.<br />

Bei vorsätzlicher Herbeiführung des<br />

Versicherungsfalls kann der Geschädigte<br />

allenfalls über den Entschädi-<br />

gungsfonds (Verein <strong>für</strong> Verkehrsopferhilfe<br />

e. V.) Ersatz erlangen.<br />

Schienensuizid<br />

Wählt ein potenzieller Suizident die andere<br />

Menschen besonders beeinträchtigende<br />

Art der Selbsttötung durch Springen<br />

vor einen Zug, muss er teilweise<br />

da<strong>für</strong> die Kosten tragen. Dies kann auch<br />

dann gelten, wenn der Suizident bzw.<br />

seine Erben <strong>für</strong> den Schaden nicht verantwortlich<br />

sind. Diese Möglichkeit wird<br />

durch § 829 BGB eröffnet, der bei fehlender<br />

Verantwortung aus Billigkeitsgründen<br />

in besonderen Ausnahmefällen<br />

zu einer Ersatzpflicht führen kann.<br />

Wer seinen Suizid plant, sollte daher<br />

die notwendige Sorgfalt walten lassen,<br />

um seinen Angehörigen Ansprüche zu<br />

sichern, aber auch Dritte und die Allgemeinheit<br />

vor Schäden zu schützen.<br />

RECHTSANWÄLTE<br />

BERSCHET & DR. KAUTZ<br />

Ernst Berschet · Cordula Berschet<br />

Dr. Oliver Kautz<br />

Konrad-Adenauer-Allee 19<br />

86150 AUGSBURG<br />

Telefon (08 21) 51 70 21, 51 70 22<br />

Telefax (0821) 15 22 17<br />

Tätigkeitsschwerpunkte:<br />

❚ Erbrecht<br />

❚ Familienrecht<br />

❚ Arbeitsrecht<br />

❚ Verkehrsrecht<br />

❚ Sozialhilferecht<br />

❚ EDV-Recht<br />

❚ Privates Baurecht<br />

<strong>Humanes</strong> Leben · <strong>Humanes</strong> <strong>Sterben</strong> <strong>2011</strong>-3 15<br />

Bild: Schobert

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