2011-3 - Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben
2011-3 - Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben
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Die DGHS setzt sich <strong>für</strong> die Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts<br />
bis zur letzten Lebensminute (gem. Art. 1 Abs. 1 GG) ein. Für Sie<br />
als Mitglied bedeutet das konkret, dass Sie Willensverfügungen ausgefüllt<br />
und diese bei der DGHS hinterlegt haben. Sie haben dadurch sichergestellt,<br />
dass Ärzte Ihrem schriftlich erklärten Willen folgen müssen.<br />
Doch haben Sie sich schon einmal gefragt, woher Sie wissen, was Sie<br />
wollen? Ob es einen freien Willen überhaupt gibt? Was freier Wille heißt?<br />
Lässt man den Freiheitsbegriff zunächst<br />
außen vor, so ergeben sich<br />
schon <strong>für</strong> die Definition des Willens<br />
– je nach Zusammenhang unterschiedliche<br />
Möglichkeiten: Es kann um<br />
den Lebenswillen, das Vorhandensein<br />
einer Neigung oder auch um das Verfolgen<br />
von Absichten gehen. In Bezug<br />
auf Willenserklärungen <strong>für</strong> das eigene<br />
Lebensende bietet es sich an, den Willen<br />
als Umsetzen einer persönlichen Entscheidung<br />
in die Tat zu definieren.<br />
Bedingte und unbedingte<br />
Willensfreiheit<br />
Je nach wissenschaftlicher Tradition gibt<br />
es verschiedene Erklärungen der Willensfreiheit.<br />
In der Philosophie herrschen<br />
zwei Auffassungen vor: Die Vertreter<br />
der bedingten Willensfreiheit<br />
betrachten den Willen einer Person als<br />
frei, wenn ihn diese nach persönlichen<br />
Motiven und Neigungen herausgebildet<br />
hat (Handlungsfreiheit). Wie entschieden<br />
wird, hängt von Persönlichkeit und<br />
Umwelteinflüssen ab. In der konkreten<br />
Situation gibt es demnach nur eine Möglichkeit,<br />
sich zu entscheiden. Von einem<br />
freien Entschluss sprechen die Anhänger<br />
der bedingten Willensfreiheit, weil<br />
die getroffene Entscheidung die Neigungen<br />
und Motive der jeweiligen Person<br />
repräsentiert.<br />
Demgegenüber hängt <strong>für</strong> die Verfechter<br />
der unbedingten Willensfreiheit<br />
das eigentliche Wollen von absolut<br />
nichts ab. Es unterliegt dem Zufall und<br />
repräsentiert damit die unbedingte Freiheit.<br />
Determinismus versus Zufall<br />
Die Naturwissenschaften hielten lange<br />
an einer deterministischen Sicht auf das<br />
Umweltgeschehen fest, wonach jegliche<br />
Entwicklung vorherbestimmt ist. Seit<br />
sich die Anfang des 20. Jahrhunderts erforschte<br />
Quantenmechanik durchsetzte,<br />
gehen die Naturwissenschaftler jedoch<br />
davon aus, dass Entwicklungen in der<br />
Natur zumindest partiell dem Zufall<br />
unterliegen.<br />
Während das Fachgebiet der Genetik<br />
Erbanlagen und Umwelteinflüsse als<br />
Auslöser bestimmter Willensentscheidungen<br />
in den Mittelpunkt stellt, konzentriert<br />
sich die Hirnforschung auf die<br />
Prozesse der Entscheidungsbildung. Sie<br />
finden im Gehirn statt, bevor sich eine<br />
Person ihrer bewusst wird. Verhaltenspsychologen<br />
wie Gerhard Roth behaupten,<br />
dass menschliches Handeln immer<br />
auf Motiven beruht. Diese<br />
entstehen in unterschiedlichen Teilen<br />
des Gehirns: So meldet der Hypothala-<br />
Der Freiheit auf der Spur.<br />
WISSENSCHAFT<br />
Viele „Ichs“<br />
und ein freier Wille<br />
Bubi/pixelio.de<br />
Ist der freie Wille eine Illusion? Bild:<br />
<strong>Humanes</strong> Leben · <strong>Humanes</strong> <strong>Sterben</strong> <strong>2011</strong>-3 33<br />
Bild: Albrecht E. Arnold/pixelio.de