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2 Haftungsausschluss: Sämtliche Angaben in diesem Werk ... - Geberit

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2<br />

<strong>Haftungsausschluss</strong>:<br />

<strong>Sämtliche</strong> <strong>Angaben</strong> <strong>in</strong> <strong>diesem</strong><br />

<strong>Werk</strong>, welche auf Normen, Verordnungen<br />

oder Regelwerken<br />

etc. beruhen, wurden <strong>in</strong>tensiv<br />

recherchiert und mit größtmöglicher<br />

Sorgfalt zusammengestellt.<br />

E<strong>in</strong>e Gewähr für die Richtigkeit<br />

und Aktualität derartiger Informationen<br />

können wir jedoch nicht<br />

übernehmen.<br />

E<strong>in</strong>e Haftung für Schäden resultierend<br />

aus der Verwendung dieser<br />

<strong>Angaben</strong> schließt <strong>Geberit</strong> aus.<br />

Urheberrechte:<br />

Copyright<br />

Kemper GmbH + Co. KG<br />

<strong>Geberit</strong> Vertriebs GmbH<br />

Alle Rechte vorbehalten. Text,<br />

Bilder und Grafiken sowie deren<br />

Anordnung unterliegen dem<br />

Schutz des Urheberrechts.<br />

Impressum:<br />

Herausgeber<br />

<strong>Geberit</strong> Vertriebs GmbH<br />

Theuerbachstraße 1<br />

88630 Pfullendorf<br />

Kemper GmbH + Co.KG<br />

Harkortstr. 5<br />

57462 Olpe<br />

Konzept<br />

Produktmanagement,<br />

Produktdatenmanagement<br />

Layout<br />

Christian Zaselowski,<br />

Produktdatenmanagement<br />

<strong>Geberit</strong> Vertriebs GmbH<br />

Druck<br />

Dr. Karl Höhn KG, Biberach


Vorwort zur fünften Auflage<br />

Vorwort zur fünften Auflage<br />

Das Zirkulationshandbuch hat sich als e<strong>in</strong> Standardwerk für Planer, Architekten und Ingenieure etabliert. Die<br />

fünfte Auflage dieses <strong>Werk</strong>es wurde vollständig überarbeitet und be<strong>in</strong>haltet die neuesten Erkenntnisse <strong>in</strong> der<br />

Tr<strong>in</strong>kwasserhygiene <strong>in</strong> Haus<strong>in</strong>stallationen.<br />

In der Vergangenheit wurde der Schwerpunkt vor allem auf hygienische Aspekte im Warmwasserbereich gelegt,<br />

<strong>in</strong>sbesondere auf Zirkulationssysteme sowie mögliche Legionellenkontam<strong>in</strong>ationen.<br />

Viele Kontam<strong>in</strong>ationsfälle treten mittlerweile auch <strong>in</strong> Kaltwassersystemen durch lange Stagnationszeiten und<br />

erhöhte Temperaturen des Tr<strong>in</strong>kwassers auf. Vor allem <strong>in</strong> grossen Gebäudekomplexen wie Schulen, öffentlichen<br />

Gebäuden und Krankenhäusern stagniert Tr<strong>in</strong>kwasser <strong>in</strong> den weit verzeigten Rohrleitungen über längere Zeit.<br />

Dies führt <strong>in</strong> vielen Fällen zu hygienischen Bee<strong>in</strong>trächtigungen der Tr<strong>in</strong>kwasserqualität.<br />

Aus <strong>diesem</strong> Grund wurde diese Thematik <strong>in</strong> der vorliegenden Auflage mit e<strong>in</strong>gearbeitet.<br />

Das erste Kapitel wurde von Herrn Prof. Dr. rer. nat. Werner Mathys erstellt und be<strong>in</strong>haltet alle relevanten Aspekte<br />

im Bereich Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation. Der gesamte Bereich „Hydraulik <strong>in</strong>nerhalb von Zirkulationssystemen“<br />

sowie „Lösungen zur M<strong>in</strong>imierung von Stagnationszeiten“ wurde von Herrn Prof. Dipl.- Ing. Bernd Rickmann<br />

erstellt.<br />

Zu Fragen oder Anregungen stehen Ihnen die Autoren bzw. die Firmen Kemper und <strong>Geberit</strong> jederzeit gerne zur<br />

Verfügung.<br />

<strong>Geberit</strong> International AG Kemper GmbH + Co. KG<br />

Achim Schröter Ullrich Petzolt<br />

April 2008<br />

3


4<br />

Vorwort zur fünften Auflage<br />

Die Autoren<br />

Prof. Dr. rer. nat. Werner Mathys<br />

Universitätskl<strong>in</strong>ikum Münster; Institut für Hygiene, Bereich Umwelthygiene<br />

mathys@uni-muenster.de<br />

Beruflicher Werdegang:<br />

1967 - 1974 Studium der Fächer Biologie und Chemie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster<br />

1975 Promotion an der WWU Münster zum Dr. rer. nat.<br />

Seit 1975 Mitarbeiter am Institut für Hygiene der WWU Münster<br />

Ab 1976 Leiter der Laboratorien für Wasser-, Boden-, Lufthygiene<br />

1990 Anerkennung als Krankenhaushygieniker durch das Bundesgesundheitsamt (heute RKI)<br />

<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />

1994 Abschluss des Habilitationsverfahrens an der Mediz<strong>in</strong>ischen Fakultät der WWU Münster und<br />

Erteilung der venia legendi für das Fach „Hygiene“ durch die Mediz<strong>in</strong>ische Fakultät der WWU<br />

Münster<br />

1998 Anerkennung als Fachgutachter/Fachexperte für Akkreditierungen Mediz<strong>in</strong>ischer Laboratorien<br />

durch den Deutschen Akkreditierungsrat<br />

Seit 2001 Stellvertretender Institutsleiter am Institut für Hygiene und Leiter des Bereichs Umwelthygiene<br />

Mitarbeiter u. a. <strong>in</strong> VDI-Ausschüssen


Prof. Dipl.-Ing. Bernd Rickmann<br />

Fachhochschule Münster; Fachbereich Energie, Gebäude, Umwelt<br />

rickmann@fh-muenster.de<br />

Beruflicher Werdegang:<br />

Handwerkliche Lehre zum „Klempner und Installateur“<br />

Vorwort zur fünften Auflage<br />

Studium „Heizungs- und Gesundheitstechnik“ an der Staatlichen Ingenieurakademie für Bauwesen, Berl<strong>in</strong><br />

und „Energie und Verfahrenstechnik“ an der Technischen Universität Berl<strong>in</strong><br />

Technischer Betriebsleiter <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Handwerksunternehmen „Sanitär- und Heizungstechnik“<br />

Ab 1980 Professor an der Fachhochschule Münster mit den Lehrgebieten „Sanitäre Haustechnik/<br />

Krankenhaustechnik“ bzw. „Computergestützte Planung“<br />

Mitarbeiter <strong>in</strong> CEN-, DIN-, DVGW- und VDI- Ausschüssen<br />

5


Inhaltsverzeichnis<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz . . . . . . . . . . . . . . 9<br />

2 Ermittlung der Rohrdurchmesser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51<br />

3 Maßnahmen zur Verbesserung der Durchströmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81<br />

4 Zirkulationssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99<br />

5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161<br />

6 Berechnungsbeispiel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193<br />

7 Tabellen, Diagramme und Formulare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193<br />

8 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195<br />

Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196<br />

Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199<br />

7


8<br />

Inhaltsverzeichnis


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation –<br />

Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz 1)<br />

1.1 E<strong>in</strong>führung ................................................................................................................................... 10<br />

1.2 Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation ................................................................ 11<br />

1.2.1 Chemische Veränderungen der Tr<strong>in</strong>kwasserqualität <strong>in</strong> Haus<strong>in</strong>stallationen ..................................... 11<br />

1.2.2 Allgeme<strong>in</strong>e Mikrobiologische Bee<strong>in</strong>trächtigungen des Tr<strong>in</strong>kwassers .............................................. 15<br />

1.2.3 Krankheitserreger im Tr<strong>in</strong>kwasser kalt ........................................................................................... 18<br />

1.2.4 Krankheitserreger im Warmwasser ............................................................................................... 24<br />

1.2.5 Legionellen ................................................................................................................................... 25<br />

1.3 Probenahme von Tr<strong>in</strong>kwasser aus Haus<strong>in</strong>stallationen ............................................................. 39<br />

1.3.1 Probenahme für mikrobiologische Untersuchungen ...................................................................... 40<br />

1.3.2 Probenahme für chemische Untersuchungen ................................................................................ 40<br />

1.4 Des<strong>in</strong>fektion von Tr<strong>in</strong>kwasser <strong>in</strong> Haus<strong>in</strong>stallationen ................................................................ 41<br />

1.4.1 Des<strong>in</strong>fektionsmaßnahmen im laufenden Betrieb ............................................................................ 41<br />

1.4.2 Des<strong>in</strong>fektion außerhalb des laufenden Betriebes ........................................................................... 45<br />

1.5 Häufig gestellte Fragen .............................................................................................................. 46<br />

1.5.1 Ich möchte me<strong>in</strong>e Tr<strong>in</strong>kwasseranlage auf das Vorhandense<strong>in</strong> von Legionellen untersuchen lassen.<br />

Was muss ich tun? ....................................................................................................................... 46<br />

1.5.2 Welche Stellen im System soll ich kontrollieren lassen, um e<strong>in</strong>e Kontam<strong>in</strong>ation mit Legionellen festzustellen?<br />

......................................................................................................................................... 46<br />

1.5.3 Wie muss die Probenahme durchgeführt werden? ........................................................................ 47<br />

1.5.4 Wo kann ich Untersuchungen durchführen lassen?<br />

Kann ich selbst Untersuchungen durchführen? ............................................................................. 47<br />

1.5.5 Me<strong>in</strong> Warmwassersystem enthält Legionellen. Was soll ich tun?<br />

In welcher Reihenfolge gehe ich vor? ............................................................................................ 48<br />

1.5.6 Muss ich das Vorhandense<strong>in</strong> von Legionellen <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Warmwassersystem melden? ................ 48<br />

1.5.7 Was mache ich bei e<strong>in</strong>er Kontam<strong>in</strong>ation e<strong>in</strong>es Wassersystems durch<br />

Pseudomonas aerug<strong>in</strong>osa? ......................................................................................................... 49<br />

1.5.8 Was s<strong>in</strong>d die schlimmsten Fehler bei Planung, Bau und Betrieb von Tr<strong>in</strong>kwasseranlagen? ........... 50<br />

1.5.9 Welche wichtigsten Ratschläge kann man erteilen? ...................................................................... 50<br />

1) Prof. Dr. rer. nat. Werner Mathys, Dr. med. Elisabeth Junge-Mathys, Institut für Hygiene des Universitätskl<strong>in</strong>ikums Münster<br />

9


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.1 E<strong>in</strong>führung<br />

1.1 E<strong>in</strong>führung<br />

Tr<strong>in</strong>kwasser ist unser wichtigstes Lebensmittel und Körperpflegemittel. Es wird deshalb ständig kontrolliert und<br />

muss höchste Qualitätsanforderungen erfüllen. Seit vor über 100 Jahren der Zusammenhang zwischen Seuchenausbrüchen<br />

und durch Abwasser verunre<strong>in</strong>igtes Tr<strong>in</strong>kwasser erkannt wurde, s<strong>in</strong>d Mediz<strong>in</strong>er, Wissenschaftler und<br />

Techniker um e<strong>in</strong>e hygienisch sichere Tr<strong>in</strong>kwasserqualität bemüht.<br />

Die grundlegenden Anforderungen an die Qualität von Tr<strong>in</strong>kwasser s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Deutschland <strong>in</strong> der Tr<strong>in</strong>kwasserverordnung<br />

[16] festgelegt. Die Verordnung def<strong>in</strong>iert: „Tr<strong>in</strong>kwasser ist alles Wasser, das im häuslichen Bereich zum<br />

Tr<strong>in</strong>ken und für andere Lebensmittelzwecke, zur Körperpflege und -re<strong>in</strong>igung sowie zur Re<strong>in</strong>igung von Gegenständen,<br />

die nicht nur vorübergehend mit Lebensmitteln oder dem menschlichen Körper <strong>in</strong> Kontakt kommen,<br />

bestimmt ist.“ Tr<strong>in</strong>kwasser muss frei se<strong>in</strong> von vermeidbaren Verunre<strong>in</strong>igungen und beim Verbraucher <strong>in</strong> e<strong>in</strong>wandfreiem<br />

Zustand, gesundheitlich unbedenklich, farblos, klar, kühl, geruchlos und ohne anormalen Geschmack, zu<br />

entnehmen und zu verbrauchen se<strong>in</strong>.<br />

Zur Erreichung des Qualitätsziels der Verordnung ist <strong>in</strong>sbesondere die E<strong>in</strong>haltung der allgeme<strong>in</strong> anerkannten<br />

Regeln der Technik (a. a. R. d. T.) von größter Bedeutung. Darunter ist nach [6] zu verstehen: „E<strong>in</strong>e ausdrückliche<br />

gesetzliche Def<strong>in</strong>ition der a. a. R. d. T. gibt es nach vorliegenden Erkenntnissen nicht. Zu verstehen s<strong>in</strong>d die<br />

a. a. R. d. T. als technische Festlegungen für Verfahren, E<strong>in</strong>richtungen und Betriebsweisen, die nach vorherrschender<br />

Ansicht der entsprechenden Fachkreise zum Erreichen des vorgegebenen Ziels geeignet s<strong>in</strong>d, im<br />

Rahmen der Zielvorgaben unter Verhältnismäßigkeitsaspekten wirtschaftliche Gesichtspunkte berücksichtigen<br />

und die sich <strong>in</strong> der Praxis allgeme<strong>in</strong> bewährt haben oder deren Bewährung nach herrschender Auffassung <strong>in</strong><br />

überschaubarer Zeit bevorsteht.“ Die Beachtung der a. a. R. d. T. gilt auch für die Errichtung und den Betrieb der<br />

Haus<strong>in</strong>stallation, die <strong>in</strong> der Tr<strong>in</strong>kwV 2001 als eigenständige Wasserversorgungsanlage def<strong>in</strong>iert ist.<br />

Nach § 3 Nummer 3 der Tr<strong>in</strong>kwV 2001 „s<strong>in</strong>d Haus<strong>in</strong>stallationen“ für Tr<strong>in</strong>kwasser (= Tr<strong>in</strong>kwasser-Installationen)<br />

„die Gesamtheit der Rohrleitungen, Armaturen und Geräte, die sich zwischen dem Punkt der Entnahme von<br />

Wasser für den menschlichen Gebrauch und dem Punkt der Übergabe von Wasser aus e<strong>in</strong>er Wasserversorgungsanlage<br />

(…) an den Verbraucher bef<strong>in</strong>det.“<br />

Zweck und Beschaffenheit von Haus<strong>in</strong>stallationen für Tr<strong>in</strong>kwasser sowie die Erfüllung gesetzlicher Vorgaben<br />

liegen ausschließlich <strong>in</strong> der Verantwortung des jeweiligen Haus- oder Wohnungseigners bzw. -betreibers. Für den<br />

Betreiber ergeben sich hieraus Konsequenzen im H<strong>in</strong>blick auf die geforderte Verkehrssicherungspflicht und h<strong>in</strong>sichtlich<br />

se<strong>in</strong>er Verantwortung im Falle des Auftretens von wasserbed<strong>in</strong>gten Erkrankungen oder Gesundheitsstörungen.<br />

Jeder Betreiber von Haus<strong>in</strong>stallationssystemen ist schon auf Grund der Verkehrssicherungspflicht gehalten, die<br />

Benutzer von Haus<strong>in</strong>stallationsanlagen vor Gefahren zu schützen, die über das übliche Risiko bei der Anlagenbenutzung<br />

h<strong>in</strong>ausgehen (VDI 6023 Blatt 1, Juli 2006 [23]).<br />

Die Haus<strong>in</strong>stallation für Tr<strong>in</strong>kwasser beg<strong>in</strong>nt unmittelbar nach der Wasserübergabestelle des Wasserversorgungsunternehmens<br />

(WVU) im Haus, <strong>in</strong> der Regel direkt h<strong>in</strong>ter dem Wasserzähler. Für die Hausanschlussleitung auf<br />

dem Grundstück e<strong>in</strong>schließlich Wasserzähler ist dagegen das WVU verantwortlich.<br />

10


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.2 Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation<br />

In Deutschland, der EU und zunehmend auch <strong>in</strong> anderen Ländern gilt beim Schutz des Tr<strong>in</strong>kwassers das Vorsorgepr<strong>in</strong>zip.<br />

In der Tr<strong>in</strong>kwasserverordnung 2001 besitzt der „Besorgnisgrundsatz“ e<strong>in</strong>e hohe Bedeutung. Beim Vorsorgepr<strong>in</strong>zip<br />

müssen, wie es das Bundesverwaltungsgericht formuliert hat, „auch solche Schadensmöglichkeiten<br />

<strong>in</strong> Betracht gezogen werden,… für die noch ke<strong>in</strong>e Gefahr, sonder nur e<strong>in</strong> Gefahrenverdacht oder e<strong>in</strong> Besorgnispotential<br />

besteht“. Je weniger darüber ausgesagt werden kann, ob e<strong>in</strong> möglicher Schaden auch tatsächlich e<strong>in</strong>treten<br />

wird, desto bedeutender für die Bewertung ist das zu gewärtigende Schadensausmaß; und je weniger das<br />

Schadensausmaß vorhergesehen werden kann, desto mehr ist die Betrachtung von „Worst-Case-Szenarien“<br />

gerechtfertigt. Dieser Grundsatz folgt dem Vorsorgepr<strong>in</strong>zip, wonach fehlende wissenschaftliche Gewissheit über<br />

e<strong>in</strong>e konkrete Gefahr ke<strong>in</strong>e Begründung für die Unterlassung von risikom<strong>in</strong>dernden Maßnahmen se<strong>in</strong> darf. Kritiker<br />

des Vorsorgepr<strong>in</strong>zips f<strong>in</strong>den sich vor allem <strong>in</strong> anderen Teilen der Welt, z. B. USA, wo das Vorsorgepr<strong>in</strong>zip nicht<br />

durchgesetzt ist, sondern bisher alle<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>e Vermeidung signifikanter, evidenzbasierter Risiken und e<strong>in</strong> Management<br />

auftretender Risiken die Rechtswirklichkeit bestimmen.<br />

1.2 Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation<br />

Geme<strong>in</strong>h<strong>in</strong> vertraut der Verbraucher darauf, dass durch Tr<strong>in</strong>kwasser <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Haushalt ke<strong>in</strong>e Gesundheitsschädigungen<br />

verursacht werden können. Er ist sich auch <strong>in</strong> der Regel se<strong>in</strong>er eigenen Verantwortung zur Bewahrung<br />

der Tr<strong>in</strong>kwasserqualität nicht bewusst.<br />

Tr<strong>in</strong>kwasser kann jedoch <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation e<strong>in</strong>e Reihe von Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>in</strong> physikalischer,<br />

chemischer und mikrobiologischer H<strong>in</strong>sicht erfahren:<br />

Verm<strong>in</strong>derung der ästhetischen Qualität: Geruchsbildung (z. B. „muffig“, „eklig“, „nach faulen Eiern“), Trübstoffbildung,<br />

Verfärbungen (rostig, blau-grün)<br />

Kaltwasser zu warm, wenig appetitlich, schal<br />

Warmwasser zu kalt<br />

Vorkommen von erhöhten Gehalten an Schwermetallen (Pb, Cu, Cd, Ni, Fe)<br />

Vorkommen von erhöhter Biomasse und Krankheitserregern<br />

1.2.1 Chemische Veränderungen der Tr<strong>in</strong>kwasserqualität <strong>in</strong> Haus<strong>in</strong>stallationen<br />

Aus Materialien, die <strong>in</strong> Kontakt mit Wasser stehen, können sich <strong>in</strong> Abhängigkeit von vielen Faktoren, <strong>in</strong>sbesondere<br />

aber der Dauer e<strong>in</strong>er Stagnation, Stoffe lösen und <strong>in</strong> das Tr<strong>in</strong>kwasser übergehen (Migration). Die Tr<strong>in</strong>kwV<br />

2001 trägt dem Rechnung und hat <strong>in</strong> der Anlage 2 zu § 6 Abs. 2 Teil II: „Chemische Parameter, deren Konzentration<br />

im Verteilungsnetz e<strong>in</strong>schließlich der Haus<strong>in</strong>stallation ansteigen kann“ speziell die Stoffe mit Grenzwerten versehen,<br />

die sich außerhalb der Verantwortung der Wasserwerke erhöhen können. Aus gesundheitlichen/toxikologischen<br />

Gründen ist hier z. B. die zulässige Konzentration von Metallen wie Blei, Kupfer, Nickel und Cadmium im<br />

Tr<strong>in</strong>kwasser begrenzt. Darüber, ob der Grenzwert der Tr<strong>in</strong>kwV 2001 für Kupfer (2 mg/l) oder für Blei (zur Zeit<br />

0,025 mg/l; 0,010 mg/l ab 01.12.2013) e<strong>in</strong>gehalten wird, entscheidet e<strong>in</strong>e für die durchschnittliche wöchentliche<br />

11


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.2 Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation<br />

Wasseraufnahme des Verbrauchers repräsentative Probe, die durch e<strong>in</strong> besonderes Probenameverfahren [17]<br />

gewonnen wird.<br />

Bei Blei als Installationsmaterial ist <strong>in</strong> jedem Fall mit Grenzwertüberschreitungen zu rechnen, bei Kupfer und verz<strong>in</strong>ktem<br />

Stahl s<strong>in</strong>d die entsprechenden E<strong>in</strong>satzgrenzen zu berücksichtigen (DIN 50930-6). Die Verantwortung<br />

dafür trägt der Planer, Installateur und Betreiber, der Versorger ist verantwortlich für Informationen zur Wasserbeschaffenheit.<br />

In e<strong>in</strong>igen Regionen Deutschlands, z. B. <strong>in</strong> den Neuen Bundesländern oder dem Stadtgebiet von Bonn, s<strong>in</strong>d<br />

noch alte Tr<strong>in</strong>kwasser-Installationen aus Blei vorhanden. Blei wird schnell und <strong>in</strong> hohen Konzentrationen <strong>in</strong>s Tr<strong>in</strong>kwasser<br />

abgegeben und ist für Säugl<strong>in</strong>ge und Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>der und schwangere Frauen besonders gesundheitsschädlich.<br />

Tr<strong>in</strong>kwasser aus Bleileitungen ist nicht geeignet für die Zubereitung von Säugl<strong>in</strong>gsnahrung und sollte auch<br />

nicht während e<strong>in</strong>er Schwangerschaft getrunken werden. Dies gilt bei Blei nicht nur für Stagnationswasser,<br />

sondern immer, d. h. auch für frisches, lang abgelaufenes Wasser.<br />

Kupfer ist für den Menschen e<strong>in</strong> notwendiges Spurenelement. Der tägliche Bedarf des Erwachsenen beträgt ca.<br />

1 mg. Kupfer kann <strong>in</strong> extrem hohen Konzentrationen Übelkeit, Erbrechen, Durchfall hervorrufen. E<strong>in</strong>e lang andauernde<br />

Versorgung von Säugl<strong>in</strong>gen mit Wasser mit mehr als 2 mg Kupfer pro Liter ist für Neugeborene und Säugl<strong>in</strong>ge<br />

möglicherweise gesundheitsschädlich. Bei Säugl<strong>in</strong>gen wurde <strong>in</strong> seltenen E<strong>in</strong>zelfällen von e<strong>in</strong>er kupfer<strong>in</strong>duzierte<br />

Leberzirrhose berichtet. Fallberichte aus Bayern und dem Emsland beschreiben Todesfälle bei Säugl<strong>in</strong>gen,<br />

die mit extrem saurem privaten Brunnenwasser aus Kupferleitungen versorgt wurden. Es wird diskutiert, ob Kupferwerte<br />

> 5 mg/l lebertoxisch s<strong>in</strong>d. Bei E<strong>in</strong>haltung des Tr<strong>in</strong>kwassergrenzwertes von 2 mg/l liegen die Werte um<br />

den Faktor 3-5 unterhalb mutmaßlicher Leber schädigender Werte (auch beim Säugl<strong>in</strong>g). Das Umweltbundesamt<br />

empfiehlt zum Schutz von Säugl<strong>in</strong>gen: „Deshalb darf zur Zubereitung von Säugl<strong>in</strong>gsnahrung ke<strong>in</strong> Stagnationswasser<br />

verwendet werden! Bei Beachtung dieser Forderung ist die Kupferbelastung des Tr<strong>in</strong>kwassers auch für<br />

nicht gestillte Säugl<strong>in</strong>ge unkritisch.“ [21].<br />

Allgeme<strong>in</strong> empfiehlt das Umweltbundesamt Folgendes: „Tr<strong>in</strong>kwasser, das länger als vier Stunden <strong>in</strong> der Tr<strong>in</strong>kwasser-Installation<br />

„stagniert“ – also gestanden hat, sollte grundsätzlich nicht zur Zubereitung von Speisen und<br />

Getränken genutzt werden. Auf jeden Fall ist solches Stagnationswasser zur Verwendung bei der Ernährung von<br />

Säugl<strong>in</strong>gen ungeeignet. Das Wasser sollte zunächst e<strong>in</strong>ige Zeit laufen, ehe es als Lebensmittel verwendet wird.<br />

Des Weiteren empfiehlt das Umweltbundesamt: Tr<strong>in</strong>kwasser, das <strong>in</strong> verchromten Armaturen länger als 30<br />

M<strong>in</strong>uten gestanden hat (Menge maximal e<strong>in</strong> viertel Liter = 1 großes Glas Wasser), sollte von Personen, die gegen<br />

Nickel vorsensibilisiert s<strong>in</strong>d (<strong>in</strong> Deutschland etwa jede sechste Person), nicht zum Händewaschen oder zur Körperpflege<br />

verwendet werden. Solches Wasser kann stark nickelhaltig se<strong>in</strong> und bei dem genannten Personenkreis<br />

zu Hautreaktionen führen.“<br />

12


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.2 Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation<br />

Tabelle 1: Bedeutung des Auftretens von Schwermetallen im Tr<strong>in</strong>kwasser aus Haus<strong>in</strong>stallationen und Gegenmaßnahmen, modifiziert nach<br />

„Tr<strong>in</strong>k was – Tr<strong>in</strong>kwasser aus dem Hahn. Gesundheitliche Aspekte der Tr<strong>in</strong>kwasser-Installation – Informationen und Tipps für<br />

Mieter, Haus- und Wohnungsbesitzer“ [21]<br />

Verwendung für Nach<br />

Stagnation<br />

von…<br />

Blei ältere Installationsrohre<br />

und Hausanschlussleitungen<br />

Unabhängig<br />

von e<strong>in</strong>er<br />

Stagnation<br />

Nickel verchromte Armaturen Über 30<br />

M<strong>in</strong>uten<br />

Blankes<br />

Kupfer<br />

neue oder nach heutigem<br />

Stand nicht normgerecht<br />

e<strong>in</strong>gebaute Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallationen<br />

normgerecht e<strong>in</strong>gebaute<br />

Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation<br />

Über 30<br />

M<strong>in</strong>uten<br />

Über 4<br />

Stunden<br />

Vorsorgemaßnahme?<br />

Ke<strong>in</strong>e Zubereitung<br />

von Lebensmitteln<br />

und/oder<br />

Fläschchennahrung<br />

Mund- und Hautkontaktvermeiden,namentlich…<br />

Ke<strong>in</strong>e regelmäßige<br />

Zubereitung<br />

von Fläschchennahrung…<br />

Für welchen<br />

betroffenen<br />

Personenkreis<br />

…für Säugl<strong>in</strong>ge und<br />

Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>der bis zum<br />

Alter von 6 Jahren<br />

und für schwangere<br />

Frauen<br />

…Personen, die<br />

gegen Nickel allergisch<br />

reagieren<br />

…für Säugl<strong>in</strong>ge bis<br />

zum Alter von<br />

1Jahr<br />

Abhilfe<br />

Abgepacktes, für<br />

Säugl<strong>in</strong>ge geeignetes<br />

Wasser verwenden<br />

Bis zu 250 ml<br />

Wasser vorher<br />

ablaufen lassen<br />

Das Wasser<br />

vorher ablaufen<br />

lassen, bis es<br />

etwas kühler aus<br />

der Leitung<br />

kommt<br />

Bedeutung der Stagnation<br />

Wasser, das nicht fließt, wird nicht verbraucht, es stagniert. Die Stagnation von Tr<strong>in</strong>kwasser ist der wohl wichtigste<br />

Faktor für Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>in</strong> chemischer und auch mikrobiologischer H<strong>in</strong>sicht und bedarf e<strong>in</strong>er<br />

besonderen Aufmerksamkeit und der E<strong>in</strong>haltung von Regeln und besonderen Betriebsweisen.<br />

Die Empfehlung des Umweltbundesamtes [21] zielt explizit auf die negativen Folgen e<strong>in</strong>er Stagnation ab, belässt<br />

die Verantwortung für e<strong>in</strong>en regelmäßigen Wasseraustausch aber alle<strong>in</strong> beim Nutzer der Anlage. Für längere Perioden<br />

der „Nichtbenutzung“ = Stagnation wurden vom Umweltbundesamt Regeln <strong>in</strong> der folgenden Tabelle<br />

zusammengefasst:<br />

13


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.2 Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation<br />

Tabelle 2: Maßnahmen nach Stagnation <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation, modifiziert nach „Tr<strong>in</strong>k was – Tr<strong>in</strong>kwasser aus dem Hahn. Gesundheitliche<br />

Aspekte der Tr<strong>in</strong>kwasser-Installation – Informationen und Tipps für Mieter, Haus- und Wohnungsbesitzer“ [21]<br />

Dauer der Abwesenheit Maßnahmen zu Beg<strong>in</strong>n der Abwesenheit<br />

Die Umsetzung dieser Anforderungen sowie der Empfehlungen für die Verm<strong>in</strong>derung der Aufnahme von Kupfer<br />

s<strong>in</strong>d für die Verbraucher nur schwer e<strong>in</strong>zuhalten und werden <strong>in</strong> der Praxis kaum regelmäßig umgesetzt. E<strong>in</strong>er<br />

<strong>in</strong>novativen Technik, die ohne Aktion des Verbrauchers e<strong>in</strong>en ausreichenden Austausch des Tr<strong>in</strong>kwassers <strong>in</strong> der<br />

Haus<strong>in</strong>stallation bewirkt, kommt hier im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es präventiven Gesundheitsschutzes e<strong>in</strong>e verstärkte Bedeutung<br />

zu. Hierzu zählen Komponenten mit <strong>in</strong>tegrierter Hygienespül-Funktion.<br />

14<br />

Maßnahmen bei Rückkehr<br />

4 und mehr Stunden, bis 2 Tage ke<strong>in</strong>e Stagnationswasser ablaufen<br />

lassen<br />

Mehrere Tage Wohnungen:<br />

Schließen der Stockwerksabsperrung<br />

E<strong>in</strong>familienhäuser:<br />

Schließen der Absperrarmatur h<strong>in</strong>ter der<br />

Wasserzählanlage<br />

Mehrere Wochen Selten genutzte Anlagenteile wie z. B.<br />

Gästezimmer, Garagen- oder Kelleranschlüsse…<br />

Mehr als 4 Wochen Wohnungen:<br />

Schließen der Stockwerksabsperrung<br />

E<strong>in</strong>familienhäuser:<br />

Schließen der Absperrarmatur h<strong>in</strong>ter der<br />

Wasserzählanlage<br />

Mehr als 6 Monate Schließen der Hauptabsperrarmatur, Entleeren<br />

der Leitungen (Frostschutz),<br />

Absperren der Zulaufleitung<br />

Mehr als 1 Jahr Anschlussleitung von der Versorgungsleitung<br />

durch e<strong>in</strong>e Fachfirma abtrennen<br />

lassen<br />

Öffnen der Stockwerksabsperrung,<br />

Wasser 5 M<strong>in</strong>. fließen lassen<br />

Öffnen der Absperrarmatur,<br />

Wasser 5 M<strong>in</strong>. fließen lassen<br />

…regelmäßige, m<strong>in</strong>destens<br />

monatliche Erneuerung des<br />

Wassers<br />

Öffnen der Stockwerksabsperrung,<br />

Spülen der Tr<strong>in</strong>kwasser-<br />

Installation<br />

Öffnen der Absperrarmatur, Spülen<br />

der Tr<strong>in</strong>kwasser-Installation<br />

Öffnen der Hauptabsperrarmatur,<br />

Spülen der Tr<strong>in</strong>kwasser-Installation<br />

Benachrichtigung des WVU, Wiederanschluss


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.2.2 Allgeme<strong>in</strong>e Mikrobiologische Bee<strong>in</strong>trächtigungen des Tr<strong>in</strong>kwassers<br />

1.2 Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation<br />

Tr<strong>in</strong>kwasser ist nicht steril, sondern enthält auch bei Erfüllung aller gesetzlichen Anforderungen Mikroorganismen.<br />

Diese lassen sich <strong>in</strong> vier Gruppen unterteilen:<br />

Gruppe 1: natürliche Flora ohne hygienische Relevanz; natürlicher Bestandteil jeden Wassers, auch von unbee<strong>in</strong>flusstem<br />

Grundwasser<br />

Gruppe 2: Anstieg der Koloniebildenden E<strong>in</strong>heiten (KBE, s.u.), Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen, Auftreten von E<strong>in</strong>zellern<br />

(z. B. Amöben) und Wirbellosen; beg<strong>in</strong>nende nutzungsorientierte Relevanz<br />

Gruppe 3: hohe nutzungsorientierte Relevanz, stark erhöhte KBE, Veränderung von Geruch, Geschmack,<br />

Aussehen<br />

Gruppe 4: hohe hygienische Relevanz, Auftreten von Krankheitserregern wie Pseudomonas aerug<strong>in</strong>osa und<br />

Legionellen<br />

Beim Vorliegen bestimmter hygienisch ungünstiger Faktoren kann die Haus<strong>in</strong>stallation als Bioreaktor 1) verstanden<br />

werden der durch folgende Faktoren angetrieben wird:<br />

falsche Temperaturniveaus<br />

E<strong>in</strong>trag von Nährstoffen<br />

lange Verweilzeit von Wasser-Kontaktzeit<br />

ger<strong>in</strong>ge Entnahme: Stagnation<br />

Mit fortschreitender Entwicklung und wachsender Komplexität von Tr<strong>in</strong>kwasseranlagen s<strong>in</strong>d neue, früher weitgehend<br />

unbekannte Risiken durch nicht aus dem Abwasser stammende Mikroorganismen entstanden, vor allem <strong>in</strong><br />

weit verzweigten, Wasser führenden Installationssystemen von Gebäuden (Krankenhäuser, Altenheime, Hotels<br />

u. a.). Neuere Untersuchungen weisen darauf h<strong>in</strong>, dass das Haus<strong>in</strong>stallationssystem als Infektionsquelle nicht nur<br />

im Zusammenhang mit Legionellen, sondern auch mit anderen Mikroorganismen, <strong>in</strong>sbesondere Pseudomonas<br />

aerug<strong>in</strong>osa von Bedeutung ist. Dies bedeutet, dass sowohl die Tr<strong>in</strong>kwasseranlage Warm (PWH) wie die Tr<strong>in</strong>kwasseranlage<br />

Kalt (PWC) als mögliche Infektionsquelle <strong>in</strong> Betracht zu ziehen s<strong>in</strong>d.<br />

Beobachtungen aus der Praxis zeigen, dass <strong>in</strong> der Gesamtkette Planung, Ausführung, Betrieb massive Verletzungen<br />

grundlegender Hygieneregeln vorkommen, die zu e<strong>in</strong>er nachhaltigen und oft schwierig zu beseitigenden<br />

Verunre<strong>in</strong>igung des Haus<strong>in</strong>stallationssystems führen können. Als mögliche Risikofaktoren für die Kontam<strong>in</strong>ation<br />

des Kaltwassersystems und teilweise auch des Warmwassersystems <strong>in</strong> Gebäuden können genannt werden:<br />

nicht sachgerechte Planung (z. B. Überdimensionierung von Speichern, Leitungen)<br />

mangelhafte, nicht fachgerechte Installation<br />

Verwendung ungeeigneter Materialien und Bauteile<br />

nicht sachgerechte Dichtigkeitsprüfung vor Inbetriebnahme<br />

nicht sachgerechte Inbetriebnahme<br />

nicht regelmäßig genutzte Leitungsteile mit stagnierendem Wasser<br />

nicht bestimmungsgemäßer Betrieb<br />

erhöhte Temperatur im Kaltwasserbereich von deutlich mehr als 20 °C<br />

Begünstigung der Biofilmbildung<br />

1) Understand<strong>in</strong>g the distribution system as a bioreactor: a framework for manag<strong>in</strong>g heterotrophic plate count levels. Peter M. Huck, Graham A. Gagnon; International<br />

Journal of Food Microbiology 92 (2004) 347-353<br />

15


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.2 Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation<br />

Besondere Bedeutung für die mikrobiologische Qualität von Tr<strong>in</strong>kwasser <strong>in</strong> Tr<strong>in</strong>kwasseranlagen haben das Vorhandense<strong>in</strong><br />

und das Ausmaß der Bildung von Biofilmen.<br />

Biofilme<br />

Biofilme bestehen aus Zellen von Bakterien, Pilzen oder auch Algen, die sich an Materialien zunächst anheften<br />

und im Weiteren mit e<strong>in</strong>er Schleimschicht, <strong>in</strong> die Eisen- oder Kalkablagerungen e<strong>in</strong>gebaut se<strong>in</strong> können, umgeben.<br />

Biofilme besiedeln alle mit Wasser benetzten Flächen, z. B. Wandungen von Rohren, Speichern, Apparaten.<br />

Mikroorganismen treten hier nicht als Re<strong>in</strong>kultur, sondern gemischt <strong>in</strong> Gesellschaften auf. Auch Krankheitserreger<br />

wie Legionellen oder Pseudomonaden können <strong>in</strong> den Biofilm e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen und sich dort vermehren. Im Schutz des<br />

Biofilms entziehen sie sich widrigen äußeren Lebensumständen. Unzureichende oder nur zeitweise Chlorung<br />

z. B. führt nur zu e<strong>in</strong>er Inaktivierung der oberen Bereiche e<strong>in</strong>es Biofilms, tiefere Schichten werden nicht erfasst.<br />

Aus diesen tiefen Zonen können immer wieder Bakterien nachwachsen und <strong>in</strong> das vorbei fließende Wasser übertreten.<br />

Nur diese so genannten planktontischen Keime werden bei üblichen mikrobiologischen Kontrolluntersuchungen<br />

erfasst. Sie repräsentieren aber nur e<strong>in</strong>en w<strong>in</strong>zigen Bruchteil der <strong>in</strong> den Biofilmen vorhandenen Mikroorganismen.<br />

Biofilme können e<strong>in</strong>e Reihe von Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen im Tr<strong>in</strong>kwasser hervorrufen:<br />

Bildung von Geruchsstoffen (z. B. Act<strong>in</strong>omyceten)<br />

Verfärbungen und Trübung von Tr<strong>in</strong>kwasser<br />

mikrobiell <strong>in</strong>duzierte Korrosion (Biokorrosion = MIK)<br />

Erhöhung des Strömungswiderstandes<br />

Schaffung e<strong>in</strong>es Lebensraums auch für Krankheitserreger<br />

ständige Kontam<strong>in</strong>ation des Tr<strong>in</strong>kwassers durch freigesetzte Mikroorganismen<br />

schlagartiges Freisetzen großer Bakterienmengen bei Reparaturen oder starken Druckschwankungen<br />

erhöhte Toleranz gegen Des<strong>in</strong>fektionsmittel, Zehrung von Des<strong>in</strong>fektionsmitteln<br />

Begünstigende Faktoren für das Biofilmwachstum s<strong>in</strong>d u. a.:<br />

Stagnation<br />

Fließgeschw<strong>in</strong>digkeit<br />

Menge mikrobiell verwertbarer Nährstoffe<br />

Wassertemperatur<br />

Rauhigkeit der Oberfläche<br />

Anwesenheit von Des<strong>in</strong>fektionsmitteln<br />

Sanierungskonzepte, welche die Elim<strong>in</strong>ierung oder Reduzierung von Bakterien <strong>in</strong> Tr<strong>in</strong>kwasseranlagen zum Ziel<br />

haben, müssen immer auf e<strong>in</strong>e deutliche Reduzierung oder sogar Elim<strong>in</strong>ierung der Biofilme abgezielt se<strong>in</strong>, damit<br />

nachhaltige Wirkungen erzielt werden können. Das Vorkommen von Biofilmen im Gesamtsystem von Tr<strong>in</strong>kwasseranlagen<br />

macht auch deutlich, dass punktuelle, lokale Maßnahmen häufig nicht zum gewünschten Erfolg<br />

führen, da sie <strong>in</strong> der Regel nur die frei schwimmenden Organismen erfassen.<br />

Tr<strong>in</strong>kwasser führende Systeme s<strong>in</strong>d deshalb so zu planen, auszuführen, zu betreiben und <strong>in</strong>stand zu halten, dass<br />

sie das Wachstum oder die Bildung von Biofilmen bzw. Mikroorganismen nicht begünstigen. Dies erfordert <strong>in</strong> der<br />

Regel:<br />

die Verwendung von Installationsmaterialien, von denen möglichst ke<strong>in</strong>e verwertbaren Nährstoffe abgegeben<br />

werden,<br />

die Vermeidung von Stagnation des Tr<strong>in</strong>kwassers,<br />

16


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.2 Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation<br />

die Vermeidung unnötiger Speicherung des Tr<strong>in</strong>kwassers,<br />

e<strong>in</strong>e angemessene, bestimmungsgemäße Wasserentnahme<br />

Vermeidung von Temperaturbereichen, bei denen Bakterienwachstum, <strong>in</strong>sbesondere das von Krankheitserregern,<br />

gefördert wird.<br />

Zu den wichtigsten Mikroorganismen, die sich <strong>in</strong> Tr<strong>in</strong>kwasseranlagen vermehren können und zu mikrobiellen Problemen<br />

beitragen, gehören im Warmwasser Legionellen und atypische Mykobakterien, im Kaltwasser Pseudomonaden<br />

und andere heterotrophe Bakterien.<br />

Koloniebildende E<strong>in</strong>heiten (KBE)<br />

Mit den Parametern Koloniezahlbestimmung bei 22 °C wie auch bei 36 °C (Tr<strong>in</strong>kwV 2001, Anlage 3) werden so<br />

genannte heterotrophe Mikroorganismen erfasst, die Bakterien und Pilze, nicht jedoch Viren und Parasiten<br />

umfassen. Sie besitzen Indikatoreigenschaften <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf die allgeme<strong>in</strong>e Zustandsbeschreibung der Wasserbeschaffenheit<br />

ohne direkte Korrelation zum Vorkommen von Krankheitserregern wie Legionellen, können aber<br />

H<strong>in</strong>weise auf das Vorkommen von Pseudomonaden oder anderen fakultativen Krankheitserregern, das Wiederverkeimungspotenzial<br />

<strong>in</strong> Haus<strong>in</strong>stallation und das Vorkommen von Biofilmen geben.<br />

Mit der Koloniezahlbestimmung bei 22 °C werden vorwiegend natürlich vorkommende Mikroorganismen, mit der<br />

Koloniezahlbestimmung bei 36 °C eher hygienisch relevante Mikroorganismen erfasst. Erhöhte Zahlen an KBE<br />

deuten häufig auf Stagnationen oder kontam<strong>in</strong>ierte Bauteile (z. B. Dosieranlagen, Ionenaustauscher) <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation<br />

h<strong>in</strong>.<br />

Abbildung 1: Massives Wachstum koloniebildender E<strong>in</strong>heiten (KBE/ml) auf e<strong>in</strong>em Nährboden<br />

Coliforme Bakterien<br />

Coliforme Bakterien s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>homogene Gruppe <strong>in</strong>nerhalb der „Enterobacteriaceae“, die durch bestimmte biochemische<br />

Reaktionen beim Nachweis def<strong>in</strong>iert s<strong>in</strong>d. Zu den Coliformen Bakterien zählen außer dem Fäkal<strong>in</strong>dikator<br />

Escherichia coli vor allem Klebsiella, Enterobacter, Citrobacter und Serratia. Die beiden gemäß Tr<strong>in</strong>kwV 2001<br />

zugelassenen Bestimmungsverfahren (ISO-Verfahren und Colilert ® Quantitray) können zu unterschiedlichen<br />

Ergebnissen führen.<br />

Anders als beim E.coli, der immer zw<strong>in</strong>gend e<strong>in</strong>e fäkale Verunre<strong>in</strong>igung anzeigt, weist der Nachweis Coliformer<br />

Bakterien <strong>in</strong> der Regel unspezifisch häufig auch auf e<strong>in</strong>e nicht-fäkale Herkunft h<strong>in</strong>. E<strong>in</strong> Beispiel dafür s<strong>in</strong>d massen-<br />

17


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.2 Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation<br />

haftes Auftreten von Coliformen Bakterien – hier Enterobacter – <strong>in</strong> für die Tr<strong>in</strong>kwasserversorgung genutzten Talsperrenwässern.<br />

Auch die Coliformen Bakterien bedeuten e<strong>in</strong>e unerwünschte Belastung des Wassers und s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />

der Tr<strong>in</strong>kwV 2001 mit Grenzwerten, allerd<strong>in</strong>gs mit zeitlich befristeten Überschreitungen, belegt. Verschiedene<br />

Coliforme Bakterien neigen zur Biofilmbildung und s<strong>in</strong>d dann durch Des<strong>in</strong>fektionsmaßnahmen schwer unter Kontrolle<br />

zu br<strong>in</strong>gen.<br />

1.2.3 Krankheitserreger im Tr<strong>in</strong>kwasser kalt<br />

Im Bereich der Kaltwasserversorgung s<strong>in</strong>d neben Fäkal<strong>in</strong>dikatoren wie Escherichia coli, Coliforme Bakterien,<br />

Enterokokken, welche E<strong>in</strong>träge aus Nicht-Tr<strong>in</strong>kwassersystemen, z. B. Dachablaufwasser, anzeigen können,<br />

unspezifische Verkeimungen (Erhöhung der Zahl Koloniebildender E<strong>in</strong>heiten – KBE) <strong>in</strong>sbesondere Kontam<strong>in</strong>ationen<br />

durch Pseudomonaden von Bedeutung.<br />

Pseudomonas aerug<strong>in</strong>osa ist e<strong>in</strong> allgegenwärtiger Keim, der jegliche feuchte Nische besiedeln kann. Er tritt regelmäßig<br />

<strong>in</strong> Abwasser, Oberflächengewässern, Pflanzen, Früchten, Lebensmittel, feuchtem Erdreich, feuchten Putzutensilien<br />

(Tücher, Schwämme), Waschbeckensiphons, Gullys und sogar <strong>in</strong> Des<strong>in</strong>fektionsmittellösungen auf. Auf<br />

Nährböden wächst er unter Produktion e<strong>in</strong>es grünen Pigments (→ Abb. 2).<br />

Abbildung 2: Kultur von Pseudomonas aerug<strong>in</strong>osa auf e<strong>in</strong>em Nährmedium; typisch ist die Bildung e<strong>in</strong>es grünen Pigmentes (Pyocyan<strong>in</strong>)<br />

Pseudomonaden zeichnen sich durch äußerst ger<strong>in</strong>ge Nährstoffansprüche und Vermehrungsfähigkeit schon bei<br />

Temperaturen unterhalb von 15 °C aus und können so alle Wässer e<strong>in</strong>schließlich Tr<strong>in</strong>kwasser kontam<strong>in</strong>ieren. Am<br />

häufigsten s<strong>in</strong>d endständige punktuelle Kontam<strong>in</strong>ationen z. B. von Strahlbegrenzer, die über Spritzkontam<strong>in</strong>ation<br />

aus besiedelten Siphons leicht besiedelt werden können. Auch Entnahmearmaturen konnten als Quelle für Pseudomonaden<br />

identifiziert werden.<br />

Pseudomonas aerug<strong>in</strong>osa ist außerhalb des Krankenhauses bekannt als Ursache von Infektionen der Haut wie<br />

der Whirlpool-Dermatitis und Follikulitis sowie der Schwimmbad-assoziierten Otitis externa (Infektion des äußeren<br />

Gehörgangs – „swimmers ear“). Für diese Infektionen s<strong>in</strong>d äußerst hohe Keimdosen nötig, die <strong>in</strong> Tr<strong>in</strong>kwassersystemen<br />

<strong>in</strong> der Regel nicht erreicht werden. E<strong>in</strong> normal gesunder Mensch trägt e<strong>in</strong> nur ger<strong>in</strong>ges Risiko, durch e<strong>in</strong>e<br />

Infektion mit Pseudomonas aerug<strong>in</strong>osa zu erkranken.<br />

Besonders betroffen durch Atemwegs<strong>in</strong>fekte im häuslichen Bereich s<strong>in</strong>d Patienten mit ererbter zystischer Fibrose<br />

(Mukoviszidose).<br />

18


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

Tabelle 3: Berichte über krankenhausbed<strong>in</strong>gte, wasserassoziierte Infektionen 1)<br />

1.2 Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation<br />

Keim Anzahl Berichte<br />

Pseudomonas aerug<strong>in</strong>osa 13<br />

Stenotrophomonas maltophilia 5<br />

Mycobacterium fortuitum 4<br />

Mycobacterium xenopi 2<br />

Serratia marcescens 2<br />

Burkholderia cepacia 1<br />

Aeromonas hydrophila 1<br />

Aspergillus fumigatus 1<br />

Fusarium solani 1<br />

Exophiala jeanselmei 1<br />

1) Anaisse et al., Arch Intern Med 2002; 162:1483<br />

Tabelle 4: Anteil wasserassoziierter Krankenhaus<strong>in</strong>fektionen mit P.aerug<strong>in</strong>osa und ihre Folgen 1)<br />

Anteil Folgen<br />

>40 % auf Intensivtherapiestationen<br />

>30 % auf Normalstationen<br />

1) Reuter et al. Crit.Care Med. 2002; 30: 2222<br />

Anaissie et al. Arch.Intern.Med. 2002; 162:1483<br />

erhebliche Verlängerung der Liegezeiten<br />

ca. 1400 Todesfälle pro Jahr <strong>in</strong> den USA durch wasserassoziierte<br />

P.aerug<strong>in</strong>osa Pneumonie<br />

Im Krankenhausbereich gehört P.aerug<strong>in</strong>osa zu den häufigsten Erregern krankenhausbed<strong>in</strong>gter Infektionen<br />

(Wund-, Harn- und Atemwegs<strong>in</strong>fekte) mit oft tödlichem Verlauf. Die Übertragung verläuft hier <strong>in</strong> der Regel durch<br />

Verschleppen von Erregern <strong>in</strong> sensible Bereiche, z. B. <strong>in</strong> Beatmungsgeräte und andere mediz<strong>in</strong>ische Gerätschaften.<br />

Oft werden nur endständige Entnahmestellen durch sekundäre Kontam<strong>in</strong>ation aus hoch besiedelten<br />

Geruchsverschlüssen von Waschbecken zur Infektionsquelle. Die Folgen können dramatisch se<strong>in</strong>. So starben <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Krankenhaus <strong>in</strong> Kanada im Jahr 2007 sechs Frühgeborene durch e<strong>in</strong>e Infektion mit P.aerug<strong>in</strong>osa, die auf<br />

solche Geruchsverschlüsse zurückgeführt werden konnte. E<strong>in</strong>e Frühgeborenenstation <strong>in</strong> Los Angeles musste<br />

wegen des Auftretens wasserbed<strong>in</strong>gter Pseudomonas-Infektionen geschlossen werden.<br />

In der letzten Zeit wurde darüber h<strong>in</strong>aus gehäuft über zum Teil hohe systemische Kontam<strong>in</strong>ationen von<br />

Haus<strong>in</strong>stallationssystemen <strong>in</strong> mediz<strong>in</strong>ischen E<strong>in</strong>richtungen berichtet, wobei mit verschiedensten, chemischen<br />

und physikalischen Sanierungsverfahren nur unzureichende Erfolge erzielt werden konnten. Die Kontam<strong>in</strong>ationen<br />

standen häufig im Zusammenhang mit der Erst<strong>in</strong>betriebnahme von Haus<strong>in</strong>stallationssystemen. Die Ursachen<br />

dafür s<strong>in</strong>d vielfältig und können <strong>in</strong> der Gesamtkette Planung, Ausführung, Betrieb liegen. In dem bereits oben<br />

erwähnten kanadischen Krankenhaus erkrankten 50 Säugl<strong>in</strong>ge im Jahr 2004 an P.aerug<strong>in</strong>osa-Infektionen, die auf<br />

e<strong>in</strong>e Besiedlung des maroden Kaltwassersystems zurückgeführt werden konnten.<br />

Bei Besiedlungen mit P.aerug<strong>in</strong>osa kommt der Aufklärung der Kontam<strong>in</strong>ationsquelle e<strong>in</strong>e herausragende Bedeutung<br />

zu. Wenn die Quelle nicht identifiziert wird, s<strong>in</strong>d alle Maßnahmen wirkungslos. Erfahrungen zeigen, dass<br />

19


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.2 Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation<br />

nach Elim<strong>in</strong>ierung der Kontam<strong>in</strong>ationsquelle sich die Wasserqualität auch ohne Zusatz von Des<strong>in</strong>fektionsmitteln<br />

stabilisiert. Als Quellen beschrieben wurden z. B. Fe<strong>in</strong>filter, Magnetventile, zuführende Leitungsteile von Dosieranlagen,<br />

Ionenaustauscher. Bei der Aufklärung der Kontam<strong>in</strong>ationsursache ist es empfehlenswert, Probenahmepunkte<br />

festzulegen, die e<strong>in</strong>e abschnittsweise Analyse des Gebäudes und damit e<strong>in</strong>e schnelle Probleme<strong>in</strong>grenzung<br />

ermöglichen.<br />

Nach E<strong>in</strong>schätzung des Umweltbundesamtes wird Pseudomonas aerug<strong>in</strong>osa nur <strong>in</strong> solchen E<strong>in</strong>richtungen für<br />

relevant angesehen, <strong>in</strong> denen Patienten mediz<strong>in</strong>isch behandelt, untersucht und gepflegt bzw. Kle<strong>in</strong>stk<strong>in</strong>der<br />

betreut werden [19], da hier zusätzliche Infektionsrisiken bestehen. Für diese Bereiche s<strong>in</strong>d deshalb Höchstwerte<br />

(nicht zu verwechseln mit Grenzwerten nach Tr<strong>in</strong>kwV 2001) def<strong>in</strong>iert worden ([5]).<br />

Tabelle 5: Empfehlung des Umweltbundesamtes zu Höchstwerten von Pseudomonas aerug<strong>in</strong>osa, modifiziert nach [18]; Untersuchungs<strong>in</strong>tervall:<br />

m<strong>in</strong>destens jährlich<br />

Art der E<strong>in</strong>richtung Ort der Entnahme<br />

Krankenhäuser,<br />

andere Mediz<strong>in</strong>ische<br />

E<strong>in</strong>richtungen,<br />

Pflegee<strong>in</strong>richtungen<br />

Übrige E<strong>in</strong>richtungen/Gebäudetypen<br />

Grundlegende Regeln für Planung und Ausführung von Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallationen kalt<br />

Die folgende Darstellung stellt exemplarisch Schwachpunkte dar. Sie erhebt ke<strong>in</strong>en Anspruch auf Vollständigkeit.<br />

Alle Materialien und Prozesse, durch die bakterienhaltiges Material (z. B. Erde, Schmutz, Tiere, unsauberes<br />

Wasser, Stoffreste) <strong>in</strong> das Innere e<strong>in</strong>er Wasseranlage gelangen können, müssen als mögliche Kontam<strong>in</strong>ationsquellen<br />

<strong>in</strong> Betracht gezogen werden:<br />

Leitungen, Apparate und Armaturen müssen für den bestimmungsgemäßen Verbrauch dimensioniert werden.<br />

Es dürfen nur saubere und trockene Installationsmaterialien verwendet werden. Verschlusskappen dürfen erst<br />

unmittelbar vor der Montage entfernt werden (z. B. Rohre, Entnahmearmaturen).<br />

Entnahmestellen müssen nach Inbetriebnahme e<strong>in</strong>er regelmäßigen und ausreichenden Nutzung unterliegen.<br />

Dies gilt auch dann, wenn e<strong>in</strong> Gebäude nicht genutzt wird oder werden kann.<br />

nur kurze Stichleitungen, Strang- oder R<strong>in</strong>gleitungssysteme <strong>in</strong>stallieren<br />

E<strong>in</strong> Wärmeübergang von Warmwasserleitungen auf Kaltwasserleitungen muss so soweit wie möglich verh<strong>in</strong>dert<br />

werden. Ziel muss se<strong>in</strong>, die Kaltwassertemperaturen dauerhaft


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.2 Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation<br />

Bypass-Leitungen, die im Normalbetrieb nicht durch strömt werden, s<strong>in</strong>d nicht zulässig.<br />

Druckprüfung: E<strong>in</strong>e Prüfung auf Dichtheit mit Wasser nach DIN 1988 Teil 2, Abschnitt 11.1, darf nur mit hygienisch<br />

e<strong>in</strong>wandfreiem filtriertem Tr<strong>in</strong>kwasser erfolgen und nur dann, wenn sichergestellt ist (siehe dazu auch das<br />

Ergebnisprotokoll der Konsensuskonferenz vom 31.03.2004 <strong>in</strong> Bonn [18] sowie [2] und [25]):<br />

dass der Hausanschluss gespült und für den Anschluss und Betrieb freigegeben wurde oder der Bauwasseranschluss<br />

für die Befüllung aus hygienischer Sicht geeignet ist und die mikrobiologischen Anforderungen der<br />

Tr<strong>in</strong>kwV 2001 erfüllt s<strong>in</strong>d. Zusätzlich zu den Anforderungen der Anlage 1 der Tr<strong>in</strong>kwV 2001 sollte der Untersuchungsumfang<br />

auf Pseudomonas aerug<strong>in</strong>osa zum<strong>in</strong>dest bei Krankenhäusern und Altenwohnheimen erweitert<br />

werden.<br />

dass die Befüllung des Leitungssystems über hygienisch e<strong>in</strong>wandfreie Komponenten erfolgt und hygienisch<br />

e<strong>in</strong>wandfreies Tr<strong>in</strong>kwasser hierzu verwendet wird. Die Verwendung von Schläuchen ist zu vermeiden<br />

(→ Abb. 3).<br />

dass der Zeitraum von der Dichtheitsprüfung mit Tr<strong>in</strong>kwasser bis zur bestimmungsgemäßen Inbetriebnahme<br />

maximal 48 Stunden beträgt.<br />

e<strong>in</strong>e Prüfung mit Tr<strong>in</strong>kwasser und anschließendem Absperren und Entleeren ist aus hygienischen Gründen auf<br />

ke<strong>in</strong>en Fall zulässig.<br />

Tr<strong>in</strong>kwasseranlagen, die nicht unmittelbar (<strong>in</strong>nerhalb von 48 Stunden) nach der Druckprüfung <strong>in</strong> Betrieb<br />

genommen werden können, s<strong>in</strong>d unter Beachtung von Sicherheitsanforderungen mit ölfreier Druckluft bzw.<br />

Stickstoff zu prüfen. Die Prüfung kann abschnittsweise <strong>in</strong> Prüfabschnitten erfolgen.<br />

Abbildung 3: Kontam<strong>in</strong>iertes Tr<strong>in</strong>kwasser <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Druckprüfungspumpe<br />

Inbetriebnahme: Die Inbetriebnahme der Anlage sollte zu dem Zeitpunkt erfolgen, der den anschließenden<br />

bestimmungsgemäßen Dauerbetrieb gewährleistet. Die Inbetriebnahme der Anlage setzt auch die Übergabe an<br />

den Betreiber/Nutzer voraus. Der Vertreter des Betreibers/Nutzers übernimmt bei der Übernahme der Anlage<br />

21


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.2 Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation<br />

auch die Verantwortung für den hygienisch e<strong>in</strong>wandfreien Betrieb. Der Bau der Anlage und Vorschriften für ihren<br />

Betrieb s<strong>in</strong>d vom Hersteller zu dokumentieren. Die Dokumentation ist dem Betreiber bei Inbetriebnahme der<br />

Anlage zu übergeben. Schon <strong>in</strong> <strong>diesem</strong> Stadium ist es empfehlenswert, e<strong>in</strong>en „Water Safety Pan“ zu erstellen.<br />

H<strong>in</strong>gewiesen wird darauf, dass an der Übergabestelle die Verantwortung für die E<strong>in</strong>haltung der Tr<strong>in</strong>kwV 2001 h<strong>in</strong>sichtlich<br />

der Wasserqualität dem Wasserversorger obliegt.<br />

Spülen der Anlage: Es darf nur Tr<strong>in</strong>kwasser oder Druckluft <strong>in</strong> hygienisch e<strong>in</strong>wandfreier Qualität e<strong>in</strong>gesetzt<br />

werden.<br />

Das zur Spülung verwendete Wasser muss auf se<strong>in</strong>e Tr<strong>in</strong>kwasserqualität gemäß Anlage 1 der Tr<strong>in</strong>kwV 2001 kontrolliert<br />

werden. Das Untersuchungsspektrum sollte <strong>in</strong> Großgebäuden auch Pseudomonas aerug<strong>in</strong>osa e<strong>in</strong>schließen.<br />

Die Spülung der Anlage muss unmittelbar vor der Inbetriebnahme e<strong>in</strong>er Neuanlage erfolgen und sollte auch bei<br />

Wieder<strong>in</strong>betriebnahme der Tr<strong>in</strong>kwasseranlage und von Anlagenabschnitten, die aus betrieblichen Gründen<br />

längere Zeit nicht genutzt wurden, durchgeführt werden (siehe dazu auch Tabelle 2 auf Seite 14).<br />

In mediz<strong>in</strong>ischen E<strong>in</strong>richtungen sollte erst nach Vorliegen e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>wandfreien hygienisch-mikrobiologischen<br />

Untersuchungsergebnisses (e<strong>in</strong>schließlich Freiheit von Pseudomonas aerug<strong>in</strong>osa <strong>in</strong> 100 ml) die Anlage zur<br />

Benutzung freigegeben werden.<br />

Sofern e<strong>in</strong>e Des<strong>in</strong>fektion des Wassers bei Erstbefüllung notwendig ist, muss der Nachweis der ausreichenden<br />

Des<strong>in</strong>fektionskapazität an mehreren, möglichst peripher gelegenen, endständigen Entnahmestellen erfolgen. An<br />

endständigen Stellen sollte auch die Kontrolle der mikrobiologischen Wasserbeschaffenheit entsprechend den<br />

Vorgaben der Tr<strong>in</strong>kwV 2001 erfolgen. Es wird empfohlen, auch das Vorkommen von Pseudomonas aerug<strong>in</strong>osa<br />

zu untersuchen.<br />

Des<strong>in</strong>fektion vor Inbetriebnahme: Trotz aller Bemühungen um Sauberkeit <strong>in</strong> allen Phasen der Erbauung und<br />

Inbetriebnahme kann – vor allem <strong>in</strong> komplexen Gebäuden – das mikrobiologische Ergebnis unbefriedigend se<strong>in</strong><br />

und besondere Maßnahmen unter E<strong>in</strong>schluss e<strong>in</strong>er Des<strong>in</strong>fektion erfordern. Es gibt H<strong>in</strong>weise darauf, dass neu<br />

errichtete Systeme e<strong>in</strong> vermehrtes Nährstoffangebot produzieren, welches e<strong>in</strong> Wachstum von Bakterien, darunter<br />

Pseudomonas aerug<strong>in</strong>osa, fördert. Möglicherweise s<strong>in</strong>d auch neue Bauteile durch nicht hygiene-optimierte Fertigungs-<br />

oder Prüfprozesse mikrobiell kontam<strong>in</strong>iert. Aus <strong>diesem</strong> Grund kann es empfehlenswert se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>ige<br />

Wochen vor Inbetriebnahme das gesamte System durch Zugabe von Des<strong>in</strong>fektionsmitteln, z. B. von Chlordioxid,<br />

chemisch zu des<strong>in</strong>fizieren. Bei dieser Maßnahme ist von größter Wichtigkeit, dass e<strong>in</strong> Wasserentnahmeplan aufgestellt<br />

wird, durch den gewährleistet wird, dass alle Leitungsteile regelmäßig und ausreichend durchspült<br />

werden. Die Spülung aller möglichen Entnahmestellen/Stränge muss dabei täglich erfolgen. Dies bedeutet e<strong>in</strong>en<br />

immensen, aber unverzichtbaren Arbeitsaufwand und e<strong>in</strong>e sorgfältige Planung. Zur Reduktion des Arbeitsaufwandes<br />

können Komponenten mit <strong>in</strong>tegrierter automatischen Hygienespülung-Funktion e<strong>in</strong>gesetzt werden.<br />

22


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.2 Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation<br />

Betrieb der Haus<strong>in</strong>stallation: Es wird dr<strong>in</strong>gend empfohlen, vor der Übergabe e<strong>in</strong>es Bauwerkes an den Nutzer<br />

die Beschaffenheit der gesamten Tr<strong>in</strong>kwasseranlage zu überprüfen. Dazu ist es notwendig, schon im Vorfeld e<strong>in</strong>e<br />

Risikoanalyse, etwa entsprechend dem <strong>in</strong> der Lebensmittel<strong>in</strong>dustrie bewährten HACCP-Konzept (Hazard Analysis<br />

Critical Control Po<strong>in</strong>t) vorzunehmen und e<strong>in</strong>en „Water Safety Plan“ aufzustellen. Die Vorgehensweise könnte<br />

wie folgt aussehen und sich an der VDI 6023 Blatt 1, Juli 2006 [23] orientieren:<br />

Erstellen e<strong>in</strong>er umfassenden Dokumentation der Tr<strong>in</strong>kwasseranlage Kalt und Warm<br />

Festlegung kritischer Kontrollpunkte/Bereiche, die negative Auswirkungen auf die Wasserqualität haben<br />

können: E<strong>in</strong>speisung, Apparate (z. B. Enthärter, Dosieranlagen, Filter, Speicher, Verteilerbalken), Übergabepunkte<br />

(z. B. Druckerhöhungsstufen, periphere Gebäude, VE-Wasser, Feuerlöschleitung nass-trocken, Nicht-<br />

Tr<strong>in</strong>kwasser-Anlagen, Anschluss mediz<strong>in</strong>ischer Geräte)<br />

Festlegung von deskriptiven Kontrollpunkten, mit denen die Anlage abgebildet werden kann (z. B. an Steigleitungen,<br />

Rückläufen der Zirkulation, Stockwerksverteilungen, entfernteste Bereiche)<br />

Installation spezieller Entnahmearmaturen an allen Kontrollpunkte zur Ermöglichung e<strong>in</strong>er sachgemäßen Probenahme<br />

Das Gebäude zum Leben erwecken! Wasser verbrauchen! Bei Bedarf Zwangsspülungen vorsehen!<br />

Es muss e<strong>in</strong>e periodische Spülung <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> Krankenhäusern, Arztpraxen oder Hotels sichergestellt<br />

se<strong>in</strong>, unabhängig davon, ob Zimmer belegt s<strong>in</strong>d oder nicht.<br />

Mikrobiologische Untersuchung der Wasserqualität (E<strong>in</strong>beziehung von Pseudomonas aerug<strong>in</strong>osa empfohlen)<br />

an allen Kontrollpunkten. Die häufig anzutreffende Praxis, nur 1 oder 2 Proben aus der Peripherie zu ziehen, ist<br />

für größere Gebäude (Hotels, Kl<strong>in</strong>iken, Altenheime) völlig unzureichend. Die Untersuchung sollte <strong>in</strong> der Lage<br />

se<strong>in</strong>, schon beim ersten Untersuchungsgang e<strong>in</strong>e mögliche Verunre<strong>in</strong>igungsquelle zu identifizieren, so dass<br />

gezielte Maßnahmen ergriffen werden können.<br />

Übergabe an den Betreiber erst beim Vorliegen e<strong>in</strong>wandfreier mikrobiologischer Ergebnisse.<br />

Bei der Übergabe ist der Betreiber <strong>in</strong>sbesondere darauf h<strong>in</strong>zuweisen, dass er für e<strong>in</strong>en regelmäßigen und vollständigen<br />

Austausch des Tr<strong>in</strong>kwassers an allen Entnahmestellen bis zum bestimmungsgemäßen Betrieb der<br />

Anlage zu sorgen hat. Dies ist e<strong>in</strong>e der wichtigsten Maßnahmen zur Erhaltung e<strong>in</strong>er guten Tr<strong>in</strong>kwasserqualität.<br />

Ohne e<strong>in</strong>en ausreichenden Austausch von Tr<strong>in</strong>kwasser s<strong>in</strong>d alle Sanierungsmaßnahmen <strong>in</strong> der Regel erfolglos. Es<br />

ist zu empfehlen, e<strong>in</strong>e klare Anweisung zu formulieren, <strong>in</strong> der genau festgelegt ist, <strong>in</strong> welchen Intervallen und wo<br />

die Wasserentnahme erfolgen muss (Wasserentnahmeplan/Spülplan).<br />

Bei der Anwendung von Des<strong>in</strong>fektionsverfahren im laufenden Betrieb – also nach bestimmungsgemäßer Inbetriebnahme<br />

– s<strong>in</strong>d entsprechend § 11 der Tr<strong>in</strong>kwV 2001 [11] nur solche Stoffe und Verfahren zulässig, die vom<br />

Bundesm<strong>in</strong>isterium für Gesundheit und Soziales <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er vom Umweltbundesamt geführten Liste im Bundesgesundheitsblatt<br />

bekannt gemacht worden s<strong>in</strong>d. Alle Maßnahmen s<strong>in</strong>d sorgfältig zu dokumentieren.<br />

Nach erforderlichen Sanierungsmaßnahmen muss die hygienisch-mikrobiologische Qualität erneut überprüft und<br />

dokumentiert werden.<br />

23


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.2 Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation<br />

1.2.4 Krankheitserreger im Warmwasser<br />

Auch bei e<strong>in</strong>wandfreier mikrobiologischer Beschaffenheit des Kaltwassers können im Warmwasser <strong>in</strong>nerhalb<br />

bestimmter Temperaturbereiche spezifische Besiedlungen mit „Warmwasserkeimen“, <strong>in</strong>sbesondere mit Legionellen<br />

auftreten. Bei erhöhten Temperaturen im Tr<strong>in</strong>kwasser Kalt PWC können die hier beschriebenen Kontam<strong>in</strong>ationen<br />

im gesamten Wasserkörper auftreten. Auch im Warmwasser ist die Etablierung e<strong>in</strong>es HACCP-Konzeptes<br />

schon <strong>in</strong> der Planungsphase s<strong>in</strong>nvoll, ebenso wie die Schaffung geeigneter Probeentnahmepunkte.<br />

Atypische Mykobakterien<br />

Mykobakterien wie M.gordonae, M.kansasii, M.xenopi, M.mar<strong>in</strong>um zählen zu den fakultativen Krankheitserregern<br />

und werden häufig als „nichttuberkulöse“ oder „atypische“ Mykobakterien zusammengefasst. Die Umwelt, vor<br />

allem Tr<strong>in</strong>kwasser warm, sche<strong>in</strong>t neben dem Boden der natürliche Lebensraum vieler Mykobakterien zu se<strong>in</strong>. In<br />

der Regel s<strong>in</strong>d sie assoziiert mit Biofilmen, <strong>in</strong> denen sie sich vermehren können. Sie s<strong>in</strong>d gekennzeichnet durch<br />

e<strong>in</strong>e relativ hohe Chlorresistenz. Für etliche Arten ist e<strong>in</strong>e Übertragung durch Verzehr oder Inhalation von Tr<strong>in</strong>kwasser<br />

erwiesen, wobei <strong>in</strong>sbesondere Dialyse-Patienten und HIV-<strong>in</strong>fizierte Personen gefährdet s<strong>in</strong>d. In Industrieländern<br />

entwickelt e<strong>in</strong> erheblicher Prozentsatz der AIDS-Patienten tödlich verlaufende Infektionen durch atypische<br />

Mykobakterien; e<strong>in</strong>e Infektion aus der Umwelt gilt als wahrsche<strong>in</strong>lich. Es bestehen aber noch viele Unsicherheiten<br />

bei der Abschätzung relevanter Infektionsquellen und wirksamer Präventionsmaßnahmen sowie der<br />

Bedeutung der atypischen Mykobakterien für die Allgeme<strong>in</strong>heit. Es ist zu erwarten, dass Maßnahmen zur Reduzierung<br />

von Legionellen auch Wirksamkeit bei der Reduzierung von Mykobakterien haben.<br />

Legionellen<br />

Legionellen zählen zu den bedeutendsten Auslösern von umweltbed<strong>in</strong>gten Infektionen <strong>in</strong> allen Gebäuden, <strong>in</strong>sbesondere<br />

<strong>in</strong> Krankenhäusern, Kl<strong>in</strong>iken oder Altenheimen.<br />

Durch Legionellen verursachte Erkrankungen verlaufen auf Grund ihrer hohen Todesrate und epidemischen Charakters<br />

häufig sehr spektakulär und f<strong>in</strong>den dadurch oft E<strong>in</strong>gang <strong>in</strong> die Tageszeitungen, die mit Schlagzeilen wie<br />

„Killerbakterien schlugen beim Schlussverkauf zu“, „Bakterien lauern <strong>in</strong> der Dusche“, „Killerbakterien bei der<br />

Queen“ zu e<strong>in</strong>er starken Verunsicherung <strong>in</strong> der Bevölkerung führen.<br />

So war auch der erste beschriebene Ausbruch 1976 im Bellevue Stratford Hotel <strong>in</strong> Philadelphia beim Jahrestreffen<br />

der „American Legion of Philadelphia“, bei dem 221 Hotelgäste an e<strong>in</strong>er schweren Lungenentzündung<br />

erkrankten und 29 trotz stationärer Therapie <strong>in</strong> den umliegenden Krankenhäusern verstarben, gekennzeichnet<br />

durch Angst und Hysterie. In Presse und Fernsehen wurde diese Krankheit, da vorwiegend Teilnehmer des Veteranentreffens<br />

betroffen waren, als „Legionärskrankheit“ oder „Veteranenkrankheit“ bezeichnet. Erst e<strong>in</strong> halbes<br />

Jahr nach dem Ausbruch <strong>in</strong> Philadelphia konnte nach <strong>in</strong>tensiver Suche von McDade, e<strong>in</strong>em Mitarbeiter des<br />

Center for Disease Control (CDC) <strong>in</strong> Atlanta, e<strong>in</strong> bisher unbekanntes Bakterium isoliert werden, das ke<strong>in</strong>erlei Verwandtschaft<br />

mit bisher beschriebenen Mikroorganismen zeigte, und das mit üblichen mikrobiologischen Methoden<br />

nicht nachgewiesen werden kann. Dieses Bakterium erhielt den Namen Legionella pneumophila. Bis heute<br />

s<strong>in</strong>d neben dieser Art mehr als 40 andere Arten und 50 Untergruppen beschrieben worden.<br />

24


1.2.5 Legionellen<br />

1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.2 Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation<br />

Erreger<br />

Legionellen s<strong>in</strong>d weit verbreitete, stäbchenförmige bis rundliche aerobe Wasserbakterien.<br />

Abbildung 4: Wachstum von Legionellen aus e<strong>in</strong>er kontam<strong>in</strong>ierten<br />

Warmwasserprobe auf e<strong>in</strong>em speziellen<br />

Anzuchtmedium (BCYE-a-Agar)<br />

Abbildung 5: Stäbchenförmige Legionellenbakterien unter dem<br />

Fluoreszenzmikroskop, ca. 1000fache Vergrößerung<br />

Der natürliche Lebensraum der Legionellen ist warmes Wasser: Aus Seen, Teichen, Flüssen, warmen Quellen,<br />

tropischen Regenwässern können diese Bakterien regelmäßig isoliert werden. Häufig liegen die Keime <strong>in</strong>trazellulär<br />

<strong>in</strong> E<strong>in</strong>zellern wie Amöben, Ziliaten oder vergesellschaftet mit Algen vor und können so auch widrige Lebensumstände<br />

überstehen. Aus ihren natürlichen Reservoiren werden sie sporadisch <strong>in</strong> vom Menschen geschaffene<br />

künstliche Biotope e<strong>in</strong>getragen, <strong>in</strong> denen sie sich bei optimalen Bed<strong>in</strong>gungen, bevorzugt im Temperaturbereich<br />

zwischen 30 °C und 45 °C, stark vermehren können.<br />

Die Mehrzahl der mehr als 40 zur Zeit bekannten Arten, <strong>in</strong>sbesondere Legionella pneumophila Serogruppe 1<br />

subtyp Pontiac, besitzen humanpathogene Bedeutung. Alle Vertreter der Art Legionella pneumophila und e<strong>in</strong>e<br />

Vielzahl von non-pneumpophila Arten zählen heute zu wichtigen Erregern von Infektionskrankeiten (=Legionellosen)<br />

<strong>in</strong>nerhalb und außerhalb von Krankenhäusern.<br />

Durch Legionellen ausgelöste Erkrankungen<br />

„Legionärskrankheit“ ist der Trivialname für die schwerste durch Legionellen ausgelöste Erkrankung, die Pneumonie.<br />

Daneben kann das Bakterium e<strong>in</strong>e Erkrankung mit grippeähnlichem Verlauf verursachen, das Pontiac-Fieber.<br />

Intensive Untersuchungen haben gezeigt, dass Legionellosen weltweit auftreten und durch sie ausgelöste<br />

schwere Infektionen ke<strong>in</strong>eswegs zu den seltenen Infektionskrankheiten gehören. Die Infektionen durch Legionellen<br />

s<strong>in</strong>d charakterisiert als opportunistische umweltbed<strong>in</strong>gte Infektionen, wobei schwere Verläufe <strong>in</strong>sbesondere<br />

bei Personen mit zu Grunde liegenden Erkrankungen oder geschwächtem Immunsystem auftreten.<br />

25


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.2 Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation<br />

In den USA, aber auch <strong>in</strong> vielen anderen Ländern, ist die Legionärskrankheit sehr verbreitet und zählt zu den<br />

„Top 3“ außerhalb des Krankenhauses erworbenen Lungenentzündungen mit e<strong>in</strong>er Todesrate von ca. 15 %. Es<br />

wird geschätzt, dass alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> den USA m<strong>in</strong>destens 25.000 Fälle der Legionärskrankheit mit 4000 Todesfällen auftreten.<br />

für die Bundesrepublik wurden dem RKI <strong>in</strong> den letzten Jahren zwischen 400 und 500 Fälle gemeldet.<br />

Nach Auswertung der CAP-Net Studie (Community Acquired Pneumonia) werden <strong>in</strong> der BRD nur 1 % bis 2 %<br />

aller Legionellosefälle korrekt gemeldet. Das bedeutet e<strong>in</strong>e Dunkelziffer von 98-99 %! Die hohe Dunkelziffer ist<br />

sicherlich auch durch die schwierige Diagnostik der Legionellen <strong>in</strong> menschlichen Materialien bed<strong>in</strong>gt. Die zurzeit<br />

am häufigsten durchgeführte Diagnose durch Untersuchung auf Legionellenfragmente im Ur<strong>in</strong> erfasst nur e<strong>in</strong>e<br />

Serogruppe von L.pneumophila, andere Arten und Gruppen bleiben unentdeckt.<br />

Wegen des unspezifischen kl<strong>in</strong>ischen Verlaufs liegt die Aufklärungsquote vere<strong>in</strong>zelt auftretender Pontiacfieber-<br />

Erkrankungen praktisch bei null, ihre Zahl dürfte aber deutlich höher se<strong>in</strong> als die der Legionärskrankheit.<br />

Charakterisierung der durch Legionellen ausgelösten Erkrankungen:<br />

1. „Legionärskrankheit“ (besser Legionellenpneumonie):<br />

– schwere, atypische Lungenentzündung mit oft tödlichem Verlauf<br />

– ger<strong>in</strong>ge Befallsrate von ca. 5 % der Exponierten<br />

– 25-30 % der Erkrankten benötigen Intensivtherapie<br />

– hohes Fieber (39-41 °C), Muskelschmerzen, Husten, Schüttelfrost<br />

– Durchfall, Übelkeit, allgeme<strong>in</strong>es Schwächegefühl<br />

– immer spezielle Legionellen wirksame antibiotische Therapie notwendig<br />

– Inkubationszeit: 2-10 Tage<br />

– multiple Risikofaktoren begünstigen den Erwerb der Erkrankung:<br />

Ältere Personen, männliches Geschlecht, Raucher, Chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen, Immunsuppression<br />

2. Pontiac-Fieber:<br />

– fiebriger, spontan auftretender Infekt mit spontaner Abheilung (ähnlich wie grippale Infekte)<br />

– ke<strong>in</strong>e Lungenentzündung<br />

– Fieber, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen, Müdigkeit<br />

– hohe Befallsrate von 90 % der exponierten Personen<br />

– nicht hospitalisierungsbedürfig<br />

– Inkubationszeit: 5-66 Stunden<br />

– ke<strong>in</strong>e Risiko erhöhenden Faktoren bekannt<br />

– möglicherweise allergische Reaktion<br />

Die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit des Erwerbs e<strong>in</strong>er Legionellen<strong>in</strong>fektion hängt ab von der Stärke der Kontam<strong>in</strong>ation der<br />

Umweltquelle, der Aggressivität des Legionellenstammes und von der Empfänglichkeit des Infizierten.<br />

E<strong>in</strong>er der letzten Ausbrüche von Pontiac-Fieber ereignete sich im Mai 2002 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Cafe e<strong>in</strong>er Shopp<strong>in</strong>g-Mall <strong>in</strong><br />

Tennessee, wo etwa 100 Gäste erkrankten. Ursache war offensichtlich e<strong>in</strong> Befeuchtungssystem des Cafes.<br />

Klassische Beispiele epidemischer im Krankenhaus erworbener Verläufe von Legionellenpneumonien s<strong>in</strong>d Ausbrüche<br />

im Wadsworth Medical Center <strong>in</strong> Los Angeles mit 218 Fällen, die äußerst dramatisch verlaufende Epidemie<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Kl<strong>in</strong>ik <strong>in</strong> Stafford, England, mit 39 Todesfällen, e<strong>in</strong>e Epidemie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er nordbayrischen REHA-Kl<strong>in</strong>ik<br />

1990 mit 10 Erkrankten und 3 Todesfällen sowie der mit m<strong>in</strong>destens zwei Todesfällen e<strong>in</strong>hergehende Ausbruch<br />

der Legionärskrankheit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Kl<strong>in</strong>ikum <strong>in</strong> Frankfurt (Oder) im Jahre 2003.<br />

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1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.2 Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation<br />

Nicht jeder Kontakt mit Legionellen führt zu e<strong>in</strong>er Infektion. Erst wenn spezifische Bed<strong>in</strong>gungen vorliegen, kann<br />

sich e<strong>in</strong> entsprechendes Krankheitsbild entwickeln:<br />

1. Aggressivität der Legionellen<br />

Von besonders hoher Aggressivität ist Legionella pneumophila SG 1 Subtyp pontiac. Diese Art ist für die<br />

meisten epidemischen Verläufe verantwortlich (z. B. Philadelphia, REHA-Kl<strong>in</strong>ik Bayern).<br />

2. Anzahl der aufgenommenen Bakterien und Übertragungsmodus<br />

Mit wachsender Anzahl von Legionellen, die vom Menschen aufgenommen werden, wächst das Risiko e<strong>in</strong>er<br />

Erkrankung. E<strong>in</strong>e Infektionsdosis kann jedoch zurzeit nicht angegeben werden, da sie von vielen Faktoren<br />

außerhalb und <strong>in</strong>nerhalb des Menschen bestimmt wird. Man vermutet, dass e<strong>in</strong>e Inhalation von Legionellen,<br />

die <strong>in</strong>nerhalb von E<strong>in</strong>zellern liegen, eher zur Ausprägung e<strong>in</strong>er Lungenentzündung führt als die Aufnahme frei<br />

lebender Keime. Als Übertragungsmodus wird <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie das E<strong>in</strong>atmen (Inhalation) fe<strong>in</strong>ster Aerosole diskutiert.<br />

Bei Hoch-Risiko-Patienten <strong>in</strong> Krankenhäusern können Infektionen auch durch Aspiration oder sogar<br />

Tr<strong>in</strong>ken kontam<strong>in</strong>ierten Wassers oder auch kontam<strong>in</strong>ierte mediz<strong>in</strong>ische Geräte (z. B. Magensonden) auftreten.<br />

3. Empfänglichkeit des Infizierten<br />

Von besonderer Bedeutung gerade <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Zeit, <strong>in</strong> der die Menschen immer älter werden und sich immer<br />

komplizierteren mediz<strong>in</strong>ischen E<strong>in</strong>griffen unterziehen, ist die Immunlage. Multiple Risikofaktoren können die<br />

Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit, an e<strong>in</strong>er Legionellose zu erkranken, dramatisch erhöhen.<br />

Neben allgeme<strong>in</strong>en Risikofaktoren für den Erwerb e<strong>in</strong>er Legionellose wie Alter, männliches Geschlecht,<br />

Rauchen und Akoholabusus und Grunderkrankungen wie Diabetes mellitus, Autoimmunerkrankungen, bösartigen<br />

Lungentumoren, bösartigen hämatologischen Erkrankungen tragen abwehrgeschwächte Patienten,<br />

z. B. unter Immunsuppression, Steroidtherapie oder nach chirurgischen E<strong>in</strong>griffen, e<strong>in</strong> besonders hohes<br />

Risiko. Extrem gefährdet s<strong>in</strong>d Patienten nach Organ- oder Knochenmarktransplantationen.<br />

Infektionsweg<br />

Als mögliche Ursache für e<strong>in</strong>e Infektion durch Legionellen kommt wahrsche<strong>in</strong>lich nur die Inhalation bakterienhaltiger<br />

Aerosole oder Aspiration von Legionellen oder legionellenhaltigen Protozoen von Wässern aus dem technischen<br />

Umfeld des Menschen <strong>in</strong> Frage. Übertragungen von Mensch zu Mensch s<strong>in</strong>d nicht bekannt. In der ersten<br />

Phase nach e<strong>in</strong>er Transplantation kann jedoch offensichtlich jeglicher Kontakt mit Legionellen zur Auslösung e<strong>in</strong>er<br />

Erkrankung führen. Die Legionellose ist das klassische Beispiel e<strong>in</strong>er umweltbed<strong>in</strong>gten Infektion.<br />

Quellen der Vermehrung und Exposition<br />

Die nachfolgend beschriebenen Legionellenepidemien sollen exemplarisch deutlich machen, welche Quellen für<br />

e<strong>in</strong>e Infektion Bedeutung haben, und dass Infektionen weltweit und auch heute immer noch mit e<strong>in</strong>em hohen<br />

Anteil von Todesfällen auftreten.<br />

Bovenkarspel, Niederlande, Whirlpool, 192 Fälle, >20 Tote, März 1999<br />

192 gesicherte Fälle von Legionärskrankheit mit hoher Todesrate wurden von den niederländischen Gesundheitsbehörden<br />

bestätigt. Alle Infizierten hatten die Flora Blumenshow <strong>in</strong> Bovenkarspel am Ijsselmeer besucht.<br />

Nach <strong>in</strong>tensiven Untersuchungen konnte e<strong>in</strong> Austellungs-Whirlpool als Infektionsquelle identifiziert werden.<br />

Dieses Exponat, das mit Wasser gefüllt und erwärmt war, aber nicht des<strong>in</strong>fiziert wurde, produzierte Aerosole,<br />

die von Besuchern der Messehalle e<strong>in</strong>geatmet werden konnten und verursachte diese bisher größte Epidemie<br />

<strong>in</strong> Europa. In den Niederlanden löste die Epidemie e<strong>in</strong>en Schock aus, der zu zahlreichen Verordnungen und<br />

Gesetzen führte, die das Wachstum von Legionellen <strong>in</strong> Wasser führenden Systemen verh<strong>in</strong>dern sollen.<br />

Deutschland, Justizvollzuganstalt, 4 Fälle, September 1999<br />

Vier Insassen e<strong>in</strong>es Gefängnisses erwarben e<strong>in</strong>e Legionellose. Hohe Konzentrationen von L.pneumophila,<br />

SG1 wurden im Duschwasser und <strong>in</strong> anderen Teilen des Wassersystems analysiert. Zwei der kontam<strong>in</strong>ierten<br />

Duschen wurden von den Erkrankten benutzt. Die Duschbereiche wurden erst 3 Monate vorher neu <strong>in</strong>stalliert.<br />

27


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.2 Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation<br />

Belgien, Hotel, 4 Fälle, 1 Toter, Juni 1999<br />

Bei zwei Patienten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em niederländischen Krankenhaus wurde die Diagnose Legionärskrankheit gestellt.<br />

Beide Patienten hielten sich während e<strong>in</strong>er Veranstaltung im gleichen Hotel <strong>in</strong> Süd-Belgien auf. Zwei weitere<br />

Fälle von Legionärskrankheit konnten auf e<strong>in</strong>en Aufenthalt <strong>in</strong> dem gleichen Hotel zurückgeführt werden. Untersuchungen<br />

des Warmwassersystems ergaben e<strong>in</strong>e massive Besiedlung mit Legionellen vom gleichen Typ wie<br />

bei den Infizierten. Die Warmwassertemperaturen lagen zwischen 42 °C und 46 °C. Das System wurde hyperchloriert<br />

(ca. 50 mg Chlor /Liter) und alle Auslässe mit Chlor gespült. Die Speicher wurden abgelassen, Ablagerungen<br />

entfernt und gesäubert. Nach diesen Maßnahmen gezogene Proben zeigten dennoch immer noch<br />

e<strong>in</strong>e hohe Kontam<strong>in</strong>ation mit Legionellen. Daraufh<strong>in</strong> wurde das gesamte System auf 70 °C hochgeheizt und<br />

jeder Auslass fünf M<strong>in</strong>uten mit 70 °C heißem Wasser gespült. Untersuchungen auf Legionellen verliefen<br />

danach negativ. Alle Hotelgäste, die <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er bestimmten Zeitspanne <strong>in</strong> dem Hotel abgestiegen waren,<br />

und alle Ärzte wurden <strong>in</strong>formiert.<br />

Dänemark, 2 Fälle im selben Apartmentgebäude, Frühl<strong>in</strong>g 2000<br />

Zwei Personen, die im gleichen Wohnblock wohnten und durch das gleiche Warmwassersystem versorgt<br />

wurden, erkrankten an e<strong>in</strong>er Legionärskrankheit. Legionellen konnten <strong>in</strong> beiden Wohnungen und im gesamten<br />

Zirkulationssystem des Gebäudes isoliert werden und als Ursache identifiziert werden. Die Wassertemperaturen<br />

wurden auf 60 °C angehoben. E<strong>in</strong>en Monat später wurden immer noch Legionellen aus dem Wasser isoliert,<br />

allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> ger<strong>in</strong>geren Konzentrationen. Das Wassersystem wurde dann mit Chlor des<strong>in</strong>fiziert. Über den<br />

Erfolg ist nichts bekannt.<br />

Paris, neues Krankenhaus, 4 Fälle, Dezember 2000<br />

M<strong>in</strong>destens vier Patienten e<strong>in</strong>es neu errichteten Krankenhauses <strong>in</strong> Paris erkrankten an der Legionärskrankheit.<br />

Das ultramoderne 750 Bett Krankenhaus hatte e<strong>in</strong> halbes Jahr vorher eröffnet und war nur teilweise belegt.<br />

Offizielle Stellen vermuten, dass stagnierendes Wasser <strong>in</strong> unbenutzten Teilen des Installationssystems die<br />

Quelle der Kontam<strong>in</strong>ation war.<br />

Krankenhaus <strong>in</strong> Paris, 12 Fälle, fünf Tote, Juli 2001<br />

Im Pompidou-Krankenhaus <strong>in</strong> Paris traten im November 2000 bis Januar 2001 9 Fälle von Legionärskrankheit<br />

auf, davon 3 mit tödlichem Ausgang. Änderungen am Warmwassersystem wurden vorgenommen. Trotz<br />

dieser Maßnahmen traten im Juli drei weitere Legionellosen, zwei mit tödlichem Verlauf, auf. Zusätzliche Maßnahmen<br />

im Warmwassersystem werden unternommen.<br />

Koper, Slowenien, Hotel, 5 Fälle, e<strong>in</strong> Toter, August 2002<br />

5 Mitglieder e<strong>in</strong>er 19-köpfigen Reisegruppe aus Sachsen erkrankten an der Legionärskrankheit, e<strong>in</strong> 73 Mann<br />

verstarb. Ursache für die Infektion war das Warmwasser-system des Hotels, das mit nur 43°C betrieben<br />

wurde.<br />

Deutschland, Kl<strong>in</strong>ikum Frankfurt-Oder, 7 Fälle, m<strong>in</strong>destens zwei Tote, Juli 2003<br />

Die Infektionen mehrerer Patienten erfolgten offensichtlich <strong>in</strong>direkt über e<strong>in</strong> kontam<strong>in</strong>iertes Tr<strong>in</strong>kwassersystem.<br />

Neben dem Warmwassersystem konnte auch das Kaltwassersystem als Infektionsquelle identifiziert werden.<br />

Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Tötung.<br />

New Jersey, Juli 2004, 2 Erkrankungen, 1 Todesfall <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Altersheim<br />

Beide Erkrankten (82-jähriger Mann, 76-jährige Frau) wohnten <strong>in</strong> der gleichen Wohne<strong>in</strong>heit. Ursache war e<strong>in</strong><br />

kontam<strong>in</strong>iertes Warmwassersystem. Die Behörden schlossen die Wohnanlage und veranlassten e<strong>in</strong>e Des<strong>in</strong>fektion.<br />

Camp<strong>in</strong>gplatz <strong>in</strong> Klagenfurt, Österreich, Juni 2004, 3 Fälle, 1 Todesfall<br />

Hohe Zahlen von L.pneumophila SG1 konnten im Wassersystem des Duschbereiches nachgewiesen werden.<br />

E<strong>in</strong>e durchgeführte thermische Des<strong>in</strong>fektion blieb ohne den gewünschten Erfolg, erst e<strong>in</strong>e Hochchlorung<br />

führte zur Abtötung der Legionellen. Weitere, sanitärtechnische Maßnahmen s<strong>in</strong>d erforderlich.<br />

Hotel <strong>in</strong> Grossbritannien, November 2006, 2 Fälle<br />

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1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.2 Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation<br />

E<strong>in</strong> Hotel <strong>in</strong> Somerset wurde geschlossen, nachdem bei 2 Gästen e<strong>in</strong>e Legionellenpneumonie diagnostiziert<br />

wurde. Das Wassersystem des Hotels war besiedelt. Mehr als 500 Gäste des Hotels wurden durch Briefe<br />

<strong>in</strong>formiert.<br />

Krankenhaus <strong>in</strong> den Niederlanden, Mai 2007, 3 Fälle, 1 Todesfall<br />

Die Infektion der Patienten konnte hier auf Duschen mit kontam<strong>in</strong>ierten Wasser zurückgeführt werden.<br />

Krankenhaus <strong>in</strong> Fulda, Sommer 2007, Nachweis von Legionellen im Warmwasser, ke<strong>in</strong>e Erkrankungen<br />

Auf Grund von positiven Befunden verhängten die Behörden e<strong>in</strong> Duschverbot. 700 endständige Filter wurden<br />

<strong>in</strong>stalliert. Über die Notwendigkeit der Maßnahmen entbrannte e<strong>in</strong>e heftige Diskussion.<br />

Russland, Juli 2007,150 Fälle, 4 Todesfälle<br />

Grund für die Infektion von 150 Bewohnern von Apartments war die Wieder<strong>in</strong>betriebnahme der Warmwasserversorgung<br />

nach e<strong>in</strong>er längeren Betriebsunterbrechung wegen Instandsetzungsmaßnahmen. Die meisten<br />

Apartmentbauten <strong>in</strong> Russland erhalten Warmwasser von Wärmekraftwerken, die üblicherweise im Sommer für<br />

e<strong>in</strong>ige Wochen wegen Wartungsarbeiten abgestellt werden.<br />

E<strong>in</strong>ige Fälle <strong>in</strong> Altenheimen:<br />

– Altenheim <strong>in</strong> Toronto, Kanada, September 2005, 127 Fälle, 21 Tote<br />

– Altenheim <strong>in</strong> Pennsylvanien, USA, Oktober 2005, 4 Fälle<br />

– Altenheim <strong>in</strong> Ohio, USA, Februar 2006, 2 Fälle<br />

– Altenheim <strong>in</strong> Pennsylvanien, USA, Sommer 2006, 3 Fälle<br />

– Altenheim <strong>in</strong> New York State, August 2006, 6 Fälle<br />

Diese Beispiele verdeutlichen sehr e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>glich, wie verbreitet Infektionen durch Legionellen s<strong>in</strong>d, welche immensen<br />

wirtschaftliche Schäden verursacht werden können und wie schwierig häufig e<strong>in</strong>e zielgerichtete Bekämpfung<br />

ist. Als bedeutendste Infektionsquellen für Legionellen s<strong>in</strong>d zu nennen:<br />

Offene Rückkühlwerke („Cool<strong>in</strong>g Towers“) von Klimaanlagen<br />

niedertemperierte Warmwassersysteme von Gebäuden (30-48 °C)<br />

hochbelastete Whirlpools, „Hot Tubs“, „Hot Spas“<br />

Aerosol produzierende Geräte (Nebelerzeuger, Luftbefeuchter)<br />

E<strong>in</strong>e große Anzahl von Legionellosen wird nach Urlaubsaufenthalten, z. B. im Mittelmeergebiet beobachtet.<br />

Ungeklärte Lungenentzündungen oder Bronchialerkrankungen nach Aufenthalten <strong>in</strong> warmen Ländern sollten<br />

deshalb immer <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf e<strong>in</strong>e mögliche Legionellen<strong>in</strong>fektion untersucht werden. Die European Work<strong>in</strong>g<br />

Group for Legionella Infections (EWGLI [10]) dokumentiert zentral alle Berichte über touristisch erworbene Legionellosen<br />

und alle Hotels, <strong>in</strong> denen Infektionen aufgetreten s<strong>in</strong>d.<br />

Warmwassersystem als Infektionsquelle<br />

Besondere Bedeutung als Infektionsquelle besitzt das Warmwassersystem, <strong>in</strong>sbesondere wenn aus Verbrühungsschutzgründen<br />

oder Energiespargründen niedertemperierte Systeme (


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.2 Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation<br />

Warmwasserversorgung mit Zirkulation. Dies bedeutet, dass alle Maßnahmen zur Reduzierung von Legionellen<br />

auch im privaten Bereich durchgeführt werden müssen, um e<strong>in</strong>en optimalen Schutz der Bevölkerung zu gewährleisten.<br />

Warmwasser sollte im gesamten Bereich der Tr<strong>in</strong>kwasseranlage stets Temperaturen oberhalb von 55 °C<br />

und Kaltwasser stets Temperaturen unterhalb von 25 °C, besser von 20 °C, haben.<br />

Abbildung 6: Anzahl der Legionellen im Warmwasser von E<strong>in</strong>familienhäusern <strong>in</strong> Abhängigkeit von der Warmwassertemperatur [13]<br />

E<strong>in</strong> Zusammenhang zwischen der Kontam<strong>in</strong>ation von Warmwassersystemen und dem Auftreten von Legionellosen<br />

wird von e<strong>in</strong>er Vielzahl von Autoren berichtet und gilt heute als gesichert. Da die Übertragung fast ausschließlich<br />

über e<strong>in</strong>en direkten oder <strong>in</strong>direkten Kontakt mit Leitungswasser ausgelöst wird, kommen hygienischen<br />

Präventionsmaßnahmen zur Reduktion von Legionellen <strong>in</strong> Wasser führenden Systemen e<strong>in</strong>e herausragende<br />

Bedeutung zu. Mögliche kritische Punkte, bei denen wachstumsfördernde Temperaturbereiche erreicht werden<br />

können, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Abb. 7 dargestellt:<br />

30


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

Abbildung 7: Schema e<strong>in</strong>es Warmwassersystems mit Anlagenteilen,<br />

die e<strong>in</strong>e Besiedlung mit Legionellen<br />

begünstigen: 1: eisenhaltige Sedimente; 2:<br />

Temperaturschichtung im Speicher; 3: stagnierende,<br />

nicht ständig durchflossene Leitungsteile;<br />

4: Bauen „auf Vorrat“; 5: nicht optimierte Zirkulation<br />

mit der Folge niedertemperierter Zonen<br />

Temperaturschichtung <strong>in</strong> Speichern<br />

Ablagerungen im Speicher, Verteilerbalken<br />

stagnierende Leitungsteile (Änderung der Nutzung,<br />

nicht unmittelbar an der Zirkulation abgetrennte<br />

Teile, Bauen auf Vorrat)<br />

nicht ausreichend zirkulierendes Wasser<br />

zu große Wärmeverluste im Zirkulationssystem<br />

nicht optimal e<strong>in</strong>regulierte Warmwasserzirkulationen<br />

Berücksichtigt werden muss auch e<strong>in</strong> möglicher<br />

Wärmeübergang vom Warm- auf das Kaltwasser und<br />

dadurch wird das Vorkommen von Legionellen im<br />

1) C.J.P. Hoebe et al. 1998, Eur J Cl<strong>in</strong> Microbiol Infect Dis (1998) 17 :740<br />

1.2 Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation<br />

Kaltwasser begünstigt. Die Kaltwasserproblematik<br />

wird häufig übersehen. Insbesondere <strong>in</strong> Großgebäuden<br />

muss sie aber mit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Risikobewertung e<strong>in</strong>fließen.<br />

Gerade <strong>in</strong> der letzten Zeit wird vermehrt über<br />

die Besiedlung von Kaltwasser berichtet. In vielen<br />

Fällen ist Ursache e<strong>in</strong>e unzureichende Entnahme von<br />

Kaltwasser, betriebsbed<strong>in</strong>gte Stagnationsphasen<br />

und dadurch erhöhte Temperaturen im Kaltwasser.<br />

E<strong>in</strong>e Sanierung ist hier wegen der fehlenden Möglichkeit<br />

e<strong>in</strong>er dauerhaften Temperaturanhebung schwieriger<br />

und <strong>in</strong> der Regel nur durch e<strong>in</strong>e kontrollierte<br />

Entnahme von Tr<strong>in</strong>kwasser möglich. 2 Todesfälle bei<br />

Patienten durch Legionellenpneumonien <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er holländischen<br />

Rehabilitationskl<strong>in</strong>ik konnten auf e<strong>in</strong> kontam<strong>in</strong>iertes<br />

Kaltwassersystem zurückgeführt werden.<br />

Durch Nichtbetrieb an den Wochenenden erfolgte e<strong>in</strong><br />

Wärmeübergang von der <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen<br />

Kanal verlegten Warmwasserleitung auf das Kaltwassersystem<br />

1) .<br />

Sanierung und optimale Betriebsweise<br />

Angestrebt werden muss immer e<strong>in</strong>e Betriebsweise,<br />

welche <strong>in</strong> der Tr<strong>in</strong>kwasseranlage e<strong>in</strong>en stabilen und<br />

robusten Zustand erzeugt. Bei Neuplanungen und<br />

größeren Umbauten kann dies durch konsequente<br />

Beachtung der a. a. R. d. T. realisiert werden.<br />

Bei bereits kontam<strong>in</strong>ierten Anlagen muss e<strong>in</strong>e konstante,<br />

nachhaltige hygienisch sichere Betriebsführung<br />

angestrebt werden. Des<strong>in</strong>fektionsmaßnahmen<br />

(thermisch oder chemisch), s.u., s<strong>in</strong>d hier <strong>in</strong> der<br />

Regel nicht zielführend, da sie die Ursachen der<br />

Besiedlung nicht elim<strong>in</strong>ieren können.Vorrangig s<strong>in</strong>d<br />

immer Maßnahmen im Bereich der Systemoptimierung.<br />

Sie s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> jedem Falle unerlässlich und können nicht<br />

durch andere Maßnahmen, z. B. Des<strong>in</strong>fektion ersetzt<br />

werden. Alle Maßnahmen müssen das Kaltwasser<br />

mit <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Gesamtkonzept e<strong>in</strong>beziehen und müssen<br />

auf ihre Auswirkungen auf das Kaltwasser getestet<br />

werden.<br />

31


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.2 Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation<br />

Die <strong>in</strong> der Praxis immer wieder anzutreffenden Misserfolge bei Sanierungsversuchen s<strong>in</strong>d fast immer dadurch zu<br />

erklären, dass ke<strong>in</strong>e wirkliche Anlagen-Optimierung vorgenommen wurde und Schwachstellen nach wie vor im<br />

System verblieben, die zwangsläufig zu e<strong>in</strong>er erneuten Besiedlung führen müssen. E<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>malige Entfernung des<br />

mikrobiellen Bewuchses reicht <strong>in</strong> der Regel nicht aus, da sich durch e<strong>in</strong>e Vielzahl von Faktoren e<strong>in</strong> Neuaufwuchs<br />

bilden kann.<br />

Bei e<strong>in</strong>er festgestellten Kontam<strong>in</strong>ation gilt als oberste Devise: Ruhe bewahren! Das System auf Schwachstellen<br />

analysieren! Das Risiko unter E<strong>in</strong>beziehung der exponierten Personen bewerten! Die Aufstellung e<strong>in</strong>es Temperaturprofils<br />

der Tr<strong>in</strong>kwasseranlage Warm und Kalt, möglichst als Tagesgang, gibt erste, leicht zu gew<strong>in</strong>nende Aufschlüsse<br />

über mögliche Fehlerstellen.<br />

Technische und hygienische Belange müssen objektangepasst koord<strong>in</strong>iert werden. Es gibt nicht die „Goldlösung“,<br />

die für alle Objekte geeignet ist. Objektangepasste Maßnahmen müssen unter Würdigung e<strong>in</strong>es möglichen<br />

Infektions-Risikos, des technisch Machbaren und der Wirtschaftlichkeit durchgeführt werden. Der Erfolg aller<br />

Maßnahmen ist <strong>in</strong> jedem Falle zu kontrollieren und zu dokumentieren. Zielrichtung muss immer die Schaffung<br />

e<strong>in</strong>er stabilen robusten Dauerlösung se<strong>in</strong>. Die Ableitung von Maßnahmen alle<strong>in</strong> durch Vergleich der Besiedlungsstärke<br />

mit technisch abgeleiteten Richtwerten ist nicht ausreichend. Auch sollte der Begriff „Ziel der Sanierung“<br />

weiter gefasst werden als im W 551 [4]. Ziel muss immer die Schaffung e<strong>in</strong>es guten technischen Zustandes der<br />

Tr<strong>in</strong>kwasseranlage se<strong>in</strong>. Die Unterschreitung def<strong>in</strong>ierter Werte der Legionellenzahlen = KBE im Tr<strong>in</strong>kwasser darf<br />

nur als zusätzlicher Marker verstanden werden, da die gemessene Anzahl der Bakterien von vielen, teilweise nicht<br />

kontrollierbaren E<strong>in</strong>flussgrößen bestimmt wird.<br />

Abbildung 8: Faktoren, welche die Höhe e<strong>in</strong>er gemessenen Legionellen- oder Pseudomonasbesiedlung bestimmen können<br />

Mögliche Sanierungsmaßnahmen <strong>in</strong> der Tr<strong>in</strong>kwasser-Haus<strong>in</strong>stallation lassen sich unterteilen <strong>in</strong>: [4], [5], [23]<br />

betriebstechnische Sanierungsmaßnahmen<br />

– Erhöhung der Wassertemperatur im PWH<br />

– Erhöhung des Wasserbrauches<br />

– kont<strong>in</strong>uierliche, eventuell automatisierte Entnahme<br />

32


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.2 Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation<br />

bautechnische Sanierungsmaßnahmen<br />

– Reduktion des Wasservolumens (kle<strong>in</strong>ere Speicher, ger<strong>in</strong>gere Rohrdurchmesser)<br />

– „Verschlankung“ des Rohrnetzes<br />

– Hydraulischer Abgleich der Zirkulation<br />

– Verbesserung der Wärmedämmung bei PWC und PWH<br />

– Entnahmearmaturen mit E<strong>in</strong>zelsicherung<br />

verfahrenstechnische Sanierungsmaßnahmen<br />

– permanente Des<strong>in</strong>fektion des Tr<strong>in</strong>kwassers (M<strong>in</strong>imierungsgebot der Tr<strong>in</strong>kwV 2001 [16] beachten)<br />

– zeitweise Des<strong>in</strong>fektion des Tr<strong>in</strong>kwassers<br />

Zusätzliche Maßnahmen im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es Multibarrierenkonzeptes müssen zum Schutz von Hoch-Risiko-Patienten<br />

im Krankenhaus ergriffen werden. Diese <strong>in</strong> der Regel extrem immunschwachen oder immunsupprimierten Patienten<br />

s<strong>in</strong>d durch alle Legionellen-Arten und Unterarten schon bei ger<strong>in</strong>gsten Keimzahlen gefährdet. Wesentliches<br />

Erfordernis zur Verr<strong>in</strong>gerung von Infektionen bei immunsupprimierten oder immundefekten Patienten liegt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

strikten Abschirmung dieser Personen gegenüber jeglichem Kontakt mit Leitungswasser (Warm- und Kaltwasser).<br />

Dem trägt die schon dargestellte Empfehlung des UBA [19] deutlich Rechnung.<br />

Dies kann nur durch Verwendung sterilen bzw. völlig keimfreien Wassers für alle den Patienten betreffenden<br />

Zwecke erreicht werden, z. B. Po<strong>in</strong>t-of-Use Sterilfilter.<br />

Abbildung 9: Po<strong>in</strong>t-of-Use Filter zur Abschirmung immunsupprimierter Patienten im Krankenhaus<br />

Die folgenden technischen Regeln zur Verm<strong>in</strong>derung e<strong>in</strong>es Legionellen<strong>in</strong>fektionsrisikos s<strong>in</strong>d besonders relevant:<br />

VDI-Richtl<strong>in</strong>ie 6023 [23]<br />

DVGW-Arbeitsblatt W 551 [4]<br />

DVGW-Arbeitsblatt W 553 [5]<br />

Empfehlungen des Umweltbundesamtes [19]<br />

33


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.2 Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation<br />

Bei den Empfehlungen des UBA wird bei der Beurteilung des Gefährdungspotentials die Nutzung des Gebäudes<br />

mit berücksichtigt. Geltungsbereich s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie Krankenhäuser und hier Hoch-Risiko-Bereiche. Die Empfehlung<br />

unterscheidet sich damit wesentlich vom Arbeitsblatt W 551 des DVGW. Unterschieden wird zwischen<br />

Zielwert, Prüfwert, Maßnahmewert und Gefahrenwert. Für Hoch-Risiko-Bereiche gilt hier das völlige Freise<strong>in</strong> von<br />

Legionellen. Dies ist nur durch spezielle Abschirmungsmaßnahmen, etwa endständige Filtration, zu erreichen.<br />

Tabelle 6: Empfehlung des Umweltbundesamtes beim Auftreten von Legionellen <strong>in</strong> Haus<strong>in</strong>stallationen; modifiziert nach Empfehlung des<br />

Umweltbundesamtes nach Anhörung der Tr<strong>in</strong>kwasserkommission des Bundesm<strong>in</strong>isteriums für Gesundheit [19]<br />

Art des Gebäudes Anzahl Legionellen (KBE/100ml)<br />

Hochrisikobereich im Krankenhaus<br />

(z. B. Transplantationsstation)<br />

34<br />

Zielwert: 0<br />

Gefahrenwert: >1<br />

Krankenhäuser (Normalbereiche) Zielwert: 100<br />

Maßnahmewert: >1000<br />

Gefahrenwert: >10.000<br />

Andere Gebäude<br />

(z. B. Hotels, Sportstätten)<br />

Zielwert: 100<br />

Maßnahmewert: >1000<br />

Gefahrenwert: >10.000


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.2 Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation<br />

Tabelle 7: Empfehlung des Umweltbundesamtes beim Auftreten von Legionellen <strong>in</strong> Haus<strong>in</strong>stallationen; Maßnahmen, modifiziert nach Empfehlung<br />

des Umweltbundesamtes nach Anhörung der Tr<strong>in</strong>kwasserkommission des Bundesm<strong>in</strong>isteriums für Gesundheit [19]<br />

Art des Gebäudes Wertebereich der Legionellen<br />

Hochrisikobereich im<br />

Krankenhaus<br />

(z. B. Transplantation)<br />

Krankenhäuser (Normalbereiche)<br />

Andere Gebäude<br />

(z. B. Hotels, Sportstätten)<br />

E<strong>in</strong>zuleitende Maßnahmen<br />

Gefahrenwert Nutzungse<strong>in</strong>schränkung<br />

oder<br />

endständige Filtration<br />

Schon bei der ersten Bestandsaufnahme e<strong>in</strong>es Haus<strong>in</strong>stallationssystemes <strong>in</strong> Krankenhäusern sollte nach dem<br />

Schema der „weitergehenden Untersuchung“ entsprechend dem Arbeitsblatt W 551 verfahren werden.<br />

Das Kaltwasser ist <strong>in</strong> jedem Fall mit <strong>in</strong> die Untersuchung e<strong>in</strong>zubeziehen.<br />

WeitergehendeUntersuchung<br />

Untersuchungs<strong>in</strong>tervall<br />

Unverzüglich 6 Monate<br />

Zielwert Ke<strong>in</strong>e Ke<strong>in</strong>e 1 Jahr (Empfeh-<br />

Prüfwert Ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong>nerhalb von<br />

4 Wochen<br />

Maßnahmewert umgehende<br />

Sanierungsmaßnahmen<br />

<strong>in</strong> Abhängigkeit vom<br />

Ergebnis e<strong>in</strong>er weitergehenden<br />

Untersuchung<br />

Gefahrenwert unverzügliche Gefahrenabwehr<br />

Meldung an Gesundheitsamt<br />

umgehend<br />

umgehend<br />

Zielwert Ke<strong>in</strong>e Ke<strong>in</strong>e 1 Jahr<br />

Prüfwert Ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong>nerhalb von<br />

4 Wochen<br />

Maßnahmewert Sanierungsmaßnahmen<br />

<strong>in</strong> Abhängigkeit vom<br />

Ergebnis e<strong>in</strong>er weitergehenden<br />

Untersuchung<br />

Gefahrenwert unverzügliche Gefahrenabwehr<br />

(Meldung an Gesundheitsamt<br />

empfohlen)<br />

umgehend<br />

umgehend<br />

lung:weitergehendeUntersuchung) 35


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.2 Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation<br />

Folgerungen und Konzepte für die Praxis<br />

Zur Verm<strong>in</strong>derung von Legionellosen s<strong>in</strong>d zweigeteilte Maßnahmen: hygienisch-technische und im Krankenhaus<br />

zusätzlich hygienisch-organisatorische erforderlich:<br />

1. hygienisch-technische Maßnahmen zur dauerhaften Reduzierung von Legionellen <strong>in</strong> Wassersystemen und<br />

anderen technischen Anlagen durch Etablierung e<strong>in</strong>er stabilen und robusten Betriebsführung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em schlanken<br />

System.<br />

In besonderen Fällen kann der E<strong>in</strong>bau von UV-Anlagen oder kont<strong>in</strong>uierliche chemische Des<strong>in</strong>fektion mit Chlor/<br />

Chlordioxid oder Wasserstoffperoxyd s<strong>in</strong>nvoll se<strong>in</strong>. Das Konzept muss <strong>in</strong> jedem E<strong>in</strong>zelfall vor Ort mit e<strong>in</strong>em<br />

Sachverständigen etabliert und erprobt werden.<br />

2. zusätzliche hygienische Maßnahmen im Krankenhaus<br />

Besonderer Handlungsbedarf besteht auf Transplantationsstationen, <strong>in</strong> der Intensivmediz<strong>in</strong>, der Onkologie<br />

und anderen Abteilung, auf denen immungeschwächte oder immunsupprimierte Patienten behandelt werden.<br />

Nach erfolgter sanitärtechnischer Sanierung kommt bei Hochrisikopatienten der strikten E<strong>in</strong>haltung ärztlicher<br />

und pflegerischer Maßnahmen <strong>in</strong> Kooperation mit dem Krankenhaushygieniker e<strong>in</strong>e herausragende Bedeutung<br />

zu, die <strong>in</strong> der Empfehlung: strikte Abschirmung immunsupprimierter Patienten vom Leitungswasser<br />

zusammengefasst werden kann.<br />

Nur durch konsequente Befolgung der hygienischen Anforderungen kann e<strong>in</strong> sicherer Betrieb von Tr<strong>in</strong>kwasseranlagen<br />

und anderen wasserführenden Anlagen gewährleistet werden. Der Erfolg e<strong>in</strong>er jeden Maßnahme muss<br />

kontrolliert werden und führt im Idealfall zum völligen Rückgang von Infektionen durch Legionellen. Die <strong>in</strong> der<br />

Praxis immer wieder anzutreffenden Misserfolge bei Sanierungsversuchen haben e<strong>in</strong>e Vielzahl von Ursachen:<br />

Sanierungsempfehlungen erfolgen oft aus dem „hohlen Bauch“ heraus und viel zu pauschal.<br />

Die eigentliche Ursache wird oft nicht elim<strong>in</strong>iert. Man bastelt vielmehr an den Symptomen herum und vertraut<br />

auf die Wirkung e<strong>in</strong>er Des<strong>in</strong>fektion.<br />

Randbed<strong>in</strong>gungen (Nebenwirkungen) werden nicht ausreichend berücksichtigt.<br />

Vielzahl nicht-validierter Produkte und Verfahren bef<strong>in</strong>den sich auf dem Markt, die e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache und kostengünstige<br />

Sanierung suggerieren („Black-Box“-Phänomen).<br />

Sanierungsverläufe werden <strong>in</strong> der Regel nicht ausreichend und nachvollziehbar dokumentiert.<br />

Tr<strong>in</strong>kwasseranlagen und ihre Hydraulik s<strong>in</strong>d häufig viel komplexer, als allgeme<strong>in</strong> angenommen wird.<br />

Es besteht die Notwendigkeit zum E<strong>in</strong>satz speziell erfahrener Techniker und Hygieniker. Diese müssen e<strong>in</strong><br />

Team bilden.<br />

Die Bemessung des Sanierungserfolges alle<strong>in</strong> auf Grund von pseudoquantitativen mikrobiologischen Untersuchungen<br />

ist fraglich.<br />

E<strong>in</strong> mikrobiologisches Ergebnis muss immer durch e<strong>in</strong> technisches Protokoll unterstützt werden.<br />

Gesetzliche Regelungen<br />

Nach Inkrafttreten des Infektionsschutzgesetzes IfSG [7] am 1.1.2001, welches das Bundesseuchengesetz<br />

ablöst, s<strong>in</strong>d Nachweise von Legionellen, die im Zusammenhang mit e<strong>in</strong>er durch Legionellen verursachten<br />

Erkrankung stehen, meldepflichtig (§ 7: Meldepflichtige Nachweise von Krankheitserregern, Nr.26 Legionella<br />

sp.) und müssen dem zuständigen Gesundheitsamt mitgeteilt werden. Das Gesundheitsamt kann zur Aufklärung<br />

epidemiologischer Zusammenhänge Untersuchungen vermuteter Infektionsquellen veranlassen und weitere<br />

Maßnahmen e<strong>in</strong>leiten.<br />

Im Fall des Nachweises von Legionellen im Tr<strong>in</strong>kwasser bzw. erwärmten Tr<strong>in</strong>kwasser besteht nach § 16 Abs. 3<br />

Tr<strong>in</strong>kwV 2001 „<strong>in</strong> den Fällen, <strong>in</strong> denen die Feststellung von Tatsachen bekannt wird, nach welchen das Wasser <strong>in</strong><br />

der Haus<strong>in</strong>stallation <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Weise verändert wird, dass es den Anforderungen der §§ 5-7 nicht entspricht“, die<br />

36


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.2 Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation<br />

Verpflichtung des Unternehmers oder sonstigen Inhabers e<strong>in</strong>er Wasserversorgungsanlage im S<strong>in</strong>ne von § 3 Nr. 2<br />

Buchstabe c, „unverzüglich Untersuchungen zur Aufklärung der Ursache und Maßnahmen zur Abhilfe durchzuführen<br />

oder durchführen zu lassen und darüber das Gesundheitsamt unverzüglich zu unterrichten“. Damit<br />

besteht <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit § 5 Abs. 1 („Im Wasser für den menschlichen Gebrauch dürfen Krankheitserreger im<br />

S<strong>in</strong>ne des § 2 Nr. 1 des Infektionsschutzgesetzes nicht <strong>in</strong> Konzentrationen enthalten se<strong>in</strong>, die e<strong>in</strong>e Schädigung<br />

der menschlichen Gesundheit besorgen lassen“) e<strong>in</strong>e mittelbare Anzeigepflicht von Legionellennachweisen im<br />

Tr<strong>in</strong>kwasser gegen über dem Gesundheitsamt.<br />

Mit der E<strong>in</strong>führung der neuen Tr<strong>in</strong>kwasserverordnung am 1.1.2003 obliegt dem Gesundheitsamt die Überwachung<br />

der Qualität des Tr<strong>in</strong>kwassers <strong>in</strong> den Haus<strong>in</strong>stallationen öffentlicher Gebäude (§ 18 Tr<strong>in</strong>kwV), <strong>in</strong>sbesondere<br />

<strong>in</strong> „Schulen, K<strong>in</strong>dergärten, Krankenhäusern, Gaststätten und sonstigen Geme<strong>in</strong>schaftse<strong>in</strong>richtungen“ h<strong>in</strong>sichtlich<br />

der E<strong>in</strong>haltung der Anforderungen der Verordnung durch entsprechende Prüfungen.<br />

Im Untersuchungsumfang, Punkt 2. periodische Untersuchungen, wird ausgeführt:“…Der periodischen Untersuchung<br />

unterliegt auch die Untersuchung auf Legionellen <strong>in</strong> zentralen Erwärmungsanlagen der Haus<strong>in</strong>stallation<br />

nach § 3 Nr. 2 Buchstabe c, aus denen Wasser für die Öffentlichkeit bereitgestellt wird.“<br />

Die Aufnahme e<strong>in</strong>er Untersuchungspflicht für Legionellen <strong>in</strong> zentralen Erwärmungsanlagen der Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallationen,<br />

aus denen Wasser für die Öffentlichkeit bereitgestellt wird, <strong>in</strong> die Anlage 4 der Tr<strong>in</strong>kwV 2001 hat sich für<br />

den Vollzug nicht als praktikabel herausgestellt [1]. Es ist nicht klar, ob der Betreiber e<strong>in</strong>er Anlage ohne Aufforderung<br />

durch das Gesundheitsamt untersuchen muss (unabhängig von Pflichten durch z. B. Krankenhaushygienevorschriften<br />

oder allgeme<strong>in</strong>e Verkehrssicherungspflichten). Weiterh<strong>in</strong> ist die Untersuchungshäufigkeit nicht e<strong>in</strong>deutig,<br />

da e<strong>in</strong>e Tr<strong>in</strong>kwasser-Installation ke<strong>in</strong> Wasserversorgungsgebiet ist, auf das die <strong>in</strong> Bezug genommene<br />

Häufigkeitstabelle der Anlage 4 Tr<strong>in</strong>kwV 2001 abstellt. Bei der zu erwartenden Novellierung der Tr<strong>in</strong>kwV sollen<br />

diese Unklarheiten ausgeräumt werden.<br />

Detaillierte <strong>Angaben</strong> zur Überwachungsfrequenz, zu Entnahmestrategien und Untersuchungsverfahren so wie zur<br />

Bewertung nachgewiesener Legionellenkonzentrationen s<strong>in</strong>d der Tr<strong>in</strong>kwV 2001 ebenfalls nicht zu entnehmen.<br />

Hier ist auf die schon zitierten Empfehlungen des UBA zu verweisen [19], [15].<br />

Bei den orientierenden Untersuchungen entsprechend dem DVGW-Arbeitsblatt W 551 sollten <strong>in</strong> der Regel folgende<br />

Teile der Installation auf Legionellen untersucht werden:<br />

der Austritt bei Tr<strong>in</strong>kwassererwärmern,<br />

der E<strong>in</strong>tritt des Zirkulationsrücklaufes bei Tr<strong>in</strong>kwassererwärmern,<br />

jeder Steigstrang, möglichst weit entfernt von der zentralen Tr<strong>in</strong>kwassererwärmung,<br />

Bei Systemen mit vielen Teilsträngen sollte die orientierende Untersuchung sich auf Bereiche beschränken, wo<br />

Wasser <strong>in</strong>sbesondere zu Duschzwecken entnommen wird, um die Probenzahl zu begrenzen.<br />

Bei den weitergehenden Untersuchungen sollten entsprechend dem DVGW-Arbeitsblatt W 551 <strong>in</strong> der Regel folgende<br />

Teile der Installation beprobt werden:<br />

der Austritt bei Tr<strong>in</strong>kwassererwärmern,<br />

der E<strong>in</strong>tritt des Zirkulationsrücklaufes bei Tr<strong>in</strong>kwassererwärmern,<br />

jeder Zirkulationsstrang,<br />

jeder Steigstrang,<br />

gegebenenfalls e<strong>in</strong>zelne Stockwerksleitungen,<br />

37


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.2 Qualitätsbee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation<br />

Leitungsteile, die stagnierendes Wasser führen (z. B. Be- und Entlüftungsleitungen bei Sammelsicherungen,<br />

Entleerungsleitungen, selten benutzte Entnahmestellen, Membranausdehnungsgefäße)<br />

Kaltwasser mit erhöhten Temperaturen<br />

38<br />

i Für Krankenhäuser und andere mediz<strong>in</strong>ische E<strong>in</strong>richtungen wird empfohlen, entsprechend den Anforderungen<br />

bei weitergehenden Untersuchungen vorzugehen sowie zusätzlich Untersuchungen <strong>in</strong> Risikobereichen<br />

durchzuführen [19].<br />

Im S<strong>in</strong>ne „weitergehender Untersuchungen“ nach DVGW-Arbeitsblatt W 551 sollte die Untersuchung auf Legionellen<br />

<strong>in</strong> Ergänzung zu Anlage 4 der Tr<strong>in</strong>kwV 2001 zusätzlich im Kaltwassersystem erfolgen, sofern dieses<br />

Wasser nach Ablauf bis zur Temperaturkonstanz – spätestens nach 5 M<strong>in</strong>uten – e<strong>in</strong>e Wassertemperatur von<br />

25 °C oder mehr aufweist und dieses Wasser zum Duschen oder zum Betreiben von Inhalationsgeräten verwendet<br />

wird [19].


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.3 Probenahme von Tr<strong>in</strong>kwasser aus Haus<strong>in</strong>stallationen<br />

1.3 Probenahme von Tr<strong>in</strong>kwasser aus Haus<strong>in</strong>stallationen<br />

Anforderungen an Untersuchungen von Tr<strong>in</strong>kwasser e<strong>in</strong>schließlich der Probenahme s<strong>in</strong>d im § 15 Tr<strong>in</strong>kwV 2001<br />

geregelt. Die Untersuchungen e<strong>in</strong>schließlich der Probenahmen dürfen nur von akkreditierten Untersuchungslaboratorien<br />

vorgenommen werden, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Liste der zuständigen Landesbehörden aufgeführt s<strong>in</strong>d (zu erfragen<br />

beim zuständigen Gesundheitsamt).<br />

Grundlegende Voraussetzungen für Untersuchung und Probenahme s<strong>in</strong>d:<br />

H<strong>in</strong>reichend qualifiziertes Personal und sächliche Voraussetzungen<br />

Untersuchungsmethoden e<strong>in</strong>schließlich Probenahme beschrieben und validiert<br />

Qualitätsmanagementsystem gemäß DIN EN ISO 17025<br />

erfolgreiche Teilnahme an R<strong>in</strong>gversuchen<br />

<strong>in</strong>terne und externe Fortbildung<br />

Abbildung 10: Mikrobiologische Probenahme aus e<strong>in</strong>er Entnahmearmatur<br />

Die Probenahme ist Teil der Untersuchung. Die Probenahme wird entweder vom beauftragten Labor direkt vorgenommen,<br />

kann aber beim Vorliegen bestimmter Anforderungen auch von externen Probenehmern durchgeführt<br />

werden. Vorraussetzung für den E<strong>in</strong>satz externer Probenehmer ist deren E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>in</strong> das labor<strong>in</strong>terne QM-<br />

System, e<strong>in</strong>e vertragliche Regelung zwischen Labor und Arbeitgeber des externen Probenehmers sowie e<strong>in</strong>e<br />

externe Schulung des Probenehmers, welche die Anforderungen der unabhängigen Stellen der Länder erfüllt.<br />

Solche Schulungen werden u. a. von diversen Hygiene-Instituten, dem DVGW und dem IWW <strong>in</strong> Mülheim angeboten.<br />

39


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.3 Probenahme von Tr<strong>in</strong>kwasser aus Haus<strong>in</strong>stallationen<br />

Jedem Betreiber, Planer oder Erbauer e<strong>in</strong>er Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation steht es aber frei, im Rahmen e<strong>in</strong>er freiwilligen<br />

Selbstüberwachung Probenahmen vorzunehmen. Dabei sollte er e<strong>in</strong>ige Grundregeln beachten, damit das<br />

Analyseergebnis nicht durch die Probenahme verfälscht wird.<br />

Erste Vorraussetzungen s<strong>in</strong>d:<br />

Festlegung der Fragestellung (Was will ich untersuchen und warum?)<br />

Auswahl geeigneter, bei mikrobiologischen Untersuchungen sterilen, Probenahmegefäßen<br />

bei Vorliegen von Des<strong>in</strong>fektionsmitteln im Tr<strong>in</strong>kwasser Flaschen mit Thiosulfat verwenden<br />

E<strong>in</strong>deutige Beschriftung der Gefäße<br />

Probenahme vor Ort, Parameter bezogen<br />

erst chemisch, dann mikrobiologisch<br />

Messung der Vor-Ort-Parameter, z. B. Temperatur<br />

Dokumentation aller notwendigen Informationen<br />

Probentransport <strong>in</strong>s Labor (gekühlt) <strong>in</strong>nerhalb von 24 h<br />

1.3.1 Probenahme für mikrobiologische Untersuchungen<br />

Die Probenahme für mikrobiologische Untersuchungen muss so erfolgen, dass weder die Entnahmestelle (Armatur)<br />

noch die Probenflasche durch die Probenahme oder den Probenehmer kontam<strong>in</strong>iert wird. Die Vorgehensweise<br />

sollte der DIN 38402-14 bzw. der ISO 19458 entsprechen.<br />

Geeigneten Zapfhahn aussuchen, Strahlregler, Gummidichtung entfernen, Stagnationswasser ablaufen lassen<br />

Zapfhahn mehrmals öffnen und schließen<br />

Geschlossenen Zapfhahn abflammen (Dauer: bis beim Öffnen e<strong>in</strong> Zischen wahrnehmbar ist)<br />

Zapfhahn öffnen (bleistiftstarker, glatter Strahl)<br />

– bei Beprobungen der Haus<strong>in</strong>stallation z. B. auf Legionellen ca. 1-3 Liter Wasser abfließen lassen<br />

– bei Beprobungen des Hauswasseranschlusses Wasser bis zur Temperaturkonstanz abließen lassen<br />

Temperatur messen und dokumentieren<br />

Probenflasche öffnen und ca. 4/5 befüllen<br />

Flasche und Zapfhahn schließen<br />

1.3.2 Probenahme für chemische Untersuchungen<br />

Diese Probenahme soll <strong>in</strong> der Regel Aufschluss geben über das Vorhandense<strong>in</strong> von Schwermetallen im Tr<strong>in</strong>kwasser.<br />

Dazu ist es nicht ausreichend, e<strong>in</strong>e Stichprobe zu ziehen. Vielmehr muss nach den Vorgaben des UBA [17]<br />

e<strong>in</strong>e gestaffelte Stagnationsbeprobung durchgeführt werden, bei der an e<strong>in</strong>er üblicherweise genutzten Zapfstelle<br />

3 Proben entnommen werden:<br />

S0-Probe: Entnahme von 1 Liter nach Spülen bis zur Temperaturkonstanz<br />

S1-Probe: Entnahme von 1 Liter nach 4 h Stagnation (Zeit genau e<strong>in</strong>halten!)<br />

S2-Probe: Entnahme von 1 Liter direkt nach S1-Probe<br />

Mit <strong>diesem</strong> vere<strong>in</strong>fachten Verfahren können die Anforderungen der Tr<strong>in</strong>kwV 2001 erfüllt werden. Die e<strong>in</strong>zelnen<br />

Probenfraktionen repräsentieren:<br />

S0-Probe: Qualität des Tr<strong>in</strong>kwassers des kommunalen Versorgers<br />

S1-Probe: Qualität des Tr<strong>in</strong>kwasser unter E<strong>in</strong>fluss der Entnahmearmatur<br />

S2-Probe: Qualität des Tr<strong>in</strong>kwassers <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation<br />

40


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.4 Des<strong>in</strong>fektion von Tr<strong>in</strong>kwasser <strong>in</strong> Haus<strong>in</strong>stallationen<br />

1.4 Des<strong>in</strong>fektion von Tr<strong>in</strong>kwasser <strong>in</strong> Haus<strong>in</strong>stallationen<br />

Unter Des<strong>in</strong>fektion versteht man die Abtötung bzw. Inaktivierung von Krankheitserregern auf e<strong>in</strong> Niveau, von dem<br />

ke<strong>in</strong>e Infektionen mehr ausgelöst werden können. Die Reduzierung sollte üblicherweise mehr als 4 log-Stufen<br />

(99,99 %) betragen.<br />

Die Des<strong>in</strong>fektion von Tr<strong>in</strong>kwasser ist nur dann e<strong>in</strong>zusetzen, wenn e<strong>in</strong>e zw<strong>in</strong>gende Notwendigkeit besteht. Sie<br />

kann e<strong>in</strong>e Optimierung der Technik nicht ersetzen, allenfalls e<strong>in</strong>en Zeitgew<strong>in</strong>n verschaffen.<br />

Des<strong>in</strong>fektionsmaßnahmen können e<strong>in</strong>geteilt werden <strong>in</strong>:<br />

physikalische Methoden<br />

– UV-Bestrahlung<br />

– Thermische Des<strong>in</strong>fektion<br />

Chemische Methoden<br />

– Chlorung<br />

– Chlordioxid<br />

– Ozon<br />

Grundsätzlich zu unterscheiden s<strong>in</strong>d Des<strong>in</strong>fektionsmaßnahmen außerhalb des laufenden Betriebes, d. h. ohne<br />

E<strong>in</strong>wirkungsmöglichkeiten auf den Verbraucher, und Des<strong>in</strong>fektionsmaßnahmen im laufenden Betrieb, bei denen<br />

alle Anforderungen des § 11 Tr<strong>in</strong>kwV sowie die a. a. R. d. T. beachtet werden müssen.<br />

1.4.1 Des<strong>in</strong>fektionsmaßnahmen im laufenden Betrieb<br />

E<strong>in</strong>e kont<strong>in</strong>uierliche chemische Des<strong>in</strong>fektion von Tr<strong>in</strong>kwasser sollte nur <strong>in</strong> seltenen, streng <strong>in</strong>dizierten E<strong>in</strong>zelfällen<br />

durchgeführt werden. Dabei ist zu beachten, dass die Anforderungen der Tr<strong>in</strong>kwV 2001 und der UBA-Liste<br />

gemäß § 11 Tr<strong>in</strong>kwV 2001 bis zum Zapfhahn des Verbrauchers gelten, unabhängig davon, von wem das Des<strong>in</strong>fektionsmittel<br />

zugegeben wird. Für die Beschaffenheit des Tr<strong>in</strong>kwassers <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation ist der Betreiber<br />

verantwortlich, auch für die E<strong>in</strong>haltung aller technischer Regeln bezüglich e<strong>in</strong>er Des<strong>in</strong>fektion.<br />

Zur Frage e<strong>in</strong>er vorbeugenden chemischen Des<strong>in</strong>fektion <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation bezieht der DVGW [12] deutlich<br />

Stellung: „E<strong>in</strong>e prophylaktische Des<strong>in</strong>fektion von Tr<strong>in</strong>kwasser <strong>in</strong> Haus<strong>in</strong>stallationen, die nach den Regeln der<br />

Technik errichtet und betrieben werden, ist jedoch weder notwendig noch s<strong>in</strong>nvoll und widerspricht dem M<strong>in</strong>imierungsgebot<br />

der Tr<strong>in</strong>kwasserverordnung. Es bestehen zudem erhebliche Zweifel, ob dauerhaft e<strong>in</strong>e erfolgreiche<br />

Des<strong>in</strong>fektion <strong>in</strong> Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallationen unter E<strong>in</strong>haltung der Randbed<strong>in</strong>gungen der Tr<strong>in</strong>kwasserverordnung, <strong>in</strong>sbesondere<br />

h<strong>in</strong>sichtlich der zulässigen Restgehalte an Des<strong>in</strong>fektionsmittel und der zulässigen Gehalte an Reaktionsprodukten<br />

am Zapfhahn der Verbraucher, überhaupt möglich ist. In ke<strong>in</strong>em Fall ersetzt e<strong>in</strong>e Des<strong>in</strong>fektion e<strong>in</strong>e<br />

Sanierung von maroden Installationsanlagen.“<br />

In Tabelle 8 auf Seite 42 und Tabelle 9 auf Seite 44 s<strong>in</strong>d die Stoffe und die Verfahren aufgelistet, die im Tr<strong>in</strong>kwasser<br />

Verwendung f<strong>in</strong>den dürfen. Alle anderen Stoffe und Verfahren s<strong>in</strong>d nicht zulässig.<br />

41


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.4 Des<strong>in</strong>fektion von Tr<strong>in</strong>kwasser <strong>in</strong> Haus<strong>in</strong>stallationen<br />

Tabelle 8: Gemäß § 11 Tr<strong>in</strong>kwV <strong>in</strong> der Liste des UBA [11] aufgeführte Des<strong>in</strong>fektionsverfahren für Tr<strong>in</strong>kwasser<br />

Des<strong>in</strong>fektionsverfahren Verwendungszweck Technische Regeln/Bemerkungen<br />

UV-Bestrahlung (240-290 nm) Des<strong>in</strong>fektion DVGW-Arbeitsblatt W 294-1, W 294-2 und W<br />

294-3; ÖNORM M 5873-1 (2001) wichtig: Liste<br />

§11 [11]<br />

Dosierung von Chlorgaslösungen Des<strong>in</strong>fektion DVGW W 296, W 623<br />

Trihalogenmethane beachten!<br />

Dosierung von Natrium- und Calciumhypochloritlösungen<br />

Elektrolytische Herstellung und<br />

Dosierung von Chlor vor Ort<br />

Dosierung e<strong>in</strong>er vor Ort hergestellten<br />

Chlordioxidlösung<br />

Erzeugung und Dosierung von Ozon<br />

und Ozonlösung vor Ort<br />

UV-Bestrahlung bei 240-290 nm<br />

Es s<strong>in</strong>d nur gemäß technischer Regel geprüfte Anlagen zulässig, die e<strong>in</strong>e Des<strong>in</strong>fektionswirksamkeit entsprechend<br />

e<strong>in</strong>er Bestrahlung von m<strong>in</strong>destens 400 J/m 2 (bezogen auf 254 nm) e<strong>in</strong>halten.<br />

nur lokale Wirkung<br />

Ke<strong>in</strong>e des<strong>in</strong>fizierende Wirkung im nachfolgenden Rohrnetz<br />

Deshalb nur sehr eng begrenzte E<strong>in</strong>satzgebiete<br />

Organismen werden u.U. nicht vollständig abgetötet (Amöben, losgelöster Biofilm).<br />

In der Zirkulation kann Nitrat zu Nitrit umgewandelt werden.<br />

Thermische Des<strong>in</strong>fektion<br />

Bei der thermischen Des<strong>in</strong>fektion müssen die Tr<strong>in</strong>kwassererwärmer auf m<strong>in</strong>d. 70 °C und die gesamte Zirkulation<br />

auf 70 °C hochgeheizt werden. Die Temperaturen dürfen während der Gesamtmaßnahme nicht abs<strong>in</strong>ken.<br />

Abschnitts-, bzw. strangweise s<strong>in</strong>d alle Entnahmestellen zu öffnen. An allen Stellen muss für m<strong>in</strong>destens 3<br />

M<strong>in</strong>uten 70 °C heißes Wasser fließen.<br />

Vorteile:<br />

Ke<strong>in</strong>e Resistenzen, hohe Abtötung<br />

auch wirksam gegen Biofilme und Amöben<br />

Nutzung bereits vorhandener Warmwasserbereiter<br />

ke<strong>in</strong> Chemikalienzusatz<br />

Nachteile:<br />

Verbrühungsgefahr<br />

Kalkausfällung, Korrosion, Materialverschleiß<br />

42<br />

Des<strong>in</strong>fektion DVGW W 296, W 623<br />

Trihalogenmethane beachten!<br />

Des<strong>in</strong>fektion DVGW W 296, Entwurf W 229<br />

Trihalogenmethane beachten!<br />

Des<strong>in</strong>fektion DVGW W 224 und W 624<br />

Des<strong>in</strong>fektion, Oxidation DVGW W 225, W 296, W 625<br />

Trihalogenmethane beachten!<br />

Das Des<strong>in</strong>fektionsverfahren ist nicht anwendbar<br />

für die Aufrechterhaltung e<strong>in</strong>er Des<strong>in</strong>fektionskapazität<br />

im Verteilungsnetz


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

Zerstörung von Deckschichten<br />

Wärmeübergang auf Kaltwasser<br />

hoher technischer und personeller Aufwand<br />

nur <strong>in</strong> hydraulisch e<strong>in</strong>geregelten Systemen möglich<br />

Maßnahme muss regelmäßig erfolgen<br />

Fehlerträchtig, siehe z. B. Abb. 11<br />

Zustand bleibt <strong>in</strong>stabil<br />

1.4 Des<strong>in</strong>fektion von Tr<strong>in</strong>kwasser <strong>in</strong> Haus<strong>in</strong>stallationen<br />

Abbildung 11: Temperaturverlauf <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em hydraulisch nicht abgeglichenem Tr<strong>in</strong>kwassersystem bei e<strong>in</strong>er thermischen Des<strong>in</strong>fektion<br />

Chemische Des<strong>in</strong>fektion<br />

E<strong>in</strong>e Vielzahl von Des<strong>in</strong>fektionsmitteln haben E<strong>in</strong>gang <strong>in</strong> die Tr<strong>in</strong>kwasserdes<strong>in</strong>fektion gefunden: Zusatz von Chlor<br />

(gasförmig, als Chlorbleichlauge, produziert durch Elektrolyse, Anodische Oxidation, Diaphragmalyse, Elektrochemische<br />

Aktivierung), von Chlordioxid, von Chloram<strong>in</strong>, Wasserstoffperoxid (mit oder ohne Zusatz von Silber<br />

oder Säure), Ozon, Silber. In der Reihenfolge Ozon > Chlordioxid > Chlor > H 2O 2 > Chloram<strong>in</strong> nimmt die Des<strong>in</strong>fektionsstärke<br />

ab.<br />

In Deutschland dürfen für e<strong>in</strong>e chemische Des<strong>in</strong>fektion im laufenden Betrieb jedoch nur die <strong>in</strong> Tabelle 9 auf<br />

Seite 44 aufgeführten Stoffe angewendet werden.<br />

Vor E<strong>in</strong>satz e<strong>in</strong>er Des<strong>in</strong>fektionsmaßnahme ist somit immer zu überprüfen, ob die Bed<strong>in</strong>gungen gemäß der Liste<br />

nach § 11 e<strong>in</strong>gehalten s<strong>in</strong>d. Dies bedeutet <strong>in</strong> der Regel, dass Wirkstoffgehalte gemessen und dokumentiert<br />

werden müssen und erwünschte Nebenprodukte analysiert werden müssen. Der E<strong>in</strong>bau e<strong>in</strong>er Des<strong>in</strong>fektionsanlage<br />

ist gemäß Tr<strong>in</strong>kwV 2001 dem Gesundheitsamt zu melden. All dieses f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> der Praxis kaum statt.<br />

43


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.4 Des<strong>in</strong>fektion von Tr<strong>in</strong>kwasser <strong>in</strong> Haus<strong>in</strong>stallationen<br />

Tabelle 9: Aufbereitungsstoffe, die gemäß UBA-Liste [11] zur Des<strong>in</strong>fektion des Wassers e<strong>in</strong>gesetzt werden dürfen<br />

Stoffname CAS-Nr. 1)<br />

1) CAS = Chemical Abstracts Service Registry Number<br />

2) EINECS = European Inventory of Exist<strong>in</strong>g Commercial Chemical Substances<br />

3) Herstellerangaben für <strong>Werk</strong>stoffbeständigkeiten s<strong>in</strong>d vorrangig zu beachten<br />

Die grundsätzlichen Anforderungen an Des<strong>in</strong>fektionsmittel und -verfahren wurden vom DVGW zusammengefasst<br />

[12] und s<strong>in</strong>d – verkürzt und modifiziert – folgende:<br />

Die des<strong>in</strong>fizierend wirkenden Bestandteile des Des<strong>in</strong>fektionsmittels müssen bekannt se<strong>in</strong> (CAS-Nr.,<br />

EINECS-Nr.).<br />

Das Des<strong>in</strong>fektionsmittel muss die Anforderungen der EG-Biozidrichtl<strong>in</strong>ie erfüllen und e<strong>in</strong>e Zulassung durch die<br />

Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmediz<strong>in</strong> haben.<br />

Die vom Umweltamt festzulegenden Anforderungen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>zuhalten.<br />

Die erforderlichen Konzentrationen der Wirkmittel s<strong>in</strong>d mit E<strong>in</strong>wirkzeiten und physikalischen Randbed<strong>in</strong>gungen<br />

anzugeben.<br />

Die relevanten Reaktionsprodukte und Verunre<strong>in</strong>igungen müssen identifiziert se<strong>in</strong>.<br />

Entstehende Reaktionsprodukte müssen toxikologisch bewertet se<strong>in</strong>.<br />

Die Wirkstoffe und Reaktionsprodukte müssen im behandelten Wasser analytisch bestimmbar se<strong>in</strong>.<br />

Die Wirkstoffgehalte s<strong>in</strong>d regelmäßig zu messen, zu bewerten und zu dokumentieren (Betreiber).<br />

Die Des<strong>in</strong>fektionsmittelzugabe muss <strong>in</strong> Abhängigkeit vom Wasservolumenstrom automatisch steuerbar/regelbar<br />

se<strong>in</strong>.<br />

Zugabe muss verbrauchsabhängig erfolgen, auch <strong>in</strong> der Warmwasserzirkulation.<br />

– Im Kaltwasser Dosierung unmittelbar nach dem Wasserzähler<br />

– Im Warmwasser Dosierung an der Zuspeisung zur Zirkulation<br />

Planung, Bau und Inbetriebnahme muss durch e<strong>in</strong> Fachunternehmen erfolgen.<br />

Die H<strong>in</strong>weise/Anleitungen des Herstellers s<strong>in</strong>d zu beachten.<br />

44<br />

EINECS-Nr. 2)<br />

Verwendungszweck<br />

Chlor 7782-50-5 231-959-5 Des<strong>in</strong>fektion, Herstellung<br />

von Chlordioxid<br />

Zulässige<br />

Zugabe 3)<br />

Höchstkonzentration<br />

nach<br />

Abschluss der<br />

Aufbereitung 3)<br />

Nebenprodukte<br />

1,2 mg/l Cl 2 0,3 mg/l Cl 2 Trihalogenmethane<br />

Na-Hypochlorit 7681-52-9 231-668-3 Des<strong>in</strong>fektion 1,2 mg/l Cl 2 0,3 mg/l Cl 2 Trihalogenmethane<br />

Ca-Hypochlorit 7778-54-3 233-162-8 Des<strong>in</strong>fektion 1,2 mg/l Cl 2 0,3 mg/l Cl 2 Trihalogenmethane<br />

Chlordioxid 10049-04-4 233-162-8 Des<strong>in</strong>fektion 0,4 mg/l ClO 2 0,2 mg/l ClO 2 Chlorit<br />

Ozon 10082-15-6 --- Des<strong>in</strong>fektion, Oxidation<br />

Wasserstoffperoxid<br />

7722-84-1 231-765-0 Oxidation, nicht für<br />

Des<strong>in</strong>fektion!<br />

10 mg/l O 3 0,05 mg/l O 3 Trihalogenmethane,<br />

Bromat<br />

17 mg/l H 2 O 2 0,1 mg/l H 2 O 2<br />

entfällt


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

Arbeitsbereich und Arbeitsgrenzen der Geräte s<strong>in</strong>d sorgfältig zu beachten.<br />

Für Dosiergeräte gelten die Anforderungen nach DIN 19635.<br />

Das Dosiergerät muss auf das Mittel abgestimmt se<strong>in</strong>.<br />

Der Betreiber ist e<strong>in</strong>gehend zu unterweisen.<br />

Die Anlagen sollten regelmäßig gewartet werden (Wartungsverträge).<br />

Die <strong>Werk</strong>stoffbeständigkeiten der verwendeten Komponenten muss geprüft werden.<br />

Vorteile e<strong>in</strong>er chemischen Des<strong>in</strong>fektion:<br />

technischer Aufwand ger<strong>in</strong>g<br />

schnelle Verfügbarkeit<br />

1.4 Des<strong>in</strong>fektion von Tr<strong>in</strong>kwasser <strong>in</strong> Haus<strong>in</strong>stallationen<br />

Nachteile e<strong>in</strong>er chemischen Des<strong>in</strong>fektion s<strong>in</strong>d:<br />

Nur wirksam bei ausreichender Konzentration und E<strong>in</strong>wirkzeit am Wuchsort der Bakterien (Biofilm).<br />

Ist nicht wirksam <strong>in</strong><br />

– nicht durchströmten, stagnierende Bereiche<br />

– bei zu ger<strong>in</strong>ger Konzentration<br />

– bei zu kurzer E<strong>in</strong>wirkzeit<br />

– bei starker Biofilmbildung<br />

Wegen permanenter Rekontam<strong>in</strong>ation und Vermehrung der Bakterien ke<strong>in</strong> nachhaltiger oder nur kurzfristiger<br />

Erfolg der Des<strong>in</strong>fektion<br />

Bildung unerwünschter Nebenprodukte<br />

Korrosion von Tr<strong>in</strong>kwasseranlagen<br />

Zustand bleibt <strong>in</strong>stabil<br />

1.4.2 Des<strong>in</strong>fektion außerhalb des laufenden Betriebes<br />

Diese Vorgehensweise bewegt sich außerhalb des Regelungsbereiches der Tr<strong>in</strong>kwV. Deswegen können erheblich<br />

höhere Konzentrationen und andere als <strong>in</strong> der UBA-Liste aufgeführten Stoffe Anwendung f<strong>in</strong>den. Alle Verbraucher<br />

müssen <strong>in</strong>formiert werden. Zum Schutz des Tr<strong>in</strong>kwassers müssen beim zu sanierenden Objekt Maßnahmen nach<br />

DIN 1988-4 und DIN EN 1717 getroffen werden. Handelsübliche Rohrtrenner bieten ke<strong>in</strong>e ausreichende Sicherheit.<br />

Des<strong>in</strong>fektionsmittelreste und Spülwässer s<strong>in</strong>d schadlos zu beseitigen (Inaktivierung).<br />

Von besonderer Bedeutung ist die Beachtung der Materialverträglichkeit der Maßnahme. Mit dem jeweiligen Hersteller<br />

von Rohren und anderen Tr<strong>in</strong>kwasserkomponenten muss die Maßnahme abgestimmt werden. Der Normalbetrieb<br />

ist durch Spülen wieder herzustellen. Der Erfolg ist durch Messungen zu dokumentieren. Des<strong>in</strong>fektionsmittelreste<br />

können Lokalelemente stabilisieren, besonders <strong>in</strong> Spalten können örtliche Korrosionen auftreten.<br />

Die Lebensdauer von Materialien kann durch solche Maßnahmen erheblich verkürzt werden.<br />

45


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.5 Häufig gestellte Fragen<br />

1.5 Häufig gestellte Fragen<br />

1.5.1 Ich möchte me<strong>in</strong>e Tr<strong>in</strong>kwasseranlage auf das Vorhandense<strong>in</strong> von Legionellen untersuchen<br />

lassen. Was muss ich tun?<br />

Wichtigste Voraussetzung ist es, sich vor E<strong>in</strong>leitung von Untersuchungen e<strong>in</strong>en genauen Überblick über das<br />

Warmwassersystem zu verschaffen (Beschaffung von Plänen, Messdaten soweit vorhanden). Anhand von Plänen<br />

bzw. im Rahmen e<strong>in</strong>er Ortsprüfung sollten mögliche Schwachpunkte der Anlage herausgearbeitet werden. Wichtigstes<br />

Instrument ist die Temperaturmessung oder/und Volumenstrommessungen an verschiedenen Punkten<br />

des Systems. Werden <strong>in</strong> allen Kreisläufen die geforderten Temperaturen erreicht? Wie lange dauert es, bis die<br />

Maximaltemperatur erreicht ist? Existieren Gebäudeteile, die nicht oder nur selten benutzt werden? S<strong>in</strong>d nicht<br />

durchflossene Leitungsteile vorhanden? Weist der Speicher e<strong>in</strong>e Schichtung auf? Kritisch und möglicherweise<br />

besiedelt s<strong>in</strong>d alle Bereiche, <strong>in</strong> denen Temperaturen unterhalb von 50 °C und oberhalb von 25 °C gemessen<br />

werden.<br />

Erst nachdem man sich e<strong>in</strong>en detaillierten Überblick über das System und se<strong>in</strong>e möglichen Schwachpunkte verschafft<br />

hat, sollte man e<strong>in</strong> von den jeweiligen Landesbehörden zugelassenes Institut mit den Untersuchungen<br />

beauftragen.<br />

1.5.2 Welche Stellen im System soll ich kontrollieren lassen, um e<strong>in</strong>e Kontam<strong>in</strong>ation mit Legionellen<br />

festzustellen?<br />

Grundsätzlich sollten alle Stellen kontrolliert werden, die im Rahmen der Vorprüfung als mögliche Schwachstellen<br />

identifiziert werden konnten bzw. im Rahmen des WSP als Kontrollpunkte festgelegt wurden. Die Untersuchung<br />

sollte e<strong>in</strong>deutige Klarheit darüber erbr<strong>in</strong>gen, ob e<strong>in</strong>e systemische Kontam<strong>in</strong>ation vorliegt und ob das Gesamtsystem<br />

oder nur Teile des Systems betroffen s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong> M<strong>in</strong>imaluntersuchungsprogramm für Tr<strong>in</strong>kwasser Warm f<strong>in</strong>det<br />

sich <strong>in</strong> der DVGW-Richtl<strong>in</strong>ie W 551. Immer kontrolliert werden sollte der Ablauf des Speichers, die e<strong>in</strong>zelnen<br />

Rückläufe (der Sammelrücklauf führt oft zu falschen Beurteilungen) sowie Proben <strong>in</strong> der Peripherie. Die Peripherieproben<br />

sollten möglichst weit entfernt von der Zentrale liegen und repräsentativ für die e<strong>in</strong>zelnen Zirkulationskreisläufe<br />

se<strong>in</strong>.<br />

Auch das Kaltwasser sollte <strong>in</strong> die Überprüfung mite<strong>in</strong>bezogen werden, <strong>in</strong>sbesondere dann, wenn Wärmeübergänge<br />

auf das Tr<strong>in</strong>kwasser Kalt zu befürchten s<strong>in</strong>d oder schon festgestellt wurden.<br />

46


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.5.3 Wie muss die Probenahme durchgeführt werden?<br />

Die Probenahme muss so durchgeführt werden,<br />

dass e<strong>in</strong>e systemische Besiedlung erkannt werden<br />

kann. Dies ist <strong>in</strong>sbesondere bei Überprüfung auf<br />

Pseudomonas aerug<strong>in</strong>osa von größter Bedeutung,<br />

da es sonst zu Fehlschlüssen und nicht zielgerichteten<br />

Sanierungsversuchen kommen kann. Dazu<br />

müssen alle E<strong>in</strong>flüsse ausgeschaltet werden, welche<br />

das Ergebnis verfälschen könnten (z. B. Duschschlauch,<br />

Entnahmearmatur, Panzerschläuche). Die<br />

Proben sollten für e<strong>in</strong>e Erstbeprobung – wenn nicht<br />

spezielle Fragestellungen vorliegen – deshalb nicht<br />

aus Duschen, sondern aus speziellen Probenahme-<br />

Entnahmearmaturen gewonnen werden, bei denen<br />

e<strong>in</strong>e unbee<strong>in</strong>flusste Wasserentnahme und e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>deutige<br />

Zuordnung zu Tr<strong>in</strong>kwasser Warm bzw.<br />

Tr<strong>in</strong>kwasser Kalt möglich ist. Diese speziellen<br />

Probenahmearmaturen sollten im gesamten System<br />

an kritischen Stellen (Kontrollpunkte) e<strong>in</strong>gebaut<br />

werden. Die Vorgaben der Standardmethoden<br />

DIN 38402-A3, -A14, -A19 und -A21 sowie <strong>in</strong>sbesondere<br />

der ISO 19458 und der davon abgeleiteten<br />

Empfehlung des UBA [15] s<strong>in</strong>d bei allen Probenahmen,<br />

auch auf Legionellen, zu beachten. Bei Vorliegen<br />

von Krankheitsfällen oder Verdacht auf Infektionen<br />

durch Legionellen ist es empfehlenswert, zusätzlich<br />

Proben ohne Vorbehandlung und ohne Ablaufenlassen<br />

direkt aus Duschen oder anderen Entnahmepunkten<br />

zu gew<strong>in</strong>nen.<br />

1.5.4 Wo kann ich Untersuchungen durchführen lassen?<br />

Kann ich selbst Untersuchungen durchführen?<br />

1.5 Häufig gestellte Fragen<br />

Abbildung 12: KEMPER Probenahmeventil Figur 187 an e<strong>in</strong>er<br />

Absperrarmatur Figur 173<br />

Nur nach DIN EN ISO 17025 akkreditierte und von den Bundesländern nach § 14 Tr<strong>in</strong>kwV gelistete Laboratorien<br />

dürfen vom Amtsarzt anerkennbare Untersuchungen auf Legionellen durchführen. Es empfiehlt sich immer, das<br />

Gesundheitsamt um Nennung von Referenzlaboratorien zu bitten. Die Untersuchungen sollten nach den gültigen<br />

Normen durchgeführt werden, um vergleichbare und reproduzierbare Ergebnisse zu erhalten. Grundsätzlich ist<br />

e<strong>in</strong>e Probenahme durch den Betreiber für e<strong>in</strong>e orientierende Untersuchung nach Absprache mit dem Laboratorium<br />

möglich (siehe auch → „Probenahme von Tr<strong>in</strong>kwasser aus Haus<strong>in</strong>stallationen“ auf Seite 39). Die Durchführung<br />

eigener Untersuchungen auf Legionellen mit Testkits darf nur bei strengster Indikationsstellung und vorausgegangener<br />

Schulung durchgeführt werden. Sie ersetzt niemals die Kontrolle durch e<strong>in</strong> zugelassenes Laboratorium.<br />

Die teilweise erheblichen Beschränkungen der Aussagekraft der Testkits s<strong>in</strong>d streng zu beachten.<br />

47


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.5 Häufig gestellte Fragen<br />

1.5.5 Me<strong>in</strong> Warmwassersystem enthält Legionellen. Was soll ich tun?<br />

In welcher Reihenfolge gehe ich vor?<br />

E<strong>in</strong>e wirkliche Risikoabschätzung muss immer <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit e<strong>in</strong>em erfahrenen Labor, e<strong>in</strong>em hygienekundigem<br />

Techniker und gegebenenfalls dem Amtsarzt durchgeführt werden. Unverzichtbare Voraussetzung für<br />

den Erfolg e<strong>in</strong>er Sanierungsmassnahme ist immer der klare Überblick über das gesamte System der Wasserverteilung<br />

e<strong>in</strong>schließlich aller Apparate. Die Erstellung von Temperaturprofilen ist e<strong>in</strong> unverzichtbarer erster Schritt.<br />

E<strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>gültiges Sanierungs-Konzept existiert nicht. Jeder Fall, jedes Gebäude bedarf e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dividuellen<br />

Analyse und e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>dividuell angepassten Maßnahmenpaketes. Primäres Ziel muss immer se<strong>in</strong>, die Anlage <strong>in</strong><br />

Übere<strong>in</strong>stimmung mit dem gültigen Stand der Technik zu betreiben. Die hygienische Sicherheit der Wasserversorgung<br />

hat dabei immer Vorrang vor e<strong>in</strong>er möglichen Energiee<strong>in</strong>sparung. Entscheidend bei allen Maßnahme ist<br />

immer, dass e<strong>in</strong> sauberes und schlankes System vorliegt, <strong>in</strong> dem alle Abschnitte ausreichend zirkulieren und<br />

Temperaturen oberhalb von 55 °C vorliegen.<br />

Berechungen sollten nach dem neuesten Stand der Technik durchgeführt werden. Nicht benötigte Leitungsteile<br />

s<strong>in</strong>d immer an der Zirkulation abzutrennen. Die Volum<strong>in</strong>a gespeicherten und transportierten Wassers s<strong>in</strong>d soweit<br />

wie möglich zu reduzieren. Die Maßnahmen sollten sich immer auf das Gesamtsystem erstrecken und als Dauermaßnahmen<br />

durchgeführt werden. Der Erfolg e<strong>in</strong>er jeden Maßnahme muss durch Kontrolluntersuchungen belegt<br />

werden.<br />

1.5.6 Muss ich das Vorhandense<strong>in</strong> von Legionellen <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Warmwassersystem melden?<br />

Gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG) [7] s<strong>in</strong>d nur solche Legionellenbefunde meldepflichtig, die im Zusammenhang<br />

mit e<strong>in</strong>er Erkrankung stehen. E<strong>in</strong>e deutliche Verschärfung der Gesetzeslage ist nach E<strong>in</strong>führung der Tr<strong>in</strong>kwasserverordnung<br />

2001 im Jahre 2003 e<strong>in</strong>getreten.<br />

Im § 3 der Tr<strong>in</strong>kwV 2001 heißt es: „Der Unternehmer oder sonstige Inhaber e<strong>in</strong>er Wasserversorgungsanlage im<br />

S<strong>in</strong>ne von § 3 Nr.2 Buchstabe c (Anmerkung: das ist die Haus<strong>in</strong>stallation) haben <strong>in</strong> den Fällen, <strong>in</strong> denen ihnen die<br />

Feststellung von Tatsachen bekannt wird, nach welchem das Wasser <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Weise verändert<br />

wird, dass es den Anforderungen der § 5 bis § 7 nicht entspricht, erforderlichenfalls unverzüglich Untersuchungen<br />

zur Aufklärung der Ursache und Maßnahmen zur Abhilfe durchführen oder durchführen zu lassen und<br />

darüber das Gesundheitsamt unverzüglich zu unterrichten.“ Kriterium für e<strong>in</strong>e Meldung dürfte dabei § 5 Nr. 1<br />

se<strong>in</strong>: „Im Wasser für den menschlichen Gebrauch dürfen Krankheitserreger im S<strong>in</strong>ne des § 2 Nr. 1 des Infektionsschutzgesetzes<br />

nicht <strong>in</strong> Konzentrationen enthalten se<strong>in</strong>, die e<strong>in</strong>e Schädigung der menschlichen Gesundheit<br />

besorgen lassen.“<br />

48


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.5.7 Was mache ich bei e<strong>in</strong>er Kontam<strong>in</strong>ation e<strong>in</strong>es Wassersystems durch<br />

Pseudomonas aerug<strong>in</strong>osa?<br />

1.5 Häufig gestellte Fragen<br />

Als relevante Risikofaktoren für e<strong>in</strong>e zum Teil über lange Zeit persistierende bzw. e<strong>in</strong>e wieder aufflammende Kontam<strong>in</strong>ation<br />

der Kaltwasserleitung mit Pseudomonas aerug<strong>in</strong>osa wurde folgendes genannt:<br />

nicht sachgerechte Planung (z. B. Überdimensionierung, lange Stichleitungen)<br />

Kontam<strong>in</strong>ation durch zentrale E<strong>in</strong>schwemmung aus der Wasserversorgung<br />

mangelhafte, nicht fachgerechte Installation<br />

Verwendung ungeeigneter Materialien und Bauteile/Apparate<br />

nicht bestimmungsgemäßer Betrieb<br />

erhöhte Temperatur im Kaltwasserbereich von deutlich mehr als 20 °C<br />

nicht regelmäßig genutzte Leitungsteile mit stagnierendem Wasser<br />

werkstoff- und betriebsseitig begünstigte Biofilmbildung<br />

Biofilmbildung (z. B. auf organischen Bauteilen wie Membranen)<br />

nicht sachgerechte Dichtigkeitsprüfung vor Inbetriebnahme<br />

nicht sachgerechte Inbetriebnahme<br />

Dies bedeutet, dass e<strong>in</strong>e Vielzahl von Fehlern im Bereich der Wasserhygiene zu e<strong>in</strong>er Besiedlung mit P.aerug<strong>in</strong>osa<br />

führen können. Erstes Ziel muss deshalb se<strong>in</strong>, durch gezielte Probenahmen und mikrobiologische Analysen<br />

das Ausmaß der Kontam<strong>in</strong>ation und mögliche Kontam<strong>in</strong>ationsquellen darzustellen.<br />

Die Berichte zur Sanierung von mit Pseudomonas aerug<strong>in</strong>osa kontam<strong>in</strong>ierten Haus<strong>in</strong>stallationssystemen zeigten<br />

unterschiedliche Erfahrungen. Bei den Sanierungsmaßnahmen wurden sowohl chemische Des<strong>in</strong>fektionsverfahren<br />

mit Chlor oder Chlordioxid sowie thermische Sanierungsverfahren angewandt. Verfahren, die nicht als Dauerverfahren<br />

e<strong>in</strong>gesetzt werden, führen häufig nicht zum gewünschten Erfolg. E<strong>in</strong> wichtiger – vielleicht sogar der<br />

wichtigste – Faktor ist e<strong>in</strong>e forcierte Wasserentnahme. Wasser muss fließen und muss ausgetauscht werden. In<br />

e<strong>in</strong>igen Objekten konnte alle<strong>in</strong> durch kontrollierte Wasserentnahme e<strong>in</strong> stabiler Zustand erreicht werden.<br />

E<strong>in</strong>er der gravierendsten Fehler, der bei e<strong>in</strong>er festgestellten Kontam<strong>in</strong>ation gemacht werden kann, ist die Stilllegung<br />

des betroffenen Objektes. Dieses Vorgehen macht weitere Sanierungsversuche häufig unmöglich. Auch bei<br />

E<strong>in</strong>satz von Des<strong>in</strong>fektionsmitteln heißt die oberste Devise: Verbrauchen, Verbrauchen, Verbrauchen.<br />

49


1 Hygiene <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation – Tr<strong>in</strong>kwasserschutz ist Gesundheitsschutz<br />

1.5 Häufig gestellte Fragen<br />

1.5.8 Was s<strong>in</strong>d die schlimmsten Fehler bei Planung, Bau und Betrieb von Tr<strong>in</strong>kwasseranlagen?<br />

Zu glauben, das Problem existiert nicht<br />

Angst vor e<strong>in</strong>er Systemanalyse („Vogel-Strauß-Politik“)<br />

Planung mit dem „dicken Daumen“ – schätzen statt rechnen<br />

Betriebsführung entgegen dem vorgesehenen Betrieb<br />

Unsauberkeit – wo auch immer<br />

Stillstand – Wasser stagniert<br />

Größenwahn – lieber mehr als weniger<br />

Des<strong>in</strong>fektion statt Systemoptimierung<br />

„Wohlfühltemperaturen“ – PWC zu warm, PWH zu lau<br />

Reaktion statt Prävention<br />

1.5.9 Welche wichtigsten Ratschläge kann man erteilen?<br />

Schon bei der ersten Planung sollten Hygieneaspekte berücksichtigt werden.<br />

Die a. a. R. d. T. s<strong>in</strong>d schon <strong>in</strong> der Ausschreibung verb<strong>in</strong>dlich vorzugeben und müssen <strong>in</strong> allen Stadien der<br />

Planung bis zur Übergabe an den Betreiber berücksichtigt werden.<br />

E<strong>in</strong>e ganzheitliche Planung und Ausführung ist notwendig.<br />

E<strong>in</strong> vorbeugendes Wartungs- und Instandhaltungskonzept sowie e<strong>in</strong>e detaillierte Dokumentation s<strong>in</strong>d für jedes<br />

Objekt zu erstellen (WSP = Water safety plan; HACCP = Hazard Analysis and Critical Control Po<strong>in</strong>ts).<br />

Wasser muss wie e<strong>in</strong> leichtverderbliches Lebensmittel behandelt werden. Sauberkeit <strong>in</strong> allen Stadien der Erstellung<br />

und des Betriebes s<strong>in</strong>d essentiell. Alle Anlagenteile müssen von der Fertigung bis zum E<strong>in</strong>bau <strong>in</strong> e<strong>in</strong> präventivhygienisches<br />

Konzept e<strong>in</strong>bezogen werden.<br />

50


2 Ermittlung der Rohrdurchmesser 1)<br />

2.1 Allgeme<strong>in</strong>es ................................................................................................................................. 52<br />

2.2 Verfügbare Druckdifferenz ......................................................................................................... 53<br />

2.3 Volumenstromberechnung ......................................................................................................... 55<br />

2.4 Fließgeschw<strong>in</strong>digkeiten .............................................................................................................. 65<br />

2.5 Wasserzähler des Wasserversorgungsunternehmens ............................................................. 66<br />

2.6 Apparate ..................................................................................................................................... 68<br />

2.7 Schaltdruckdifferenz von Gruppen-Tr<strong>in</strong>kwasserwärmern ........................................................ 68<br />

2.8 Stockwerksdruckverlust ............................................................................................................. 69<br />

2.9 Druckverluste <strong>in</strong> Rohrleitungen .................................................................................................. 69<br />

2.9.1 Rohrreibungsdruckgefälle ............................................................................................................. 71<br />

2.9.2 Druckverluste <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelwiderständen ............................................................................................. 76<br />

2.9.3 Differenzierte Berechnungen ......................................................................................................... 77<br />

2.9.4 Vere<strong>in</strong>fachte Berechnungen .......................................................................................................... 77<br />

2.9.5 Bemessung des hydraulisch ungünstigsten Fließwegs .................................................................. 78<br />

2.9.6 Abgleichende Berechnungen ........................................................................................................ 80<br />

1) Prof. Dipl.-Ing. Bernd Rickmann, Fachhochschule Münster, Fachbereich Energie, Gebäude, Umwelt<br />

51


2 Ermittlung der Rohrdurchmesser<br />

2.1 Allgeme<strong>in</strong>es<br />

2.1 Allgeme<strong>in</strong>es<br />

Zur weiteren Verbesserung der tr<strong>in</strong>kwasserhygienischen Bed<strong>in</strong>gungen müssen die <strong>in</strong> DIN 1988 bereits enthaltenen<br />

umfangreichen „Technischen Regeln für die Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation“ <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Bereichen ergänzt bzw. modifiziert<br />

werden. Solche Ergänzungen zur DIN 1988 werden sowohl vom DVGW als auch vom VDI <strong>in</strong> ihren Regelwerken<br />

veröffentlicht. Insbesondere die „Technischen Regeln zur Verm<strong>in</strong>derung des Legionellenwachstums <strong>in</strong><br />

Installationen für erwärmtes Tr<strong>in</strong>kwasser“ (Arbeitsblätter W 551 [4] und W 553 [5]) und die VDI Richtl<strong>in</strong>ie 6023<br />

Blatt 1, Juli 2006 [23] haben nachhaltige Auswirkungen auf die Planung, den Bau und den Betrieb von Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallationen<br />

im Gebäude.<br />

Damit Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallationen nicht verkeimen können, muss zunächst der Wasser<strong>in</strong>halt durch konstruktive<br />

Maßnahmen und durch die Dimensionierung der Leitungen so ger<strong>in</strong>g wie möglich gehalten werden. Aus dieser<br />

Forderung resultieren ger<strong>in</strong>ge <strong>in</strong>nere Oberflächen und kurze Verweilzeiten des Tr<strong>in</strong>kwassers <strong>in</strong> der Anlage, verbunden<br />

mit e<strong>in</strong>em schnellen Wasseraustausch. Stagnierendes Wasser und die Erwärmung von kaltem Tr<strong>in</strong>kwasser<br />

im Transportsystem durch Umgebungse<strong>in</strong>flüsse s<strong>in</strong>d immer zu vermeiden. Durch Zirkulationssysteme oder<br />

durch selbstregelnde Begleitheizungen muss sichergestellt werden, dass die Temperatur des Warmwassers an<br />

ke<strong>in</strong>er Stelle des Versorgungssystems dauerhaft ger<strong>in</strong>ger wird als 55 °C. Ausgenommen s<strong>in</strong>d Stockwerksleitungen<br />

mit e<strong>in</strong>em Wasservolumen kle<strong>in</strong>er als 3 Liter.<br />

i<br />

52<br />

Die Bemessung von Tr<strong>in</strong>kwassererwärmungs-, Verteilungs- und Zirkulationsanlagen hat nicht nur unter<br />

Berücksichtigung von funktionalen und wirtschaftlichen, sondern auch unter tr<strong>in</strong>kwasserhygienischen<br />

Gesichtspunkten zu erfolgen.<br />

Da die Qualität des Tr<strong>in</strong>kwassers nicht nur abhängig ist von e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>wandfreien Anlieferung des Wassers durch<br />

das Versorgungsunternehmen, sondern im erheblichen Maße von der Konstruktion, der Auswahl der Rohrwerkstoffe,<br />

der handwerklichen Ausführung und der Bemessung der Leitungsanlage im Gebäude bee<strong>in</strong>flusst werden<br />

kann, muss bei festgestellten tr<strong>in</strong>kwasserhygienischen Problemen damit gerechnet werden, dass von den Verantwortlichen<br />

der Nachweis geführt werden muss, dass die Planung, die Bemessung und der Bau der gesamten<br />

Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation den zum Zeitpunkt der Ausführung gültigen allgeme<strong>in</strong> anerkannten Regeln der Technik<br />

entsprochen hat. E<strong>in</strong> kurzer Blick <strong>in</strong> das „Technischen Regelwerk“ zeigt, dass zurzeit folgende rechnerische<br />

Nachweise für die Erhaltung der Tr<strong>in</strong>kwassergüte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er fachgerecht erstellten Rohrleitungsanlage der Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation<br />

für erforderlich gehalten werden:<br />

Bemessung der Leitungsanlage für kaltes und erwärmtes Tr<strong>in</strong>kwasser gemäß DIN 1988-3 unter Berücksichtigung<br />

der VDI Richtl<strong>in</strong>ie 6023 Blatt 1, Juli 2006<br />

Bemessung der Zirkulationsleitungen auf Grundlage der DVGW-Arbeitsblätter W 551 und W 553, Nachweis<br />

des Wasser<strong>in</strong>halts <strong>in</strong> nicht zirkulierenden Leitungsteilen<br />

Das vorliegende Handbuch verfolgt das Ziel, die wichtigsten Regeln für die Ermittlung der Rohrleitungsdurchmesser<br />

<strong>in</strong> der Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation zusammenzufassen und praxisorientiert zu kommentieren.


2.2 Verfügbare Druckdifferenz<br />

2 Ermittlung der Rohrdurchmesser<br />

2.2 Verfügbare Druckdifferenz<br />

E<strong>in</strong>e hydraulische Berechnung für e<strong>in</strong>e Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation kann immer nur längs der so genannten Fließwege<br />

erfolgen. Die e<strong>in</strong>zelnen Fließwege beg<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> der Hausanschlussleitung und enden jeweils an e<strong>in</strong>er Entnahmearmatur.<br />

Der erste Schritt der DIN 1988-Berechnung für die Bemessung der Warmwasser- (TWW) und Kaltwasserleitungen<br />

(TW) besteht dar<strong>in</strong>, aus der Vielzahl der Fließwege den hydraulisch „ungünstigsten Fließweg“ herauszuf<strong>in</strong>den.<br />

Dieser Fließweg ist gekennzeichnet durch den ger<strong>in</strong>gsten zulässigen Druckverlust pro laufendem Meter <strong>in</strong><br />

der geraden Rohrleitung.<br />

Der Anfangspunkt für die hydraulische Berechnung kann gefunden werden, wenn für ausgewählte Entnahmearmaturen<br />

e<strong>in</strong>e Druckbilanz längs der zugehörigen Fließwege aufgestellt wird.<br />

Für e<strong>in</strong>e solche Bilanz s<strong>in</strong>d alle Druck- bzw. Druckverlustkomponenten im gesamten System rechnerisch zu<br />

bewerten. Im E<strong>in</strong>zelnen:<br />

pm<strong>in</strong>V =<br />

pm<strong>in</strong>FI + ∆pgeod + ∆pWZ + Σ∆pAp + ∆pSt + Σ( I ⋅ R + Z)<br />

Gleichung 1<br />

hier<strong>in</strong> bedeuten (siehe auch → Abb. 13):<br />

p m<strong>in</strong>V<br />

p m<strong>in</strong>Fl<br />

M<strong>in</strong>imaler statischer Überdruck an der Anschlussstelle an die Versorgungsleitung, nach Angabe des zuständigen Wasserver-<br />

sorgungsunternehmens (WVU)<br />

Erforderlicher statischer Überdruck an der Anschlussstelle für e<strong>in</strong>e Entnahmearmatur bei ihrem M<strong>in</strong>dest-Entnahme-<br />

volumenstrom<br />

∆pgeod Geodätische Druckdifferenz, resultierend aus der Höhendifferenz zwischen Anschlussleitung und Entnahmearmatur<br />

∆pwz Druckverlust im Wasserzähler<br />

∆pAp Druckverlust <strong>in</strong> Apparaten, wie Filtern ∆pFIL, Dosieranlagen ∆pDOS, Enthärtungsanlagen ∆pEH, usw.<br />

∆pSt Druckverlust <strong>in</strong> Stockwerks- und E<strong>in</strong>zelzuleitungen (nur im vere<strong>in</strong>fachten Berechnungsgang)<br />

Σ(I · R + Z) Druckverlust aus Rohrreibung und E<strong>in</strong>zelwiderständen im Fließweg, beg<strong>in</strong>nend <strong>in</strong> der Hausanschlussleitung bis zur jeweiligen<br />

Entnahmestelle bzw. bis zum Stockwerksanschluss<br />

53


2 Ermittlung der Rohrdurchmesser<br />

2.2 Verfügbare Druckdifferenz<br />

Abbildung 13: Def<strong>in</strong>itionen und Bezeichnungen <strong>in</strong> Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallationen<br />

Nach e<strong>in</strong>er solchen Betrachtung muss für die Überw<strong>in</strong>dung von Rohrreibungs- und E<strong>in</strong>zelwiderstandsverlusten<br />

Σ(I · R + Z) und damit für die Dimensionierung der Rohrleitungen e<strong>in</strong>e positive (verfügbare) Druckdifferenz ∆p verf<br />

verbleiben, die rechnerisch wie folgt ermittelt werden kann:<br />

∆p verf = pm<strong>in</strong>V – ( pm<strong>in</strong>Fl + ∆p geod + ∆p WZ + Σ∆pAp + ∆p St)<br />

Gleichung 2<br />

„Verteilt“ man die verfügbare Druckdifferenz ∆p verf nach Abzug der E<strong>in</strong>zelwiderstandsverluste (a) gleichmäßig<br />

über die gesamte Länge des Fließweges (I ges ), ergibt sich e<strong>in</strong>e wichtige Bemessungsgröße für die Ermittlung der<br />

Rohrleitungsdurchmesser, das verfügbare Rohrreibungsdruckgefälle R verf. Für den ungünstigsten Fließweg<br />

nimmt dieses relative Druckgefälle den kle<strong>in</strong>sten und für den günstigsten den größten Wert an.<br />

R verf<br />

Gleichung 3<br />

hier<strong>in</strong> bedeuten:<br />

∆pverf verfügbar für den Druckverlust aus Rohrreibung und E<strong>in</strong>zelwiderständen<br />

a vorgeschätzter prozentualer Anteil der E<strong>in</strong>zelwiderstandsverluste am Gesamtdruckverlust <strong>in</strong> %<br />

lges Gesamtlänge des zu berechnenden Fließweges.<br />

Wie die vorstehenden Gleichungen ausweisen, wird das verfügbare Rohrreibungsdruckgefälle hauptsächlich<br />

durch die geodätische Druckdifferenz ∆p geod und die M<strong>in</strong>destfließdruckforderung der Entnahmearmatur p m<strong>in</strong>Fl<br />

geprägt.<br />

54<br />

∆p verf ( 100 – a)<br />

=<br />

-------------- ⋅ -------------------------<br />

Iges 100


i<br />

2 Ermittlung der Rohrdurchmesser<br />

2.3 Volumenstromberechnung<br />

Die ungünstigste Entnahmestelle wird am schnellsten gefunden, wenn im obersten Stockwerk die Armaturen<br />

mit den höchsten Fließdruckforderungen rechnerisch untersucht werden.<br />

Die Durchmesser s<strong>in</strong>d relativ groß zu wählen, wenn das verfügbare Rohrreibungsdruckgefälle R verf kle<strong>in</strong> ist und<br />

können kle<strong>in</strong>er gewählt werden, wenn e<strong>in</strong> verhältnismäßig großes Druckgefälle zur Verfügung steht. Das verfügbare<br />

Rohrreibungsdruckgefälle bee<strong>in</strong>flusst damit nicht nur maßgeblich die Erstellungskosten, sondern auch den<br />

Wasser<strong>in</strong>halt der Leitungsanlage.<br />

i Vor Beg<strong>in</strong>n der Druckverlustberechnung sollte daher für e<strong>in</strong> ausreichend großes verfügbares Rohrreibungsdruckgefälle<br />

(R verf = 5,0 ... 10,0 mbar/m) im ungünstigsten Fließweg gesorgt werden.<br />

Der Spitzenvolumenstrom, der M<strong>in</strong>destversorgungsdruck, die Leitungslängen und die geodätischen Höhen s<strong>in</strong>d<br />

weitestgehend unveränderliche Größen und können bei e<strong>in</strong>er vorgegebenen Aufgabenstellung nicht entscheidend<br />

verändert werden. Der Planer e<strong>in</strong>er Leitungsanlage kann nennenswert nur die hydraulischen Daten der<br />

Apparate (∆p WZ , ∆p FIL , ∆p Ap ), der Stockwerks<strong>in</strong>stallation (∆p st ) und die der Entnahmearmaturen (p m<strong>in</strong>Fl ) bee<strong>in</strong>flussen.<br />

Da gerade <strong>in</strong> <strong>diesem</strong> Bereich die Festlegungen <strong>in</strong> der Norm als Maximalwerte anzusehen s<strong>in</strong>d, liefern<br />

typspezifische Herstellerangaben bzw. differenzierte Berechnungen <strong>in</strong> den meisten Fällen günstigere Ausgangsbed<strong>in</strong>gungen<br />

für die Bemessung der Rohrleitungen.<br />

2.3 Volumenstromberechnung<br />

Für die Auswahl e<strong>in</strong>es geeigneten Durchmessers <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Teilstrecke muss neben dem verfügbaren Rohrreibungsdruckgefälle<br />

R verf als weitere Berechnungsgröße m<strong>in</strong>destens noch der Volumenstrom des Berechnungsfalls – der<br />

Spitzenvolumenstrom V S – bekannt se<strong>in</strong>.<br />

Der zu erwartende Spitzenvolumenstrom V S <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Teilstrecke wird maßgeblich von der Anzahl und der Konstruktionsart<br />

der zu versorgenden Entnahmearmaturen, vom jeweiligen Berechnungsvolumenstrom der Entnahmearmaturen<br />

V R und von der Nutzungsart der Installationse<strong>in</strong>heit bee<strong>in</strong>flusst. Es wird grundsätzlich nach<br />

Normal- und Dauerverbrauch unterschieden.<br />

E<strong>in</strong>e Entnahmearmatur muss als „Dauerverbraucher“ e<strong>in</strong>gestuft werden, wenn sie betriebsbed<strong>in</strong>gt länger als<br />

15 M<strong>in</strong>uten genutzt wird.<br />

Typische Dauerverbraucher s<strong>in</strong>d Entnahmearmaturen, die für die Wasserentnahme zur Grünflächenberegnung<br />

vorgesehen s<strong>in</strong>d. Werden mehrere Dauerverbraucher durch e<strong>in</strong>e Teilstrecke versorgt, ist die zu erwartende<br />

Gleichzeitigkeit mit dem Nutzer der Leitungsanlage festzulegen. Im Normalfall wird die E<strong>in</strong>zelarmatur allerd<strong>in</strong>gs<br />

nur über e<strong>in</strong>en kurzen Zeitraum, d. h. deutlich kürzer als 15 M<strong>in</strong>uten, genutzt (Normalverbrauch). Können Dauerverbrauch<br />

V D und Spitzenvolumenstrom aus Normalverbrauch V S,normal zeitlich zusammentreffen, s<strong>in</strong>d die<br />

beiden Werte zu addieren.<br />

55


2 Ermittlung der Rohrdurchmesser<br />

2.3 Volumenstromberechnung<br />

V · S V · S,normal V · = + D<br />

Gleichung 4<br />

Der Berechnungsvolumenstrom e<strong>in</strong>er Entnahmearmatur V R ist e<strong>in</strong> Mittelwert aus den Entnahmevolumenströmen<br />

bei e<strong>in</strong>em oberen Fließdruck (meistens p oFl = 3,0 bar) und dem M<strong>in</strong>destfließdruck (<strong>in</strong> der Regel p m<strong>in</strong>Fl = 1,0 bar).<br />

Abbildung 14: Def<strong>in</strong>ition des Berechnungsvolumenstromes V R e<strong>in</strong>er Entnahmearmatur<br />

Der M<strong>in</strong>destvolumenstrom e<strong>in</strong>er Entnahmearmatur bei Normbed<strong>in</strong>gungen kann über → Gleichung 5 rechnerisch<br />

bestimmt werden, wenn von der betreffenden Armatur der Berechnungsvolumenstrom V R , der M<strong>in</strong>destfließdruck<br />

p m<strong>in</strong>Fl und der obere Fließdruck p oFl bekannt s<strong>in</strong>d.<br />

V · m<strong>in</strong><br />

Gleichung 5<br />

56<br />

2 V · ⋅ R<br />

=<br />

-----------------------------poFl<br />

1 + ------------pm<strong>in</strong>Fl


2 Ermittlung der Rohrdurchmesser<br />

2.3 Volumenstromberechnung<br />

Danach beträgt zum Beispiel der M<strong>in</strong>destvolumenstrom auf der Kaltwasser- bzw. Warmwasserseite e<strong>in</strong>er Badewannenfüllarmatur<br />

mit den Armaturendaten V R = 0,15 l/s, p oFl = 3,0 bar, p m<strong>in</strong>Fl = 1,0 bar<br />

V · 2 ⋅ 0, 15<br />

m<strong>in</strong>=<br />

-------------------- ≈<br />

011l/s ,<br />

1 + 3<br />

Tabelle 10: Richtwerte für den Berechnungsvolumenstrom und den M<strong>in</strong>destfließdruck gebräuchlicher Entnahmearmaturen<br />

Armaturenart<br />

p m<strong>in</strong> FI<br />

Mischwasser<br />

i Der Summenvolumenstrom ΣVR ist die Summe der Berechnungsvolumenströme VR aller Entnahmearmaturen,<br />

die durch e<strong>in</strong>e Teilstrecke versorgt werden können.<br />

kalt<br />

Mischwasser<br />

warm<br />

nur kaltes<br />

oder<br />

erwärmtes<br />

Tr<strong>in</strong>kwasser<br />

V R V R V R<br />

mbar l/s l/s l/s<br />

Auslaufventile ohne Luftsprudler DN 15 500 0,30<br />

Auslaufventile ohne Luftsprudler DN 20 500 0,50<br />

Auslaufventile ohne Luftsprudler DN 25 500 1,00<br />

Auslaufventile mit Luftsprudler DN 10 1000 0,15<br />

Auslaufventile mit Luftsprudler DN 15 1000 0,15<br />

Klosettdruckspüler DN 20 1200 1,00<br />

Ur<strong>in</strong>aldruckspüler DN 15 1000 0,30<br />

Spülkasten nach DIN 19542 DN 15 500 0,13<br />

Haushaltsgeschirrspülmasch<strong>in</strong>e DN 15 1000 0,15<br />

Haushaltswaschmasch<strong>in</strong>e DN 15 1000 0,25<br />

Mischbatterie für<br />

Brausewannen DN 15 1000 0,15 0,15<br />

Badewannen DN 15 1000 0,15 0,15<br />

Küchenspülen DN 15 1000 0,07 0,07<br />

Waschtische DN 15 1000 0,07 0,07<br />

Sitzwaschbecken DN 15 1000 0,07 0,07<br />

Mischbatterie DN 20 1000 0,30 0,30<br />

Elektro-Kochendwassergerät 1000 0,10<br />

57


2 Ermittlung der Rohrdurchmesser<br />

2.3 Volumenstromberechnung<br />

Bei der Ermittlung des Summenvolumenstromes bleiben <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Nutzungse<strong>in</strong>heit Entnahmearmaturen,<br />

die über e<strong>in</strong>en Ausstattungsstandard h<strong>in</strong>ausgehen, unberücksichtigt 1) . In Wohnungs<strong>in</strong>stallationen gilt diese Festlegung<br />

z. B. für:<br />

Sitzwaschbecken,<br />

zusätzliche Waschbecken oder Toilettenanlagen,<br />

Dusche zusätzlich zur Badewanne, usw.<br />

Mit dieser Regelung kann der Spitzenvolumenstrom <strong>in</strong> den Berechnungen für so genannte „Komfort<strong>in</strong>stallationen“<br />

auf das tatsächlich erforderliche Maß reduziert werden. Bezogen auf das Beispiel <strong>in</strong> → Abb. 15 kann hier<br />

der Summenvolumenstrom der e<strong>in</strong>zelnen Stockwerks<strong>in</strong>stallation für die Ermittlung der Nennweiten der Kellerverteilungs-<br />

und Steigleitungen auf der Kaltwasserseite von ΣV R = 1,61 l/s auf m<strong>in</strong>destens ΣV R = 1,19 l/s und auf<br />

der Warmwasserseite von ΣV R = 0,65 l/s auf m<strong>in</strong>destens ΣV R = 0,36 l/s reduziert werden. Diese re<strong>in</strong> rechnerische<br />

Maßnahme auf Grundlage der DIN 1988-3 kann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er größeren Installationse<strong>in</strong>heit (z. B. e<strong>in</strong>er Eigentumswohnanlage)<br />

zu e<strong>in</strong>er Reduzierung der Anlagenkosten und des Wasser<strong>in</strong>halts <strong>in</strong> beachtenswerter Größenordnung<br />

führen [47].<br />

Abbildung 15: Stockwerks<strong>in</strong>stallation<br />

Bis zu e<strong>in</strong>em Summenvolumenstrom von ΣV R = 20,0 l/s s<strong>in</strong>d die zu erwartenden Spitzenvolumenströme auch<br />

von der Konstruktionsart der Entnahmearmatur bzw. von deren Berechnungsvolumenstrom abhängig. Ist der<br />

Berechnungsvolumenstrom der E<strong>in</strong>zelarmatur größer als V R ≥ 0,5 l/s (z. B. bei Klosettdruckspülern) ist bei gleichem<br />

Summenvolumenstrom <strong>in</strong> der Teilstrecke e<strong>in</strong> höherer Spitzenvolumenstrom zu erwarten. DIN 1988 formuliert<br />

für die Umrechnung des Summenvolumenstroms <strong>in</strong> den Spitzenvolumenstrom Berechnungsgleichungen für<br />

die Nutzungsart der Installationse<strong>in</strong>heit als Wohngebäude, Büro- und Verwaltungsgebäude, Hotelgebäude, Kaufhaus,<br />

Krankenhaus-Bettenstation und Schule. Die Berechnungsgleichungen werden jeweils mit Buchstaben<br />

gekennzeichnet.<br />

1) VDI 6023, Blatt 1, Juli 2006, Abschnitt 4.3 „Dimensionierung und Leitungsführung von Tr<strong>in</strong>kwasseranlagen“<br />

58


2 Ermittlung der Rohrdurchmesser<br />

2.3 Volumenstromberechnung<br />

Tabelle 11: Berechnungsgleichungen für die Umrechnung des Summenvolumenstroms <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en zu erwartenden Spitzenvolumenstrom<br />

Kennung Gültigkeitsbereich Gleichung E<strong>in</strong>heit<br />

A ΣV R > 1,0 1) V S = 1,7 ⋅[ΣV R ] 0,21 – 0,7 l/s<br />

B 0,07 < ΣV R ≤ 20 V S = 0,682 ⋅[ΣV R] 0,45 – 0,14 l/s<br />

C ΣV R > 20 V S = 0,4 ⋅[ΣV R ] 0,54 + 0,48 l/s<br />

D 1,0 < ΣV R ≤ 20 V S = [ΣV R ] 0,336 l/s<br />

E 0,1 < ΣV R ≤ 20 V S = 0,698 ⋅[ΣV R] 0,5 – 0,12 l/s<br />

F ΣV R > 20 V S = 1,08 ⋅[ΣV R ] 0,5 – 1,83 l/s<br />

G ΣV R > 20 V S = 4,3 ⋅[ΣV R ] 0,27 – 6,65 l/s<br />

H ΣV R > 20 V S = 0,25 ⋅[ΣV R] 0,65 + 1,25 l/s<br />

I 1,5 < ΣV R ≤ 1,0 2)<br />

1) zwischen ΣV R = 0,5 und 1,0 l/s gilt: V S = ΣV R<br />

2) für ΣV R ≤ 1,5 gilt: V S = ΣV R<br />

V S = 4,4 ⋅[ΣV R ] 0,27 – 3,41 l/s<br />

K ΣV R > 20 V S = -22,5 ⋅[ΣV R ] -0,5 + 11,5 l/s<br />

Abbildung 16: Spitzenvolumenstrom bei e<strong>in</strong>em Summenvolumenstrom ΣV R < 20,0 l/s <strong>in</strong> Abhängigkeit vom Berechnungsvolumenstrom der<br />

größten <strong>in</strong>stallierten Entnahmearmatur und der Nutzungsart des Gebäudes<br />

59


2 Ermittlung der Rohrdurchmesser<br />

2.3 Volumenstromberechnung<br />

Abbildung 17: Spitzenvolumenstrom bei e<strong>in</strong>em Summenvolumenstrom ΣV R > 20,0 l/s <strong>in</strong> Abhängigkeit von der Nutzungsart des Gebäudes<br />

In der VDI Richtl<strong>in</strong>ie 6023 Blatt 1, Juli 2006 wird <strong>in</strong> Abschnitt 4.3 „Dimensionierung und Leitungsführung von<br />

Tr<strong>in</strong>kwasser-Installationen“ e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>stmöglicher Gleichzeitigkeitsfaktor gefordert, um kle<strong>in</strong>e Nennweiten zu<br />

erreichen. Diese Forderung ist vor dem H<strong>in</strong>tergrund zu verstehen, dass Volumenstrommessungen <strong>in</strong> ausgeführten<br />

Anlagen fast immer zeigen, dass die Spitzenvolumenstromberechnung nach DIN 1988-3 zu hohe Werte liefert.<br />

Die Rohrleitungssysteme, die mit diesen Spitzenvolumenströmen bemessen werden, s<strong>in</strong>d daher deutlich<br />

überdimensioniert.<br />

60


2 Ermittlung der Rohrdurchmesser<br />

Abbildung 18: Volumenstrommesswerte aus e<strong>in</strong>er Tr<strong>in</strong>kwasser-Installation Nutzung: Wohnanlage für betreutes Wohnen<br />

2.3 Volumenstromberechnung<br />

Die Auswertung von Volumenstrommessungen im Bereich der E<strong>in</strong>speisung <strong>in</strong> die zentrale Tr<strong>in</strong>kwasser-Erwärmungsanlage<br />

e<strong>in</strong>er Wohnanlage für betreutes Wohnen, zeigt die Problematik beispielhaft auf → Abb. 18. Nach<br />

den Bemessungsregeln der DIN 1988-3 ergibt sich für solche Wohngebäude bei e<strong>in</strong>em Summenvolumenstrom<br />

von 37,58 l/s e<strong>in</strong> Spitzenvolumenstrom von 2,94 l/s. Gemessen wurde über e<strong>in</strong>en Zeitraum von e<strong>in</strong>er Woche<br />

aber nur e<strong>in</strong> Spitzenvolumenstrom von 0,5 l/s.<br />

Bereits kurz vor Ersche<strong>in</strong>en der DIN 1988 im Jahre 1988 wurden Berechnungsmethoden diskutiert, die zu<br />

wesentlich ger<strong>in</strong>geren Spitzenvolumenströmen führen. Diese Spitzenvolumenstromberechnungen basieren auf<br />

den Ergebnissen e<strong>in</strong>es breit angelegten DVGW-Forschungsvorhabens [28]. Die se<strong>in</strong>erzeit diskutierten Kurvenverläufe<br />

[29] s<strong>in</strong>d im Vergleich zu DIN 1988-3 <strong>in</strong> → Abb. 19 dargestellt.<br />

61


2 Ermittlung der Rohrdurchmesser<br />

2.3 Volumenstromberechnung<br />

Abbildung 19: Spitzenvolumenstrom für Tr<strong>in</strong>kwasser-Installationen<br />

Die Umrechnungskurven für Wohngebäude aus dem DVGW-Forschungsvorhaben folgen der Form<br />

V S = a ⋅ In(ΣV R ) + b. Über e<strong>in</strong>en Formelgenerator für die Spitzenvolumenstromberechnung können die Auswirkungen<br />

ger<strong>in</strong>gerer Spitzenvolumenströme auf die Rohrleitungsdurchmesser mit e<strong>in</strong>em Computerprogramm<br />

untersucht werden → Abb. 20 [30]. Dimensioniert man auf <strong>diesem</strong> Wege e<strong>in</strong> Rohrnetz mit e<strong>in</strong>er Struktur gemäß<br />

→ Abb. 19, z. B. über die Umrechnungskurve V S = 0,410 ⋅ In(ΣV R ) + 0,480 (DVGW Forschungsvorhaben Wohnungen<br />

+ 1 x Standardabweichung aus → Abb. 19) s<strong>in</strong>d die Auswirkungen auf die Rohrleitungsdurchmesser<br />

eher ger<strong>in</strong>g. Die Durchmesser <strong>in</strong> den Stockwerks- und Steigleitungen bleiben nahezu unverändert. Signifikant<br />

verändern sich die Durchmesser <strong>in</strong> der Hauptverteilung, <strong>in</strong>sbesondere der Durchmesser der Hausanschlussleitung<br />

→ Abb. 21.<br />

62


Abbildung 20: Formelgenerator für die Spitzenvolumenstromberechnung; abweichend von DIN 1988-3<br />

2 Ermittlung der Rohrdurchmesser<br />

2.3 Volumenstromberechnung<br />

63


2 Ermittlung der Rohrdurchmesser<br />

2.3 Volumenstromberechnung<br />

Abbildung 21: Veränderung der Leitungsdurchmesser bei Reduzierung des Spitzenvolumenstroms<br />

64


2.4 Fließgeschw<strong>in</strong>digkeiten<br />

2 Ermittlung der Rohrdurchmesser<br />

2.4 Fließgeschw<strong>in</strong>digkeiten<br />

Als Ersatz für das „verfügbare Rohrreibungsdruckgefälle“ werden <strong>in</strong> der Praxis häufig noch Leitungen über mittlere<br />

Fließgeschw<strong>in</strong>digkeiten dimensioniert. Mit dieser Methode können zwar halbwegs s<strong>in</strong>nvoll ersche<strong>in</strong>ende<br />

Rohrleitungsdurchmesser festgelegt werden, denen aber der zuvor beschriebene hydraulische Zusammenhang<br />

über das Rohrreibungsdruckgefälle fehlt. Bemessungsfehler s<strong>in</strong>d hier zwangsläufig, da mit dieser Methode systematisch<br />

hydraulisch ungünstige Teilstrecken zu kle<strong>in</strong> und günstigere zu groß bemessen werden. Neben den re<strong>in</strong><br />

wirtschaftlichen Aspekten weist e<strong>in</strong>e so bemessene Leitungsanlage aus hygienischer Sicht e<strong>in</strong> unnötig großes<br />

Leitungsvolumen mit dem oben beschriebenen Gefährdungspotential aus. Grundsätzlich kann festgestellt<br />

werden, dass diese Fehlbemessung mit der Größe der Leitungsanlage – also <strong>in</strong>sbesondere auch <strong>in</strong> den ausgewiesenen<br />

Risiko<strong>in</strong>stallationen von Krankenhäusern und Altenheimen – zunimmt. Fließgeschw<strong>in</strong>digkeiten besitzen<br />

im Berechnungsverfahren der Norm nur e<strong>in</strong>e Begrenzungs- und ke<strong>in</strong>e Berechnungsfunktion.<br />

Tabelle 12: Zulässige Fließgeschw<strong>in</strong>digkeiten <strong>in</strong> Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallationen<br />

Leitungsabschnitt<br />

Maximal zulässige Geschw<strong>in</strong>digkeiten<br />

bei e<strong>in</strong>er Fließdauer von<br />

≤ 15 M<strong>in</strong>uten > 15 M<strong>in</strong>uten<br />

Hausanschlussleitungen 2,0 m/s 2,0 m/s<br />

Verbrauchsleitungen mit durckverlustarmen Absperrarmaturen<br />

ζ


2 Ermittlung der Rohrdurchmesser<br />

2.5 Wasserzähler des Wasserversorgungsunternehmens<br />

2.5 Wasserzähler des Wasserversorgungsunternehmens<br />

Die Festlegung der Zählergröße erfolgt nach der „Verordnung über allgeme<strong>in</strong>e Bed<strong>in</strong>gungen für die Versorgung<br />

mit Wasser (AVB WasserV)“ durch das Wasserversorgungsunternehmen (WVU). Während im Geltungsbereich der<br />

DIN 1988 die Sekundenspitze für die Bemessung der Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation herangezogen wird, orientiert sich<br />

die Bemessung der Abrechnungszähler bei e<strong>in</strong>igen Versorgungsunternehmen an der 5-M<strong>in</strong>utenspitze. Der Bezug<br />

auf den größeren Zeitraum hat dann zur Folge, dass der Wasserzähler für e<strong>in</strong>en anderen (kle<strong>in</strong>eren) Volumenstrom<br />

bemessen wird, als die nachfolgende Leitungsanlage. Das Verfahren für die Ermittlung des Druckverlustes<br />

im Wasserzähler muss daher immer mit dem zuständigen Wasserversorgungsunternehmen (WVU) abgestimmt<br />

werden. Die unterschiedliche Bemessungsgrundlage kann <strong>in</strong> Grenzfällen dazu führen, dass bei Auftreten der<br />

Spitzenbelastung nach DIN 1988 der effektive Druckverlust im Abrechnungszähler den der Berechnung übersteigt.<br />

Die damit verbundene kurzzeitige Unterschreitung des M<strong>in</strong>destfließdruckes an kritischen Entnahmestellen,<br />

<strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> den oberen Geschossen, hat Funktionsschwächen <strong>in</strong> der Tr<strong>in</strong>kwasserversorgung zur Folge.<br />

Sofern nicht Festlegungen des WVUs entgegenstehen, ist e<strong>in</strong>e Größenbemessung des Zählers für den Spitzenvolumenstrom<br />

nach DIN 1988 immer empfehlenswert. In <strong>diesem</strong> S<strong>in</strong>ne gilt für die Auswahl des Wasserzählers:<br />

V S ⋅ 3,6 ≤ V max <strong>in</strong> m 3 /h<br />

V g ⋅ 3,6 ≤ V n <strong>in</strong> m 3 /h<br />

und für die Berechnung des Druckverlustes:<br />

∆p WZ ∆p Ap<br />

V<br />

∆p g<br />

Gleichung 6<br />

· ( S ⋅ 36 , ) 2<br />

V · = =<br />

⋅ -----------------------------<br />

2<br />

g<br />

hier<strong>in</strong> bedeuten:<br />

∆pg Vom Hersteller des Apparates ermittelte Druckdifferenz bei e<strong>in</strong>em gegebenen Volumenstrom Vg <strong>in</strong> m 3 /h. Für die Druckverlustberechnung<br />

im Wasserzähler gilt Vg = Vmax; <strong>in</strong> Ausnahmefällen (Dauerbelastung) auch Vg = Vn VS Spitzenvolumenstrom <strong>in</strong> l/s<br />

Vn Nenndurchfluss <strong>in</strong> m 3 /h, entspricht der zulässigen Dauerbelastung durch Dauerverbrauch (VD) Vmax Maximal zulässiger Durchfluss <strong>in</strong> m 3 /h, entspricht der kurzzeitig zulässigen Spitzenbelastung des Wasserzählers <strong>in</strong> m 3 /h<br />

Mit dieser Bemessungsgrundlage wird e<strong>in</strong>erseits der ungünstigste Fall abgedeckt, andererseits die Grundlage für<br />

e<strong>in</strong>e wirtschaftliche Auslegung der Rohrleitungen geschaffen. Diese Grundlage sollte auch dann verwendet<br />

werden, wenn das Versorgungsunternehmen tatsächlich e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>eren Zähler e<strong>in</strong>baut. Eventuell auftretende<br />

Fehlfunktionen könnten dann problemlos und kostengünstig, durch Austausch gegen den Wasserzähler des<br />

Berechnungsfalls, korrigiert werden.<br />

66


Tabelle 13: Volumenstrom und Druckverlust bei Wasserzählern nach DIN ISO 4064-1<br />

Zählerart<br />

Anschluss n.<br />

DIN ISO 228-1<br />

Nennweite<br />

Flansch<br />

2 Ermittlung der Rohrdurchmesser<br />

2.5 Wasserzähler des Wasserversorgungsunternehmens<br />

∆p g V g = V n V g = V max<br />

bar m 3 /h m 3 /h<br />

Flügelradzähler G1/2B 1000 0,6 1,2<br />

Flügelradzähler G1/2B 1000 1,0 2,0<br />

Flügelradzähler G3/4B 1000 1,5 3,0<br />

Flügelradzähler G1B 1000 2,5 5,0<br />

Flügelradzähler G11/4B 1000 3,5 7,0<br />

Flügelradzähler G11/2B 1000 6,0 12,0<br />

Flügelradzähler G2B 1000 10,0 20,0<br />

Woltmannzähler 50 300 1)<br />

Woltmannzähler 65 300 1)<br />

Woltmannzähler 80 300 1)<br />

1) bei senkrechten Woltmannzählern (WS) 600 mbar<br />

15,0 30,0<br />

25,0 50,0<br />

40,0 80,0<br />

Woltmannzähler 100 300 1) 60,0 120,0<br />

Woltmannzähler 150 300 1)<br />

Woltmannzähler 200 300 1)<br />

150,0 300,0<br />

250,0 500,0<br />

Abbildung 22: Apparatedruckverluste ∆p Ap <strong>in</strong> Abhängigkeit vom Volumenstromverhältnis V S /V g und der gegebenen Druckdifferenz ∆p g<br />

67


2 Ermittlung der Rohrdurchmesser<br />

2.6 Apparate<br />

2.6 Apparate<br />

Unter dem Oberbegriff „Apparate“ werden Filter, Enthärtungs-, Dosier-, Entsalzungsanlagen, Wärmetauscher<br />

usw. zusammengefasst.<br />

i<br />

68<br />

Wegen des großen E<strong>in</strong>flusses der Apparatedruckverluste auf die Ergebnisse der hydraulischen Berechnung,<br />

sollten die Druckverluste <strong>in</strong> Apparaten immer unter Verwendung der Herstellerangaben „differenziert“<br />

ermittelt werden → Gleichung 6 auf Seite 66.<br />

Für e<strong>in</strong>en Filter h<strong>in</strong>ter der Wasserzählanlage kann für den Neuzustand genügend genau e<strong>in</strong> Druckverlust von<br />

∆p FlL = 200 mbar bei Nenndurchfluss verwendet werden.<br />

2.7 Schaltdruckdifferenz von Gruppen-Tr<strong>in</strong>kwasserwärmern<br />

Bei E<strong>in</strong>satz von hydraulisch gesteuerten Gruppen-Tr<strong>in</strong>kwassererwärmern ist die im Allgeme<strong>in</strong>en sehr hohe<br />

Schaltdruckdifferenz <strong>in</strong> den Geräten zu beachten. Konkrete Herstellerangaben liefern auch <strong>in</strong> <strong>diesem</strong> Fall verlässlichere<br />

Ergebnisse als die Richtwerte aus → Tabelle 14. Die angegebenen Werte für ∆p TE dürfen <strong>in</strong> der Regel<br />

nicht <strong>in</strong> → Gleichung 6 auf Seite 66 verwendet werden. Der Strömungsverlust <strong>in</strong> zentralen Tr<strong>in</strong>kwassererwärmungsanlagen<br />

(Speicher- bzw. Ladespeichersystem) ist <strong>in</strong> der Regel wesentlich ger<strong>in</strong>ger als <strong>in</strong> Gruppen-TWE<br />

und wird <strong>in</strong> der Druckverlustberechnung für die Rohrleitungsanlage über die E<strong>in</strong>- und Ausströmverluste am Speicher<br />

(E<strong>in</strong>zelwiderstandsbeiwerte ζ siehe z. B. Tabellensammlung unter → www.geberit.de oder<br />

→ datenservice.kemper-olpe.de) berücksichtigt.<br />

Tabelle 14: Richtwerte für Schaltdruckdifferenzen von E<strong>in</strong>zel- bzw. Gruppen-Tr<strong>in</strong>kwassererwärmern<br />

Geräteart ∆p TE<br />

Elektro-Durchfluss-Wassererwärmer (thermisch geregelt) 0,5<br />

Elektro-Durchfluss-Wassererwärmer (hydraulisch gesteuert) 1,0<br />

Elektro- bzw. Gas-Speicher-Wassererwärmer (bis 80 l) 0,2<br />

Gas-Durchfluss- und Kombiheizer nach DIN 3368 0,8<br />

bar


2.8 Stockwerksdruckverlust<br />

2 Ermittlung der Rohrdurchmesser<br />

2.8 Stockwerksdruckverlust<br />

Im vere<strong>in</strong>fachten Verfahren der DIN 1988-3 kann der Stockwerksdruckverlust über tabellarische Vorgaben<br />

bestimmt werden (siehe z. B. Berechnungsbeispiel für e<strong>in</strong> Zirkulationssystem unter → www.geberit.de oder<br />

→ datenservice.kemper-olpe.de).<br />

i<br />

Die differenzierte Berechnung e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>fachen Stockwerks<strong>in</strong>stallation <strong>in</strong> Wohngebäuden zeigt allerd<strong>in</strong>gs,<br />

dass man bei gleichem Stockwerksdruckverlust ∆p St – im Vergleich zum vere<strong>in</strong>fachten Verfahren – <strong>in</strong> den<br />

meisten Fällen bereits Leitungsanlagen mit ger<strong>in</strong>geren Durchmessern realisieren kann (siehe z. B. Berechnungsbeispiel<br />

für e<strong>in</strong> Zirkulationssystem unter → www.geberit.de oder → datenservice.kemper-olpe.de).<br />

Der <strong>in</strong> Stockwerks<strong>in</strong>stallationen häufig noch anzutreffende Durchmesser DN 20 basiert noch auf Erfahrungen mit<br />

den älteren Berechnungsregeln (DVGW Arbeitsblatt W 308) und ist <strong>in</strong> vielen Fällen hydraulisch nicht erforderlich.<br />

Vor dem H<strong>in</strong>tergrund der Zusatz- bzw. Neuregelungen <strong>in</strong> der Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation über die DVGW-Arbeitsblätter<br />

W 551 bis W 553 sollte e<strong>in</strong>e unnötig großzügige Bemessung solcher Leitungsabschnitte, <strong>in</strong>sbesondere im<br />

Warmwassersystem, der Vergangenheit angehören. Vergleichsrechnungen zeigen, dass es <strong>in</strong> größeren Installationen<br />

aus wirtschaftlichen und hygienischen Gründen s<strong>in</strong>nvoll ist, die <strong>in</strong>sgesamt verfügbare Druckdifferenz eher <strong>in</strong><br />

Stockwerks- und Steigleitungen zu konzentrieren als <strong>in</strong> den Kellerverteilungsleitungen.<br />

2.9 Druckverluste <strong>in</strong> Rohrleitungen<br />

Strömungen <strong>in</strong> Leitungsanlagen der Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation können <strong>in</strong> „lam<strong>in</strong>arer“ oder „turbulenter“ Form auftreten.<br />

Die lam<strong>in</strong>are Strömung stellt e<strong>in</strong>e geordnete Schichtenströmung der Flüssigkeitsteilchen dar, die vorwiegend<br />

bei kle<strong>in</strong>en Fließgeschw<strong>in</strong>digkeiten zu erwarten ist. Die strömenden Teilchen werden dabei von der Rohrwandung<br />

stark abgebremst, wobei der Geschw<strong>in</strong>digkeitsbetrag zur Strömungsmitte h<strong>in</strong> zunimmt → Abb. 23 oben. In<br />

Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallationen tritt diese Strömungsform im Bemessungsfall gelegentlich <strong>in</strong> Zirkulationsleitungen auf.<br />

Bei e<strong>in</strong>er turbulenten Strömung überlagern sich der Hauptströmung viele Querbewegungen. Dadurch werden<br />

Teilchen großer Geschw<strong>in</strong>digkeit abgebremst und Teilchen ger<strong>in</strong>gerer Geschw<strong>in</strong>digkeit beschleunigt. Der<br />

Geschw<strong>in</strong>digkeitsunterschied über dem Rohrquerschnitt ist demzufolge relativ ger<strong>in</strong>g → Abb. 23 unten. Diese<br />

Strömungsform wird durch große Geschw<strong>in</strong>digkeiten begünstigt und überwiegt bei fast allen Bemessungsfällen<br />

im Anwendungsbereich der DIN 1988.<br />

69


2 Ermittlung der Rohrdurchmesser<br />

2.9 Druckverluste <strong>in</strong> Rohrleitungen<br />

Abbildung 23: Geschw<strong>in</strong>digkeitsverteilung und mittlere Fließgeschw<strong>in</strong>digkeit v bei lam<strong>in</strong>arer bzw. turbulenter Strömung<br />

Die Reynoldszahl Re ist als das Verhältnis von Trägheits- und Reibungskräften def<strong>in</strong>iert. Sie spielt <strong>in</strong> der Ähnlichkeitsmechanik<br />

e<strong>in</strong>e wichtige Rolle. So s<strong>in</strong>d sich Strömungen hydraulisch ähnlich, wenn die Reynoldszahl gleich<br />

groß ist.<br />

Re<br />

Gleichung 7<br />

hier<strong>in</strong> bedeuten:<br />

ν k<strong>in</strong>ematische Zähigkeit → Abb. 24 auf Seite 72<br />

ν = 1,31 x 10 -6 m 2 /s bei 10 °C<br />

ν = 0,47 x 10 -6 m 2 /s bei 60 °C<br />

di Innendurchmesser der Rohrleitung<br />

v mittlere Fließgeschw<strong>in</strong>digkeit → Abb. 23<br />

Gleichung 8<br />

Versuche haben ergeben, dass <strong>in</strong> etwa bei e<strong>in</strong>er Reynoldszahl von Re = 2320 der Umschlag von e<strong>in</strong>er lam<strong>in</strong>aren<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e turbulente Strömung und auch umgekehrt erfolgt. Aus <strong>diesem</strong> Grunde kann über die Berechnung der<br />

Reynoldszahl mit → Gleichung 7 rechnerisch festgestellt werden, ob sich e<strong>in</strong>e lam<strong>in</strong>are (Re < 2320) oder e<strong>in</strong>e turbulente<br />

Strömung (Re ≥ 2320) im Bemessungsfall e<strong>in</strong>stellt.<br />

Die Berechnung des Strömungsdruckverlustes ∆p wird <strong>in</strong> DIN 1988 unter Verwendung von → Gleichung 9<br />

durchgeführt. Es wird zwischen e<strong>in</strong>er „differenzierten“ und e<strong>in</strong>er „vere<strong>in</strong>fachten“ (pauschalen) Druckverlustberech-<br />

70<br />

=<br />

v ⋅ di -----------ν<br />

v<br />

V ·<br />

--<br />

V<br />

A<br />

· = =<br />

---------------<br />

⋅ 4<br />

d 2<br />

i ⋅ π


2 Ermittlung der Rohrdurchmesser<br />

2.9 Druckverluste <strong>in</strong> Rohrleitungen<br />

nung unterschieden. In e<strong>in</strong>er differenzierten Druckverlustberechnung werden die beiden Komponenten <strong>in</strong><br />

→ Gleichung 9 jeweils getrennt berechnet. Für den normalen Anwendungsfall wird <strong>in</strong> der Norm allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>e<br />

vere<strong>in</strong>fachte Berechnungsmethode <strong>in</strong> den Vordergrund gestellt, mit der die Strömungsverluste für die Aufgabenstellung<br />

ausreichend genau ermittelt werden können.<br />

∆p = Σ( I ⋅ R + Z)<br />

Gleichung 9<br />

hier<strong>in</strong> bedeuten:<br />

R Rohrreibungsdruckgefälle<br />

l Länge der Rohrleitung<br />

I ⋅ R Druckverlust <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er geraden Rohrleitung mit konstantem Querschnitt<br />

Z Druckverlust <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelwiderständen<br />

2.9.1 Rohrreibungsdruckgefälle<br />

Das Rohrreibungsdruckgefälle R ist wie folgt def<strong>in</strong>iert:<br />

1 v<br />

R λ ---<br />

di 2 ⋅ ρ<br />

= ⋅ ⋅ --------------<br />

2<br />

Gleichung 10<br />

Bei e<strong>in</strong>er lam<strong>in</strong>aren Strömung (Re ≤ 2320) ist die Rohrreibungszahl λ nach Hagen-Poiseuille nur von der<br />

Reynoldszahl abhängig.<br />

λ<br />

=<br />

64<br />

------<br />

Re<br />

Gleichung 11<br />

Bei e<strong>in</strong>er turbulenten Strömung (Re > 2320) muss die Rohrreibungszahl über das Widerstandsgesetz von<br />

Prandtl-Colebrook ermittelt werden:<br />

71


2 Ermittlung der Rohrdurchmesser<br />

2.9 Druckverluste <strong>in</strong> Rohrleitungen<br />

------<br />

1<br />

=<br />

– 20 , ⋅ lg --------------------k<br />

+ --------------<br />

251 ,<br />

λ<br />

371 , ⋅ di Re λ<br />

Gleichung 12<br />

hier<strong>in</strong> bedeuten:<br />

ρ Dichte des Wassers <strong>in</strong> kg/m3 → Abb. 24<br />

ρ = 1000,0 kg/m3 bei 10 °C<br />

ρ = 982,8 kg/m3 bei 60 °C<br />

di Innendurchmesser der Rohrleitung<br />

k Natürliche Rauheit der Innenwandung des Rohres <strong>in</strong> mm<br />

k = 0,1 mm: duktile Gussrohre mit Zementmörtelauskleidung<br />

k = 0,15 mm: verz<strong>in</strong>kte Stahlrohre<br />

k = 0,007 mm: Kunststoffrohre<br />

k = 0,0015 mm: Kupferrohre, Rohre aus nichtrostendem Stahl<br />

72<br />

i Aus Gründen der Vere<strong>in</strong>fachung werden die Druckverlustberechnungen <strong>in</strong> DIN 1988-3 sowohl für Kalt- als<br />

auch für die Warmwasserleitungen für e<strong>in</strong>e Wassertemperatur von 10 °C durchgeführt.<br />

i<br />

Die Fehler, die sich durch die unterschiedliche Dichte und Zähigkeit <strong>in</strong> der R-Wert Berechnung für Strömungen<br />

<strong>in</strong> Warmwasserleitungen ergeben, können i. A. akzeptiert werden, da die Abweichungen auf der<br />

„sicheren“ Seite liegen.<br />

Wegen des relativ hohen Genauigkeitsanspruchs an den hydraulischen Abgleich für Zirkulationssysteme<br />

müssen hier die Berechnungen gemäß DVGW-Arbeitsblatt W 553 unter Berücksichtigung e<strong>in</strong>er Wassertemperatur<br />

von 60 °C vorgenommen werden.<br />

Abbildung 24: K<strong>in</strong>ematische Viskosität und Dichte von Wasser <strong>in</strong> Abhängigkeit von der Temperatur


Beispiel: Lam<strong>in</strong>are Strömung <strong>in</strong> Zirkulationsleitungen<br />

gegeben: Zirkulationsvolumenstrom V z = 50 l/h<br />

Mit e<strong>in</strong>er Fließgeschw<strong>in</strong>digkeit von<br />

v<br />

und e<strong>in</strong>er Reynoldszahl von<br />

Edelstahlrohr DN 20 (22 x 1,2)<br />

Wassertemperatur 60 °C<br />

ergibt sich über das Hagen-Poiseuillsche Gesetz e<strong>in</strong>e Rohrreibungszahl von<br />

Ist λ bekannt, kann das Rohrreibungsdruckgefälle R berechnet werden:<br />

2 Ermittlung der Rohrdurchmesser<br />

2.9 Druckverluste <strong>in</strong> Rohrleitungen<br />

gesucht: Das Rohrreibungsdruckgefälle R <strong>in</strong> mbar/m und die mittlere Fließgeschw<strong>in</strong>digkeit v<br />

Re<br />

λ<br />

V · z<br />

-----<br />

50 ⋅ 4<br />

A<br />

19, 6<br />

2 = = -------------------------------------- = 0046 , m/s<br />

⋅ π ⋅ 36 ,<br />

v ⋅ di 0046 , 00196 , 10<br />

-----------ν<br />

6<br />

⋅ ⋅<br />

= = ------------------------------------------------------ = 1918, 3<br />

047 ,<br />

64 64<br />

= ------ = ----------------- = 00334 ,<br />

Re 1918, 3<br />

1<br />

R λ --v<br />

di 2 ⋅ ρ<br />

1 0 046<br />

-------------- = 0, 0334 -----------------<br />

2<br />

0, 0196<br />

,<br />

2<br />

⋅ 982, 8<br />

= ⋅ ⋅ ⋅ ⋅ -------------------------------------- =<br />

0, 017 mbar/m<br />

2 ⋅ 100<br />

73


2 Ermittlung der Rohrdurchmesser<br />

2.9 Druckverluste <strong>in</strong> Rohrleitungen<br />

Abbildung 25: Ablesebeispiel<br />

Beispiel: Turbulente Strömung <strong>in</strong> Kaltwasserleitungen<br />

gegeben: Spitzenvolumenstrom VS = 1,0 l/s<br />

Edelstahlrohr DN 25 (28 x 1,2), di = 25,6 mm<br />

Über die Kont<strong>in</strong>uitätsgleichung kann die Fließgeschw<strong>in</strong>digkeit mit<br />

v<br />

berechnet werden.<br />

Mit der k<strong>in</strong>ematischen Zähigkeit von ν =1,31⋅10 -6 <strong>in</strong> m 2 /s bei e<strong>in</strong>er Wassertemperatur von 10 °C ergibt sich die<br />

Reynoldszahl zu:<br />

74<br />

Wassertemperatur 10 °C<br />

gesucht: Das Rohrreibungsdruckgefälle R <strong>in</strong> mbar/m und die mittlere Fließgeschw<strong>in</strong>digkeit v<br />

Re<br />

V · z<br />

= ----- = ------------------------------<br />

0, 001 ⋅ 4<br />

= 194 , m/s<br />

A<br />

2<br />

00256 , ⋅ π<br />

v ⋅ di 194 , 00256 , 10<br />

-----------ν<br />

6<br />

⋅ ⋅<br />

= = --------------------------------------------------- =<br />

37986<br />

131 ,


2 Ermittlung der Rohrdurchmesser<br />

2.9 Druckverluste <strong>in</strong> Rohrleitungen<br />

Bei e<strong>in</strong>er turbulenten Strömung kann die Rohrreibungszahl λ entweder durch e<strong>in</strong>e iterative (schrittweise wiederholende)<br />

Berechnung unter Verwendung der → Gleichung 12 auf Seite 72 oder graphisch aus dem Moody-Diagramm<br />

→ Abb. 26 bestimmt werden. Bei der iterativen Berechnung muss e<strong>in</strong> vorgeschätzter Wert für λ solange<br />

verändert werden, bis auf jeder Seite der Prandtl-Colebrook-Gleichung annähernd der gleiche Wert errechnet<br />

wird, hier mit λ = 0,02241 → Tabelle 15.<br />

Tabelle 15: Iterative Berechnungsschritte für die Ermittlung der Rohrreibungszahl λ<br />

λ geschätzt<br />

0,02000 7,071 6,632<br />

0,02500 6,325 6,726<br />

0,02240 6,682 6,680<br />

0,02241 6,680 6,680<br />

Für die Ermittlung der Rohrreibungszahl aus dem Moody-Diagramm wird die Reynoldszahl und die relative Rohrrauheit<br />

d i/k benötigt:<br />

Re = 37986<br />

di --k<br />

1<br />

------- k 251 ,<br />

– 20 , ⋅ lg ---------------------- + --------------λ<br />

371 , ⋅ di Re λ<br />

25, 6<br />

= ----------------- = 17067<br />

00015 ,<br />

Mit diesen Vorgaben liefert → Abb. 26 e<strong>in</strong>e Rohrreibungszahl von λ = 0,022. Wegen der ger<strong>in</strong>gen absoluten<br />

Rohrrauheit k der Edelstahlrohre liegt die Strömung näherungsweise auf der Grenzkurve „hydraulisch glatt“<br />

(d i/k = 17067). Ist λ bekannt, kann das Rohrreibungsdruckgefälle R berechnet werden.<br />

1<br />

R λ --v<br />

di 2 ⋅ ρ<br />

-------------- = 0, 0224 -----------------<br />

1<br />

2<br />

0, 0256<br />

194 ,<br />

2<br />

⋅ 1000<br />

=<br />

⋅ ⋅ ⋅ ⋅ --------------------------------- = 16, 5 mbar/m<br />

2 ⋅ 100<br />

In beiden Fällen ist der rechnerische Aufwand für praxisorientierte Anwendungen zu hoch, so dass <strong>in</strong> der Regel<br />

mit geeigneten Druckverlusttabellen oder Diagrammen zur Ermittlung der Fließgeschw<strong>in</strong>digkeiten und des Rohrreibungsgefälles<br />

gearbeitet wird (vgl. Ablesebeispiel → Abb. 29 auf Seite 79).<br />

75


2 Ermittlung der Rohrdurchmesser<br />

2.9 Druckverluste <strong>in</strong> Rohrleitungen<br />

Abbildung 26: Rohrreibungszahl λ <strong>in</strong> Abhängigkeit von der Reynoldszahl und der relativen Rauheit des Rohres di/k (Moody-Diagramm)<br />

2.9.2 Druckverluste <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelwiderständen<br />

Im differenzierten Verfahren müssen, zusätzlich zum Druckverlust <strong>in</strong> geraden Rohrleitungen (I · R), die Druckverluste<br />

(Z) durch ausgeprägte E<strong>in</strong>zelwiderstände mit → Gleichung 13 ermittelt werden:<br />

W<strong>in</strong>kel und Bögen<br />

T-Stücke<br />

Ventile<br />

Reduktionen usw.<br />

v<br />

Z Σζ<br />

2 ⋅ ρ<br />

=<br />

⋅ --------------<br />

2<br />

Gleichung 13<br />

Die dar<strong>in</strong> enthaltenen dimensionslosen E<strong>in</strong>zelwiderstandsbeiwerte ζ werden auf der Grundlage von Druckverlustmessungen<br />

im Versuchsstand und/oder auf der Grundlage von Strömungsimpulsbetrachtungen ermittelt. Wegen<br />

der starken Abhängigkeit des E<strong>in</strong>zelwiderstandsbeiwerts von der Formgebung des Strömungswiderstandes<br />

sollten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er differenzierten Druckverlustberechnung vorzugsweise die vom Hersteller für e<strong>in</strong> konkretes Rohre<strong>in</strong>bauteil<br />

ermittelten E<strong>in</strong>zelwiderstandsbeiwerte verwendet werden (siehe z. B. Tabellensammlung unter<br />

→ www.geberit.de oder → datenservice.kemper-olpe.de).<br />

76


2.9.3 Differenzierte Berechnungen<br />

2 Ermittlung der Rohrdurchmesser<br />

2.9 Druckverluste <strong>in</strong> Rohrleitungen<br />

i E<strong>in</strong>e „differenzierte“ Berechnung kann nur dann s<strong>in</strong>nvoll durchgeführt werden, wenn die Art und der genaue<br />

E<strong>in</strong>bauort e<strong>in</strong>es jeden E<strong>in</strong>zelwiderstandes im Verlauf der Leitungsanlage bekannt ist.<br />

Detaillierte Ausführungsplanungen für Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallationen, die diese Kenntnisse vermitteln könnten, liegen<br />

zum Zeitpunkt der Berechnung <strong>in</strong> den meisten Fällen nicht vor. Aus <strong>diesem</strong> Grunde sollen Druckverlustberechnungen<br />

für Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallationen nach den Festlegungen der DIN 1988 nur <strong>in</strong> Sonderfällen „differenziert“<br />

durchgeführt werden. Solche Sonderfälle s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Regel gegeben, wenn:<br />

<strong>in</strong> Grenzsituationen die Notwendigkeit e<strong>in</strong>er Druckerhöhungsanlage nachgewiesen werden soll,<br />

der längste Fließweg im Stockwerk mehr als 10,00 m aufweist,<br />

der Summenvolumenstrom der Stockwerks<strong>in</strong>stallation ΣV R = 2,0 l/s übersteigt,<br />

der Stockwerksdruckverlust ∆p st für vorgefertigte Installationselemente, Installationsblöcke oder auch für allgeme<strong>in</strong>gültige<br />

Installationsstandards usw. präzise ermittelt werden soll,<br />

Sonder<strong>in</strong>stallationen für die Industrie, Beregnungsanlagen für die Landwirtschaft, usw. berechnet werden<br />

sollen.<br />

Abbildung 27: Isometrie der Stockwerks<strong>in</strong>stallation aus → Abb. 15 auf Seite 58 als Vorbereitung für e<strong>in</strong>e differenzierte Berechnung der<br />

Stockwerksdruckverluste<br />

2.9.4 Vere<strong>in</strong>fachte Berechnungen<br />

Die vere<strong>in</strong>fachte Berechnung des Druckverlustes ∆p der DIN 1988-3 weist folgende wesentlichen Merkmale auf:<br />

E<strong>in</strong>e Druckverlustberechnung im eigentlichen S<strong>in</strong>ne wird nur noch für die Teilstrecken der Kellerverteilung und<br />

der Steigleitungen bis zum Stockwerksabzweig durchgeführt (s. a. → Abb. 13).<br />

Die E<strong>in</strong>zelwiderstandsverluste werden <strong>in</strong> diesen Teilstrecken pauschal mit a = 40 % – 60 % vom Gesamtdruckverlust<br />

berücksichtigt. Der kle<strong>in</strong>ere Wert ist <strong>in</strong> weitläufigeren, der größere <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en verw<strong>in</strong>kelten Rohrnetzen<br />

zu verwenden. Die Richtigkeit der vorgenommenen Abschätzung wird <strong>in</strong> der nachfolgenden Berechnung<br />

77


2 Ermittlung der Rohrdurchmesser<br />

2.9 Druckverluste <strong>in</strong> Rohrleitungen<br />

nicht mehr nachgewiesen. Somit beschränkt sich die Druckverlustberechnung ausschließlich auf die der<br />

geraden Leitungsteile.<br />

Die verhältnismäßig hohen Strömungsverluste <strong>in</strong> der Stockwerks<strong>in</strong>stallation ∆p st können über tabellarische<br />

Vorgaben oder durch e<strong>in</strong>e differenzierte Berechnung ermittelt werden.<br />

Der Pauschalansatz für den Druckverlust ∆p st <strong>in</strong> der Stockwerks<strong>in</strong>stallation berücksichtigt folgende E<strong>in</strong>flussfaktoren:<br />

den Berechnungsvolumenstrom V R der größten <strong>in</strong>stallierten Entnahmearmatur,<br />

den Innendurchmesser der von der Steigleitung abzweigenden Stockwerksleitungen (zulässige Gesamtlänge<br />

l St = 7,00 m; mit Stockwerksleitung werden alle Teilstrecken im Stockwerk bezeichnet, die mehr als e<strong>in</strong>e Entnahmearmatur<br />

versorgen),<br />

den Innendurchmesser der von der Stockwerksleitung zu e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>zelentnahmestelle führenden E<strong>in</strong>zelzuleitung<br />

(zulässige Länge l EZ = 3,00 m),<br />

die maßgebende Systemzugehörigkeit der Stockwerks- und der E<strong>in</strong>zelzuleitung,<br />

– kaltes Tr<strong>in</strong>kwasser,<br />

– zentrale Tr<strong>in</strong>kwassererwärmung,<br />

– Gruppen-Tr<strong>in</strong>kwassererwärmung,<br />

die Konstruktionsart der Absperrarmatur (ζ-Wert) <strong>in</strong> der Stockwerksleitung,<br />

die abzugsfähige Druckdifferenz.<br />

Abbildung 28: Def<strong>in</strong>itionen im Stockwerk<br />

2.9.5 Bemessung des hydraulisch ungünstigsten Fließwegs<br />

78<br />

i Für die Auswahl e<strong>in</strong>es geeigneten Rohrleitungsdurchmessers ist neben dem Spitzenvolumenstrom V S<br />

grundsätzlich das Rohrreibungsdruckgefälle R verf als zweite charakteristische Größe zu verwenden.<br />

Das Rohrreibungsdruckgefälle ist weniger e<strong>in</strong>e präzise Rechengröße als vielmehr e<strong>in</strong> Orientierungswert. Mit<br />

Auswahl e<strong>in</strong>es Durchmessers <strong>in</strong> Druckverlusttabellen oder Diagrammen muss dieser Richtwert zwangsläufig<br />

unter- oder überschritten werden, da <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Rohrreihe immer nur e<strong>in</strong>e begrenzte Anzahl von Durchmessern<br />

zur Verfügung stehen → Abb. 29. Wichtig ist, dass im gesamten Fließweg die Summe aller Strömungsverluste<br />

Σ(I · R + Z) annähernd gleich groß wie die hierfür verfügbare Druckdifferenz ∆p verf ist.


Ablesebeispiel:<br />

gegeben: Spitzenvolumenstrom V S = 1,0 l/s<br />

verfügbares Rohrreibungsdruckgefälle R verf = 10,0 mbar/m<br />

gesucht: geeignete Nennweite DN<br />

R <strong>in</strong> mbar/m<br />

V <strong>in</strong> m/s<br />

Ergebnisse: siehe → Tabelle 16 und → Abb. 29<br />

Tabelle 16: Ablesebeispiel für die Druckverlusttabellen<br />

V S<br />

Abbildung 29: Ablesebeispiel für die Druckverlustdiagramme<br />

2 Ermittlung der Rohrdurchmesser<br />

2.9 Druckverluste <strong>in</strong> Rohrleitungen<br />

DN 15 DN 20 DN 25 DN 32 DN 40 DN 50<br />

18 x 1,0 22 x 1,2 28 x 1,2 35 x 1,5 42 x 1,5 54 x 1,5<br />

R V R V R V R V R V R V<br />

l/s mbar/m m/s mbar/m m/s mbar/m m/s mbar/m m/s mbar/m m/s mbar/m m/s<br />

0,98 151,9 4,9 57,3 3,3 15,9 1,9 5,5 1,2 2,1 0,8 0,6 0,5<br />

1,00 157,6 5,0 59,4 3,3 16,5 1,9 5,7 1,2 2,2 0,8 0,6 0,5<br />

1,02 – – 61,6 3,4 17,1 2,0 5,9 1,3 2,3 0,9 0,6 0,5<br />

79


2 Ermittlung der Rohrdurchmesser<br />

2.9 Druckverluste <strong>in</strong> Rohrleitungen<br />

Die Berechnungsvorgaben und die Ergebnisse s<strong>in</strong>d für jeweils e<strong>in</strong>zelne Fließwege <strong>in</strong> Formularen festzuhalten.<br />

Wenn alle Teilstrecken des ungünstigsten Fließweges im Durchmesser festgelegt s<strong>in</strong>d, muss der Gesamtdruckverlust<br />

Σ(I · R + Z) ermittelt werden. Das Ergebnis entspricht der theoretischen Berechnungsvoraussetzung, wenn<br />

Σ(I · R + Z) = ∆p verf ist. In der Regel muss jedoch e<strong>in</strong> Ergebnis akzeptiert werden, <strong>in</strong> dem ∆p verf größer ist.<br />

Größere positive oder negative Abweichungen machen e<strong>in</strong>e Nachrechnung erforderlich. In der Nachrechnung<br />

müssen die Durchmesser solange s<strong>in</strong>nvoll verändert werden, bis e<strong>in</strong> akzeptables Ergebnis errechnet wird.<br />

Die oben geforderte Überprüfung muss dann jeweils wiederholt werden. Hierbei ist auf die E<strong>in</strong>haltung der<br />

maximal zulässigen Fließgeschw<strong>in</strong>digkeiten zu achten → Tabelle 12. Die <strong>in</strong> der Rechnung nicht „verbrauchte“<br />

Druckdifferenz erhöht den Fließdruck an der Entnahmestelle. Damit steht selbst im Berechnungsfall bei Spitzenvolumenstrom<br />

an fast allen Entnahmearmaturen e<strong>in</strong> größerer Fließdruck als der geforderte M<strong>in</strong>destfließdruck<br />

p m<strong>in</strong>Fl zur Verfügung.<br />

2.9.6 Abgleichende Berechnungen<br />

Ist der ungünstigste Fließweg berechnet, enthalten alle weiteren Fließwege m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e Teilstrecke die bereits<br />

im Durchmesser festgelegt wurde. Die Druckverluste der bereits berechneten Teilstrecken müssen <strong>in</strong> der Berechnung<br />

der folgenden Fließwege berücksichtigt werden. Der verfügbare Druck für die noch nicht dimensionierten<br />

Teilstrecken verm<strong>in</strong>dert sich dann um die Summe der Druckverluste der im Fließweg bereits berechneten Teilstrecken<br />

Σ(I · R + Z) TS.<br />

∆p verf =<br />

pm<strong>in</strong>V – ( ∆p geod + ∆p WZ + ∆p Ap + ∆p St + ∆p m<strong>in</strong>Fl + Σ( I ⋅ R + Z)<br />

TS)<br />

Gleichung 14<br />

Dieser Vorgang wird <strong>in</strong> strömungstechnischen Berechnungen ganz allgeme<strong>in</strong> als „Abgleichen“ bezeichnet.<br />

In e<strong>in</strong>er abgleichenden Berechnung können noch nicht berechnete Teilstrecken <strong>in</strong> der Nähe der Hausanschlussleitung<br />

bei gleichem Spitzenvolumenstrom häufig kle<strong>in</strong>er bemessen werden.<br />

80


3 Maßnahmen zur Verbesserung der<br />

Durchströmung 1)<br />

3.1 Allgeme<strong>in</strong>es ................................................................................................................................. 82<br />

3.2 Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit Stichleitungen ................................................................................ 82<br />

3.3 Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit Strangleitung .................................................................................. 83<br />

3.4 Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit Strangleitung und Hygienespülung ............................................... 84<br />

3.5 Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit R<strong>in</strong>gleitung ..................................................................................... 86<br />

3.6 Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit R<strong>in</strong>gleitung und Hygienespülung .................................................. 90<br />

3.7 Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit R<strong>in</strong>gleitung und Strömungsteiler ................................................... 91<br />

3.8 Spülmaßnahmen für größere Leitungsstrukturen ..................................................................... 95<br />

1) Prof. Dipl.-Ing. Bernd Rickmann, Fachhochschule Münster, Fachbereich Energie, Gebäude, Umwelt<br />

81


3 Maßnahmen zur Verbesserung der Durchströmung<br />

3.1 Allgeme<strong>in</strong>es<br />

3.1 Allgeme<strong>in</strong>es<br />

Als wesentliche Risikofaktoren für Kontam<strong>in</strong>ationen der Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation s<strong>in</strong>d überdimensionierte Speicher<br />

und Leitungen, nicht regelmäßig durchströmte Leitungsteile mit stagnierendem Wasser und e<strong>in</strong> nicht bestimmungsgemäßer<br />

Betrieb 1) anzusehen (siehe auch → Kapitel 1).<br />

Zur Vermeidung von Stagnationswasser muss e<strong>in</strong> Tr<strong>in</strong>kwasser-Installationssystem konstruktiv so aufgebaut<br />

werden, dass mit stattf<strong>in</strong>denden Wasserentnahmen möglichst viele Teilstrecken durchströmt werden. Werden die<br />

Entnahmestellen e<strong>in</strong>es Gebäudes nicht regelmäßig genutzt und ist damit e<strong>in</strong> ausreichender Wasserwechsel nicht<br />

mehr sichergestellt, müssen <strong>in</strong> der Verantwortung des Betreibers bzw. Nutzers zusätzliche Maßnahmen zur<br />

Beseitigung des Stagnationswassers ergriffen werden.<br />

Es muss e<strong>in</strong>e periodische Spülung <strong>in</strong> Krankenhäusern, Arztpraxen oder Hotels sichergestellt se<strong>in</strong>, unabhängig<br />

davon, ob Zimmer belegt s<strong>in</strong>d oder nicht [26].<br />

Insbesondere die Stockwerks<strong>in</strong>stallationen müssen daher so konzipiert werden, dass Stagnationswasser so weit<br />

wie möglich verh<strong>in</strong>dert werden kann bzw. dass das Ablaufen von Stagnationswasser auf schnellem Wege und<br />

unter Vermeidung unnötiger Wasserverluste erfolgen kann.<br />

3.2 Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit Stichleitungen<br />

Die herkömmliche T-Stück-Installation im Bereich von Stockwerks<strong>in</strong>stallationen liefert die ungünstigsten Ausgangsbed<strong>in</strong>gungen<br />

zur Aufrechterhaltung tr<strong>in</strong>kwasserhygienisch e<strong>in</strong>wandfreier Verhältnisse, da jede Entnahmearmatur<br />

regelmäßig benutzt werden muss, um den Wasser<strong>in</strong>halt der zugehörigen Stichleitung (E<strong>in</strong>zelzuleitung)<br />

auszutauschen → Abb. 30. Wenn überhaupt, ist e<strong>in</strong>e regelmäßige Benutzung aller Tr<strong>in</strong>kwasser-Entnahmestellen<br />

nur <strong>in</strong> Installationen im Standard-Wohnungsbau zu erwarten. Bereits bei so genannten Komfort<strong>in</strong>stallationen,<br />

z. B. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>familienhaus mit zusätzlichen sanitären E<strong>in</strong>richtungsgegenständen im Badezimmer, <strong>in</strong> Gäste-<br />

Badezimmern, <strong>in</strong> der Sauna usw. gibt es <strong>in</strong> Installationen mit Stichleitungen immer tr<strong>in</strong>kwasserhygienisch<br />

bedenkliche Stagnationsphasen, die mit den Empfehlungen des Umweltbundesamtes (siehe auch → Kapitel 1)<br />

nicht mehr korrespondieren. Sofern dieses Verteilungskonzept überhaupt noch Anwendung f<strong>in</strong>den sollte, gilt die<br />

Grundregel, dass die Stichleitungen möglichst kurz se<strong>in</strong> sollten.<br />

1) Unter Berücksichtigung der DIN 1988 def<strong>in</strong>iert die VDI Richtl<strong>in</strong>ie 6023 den „nicht bestimmungsgemäßen Betrieb“ wie folgt: Geänderte Betriebsweise e<strong>in</strong>er<br />

Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation, die zu Bee<strong>in</strong>trächtigungen oder Gefährdungen für Anlagenteile führt und die Tr<strong>in</strong>kwasserbeschaffenheit verändert. Der Wechsel der<br />

Betriebsweise führt zu Änderungen des Risikos. Hierunter fallen die Handlungsweisen mit oder an e<strong>in</strong>er Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation, die gesetzlichen oder technischen<br />

Vorschriften widersprechen oder nicht mit dem Stand der Technik <strong>in</strong> E<strong>in</strong>klang stehen. Dies gilt auch für unsachgemäße Bedienung e<strong>in</strong>zelner Anlagenteile<br />

(DIN 1988-4 und DIN 1988-8).<br />

82


Abbildung 30: Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit Stichleitungen<br />

3 Maßnahmen zur Verbesserung der Durchströmung<br />

3.3 Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit Strangleitung<br />

3.3 Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit Strangleitung<br />

E<strong>in</strong>e verbesserte Durchströmung ergibt sich bereits, wenn die Stockwerksleitungen als „Strangleitungen“ durch<br />

die Armaturenanschlüsse geführt werden → Abb. 31. Dies kann bei dem <strong>Geberit</strong> Mepla Rohrsystem durch die<br />

Verwendung des <strong>Geberit</strong> MeplaFix T-Stück realisiert werden. In solchen Verteilungskonzepten geht die Länge der<br />

Stichleitungen (E<strong>in</strong>zelzuleitungen) gegen Null. Sofern sich am Ende der Stockwerksleitungen e<strong>in</strong>e Armatur mit<br />

regelmäßiger Nutzung bef<strong>in</strong>det, werden alle Armaturenanschlüsse, auch die seltener genutzter Entnahmearmaturen,<br />

durchströmt. Ist e<strong>in</strong>e Wasserentnahme <strong>in</strong> der Strangleitung nicht immer gewährleistet z. B. <strong>in</strong> Schulen<br />

während der Ferienzeit, kann an letzter Position der Strangleitung e<strong>in</strong>e Hygienespülung oder e<strong>in</strong>e Entnahmearmatur<br />

mit <strong>in</strong>tegrierter Hygienespülungs-Funktion vorgesehen werden.<br />

83


3 Maßnahmen zur Verbesserung der Durchströmung<br />

3.4 Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit Strangleitung und Hygienespülung<br />

Abbildung 31: Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit Strangleitung (z. B. <strong>Geberit</strong> MeplaFix T-Stück zur kurzen Anb<strong>in</strong>dung)<br />

Tabelle 17: Dimensionierung des ungünstigsten Fließweges und Ermittlung des Stockwerksdruckverlustes ∆pSt<br />

3.4 Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit Strangleitung und<br />

Hygienespülung<br />

Bei größeren Objekten kann e<strong>in</strong>e regelmäßige Wasserentnahme auf e<strong>in</strong>zelnen Stockwerken nicht immer sichergestellt<br />

werden. Um hierbei Stagnationszeiten zu m<strong>in</strong>imieren, ist der E<strong>in</strong>satz von Hygienespülungen oder Armaturen<br />

mit <strong>in</strong>tegrierter Hygienespülfunktion zu empfehlen.<br />

84<br />

TS Länge ΣV R V S di v R l · R Σζ Z I·R+Z Σ(I · R + Z)<br />

- m l/s l/s mm m/s mbar/m mbar - mbar mbar mbar<br />

1 1,8 0,57 0,39 20 1,24 10,4 18,7 6,7 51,5 70,1 70,1<br />

2 2,3 0,44 0,33 20 1,05 7,8 17,9 5,3 29,5 47,4 117,5<br />

3 3,3 0,37 0,30 20 0,94 6,4 21,0 5,3 23,5 44,6 162,1<br />

4 5,3 0,22 0,22 15 1,24 15,0 79,4 7,1 55,0 134,4 296,5


Abbildung 32: Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit Strangleitung und Hygienespülung<br />

3 Maßnahmen zur Verbesserung der Durchströmung<br />

3.4 Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit Strangleitung und Hygienespülung<br />

Mittels Planungssoftware können die e<strong>in</strong>zustellenden Spülzeiten berechnet sowie die Spülreihenfolge bei der Verwendung<br />

mehrerer Hygienespülungen angegeben werden (1., 2., 3….). Beim E<strong>in</strong>satz mehrerer Hygienespülungen<br />

ist der Anschluss an e<strong>in</strong>e Gebäudeleittechnik (GLT) zur Koord<strong>in</strong>ation der Hygienespülungen vorzusehen.<br />

Soll die Wassererneuerung mittels E<strong>in</strong>satz der Hygienespülung um e<strong>in</strong>e genau def<strong>in</strong>ierte Uhrzeit erfolgen, so ist<br />

mittels des erhältlichen Kabelsets für Schnittstellen e<strong>in</strong>e externe Zeitschaltuhr <strong>in</strong> das System e<strong>in</strong>zub<strong>in</strong>den.<br />

Abbildung 33: E<strong>in</strong>gebaute <strong>Geberit</strong> Hygienespülung<br />

85


3 Maßnahmen zur Verbesserung der Durchströmung<br />

3.5 Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit R<strong>in</strong>gleitung<br />

3.5 Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit R<strong>in</strong>gleitung<br />

Durch iterative Berechnungsmethoden können die Funktionsweise und die Leistungsfähigkeit hydraulisch korrekt<br />

bemessener R<strong>in</strong>gleitungssysteme im Stockwerk verdeutlicht werden.<br />

Zunächst fällt bei den Berechnungsergebnissen auf, dass mit e<strong>in</strong>em R<strong>in</strong>gleitungssystem, trotz e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>sgesamt<br />

größeren Leitungslänge, der Gesamtwasser<strong>in</strong>halt gegenüber e<strong>in</strong>em vergleichbaren Strangleitungssystem von<br />

3,3 Liter auf 2,8 Liter verr<strong>in</strong>gert werden kann.<br />

Abbildung 34: Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit R<strong>in</strong>gleitung<br />

In e<strong>in</strong>er Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit R<strong>in</strong>gleitung wird mit Auftreten des Spitzenvolumenstroms (im Berechnungsbeispiel<br />

V S = 0,16 + 0,28 = 0,44 l/s) nur e<strong>in</strong>e Entnahmearmatur von zwei Richtungen angeströmt. Auf Grund der<br />

hydraulischen Gegebenheiten ist das im Beispiel die Badewannenfüll- und Brausearmatur (E3). Zur Sicherstellung<br />

e<strong>in</strong>es Entnahmevolumenstroms von 0,15 l/s fließen der Entnahmearmatur auf der e<strong>in</strong>en Seite 0,09 l/s und auf der<br />

anderen 0,06 l/s zu → Tabelle 18 und → Abb. 35.<br />

86


3 Maßnahmen zur Verbesserung der Durchströmung<br />

3.5 Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit R<strong>in</strong>gleitung<br />

Tabelle 18: Dimensionierung der Fließwege zur hydraulisch ungünstigsten Entnahmearmatur und Ermittlung des Stockwerksdruckverlustes<br />

∆p St <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em R<strong>in</strong>gleitungssystem<br />

Fließweg 1<br />

Fließweg 2<br />

TS Länge V S di v R l· R Σζ Z l·R+Z Σ(I · R + Z)<br />

- m l/s mm m/s mbar/m mbar - mbar mbar mbar<br />

1 1,8 0,16 11,5 1,51 29,5 51,6 4,0 45,6 97,1 97,1<br />

2 2,0 0,16 11,5 1,51 29,5 58,9 5,3 60,4 119,3 216,4<br />

3 2,7 0,09 11,5 0,84 10,4 28,2 5,3 18,5 46,7 263,1<br />

E3 0,1 0,15 11,5 1,42 26,5 2,6 2,5 25,3 27,9 291,0<br />

TS Länge V S di v R l·R Σζ Z l·R+Z Σ(I · R + Z)<br />

- m l/s mm m/s mbar/m mbar - mbar mbar mbar<br />

5 8,3 0,28 15,0 1,59 23,1 190,6 2,7 34,1 224,7 224,7<br />

4 5,2 0,06 11,5 0,59 5,6 29,3 5,3 9,1 38,4 263,1<br />

E3 0,1 0,15 11,5 1,42 26,5 2,7 2,5 25,3 27,9 291,0<br />

Abbildung 35: Fließverhältnisse <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em R<strong>in</strong>gleitungssystem im Bemessungsfall<br />

Anders als <strong>in</strong> Strangleitungssystemen wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em R<strong>in</strong>gleitungssystem bei Wasserentnahmen an e<strong>in</strong>er beliebigen<br />

Entnahmearmatur der gesamte Wasser<strong>in</strong>halt der Stockwerks<strong>in</strong>stallation bewegt. So ist z. B. bei e<strong>in</strong>er Wasserentnahme<br />

<strong>in</strong> der Küche, mit e<strong>in</strong>em Entnahmevolumenstrom von 0,22 l/s, der Wasser<strong>in</strong>halt der gesamten<br />

Stockwerks<strong>in</strong>stallation nach ca. 30 Sekunden ausgetauscht → Tabelle 19 und → Abb. 36.<br />

87


3 Maßnahmen zur Verbesserung der Durchströmung<br />

3.5 Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit R<strong>in</strong>gleitung<br />

Tabelle 19: Fließ- und Druckverhältnisse bei e<strong>in</strong>er Wasserentnahme <strong>in</strong> der Küche mit 0,22 l/s<br />

Fließweg 1<br />

Fließweg 2<br />

Abbildung 36: Fließverhältnisse bei e<strong>in</strong>er Wasserentnahme nur <strong>in</strong> der Küche<br />

Bei e<strong>in</strong>er 6-Liter-Klosettspülung fließen über den kurzen Fließweg (TS 1) 0,09 l/s und über den längeren 0,04 l/s<br />

→ Tabelle 20 und → Abb. 37. Der Weg über die TS 5 – TS 2 weist e<strong>in</strong>en Wasser<strong>in</strong>halt von 2,5 Litern auf. Bereits<br />

mit e<strong>in</strong>er Klosettspülung können davon 1,8 Liter erneuert werden. Spätestens mit jeder zweiten Spülung ist <strong>in</strong> der<br />

ansonsten nicht genutzten Stockwerks<strong>in</strong>stallation der Wasser<strong>in</strong>halt komplett ausgetauscht.<br />

88<br />

TS Länge V S di v R l·R Σζ Z l·R+Z Σ(I · R + Z)<br />

- m l/s mm m/s mbar/m mbar - mbar mbar mbar<br />

1 1,8 0,05 11,5 0,51 4,4 7,9 4,0 5,2 13,1 13,1<br />

2 2,3 0,05 11,5 0,51 4,4 10,1 5,3 6,8 17,0 30,1<br />

3 3,3 0,05 11,5 0,51 4,4 14,5 5,3 6,8 21,4 51,4<br />

4 5,3 0,05 11,5 0,51 4,4 23,4 7,1 9,2 32,5 83,9<br />

E4 0,1 0,22 11,5 2,10 53,2 5,3 2,5 55,3 60,6 144,6<br />

TS Länge V S di v R l·R Σζ Z l·R+Z Σ(I · R + Z)<br />

- m l/s mm m/s mbar/m mbar - mbar mbar mbar<br />

5 8,3 0,17 15 0,94 9,1 75,1 2 8,8 83,9 83,9<br />

E4 0,1 0,22 11,5 2,10 53,2 5,3 2,5 55,3 60,6 144,6


Tabelle 20: Fließ- und Druckverhältnisse bei e<strong>in</strong>er Spülkastenfüllung mit 0,13 l/s<br />

Fließweg 1<br />

Fließweg 2<br />

Abbildung 37: Fließverhältnisse bei e<strong>in</strong>er Spülkastenfüllung<br />

3 Maßnahmen zur Verbesserung der Durchströmung<br />

3.5 Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit R<strong>in</strong>gleitung<br />

TS Länge V S di v R l·R Σζ Z l·R+Z Σ(I · R + Z)<br />

- m l/s mm m/s mbar/m mbar - mbar mbar mbar<br />

1 1,8 0,09 11,5 0,90 12,0 21,6 4,0 16,4 37,9 37,9<br />

E1 0,1 0,13 11,5 1,25 21,1 2,1 2,5 19,5 21,6 59,6<br />

TS Länge V S di v R l·R Σζ Z l·R+Z Σ(I · R + Z)<br />

- m l/s mm m/s mbar/m mbar - mbar mbar mbar<br />

5 8,3 0,04 15,0 0,20 0,7 5,4 2 0,4 5,8 5,8<br />

4 5,2 0,04 11,5 0,35 2,3 11,9 5,3 3,2 15,0 20,8<br />

3 2,7 0,04 11,5 0,35 2,3 6,2 5,3 3,2 9,3 30,2<br />

2 2,0 0,04 11,5 0,35 2,3 4,6 5,3 3,2 7,7 37,9<br />

E1 0,1 0,13 11,5 1,25 21,1 2,1 2,5 19,5 21,6 59,6<br />

Die unmittelbar erkennbaren hydraulischen und tr<strong>in</strong>kwasserhygienischen Vorteile e<strong>in</strong>er R<strong>in</strong>gverteilung im Stockwerk<br />

führen zu der Forderung, dass R<strong>in</strong>gleitungssysteme zu <strong>in</strong>stallieren s<strong>in</strong>d [26]. Diese Forderung gilt <strong>in</strong>sbesondere<br />

für Installationen, deren sanitäre E<strong>in</strong>richtungsgegenstände ke<strong>in</strong>er regelmäßigen Nutzung unterliegen, wie<br />

das u. a. auch <strong>in</strong> Altenheimen, Hotels, Krankenhäusern usw. zu erwarten ist.<br />

89


3 Maßnahmen zur Verbesserung der Durchströmung<br />

3.6 Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit R<strong>in</strong>gleitung und Hygienespülung<br />

3.6 Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit R<strong>in</strong>gleitung und<br />

Hygienespülung<br />

Durch teilweisen Leerstand e<strong>in</strong>es Gebäudes oder bei e<strong>in</strong>er periodischen oder unregelmäßigen Nutzung der Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation<br />

ist der bestimmungsgemäße Betrieb aus tr<strong>in</strong>kwasserhygienischer Sicht häufig nicht sichergestellt.<br />

E<strong>in</strong> regelmäßiger Austausch des Tr<strong>in</strong>kwassers <strong>in</strong> den Leitungen an jeder Entnahmestelle ist vor allem <strong>in</strong><br />

Großobjekten wie Schulen, Hotels, Krankenhäusern usw. dadurch nicht immer gewährleistet. In solchen Fällen<br />

muss der bestimmungsgemäße Betrieb u. a. durch gezielte Wasserentnahmen (Spülmaßnahmen) künstlich hergestellt<br />

werden. Alternativ muss die betreffende Leitungsanlage außer Betrieb genommen werden.<br />

Bei Stockwerks<strong>in</strong>stallationen im R<strong>in</strong>gleitungssystem können periodische Spülungen [26] durch Betätigen e<strong>in</strong>er<br />

beliebigen, hier angeschlossenen Entnahmearmatur, ausgelöst werden. Spülmaßnahmen, die sich auf e<strong>in</strong>zelne<br />

Stockwerks<strong>in</strong>stallationen beschränken, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Regel mit erheblichem Personale<strong>in</strong>satz, zum<strong>in</strong>dest aber mit<br />

erheblichen Wasserverlusten verbunden, da das Spülwasser, das <strong>in</strong> der Stockwerks<strong>in</strong>stallation anfällt, unmittelbar<br />

<strong>in</strong> die Entwässerungsanlage abgeführt werden muss.<br />

Der Personale<strong>in</strong>satz für Zwangsspülungen kann reduziert werden, wenn notwendige Spülvorgänge mit E<strong>in</strong>satz<br />

elektronisch gesteuerter Entnahmearmaturen oder mit speziellen Hygienespüle<strong>in</strong>richtungen → Abb. 44 auf<br />

Seite 95 automatisiert werden.<br />

Abbildung 38: Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit R<strong>in</strong>gleitung und Hygienespülung<br />

90


3 Maßnahmen zur Verbesserung der Durchströmung<br />

3.7 Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit R<strong>in</strong>gleitung und Strömungsteiler<br />

3.7 Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit R<strong>in</strong>gleitung und<br />

Strömungsteiler<br />

Spülmaßnahmen können u. U. vollständig vermieden, zum<strong>in</strong>dest aber drastisch reduziert werden, wenn es<br />

gel<strong>in</strong>gt, den Wasser<strong>in</strong>halt <strong>in</strong> vorübergehend nicht genutzten Stockwerks<strong>in</strong>stallationen oder vergleichbaren Installationse<strong>in</strong>heiten<br />

durch e<strong>in</strong>en regelmäßigen Wasserverbrauch an anderer Stelle auszutauschen.<br />

Abbildung 39: Wirkdruckpr<strong>in</strong>zip<br />

Die Zwangsdurchströmung e<strong>in</strong>er vorübergehend nicht genutzten Stockwerks<strong>in</strong>stallation kann erreicht werden,<br />

wenn zwischen den Steigleitungsanschlüssen für e<strong>in</strong> R<strong>in</strong>gleitungssystem e<strong>in</strong>e gezielte Druckdifferenz ∆p erzeugt<br />

wird. Diese Druckdifferenz (der Wirkdruck) muss so groß se<strong>in</strong>, dass e<strong>in</strong> ausreichender Volumenstrom <strong>in</strong> der nicht<br />

genutzten R<strong>in</strong>gleitung erzeugt werden kann. Sie darf aber nicht so groß werden, dass die Bedarfsdeckung über<br />

den Durchgang nennenswert bee<strong>in</strong>trächtigt wird. Unter Ausnutzung dynamischer Effekte (Venturi-Pr<strong>in</strong>zip) wurden<br />

so genannte Venturi-Strömungsteiler entwickelt, die die Druckverlustverhältnisse <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Optimum berücksichtigen.<br />

91


3 Maßnahmen zur Verbesserung der Durchströmung<br />

3.7 Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit R<strong>in</strong>gleitung und Strömungsteiler<br />

Abbildung 40: KEMPER KHS-Venturi-Strömungsteiler mit VAV-Stockwerksabsperrventilen<br />

Abbildung 41: Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit R<strong>in</strong>gleitung und Strömungsteiler<br />

Bei E<strong>in</strong>satz von Venturi-Strömungsteilern reicht e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>ger nachgeschalteter Wasserverbrauch aus, um e<strong>in</strong>en<br />

Wasserwechsel <strong>in</strong> den nicht genutzten Leitungen zu bewirken. In der relativ ausgedehnten Stockwerks<strong>in</strong>stallation<br />

des Berechnungsbeispiels genügt e<strong>in</strong> Wasserverbrauch von ca. 100 Litern bei e<strong>in</strong>er Steigleitung der Nennweite<br />

DN 25 bzw. von ca. 50 Litern bei DN 20, um e<strong>in</strong>en vollständigen Wasserwechsel e<strong>in</strong>mal pro Tag <strong>in</strong> allen vorge-<br />

92


3 Maßnahmen zur Verbesserung der Durchströmung<br />

3.7 Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit R<strong>in</strong>gleitung und Strömungsteiler<br />

schalteten Stockwerks<strong>in</strong>stallationen zu bewirken → Tabelle 21 und → Abb. 42. Das entspricht <strong>in</strong> etwa dem TW-<br />

Tageswasserverbrauch von zwei Hotelgästen.<br />

Tabelle 21: Fließ- und Druckverhältnisse bei e<strong>in</strong>er Zwangsdurchströmung über Venturi-Strömungsteiler DN 15 bei Wasserentnahmen mit<br />

e<strong>in</strong>em Entnahmevolumenstrom von 0,15 l/s<br />

TS Länge V St V St di v R l·R Σζ Z l·R+Z Σ(I·R+Z)<br />

- m l/h l/s mm m/s mbar/m mbar - mbar mbar mbar<br />

5 8,3 15,5 0,004 15,0 0,02 0,0 0,4 2,7 0,0 0,4 0,4<br />

4 5,2 15,5 0,004 11,5 0,04 0,1 0,7 5,3 0,0 0,7 1,1<br />

3 2,7 15,5 0,004 11,5 0,04 0,1 0,4 5,3 0,0 0,4 1,5<br />

2 2,0 15,5 0,004 11,5 0,04 0,1 0,3 5,3 0,0 0,3 1,8<br />

1 1,8 15,5 0,004 11,5 0,04 0,1 0,2 4,8 0,0 0,3 2,1<br />

Abbildung 42: Fließverhältnisse <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er nicht genutzten Stockwerks<strong>in</strong>stallation, wenn <strong>in</strong> der Steigleitung e<strong>in</strong> Volumenstrom von 0,15 l/s fließt<br />

Werden Verteilungskonzepte mit R<strong>in</strong>gleitungen und Strömungsteilern realisiert, reicht e<strong>in</strong>e zielgerichtete Belegung<br />

z. B. von Hotel- oder Krankenzimmern aus, um die Erneuerung des Wasserkörpers <strong>in</strong> vorübergehend nicht<br />

genutzten Installationse<strong>in</strong>heiten ohne Spülwasserverluste sicherzustellen!<br />

Als relevanter Risikofaktor für e<strong>in</strong>e Kontam<strong>in</strong>ation der Kaltwasserleitungen mit Legionellen aber auch mit Pseudomonas<br />

aerug<strong>in</strong>osa wird u. a. auch die erhöhte Kaltwassertemperatur deutlich oberhalb von 20 °C angesehen<br />

(siehe auch → Kapitel 1).<br />

In Technischen Regelwerken z. B. der VDI Richtl<strong>in</strong>ie 6023 wird daher gefordert, dass sich unter Beachtung von<br />

Stagnationszeiten das Tr<strong>in</strong>kwasser (kalt) nicht auf e<strong>in</strong>e Temperatur über 25 °C erwärmen darf. In vergleichbarer<br />

Weise fordert DIN EN 806-2, dass 30 Sekunden nach dem vollen Öffnen e<strong>in</strong>er Entnahmearmatur die Wassertemperatur<br />

25 °C für Kaltwasser-Entnahmestellen nicht überschritten werden sollte. Im Rahmen der Expertenanhörung<br />

am 31.03.2004 am Universitätskl<strong>in</strong>ikum Bonn wird [26] wird sogar deutlich weitergehend gefordert, dass<br />

Leitungen für Tr<strong>in</strong>kwasser (kalt) nur dann <strong>in</strong> Installationsschächten, -kanälen und -gängen vorgesehen werden<br />

dürfen, wenn sichergestellt ist, dass dadurch e<strong>in</strong>e Tr<strong>in</strong>kwassertemperatur von 20 °C regelmäßig und 25 °C im<br />

Ausnahmefall nicht überschritten wird.<br />

93


3 Maßnahmen zur Verbesserung der Durchströmung<br />

3.7 Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit R<strong>in</strong>gleitung und Strömungsteiler<br />

Der Temperaturverlauf <strong>in</strong> → Abb. 43 verdeutlicht, wie problematisch sich die Temperaturverhältnisse <strong>in</strong> Kaltwasserleitungen<br />

<strong>in</strong> Stagnationsphasen entwickeln, wenn über Warmwasserleitungen Wärme z. B. <strong>in</strong> Vorwand<strong>in</strong>stallationen<br />

e<strong>in</strong>getragen wird. Trotz e<strong>in</strong>er regelkonformen Dämmung sowohl der Kalt- als auch der Warmwasserleitungen<br />

ergeben sich unabhängig vom Aufbau der Stockwerks<strong>in</strong>stallationen (Stich- Strang- oder R<strong>in</strong>gleitungssystem)<br />

dauerhaft Temperaturen deutlich oberhalb von 25 °C (→ Abb. 43, TW Temperatur konventionell).<br />

Nur bei R<strong>in</strong>gleitungssystemen mit Strömungsteilern kann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er vorübergehend nicht genutzten Stockwerks<strong>in</strong>stallation<br />

durch nachgeschalteten Wasserverbrauch e<strong>in</strong> Wasserwechsel erzwungen und damit Stagnation vermieden<br />

werden. Im dargestellten Dauerversuch fließt alle drei Stunden e<strong>in</strong> so großer Volumenstrom <strong>in</strong> der Steigleitung,<br />

dass im Stockwerk e<strong>in</strong> Volumenstrom von ca. 1 l/m<strong>in</strong> <strong>in</strong>duziert werden kann. Mit dem Wasserwechsel wird<br />

auch die mittlere Kaltwassertemperatur <strong>in</strong> den Stockwerksleitungen um m<strong>in</strong>destens 10 K reduziert (→ Abb. 43,<br />

TW-Temperatur Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit Strömungsteiler).<br />

Abbildung 43: Temperaturverhältnisse <strong>in</strong> den Stockwerksleitungen e<strong>in</strong>er Versuchsanlage<br />

94


3.8 Spülmaßnahmen für größere<br />

Leitungsstrukturen<br />

3 Maßnahmen zur Verbesserung der Durchströmung<br />

3.8 Spülmaßnahmen für größere Leitungsstrukturen<br />

Bereits bei e<strong>in</strong>er Verweilzeit des Tr<strong>in</strong>kwassers <strong>in</strong> der Haus<strong>in</strong>stallation von 4 und mehr Stunden, bis 2 Tagen<br />

empfiehlt das Umweltbundesamt (siehe auch → Kapitel 1) den Austausch des Stagnationswassers durch Spülungen.<br />

Werden ganze Gebäude oder Teile e<strong>in</strong>es Gebäudes nicht durchgehend genutzt, sollten planmäßig E<strong>in</strong>richtungen<br />

geschaffen werden, die das gezielte Spülen der Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation unterstützen. Basis für unkompliziert<br />

durchzuführende Spülmaßnahmen ist der vorher beschriebene Aufbau der Stockwerks<strong>in</strong>stallation mit<br />

e<strong>in</strong>er R<strong>in</strong>gleitung <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit e<strong>in</strong>em Venturi-Strömungsteiler. Fehlt für den „Antrieb“ der Strömungsteiler der<br />

nachgeschaltete Verbrauch, da das Gebäude <strong>in</strong>sgesamt nicht genutzt wird, sollten spezielle Spüle<strong>in</strong>richtungen<br />

für die Durchströmung der Hauptverteilungsleitungen sorgen → Abb. 44.<br />

Abbildung 44: KEMPER KHS-VAV-plus mit Stellantrieb (l<strong>in</strong>ks) und <strong>Geberit</strong> Hygienespülung (rechts)<br />

Bei Bedarf oder bei Verwendung mehrerer Hygienespülungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Objekt kann jede Hygienespülung mittels<br />

e<strong>in</strong>er der beiden vorhandenen Schnittstellen (RS485 oder digitale Schnittstellen) über e<strong>in</strong>e speicherprogrammierte<br />

Steuerung (SPS) an die Gebäudeleittechnik (GLT) angeschlossen werden. Mit dieser Anb<strong>in</strong>dung kann von<br />

e<strong>in</strong>er Zentrale aus, die Spülsequenz über e<strong>in</strong>e Zeitschaltuhr oder e<strong>in</strong>em GLT-System gestartet werden, d. h. der<br />

Betreiber kann wählen, um welche Uhrzeit die Spülung erfolgen soll. Die Zeite<strong>in</strong>stellungen <strong>in</strong>klusive Sommer- und<br />

W<strong>in</strong>terzeitumstellungen können dadurch zentral verwaltet und koord<strong>in</strong>iert werden.<br />

Bei Neuplanungen sollte versucht werden den Wasserverlust zur Aufrechterhaltung der Tr<strong>in</strong>kwassergüte zu m<strong>in</strong>imieren<br />

bzw. auf Null zu reduzieren, <strong>in</strong> dem das anfallende Spülwasser anderweitig genutzt wird, bevor es <strong>in</strong> die<br />

Entwässerungsanlage e<strong>in</strong>geleitet wird. So können über e<strong>in</strong> Spülleitungssystem mit KHS-VAV-plus Ventilsteuerungen<br />

Grünflächen bewässert, das Füll- bzw. Nachfüllwasser für Schwimmbäder bereit gestellt, <strong>in</strong>dustrielle Waschmasch<strong>in</strong>en<br />

betrieben oder andere große Verbraucher mit Wasser versorgt werden → Abb. 46. Mit Hilfe geeigneter<br />

Software [30] können die Durchströmungsverhältnisse bei e<strong>in</strong>er automatisierten Zwangsspülung visualisiert<br />

werden (→ Abb. 45).<br />

95


3 Maßnahmen zur Verbesserung der Durchströmung<br />

3.8 Spülmaßnahmen für größere Leitungsstrukturen<br />

Abbildung 45: Druckverhältnisse an e<strong>in</strong>em KEMPER KHS-Venturi-Strömungsteiler; Spülprotokoll für e<strong>in</strong>e Steigleitung mit angeschlossenen<br />

Stockwerks<strong>in</strong>stallationen, wie <strong>in</strong> → Abb. 46 dargestellt<br />

Über die Software können für drei Betriebsarten die optimalen Betriebsparameter ermittelt und für den Spülprozess<br />

<strong>in</strong> die Parametriersoftware des KEMPER Hygienesystems e<strong>in</strong>gegeben werden. Bei der Verwendung von<br />

Spülsystemen mit KHS-VAV-plus Ventilsteuerungen werden folgende Betriebsarten für Spülprozesse unterschieden:<br />

zeitgesteuert<br />

mit vorgegebenen Auslaufzeiten (z. B. max. 5 Spül<strong>in</strong>tervalle über e<strong>in</strong>en Tag oder <strong>in</strong>dividuelle Spül<strong>in</strong>tervalle an<br />

verschiedenen Wochentagen über e<strong>in</strong>e Woche usw.),<br />

volumenstromgesteuert<br />

mittels vorgegebener Auslaufmengen bei bekanntem Spülvolumen,<br />

temperaturgesteuert<br />

hierbei wird e<strong>in</strong>e Referenztemperatur (z. B. <strong>in</strong> der Hausanschlussleitung) ständig mit mehreren Temperaturen<br />

<strong>in</strong> der Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation verglichen. Die Systemsteuerung löst e<strong>in</strong>e Spülung aus, wenn die Ist-Temperaturdifferenz<br />

die e<strong>in</strong>gestellte Soll-Temperaturdifferenz überschreitet.<br />

96


3 Maßnahmen zur Verbesserung der Durchströmung<br />

3.8 Spülmaßnahmen für größere Leitungsstrukturen<br />

Abbildung 46: Beispielhafter Aufbau e<strong>in</strong>er Steigleitungs<strong>in</strong>stallation mit R<strong>in</strong>gleitungen im Stockwerk, KEMPER KHS-Venturi-Strömungsteilern,<br />

e<strong>in</strong>gerichtet für e<strong>in</strong>e Zwangsspülung mit e<strong>in</strong>er Hygienspülung <strong>in</strong> der letzten Stockwerks<strong>in</strong>stallation bzw. alternativ mit<br />

KEMPER KHS-VAV-plus mit Stellantrieben<br />

97


3 Maßnahmen zur Verbesserung der Durchströmung<br />

3.8 Spülmaßnahmen für größere Leitungsstrukturen<br />

98


4 Zirkulationssysteme 1)<br />

4.1 Allgeme<strong>in</strong>es ............................................................................................................................... 100<br />

4.2 Berechnungsverfahren für Zirkulationssysteme ..................................................................... 106<br />

4.2.1 Kurzverfahren ............................................................................................................................. 106<br />

4.2.2 Vere<strong>in</strong>fachtes bzw. differenziertes Verfahren ............................................................................... 107<br />

4.2.3 Besonderheiten bei Inl<strong>in</strong>er-Zirkulationen <strong>in</strong> Warmwasser-Steigleitungen ...................................... 118<br />

4.3 E<strong>in</strong>regulierungsmaßnahmen ....................................................................................................124<br />

4.3.1 Erforderlicher kv-Bereich von Zirkulationsregulierventilen ............................................................. 127<br />

4.3.2 Verfügbare Reguliertechnik ......................................................................................................... 128<br />

4.4 Entwurfsgrundsätze und Nachweis der Funktion ................................................................... 135<br />

4.4.1 Schutz gegen das E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen von Nichttr<strong>in</strong>kwasser .................................................................... 135<br />

4.4.2 3-Liter-Regel ............................................................................................................................... 137<br />

4.4.3 Funktionale Unterschiede durch den konstruktiven Aufbau des Rohrnetzes ................................ 138<br />

4.4.4 Hydraulische und thermische Simulation ..................................................................................... 138<br />

4.4.5 Untere Verteilung, e<strong>in</strong>seitige E<strong>in</strong>speisung .................................................................................... 139<br />

4.4.6 Untere Verteilung, mittige E<strong>in</strong>speisung ........................................................................................ 145<br />

4.4.7 Untere Verteilung nach dem „Tichelmann-Pr<strong>in</strong>zip“ ....................................................................... 147<br />

4.4.8 Untere Verteilung mit Stockwerkszirkulation ................................................................................ 149<br />

4.4.9 Obenliegende Zirkulations-Sammelleitung ...................................................................................152<br />

4.4.10 Untere Verteilung, Steigleitungen mit Zirkulations-Inl<strong>in</strong>ern ............................................................ 154<br />

4.4.11 Auswirkungen auf tr<strong>in</strong>kwasserhygienische und energetische Parameter ...................................... 158<br />

4.5 Inbetriebnahme e<strong>in</strong>es Zirkulationssystems ............................................................................. 160<br />

1) Prof. Dipl.-Ing. Bernd Rickmann, Fachhochschule Münster, Fachbereich Energie, Gebäude, Umwelt<br />

99


4 Zirkulationssysteme<br />

4.1 Allgeme<strong>in</strong>es<br />

4.1 Allgeme<strong>in</strong>es<br />

In den Technischen Maßnahmen zur Verm<strong>in</strong>derung des Legionellenwachstums <strong>in</strong> Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallationen<br />

(DVGW Arbeitsblatt W 551[4]) wird zur Sicherstellung der hygienischen Anforderungen an das Tr<strong>in</strong>kwasser der<br />

Warmwassertemperatur im Speicher und <strong>in</strong> der Leitungsanlage besondere Bedeutung beigemessen. Aus<br />

<strong>diesem</strong> Grunde muss am Warmwasseraustritt des Tr<strong>in</strong>kwassererwärmers e<strong>in</strong>e Temperatur von 60 °C kont<strong>in</strong>uierlich<br />

e<strong>in</strong>gehalten werden, die nur im M<strong>in</strong>utenbereich unterschritten werden darf. Systematische Unterschreitungen<br />

s<strong>in</strong>d nicht akzeptabel.<br />

Durch Zirkulationssysteme oder durch selbstregelnde Begleitheizungen muss dafür gesorgt werden, dass die<br />

Temperatur im Leitungssystem um nicht mehr als 5 K gegenüber der Speicheraustrittstemperatur abs<strong>in</strong>kt. Nur<br />

Stockwerks- oder E<strong>in</strong>zelzuleitungen, mit e<strong>in</strong>em Wasservolumen ≤ 3 Liter, dürfen ohne Zirkulationsleitungen<br />

gebaut werden.<br />

Wie <strong>in</strong> der Fachwelt bekannt ist, können mit dem <strong>in</strong> DIN 1988-3 enthaltenen Bemessungsverfahren für Zirkulationsleitungen<br />

<strong>in</strong> größeren Anlagen die aus tr<strong>in</strong>kwasserhygienischen Gründen geforderten Temperaturen nicht im<br />

gesamten System e<strong>in</strong>gehalten werden! Die zu erwartenden Fehlergebnisse aus e<strong>in</strong>er Berechnung nach<br />

DIN 1988 s<strong>in</strong>d maßgeblich darauf zurückzuführen, dass hier vere<strong>in</strong>fachend davon ausgegangen wird, dass<br />

abhängig vom zirkulierenden Wasser<strong>in</strong>halt (V Zirk ) und e<strong>in</strong>er dreifachen Umwälzung des Wasser<strong>in</strong>halts <strong>in</strong> der<br />

Stunde, <strong>in</strong> jeder Steigleitung e<strong>in</strong> gleich großer Zirkulationsvolumenstrom (V St ) fließen soll → Gleichung 15 und<br />

→ Gleichung 16). Diese Regeln zur Ermittlung des Zirkulationsvolumenstroms gelten unabhängig von der Ausdehnung<br />

und von den konstruktiven Eigenarten des Zirkulationssystems. Die Nennweiten für Zirkulationsleitungen<br />

(TWZ) werden <strong>in</strong> <strong>diesem</strong> Verfahren im Wesentlichen durch Zuordnungen – <strong>in</strong> Abhängigkeit vom Durchmesser<br />

der zugehörigen Warmwasserleitung (TWW) – festgelegt. S<strong>in</strong>d die Leitungsdurchmesser bekannt, kann der zirkulierende<br />

Wasser<strong>in</strong>halt für das gesamte Zirkulationssystem (V Zirk ), der Pumpenvolumenstrom (V P ) und der Volumenstrom,<br />

der über die Steigleitungen fließen soll (V St ), berechnet werden.<br />

V · p = 3 ⋅ VZirk<strong>in</strong> l/h<br />

Gleichung 15<br />

V · St<br />

Gleichung 16<br />

Die erforderliche Druckdifferenz der Zirkulationspumpe (∆p P ) muss durch e<strong>in</strong>e Druckverlustberechnung für den<br />

ungünstigsten (längsten) Zirkulationskreis ermittelt werden. Im Verlauf dieser Berechnung ist zu überprüfen, ob<br />

die maximal zulässige Fließgeschw<strong>in</strong>digkeit (v max = 0,5 m/s) <strong>in</strong> den Zirkulationsleitungen e<strong>in</strong>gehalten wird oder<br />

nicht. Gegebenenfalls muss e<strong>in</strong> größerer Durchmesser gewählt werden. Für e<strong>in</strong>en hydraulischen Abgleich fordert<br />

DIN 1988-3 bereits den E<strong>in</strong>bau von „Drosselarmaturen“ <strong>in</strong> jeder Steigleitung. Reguliermaßnahmen wurden <strong>in</strong> der<br />

100<br />

V · P<br />

=<br />

-------<strong>in</strong> l/h<br />

nSt


4 Zirkulationssysteme<br />

4.1 Allgeme<strong>in</strong>es<br />

Praxis aber nur dann vorgenommen, wenn <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er <strong>in</strong> Betrieb bef<strong>in</strong>dlichen Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation, nach e<strong>in</strong>er längeren<br />

Zeitspanne ohne Entnahme, die Temperaturen im Zirkulationskreis unter 45 °C abfallen.<br />

Nach DIN 1988-3 bemessene und ausgeführte Zirkulationsanlagen wurden <strong>in</strong> der Praxis fast immer ohne Vore<strong>in</strong>stellung<br />

der Regulierventile <strong>in</strong> Betrieb genommen. Bed<strong>in</strong>gt durch „hydraulische Kurzschlüsse“ fließen <strong>in</strong> solchen<br />

Anlagen große Zirkulationsvolumenströme über pumpennahe Steigleitungen, während die pumpenferneren entsprechend<br />

ger<strong>in</strong>ger durchströmt werden. E<strong>in</strong>e Simulationsrechnung für e<strong>in</strong> Wohngebäude mit 48 Wohne<strong>in</strong>heiten,<br />

mit e<strong>in</strong>er Bemessung der Zirkulationsnennweiten nach DIN 1988-3 → Abb. 47, zeigt die zu erwartende Volumenstromverteilung.<br />

In Steigleitung ST 1 fließen demnach mehr als 350 l/h und <strong>in</strong> der Steigleitung ST 12 gerade noch<br />

5 l/h. Die ger<strong>in</strong>gen Zirkulationsvolumenströme <strong>in</strong> den pumpenfernen Steigleitungen haben zur Folge, dass sich<br />

hier Temperaturen < 45 °C e<strong>in</strong>stellen können.<br />

i<br />

Der Temperaturabfall <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er nicht e<strong>in</strong>regulierten DIN 1988-Zirkulationsanlage kann nur <strong>in</strong> der vorderen<br />

Hälfte des Systems (bis Steigleitung ST 5) im Bereich der geforderten 5 K gehalten werden.<br />

Unabhängig von den daraus resultierenden tr<strong>in</strong>kwasserhygienischen Risiken, werden Warmwassertemperaturen<br />

unterhalb von 45 °C, verbunden mit entsprechend langen Zapfzeiten für niedrigtemperiertes Wasser, von den<br />

Nutzern als Fehlfunktion der Warmwasserversorgung gewertet.<br />

Abbildung 47: Volumenstromverteilung und Temperaturverlauf <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em nach DIN 1988-3 bemessenen Zirkulationssystem (ohne E<strong>in</strong>regulierung)<br />

(Zirkulationspumpe (2))<br />

In der Vergangenheit wurden <strong>in</strong> solchen Fällen Sanierungsversuche gerne durch E<strong>in</strong>bau e<strong>in</strong>er leistungsstärkeren<br />

Pumpe, unter Verzicht auf E<strong>in</strong>regulierungsmaßnahmen, vorgenommen. Die Kennl<strong>in</strong>ie <strong>in</strong> → Abb. 48 zeigt, dass<br />

durch e<strong>in</strong>e solche Maßnahme im Beispielfall der Zirkulationsvolumenstrom <strong>in</strong> der Anlage von ca. 800 l/h auf<br />

ca. 1400 gesteigert werden kann. Dadurch verbessert sich die Durchströmung der hydraulisch ungünstigen<br />

101


4 Zirkulationssysteme<br />

4.1 Allgeme<strong>in</strong>es<br />

Steigleitungen zwar ger<strong>in</strong>gfügig, der wesentliche Teil des zusätzlich erzeugten Zirkulationsvolumenstromes fließt<br />

aber weiterh<strong>in</strong> über die „Kurzschlussstrecken“ im vorderen Teil der Anlage ab.<br />

Die zur Temperaturhaltung (> 55 °C) im gesamten System erforderlichen Zirkulationsvolumenströme können<br />

durch e<strong>in</strong> Übermaß an Pumpenleistung pr<strong>in</strong>zipiell nicht sichergestellt werden → Abb. 49. Selbst wenn Pumpen<br />

mit entsprechender Kennl<strong>in</strong>ie vorhanden s<strong>in</strong>d, oder Pumpen zur Realisierung ausreichender Druckdifferenzen<br />

h<strong>in</strong>tere<strong>in</strong>ander geschaltet werden, können die Verhältnisse nicht entscheidend verbessert werden. Hohe Fließgeschw<strong>in</strong>digkeiten<br />

<strong>in</strong> den „Kurzschlussstrecken“ können Fließgeräusche und gegebenenfalls Erosionskorrosionen<br />

verursachen.<br />

Abbildung 48: Pumpen- und Anlagenkennl<strong>in</strong>ie für die Berechnungsbeispiele, dargestellt <strong>in</strong> → Abb. 47 und → Abb. 49<br />

i<br />

102<br />

Durch e<strong>in</strong>e Betriebsweise mit Fließgeschw<strong>in</strong>digkeiten deutlich oberhalb von v = 1,0 m/s wird <strong>in</strong> Installationen<br />

mit Kupferrohren das Gefährdungspotential durch Erosionskorrosion erheblich erhöht.<br />

Bei großen Pumpendruckdifferenzen bereitet das E<strong>in</strong>regulieren zusätzliche Probleme, da <strong>in</strong> den pumpennahen<br />

Zirkulationskreisen bei sehr ger<strong>in</strong>gen Volumenströmen hohe Druckdifferenzen <strong>in</strong> den Zirkulationsregulierventilen<br />

aufgebaut werden müssen. Bei solchen hydraulischen Gegebenheiten gel<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong> gezieltes E<strong>in</strong>regulieren nur noch<br />

mit relativ großem Aufwand, z. B. durch mehrstufige E<strong>in</strong>regulierungsmaßnahmen.


4 Zirkulationssysteme<br />

4.1 Allgeme<strong>in</strong>es<br />

Abbildung 49: Volumenstromverteilung und Temperaturverlauf <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em nach DIN 1988-3 bemessenen Zirkulationssystem (ohne E<strong>in</strong>regulierung)<br />

mit leistungsfähigerer Pumpe (3)<br />

E<strong>in</strong>e vollständige E<strong>in</strong>regulierung auf die Zirkulationsvolumenströme des Berechnungsfalls liefert <strong>in</strong> der gesamten<br />

Zirkulationsanlage Temperaturen, die deutlich oberhalb von 45 °C liegen → Abb. 50. Die Beispielberechnung<br />

bestätigt damit exemplarisch die Praxiserfahrung, dass die DIN 1988-Methode ausreichend funktionierende Zirkulationssysteme<br />

nach sich zieht, sofern das Ziel der Bemessung nur die Gebrauchstauglichkeit ist. Gleichzeitig<br />

wird an <strong>diesem</strong> Beispiel aber auch deutlich, dass die <strong>in</strong> den DVGW Arbeitsblättern geforderten hohen Temperaturen<br />

(> 55 °C) mit dieser Methode gerade <strong>in</strong> größeren Systemen häufig nicht erreicht werden können.<br />

103


4 Zirkulationssysteme<br />

4.1 Allgeme<strong>in</strong>es<br />

Abbildung 50: Volumenstromverteilung und Temperaturverlauf <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em nach DIN 1988-3 bemessenen Zirkulationssystem (mit statischer<br />

E<strong>in</strong>regulierung)<br />

i<br />

104<br />

Mit dem <strong>in</strong> DIN 1988 Teil 3 beschriebenen Verfahren für die Bemessung von Zirkulationsleitungen können<br />

def<strong>in</strong>ierte Temperaturen <strong>in</strong> größeren Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallationen nicht zwangsläufig sichergestellt werden!<br />

Für e<strong>in</strong>e Temperaturhaltung des zirkulierenden Wassers im Bereich von 5 K müssen <strong>in</strong> den pumpenferneren Zirkulationskreisen<br />

wesentlich höhere Zirkulationsvolumenströme fließen als <strong>in</strong> DIN 1988-3 vorgesehen werden<br />

→ Abb. 51. Diese relativ großen Zirkulationsvolumenströme sorgen nicht nur für die Temperaturhaltung <strong>in</strong> den<br />

letzten Steigleitungen, sondern leisten auch noch e<strong>in</strong>en wesentlichen Beitrag für die Temperaturhaltung <strong>in</strong> den<br />

Zirkulations-Sammelleitungen der Hauptverteilung. Bed<strong>in</strong>gt durch diese Volumenstromverteilung ergeben sich<br />

durch die neuen Bemessungsregeln auch entsprechend größere Nennweiten <strong>in</strong> den pumpenferneren Teilstrecken<br />

des Zirkulationssystems → Tabelle 22.<br />

Auf Grund der neuen Anforderungen an den Betrieb von Zirkulationsleitungsanlagen aus dem DVGW-Arbeitsblatt<br />

W 551 wurden Bemessungsverfahren auf thermodynamischer Grundlage entwickelt (DVGW-Arbeitsblatt W 553<br />

[5]). Die hier formulierten Verfahren verfolgen das Ziel, die Temperaturhaltung im Zirkulationssystem mit m<strong>in</strong>imalem<br />

Energiee<strong>in</strong>satz sicherzustellen. Sie weisen folgende wesentliche Merkmale auf:<br />

Ermittlung der erforderlichen Zirkulationsvolumenströme über den Wärmeverlust der Rohrleitungen,<br />

Festlegung e<strong>in</strong>er Temperaturdifferenz < 5 K zwischen TWE-Ausgang und Zirkulationsanschluss,<br />

Vorgabe von Fließgeschw<strong>in</strong>digkeiten für die Bemessung des ungünstigsten Zirkulationskreises und zur Ermittlung<br />

der Pumpendruckdifferenz,<br />

hydraulischer Abgleich günstigerer Zirkulationskreise zunächst nur über die Rohrleitungsdurchmesser, unter<br />

Berücksichtigung e<strong>in</strong>es M<strong>in</strong>dest<strong>in</strong>nendurchmessers von DN 10 und e<strong>in</strong>er maximal zulässigen Fließgeschw<strong>in</strong>digkeit<br />

(v max = 1,0 m/s),<br />

E<strong>in</strong>regulierung über Zirkulationsregulierventile.


i<br />

4 Zirkulationssysteme<br />

4.1 Allgeme<strong>in</strong>es<br />

Die DVGW Bemessungsregeln für Zirkulationssysteme ersetzen die entsprechenden Regelungen der<br />

DIN 1988-3 (TRWI), Abschnitt 14 als allgeme<strong>in</strong> anerkannte Regel der Technik (a. a. R. d. T.)!<br />

Abbildung 51: Volumenstromverteilung und Temperaturverlauf <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em nach DVGW Arbeitsblatt W 553 bemessenen Zirkulationssystems<br />

(mit statischer E<strong>in</strong>regulierung)<br />

Tabelle 22: Zirkulationsleitungsdurchmesser nach DVGW-Arbeitsblatt W 553 und DIN 1988-3 bezogen auf e<strong>in</strong> Wohngebäude mit 48 Wohne<strong>in</strong>heiten<br />

(Abmessungen siehe (siehe z. B. Berechnungsbeispiel für e<strong>in</strong> Zirkulationssystem unter → www.geberit.de oder<br />

→ datenservice.kemper-olpe.de)<br />

TS TWW (nach DIN 1988-3) TWZ (nach W 553) TWZ (nach DIN 1988-3)<br />

4/Z1 DN 50 DN 25 DN 25<br />

5/Z2 DN 50 DN 25 DN 25<br />

6/Z3 DN 40 DN 25 DN 20<br />

7/Z4 DN 40 DN 25 DN 20<br />

8/Z5 DN 40 DN 25 DN 20<br />

9/Z6 DN 40 DN 25 DN 20<br />

10/Z7 DN 40 DN 20 DN 20<br />

11/Z8 DN 40 DN 20 DN 20<br />

12/Z9 DN 32 DN 20 DN 12<br />

13/Z10 DN 32 DN 20 DN 12<br />

14/Z11 DN 32 DN 15 DN 12<br />

15/Z12 DN 25 DN 15 DN 12<br />

Kle<strong>in</strong>e und mittlere Zirkulationsanlagen, die nach dem DIN-1988-Verfahren bemessen wurden, können <strong>in</strong> der<br />

Regel noch auf die neuen Anforderungen des DVGW-Arbeitsblattes W 551 e<strong>in</strong>reguliert werden → Kapitel 5 auf<br />

Seite 161.<br />

105


4 Zirkulationssysteme<br />

4.2 Berechnungsverfahren für Zirkulationssysteme<br />

Aufgrund des höheren Netzwiderstandes e<strong>in</strong>er DIN-1988-Zirkulationsanlage <strong>in</strong> den pumpenferneren Teilen des<br />

Zirkulationssystems, kann es <strong>in</strong> größeren Systemen – auch nach bereits durchgeführten E<strong>in</strong>regulierungsmaßnahmen<br />

– zu Problemen mit der Temperaturhaltung kommen, da es mit vernünftigem Aufwand nicht gel<strong>in</strong>gt, die<br />

erforderlichen Zirkulationsvolumenströme zu erzeugen. In solchen Ausnahmefällen muss durch „bauliche Maßnahmen“<br />

das Rohrnetz verändert werden → Kapitel 5.4.5 Fehlersuche und Fehlerquellen, „Zu ger<strong>in</strong>ge Rohrleitungsdurchmesser“<br />

auf Seite 186.<br />

4.2 Berechnungsverfahren für<br />

Zirkulationssysteme<br />

Je nach Aufgabenstellung werden im DVGW Arbeitsblatt W 553 [5] drei Bemessungsverfahren für Zirkulationssysteme<br />

unterschieden:<br />

Das Kurzverfahren ist für die Bemessung von Zirkulationsleitungen <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>eren Anlagen ohne thermische<br />

oder hydraulische Berechnungen vorgesehen.<br />

Mit dem vere<strong>in</strong>fachten Verfahren können Anlagen mittlerer Größe für den Entwurf und die Ausführung<br />

bemessen werden.<br />

Mit dem differenzierten Verfahren können pr<strong>in</strong>zipiell alle Anlagengrößen bemessen werden. Dieses Verfahren<br />

sollte <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> größeren Anlagen zur Anwendung kommen, wenn die Umgebungstemperaturen im<br />

Keller von 10 °C (Standardtemperatur im vere<strong>in</strong>fachten Verfahren) deutlich abweichen, wie das z. B. bei durchgehend<br />

beheizten Kellerräumen gegeben ist. Damit ergibt sich e<strong>in</strong>e bessere Annäherung der Berechnungsergebnisse<br />

an die tatsächlichen Betriebsverhältnisse. Wegen der Komplexität der e<strong>in</strong>zelnen Berechnungsschritte<br />

sollten differenzierte Berechnungen immer nur computergestützt durchgeführt werden!<br />

4.2.1 Kurzverfahren<br />

Die Anwendung des Kurzverfahrens setzt voraus, dass von der Anlage folgende Bed<strong>in</strong>gungen erfüllt werden:<br />

Die Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation darf nur e<strong>in</strong>zelgesicherte Entnahmearmaturen und damit ke<strong>in</strong>e zusätzlichen Rückflussverh<strong>in</strong>derer<br />

aufweisen.<br />

Der Druckverlust <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Rückflussverh<strong>in</strong>derer (Schwerkraftbremse) nach der Pumpe darf nicht größer<br />

werden als 30 mbar.<br />

Die Gesamtlänge aller von der Zirkulation betroffenen Warmwasserleitungen Σ(I TWW ) <strong>in</strong> der Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation<br />

darf nicht größer se<strong>in</strong> als 30 m. Die zugehörigen Zirkulationsleitungen werden bei der Längenermittlung<br />

nicht berücksichtigt.<br />

Im längsten Zirkulationskreis darf die Gesamtlänge der Zirkulationsleitung 20 m nicht überschreiten.<br />

Die Zirkulationspumpe DN 15 muss bei e<strong>in</strong>er Pumpendruckdifferenz von ∆p P = 100 mbar m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>en<br />

Pumpenvolumenstrom von V P ≥ 200 l/h fördern können.<br />

S<strong>in</strong>d diese Bed<strong>in</strong>gungen erfüllt, können die Zirkulationsleitungen mit d i ≥ 10 mm bemessen werden.<br />

106


Abbildung 52: Grenzbed<strong>in</strong>gungen für die Anwendung des Kurzverfahrens<br />

4.2.2 Vere<strong>in</strong>fachtes bzw. differenziertes Verfahren<br />

4 Zirkulationssysteme<br />

4.2 Berechnungsverfahren für Zirkulationssysteme<br />

Zirkulationsvolumenstrom<br />

Der Zirkulationsvolumenstrom muss die Wärmemenge transportieren können, die bei e<strong>in</strong>er vorgegebenen Temperatur<br />

über die Oberfläche des Rohrleitungssystems verloren geht. Nur wenn dieser Gleichgewichtszustand an<br />

jeder Stelle des Zirkulationssystems sichergestellt werden kann, kann das angestrebte Temperaturniveau <strong>in</strong> der<br />

Leitungsanlage gehalten werden.<br />

Der Wärmeverlust über die Oberfläche der Rohrleitung steht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em direkten Zusammenhang mit dem zur Temperaturhaltung<br />

erforderlichen Zirkulationsvolumenstrom und bildet daher die Grundlage für die Volumenstromberechnung.<br />

Der Wärmeverlust e<strong>in</strong>er Teilstrecke (I · q W ) ist maßgeblich von der Oberfläche der gedämmten Rohrleitung, der<br />

Dämmstärke, der Wärmeleitfähigkeit der Dämmung und von der mittleren Übertemperatur zwischen Wasser und<br />

Umgebungsluft abhängig (→ Gleichung 17 und → Gleichung 18). Alle anderen E<strong>in</strong>flüsse im Bereich des <strong>in</strong>neren<br />

und äußeren Wärmeübergangs können im Normalfall mit ausreichender Genauigkeit als konstant angesehen<br />

bzw. vernachlässigt werden.<br />

107


4 Zirkulationssysteme<br />

4.2 Berechnungsverfahren für Zirkulationssysteme<br />

q · w = kR ⋅ ∆ϑ<br />

Gleichung 17<br />

hier<strong>in</strong> bedeuten:<br />

qW Spezifischer Wärmeverlust e<strong>in</strong>er gedämmten Rohrleitung <strong>in</strong> W/m<br />

kR Wärmedurchgangskoeffizient des Rohres <strong>in</strong> <strong>in</strong> W/(m⋅K)<br />

∆ϑ Mittlere Übertemperatur zwischen dem erwärmten Tr<strong>in</strong>kwasser <strong>in</strong> der Leitung und der Umgebungsluft<br />

∆ϑ = 50 K bei e<strong>in</strong>er Lufttemperatur im Keller von 10 °C<br />

∆ϑ = 35 K bei e<strong>in</strong>er Lufttemperatur im Schacht von 25 °C<br />

k R<br />

Gleichung 18<br />

hier<strong>in</strong> bedeuten:<br />

λD Wärmeleitfähigkeit der Dämmung (nach EnEV 2007 λD = 0,035 W/(m ⋅K)<br />

D Außendurchmesser des gedämmten Rohres <strong>in</strong> m<br />

d Außendurchmesser des ungedämmten Rohres <strong>in</strong> m<br />

αa äußerer Wärmeübergangskoeffizient (bei normalen Umgebungse<strong>in</strong>flüssen αa ≈10 W/(m2 ⋅K)<br />

Beispiel:<br />

Berechnung des Wärmeverlustes e<strong>in</strong>es im Keller verlegten Edelstahlrohrs mit der Nennweite DN 40 (42 x 1,5) bei<br />

e<strong>in</strong>er 100 %-Dämmung (40 mm Dämmstärke) nach EnEV<br />

k R<br />

Mit e<strong>in</strong>er Temperaturdifferenz von ∆ϑ = 50 K ergibt sich dann:<br />

q W =k R ⋅∆ϑ= 0,196 ⋅ 50 = 9,78 W/m (→ Abb. 53)<br />

Die Berechnung der Wärmeverluste e<strong>in</strong>es Zirkulationssystems kann „differenziert“ unter Verwendung von<br />

→ Gleichung 17 oder „vere<strong>in</strong>facht“ erfolgen.<br />

Wie die Auswertungen von Berechnungen auf Grundlage der → Gleichung 17 zeigen, ergeben sich bei e<strong>in</strong>er<br />

Wärmedämmung gemäß EnEV Wärmeverluste, die für alle Rohrdurchmesser annähernd gleich groß s<strong>in</strong>d. Mit<br />

e<strong>in</strong>er ausreichenden Genauigkeit können diese Gegebenheiten zu e<strong>in</strong>er ersten Berechnungsvere<strong>in</strong>fachung<br />

genutzt werden, <strong>in</strong> dem die Wärmeverluste bei normalen Verhältnissen, unabhängig vom Durchmesser der Leitungen,<br />

als konstant angesehen werden:<br />

freiverlegte Leitungen im Keller q W = 11 W/m (→ Abb. 53)<br />

108<br />

=<br />

π<br />

---------------<br />

1<br />

In<br />

2 ⋅ λD D<br />

--------------------------------------------------------<br />

---<br />

1<br />

⋅ + --------------d<br />

αa ⋅ D<br />

π<br />

---------------<br />

1<br />

In<br />

2 ⋅ λD D<br />

314 ,<br />

--------------------------------------------------------<br />

---<br />

1<br />

⋅ + --------------- -----------------------<br />

1 0 122<br />

In<br />

d αa ⋅ D 2 ⋅ 0, 035<br />

,<br />

= = --------------------------------------------------------------------------------------- =<br />

0, 196 W⁄ ( m⋅K )<br />

--------------<br />

1<br />

⋅ + ---------------------------<br />

0, 042 10 ⋅ 0, 122


ei e<strong>in</strong>er Verlegung im Schacht q W = 7 W/m (→ Abb. 54)<br />

4 Zirkulationssysteme<br />

4.2 Berechnungsverfahren für Zirkulationssysteme<br />

Abbildung 53: Wärmeverluste von gedämmten Edelstahlrohren mit unterschiedlichen Dämmstärken (λ D = 0,035 W/(m⋅K)) bei e<strong>in</strong>er Temperaturdifferenz<br />

von ∆ϑ = 50 K, mit e<strong>in</strong>em Mittelwert von 11,0 W/m, bei e<strong>in</strong>er 100 %-Dämmung nach EnEV<br />

109


4 Zirkulationssysteme<br />

4.2 Berechnungsverfahren für Zirkulationssysteme<br />

Abbildung 54: Wärmeverluste von gedämmten Edelstahlrohren mit unterschiedlichen Dämmstärken (λ D = 0,035 W/(m⋅K)) bei e<strong>in</strong>er Temperaturdifferenz<br />

von ∆ϑ = 35 K, mit e<strong>in</strong>em Mittelwert von 7,0 W/m, bei e<strong>in</strong>er 100 %-Dämmung nach EnEV<br />

Bei Abweichungen von der Normalität, z. B. bei abweichenden Umgebungstemperaturen, oder zu erwartenden<br />

starken Luftbewegungen im Verlegebereich der Leitungen, müssen die Wärmeverluste allerd<strong>in</strong>gs über die<br />

→ Gleichung 17 auf Seite 108 „differenziert“ ermittelt werden.<br />

Bei der üblichen Parallelverlegung von TWW- und TWZ-Leitungen <strong>in</strong> der Kellerverteilung und <strong>in</strong> den Steigschächten<br />

ergeben sich annähernd gleich große Leitungslängen für die jeweiligen Rohrleitungsabschnitte → Abb. 82.<br />

Aus den beschriebenen Gegebenheiten kann mit ausreichender Genauigkeit gefolgert werden, dass der Temperaturabfall<br />

<strong>in</strong> den TWW-Leitungen e<strong>in</strong>es Zirkulationskreises dann genauso groß se<strong>in</strong> muss, wie <strong>in</strong> den TWZ-Leitungen.<br />

Der Temperaturabfall ∆ϑ W vom Speicher bis zum Beg<strong>in</strong>n der Zirkulationsleitung entspricht im „vere<strong>in</strong>fachten“ Verfahren<br />

jeweils genau der Hälfte der <strong>in</strong>sgesamt im Zirkulationskreis zugelassenen Temperaturdifferenz → Abb. 55.<br />

S<strong>in</strong>d die Längen der Warmwasser- und Zirkulationsleitungen stark unterschiedlich, wie z. B. bei e<strong>in</strong>er Anlage mit<br />

oberer Verteilung → Abb. 103 auf Seite 153, kann der zulässige Temperaturabfall <strong>in</strong> den Warmwasserleitungen<br />

∆ϑ W mit → Gleichung 19 abgeschätzt werden. Wird die so berechnete Temperaturdifferenz größer als 3 K, muss<br />

e<strong>in</strong>e Temperaturkontrollrechnung über → Gleichung 23 und → Gleichung 24 auf Seite 114 durchgeführt werden,<br />

damit die nach DVGW-Arbeitsblatt W 551 <strong>in</strong>sgesamt zugelassene Differenz von 5 K nicht überschritten wird.<br />

110


∆ϑW 2 ΣI TWW<br />

=<br />

⋅ ---------------- <strong>in</strong> K<br />

ΣI TWZ<br />

Gleichung 19<br />

hier<strong>in</strong> bedeuten:<br />

ΣITWW Gesamtlänge der Warmwasserleitungen im ungünstigsten Zirkulationskreis<br />

ΣITWZ Gesamtlänge der Zirkulationsleitungen im ungünstigsten Zirkulationskreis<br />

4 Zirkulationssysteme<br />

4.2 Berechnungsverfahren für Zirkulationssysteme<br />

Zusätzlich muss berücksichtigt werden, dass <strong>in</strong> den parallel laufenden Warmwasser- und Zirkulationsleitungen<br />

aus Kont<strong>in</strong>uitätsgründen immer gleich große Volumenströme fließen müssen.<br />

Der Zirkulationsvolumenstrom muss daher nur für die Warmwasserleitungen (TWW) ermittelt werden.<br />

Nur bei e<strong>in</strong>er „differenzierten“ Berechnung der Wärmeverluste muss mit dieser Vere<strong>in</strong>fachung e<strong>in</strong> gewisser Fehler<br />

toleriert werden, da der Durchmesser der Zirkulationsleitung <strong>in</strong> der Regel kle<strong>in</strong>er ist als der zugehörige Durchmesser<br />

der Warmwasserleitung. Da sich dadurch aber nur e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gfügig kle<strong>in</strong>ere Temperaturdifferenz zwischen<br />

TWE-Austritt und Zirkulationsanschluss am Speicher e<strong>in</strong>stellen kann als <strong>in</strong> der Berechnung zunächst vorgegeben<br />

wurde, liegen die zu erwartenden Abweichungen immer auf der „sicheren Seite“. E<strong>in</strong> rechnerischer Nachweis<br />

dieser Abweichung muss daher <strong>in</strong> der Regel nur <strong>in</strong> sehr großen Anlagen erfolgen oder wenn z. B. bei e<strong>in</strong>er<br />

„oberen Verteilung“ die Leitungslängen von Warmwasser- und Zirkulationsleitungen stark unterschiedlich s<strong>in</strong>d.<br />

Im „vere<strong>in</strong>fachten“ Verfahren werden für die Ermittlung des Wärmeverlustes nur der Verlegeort der Leitung und<br />

die Teilstreckenlänge benötigt. Aus diesen Vorgaben kann dann für jede Teilstrecke die Summe der Wärmeverluste<br />

Σ(I · q W) ermittelt werden, die von dieser Teilstrecke aus <strong>in</strong> Fließrichtung abgedeckt werden müssen.<br />

111


4 Zirkulationssysteme<br />

4.2 Berechnungsverfahren für Zirkulationssysteme<br />

Abbildung 55: Bezeichnungen <strong>in</strong> Zirkulationssystemen (Temperaturverhältnisse beziehen sich auf das „vere<strong>in</strong>fachte Verfahren“)<br />

Die Volumenstromberechnung beg<strong>in</strong>nt mit der ersten Teilstrecke h<strong>in</strong>ter dem Tr<strong>in</strong>kwassererwärmer. Hier ist der Zirkulationsvolumenstrom<br />

V identisch mit dem Pumpenvolumenstrom V P → Gleichung 20.<br />

V · P<br />

Gleichung 20<br />

hier<strong>in</strong> bedeuten:<br />

Σ(I · qW) Summe der Wärmeverluste über die Oberfläche aller TWW-Leitungen <strong>in</strong> W<br />

ρ Dichte des Wassers (ρ ≈1kg/m 3 )<br />

c Spezifische Wärmekapazität von Wasser (c ≈1,2 Wh/(kg ⋅K))<br />

∆ϑW In den Warmwasserleitungen (TWW) zugelassener Temperaturabfall zwischen TWE-Austritt und Beg<strong>in</strong>n der Zirkulationsleitung,<br />

z. B. im vere<strong>in</strong>fachten Verfahren ∆ϑW =2,0K<br />

E<strong>in</strong>e relativ e<strong>in</strong>fache Verfahrensweise für die Ermittlung der erforderlichen Zirkulationsvolumenströme <strong>in</strong> allen<br />

anderen Teilstrecken ergibt sich aus der folgenden Betrachtung an e<strong>in</strong>em Verzweigungspunkt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er TWW-Leitungsanlage<br />

→ Abb. 56. Für den an e<strong>in</strong>er beliebigen Stromtrennung abzweigenden Wärmestrom (Index a), bzw.<br />

für den durchfließenden Wärmestrom (Index d), kann für den re<strong>in</strong>en Zirkulationsfall zunächst ganz allgeme<strong>in</strong><br />

geschrieben werden:<br />

Q a = V a ⋅ρ⋅c ⋅∆ϑ und<br />

Q d = V d ⋅ρ⋅c ⋅∆ϑ<br />

112<br />

Σ I q · ( ⋅ W)<br />

=<br />

-----------------------------ρ<br />

⋅ c ⋅ ∆ϑW


Abbildung 56: Bezeichnungen an e<strong>in</strong>em T-Stück (Verzweigungspunkt)<br />

4 Zirkulationssysteme<br />

4.2 Berechnungsverfahren für Zirkulationssysteme<br />

Da die Temperaturdifferenz ∆ϑ von e<strong>in</strong>em beliebigen Verzweigungspunkt bis zum Tr<strong>in</strong>kwassererwärmer <strong>in</strong> beiden<br />

Fließwegen immer gleich groß se<strong>in</strong> muss, kann unter dieser Voraussetzung die Verhältnisgleichung<br />

Q · a<br />

Q · -----d<br />

gebildet werden. Mit der Volumenstrombilanz im Verzweigungspunkt<br />

V ·<br />

erhält man dann die Grundgleichungen für die Volumenstromberechnung:<br />

Gleichung 21<br />

und<br />

=<br />

=<br />

V · a<br />

V · ----d<br />

V · a V · + d<br />

V · a V · Q · a<br />

Q · a Q · = ⋅ ---------------------<br />

+ d<br />

V · d V · Q · d<br />

Q · a Q · = ⋅ ---------------------<br />

+ d<br />

Gleichung 22<br />

Der Volumenstrom <strong>in</strong> der Teilstrecke h<strong>in</strong>ter dem Tr<strong>in</strong>kwassererwärmer (TWE) entspricht dem Pumpenvolumenstrom<br />

→ Gleichung 20<br />

V · P<br />

=<br />

1923<br />

------------------------------------- ≈ 801 l/h<br />

10 , ⋅ 12 , ⋅ 20 ,<br />

Ist der Pumpenvolumenstrom bekannt, kann nachfolgend auch der im ersten T-Stück abzweigende (a) bzw. der<br />

durchgehende (d) Zirkulationsvolumenstrom berechnet werden:<br />

V · a<br />

V · d<br />

65, 8<br />

= 801 ⋅ -------------------------------- ≈ 30 l/h<br />

65, 8 + 1692<br />

1692<br />

=<br />

801 ⋅ -------------------------------- ≈ 771 l/h<br />

65, 8 + 1692<br />

113


4 Zirkulationssysteme<br />

4.2 Berechnungsverfahren für Zirkulationssysteme<br />

Abbildung 57: Beispiel für die Ermittlung des Zirkulationsvolumenstroms (s. a. Beispielberechnung im → Kapitel 6)<br />

Temperaturabfall im Zirkulationskreis<br />

Über die → Gleichung 24 kann im Verlaufe der Volumenstromberechnung für den Endpunkt der jeweiligen Teilstrecke<br />

der Temperaturabfall berechnet werden. Dieser Rechenschritt liefert auch die rechnerische Solltemperatur<br />

am Zirkulationsregulierventil.<br />

∆ϑ TS<br />

Gleichung 23<br />

Gleichung 24<br />

hier<strong>in</strong> bedeuten:<br />

∆ϑTS Temperaturabfall zwischen Anfang und Ende e<strong>in</strong>er Teilstrecke<br />

I·qW Wärmeverlust der betrachteten Teilstrecke <strong>in</strong> W<br />

ϑTWE Speicheraustrittstemperatur, z. B. 60 ºC<br />

Σ∆ϑTS Temperaturabfall bis zum Berechnungspunkt<br />

V Volumenstrom <strong>in</strong> der Teilstrecke<br />

ϑW Temperatur des erwärmten Tr<strong>in</strong>kwassers am Ende der aktuellen Teilstrecke<br />

Beispiel:<br />

Warmwassertemperatur am Ende der ersten Teilstrecke → Abb. 57 h<strong>in</strong>ter dem Tr<strong>in</strong>kwassererwärmer (TWE).<br />

Der Temperaturabfall <strong>in</strong> der Teilstrecke TS 4 beträgt:<br />

114<br />

=<br />

I q · ⋅ W<br />

V ·<br />

---------------------<br />

⋅ ρ ⋅ c<br />

ϑW = ϑTWE – Σ∆ϑTS ∆ϑ TS<br />

165<br />

= --------------------------------- =<br />

017 , K<br />

801 ⋅ 1 ⋅ 1, 2


und die Warmwassertemperatur im Berechnungspunkt, am Ende der Teilstrecke:<br />

ϑW =<br />

60 – 0, 17 = 59, 83 K<br />

4 Zirkulationssysteme<br />

4.2 Berechnungsverfahren für Zirkulationssysteme<br />

(→ Abb. 58 bzw. Berechnungsbeispiel für e<strong>in</strong> Zirkulationssystem unter → www.geberit.de oder<br />

→ datenservice.kemper-olpe.de)<br />

Derartig komplexe Berechnungen verursachen dann ke<strong>in</strong>en zusätzlichen Bearbeitungsaufwand, wenn die Projektbearbeitung<br />

mit dem Computer und e<strong>in</strong>em leistungsfähigen Berechnungsprogramm für die Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation<br />

durchgeführt wird. Die berechnete Sollwerttemperatur am Zirkulationsregulierventil kann, <strong>in</strong>sbesondere bei<br />

E<strong>in</strong>satz von thermostatisch gesteuerten Ventilen, zu genaueren E<strong>in</strong>regulierungsmaßnahmen verwendet werden.<br />

Über den Temperaturabfall kann alternativ zu den → Gleichung 21 und → Gleichung 22 auf Seite 113 auch der<br />

Zirkulationsvolumenstrom → Abb. 58.<br />

Abbildung 58: Temperaturabfall <strong>in</strong> den Zirkulationskreisen für die Steigleitungen ST 1 und ST 12 und daraus resultierende Zirkulationsvolumenströme<br />

(siehe z. B. Berechnungsbeispiel für e<strong>in</strong> Zirkulationssystem unter → www.geberit.de oder<br />

→ datenservice.kemper-olpe.de)<br />

115


4 Zirkulationssysteme<br />

4.2 Berechnungsverfahren für Zirkulationssysteme<br />

Ermittlung der Rohrdurchmesser und der Pumpendruckdifferenz<br />

Die hydraulischen Berechnungen für e<strong>in</strong> Zirkulationssystem <strong>in</strong> der Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation erfolgen für e<strong>in</strong>en stationären<br />

Betriebszustand, <strong>in</strong> dem ke<strong>in</strong>e Tr<strong>in</strong>kwasserentnahme mehr stattf<strong>in</strong>det. Die grundsätzliche Berechnungsvorschrift<br />

→ Gleichung 25 für die Bemessung e<strong>in</strong>es solchen Kreislaufsystems kann dann aus e<strong>in</strong>er „Bernoulli“-<br />

Betrachtung entwickelt werden. Sie gilt für jeden Zirkulationskreis, der jeweils im Druckstutzen der Pumpe<br />

beg<strong>in</strong>nt und im Saugstutzen der Pumpe endet.<br />

∆p p = Σ( I ⋅ R + Z)<br />

TWW + Σ( I ⋅ R + Z)<br />

TWZ + Σ∆pRV + ∆p TH + ∆p D + ∆p Ap<br />

Gleichung 25<br />

hier<strong>in</strong> bedeuten:<br />

∆pP Σ(I · R + Z) TWW<br />

Σ(I · R + Z) TWZ<br />

∆PRV ∆pTH ∆pD ∆pAP 116<br />

Pumpendruckdifferenz<br />

Druckverluste <strong>in</strong> den Warmwasserleitungen (TWW) des Zirkulationskreises<br />

Druckverluste <strong>in</strong> den Zirkulationsleitungen (TWZ) des Zirkulationskreises<br />

Druckverluste <strong>in</strong> Rückflussverh<strong>in</strong>derern, z. B. h<strong>in</strong>ter der Pumpe (60 mbar) oder <strong>in</strong> der Sicherungskomb<strong>in</strong>ation für die<br />

Steigleitung (100 mbar). Hier sollten vorzugsweise immer die Herstellerangaben verwendet werden (siehe z. B. Tabellensammlung<br />

unter → www.geberit.de oder → datenservice.kemper-olpe.de).<br />

Druckverlust e<strong>in</strong>es thermostatisch geregelten Zirkulationsregulierventils bei voller Öffnung<br />

Drosselverlust im Zirkulationsregulierventil<br />

Druckverlust <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em beliebigen Apparat, z. B. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Wärmetauscher im Zirkulationskreis<br />

In den für die Spitzenbelastung im Verbrauchsfall bemessenen Warmwasserleitungen verursacht der relativ<br />

kle<strong>in</strong>e Zirkulationsvolumenstrom nur e<strong>in</strong>en ger<strong>in</strong>gen Druckverlust. Im „vere<strong>in</strong>fachten“ Verfahren muss daher der<br />

Druckverlust <strong>in</strong> den TWW Leitungen rechnerisch nicht nachgewiesen werden.<br />

Analog zu den Bemessungsregeln <strong>in</strong> DIN 1988-3 für Kalt- und Warmwasserleitungen, können auch die Druckverlustberechnungen<br />

für Zirkulationsleitungen wahlweise „differenziert“ oder „vere<strong>in</strong>facht“ durchgeführt werden.<br />

Der Anteil der E<strong>in</strong>zelwiderstandsverluste „a“ am Gesamtdruckverlust ist <strong>in</strong> Zirkulationssystemen auf Grund der<br />

kle<strong>in</strong>en Geschw<strong>in</strong>digkeiten verhältnismäßig ger<strong>in</strong>g. Im „vere<strong>in</strong>fachten“ Verfahren kann nach den Vorgaben im<br />

DVGW-Arbeitsblatt W 553 der E<strong>in</strong>zelwiderstandsanteil mit e<strong>in</strong>em Zuschlag von 20 ... 40 % auf die Druckverluste<br />

der geraden Leitung abgeschätzt werden.<br />

Z =<br />

0, 2…0,<br />

4⋅<br />

( I ⋅ R)<br />

Gleichung 26<br />

Im „differenzierten“ Verfahren ist der Druckverlust durch E<strong>in</strong>zelwiderstände über die E<strong>in</strong>zelwiderstandsbeiwerte<br />

(siehe z. B. Tabellensammlung unter → www.geberit.de oder → datenservice.kemper-olpe.de) und<br />

→ Gleichung 13 auf Seite 76 zu ermitteln.<br />

Die Festlegung der Zirkulationsnennweiten erfolgt für den Zirkulationsvolumenstrom <strong>in</strong> der Teilstrecke, vorzugsweise<br />

unter Berücksichtigung e<strong>in</strong>er maximalen Fließgeschw<strong>in</strong>digkeit und nicht über e<strong>in</strong> verfügbares Rohrreibungsdruckgefälle,<br />

wie <strong>in</strong> den DIN-1988-Berechnungen.


4 Zirkulationssysteme<br />

4.2 Berechnungsverfahren für Zirkulationssysteme<br />

Die Auswahl der Zirkulationsnennweiten sollte aus hydraulischen Gründen so erfolgen, dass die Fließgeschw<strong>in</strong>digkeiten<br />

im Zirkulationskreis – <strong>in</strong> Richtung Zirkulationspumpe – kont<strong>in</strong>uierlich zunimmt. In pumpennahen Teilstrecken<br />

kann die Geschw<strong>in</strong>digkeit bis v max = 1,0 m/s betragen → Abb. 59.<br />

Die Bemessung aller Zirkulationsleitungen <strong>in</strong> der Nähe der zulässigen Maximalgeschw<strong>in</strong>digkeit führt gerade bei<br />

größeren Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallationen zu e<strong>in</strong>er extrem hohen Pumpendruckdifferenz, die e<strong>in</strong>en unwirtschaftlichen<br />

Rohrleitungsbetrieb nach sich zieht.<br />

Abbildung 59: Anzustrebende Geschw<strong>in</strong>digkeitsverteilung <strong>in</strong> Zirkulationsleitungen<br />

Die Druckverlustberechnung für den ungünstigsten Zirkulationskreis legt die erforderliche Pumpendruckdifferenz<br />

∆p P fest.<br />

Abbildung 60: Pr<strong>in</strong>zipskizze e<strong>in</strong>es Zirkulationssystems mit den maßgeblichen Funktionsteilen und Bezeichnungen<br />

Bei Auswahl der Zirkulationspumpe ist darauf zu achten, dass im Gegensatz zu den Regelungen <strong>in</strong> DIN 1988<br />

Teil 3 immer die nächst größere Pumpe gewählt werden muss. Das heißt, dass der Schnittpunkt zwischen Rohrnetz-<br />

und Pumpenkennl<strong>in</strong>ie (realer Betriebspunkt) immer im oder oberhalb des rechnerischen (idealen) Betriebspunktes<br />

liegen muss → Abb. 61.<br />

117


4 Zirkulationssysteme<br />

4.2 Berechnungsverfahren für Zirkulationssysteme<br />

Abbildung 61: Rohrnetz- und Pumpenkennl<strong>in</strong>ie<br />

4.2.3 Besonderheiten bei Inl<strong>in</strong>er-Zirkulationen <strong>in</strong> Warmwasser-Steigleitungen<br />

Abweichend von den beschriebenen Standardsystemen wurden <strong>in</strong> den Plattenbauten der neuen Bundesländer<br />

bereits ab 1984 Zirkulationssysteme realisiert, bei denen die Zirkulationsleitungen als Inl<strong>in</strong>er <strong>in</strong> den Warmwasser-<br />

Steigleitungen geführt werden → Abb. 62. Dieses Zirkulationspr<strong>in</strong>zip reduziert <strong>in</strong> gleicher Weise, wie im Pr<strong>in</strong>zip<br />

der „oberen Verteilung“ → Abb. 103, die wärmeabgebenden Oberflächen im Bereich der Steigschächte. Darüber<br />

h<strong>in</strong>aus kann dieses System mit e<strong>in</strong>er im Keller verlegten Hauptverteilung komb<strong>in</strong>iert werden, so dass auch Wartungs-<br />

und Reparaturarbeiten vere<strong>in</strong>facht werden, da die Absperre<strong>in</strong>richtungen für die Steigleitungen an zentraler<br />

Stelle angeordnet werden können.<br />

Neben <strong>diesem</strong> für die Erhaltung der Tr<strong>in</strong>kwassergüte zentralen Vorteil, ergeben sich mit der Inl<strong>in</strong>er-Zirkulation<br />

weitere Vorteile, die die Wirtschaftlichkeit von zentralen Tr<strong>in</strong>kwassererwärmungs- bzw. Verteilungsanlagen günstig<br />

bee<strong>in</strong>flussen:<br />

ger<strong>in</strong>gere Wärmeverluste durch Verr<strong>in</strong>gerung der Rohroberfläche,<br />

längere Aufrechterhaltung der Kaltwassertemperaturen <strong>in</strong> den Steigschächten,<br />

kle<strong>in</strong>ere Zirkulationsleitungen,<br />

ger<strong>in</strong>gerer Befestigungsaufwand,<br />

weniger Dämmung,<br />

Schall- und Brandschutzmaßnahmen für die Zirkulationsleitung im Deckenbereich entfallen,<br />

bei der energetischen Betrachtung der <strong>in</strong>nenliegenden Zirkulation ergibt sich e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>sparung bis zu 30 % im<br />

Schacht. Aufgrund dieser reduzierten Wärmeabgabe wird auch die Tr<strong>in</strong>kwasserleitung Kalt weniger erwärmt<br />

(ca. 2 Kelv<strong>in</strong>).<br />

118


4 Zirkulationssysteme<br />

4.2 Berechnungsverfahren für Zirkulationssysteme<br />

Abbildung 62: Pr<strong>in</strong>zip der Inl<strong>in</strong>er-Zirkulation und <strong>Geberit</strong> Inl<strong>in</strong>er-Zirkulation (<strong>Geberit</strong> Mapress Edelstahl/<strong>Geberit</strong> Mepla)<br />

Die Zirkulationsleitung (PE-Xc Rohr 14 x 1,5 mm) wird im Steigleitungsbereich (Schacht) <strong>in</strong> der Warmwasserleitung<br />

geführt. Der Übergang im Keller f<strong>in</strong>det durch e<strong>in</strong> spezielles Formstück aus Rotguss statt. Die Abgangsdimension<br />

auf der Etage bei Edelstahl ist m<strong>in</strong>. 22 mm und bei <strong>Geberit</strong> Mepla m<strong>in</strong>. 32 mm. Die Verlegung der Inl<strong>in</strong>er-<br />

Zirkulation ist bis 10 Etagen <strong>in</strong> Abhängigkeit des Warmwasserbedarfes der e<strong>in</strong>zelnen Etagen möglich. Die<br />

Montage des Inl<strong>in</strong>er kann von oben (oberste Etage) oder auch von unten (Keller) durch e<strong>in</strong>e Person erfolgen. Der<br />

Inl<strong>in</strong>er kann dabei direkt aus der hygienischen Verpackung abgerollt und <strong>in</strong> die Warmwasserleitung e<strong>in</strong>geführt<br />

werden. Dadurch werden Verschmutzungen des Inl<strong>in</strong>ers vermieden.<br />

Durch das patentierte Fußstück ist e<strong>in</strong>e waagrechte Leitungsführung möglich und es besteht die Möglichkeit,<br />

z. B. nach der Druckprobe die Leitung vollständig zu entleeren. Es bleiben ke<strong>in</strong>e Wasserrückstände im Leitungsnetz<br />

zurück.<br />

Bei späteren Aufstockung oder Sanierungsarbeiten kann der Inl<strong>in</strong>er problemlos ohne großen Material- und Zeitaufwand<br />

ersetzt werden.<br />

Die augensche<strong>in</strong>lichen Vorteile der Inl<strong>in</strong>er-Zirkulation stellen sich <strong>in</strong> ausgeführten Anlagen allerd<strong>in</strong>gs nur dann e<strong>in</strong>,<br />

wenn e<strong>in</strong> modifiziertes Berechnungsverfahren für die Bemessung der Warmwasser-Steigleitungen und des Zirkulationssystems<br />

verwendet wird → Kapitel 4.2 auf Seite 106.<br />

119


4 Zirkulationssysteme<br />

4.2 Berechnungsverfahren für Zirkulationssysteme<br />

Abbildung 63: Bezeichnungen an e<strong>in</strong>er Steigleitung mit e<strong>in</strong>gezogenem Zirkulations-Inl<strong>in</strong>er<br />

Im Falle der Inl<strong>in</strong>er-Zirkulation steht für den Wassertransport zum Verbraucher der R<strong>in</strong>gspalt zur Verfügung, der<br />

sich zwischen Außenrohr und dem e<strong>in</strong>gezogenen Inl<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>stellt. Die für die Bemessung des Außenrohres notwendigen<br />

Druckverlustberechnungen dürfen damit nicht mehr nur für den ungestörten Innendurchmesser,<br />

sondern müssen unter Berücksichtigung des verwendeten Inl<strong>in</strong>ers erfolgen. Im ansonsten gleichen Bemessungsverfahren<br />

der DIN 1988-3 führt der Inl<strong>in</strong>er dazu, dass das Hüllrohr <strong>in</strong> der Regel um e<strong>in</strong>e Nennweite größer bemessen<br />

werden muss als <strong>in</strong> konventionellen Systemen. Bei den Druckverlustberechnungen für das Inl<strong>in</strong>ersystem wird<br />

idealisierend unterstellt, dass sich der Inl<strong>in</strong>er zentrisch im Hüllrohr bef<strong>in</strong>det.<br />

Mit der Entwicklung des Berechnungsverfahrens für Inl<strong>in</strong>er-Zirkulationen [31] wurde das Ziel verfolgt, möglichst<br />

viele Elemente aus den mittlerweile e<strong>in</strong>geführten Berechnungsregeln für konventionelle Systeme aus dem<br />

DVGW-Arbeitsblatt W 553 zu übernehmen. Das trifft <strong>in</strong>sbesondere auch auf das Verfahren zur Ermittlung der<br />

erforderlichen Zirkulationsvolumenströme zu. Basis dieses Verfahrens ist der Wärmeverlust über die Oberfläche<br />

der gedämmten Rohrleitungen. Wegen der fehlenden Wärmeverluste der außenliegenden Zirkulationsleitung im<br />

Steigleitungsbereich werden die Wärmeverluste der TWW-Steigleitung <strong>in</strong> Analogie zum Berechnungsverfahren<br />

nach DVGW-Arbeitsblatt W 553 nur zur Hälfte berücksichtigt. E<strong>in</strong>e Berechnung des Inl<strong>in</strong>ersystems mit e<strong>in</strong>em<br />

Temperaturabfall von ∆ϑ W = 2 K <strong>in</strong> den Warmwasserleitungen führt damit erwartungsgemäß zu e<strong>in</strong>em<br />

unkritischen Temperaturverlauf <strong>in</strong> den Kellerverteilungsleitungen → Abb. 64. Im Vergleich zu den Ergebnissen aus<br />

konventionellen Anlagen fällt auf, dass die Zirkulationsvolumenströme <strong>in</strong> den pumpennahen Steigleitungen<br />

extrem kle<strong>in</strong> und <strong>in</strong> der pumpenfernsten Steigleitung sehr groß werden.<br />

120


4 Zirkulationssysteme<br />

4.2 Berechnungsverfahren für Zirkulationssysteme<br />

Abbildung 64: Temperaturverlauf <strong>in</strong> den Kellerverteilungsleitungen und Volumenströme <strong>in</strong> den Steigleitungen bei e<strong>in</strong>er Berechnung nach<br />

DVGW-Arbeitsblatt W 553<br />

Anders als bei e<strong>in</strong>er konventionellen Zirkulation fällt die Temperatur bei Inl<strong>in</strong>er-Zirkulationen im Steigleitungsbereich<br />

<strong>in</strong> Fließrichtung nicht mehr kont<strong>in</strong>uierlich ab [32]. Die niedrigste Temperatur im Verlauf der Steigleitung ist<br />

damit auch nicht, wie zu erwarten wäre, die Austrittstemperatur (ϑ Aus) aus dem Steigleitungssystem, sondern<br />

vielmehr die Temperatur (ϑ Kopf ) im Bereich der Umlenkung vom R<strong>in</strong>gspalt <strong>in</strong> den Zirkulations-Inl<strong>in</strong>er → Abb. 65.<br />

121


4 Zirkulationssysteme<br />

4.2 Berechnungsverfahren für Zirkulationssysteme<br />

Abbildung 65: Bezeichnungen an e<strong>in</strong>er Inl<strong>in</strong>er-Zirkulation<br />

Dieser Temperaturverlauf wird dadurch verursacht, dass die Strömung im R<strong>in</strong>gspalt sowohl Wärme über die<br />

Oberfläche der gedämmten Rohrleitung an die umgebende Luft verliert als auch im Gegenstrom an den Zirkulationsvolumenstrom<br />

im Inl<strong>in</strong>er. Die Wärmeaufnahme im Inl<strong>in</strong>er führt zu e<strong>in</strong>er Temperaturerhöhung, die mit der Austrittstemperatur<br />

ihr Maximum f<strong>in</strong>det.<br />

∆ϑ Spalt<br />

Gleichung 27<br />

∆ϑ Inl<strong>in</strong>er<br />

Gleichung 28<br />

In e<strong>in</strong>em leistungsfähigen Berechnungsverfahren für Inl<strong>in</strong>er-Zirkulationen genügt es nicht nur die E<strong>in</strong>tritts- und die<br />

Austrittstemperatur des Steigleitungssystems zu betrachten, sondern es ist erforderlich, auch den Temperaturverlauf<br />

<strong>in</strong> der Steigleitung zu kontrollieren. Die Berechnung des Temperaturverlaufs <strong>in</strong> dem zu betrachtenden<br />

„Wärmeübertrager“ kann nur schrittweise durchgeführt werden. Je ger<strong>in</strong>ger die Schrittweite gewählt wird, umso<br />

genauer wird das Berechnungsergebnis [33]. Berechnet man nach dem beschriebenen Muster den Temperaturverlauf<br />

<strong>in</strong> den Steigleitungen 1 – 12 des Beispiels, z. B. mit e<strong>in</strong>er Schrittweite von ∆l = 10 cm, wird deutlich, dass<br />

mit den nach W 553 berechneten Zirkulationsvolumenströmen die angestrebte Auslegungstemperatur von 56 °C<br />

122<br />

=<br />

kHüllrohr ⋅ ∆I<br />

V ·<br />

kInl<strong>in</strong>er ⋅ ∆I<br />

------------------------------ ⋅ ( ϑSpalt – ϑLuft) ⋅ ρ ⋅ cp V · + -------------------------- ⋅ ( ϑSpalt – ϑInl<strong>in</strong>er) ⋅ ρ ⋅ cp kInl<strong>in</strong>er ⋅ ∆I<br />

V · =<br />

-------------------------- ⋅ ( ϑSpalt – ϑInl<strong>in</strong>er) ⋅ ρ ⋅ cp


4 Zirkulationssysteme<br />

4.2 Berechnungsverfahren für Zirkulationssysteme<br />

<strong>in</strong> den pumpennahen Steigleitungen nicht e<strong>in</strong>gehalten werden kann (→ Abb. 66). E<strong>in</strong>e direkte Anwendung der<br />

W 553 Berechnungsgrundlagen auf Inl<strong>in</strong>er-Zirkulationssysteme ist nicht zulässig [34]!<br />

Die sich aus e<strong>in</strong>er Berechnung nach DVGW Arbeitsblatt W 553 ergebenden Zirkulationsvolumenströme über die<br />

Steigleitungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den meisten Fällen nicht ausreichend, so dass e<strong>in</strong>e Anhebung des Zirkulationsvolumenstroms<br />

<strong>in</strong> den betreffenden Bereichen erfolgen muss.<br />

Abbildung 66: Temperaturverlauf <strong>in</strong> den Steigleitungen bei e<strong>in</strong>er Berechnung nach DVGW-Arbeitsblatt W 553<br />

Das im Ansatz beschriebene Verfahren zur Berechnung des Temperaturverlaufs <strong>in</strong> der Steigleitung ist so aufwendig,<br />

dass es selbst <strong>in</strong> bereits vorhandenen Computerprogrammen für die Bemessung von Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallationen<br />

nur mit großem programmiertechnischem Aufwand <strong>in</strong>tegriert werden kann.<br />

Während <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>führungsphase für diese Technik deshalb noch mit e<strong>in</strong>em stark vere<strong>in</strong>fachten Berechnungsgang<br />

gearbeitet werden musste, steht mittlerweile e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong> gültige Lösung zur Verfügung [30], die den Wärmeübergang<br />

<strong>in</strong> der Steigleitung mit e<strong>in</strong>gezogenem Inl<strong>in</strong>er auf thermodynamischer Grundlage berechnen und<br />

damit den Temperaturverlauf auch <strong>in</strong> diesen Leitungsabschnitten detailliert darstellen kann.<br />

123


4 Zirkulationssysteme<br />

4.3 E<strong>in</strong>regulierungsmaßnahmen<br />

4.3 E<strong>in</strong>regulierungsmaßnahmen<br />

Die für den ungünstigsten Zirkulationskreis ermittelte Pumpendruckdifferenz steht <strong>in</strong> allen anderen Zirkulationskreisen<br />

für die Überw<strong>in</strong>dung von Druckverlusten zur Verfügung.<br />

Der so genannte „hydraulische Abgleich“ wird nur dann erreicht, wenn <strong>in</strong> jedem Zirkulationskreis Pumpendruck<br />

und Druckverluste bei e<strong>in</strong>er vorgegebenen Volumenstromverteilung im Gleichgewicht stehen.<br />

Mit der Bemessung der Zirkulationsleitungen muss vorrangig das Ziel verfolgt werden, die „verfügbare“ Druckdifferenz<br />

der Pumpe gegen die Druckverluste <strong>in</strong> Rohrleitungen zu setzen. Die Auswahl geeigneter Durchmesser für<br />

die zu bemessenden Zirkulationsleitungen ist nach unten durch die vorhandenen Innendurchmesser der gewählten<br />

Rohrreihe begrenzt und durch die Forderungen nach E<strong>in</strong>haltung von M<strong>in</strong>dest<strong>in</strong>nendurchmessern (DN 10) und<br />

Maximalgeschw<strong>in</strong>digkeiten (v max = 1,0 m/s) <strong>in</strong> den Berechnungsregeln. Dadurch ergeben sich <strong>in</strong> jedem Kreis Differenzen<br />

zwischen dem Pumpendruck und den Druckverlusten bei der geplanten Volumenstromverteilung im<br />

Rohrnetz. Diese Abweichungen vom Idealzustand, dem „hydraulischen Abgleich“, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den pumpennahen Teilstrecken<br />

besonders groß. Sie führen dazu, dass sich trotz e<strong>in</strong>er aufwendig durchgeführten Rohrnetzberechnung<br />

e<strong>in</strong>e vollständig andere Volumenstromverteilung im Rohrnetz e<strong>in</strong>stellt als rechnerisch vorgesehen wurde<br />

→ Abb. 47 auf Seite 101.<br />

Aus <strong>diesem</strong> Grunde muss die zum „hydraulischen Abgleich“ noch fehlende Druckdifferenz <strong>in</strong> Regulierventilen<br />

punktuell erzeugt werden.<br />

Die <strong>in</strong> der Druckverlustberechnung verbleibenden Differenzen ∆p D zwischen dem verfügbaren Pumpendruck ∆p P<br />

und den <strong>in</strong> den Zirkulationskreisen errechneten Druckverlusten müssen <strong>in</strong> Zirkulationsregulierventilen abgedrosselt<br />

werden → Gleichung 29.<br />

∆p D =<br />

∆p P – ( Σ( I ⋅ R + Z)<br />

TWW + Σ( I ⋅ R + Z)<br />

TWZ + Σ∆pRV + ∆p Ap)<br />

Gleichung 29<br />

Wird der „hydraulische Abgleich“ durch E<strong>in</strong>regulierungsmaßnahmen nicht erreicht, können sich die Volumenströme<br />

des Berechnungsfalls <strong>in</strong> der ausgeführten Anlage nicht e<strong>in</strong>stellen. Der Zirkulationsvolumenstrom muss<br />

aber die Wärmemenge transportieren können, die über die Oberfläche des Rohrleitungssystems verloren geht.<br />

Das heißt, dass e<strong>in</strong>e konkret vorgegebene Wassertemperatur nur dann e<strong>in</strong>gehalten werden kann, wenn der<br />

beschriebene Gleichgewichtszustand an jeder Stelle des Zirkulationssystems sichergestellt ist. Der „hydraulische<br />

Abgleich“ e<strong>in</strong>es Zirkulationssystems ist daher die Grundvoraussetzung für e<strong>in</strong>e tr<strong>in</strong>kwasserhygienisch e<strong>in</strong>wandfreie<br />

Funktion im S<strong>in</strong>ne des DVGW-Arbeitsblattes W 551.<br />

124


Abbildung 67: Bed<strong>in</strong>gung für den „hydraulischen Abgleich“ <strong>in</strong> Zirkulationssystemen<br />

4 Zirkulationssysteme<br />

4.3 E<strong>in</strong>regulierungsmaßnahmen<br />

Bereits die Technischen Regeln für Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallationen (TRWI) aus dem Jahre 1988 fordern den E<strong>in</strong>bau von<br />

„Drosselarmaturen“ für den Abgleich von Zirkulationsanlagen. Die <strong>in</strong> DIN 1988-3 vorgesehenen E<strong>in</strong>regulierungsmaßnahmen<br />

verfolgen hier allerd<strong>in</strong>gs nur das Ziel, die Zirkulationsvolumenströme <strong>in</strong> allen Steigleitungen gleich<br />

groß zu halten. Mit dieser Maßnahme soll der Temperaturabfall zwischen TWE-Austritt und Wiedere<strong>in</strong>tritt über die<br />

Zirkulation auf ca. 7 K – 10 K begrenzt werden → Abb. 50 auf Seite 104. Wie bereits <strong>in</strong> → Kapitel 4.1 auf<br />

Seite 100 ausgeführt wurde, genügen diese Maßnahmen nicht mehr den aktuellen Anforderungen.<br />

Durch Präzisierung der Bemessungsregeln für Zirkulationssysteme im DVGW-Arbeitsblatt W 553 ergeben sich<br />

aus der Rohrnetzberechnung E<strong>in</strong>stellwerte (k V -Werte) die mit den se<strong>in</strong>erzeit im Markt vorhandenen „Drosselarmaturen“<br />

nicht erreicht werden konnten [35]. Wie die Beispielberechnungen zeigen, trifft dies <strong>in</strong>sbesondere auf die<br />

pumpennahen Ventile <strong>in</strong> größeren Zirkulationssystemen zu, da hier relativ große Druckdifferenzen bei kle<strong>in</strong>en<br />

Volumenströmen aufgebaut werden müssen → Abb. 68.<br />

Auf der Grundlage e<strong>in</strong>er Vielzahl von Beispielberechnungen für große und mittlere Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallationen<br />

wurden die Randbed<strong>in</strong>gungen def<strong>in</strong>iert, die e<strong>in</strong> Zirkulationsregulierventil vor dem H<strong>in</strong>tergrund der Anforderungen<br />

des DVGW-Arbeitsblattes W 551 m<strong>in</strong>destens abdecken muss. Aus den Erkenntnissen dieser Berechnungen<br />

wurde dann e<strong>in</strong>e „Referenzanlage“ für den Wohnungsbau def<strong>in</strong>iert. Diese Anlage umfasst 12 Steigleitungen mit<br />

jeweils 4 Obergeschossen, also <strong>in</strong>sgesamt 48 Wohne<strong>in</strong>heiten mit sanitärer Standardausstattung. Basierend auf<br />

den Berechnungsergebnissen für die Referenzanlage wurde im Labor Sanitäre Haustechnik der Fachhochschule<br />

Münster e<strong>in</strong> Versuchsstand erstellt, <strong>in</strong> dem die hydraulischen und thermischen Bed<strong>in</strong>gungen für zwei beliebige<br />

Steigleitungen <strong>in</strong> <strong>diesem</strong> System simuliert werden können. Die jeweils im Prüfstand e<strong>in</strong>gebauten Ventilprototypen<br />

konnten damit bereits im Entwicklungsstadium unter realistischen Bed<strong>in</strong>gungen geprüft werden [36] [37] [38].<br />

125


4 Zirkulationssysteme<br />

4.3 E<strong>in</strong>regulierungsmaßnahmen<br />

Die graphische Darstellung der berechneten Drossele<strong>in</strong>stellungen (Zirkulationsvolumenstrom V Z und Druckabfall<br />

∆p D über dem Ventil) für die Zirkulationsregulierventile <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Blockdiagramm → Abb. 68 macht deutlich, dass<br />

zur Aufrechterhaltung e<strong>in</strong>er Temperatur oberhalb 55 °C <strong>in</strong> den pumpennahen Zirkulationskreisen relativ große<br />

Druckdifferenzen bei kle<strong>in</strong>en Zirkulationsvolumenströmen aufgebaut werden müssen, während <strong>in</strong> den pumpenferneren<br />

Steigleitungen verhältnismäßig große Volumenströme fließen müssen. Diese großen Volumenströme<br />

führen dort auch zu größeren Zirkulationsnennweiten, die <strong>in</strong> der Regel e<strong>in</strong> Zirkulationsregulierventil mit entsprechender<br />

Nennweite nach sich ziehen (siehe Berechnungsbeispiel <strong>in</strong> → Kapitel 6).<br />

Abbildung 68: Erforderlicher Zirkulationsvolumenstrom über die Steigleitung und Druckdifferenz über den Regulierventilen zur Sicherstellung<br />

des „hydraulischen Abgleichs“<br />

Abbildung 69: k V-Werte bzw. Solltemperaturen für Regulierventile im Steigleitungsbereich (siehe z. B. Berechnungsbeispiel für e<strong>in</strong> Zirkulationssystem<br />

unter → www.geberit.de oder → datenservice.kemper-olpe.de)<br />

126


4 Zirkulationssysteme<br />

4.3 E<strong>in</strong>regulierungsmaßnahmen<br />

Unabhängig davon, ob man e<strong>in</strong>e „statische“ oder e<strong>in</strong>e „dynamische“ E<strong>in</strong>regulierung e<strong>in</strong>er Tr<strong>in</strong>kwasser-Zirkulationsanlage<br />

vorsieht, sollten für alle Zirkulationsregulierventile im System folgende Ventildaten durch Rohrnetzberechnung<br />

bekannt se<strong>in</strong>:<br />

Volumenstrom V Z <strong>in</strong> der Teilstrecke (bzw. über dem Ventil)<br />

Druckdifferenz über dem Zirkulationsregulierventil ∆p D<br />

k v-Wert, berechnet aus V Z und ∆p D → Gleichung 30<br />

Solltemperatur am Ventil im hydraulisch abgeglichenen Zustand<br />

E<strong>in</strong>stelltemperatur am Thermostatventil<br />

i<br />

Grundsätzlich muss festgestellt werden, dass die genaue Kenntnis dieser Ventil-E<strong>in</strong>stellwerte umso wichtiger<br />

wird, je größer und verzweigter die Zirkulationsanlage ist.<br />

4.3.1 Erforderlicher k v -Bereich von Zirkulationsregulierventilen<br />

Die Bemessung und Vore<strong>in</strong>stellung der Zirkulationsregulierventile erfolgt im Allgeme<strong>in</strong>en über den so genannten<br />

k v -Wert. Der k v -Wert bezeichnet den Volumenstrom <strong>in</strong> m 3 /h, der bei e<strong>in</strong>em Druckabfall von 1000 mbar durch das<br />

Ventil fließt. Der k v-Bereich e<strong>in</strong>es Regulierventils muss messtechnisch ermittelt und vom Hersteller des Ventils <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>en technischen Unterlagen angegeben werden. Der an den Zirkulationsregulierventilen jeweils geforderte<br />

k v -Wert kann aus den Anlagenwerten Zirkulationsvolumenstrom V Z <strong>in</strong> l/h und dem Druckverlust über dem Ventil<br />

∆p D <strong>in</strong> mbar mit → Gleichung 30 berechnet werden (siehe z. B. Berechnungsbeispiel für e<strong>in</strong> Zirkulationssystem<br />

unter → www.geberit.de oder → datenservice.kemper-olpe.de).<br />

k v<br />

=<br />

V · Z<br />

------------<br />

1000<br />

Gleichung 30<br />

⋅<br />

1000<br />

------------ <strong>in</strong> m<br />

∆p D<br />

3 /h<br />

Der so berechnete Zahlenwert muss sich im k v-Bereich des ausgewählten Zirkulationsregulierventils bef<strong>in</strong>den,<br />

damit die für den „hydraulischen Abgleich“ erforderlichen Druckdifferenzen aufgebaut werden können.<br />

Beispiel:<br />

Die hydraulische Berechnung e<strong>in</strong>es Zirkulationssystems (siehe z. B. Berechnungsbeispiel für e<strong>in</strong> Zirkulationssystem<br />

unter → www.geberit.de oder → datenservice.kemper-olpe.de) liefert für e<strong>in</strong>en Zirkulationskreis über die<br />

Steigleitung folgende Ventildaten:<br />

Zirkulationsvolumenstrom V Z = 30 l/h<br />

Druckdifferenz über dem Ventil ∆p D = 117 mbar<br />

Mit diesen Werten ergibt sich e<strong>in</strong> k v-Wert von:<br />

k v<br />

30<br />

------------<br />

1000<br />

⋅ ------------ 0087 , m<br />

1000 117<br />

3 = =<br />

/h<br />

127


4 Zirkulationssysteme<br />

4.3 E<strong>in</strong>regulierungsmaßnahmen<br />

4.3.2 Verfügbare Reguliertechnik<br />

Statisches Steigleitungs-Regulierventil „MultiFix“<br />

Bei der Verwendung statischer Zirkulationsregulierventile, erfolgt e<strong>in</strong>e Ventildimensionierung über den k v -Wert,<br />

bzw. über das Wertepaar Zirkulationsvolumenstrom V Z und Druckdifferenz ∆p D über dem Regulierventil. Aus<br />

diesen Daten kann <strong>in</strong> der jeweiligen Armaturennennweite der erforderliche Armaturene<strong>in</strong>stellwert aus e<strong>in</strong>em Diagramm<br />

→ Abb. 71 oder aus e<strong>in</strong>er Tabelle ermittelt werden → Tabelle 23.<br />

Beispiel:<br />

Für e<strong>in</strong>en k v - Wert von 0,087 m 3 /h liefert → Tabelle 23 e<strong>in</strong>en Armaturene<strong>in</strong>stellwert von 2,0. Der gleiche Wert<br />

kann aus → Abb. 71 über den Zirkulationsvolumenstrom V Z = 30 l/h und die Druckdifferenz ∆p D = 117 mbar<br />

ermittelt werden.<br />

Tabelle 23: Armaturene<strong>in</strong>stell- und k v-Werte bei e<strong>in</strong>em Zirkulationsregulierventil (KEMPER MultiFix DN 15)<br />

128<br />

Armaturene<strong>in</strong>stellwert kv-Wert <strong>in</strong> m 3 /h<br />

1,8 0,08<br />

1,9 0,08<br />

2,0 0,09<br />

2,2 0,10<br />

2,3 0,11<br />

2,6 0,13<br />

2,9 0,16<br />

3,2 0,20<br />

3,6 0,27<br />

4,1 0,37<br />

5,2 0,82


Abbildung 70: Druckverlustdiagramm KEMPER MultiFix DN 15 (Strang 1 bis Strang 11)<br />

Abbildung 71: Armaturene<strong>in</strong>stellwerte für KEMPER MultiFix DN 15 (Strang 1 bis Strang 11)<br />

4 Zirkulationssysteme<br />

4.3 E<strong>in</strong>regulierungsmaßnahmen<br />

129


4 Zirkulationssysteme<br />

4.3 E<strong>in</strong>regulierungsmaßnahmen<br />

Statisches Absperrventil mit fixierbarer Vore<strong>in</strong>stellung<br />

Für Absperrventile mit Vore<strong>in</strong>stellung werden ke<strong>in</strong>e Kennl<strong>in</strong>ien angegeben. Diese Ventile sollten an zentraler Stelle,<br />

auf Zirkulationssammlern oder im Druckstutzen der Zirkulationspumpe angeordnet werden, um eventuell noch<br />

vorhandene Druckdifferenzen zwischen größeren Teilsystemen ausgleichen zu können. Die E<strong>in</strong>drosselung kann<br />

s<strong>in</strong>nvollerweise über die Temperatur des aus der Anlage zurückkehrenden Zirkulationsvolumenstromes vorgenommen<br />

werden. Ist bei e<strong>in</strong>em ansonsten e<strong>in</strong>regulierten Zirkulationssystem hier die Temperatur höher als die<br />

rechnerische Auslegungstemperatur (z. B. > 55 °C), fließt e<strong>in</strong> größerer Volumenstrom über die letzten Steigleitungen<br />

ab als zur Temperaturhaltung der Zirkulationssammelleitung erforderlich ist. Durch E<strong>in</strong>drosseln und Fixieren<br />

der vorgenommenen Drosselstellung kann durch e<strong>in</strong> solches Ventil entsprechend E<strong>in</strong>fluss auf die Druckverhältnisse<br />

genommen werden.<br />

Abbildung 72: KEMPER Absperrventil mit Vore<strong>in</strong>stellung mit <strong>Geberit</strong> Mapress-Pressverschraubung<br />

Abbildung 73: E<strong>in</strong>satzbereich e<strong>in</strong>es KEMPER Absperrventils mit Vore<strong>in</strong>stellung<br />

Thermostatische Zirkulationsregulierventile<br />

Die statische E<strong>in</strong>regulierung e<strong>in</strong>es größeren Zirkulationssystems erfordert e<strong>in</strong>e genaue Rohrnetzberechnung, die<br />

auch die E<strong>in</strong>stellwerte für die Regulierventile liefert. Abweichungen des realisierten Zirkulationssystems von der<br />

ursprünglichen Planung bzw. Berechnung müssen aufwendig durch Nachregulieren der Ventile von Hand ausgeglichen<br />

werden. Da solche Abweichungen <strong>in</strong> Deutschland zum Baustellenalltag gehören, war es naheliegend,<br />

Regulierventile zu entwickeln, die solche, eher ger<strong>in</strong>gfügigen Abweichungen „automatisch“ ausgleichen können.<br />

In vergleichbarer Weise wie für den „hydraulischen Abgleich“ der erforderliche Druckabfall am Zirkulationsregulierventil<br />

berechnet werden kann, kann im Verlaufe der Rohrnetzberechnung auch die zugehörige Ventiltemperatur<br />

ermittelt werden. Die Ventiltemperatur im hydraulisch abgeglichenen Zustand (Solltemperatur) ist anlagenabhän-<br />

130


4 Zirkulationssysteme<br />

4.3 E<strong>in</strong>regulierungsmaßnahmen<br />

gig und für jedes Regulierventil unterschiedlich. In allen Systemen, die mit e<strong>in</strong>er Speichertemperatur von 60 °C<br />

und e<strong>in</strong>er zugelassenen Temperaturdifferenz von 5 K betrieben werden sollen, liegen sie aber <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em engen<br />

Bereich, zwischen ca. 56 – 58 °C → Abb. 69 auf Seite 126. Aufgrund dieser Gegebenheit wurden thermostatisch<br />

gesteuerte Zirkulationsregulierventile entwickelt, die <strong>in</strong> Abhängigkeit von der Ventiltemperatur geeignete Drosselstellungen<br />

automatisch aufbauen können. Bei diesen Zirkulationsregulierventilen wird mit Erreichen der E<strong>in</strong>stelltemperatur<br />

e<strong>in</strong>e maximale Drosselstellung des Ventils erzeugt. Die Ventile schließen <strong>in</strong> dieser Stellung nicht vollständig<br />

(DVGW Arbeitsblatt W 553, Abschnitt 5.3). Dadurch steht der zur Temperaturhaltung notwendige Zirkulationsvolumenstrom<br />

<strong>in</strong> dem betreffenden Leitungsteil kont<strong>in</strong>uierlich zur Verfügung, ohne dass die Zirkulationsströmung<br />

abreißt → Abb. 77 auf Seite 134. Der k V,m<strong>in</strong>-Wert des e<strong>in</strong>gesetzten Thermostatventils muss mit den Ergebnissen<br />

aus e<strong>in</strong>er Rohrnetzberechnung nach DVGW-Arbeitsblatt W 553 korrespondieren. Nur <strong>in</strong> <strong>diesem</strong> Fall<br />

gel<strong>in</strong>gt die entsprechende E<strong>in</strong>regulierung bzw. die geforderte Temperaturhaltung bei e<strong>in</strong>em m<strong>in</strong>imalen E<strong>in</strong>satz von<br />

Material und Energie. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung für die Funktion der Zirkulation hat der DVGW<br />

Prüfanforderungen für die Erteilung e<strong>in</strong>es Prüfzeichens für solche Ventile aufgestellt [39].<br />

Thermostatisches Steigleitungs-Regulierventil „MultiTherm“<br />

Rechnerische Erkenntnisse und messtechnische Erfahrungen zeigen, dass es <strong>in</strong> der Regel ausreichend ist, wenn<br />

die DVGW-zertifizierten MultiTherm-Regulierventile im Steigleitungsbereich auf e<strong>in</strong>e mittlere E<strong>in</strong>stelltemperatur<br />

von 57 °C e<strong>in</strong>gestellt werden. Die MultiTherm-Regulierventile werden aus <strong>diesem</strong> Grunde standardmäßig mit<br />

e<strong>in</strong>er entsprechenden E<strong>in</strong>stellung ausgeliefert. Diese Grunde<strong>in</strong>stellung sollte <strong>in</strong> größeren Anlagen nur dann verändert<br />

werden, wenn durch e<strong>in</strong>e entsprechende Berechnung, z. B. mit e<strong>in</strong>em Computerprogramm, wie <strong>Geberit</strong><br />

Dendrit → Abb. 74 spezifizierte E<strong>in</strong>stelltemperaturen für die Ventile bekannt s<strong>in</strong>d [40].<br />

Abbildung 74: <strong>Geberit</strong> Dendrit<br />

k v-Werte und Sollwerttemperaturen für Zirkulationsregulierventile im Referenzbeispiel, berechnet für die Mepla-Rohrreihe<br />

131


4 Zirkulationssysteme<br />

4.3 E<strong>in</strong>regulierungsmaßnahmen<br />

Tabelle 24: Ausschnitt aus e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>stellliste für Zirkulationsregulierventile aus e<strong>in</strong>er rechnergestützten Rohrnetzberechnung<br />

TS Bezeichnung k V -Wert Solltemperatur am Ventil ∆p Ventil V Z Nennweite<br />

Werden die Ventile nicht am „Fuß“ e<strong>in</strong>er Steigleitung sondern an anderer Stelle im System positioniert, kann sich<br />

damit auch die optimale E<strong>in</strong>stelltemperatur (ger<strong>in</strong>gfügig) verändern. Beispiele f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> den Pr<strong>in</strong>zipskizzen<br />

→ Kapitel 4.4 auf Seite 135. Kann e<strong>in</strong>e Speicheraustrittstemperatur von 60 °C im laufenden Betrieb nicht sichergestellt<br />

werden, muss die E<strong>in</strong>stelltemperatur am Zirkulationsregulierventil um 3 K niedriger als die mögliche Speicheraustrittstemperatur<br />

e<strong>in</strong>gestellt werden.<br />

Die Bemessung e<strong>in</strong>es thermostatisch gesteuerten Zirkulationsregulierventils erfolgt unter Verwendung e<strong>in</strong>es<br />

Drosseldiagramms, <strong>in</strong> dem die Armaturenkennl<strong>in</strong>ie dargestellt ist. Es muss überprüft werden, ob die aus der<br />

Berechnung geforderten Drosselpositionen sich im Auslegungs-Kennfeld des gewählten Ventils bef<strong>in</strong>den<br />

→ Abb. 75. Ist das der Fall, wird die Fe<strong>in</strong>regulierung der Zirkulationsanlage im laufenden Betrieb von den e<strong>in</strong>gebauten<br />

Thermostatventilen <strong>in</strong> Abhängigkeit von der E<strong>in</strong>stelltemperatur automatisch vorgenommen. Bei ansonsten<br />

ausgeglichenen hydraulischen Grundbed<strong>in</strong>gungen können so auch Abweichungen zwischen den Planungsvorgaben<br />

und den tatsächlich herrschenden Betriebsbed<strong>in</strong>gungen automatisch, ohne weitere manuelle E<strong>in</strong>griffe,<br />

ausgeglichen werden. Größere Schwächen <strong>in</strong> der Hydraulik des Rohrnetzes können allerd<strong>in</strong>gs auch durch thermostatische<br />

Zirkulationsregulierventile nicht mehr beseitigt werden, da diese Ventile nur <strong>in</strong> eng def<strong>in</strong>ierten Bereichen<br />

Drosselstellungen aufbauen und konstruktionsbed<strong>in</strong>gt weder Nachheizen noch Pumpendruckdifferenz<br />

erzeugen können!<br />

i Bei Auslegung der Thermostatventile muss darauf geachtet werden, dass der rechnerisch geforderte k V -<br />

Wert den tatsächlichen k V -Wert des gewählten Ventils bei 55 °C nicht überschreitet → Abb. 75 und<br />

→ Kapitel 5.4.5 Fehlersuche und Fehlerquellen, „Regulierventile“ auf Seite 187. Gegebenenfalls ist das<br />

nächstgrößere Ventil zu wählen.<br />

Der qualifizierte E<strong>in</strong>satz von thermostatischen Zirkulationsregulierventilen reduziert sowohl den planerischen<br />

Aufwand als auch die E<strong>in</strong>regulierungsmaßnahmen <strong>in</strong> der ausgeführten Anlage erheblich.<br />

132<br />

m 3 /h °C mbar l/h<br />

1589 Strangregulierventil 4,48 57,1 5,0 317,0 20<br />

1591 Strangregulierventil 1,23 56,9 9,0 122,3 20<br />

1593 Strangregulierventil 0,59 56,8 22,0 87,4 20<br />

1595 Strangregulierventil 0,42 56,6 28,0 71,5 12<br />

1597 Strangregulierventil 0,33 56,5 35,0 61,6 12<br />

1599 Strangregulierventil 0,26 56,4 43,0 54,6 12<br />

1601 Strangregulierventil 0,22 56,3 52,0 49,4 12<br />

1603 Strangregulierventil 0,18 56,2 61,0 45,4 12<br />

1605 Strangregulierventil 0,16 56,1 72,0 42,2 12<br />

1607 Strangregulierventil 0,13 56,0 84,0 38,9 12<br />

1609 Strangregulierventil 0,12 55,9 96,0 36,7 12<br />

1611 Strangregulierventil 0,10 55,9 109,0 34,2 12<br />

1613 Strangregulierventil 0,09 55,8 124,0 32,6 12<br />

1615 Strangregulierventil 0,08 55,7 139,0 31,1 12<br />

1617 Strangregulierventil 0,08 55,7 155,0 29,8 12


4 Zirkulationssysteme<br />

4.3 E<strong>in</strong>regulierungsmaßnahmen<br />

Abbildung 75: KEMPER MultiTherm als Systemventil <strong>Geberit</strong> DN 15 (mit werksseitiger Skalene<strong>in</strong>stellung von 57 °C). Die e<strong>in</strong>getragenen<br />

Punkte resultieren aus den berechneten E<strong>in</strong>stellwerten für die Zirkulationsregulierventile <strong>in</strong> Strang 1 bis Strang 12 (siehe z. B.<br />

Berechnungsbeispiel für e<strong>in</strong> Zirkulationssystem unter → www.geberit.de oder → datenservice.kemper-olpe.de) k V -Werte<br />

und Sollwerttemperaturen für Zirkulationsregulierventile im Referenzbeispiel.<br />

Abbildung 76: KEMPER MultiTherm als Systemventil <strong>Geberit</strong> DN 20 (mit anlagenspezifischer Skalene<strong>in</strong>stellung (E<strong>in</strong>stelltemperatur) von<br />

61 °C). Die e<strong>in</strong>getragenen Punkte resultieren aus den berechneten E<strong>in</strong>stellwerten für die Zirkulationsregulierventile <strong>in</strong> Strang 1<br />

bis Strang 12 (siehe z. B. Berechnungsbeispiel für e<strong>in</strong> Zirkulationssystem unter → www.geberit.de oder<br />

→ datenservice.kemper-olpe.de).<br />

133


4 Zirkulationssysteme<br />

4.3 E<strong>in</strong>regulierungsmaßnahmen<br />

Da bei den maximalen Drosselstellungen der freie Strömungsquerschnitt im Ventil sehr ger<strong>in</strong>g werden muss,<br />

besteht bei statischen Ventilen die Gefahr, dass sich Schwebstoffe im Bereich des Regelquerschnittes absetzen<br />

können. Bei thermostatisch geregelten Ventilen ist e<strong>in</strong>e daraus resultierende Störung eher unwahrsche<strong>in</strong>lich, da<br />

mit Verr<strong>in</strong>gerung des Ventilquerschnittes im laufenden Betrieb – und dem damit verbundenen Temperaturabfall –<br />

das Ventil automatisch wieder öffnet.<br />

i Alle Zirkulationsregulierventile sollten <strong>in</strong> der Anlage so positioniert werden, dass alle Inspektions- und<br />

Instandsetzungsarbeiten problemlos durchgeführt werden können.<br />

In Analogie zu den Problemstellungen <strong>in</strong> der Heizungstechnik gilt grundsätzlich auch für Zirkulationsanlagen der<br />

Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation, dass der E<strong>in</strong>fluss der Thermostatventile auf den Volumenstrom im Rohrnetz abhängig ist<br />

vom Verhältnis des Pumpendrucks zum Druckabfall im Regelquerschnitt (Ventilautorität). Anlagenkomponenten,<br />

die die Ventilautoritäten ungünstig bee<strong>in</strong>flussen können, wie Rückflussverh<strong>in</strong>derer usw. sollten daher durch e<strong>in</strong>en<br />

geeigneten Aufbau der Rohrnetze vermieden werden.<br />

Abbildung 77: Zusammenhang zwischen Volumenstrom, Druckdifferenz und Temperatur<br />

KEMPER MultiTherm-Zirkulationsregulierventil DN 15, E<strong>in</strong>stelltemperatur 57 °C<br />

Bei größer werdenden Volumenströmen muss e<strong>in</strong> Ventil mit größerer Nennweite e<strong>in</strong>gesetzt werden. Dieser Nennweitenwechsel<br />

ist für die Funktion der Zirkulation von besonderer Bedeutung, da e<strong>in</strong> großer Zirkulationsvolumenstrom<br />

– wie im Beispiel im Strang 12 – im Ventil DN 15 erhebliche Strömungsverluste ∆p TH erzeugen würde.<br />

i<br />

134<br />

Bei e<strong>in</strong>er fehlerhaften Ventilauslegung oder Positionierung können gravierende Fehlfunktionen <strong>in</strong> der Zirkulation<br />

auftreten → Kapitel 5.4.5 Fehlersuche und Fehlerquellen, „Regulierventile“ auf Seite 187.


4 Zirkulationssysteme<br />

4.4 Entwurfsgrundsätze und Nachweis der Funktion<br />

Thermostatisches Stockwerks-Regulierventil „EtaTherm“<br />

Da <strong>in</strong> Risiko<strong>in</strong>stallationen die Zirkulation bis zu den Entnahmestellen <strong>in</strong> zunehmendem Maße angestrebt wird,<br />

wurde e<strong>in</strong> thermostatisches Zirkulationsregulierventil entwickelt, das den hydraulischen und konstruktiven Anforderungen<br />

für den E<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> Stockwerks<strong>in</strong>stallationen mit ger<strong>in</strong>ger Ausdehnung entspricht.<br />

Abbildung 78: KEMPER EtaTherm als Systemventil <strong>Geberit</strong> DN 15 (mit werksseitiger Skalene<strong>in</strong>stellung von 58 °C) mit k V,m<strong>in</strong> = 0,05,<br />

zur E<strong>in</strong>regulierung von Zirkulationssystemen im Bereich der Stockwerks<strong>in</strong>stallationen, mit Sollwerte<strong>in</strong>stellung zwischen 56 °C<br />

und 58 °C<br />

4.4 Entwurfsgrundsätze und Nachweis der<br />

Funktion<br />

4.4.1 Schutz gegen das E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen von Nichttr<strong>in</strong>kwasser<br />

Für Neuanlagen sollte als Schutz gegen das E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen von Nichttr<strong>in</strong>kwasser, Fremd- und Schadstoffen <strong>in</strong> die<br />

Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation grundsätzlich das Pr<strong>in</strong>zip der E<strong>in</strong>zelsicherung zur Anwendung kommen → Abb. 79.<br />

Die <strong>in</strong> Altanlagen übliche Sammelsicherung unter Verwendung von Steigleitungsbe- und entlüftern verursacht<br />

e<strong>in</strong>en unnötig hohen Leitungsaufwand, verbunden mit e<strong>in</strong>er Vergrößerung des Leitungsvolumens und erhöht<br />

nennenswert den Anteil an Stagnationswasser im System. Aus diesen Gründen wird im DVGW Arbeitsblatt<br />

W551 [4] <strong>in</strong> Abschnitt 8.3.2 auch für die Sanierung von Altanlagen gefordert:<br />

i Anschlussleitungen zu Be- und Entlüftern bei Sammelsicherung sollten abgetrennt werden. Es s<strong>in</strong>d Armaturen<br />

mit E<strong>in</strong>zelsicherung e<strong>in</strong>zubauen.<br />

135


4 Zirkulationssysteme<br />

4.4 Entwurfsgrundsätze und Nachweis der Funktion<br />

Als zusätzliches Problem kommt h<strong>in</strong>zu, dass der bei e<strong>in</strong>er Sammelsicherung <strong>in</strong> der Steigleitung erforderliche<br />

Rückflussverh<strong>in</strong>derer <strong>in</strong> der Regel e<strong>in</strong>en erheblichen Strömungswiderstand (Öffnungsdruck) aufbaut, der im Zirkulationsfall<br />

von der Zirkulationspumpe überwunden werden muss. Der Öffnungsdruck liegt bei normalen KRV-<br />

Ventilen i. A. <strong>in</strong> der Größenordnung der gesamten Rohrleitungswiderstände im Zirkulationssystem (siehe z. B.<br />

Tabellensammlung unter → www.geberit.de oder → datenservice.kemper-olpe.de) und vergrößert damit die<br />

erforderliche Pumpendruckdifferenz der Zirkulationspumpe erheblich.<br />

Wird der Öffnungsdruck von Rückflussverh<strong>in</strong>derern im Zirkulationskreis bei der Pumpenauslegung überhaupt<br />

nicht oder unzureichend berücksichtigt, kann sich unter Umständen ke<strong>in</strong>e Zirkulation e<strong>in</strong>stellen, wenn die Pumpe<br />

den Rückflussverh<strong>in</strong>derer nicht öffnen kann.<br />

In Zirkulationssystemen sollten daher grundsätzlich nur Rückflussverh<strong>in</strong>derer mit ger<strong>in</strong>gem Öffnungsdruck e<strong>in</strong>gesetzt<br />

werden, z. B. KEMPER Rückflussverh<strong>in</strong>derer Figur 158/159 bzw. 145/146 mit ∆p RV = 10 mbar → Abb. 79.<br />

Abbildung 79: Aufbau e<strong>in</strong>er Steigleitung bei E<strong>in</strong>zel- bzw. Sammelsicherung<br />

136


4.4.2 3-Liter-Regel<br />

4 Zirkulationssysteme<br />

4.4 Entwurfsgrundsätze und Nachweis der Funktion<br />

Die Technischen Regeln lassen e<strong>in</strong> nicht zirkulierendes Wasservolumen <strong>in</strong> Fließwegen der Stockwerks- und/oder<br />

E<strong>in</strong>zelzuleitungen bis 3 Liter zu. Dieses Wasservolumen bezieht sich auf den e<strong>in</strong>zelnen Fließweg, gerechnet vom<br />

Stockwerksanschluss bis zur Entnahmestelle und nicht auf den gesamten Wasser<strong>in</strong>halt der Stockwerks<strong>in</strong>stallation.<br />

E<strong>in</strong>e sorgfältige Bemessung der Leitungsdurchmesser <strong>in</strong> den Stockwerks<strong>in</strong>stallationen durch e<strong>in</strong>e differenzierte<br />

Berechnung nach DIN 1988-3 verbessert nicht nur die Wirtschaftlichkeit der gesamten Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation,<br />

sondern reduziert auch das nicht zirkulierende Volumen <strong>in</strong> den Warmwasserleitungen und verbessert damit<br />

die tr<strong>in</strong>kwasserhygienischen Verhältnisse (s. a. Berechnungsbeispiel für e<strong>in</strong>e Stockwerks<strong>in</strong>stallation → Kapitel 6)!<br />

Abbildung 80: Begriffe und Def<strong>in</strong>itionen <strong>in</strong> Stockwerks<strong>in</strong>stallationen<br />

Abbildung 81: Zapfzeiten für niedrigtemperiertes Wasser <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Stockwerks<strong>in</strong>stallation, bei Verwendung e<strong>in</strong>er Armatur mit e<strong>in</strong>er Entnahmecharakteristik<br />

nach → Abb. 14 auf Seite 56<br />

137


4 Zirkulationssysteme<br />

4.4 Entwurfsgrundsätze und Nachweis der Funktion<br />

4.4.3 Funktionale Unterschiede durch den konstruktiven Aufbau des Rohrnetzes<br />

In den folgenden Abschnitten werden übliche Verteilungspr<strong>in</strong>zipien <strong>in</strong> der Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation vorgestellt und<br />

bewertet. Gleichzeitig werden <strong>in</strong> Abhängigkeit vom Verteilungspr<strong>in</strong>zip und dem E<strong>in</strong>bauort wichtige H<strong>in</strong>weise für<br />

e<strong>in</strong>en s<strong>in</strong>nvollen bzw. notwendigen E<strong>in</strong>satz von Reguliertechnik gegeben. Für Thermostatventile s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den Pr<strong>in</strong>zipskizzen<br />

grundsätzliche <strong>Angaben</strong> für E<strong>in</strong>stell- bzw. Sollwerttemperaturen enthalten.<br />

Für die Reguliertechnik wird <strong>in</strong> den Pr<strong>in</strong>zipskizzen folgende Symbolik verwendet:<br />

Die nachfolgenden Betrachtungen basieren auf e<strong>in</strong>em Beispiel mit 24 Steigleitungen und 96 Wohne<strong>in</strong>heiten. Die<br />

Bemessung der Warmwasserleitungen (TWW) erfolgte unter Berücksichtigung der DIN 1988-3 bzw. die der Zirkulationsleitungen<br />

(TWZ) auf Grundlage des DVGW-Arbeitsblattes W 553. Da sich bei diesen Beispielberechnungen<br />

die geometrischen Ausgangsbed<strong>in</strong>gungen der Leitungsanlage nicht verändern, liefern diese Beispiele e<strong>in</strong>en<br />

schnellen Überblick über die Auswirkungen des Verteilungspr<strong>in</strong>zips auf<br />

die Zirkulationsleitungsdurchmesser,<br />

die Wärmeverluste über die Oberfläche der gedämmten Rohrleitungen,<br />

den Zirkulationsvolumenstrom,<br />

die Druckdifferenz der Zirkulationspumpe und<br />

den E<strong>in</strong>fluss der Reguliertechnik auf das Temperaturniveau <strong>in</strong> den Zirkulationskreisen.<br />

4.4.4 Hydraulische und thermische Simulation<br />

Wie <strong>in</strong> → Kapitel 4.2 auf Seite 106 beschrieben, verfolgt e<strong>in</strong>e konventionelle Rohrnetzberechnung nur das Ziel,<br />

zum Zwecke der idealen Volumenstromverteilung e<strong>in</strong> ideales Rohrnetz zu gestalten, mit dem sichergestellt<br />

werden kann, dass mit e<strong>in</strong>em m<strong>in</strong>imalen E<strong>in</strong>satz an Energie die Temperaturen oberhalb von 55 °C gehalten<br />

werden können. Aus den Ergebnissen e<strong>in</strong>er solchen Rohrnetzberechnung werden e<strong>in</strong> theoretischer Betriebspunkt<br />

auf der Pumpenkennl<strong>in</strong>ie und ebenso theoretische Betriebspunkte für die Regulierventile abgeleitet.<br />

Bereits bei Neuplanungen können die idealisiert ermittelten Betriebspunkte sowohl mit den im Markt verfügbaren<br />

Zirkulationspumpen als auch mit realer Reguliertechnik nur näherungsweise erreicht werden. Es ist daher bereits<br />

für Neuplanungen s<strong>in</strong>nvoll, sich die Auswirkungen dieser Abweichungen auf den realen Betrieb des Zirkulationssystems<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Simulation der hydraulischen und thermischen Verhältnisse anzeigen zu lassen.<br />

Bei der Sanierung von Zirkulationssystemen ist die Simulation des Zusammenwirkens von e<strong>in</strong>gebauter Zirkulationspumpe<br />

und dem realen Rohrnetz unverzichtbar. So können u. A. der E<strong>in</strong>fluss geänderter Pumpentechnik<br />

und/oder der Umbau des Rohrnetzes und/oder die Verbesserung der Rohrleitungsdämmung und die immer<br />

erforderliche Nachrüstung von Reguliertechnik auf den Rohrnetzbetrieb realitätsnah dargestellt werden.<br />

138<br />

Th<br />

Absperrventil<br />

Thermostatisches Zirkulationsregulierventil (MultiTherm bzw. EtaTherm)<br />

Statisches Zirkulationsregulierventil (MultiFix bzw. Absperrventil mit Vore<strong>in</strong>stellung)


4 Zirkulationssysteme<br />

4.4 Entwurfsgrundsätze und Nachweis der Funktion<br />

Auf Grundlage e<strong>in</strong>er Rohrnetzsimulation können verlässliche Erfolgsprognosen für die Funktion von Neu<strong>in</strong>stallationen<br />

aber auch im Sanierungsfall für die Wirksamkeit kostenaufwendiger bautechnischer Umbaumaßnahmen<br />

erstellt werden.<br />

Die pr<strong>in</strong>zipbed<strong>in</strong>gten Vor- und Nachteile von Verteilungskonzepten und E<strong>in</strong>regulierungsstrategien können <strong>in</strong> den<br />

folgenden Abschnitten auf der Grundlage von Rohrnetzsimulationen daher problemlos und umfassend verdeutlicht<br />

werden.<br />

4.4.5 Untere Verteilung, e<strong>in</strong>seitige E<strong>in</strong>speisung<br />

Die Versorgung der Entnahmestellen <strong>in</strong> den Stockwerken mit kaltem (TW) und erwärmtem (TWW) Tr<strong>in</strong>kwasser<br />

erfolgt aus baulichen Gründen <strong>in</strong> der Regel über Kellerverteilungs- und Steigleitungen, nach dem Pr<strong>in</strong>zip der<br />

„unteren Verteilung“ → Abb. 82. Bei Verteilungen mit e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>seitigen E<strong>in</strong>speisung s<strong>in</strong>d die Längen der e<strong>in</strong>zelnen<br />

Zirkulationskreisläufe stark unterschiedlich. Die Bemessung sowohl der Verbrauchs- als auch der Zirkulationsleitungen<br />

orientiert sich am jeweils längsten (hydraulisch) ungünstigsten Fließweg. Bei vorgegebenen Druckverhältnissen<br />

reduziert sich dadurch das „verfügbare Rohrreibungsdruckgefälle“ → Kapitel 2.9.5 auf Seite 78 mit der<br />

Länge des Fließweges; die Leitungen der Hauptverteilung müssen dadurch relativ groß bemessen werden. Im<br />

Bereich des Zirkulationssystems führt e<strong>in</strong>e solche Rohrnetzstruktur ebenfalls zu größeren Nennweiten, e<strong>in</strong>er<br />

höheren Pumpendruckdifferenz und damit auch zu erschwerten Bed<strong>in</strong>gungen für die E<strong>in</strong>regulierung. Diese Tendenzen<br />

s<strong>in</strong>d weder aus wirtschaftlichen noch aus tr<strong>in</strong>kwasserhygienischen Gründen s<strong>in</strong>nvoll. Verteilungspr<strong>in</strong>zipien<br />

mit eher mittiger E<strong>in</strong>speisung s<strong>in</strong>d daher zu bevorzugen → Abb. 93 auf Seite 145.<br />

In sehr großen Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallationen sollte die Warmwasserversorgung nicht nur über e<strong>in</strong>e zentrale Tr<strong>in</strong>kwassererwärmungsanlage<br />

erfolgen. E<strong>in</strong>e Aufteilung auf mehrere kle<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heiten liefert hier die bessere Lösung. Das<br />

betrifft vor allen D<strong>in</strong>gen Verteilungskonzepte, die zur Temperaturhaltung pr<strong>in</strong>zipbed<strong>in</strong>gt hohe Zirkulationsvolumenströme<br />

erfordern, wie z. B. Anlagen mit Zirkulationen bis zu den Entnahmestellen → Abb. 99 auf Seite 149.<br />

Abbildung 82: Pr<strong>in</strong>zipieller Aufbau e<strong>in</strong>es Zirkulationssystems mit „unterer Verteilung“<br />

139


4 Zirkulationssysteme<br />

4.4 Entwurfsgrundsätze und Nachweis der Funktion<br />

Untere Verteilung, e<strong>in</strong>seitige E<strong>in</strong>speisung ohne E<strong>in</strong>regulierung<br />

Wird e<strong>in</strong> Zirkulationssystem nicht e<strong>in</strong>reguliert, fließen über die pumpennahen, relativ kurzen Zirkulationskreise<br />

große Volumenströme ab (hydraulische Kurzschlüsse). Die Zirkulationspumpe ist dann nicht mehr <strong>in</strong> der Lage <strong>in</strong><br />

den pumpenferneren Kreisen ausreichend große Volumenströme zu erzeugen und das, obwohl e<strong>in</strong> <strong>in</strong> etwa<br />

doppelt so großer Pumpenvolumenstrom zur Verfügung steht als der, der rechnerisch zur Temperaturhaltung<br />

nach DVGW Arbeitsblatt W 553 eigentlich nur erforderlich wäre → Abb. 84.<br />

Bei derartigen Betriebsverhältnissen können im zirkulierenden System nur <strong>in</strong> etwa 50 % aller Teilstrecken ausreichende<br />

Temperaturen (> 55 °C) erzeugt werden → Abb. 84.<br />

Abbildung 83: Volumenströme <strong>in</strong> den Steigleitungen, nicht e<strong>in</strong>reguliert<br />

Abbildung 84: Betriebspunkt auf der Pumpenkennl<strong>in</strong>ie, nicht e<strong>in</strong>reguliert und Temperaturverlauf im ungünstigsten Zirkulationskreis<br />

140


4 Zirkulationssysteme<br />

4.4 Entwurfsgrundsätze und Nachweis der Funktion<br />

Untere Verteilung, e<strong>in</strong>seitige E<strong>in</strong>speisung ohne E<strong>in</strong>regulierung, mit größerer Pumpe<br />

In fast allen Fällen führt e<strong>in</strong>e weitere Erhöhung der Pumpenleistung erfahrungsgemäß nicht zu e<strong>in</strong>er signifikanten<br />

Verbesserung der Temperaturverhältnisse → Abb. 86.<br />

Als Folge übermäßig groß bemessener Pumpen fließen sehr große Zirkulationsvolumenströme <strong>in</strong> den kurzen<br />

pumpennahen Zirkulationskreisen, die hohe Fließgeschw<strong>in</strong>digkeiten nach sich ziehen. Bei Kupferrohren wird<br />

dadurch das Schadensrisiko durch Erosionskorrosion erheblich erhöht!<br />

Abbildung 85: Volumenströme und Fließgeschw<strong>in</strong>digkeiten <strong>in</strong>r den Steigleitungen, nicht e<strong>in</strong>reguliert mit größerer Pumpe<br />

Abbildung 86: Betriebspunkt auf der Pumpenkennl<strong>in</strong>ie, nicht e<strong>in</strong>reguliert mit größerer Pumpe und Temperaturverlauf im ungünstigsten<br />

Zirkulationskreis<br />

141


4 Zirkulationssysteme<br />

4.4 Entwurfsgrundsätze und Nachweis der Funktion<br />

Untere Verteilung, e<strong>in</strong>seitige E<strong>in</strong>speisung e<strong>in</strong>reguliert mit MultiFix DN 15<br />

Bei e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>regulierung mit statischen Ventilen müssen die aus e<strong>in</strong>er Rohrnetzberechnung ermittelten k V -Werte<br />

zunächst <strong>in</strong> Armaturene<strong>in</strong>stellwerte umgesetzt werden → Kapitel 4.3.2 auf Seite 128. Spätestens mit der Inbetriebnahme<br />

müssen diese E<strong>in</strong>stellwerte über die E<strong>in</strong>stellkulisse an jedem Ventil von Hand e<strong>in</strong>gestellt werden.<br />

Durch e<strong>in</strong>e gezielte E<strong>in</strong>regulierung können die hydraulischen Kurzschlüsse beseitigt und es können dadurch<br />

relativ große Zirkulationsvolumenströme <strong>in</strong> den pumpenferneren Steigleitungen erzeugt werden → Abb. 87. Die<br />

Temperaturhaltung oberhalb von 55 °C gel<strong>in</strong>gt im gesamten zirkulierenden Leitungssystem im energetischen<br />

Optimum, d. h. mit m<strong>in</strong>imalem Energiee<strong>in</strong>satz. Idealer und realer Betriebspunkt auf der Pumpenkennl<strong>in</strong>ie s<strong>in</strong>d<br />

dann nahezu deckungsgleich → Abb. 88.<br />

Abbildung 87: Volumenströme <strong>in</strong> den Steigleitungen, e<strong>in</strong>reguliert mit KEMPER MultiFix-Zirkulationsregulierventilen DN 15<br />

Abbildung 88: Betriebspunkt auf der Pumpenkennl<strong>in</strong>ie, e<strong>in</strong>reguliert und Temperaturverlauf im ungünstigsten Zirkulationskreis<br />

142


4 Zirkulationssysteme<br />

4.4 Entwurfsgrundsätze und Nachweis der Funktion<br />

Untere Verteilung, e<strong>in</strong>seitige E<strong>in</strong>speisung e<strong>in</strong>reguliert mit MultiTherm DN 15/DN 20<br />

(E<strong>in</strong>stelltemperatur 57 °C)<br />

Bei E<strong>in</strong>satz von Thermostatventilen darf erwartet werden, dass sich mit E<strong>in</strong>schalten der Pumpe das Zirkulationssystem<br />

temperaturgeführt selbsttätig e<strong>in</strong>reguliert → Abb. 91. Nur <strong>in</strong> Ausnahmefällen muss <strong>in</strong> hydraulisch ungünstigen<br />

Kreisen die E<strong>in</strong>stelltemperatur am Thermostatkopf abweichend von der <strong>Werk</strong>se<strong>in</strong>stellung vergrößert<br />

werden, damit die hier erforderlichen relativ großen Volumenströme zustande kommen können → Abb. 76 auf<br />

Seite 133.<br />

Abbildung 89: Volumenströme <strong>in</strong> den Steigleitungen e<strong>in</strong>reguliert mit KEMPER MultiTherm-Zirkulationsregulierventil DN 15/DN 20<br />

(E<strong>in</strong>stelltemperatur 57 °C)<br />

Abbildung 90: Druckverlust über den Thermostatventilen<br />

143


4 Zirkulationssysteme<br />

4.4 Entwurfsgrundsätze und Nachweis der Funktion<br />

Abbildung 91: Verlauf der Druckverluste <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zirkulationskreis<br />

Untere Verteilung, e<strong>in</strong>seitige E<strong>in</strong>speisung e<strong>in</strong>reguliert mit MultiTherm (E<strong>in</strong>stelltemperatur 57 °C)/MultiFix<br />

E<strong>in</strong> Zirkulationssystem kann auch mit e<strong>in</strong>er Komb<strong>in</strong>ation von temperaturgeführter und statischer Reguliertechnik<br />

e<strong>in</strong>reguliert werden. Diese Komb<strong>in</strong>ation hat sich <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> Sanierungsfällen bewährt. Die statischen Ventile<br />

werden <strong>in</strong> solchen Fällen bei aufgeschalteter Volumenstrom- und Temperaturmesstechnik anlagenspezifisch von<br />

Hand e<strong>in</strong>reguliert. E<strong>in</strong>e statische E<strong>in</strong>regulierung hydraulisch ungünstiger Zirkulationskreise erleichtert darüber<br />

h<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong>e gegebenenfalls noch notwendige thermische Des<strong>in</strong>fektion e<strong>in</strong>es zu sanierenden Rohrnetzes mit Temperaturen<br />

oberhalb von 70 °C.<br />

Abbildung 92: Volumenströme <strong>in</strong> den Steigleitungen bei e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>regulierung mit KEMPER MultiTherm-Zirkulationsregulierventil DN 15<br />

(E<strong>in</strong>stelltemperatur 57 °C) und KEMPER MultiFix DN 20<br />

144


4.4.6 Untere Verteilung, mittige E<strong>in</strong>speisung<br />

4 Zirkulationssysteme<br />

4.4 Entwurfsgrundsätze und Nachweis der Funktion<br />

Sofern die baulichen Gegebenheiten es zulassen, ist e<strong>in</strong>e Rohrnetzstruktur mit annähernd mittiger E<strong>in</strong>speisung<br />

→ Abb. 93 zu bevorzugen, da sie für alle Verteilungspr<strong>in</strong>zipien <strong>in</strong> jeder Beziehung hydraulisch günstiger ist als<br />

e<strong>in</strong>e solche mit e<strong>in</strong>seitiger E<strong>in</strong>speisung → Siehe “Untere Verteilung, e<strong>in</strong>seitige E<strong>in</strong>speisung” auf Seite 139..<br />

Abbildung 93: Pr<strong>in</strong>zipieller Aufbau e<strong>in</strong>es Zirkulationssystems mit „mittiger E<strong>in</strong>speisung“<br />

In hydraulisch e<strong>in</strong>deutigen Situationen kann auf Reguliertechnik <strong>in</strong> ungünstigen Zirkulationskreisen verzichtet<br />

werden. Über die Drehzahlregelung der Pumpe oder bei e<strong>in</strong>er zweistufigen E<strong>in</strong>regulierung über statische Regulierventile<br />

an zentraler Stelle, können die Volumenströme hier bee<strong>in</strong>flusst werden. Die Nachregulierung kann über<br />

die Temperatur des aus der Anlage zurückkehrenden Zirkulationsvolumenstromes vorgenommen werden. Ist bei<br />

e<strong>in</strong>em ansonsten e<strong>in</strong>regulierten Zirkulationssystem die Temperatur höher als die rechnerische Auslegungstemperatur<br />

(z. B. > 55 °C), fließt e<strong>in</strong> größerer Volumenstrom über die nicht durch Reguliertechnik bee<strong>in</strong>flussten Zirkulationskreise<br />

ab als zur Temperaturhaltung erforderlich ist. Durch Reduzieren der Pumpendrehzahl oder durch E<strong>in</strong>drosseln<br />

des zentral angeordneten statischen Regulierventils kann entsprechend E<strong>in</strong>fluss auf die Druck- bzw.<br />

Volumenstromverhältnisse genommen werden.<br />

145


4 Zirkulationssysteme<br />

4.4 Entwurfsgrundsätze und Nachweis der Funktion<br />

Abbildung 94: Volumenströme <strong>in</strong> den Steigleitungen bei e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>regulierung mit KEMPER MultiTherm-Zirkulationsregulierventil DN 15<br />

(E<strong>in</strong>stelltemperatur 57 °C) und KEMPER MultiFix DN 20<br />

Abbildung 95: Betriebspunkt auf der Pumpenkennl<strong>in</strong>ie und Druckverlauf <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zirkulationskreis bei zweistufiger E<strong>in</strong>regulierung<br />

146


4.4.7 Untere Verteilung nach dem „Tichelmann-Pr<strong>in</strong>zip“<br />

4 Zirkulationssysteme<br />

4.4 Entwurfsgrundsätze und Nachweis der Funktion<br />

Mit e<strong>in</strong>er so genannten „Tichelmann-Verteilung“ wird das Ziel verfolgt, alle Zirkulationskreise mit e<strong>in</strong>er gleichgroßen<br />

Länge auszustatten → Abb. 96. Mit dieser Maßnahme wird unterstellt, dass <strong>in</strong> etwa gleichlangen Kreisen<br />

auch gleichgroße Druckdifferenzen durch die Pumpe zu überw<strong>in</strong>den s<strong>in</strong>d. In Kreislaufsystemen der Heizungstechnik<br />

kann das näherungsweise als gegeben angesehen werden. In den Zirkulationssystemen s<strong>in</strong>d die hydraulischen<br />

Verhältnisse allerd<strong>in</strong>gs anders zu bewerten, da hier parallelverlaufende „Vor- und Rückläufe“ immer unterschiedliche<br />

Durchmesser aufweisen, so dass auch bei e<strong>in</strong>er Tichelmann-Verteilung e<strong>in</strong> nennenswertes hydraulisches<br />

Ungleichgewicht verbleibt. Den ger<strong>in</strong>gfügigen Verbesserungen <strong>in</strong> der Hydraulik steht e<strong>in</strong> Mehraufwand an<br />

Rohrleitungen gegenüber, mit größerem Wasser<strong>in</strong>halt und größerer Innenoberfläche. In den meisten konkreten<br />

Planungsfällen überwiegen die Nachteile dieses Verteilungspr<strong>in</strong>zips, so dass immer e<strong>in</strong>e kritische Prüfung für den<br />

E<strong>in</strong>zelfall erforderlich ist. Wie das folgende Berechnungsbeispiel zeigt, kann auch bei e<strong>in</strong>er „Tichelmann-Verteilung“<br />

nicht auf e<strong>in</strong>e hochwertige E<strong>in</strong>regulierung verzichtet werden.<br />

Bei e<strong>in</strong>er Tichelmann-Verteilung <strong>in</strong> Zirkulationssystemen verläuft der „ungünstigste“ Zirkulationskreis zunächst<br />

überraschend über die pumpennächste Steigleitung. Das ist darauf zurückzuführen, dass dieser Kreis nur über<br />

wenige groß dimensionierte TWW-Teilstrecken aber über viele ger<strong>in</strong>ger dimensionierte TWZ-Teilstrecken verfügt.<br />

Abweichend von allen anderen hier diskutierten Verteilungspr<strong>in</strong>zipien muss nur <strong>in</strong> <strong>diesem</strong> Fall auch <strong>in</strong> der pumpennahen<br />

Steigleitung e<strong>in</strong> großer Zirkulationsvolumenstrom fließen können → Abb. 97.<br />

Abbildung 96: Pr<strong>in</strong>zipieller Aufbau e<strong>in</strong>es Zirkulationssystems nach dem „Tichelmann-Pr<strong>in</strong>zip“<br />

147


4 Zirkulationssysteme<br />

4.4 Entwurfsgrundsätze und Nachweis der Funktion<br />

Abbildung 97: Volumenströme <strong>in</strong> den Steigleitungen bei e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>regulierung mit KEMPER MultiFix-Zirkulationsregulierventil DN 15 – DN 20<br />

Abbildung 98: Betriebspunkt auf der Pumpenkennl<strong>in</strong>ie und Druckverlauf <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zirkulationskreis<br />

148


4.4.8 Untere Verteilung mit Stockwerkszirkulation<br />

4 Zirkulationssysteme<br />

4.4 Entwurfsgrundsätze und Nachweis der Funktion<br />

Wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Stockwerks<strong>in</strong>stallation der Wasser<strong>in</strong>halt im Fließweg größer als 3 Liter, muss e<strong>in</strong>e Stockwerkszirkulation<br />

vorgesehen werden. Dabei ist zu beachten, dass h<strong>in</strong>ter Wohnungs-Wasserzählern ke<strong>in</strong>e Zirkulationsleitungen<br />

angeschlossen werden dürfen, da dies zu e<strong>in</strong>er gravierenden Fehle<strong>in</strong>schätzung bei der verbrauchsabhängigen<br />

Abrechnung von Wasser- und Wärmekosten führt.<br />

Bei e<strong>in</strong>er Zirkulation im Stockwerk müssen notwendige Wohnungs-Wasserzähler h<strong>in</strong>ter dem Anschluss der Zirkulation,<br />

z. B. im Bereich der Entnahmestellen, angeordnet werden.<br />

Abbildung 99: Aufbau e<strong>in</strong>er Zirkulation bis zu den Entnahmestellen mit e<strong>in</strong>er zweistufigen E<strong>in</strong>regulierung<br />

In Risiko<strong>in</strong>stallationen (z. B. <strong>in</strong> Krankenhäusern, Altenpflegeheimen usw.) wird aus tr<strong>in</strong>kwasserhygienischen<br />

Gründen e<strong>in</strong>e Zirkulation bis zur jeweiligen Entnahmestelle bevorzugt. Zirkulationsleitungen, die bis an die Entnahmestellen<br />

herangeführt werden, verbessern zwar die Grundvoraussetzungen für e<strong>in</strong>en hygienischen Betrieb<br />

der Tr<strong>in</strong>kwasserversorgungsanlage, verursachen aber e<strong>in</strong>en deutlich höheren Leitungs-, E<strong>in</strong>regulierungs- und<br />

betrieblichen Aufwand. Nur <strong>in</strong> Abstimmung mit dem Betreiber und dem für die „Hygiene Verantwortlichen“ und<br />

unter Bewertung aller E<strong>in</strong>flüsse, sollten dann Zirkulationssysteme bis zu den Entnahmestellen tatsächlich realisiert<br />

werden.<br />

149


4 Zirkulationssysteme<br />

4.4 Entwurfsgrundsätze und Nachweis der Funktion<br />

Für den hydraulischen Abgleich von Zirkulationskreisen, die über Stockwerks<strong>in</strong>stallationen führen, müssen def<strong>in</strong>ierte<br />

Zirkulationsregulierventile (EtaTherm-Zirkulationsregulierventile) e<strong>in</strong>gebaut werden, die dem E<strong>in</strong>satzbereich<br />

entsprechende Regulierstellungen aufbauen können. Mit „vore<strong>in</strong>stellbaren“ Unterputzventilen können die erforderlichen<br />

Drosselstellungen nicht erreicht werden!<br />

i Stockwerkszirkulationen s<strong>in</strong>d so zu planen, dass sie durch e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>wandfreie Funktion den zusätzlichen<br />

Aufwand rechtfertigen.<br />

E<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>wandfreie Funktion ist nur dann zu erwarten, wenn <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Stockwerkszirkulation nur e<strong>in</strong> zusätzlicher Zirkulationskreis<br />

e<strong>in</strong>gerichtet wird. E<strong>in</strong>e solche Lösung ergibt sich zwangsläufig, wenn e<strong>in</strong> R<strong>in</strong>gleitungssystem im<br />

Stockwerk realisiert wird, das jeweils am Steigleitungsanschluss für erwärmtes Tr<strong>in</strong>kwasser (TWW) beg<strong>in</strong>nt und<br />

am Anschluss an die senkrecht verlaufende TWZ-Leitung endet. Die immer erforderliche E<strong>in</strong>regulierung des<br />

zusätzlichen Kreises mit e<strong>in</strong>em leistungsfähigen Regulierventil kann vorzugsweise im Bereich der Stockwerksabsperrungen<br />

vorgenommen werden → Abb. 99, unten.<br />

Wesentlich ungünstigere Voraussetzungen für E<strong>in</strong>regulierungsmaßnahmen ergeben sich, wenn durch Parallelschaltung<br />

von Zirkulationsleitungen <strong>in</strong>nerhalb der Stockwerks<strong>in</strong>stallation hydraulisch unnötige Zirkulationskreise<br />

erzeugt werden → Abb. 99, mitte. In solchen Systemen gel<strong>in</strong>gt die Temperaturhaltung oberhalb 55 °C bis zur<br />

Entnahmestelle <strong>in</strong> der Regel nicht.<br />

Die E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung e<strong>in</strong>er Vielzahl von Stockwerks<strong>in</strong>stallationen <strong>in</strong> e<strong>in</strong> größeres Zirkulationssystem hat zur Folge, dass<br />

sich <strong>in</strong> den pumpennahen Stockwerksregulierventilen unrealistische Regulierstellungen (sehr große Druckdifferenzen<br />

bei kle<strong>in</strong>sten Zirkulationsvolumenströmen) ergeben können. E<strong>in</strong>e mehrstufige E<strong>in</strong>regulierung aus e<strong>in</strong>em Thermostatventil<br />

<strong>in</strong> der Stockwerks<strong>in</strong>stallation und weiteren statischen Regulierventilen, z. B. am Fuß der Steigleitung<br />

und/oder auf e<strong>in</strong>em zentralen Zirkulationssammler kann hier Abhilfe schaffen → Abb. 99, unten.<br />

Bei e<strong>in</strong>er mehrstufigen E<strong>in</strong>regulierung ist zu beachten, dass sich im Zirkulationskreis immer nur e<strong>in</strong> thermostatisch<br />

gesteuertes Ventil bef<strong>in</strong>den darf. Zur Aufrechterhaltung der Ventilautorität muss dabei immer das erste Ventil im<br />

Zirkulationskreis e<strong>in</strong> Thermostatventil se<strong>in</strong>. Alle weiteren Ventile im Kreis dürfen dann nur noch über statische<br />

Drosselfunktionen verfügen → Abb. 99.<br />

150


4 Zirkulationssysteme<br />

4.4 Entwurfsgrundsätze und Nachweis der Funktion<br />

Abbildung 100: Pr<strong>in</strong>zipieller Aufbau e<strong>in</strong>es Zirkulationssystems mit e<strong>in</strong>er Temperaturhaltung bis zu den Entnahmestellen<br />

(Stockwerkszirkulation)<br />

Durch e<strong>in</strong>e Zirkulation bis zu den Entnahmestellen wird die wärmeabgebende Oberfläche des Rohrnetzes erheblich<br />

vergrößert. Damit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em solchen Fall die Temperaturen im gesamten Zirkulationssystem oberhalb von<br />

55 °C gehalten werden können, müssen höhere Zirkulationsvolumenströme fließen können als <strong>in</strong> konventionellen<br />

Anlagen. Selbst bei e<strong>in</strong>er bestmöglichen E<strong>in</strong>regulierung muss davon ausgegangen werden, dass der Zirkulationsvolumenstrom<br />

m<strong>in</strong>destens doppelt so groß werden muss, wie <strong>in</strong> konventionellen Zirkulationssystemen.<br />

i<br />

Bei e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>regulierung der Stockwerks<strong>in</strong>stallationen mit MultiTherm-Zirkulationsregulierventilen oder<br />

Regulierventilen mit vergleichbaren Kennl<strong>in</strong>ien ist der zur Temperaturhaltung erforderliche Zirkulationsvolumenstrom<br />

noch größer. Das ist darauf zurückzuführen, dass der m<strong>in</strong>imale kV-Wert dieses Ventils auf die<br />

Anforderungen im Steigleitungsbereich abgestimmt wurde. Werden solche Ventile <strong>in</strong> Stockwerks<strong>in</strong>stallationen<br />

e<strong>in</strong>gesetzt, fließen auch noch bei maximaler Drosselstellung unnötig große Volumenströme über die<br />

Stockwerks<strong>in</strong>stallationen ab. Da solche Verhältnisse <strong>in</strong> größeren Installationen für Krankenhäuser, Altenpflegeheime<br />

usw. zu unwirtschaftlichen Betriebsverhältnissen und zu Fehlfunktionen führen, wurde das Eta-<br />

Therm-Ventil entwickelt.<br />

Mit <strong>diesem</strong> Ventil kann auch bei komplex aufgebauten Systemen mit e<strong>in</strong>er Zirkulation bis zu den Entnahmestellen<br />

der Bemessungsgrundsatz des DVGW-Arbeitsblattes W 553, nach Temperaturhaltung oberhalb<br />

von 55 °C bei m<strong>in</strong>imalem Energiee<strong>in</strong>satz, aufrechterhalten werden.<br />

151


4 Zirkulationssysteme<br />

4.4 Entwurfsgrundsätze und Nachweis der Funktion<br />

Abbildung 101: Volumenströme <strong>in</strong> den Stockwerksleitungen (TWW/TWZ) bei e<strong>in</strong>er zweistufigen E<strong>in</strong>regulierung mit KEMPER EtaTherm-<br />

Zirkulationsregulierventilen DN 15 (E<strong>in</strong>stelltemperatur 58 °C) <strong>in</strong> den Stockwerks<strong>in</strong>stallationen und MultiFix DN 15 <strong>in</strong> den<br />

Steigleitungen (partiell)<br />

Abbildung 102: Betriebspunkt auf der Pumpenkennl<strong>in</strong>ie und Druckverlauf <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zirkulationskreis bei zweistufiger E<strong>in</strong>regulierung<br />

4.4.9 Obenliegende Zirkulations-Sammelleitung<br />

Bei allen bisher diskutierten Zirkulationssystemen werden die Zirkulationsleitungen parallel zur Warmwasserleitung<br />

verlegt. Unter Beibehaltung von Warmwassertemperaturen oberhalb von 55 °C kann e<strong>in</strong>e deutliche Reduzierung<br />

der Bereitschaftsverluste für die zentrale Warmwasserversorgung nur noch durch erhöhte Dämmmaßnahmen<br />

oder durch e<strong>in</strong>e Reduzierung der wärmeabgebenden Oberfläche der Leitungsanlage erreicht werden.<br />

E<strong>in</strong>e Verbesserung der Dämmung gegenüber den Anforderungen der EnEV [41] ist mit erheblichen Zusatzkosten<br />

verbunden und scheidet damit als geeignete bzw. naheliegende Maßnahme aus.<br />

E<strong>in</strong>e Reduzierung der wärmeabgebenden Rohroberfläche kann aber relativ e<strong>in</strong>fach durch andere Verteilungspr<strong>in</strong>zipien<br />

erreicht werden. Bei e<strong>in</strong>er „oberen Verteilung“ entfällt z. B. die Parallelverlegung von TWW- und TWZ-Leitungen<br />

im Bereich der Steigleitungen. Dadurch können der Leitungsaufwand und der Wasser<strong>in</strong>halt der Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation<br />

reduziert werden. Gleichzeitig verr<strong>in</strong>gert sich aber auch die Wärmeabgabe im Bereich der<br />

Steigschächte um m<strong>in</strong>destens 40 %. Da hier Kaltwasser- und Warmwasserleitungen auf engem Raum parallel<br />

152


4 Zirkulationssysteme<br />

4.4 Entwurfsgrundsätze und Nachweis der Funktion<br />

geführt werden müssen, kann dadurch die Kaltwassertemperatur auch <strong>in</strong> entnahmeschwachen Zeiten deutlich<br />

länger auf Temperaturen < 25 °C gehalten werden (→ Kapitel 1). Dieses Verteilungspr<strong>in</strong>zip liefert daher aus wirtschaftlicher<br />

und hygienischer Sicht sehr gute Grundvoraussetzungen für den Aufbau e<strong>in</strong>er Zirkulationsanlage. Es<br />

kann jedoch <strong>in</strong> den meisten Gebäuden nicht verwirklicht werden, da aus Platzgründen e<strong>in</strong>e Verlegung der TWW-<br />

Verteilungsleitung bzw. der TWZ-Sammelleitung im Dach- oder im letzten Obergeschoss nicht realisiert werden<br />

kann.<br />

E<strong>in</strong>e Alternative zu <strong>diesem</strong> energetisch und wirtschaftlich <strong>in</strong>teressanten Verteilungskonzept ist mit dem Pr<strong>in</strong>zip der<br />

Inl<strong>in</strong>er-Zirkulation gegeben, das über die gleichen Vorteile aber nicht über die pr<strong>in</strong>zipbed<strong>in</strong>gten Nachteile der<br />

„oberen Verteilung“ verfügt → Siehe “Untere Verteilung, Steigleitungen mit Zirkulations-Inl<strong>in</strong>ern” auf Seite 154.<br />

Abbildung 103: Pr<strong>in</strong>zipieller Aufbau e<strong>in</strong>es Zirkulationssystems „mit oberer Verteilung“<br />

153


4 Zirkulationssysteme<br />

4.4 Entwurfsgrundsätze und Nachweis der Funktion<br />

Abbildung 104: Volumenströme <strong>in</strong> den Steigleitungen bei e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>regulierung mit KEMPER EtaTherm-Zirkulationsregulierventilen DN 15<br />

(E<strong>in</strong>stelltemperatur 57 °C)<br />

4.4.10 Untere Verteilung, Steigleitungen mit Zirkulations-Inl<strong>in</strong>ern<br />

Bei e<strong>in</strong>er angestrebten temperaturgeführten E<strong>in</strong>regulierung über thermostatisch gesteuerte Ventile müssten bei<br />

Inl<strong>in</strong>er-Zirkulationen idealerweise die Zirkulationsregulierventile an den Stellen mit den niedrigsten Temperaturen,<br />

also am Kopf der Steigleitung, angeordnet werden. Da aus baulichen Gründen <strong>in</strong> <strong>diesem</strong> Bereich ke<strong>in</strong>e Ventiltechnik<br />

angeordnet werden kann, müssen auch <strong>in</strong> Zirkulationssystemen mit Inl<strong>in</strong>ern die Regulierventile im Bereich<br />

der Kellerverteilungsleitungen positioniert werden. Bei e<strong>in</strong>em entsprechenden konstruktiven Aufbau und e<strong>in</strong>er<br />

geeigneten Bemessung des Rohrnetzes (→ Kapitel 4.2.3 auf Seite 118) können Zirkulationssysteme mit Inl<strong>in</strong>ern<br />

<strong>in</strong> den Warmwasser-Steigleitungen mit MultiTherm oder auch mit EtaTherm-Zirkulationsregulierventilen e<strong>in</strong>reguliert<br />

werden, da die Reguliercharakteristik des Ventils sicherstellen kann, dass die Temperaturen am Kopf der<br />

Steigleitungen nicht unter die m<strong>in</strong>imale Auslegungstemperatur (z. B. 55 °C) abs<strong>in</strong>ken.<br />

i In Zirkulationssystemen größerer Ausdehnung oder langen Steigleitungen <strong>in</strong> Hochhaus<strong>in</strong>stallationen erzeugen<br />

die zur Temperaturhaltung erforderlichen größeren Volumenströme <strong>in</strong> den pumpenferneren Inl<strong>in</strong>ern mit<br />

der Abmessung 14 x 1,5 zu hohe Fließgeschw<strong>in</strong>digkeiten und damit auch zu hohe Druckverluste.<br />

154


Abbildung 105: Rohrreibungsdruckgefälle <strong>in</strong> PE-X Inl<strong>in</strong>ern mit der Abmessung 14 x 1,5<br />

4 Zirkulationssysteme<br />

4.4 Entwurfsgrundsätze und Nachweis der Funktion<br />

In derartigen Fällen ist es s<strong>in</strong>nvoll, den notwendigen Wärmestrom zur Temperaturhaltung der Zirkulationsleitungen<br />

im Keller über e<strong>in</strong>e Bypassleitung und nicht über die letzte Steigleitung zu führen (→ Abb. 106 und → Abb. 109).<br />

In der nachfolgenden Beispielberechnung kann durch diese Maßnahme der Zirkulationsvolumenstrom über den<br />

hydraulisch ungünstigsten Inl<strong>in</strong>er um ca. 40 % reduziert werden.<br />

155


4 Zirkulationssysteme<br />

4.4 Entwurfsgrundsätze und Nachweis der Funktion<br />

Abbildung 106: Pr<strong>in</strong>zipieller Aufbau e<strong>in</strong>es Zirkulationssystems mit Inl<strong>in</strong>ern <strong>in</strong> den Warmwasser-Steigleitungen<br />

Abbildung 107: Volumenströme <strong>in</strong> den Steigleitungen bei e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>regulierung mit KEMPER EtaTherm-Zirkulationsregulierventil DN 15<br />

(E<strong>in</strong>stelltemperatur 57 °C)<br />

156


Abbildung 108: Temperaturverläufe <strong>in</strong> Steigleitungen mit e<strong>in</strong>gezogenem Zirkulations-Inl<strong>in</strong>er<br />

Abbildung 109: Temperaturverlauf <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zirkulationskreis <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em System mit Zirkulations-Inl<strong>in</strong>ern<br />

4 Zirkulationssysteme<br />

4.4 Entwurfsgrundsätze und Nachweis der Funktion<br />

157


4 Zirkulationssysteme<br />

4.4 Entwurfsgrundsätze und Nachweis der Funktion<br />

Abbildung 110: Volumenströme <strong>in</strong> den Steigleitungen bei e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>regulierung mit KEMPER EtaTherm-Zirkulationsregulierventil DN 15<br />

(E<strong>in</strong>stelltemperatur 57 °C)<br />

4.4.11 Auswirkungen auf tr<strong>in</strong>kwasserhygienische und energetische Parameter<br />

Bereits mit dem konstruktiven Aufbau des Rohrnetzes und dem planerischen E<strong>in</strong>satz der erforderlichen Reguliertechnik<br />

werden die entscheidenden Merkmale für die Funktion und die Wirtschaftlichkeit e<strong>in</strong>er Warmwasserzirkulation<br />

festgelegt.<br />

Der Entwurf e<strong>in</strong>es Zirkulationssystems muss folgende grundsätzliche Zielsetzungen verfolgen:<br />

Reduzierung der wärmeabgebenden Oberfläche, <strong>in</strong>sbesondere im Bereich der Steigschächte, <strong>in</strong> denen<br />

Warmwasser- und Kaltwasserleitungen parallel verlegt werden müssen.<br />

Möglichst ger<strong>in</strong>ge Längenunterschiede zwischen den e<strong>in</strong>zelnen Zirkulationskreisen.<br />

Beseitigung von hydraulischen Kurzschlüssen durch E<strong>in</strong>satz geeigneter Reguliertechnik.<br />

Realisierung relativ großer Volumenströme <strong>in</strong> hydraulisch ungünstigen Steigleitungen.<br />

Wie die Auswertungen <strong>in</strong> → Tabelle 25 und → Abb. 111 verdeutlichen, s<strong>in</strong>d die Verteilungskonzepte mit reduzierter<br />

Rohroberfläche, wie die mit oberer Verteilung oder die mit Inl<strong>in</strong>er-Zirkulation <strong>in</strong> den Steigleitungen, <strong>in</strong> jeder<br />

Beziehung im Vorteil. Alle<strong>in</strong> durch den zielführenden konstruktiven Aufbau des Rohrnetzes können die Bereitschaftsverluste<br />

e<strong>in</strong>er Warmwasserversorgungsanlage bereits um ca. 40 % gesenkt werden. Verteilungskonzepte<br />

mit reduzierter Rohroberfläche bef<strong>in</strong>den sich damit energetisch auf dem Niveau von tr<strong>in</strong>kwasserhygienisch hoch<br />

bedenklichen Niedertemperaturkonzepten (Speicheraustrittstemperatur 48 °C) mit konventionellem Rohrnetzaufbau.<br />

Komb<strong>in</strong>iert man die Verteilungskonzepte mit reduzierter Rohroberfläche mit den hydraulischen und energetischen<br />

Vorteilen e<strong>in</strong>er „mittigen“ E<strong>in</strong>speisung, lassen sich bei deutlich ger<strong>in</strong>geren Herstellungskosten die Bereitschaftsverluste<br />

um m<strong>in</strong>destens 50 % gegenüber dem herkömmlichen Standard reduzieren.<br />

158


Tabelle 25: Auswirkungen des Rohrnetzaufbaus auf tr<strong>in</strong>kwasserhygienische und energetische Parameter<br />

Typ<br />

Temperatur im<br />

Speicheraustritt<br />

zugehöriges<br />

Anlagenschema<br />

4 Zirkulationssysteme<br />

4.4 Entwurfsgrundsätze und Nachweis der Funktion<br />

Abbildung 111: Auswirkungen des Verteilungskonzeptes auf die Wärmeverluste und den zur Temperaturhaltung erforderlichen Pumpenvolumenstrom<br />

Druckdifferenz der<br />

Zirkulationspumpe<br />

Pumpenvolumenstrom<br />

Wärmeverluste<br />

Wasser<strong>in</strong>halt des<br />

zirkulierenden<br />

Leitungssystems<br />

24 Steigleitungen mit 4 Obergeschossen °C - mbar l/h W Liter m2 e<strong>in</strong>seitig angeschlossen 60 → Abb. 82 auf<br />

Seite 139<br />

273 1501 7518 2434 74,3<br />

e<strong>in</strong>seitig angeschlossen mit<br />

60 → Abb. 82 auf 312 1178 5740 2289 72,7<br />

150 % Dämmung<br />

Seite 139<br />

e<strong>in</strong>seitig angeschlossen mit<br />

60 → Abb. 82 auf 279 1061 5077 2274 72,3<br />

200 % Dämmung<br />

Seite 139<br />

e<strong>in</strong>seitig angeschlossen<br />

60 → Abb. 96 auf 471 1688 8886 2928 91,5<br />

mit Tichelmann-Verteilung<br />

Seite 147<br />

mittig angeschlossen 60 → Abb. 93 auf<br />

Seite 145<br />

103 1175 6891 1531 61,0<br />

e<strong>in</strong>seitig angeschlossen mit oben<br />

60 → Abb. 103 auf 250 1027 5580 2112 61,7<br />

liegendem Zirkulationssammler<br />

Seite 153<br />

e<strong>in</strong>seitig angeschlossen mit<br />

60 → Abb. 106 auf 125 985 5582 2750 80,3<br />

Inl<strong>in</strong>ern <strong>in</strong> den Steigleitungen<br />

Seite 156<br />

e<strong>in</strong>seitig angeschlossen mit<br />

48 → Abb. 82 auf 248 976 5236 2283 71,7<br />

48 °C Speicheraustrittstemperatur<br />

Seite 139<br />

<strong>in</strong>nere Oberfläche<br />

159


4 Zirkulationssysteme<br />

4.5 Inbetriebnahme e<strong>in</strong>es Zirkulationssystems<br />

4.5 Inbetriebnahme e<strong>in</strong>es Zirkulationssystems<br />

Mit Inbetriebnahme der Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation müssen <strong>in</strong> der Zirkulationsanlage Temperaturkontrollmessungen<br />

durchgeführt werden. Die Ergebnisse müssen protokolliert und <strong>in</strong> die Betriebs- und Wartungsunterlagen aufgenommen<br />

werden.<br />

In der VDI-Richtl<strong>in</strong>ie 6023 Blatt 1, Juli 2006 ist im Abschnitt 4.9.3 folgende diesbezügliche Forderung enthalten:<br />

i Zirkulationssysteme s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sgesamt bzw. <strong>in</strong> Teilabschnitten abzugleichen. Die Temperaturen s<strong>in</strong>d an den<br />

Absperr-/Regulierventilen zu messen. Die E<strong>in</strong>haltung der nach DVGW W 551 geforderten Temperaturen ist<br />

zu dokumentieren.<br />

Die Temperaturmessungen müssen bei e<strong>in</strong>em Betriebszustand vorgenommen werden, der den Berechnungsvoraussetzungen<br />

entsprechen muss, d. h. bei stationären Verhältnissen. Dieser Zustand ist dadurch geprägt, dass<br />

sich die Temperaturen <strong>in</strong> der Anlage mit der Zeit nicht mehr ändern dürfen. Stationäre Verhältnisse stellen sich <strong>in</strong><br />

den „trägen“ Tr<strong>in</strong>kwasser-Zirkulationssystemen erst nach mehreren Stunden ohne Wasserentnahme e<strong>in</strong>. Wird die<br />

Speichertemperatur über e<strong>in</strong>en Zweipunktregler geregelt, muss bei den Temperaturkontrollen die Schaltdifferenz<br />

des Speicherthermostaten berücksichtigt werden. In „Großanlagen“ muss die Regelung der Speichertemperatur<br />

grundsätzlich stetig erfolgen (DVGW Arbeitsblatt W 551, Abschnitt 6.1). Bei e<strong>in</strong>er Speicheraustrittstemperatur<br />

von 60 °C müssen sich <strong>in</strong> der Zirkulationsanlage automatisch <strong>in</strong> etwa die berechneten Temperaturen e<strong>in</strong>stellen.<br />

Der Vergleich der Isttemperatur mit der berechneten Solltemperatur am Regulierventil liefert nicht nur e<strong>in</strong>fache<br />

Kontrollbed<strong>in</strong>gungen bei der Inbetriebnahme e<strong>in</strong>er neu erstellten Anlage, sondern vere<strong>in</strong>facht auch die notwendigen<br />

Wartungs-, Kontroll- und Inspektionsarbeiten im laufenden Betrieb. Die gängigen Zirkulationsregulierventile<br />

s<strong>in</strong>d aus <strong>diesem</strong> Grund mit Fühlertaschen für die Aufnahme e<strong>in</strong>es Messfühlers ausgestattet. Für die Vere<strong>in</strong>fachung<br />

von Kontroll- und Wartungsarbeiten ist es empfehlenswert, die Ventildaten und die Solltemperatur <strong>in</strong> den<br />

Wartungsanweisungen, den Bestandsplänen und auf den zugehörigen Ventil-Bezeichnungsschildern fest zu vermerken.<br />

160


5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme 1)<br />

5.1 Allgeme<strong>in</strong>es ............................................................................................................................... 162<br />

5.2 Beseitigung von Leitungen mit Stagnationswasser ................................................................ 162<br />

5.3 Des<strong>in</strong>fektionsmaßnahmen ........................................................................................................ 164<br />

5.3.1 Thermische Des<strong>in</strong>fektion bei nicht e<strong>in</strong>reguliertem System ............................................................ 164<br />

5.3.2 Thermische Des<strong>in</strong>fektion mit thermostatischen Zirkulationregulierventilen .................................... 166<br />

5.3.3 Nachweis der Temperaturen im Des<strong>in</strong>fektionsfall ........................................................................ 167<br />

5.3.4 Bauliche Maßnahmen zur Unterstützung der thermischen Des<strong>in</strong>fektion ....................................... 170<br />

5.3.5 Kritische Anmerkungen zur Des<strong>in</strong>fektion ..................................................................................... 171<br />

5.4 Temperaturerhöhung <strong>in</strong> bestehenden Warmwasserversorgungssystemen .......................... 172<br />

5.4.1 Örtliche Bestandsaufnahme ........................................................................................................ 172<br />

5.4.2 Temperaturmessungen ............................................................................................................... 174<br />

5.4.3 Volumenstrommessungen .......................................................................................................... 175<br />

5.4.4 Druckdifferenzmessungen .......................................................................................................... 176<br />

5.4.5 Fehlersuche und Fehlerquellen .................................................................................................... 178<br />

5.5 Nachuntersuchungen ............................................................................................................... 190<br />

1) Prof. Dipl.-Ing. Bernd Rickmann, Fachhochschule Münster, Fachbereich Energie, Gebäude, Umwelt<br />

161


5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme<br />

5.1 Allgeme<strong>in</strong>es<br />

5.1 Allgeme<strong>in</strong>es<br />

Im Sanierungsfall wird nach betriebstechnischen, bautechnischen und verfahrenstechnischen Maßnahmen unterschieden.<br />

Neben der Beseitigung von Leitungen mit stagnierendem Wasser kommt der Temperaturerhöhung im<br />

Warmwassersystem besondere Bedeutung zu.<br />

Wichtige Voraussetzung für die Erhöhung der Warmwassertemperaturen ist die Überprüfung der Leistungsfähigkeit<br />

der Tr<strong>in</strong>kwassererwärmungsanlage und der vorhandenen Zirkulationspumpe(n). Der zweite wichtige Schritt<br />

ist die Nachrüstung von Reguliertechnik <strong>in</strong> Abhängigkeit vom gegebenen Warmwasser-Verteilungspr<strong>in</strong>zip. Grundsätzlich<br />

gilt die Forderung, dass Regulierventile im Rohrnetz nur dort s<strong>in</strong>nvoll wirken können, wo „hydraulische<br />

Kurzschlüsse“ gegeben s<strong>in</strong>d. Durch mangelnden Strömungswiderstand fließt hier zu viel Wasser. Solche Zirkulationskreise<br />

f<strong>in</strong>det man immer <strong>in</strong> den pumpennahen Steigleitungen. Sie s<strong>in</strong>d gekennzeichnet durch hohe Entnahmetemperaturen<br />

an den angeschlossenen Armaturen und durch e<strong>in</strong>e sehr ger<strong>in</strong>ge Temperaturdifferenz zwischen<br />

Warmwasserleitung und zugehöriger Zirkulationsleitung.<br />

5.2 Beseitigung von Leitungen mit Stagnationswasser<br />

Nicht benötigte Rohrleitungen müssen unmittelbar am abzweigenden T-Stück abgetrennt werden. Es ist ferner zu<br />

prüfen, ob selten benutzte, zentral versorgte Entnahmestellen abgetrennt und diese Entnahmestellen nicht durch<br />

E<strong>in</strong>zel- oder Gruppen-TWE-Anlagen versorgt werden können.<br />

Absperrarmaturen <strong>in</strong> Entleerungsleitungen s<strong>in</strong>d unmittelbar an der Hauptleitung anzubr<strong>in</strong>gen → Abb. 112 und<br />

→ Abb. 113. Anschlussleitungen zu Be- und Entlüftern bei Sammelsicherungen sollten abgetrennt werden. Es<br />

s<strong>in</strong>d dann Entnahmearmaturen mit E<strong>in</strong>zelsicherung e<strong>in</strong>zubauen → Abb. 80 auf Seite 137.<br />

162


Abbildung 112: Entleerungsleitungen im Bereich von Steigleitungsabsperrungen mit Stagnationswasser<br />

Abbildung 113: Entleerungsleitungen im Bereich von Verteilern bzw. Sammlern<br />

5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme<br />

5.2 Beseitigung von Leitungen mit Stagnationswasser<br />

163


5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme<br />

5.3 Des<strong>in</strong>fektionsmaßnahmen<br />

5.3 Des<strong>in</strong>fektionsmaßnahmen<br />

Der Betreiber e<strong>in</strong>er Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation muss bei e<strong>in</strong>er mikrobiologischen Bee<strong>in</strong>trächtigung des Tr<strong>in</strong>kwassers<br />

unverzüglich Untersuchungen und Maßnahmen zur Abhilfe durchzuführen. Als „möglicherweise kontam<strong>in</strong>ierte<br />

Systeme“ gelten <strong>in</strong>sbesondere solche Systeme, die nicht den Anforderungen des DVGW-Arbeitsblattes W 551<br />

genügen. Wird bei e<strong>in</strong>er mikrobiologischen Untersuchung e<strong>in</strong>er Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation e<strong>in</strong>e Legionellenverkeimung<br />

festgestellt, werden aufe<strong>in</strong>ander abgestimmte Sanierungs- und/oder Des<strong>in</strong>fektionsmaßnahmen erforderlich.<br />

E<strong>in</strong>e relativ e<strong>in</strong>fache und schnell durchzuführende Möglichkeit warmwasserführende Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallationen<br />

zu des<strong>in</strong>fizieren, ist die thermische Des<strong>in</strong>fektion mit Wassertemperaturen oberhalb von 70 °C. Bei solchen<br />

Temperaturen werden Legionellen bereits nach kurzer Zeit abgetötet. Aus den vorgenannten Gründen wird <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em M<strong>in</strong>isterialblatt des Landes NRW zum umweltverträglichen Planen und Bauen von Wasser- und Abwasseranlagen<br />

<strong>in</strong> Liegenschaften des Landes NRW [42] festgestellt:<br />

„Es muss davon ausgegangen werden, dass Tr<strong>in</strong>kwasserversorgungsanlagen grundsätzlich e<strong>in</strong>er Legionellen-<br />

Kontam<strong>in</strong>ation unterliegen. Zur thermischen Des<strong>in</strong>fektion des Anlagensystems ist <strong>in</strong>tervallmäßiges Erwärmen zu<br />

ermöglichen“.<br />

Wegen der Grundsätzlichkeit dieser Feststellungen, sollte die Option e<strong>in</strong>er thermischen Des<strong>in</strong>fektionsmaßnahme<br />

<strong>in</strong> allen Installationen – also auch außerhalb des Gültigkeitsbereichs des zitierten M<strong>in</strong>isterialblattes – gegeben<br />

se<strong>in</strong>.<br />

Des<strong>in</strong>fektionsmaßnahmen müssen die gesamte Warmwasser<strong>in</strong>stallation e<strong>in</strong>schließlich der Entnahmearmaturen<br />

umfassen. Die thermische Des<strong>in</strong>fektion wird mit Aufheizen des Tr<strong>in</strong>kwassererwärmers auf Temperaturen über<br />

70 °C e<strong>in</strong>geleitet. Die Zirkulationspumpe muss während des Des<strong>in</strong>fektionsvorgangs im Dauerlauf betrieben<br />

werden. Während der Des<strong>in</strong>fektionsphase darf die Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation für den normalen Gebrauch nicht<br />

genutzt werden.<br />

5.3.1 Thermische Des<strong>in</strong>fektion bei nicht e<strong>in</strong>reguliertem System<br />

Bei e<strong>in</strong>er Temperatur ≥ 70 °C, gemessen am E<strong>in</strong>tritt der Zirkulation <strong>in</strong> den Speicher, wird im Allgeme<strong>in</strong>en unterstellt,<br />

dass damit auch das gesamte Zirkulationssystem des<strong>in</strong>fizierende Temperaturen aufweist. Diese Feststellung<br />

ist trügerisch, wie folgende Überlegung zeigt:<br />

Thermische Des<strong>in</strong>fektionsmaßnahmen werden <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie erforderlich, wenn Zirkulationssysteme nicht <strong>in</strong> der<br />

Lage s<strong>in</strong>d, die Temperaturen im Leitungsnetz oberhalb von 55 °C zu halten. Dies ist immer dann der Fall, wenn<br />

Zirkulationssysteme nicht e<strong>in</strong>reguliert wurden. Versucht man nun <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em nicht e<strong>in</strong>regulierten System des<strong>in</strong>fizierende<br />

Temperaturen zu erzeugen, führen die nach wie vor vorhandenen hydraulischen Kurzschlüsse dazu, dass<br />

zwar die Temperaturen im Speicherbereich Werte oberhalb von 70 °C annehmen, während <strong>in</strong> den pumpenferneren<br />

Teilstrecken die Temperaturen aber nach wie vor <strong>in</strong> kritischen Bereichen bleiben → Abb. 114.<br />

Auch die nach DVGW Arbeitsblatt W 551, Abschnitt 8.2.1 nache<strong>in</strong>ander durchzuführenden Zapfvorgänge zur<br />

Des<strong>in</strong>fektion der Anschlussleitungen erhöhen nur die Temperaturen <strong>in</strong> den am Zapfvorgang beteiligten Warmwasserleitungen<br />

auf Werte > 70 °C. Die zugehörigen Zirkulationsleitungen können auch <strong>in</strong> <strong>diesem</strong> Fall – meistens<br />

unbemerkt – nicht auf des<strong>in</strong>fizierende Temperaturen gebracht werden → Abb. 115. In den Leitungsbereichen, <strong>in</strong><br />

denen e<strong>in</strong>e Temperaturerhöhung wegen schwacher oder fehlender Durchströmung nicht gel<strong>in</strong>gt, kann auch bei<br />

164


5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme<br />

5.3 Des<strong>in</strong>fektionsmaßnahmen<br />

e<strong>in</strong>er chemischen Des<strong>in</strong>fektion e<strong>in</strong>e wirksame Konzentration an des<strong>in</strong>fizierenden Chemikalien nicht erreicht<br />

werden.<br />

Vor <strong>diesem</strong> H<strong>in</strong>tergrund wird klar, warum die Erfahrung zeigt, dass Des<strong>in</strong>fektionsmaßnahmen (thermisch oder<br />

chemisch) <strong>in</strong> der Regel nicht zielführend s<strong>in</strong>d, da sie die Ursachen der Besiedlung nicht elim<strong>in</strong>ieren können.<br />

Abbildung 114: Des<strong>in</strong>fektionsfall: Volumenströme über die Steigleitungen mit Temperaturverlauf <strong>in</strong> den Kellerverteilungsleitungen, nicht e<strong>in</strong>reguliert,<br />

Zirkulationspumpe (2)<br />

Abbildung 115: Des<strong>in</strong>fektionsfall mit Zapfvorgängen: Volumenströme über die Steigleitungen mit Temperaturverlauf <strong>in</strong> den Kellerverteilungsleitungen,<br />

nicht e<strong>in</strong>reguliert, Zirkulationspumpe (2)<br />

165


5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme<br />

5.3 Des<strong>in</strong>fektionsmaßnahmen<br />

5.3.2 Thermische Des<strong>in</strong>fektion mit thermostatischen Zirkulationregulierventilen<br />

E<strong>in</strong>e Temperatur > 70 °C, gemessen am Zirkulationsanschluss des Speichers, stellt nicht zwangsläufig sicher,<br />

dass sich im gesamten zirkulierenden Wassersystem tatsächlich auch überall des<strong>in</strong>fizierende Temperaturen e<strong>in</strong>gestellt<br />

haben. Notwendige Grundlage für e<strong>in</strong>e erfolgreiche Des<strong>in</strong>fektionsmaßnahme ist auch <strong>in</strong> <strong>diesem</strong> Fall e<strong>in</strong><br />

Zirkulationssystem, das sich durch gezielte E<strong>in</strong>regulierungsmaßnahmen im hydraulischen Gleichgewicht bef<strong>in</strong>det.<br />

Diese Feststellung gilt <strong>in</strong> gleichem Maße für Neu- wie auch für Altanlagen.<br />

Zirkulationssysteme werden heute aus funktionalen Gründen vorzugsweise über thermostatisch gesteuerte Zirkulationsregulierventile<br />

temperaturabhängig (automatisch) e<strong>in</strong>reguliert. Regulierventile, die mit Erreichen der am<br />

Ventil e<strong>in</strong>gestellten Temperatur von ca. 56 °C – 58 °C vollständig schließen und damit die Zirkulation unterbrechen<br />

→ Abb. 116, entsprechen dabei nicht mehr den Regeln der Technik (DVGW Arbeitsblatt W 553, Abschnitt<br />

5.3). Neben wesentlichen weiteren funktionalen Nachteilen machen sie e<strong>in</strong>e thermische Des<strong>in</strong>fektion praktisch<br />

unmöglich, da im Des<strong>in</strong>fektionsfall die Zirkulationspumpe gegen geschlossene Ventile arbeiten muss. Dadurch<br />

können des<strong>in</strong>fizierende Temperaturen im Zirkulationskreis nicht erreicht werden! Auch Zapfvorgänge können die<br />

Temperaturverhältnisse nur unwesentlich verbessern, da <strong>in</strong>sbesondere die Zirkulationsleitungen nicht über die<br />

E<strong>in</strong>stelltemperatur der Ventile h<strong>in</strong>aus erwärmt werden können.<br />

Abbildung 116: Regelcharakteristik e<strong>in</strong>es Ventils, das mit der e<strong>in</strong>gestellten Temperatur schließt und damit für e<strong>in</strong>e thermische Des<strong>in</strong>fektion<br />

ungeeignet ist<br />

Um <strong>diesem</strong> Mangel zu begegnen, wurde das MultiTherm-Zirkulationsregulierventil so konstruiert, dass neben<br />

e<strong>in</strong>er optimalen Regulierfunktion auch e<strong>in</strong>e thermische Des<strong>in</strong>fektion ohne manuelle E<strong>in</strong>griffe möglich ist.<br />

E<strong>in</strong> Messprotokoll aus e<strong>in</strong>em Armaturenprüfstand verdeutlicht die Funktionsweise → Abb. 77 auf Seite 134. Bis<br />

zu e<strong>in</strong>er Ventiltemperatur von ca. 50 °C ist das Ventil vollständig geöffnet. Zwischen 50 °C und dem e<strong>in</strong>gestellten<br />

Sollwert (z. B. 57 °C) werden temperaturabhängig Drosselstellungen aufgebaut. Mit Erreichen der E<strong>in</strong>stelltemperatur<br />

ergibt sich die maximal mögliche Drosselstellung des Ventils; auch <strong>in</strong> dieser Stellung fließt ständig e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>ger<br />

Zirkulationsvolumenstrom. Wird der Des<strong>in</strong>fektionsvorgang durch Aufheizen des Speichers auf Temperaturen<br />

oberhalb von 70 °C e<strong>in</strong>geleitet, erhöht sich dadurch zeitverzögert auch die Ventiltemperatur, unter Beibehaltung<br />

166


5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme<br />

5.3 Des<strong>in</strong>fektionsmaßnahmen<br />

der maximalen Drosselstellung. Ab ca. 63 °C öffnet das Ventil wieder und verbleibt bei e<strong>in</strong>er Temperatur von<br />

70 °C <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er konstanten Drosselstellung → Abb. 77. Die k V -Werte dieser Drosselstellungen wurden nennweitenabhängig<br />

so ausgelegt, dass sich auch <strong>in</strong> größeren Anlagen Des<strong>in</strong>fektionstemperaturen im gesamten zirkulierenden<br />

System e<strong>in</strong>stellen können.<br />

5.3.3 Nachweis der Temperaturen im Des<strong>in</strong>fektionsfall<br />

Die Simulation der thermischen Des<strong>in</strong>fektion für e<strong>in</strong> Zirkulationssystem nach → Abb. 82 auf Seite 139 zeigt beispielhaft,<br />

dass sich unter Beachtung der <strong>in</strong> → Kapitel 4.4 auf Seite 135 beschriebenen konstruktiven Regeln im<br />

gesamten zirkulierenden System des<strong>in</strong>fizierende Temperaturen oberhalb 70 °C e<strong>in</strong>stellen werden → Abb. 121 auf<br />

Seite 169. Die Fließdauer vom Speicheraustritt bis zum Wiedere<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> den Speicher über die Zirkulation ist anlagenabhängig.<br />

Die Berechnung der Fließdauer zeigt, dass es je nach Anlagengröße ungefähr 15 – 30 M<strong>in</strong>uten<br />

dauert, bis die hydraulisch ungünstigste Steigleitung des<strong>in</strong>fizierende Temperaturen angenommen hat. Es ist zu<br />

beachten, dass die im Des<strong>in</strong>fektionsfall erhöhte Übertemperatur zwischen Wasser und umgebender Luft ca. 30<br />

% höhere Wärmeverluste verursacht. Damit auch <strong>in</strong> <strong>diesem</strong> Fall der Temperaturabfall nicht größer wird als 5 K,<br />

muss im Zirkulationssystem e<strong>in</strong> entsprechend größerer Zirkulationsvolumenstrom fließen können → Abb. 118.<br />

Abbildung 117: Speicher- und Pumpenbetrieb im Des<strong>in</strong>fektionsfall<br />

i<br />

Die Zirkulationspumpe muss für den Des<strong>in</strong>fektionsfall über Leistungsreserven verfügen.<br />

Diese Leistungsreserve muss im Des<strong>in</strong>fektionsfall über e<strong>in</strong>e Erhöhung der Drehzahl oder durch Aufhebung der<br />

Drosselstellung e<strong>in</strong>es Regulierventils h<strong>in</strong>ter der Zirkulationspumpe abgerufen werden. Nach Beendigung des<br />

Des<strong>in</strong>fektionsvorgangs muss der ursprüngliche E<strong>in</strong>regulierungszustand wieder hergestellt werden. In größeren<br />

Anlagen s<strong>in</strong>d drehzahlgeregelte Zirkulationspumpen oder mehrstufige Pumpen mit flach verlaufenden Kennl<strong>in</strong>ien<br />

zu bevorzugen.<br />

167


5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme<br />

5.3 Des<strong>in</strong>fektionsmaßnahmen<br />

Abbildung 118: Betriebspunkt der Zirkulationspumpe im Des<strong>in</strong>fektionsfall<br />

Abbildung 119: Volumenströme <strong>in</strong> den Steigleitungen im Des<strong>in</strong>fektionsfall e<strong>in</strong>reguliert mit KEMPER MultiTherm-Zirkulationsregulierventil<br />

DN 15 (E<strong>in</strong>stelltemperatur 57 °C) und KEMPER MultiFix DN 15<br />

168


Abbildung 120: Protokoll der thermischen Des<strong>in</strong>fektion <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Simulationsrechnung<br />

Abbildung 121: Temperaturverlauf im ungünstigsten Zirkulationskreis bei e<strong>in</strong>er thermischen Des<strong>in</strong>fektion<br />

5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme<br />

5.3 Des<strong>in</strong>fektionsmaßnahmen<br />

169


5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme<br />

5.3 Des<strong>in</strong>fektionsmaßnahmen<br />

Abbildung 122: Thermische Des<strong>in</strong>fektion der Stockwerks<strong>in</strong>stallation durch Zapfvorgänge mit 70 °C über m<strong>in</strong>destens 3 M<strong>in</strong>uten<br />

S<strong>in</strong>d Speicher und Zirkulationswasser auf Des<strong>in</strong>fektionstemperatur, müssen <strong>in</strong> der Folge die Leitungsteile, die<br />

nicht <strong>in</strong> die Zirkulation e<strong>in</strong>gebunden s<strong>in</strong>d, wie Stockwerks- und E<strong>in</strong>zelzuleitungen, Schritt für Schritt thermisch<br />

des<strong>in</strong>fiziert werden. Nach den Festlegungen des DVGW Arbeitsblattes W 551 müssen alle Entnahmestellen für<br />

m<strong>in</strong>destens 3 M<strong>in</strong>uten mit m<strong>in</strong>destens 70 °C beaufschlagt werden. Temperatur und Zeitdauer s<strong>in</strong>d unbed<strong>in</strong>gt<br />

e<strong>in</strong>zuhalten!<br />

5.3.4 Bauliche Maßnahmen zur Unterstützung der thermischen Des<strong>in</strong>fektion<br />

Da bereits e<strong>in</strong> drei M<strong>in</strong>uten langer Zapfvorgang an e<strong>in</strong>er Entnahmearmatur m<strong>in</strong>destens 15 Liter – 40 Liter hochtemperiertes<br />

Wasser benötigt, muss davon ausgegangen werden, dass die für die Des<strong>in</strong>fektion erforderlichen<br />

Zapfvorgänge e<strong>in</strong>en erheblichen Wasser- und Energieverlust verursachen. Es liegt daher aus funktionaler und<br />

hygienischer Sicht nahe, e<strong>in</strong>e Zirkulation bis zu den Anschlüssen für die Entnahmearmaturen zu fordern. So s<strong>in</strong>d<br />

<strong>in</strong> maßgeblichen Regelwerken und Vorschriften folgende entsprechende Grundsätze enthalten:<br />

„Die Zirkulationsleitung ist möglichst nahe an den Objektanschluss zu führen“ [42].<br />

„Für die Installation von Systemen s<strong>in</strong>d Zirkulationsleitungen mit möglichst kurzen Verb<strong>in</strong>dungen zur Entnahmestelle<br />

anzustreben“ [43].<br />

Bei e<strong>in</strong>er konsequent aufgebauten Zirkulation bis <strong>in</strong> die Anschlüsse für die Entnahmearmaturen kann bei e<strong>in</strong>er<br />

gegebenenfalls durchzuführenden thermischen oder auch chemischen Des<strong>in</strong>fektionsmaßnahme auf langwierige<br />

Zapfvorgänge verzichtet werden.<br />

170


5.3.5 Kritische Anmerkungen zur Des<strong>in</strong>fektion<br />

5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme<br />

5.3 Des<strong>in</strong>fektionsmaßnahmen<br />

Verfahrenstechnische Maßnahmen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> erste L<strong>in</strong>ie als Sofortmaßnahmen zu sehen. E<strong>in</strong> dauerhafter Sanierungserfolg<br />

ist häufig nur <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation mit bautechnischen Maßnahmen zu sehen. E<strong>in</strong>e kont<strong>in</strong>uierliche Zugabe<br />

von chemischen Des<strong>in</strong>fektionsmitteln ist nicht zweckmäßig [4].<br />

Durch Des<strong>in</strong>fektionsmaßnahmen werden die <strong>Werk</strong>stoffe der Tr<strong>in</strong>kwasser-Installation erheblich beansprucht und<br />

damit die Zeitstandfestigkeit des Rohrnetzes herabgesetzt. So wird z. B. bei der thermischen Des<strong>in</strong>fektion von<br />

metallischen Rohrleitungssystemen die Deckschicht zwangsläufig beschädigt, da sie sich nicht <strong>in</strong> gleicher Weise<br />

wie die Rohrleitung ausdehnen kann. An den Schadstellen können Korrosionsvorgänge ablaufen, die sich zu Korrosionsschäden<br />

weiterentwickeln können. Die Verhältnisse bei e<strong>in</strong>er chemischen Des<strong>in</strong>fektion s<strong>in</strong>d ebenfalls problematisch,<br />

da verbleibende Des<strong>in</strong>fektionsmittelreste Lokalelemente stabilisieren und besonders <strong>in</strong> Spalten, an<br />

Schweiß- bzw. Lötstellen usw. örtliche Korrosionen hervorrufen können. Auch Rohrleitungssysteme aus Kunststoff<br />

und die Dichtungselemente <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dungen und Armaturen werden sowohl bei der thermischen als auch<br />

bei e<strong>in</strong>er chemischen Des<strong>in</strong>fektion angegriffen.<br />

Aus guten Gründen wird im DVGW Arbeitsblatt W 551 gefordert, dass vor Anwendung e<strong>in</strong>er verfahrenstechnischen<br />

Maßnahme sichergestellt werden muss, dass alle Teile des Rohrleitungssystems temperaturbeständig<br />

bzw. chemisch beständig und für die Durchführung der Maßnahmen geeignet s<strong>in</strong>d.<br />

Im Jahr 2007 veröffentlichte Beschlüsse des DVGW weisen deutlich auf die Probleme bei der Anwendung verfahrenstechnischer<br />

Maßnahmen h<strong>in</strong>:<br />

DVGW-Lenkungskomitee 3 „Wasserverwendung“:<br />

Es ist grundsätzlich nicht s<strong>in</strong>nvoll, bei hygienisch auffälligen Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallationen e<strong>in</strong>e permanente oder<br />

prophylaktische Zugabe von Des<strong>in</strong>fektionsmitteln vorzunehmen. Solche Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallationen gehören<br />

saniert. Der E<strong>in</strong>satz von Des<strong>in</strong>fektionsmitteln kann nur als schnelle, kurzfristige Notmaßnahme toleriert<br />

werden, jedoch ist die dauerhafte Zugabe nicht zielführend.<br />

DVGW-Technisches Komitee „Wasseraufbereitung“:<br />

E<strong>in</strong>e prophylaktische Des<strong>in</strong>fektion von Tr<strong>in</strong>kwasser-Installationen, die nach den Regeln der Technik errichtet<br />

und betrieben werden, ist jedoch weder notwendig noch s<strong>in</strong>nvoll und widerspricht dem M<strong>in</strong>imierungsgebot<br />

der Tr<strong>in</strong>kwasserverordnung. Es bestehen zu dem erhebliche Zweifel, ob dauerhaft e<strong>in</strong>e erfolgreiche Des<strong>in</strong>fektion<br />

<strong>in</strong> Tr<strong>in</strong>kwasser-Installationen unter E<strong>in</strong>haltung der Randbed<strong>in</strong>gungen der Tr<strong>in</strong>kwasserverordnung <strong>in</strong>sbesondere<br />

h<strong>in</strong>sichtlich der zulässigen Restgehalte an Des<strong>in</strong>fektionsmittel und der zulässigen Gehalte an Reaktionsprodukten<br />

am Zapfhahn der Verbraucher überhaupt möglich ist. In ke<strong>in</strong>em Fall ersetzt e<strong>in</strong>e Des<strong>in</strong>fektion<br />

e<strong>in</strong>e Sanierung e<strong>in</strong>er maroden lnstallationsanlage.<br />

171


5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme<br />

5.4 Temperaturerhöhung <strong>in</strong> bestehenden Warmwasserversorgungssystemen<br />

5.4 Temperaturerhöhung <strong>in</strong> bestehenden<br />

Warmwasserversorgungssystemen<br />

Nach DVGW Arbeitsblatt W 551 soll jede „betriebstechnische“ bzw. „bautechnische“ Sanierungsmaßnahme dazu<br />

führen, dass die Warmwassertemperatur im gesamten zirkulierenden System wie bei Neuanlagen 55 °C nicht<br />

unterschreitet. Dabei s<strong>in</strong>d die Belange der EnEV zu berücksichtigen.<br />

Die folgenden Ausführungen fassen die Erfahrungen zusammen, die bei der Durchführung von Sanierungsmaßnahmen<br />

zur Temperaturerhöhung <strong>in</strong> bestehenden Warmwasserversorgungssystemen bisher gesammelt werden<br />

konnten.<br />

5.4.1 Örtliche Bestandsaufnahme<br />

Vor Beg<strong>in</strong>n von baulichen Maßnahmen sollte immer e<strong>in</strong>e umfassende örtliche Bestandsaufnahme des zu sanierenden<br />

Warmwassersystems vorgenommen werden. Nach den DVGW-Arbeitsblättern soll die Dokumentation<br />

zunächst – sofern vorhanden – auf Grundlage der Bestandspläne, der Anlagenbeschreibung, der Anlagendaten<br />

und der Wartungs- und Bedienungsanleitungen erfolgen.<br />

Liegen diese Informationen nicht vor, ist e<strong>in</strong>e zeichnerische Darstellung der Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />

mit den Grundrissplänen und den Gebäudeschnitten zu erstellen. Muss e<strong>in</strong> Strang-/Schaltschema neu erstellt<br />

werden, ist e<strong>in</strong>e Darstellung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em CAD-System empfehlenswert, das auch e<strong>in</strong>e Berechnung bzw. e<strong>in</strong>e Simulation<br />

der hydraulischen bzw. thermischen Verhältnisse <strong>in</strong> der Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation ermöglicht → Abb. 123. Die<br />

Datenerfassung sollte m<strong>in</strong>destens folgende Informationen enthalten:<br />

Tr<strong>in</strong>kwassererwärmungssystem<br />

– Wärmeübertrager<br />

– Speicher<br />

– Abmessungen<br />

– Leistungsdaten<br />

Leitungsanlage<br />

– Leitungsverlauf<br />

– Rohrwerkstoffe<br />

– Nennweiten<br />

– Dämmmaterial<br />

– Dämmstärke<br />

– Absperrarmaturen, Sicherungsarmaturen, Regulierarmaturen<br />

– Entnahmearmaturen<br />

– Messe<strong>in</strong>richtungen<br />

– Regel- und Steuergeräte<br />

Wasseraufbereitungsanlagen<br />

172


Abbildung 123: Berechnungsaktives Strang-/Schaltschema <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em CAD-System<br />

5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme<br />

5.4 Temperaturerhöhung <strong>in</strong> bestehenden Warmwasserversorgungssystemen<br />

Im Zuge der örtlichen Bestandsaufnahme s<strong>in</strong>d die Temperaturen im Kaltwasser-, Warmwasser- und im Zirkulationssystem<br />

zu messen und zu dokumentieren. Der Aufwand für die messtechnische Ermittlung der Warmwassertemperaturen<br />

im zirkulierenden System e<strong>in</strong>er ausgeführten Anlage kann durch die Ergebnisse e<strong>in</strong>er Simulationsrechnung<br />

reduziert bzw. vollständig ersetzt werden.<br />

Zur Kontrolle des Wasserverbrauchs und zur Ermittlung des Zirkulationsvolumenstroms s<strong>in</strong>d an geeigneten<br />

Stellen Volumenstrommessgeräte e<strong>in</strong>zubauen. Vorhandene Kontroll-Rohrstücke s<strong>in</strong>d auf Ablagerungen und Korrosionsersche<strong>in</strong>ungen<br />

h<strong>in</strong> zu überprüfen.<br />

173


5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme<br />

5.4 Temperaturerhöhung <strong>in</strong> bestehenden Warmwasserversorgungssystemen<br />

5.4.2 Temperaturmessungen<br />

Liegen Berechnungsergebnisse e<strong>in</strong>er Simulationsrechnung nicht vor, müssen Temperaturmessungen am Speicher<br />

und an der Oberfläche der frei zugänglichen Ventile <strong>in</strong> den Zirkulationsleitungen durchgeführt werden. Diese<br />

Temperaturmessungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Regel ausreichend, um die Temperaturverteilung im Zirkulationssystem zu<br />

beschreiben, ohne dass Dämmmaterial demontiert werden muss. Temperaturmessungen an den Steigleitungs-<br />

Absperrventilen der Zirkulation ermöglichen bereits e<strong>in</strong>e verlässliche Aussage über die Funktionsschwächen der<br />

zu sanierenden Anlage → Abb. 124 und → Abb. 126. Diese Messungen lassen sich mit e<strong>in</strong>fachen Oberflächentemperaturmessgeräten<br />

mit digitaler Anzeige durchführen → Abb. 125. Es muss im Normalfall Wärmeleitpaste<br />

e<strong>in</strong>gesetzt werden, um die Qualität der Messergebnisse sicherzustellen, und um mögliche Fehlmessungen zu<br />

verh<strong>in</strong>dern. Da die Messungen meistens nicht im idealen Beharrungszustand durchgeführt werden können,<br />

dürfen die Messergebnisse nicht über<strong>in</strong>terpretiert werden.<br />

Der zeitliche Aufwand für e<strong>in</strong>e solche Temperaturmesskampagne ist <strong>in</strong> der Regel höher als die Durchführung<br />

e<strong>in</strong>er Simulationsrechnung.<br />

Abbildung 124: Zu bevorzugende Temperaturmesspunkte<br />

Abbildung 125: Digitales Temperaturmessgerät mit Oberflächenfühler<br />

174


5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme<br />

5.4 Temperaturerhöhung <strong>in</strong> bestehenden Warmwasserversorgungssystemen<br />

Abbildung 126: Ergebnis e<strong>in</strong>er Temperaturmessung an den Zirkulations-Absperrventilen im Steigleitungsbereich [44]<br />

5.4.3 Volumenstrommessungen<br />

Messwertgeber für die Messung des Zirkulationsvolumenstroms s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> älteren Leitungsanlagen <strong>in</strong> der Regel<br />

nicht vorhanden. Eventuell vorhandene Wasserzähler <strong>in</strong> der Kaltwasserzuleitung zum Tr<strong>in</strong>kwassererwärmer<br />

können mit Zusatze<strong>in</strong>richtungen bestenfalls zur Überprüfung der Leistungsfähigkeit des Tr<strong>in</strong>kwassererwärmungssystems<br />

herangezogen werden. Sie liefern aber ke<strong>in</strong>e Informationen zur Beurteilung der Zirkulation.<br />

Volumenstrommessungen im zirkulierenden System s<strong>in</strong>d immer aufwendig, da Messwertgeber <strong>in</strong> die Leitungsanlage<br />

e<strong>in</strong>gebaut werden müssen. Volumenstrommessverfahren auf Ultraschallbasis → Abb. 127 kommen im<br />

mobilen E<strong>in</strong>satz zwar ohne e<strong>in</strong>gebauten Messwertgeber und damit ohne E<strong>in</strong>griffe <strong>in</strong> die Leitungsanlage aus, s<strong>in</strong>d<br />

aber <strong>in</strong> der Anschaffung sehr teuer und eignen sich nicht für kont<strong>in</strong>uierliche Kontrollen im laufenden Betrieb.<br />

Im Zirkulationskreis permanent e<strong>in</strong>gebaute Messwertgeber dürfen ke<strong>in</strong>en nennenswerten Druckverlust verursachen,<br />

damit die Zirkulation nicht ungünstig bee<strong>in</strong>flusst wird. Damit fallen e<strong>in</strong>fache Volumenstrommessverfahren,<br />

die mit Messblenden, Düsen oder Flügelrädern arbeiten, für diesen Zweck aus. Alternative, druckverlustarme<br />

Volumentstrommessgeräte s<strong>in</strong>d erhältlich. Aus <strong>diesem</strong> Grund wurden neuartige, druckverlustarme Volumenstrommessverfahren<br />

entwickelt, die zwar den E<strong>in</strong>griff <strong>in</strong> die Leitungsanlage für den E<strong>in</strong>bau e<strong>in</strong>es Messwertgebers<br />

erfordern, die aber <strong>in</strong>sgesamt e<strong>in</strong>e preiswerte und leistungsfähige Alternative zu anderen Volumenstrommessverfahren<br />

darstellen, da der E<strong>in</strong>bau <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation mit Absperr- oder Reguliertechnik und die Messwertanzeige<br />

digital über e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en Messcomputer erfolgen kann → Abb. 128.<br />

175


5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme<br />

5.4 Temperaturerhöhung <strong>in</strong> bestehenden Warmwasserversorgungssystemen<br />

Abbildung 127: Ultraschallmessgerät im E<strong>in</strong>satz<br />

Abbildung 128: Durchflussmesswertgeber KEMPER-Control (Fig. 138) mit mobilem Messcomputer <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation mit KEMPER MultiFix<br />

(Fig. 150)<br />

5.4.4 Druckdifferenzmessungen<br />

Die verfügbare Druckdifferenz <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em zu sanierenden Zirkulationsleitungssystem kann mit e<strong>in</strong>em Druckdifferenzmanometer<br />

ermittelt werden. Die Schlauchanschlüsse für die Druckabnahme können im e<strong>in</strong>fachsten Fall an vorhandenen<br />

Entleerungsventilen angeschlossen werden. Die Druckabnahme muss jeweils auf der Druck- und auf<br />

der Saugseite der Zirkulationspumpe erfolgen. Wird die Differenz zwischen der abgehenden bzw. ankommenden<br />

Leitung an e<strong>in</strong>em Verteilerstock gemessen, wird der Druckabfall im Tr<strong>in</strong>kwassererwärmer nicht erfasst, sondern<br />

es wird nur die für die Überw<strong>in</strong>dung von Netzwiderständen tatsächlich verfügbare Druckdifferenz ermittelt.<br />

176


5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme<br />

5.4 Temperaturerhöhung <strong>in</strong> bestehenden Warmwasserversorgungssystemen<br />

Abbildung 129: Messtechnische Ermittlung der verfügbaren Druckdifferenz und des Zirkulationsvolumenstroms für e<strong>in</strong>e Zirkulationszone<br />

Abbildung 130: Druckdifferenzmessung zwischen Warmwasserverteiler und Zirkulationssammler mit Druckmessdose (Druckabnahme an<br />

vorhandenen Entleerungsventilen)<br />

Die Messung der verfügbaren Druckdifferenz ist erforderlich, wenn mehrere Pumpen h<strong>in</strong>tere<strong>in</strong>ander und/oder<br />

auch parallel geschaltet s<strong>in</strong>d und es damit nicht möglich ist, über die Kenntnis der Kennl<strong>in</strong>ie e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zelnen<br />

Pumpe verlässliche Schlüsse über den Betriebspunkt zu ziehen. Insbesondere <strong>in</strong> älteren Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallationen,<br />

z. B. <strong>in</strong> Krankenhäusern, s<strong>in</strong>d solche Anlagenverhältnisse eher die Normalität. Bei der Messung sollte auch<br />

auf Druckschwankungen geachtet werden, die auf das E<strong>in</strong>- bzw. Ausschalten von Pumpen h<strong>in</strong>deuten. Im besten<br />

Falle sollten die Messdaten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Datenlogger geschrieben werden, damit sie für weitere Auswertungen und<br />

Dokumentationen zur Verfügung stehen (→ Abb. 130).<br />

177


5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme<br />

5.4 Temperaturerhöhung <strong>in</strong> bestehenden Warmwasserversorgungssystemen<br />

5.4.5 Fehlersuche und Fehlerquellen<br />

E<strong>in</strong>e Erhöhung der Temperaturen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em zu sanierenden Zirkulationssystem auf mehr als 55 °C setzt voraus,<br />

dass die Tr<strong>in</strong>kwassererwärmungsanlage <strong>in</strong> der Lage ist, Temperaturen am Austritt aus dem Speicher von kont<strong>in</strong>uierlich<br />

60 °C zur Verfügung zu stellen. Wie die Erfahrung zeigt, ist diese Temperaturkonstanz gerade bei älteren<br />

Tr<strong>in</strong>kwasser-Erwärmungsanlagen nicht zwangsläufig gegeben, da u. U. Wärmetauscher verkalkt s<strong>in</strong>d und/oder<br />

die für die Speicherladefunktion erforderliche Hydraulik nicht mehr funktionsfähig ist.<br />

i Im Sanierungsfall ist e<strong>in</strong>e vollständige Überprüfung der Funktion e<strong>in</strong>er Tr<strong>in</strong>kwassererwärmungsanlage unerlässlich.<br />

Tr<strong>in</strong>kwassererwärmungsanlage<br />

Die Funktionsweise bzw. die Leistungsfähigkeit der TWE-Anlage kann am besten beurteilt werden, wenn die<br />

Speicheraustrittstemperaturen und der Kaltwasservolumenstrom über e<strong>in</strong>en längeren Zeitraum (m<strong>in</strong>destens<br />

e<strong>in</strong>en Tag) gemessen und protokolliert werden.<br />

Abbildung 131: Messpunkte für die Beurteilung der Funktion und Leistungsfähigkeit e<strong>in</strong>er TWE<br />

Gelegentlich zeigen die Messdaten, dass die Speicheraustrittstemperaturen auffälligen Schwankungen unterliegen,<br />

die <strong>in</strong> ihrer Amplitude vom entnommenen Volumenstrom abhängig s<strong>in</strong>d → Abb. 132. Solche Messergebnisse<br />

überraschen <strong>in</strong>sbesondere dann, wenn Speichervolumen offensichtlich im Überfluss vorhanden ist.<br />

Ursache für dieses Verhalten ist häufig e<strong>in</strong>e zu leistungsstarke Ladepumpe, die die Bedarfsdeckung bei Spitzenentnahmen<br />

über den Speicher verh<strong>in</strong>dert. Wenn der Wärmetauscher nicht mehr <strong>in</strong> der Lage ist den Entnahmevolumenstrom<br />

im Durchfluss direkt zu erwärmen, fallen die Warmwassertemperaturen unter 60 °C. Durch E<strong>in</strong>drosseln<br />

e<strong>in</strong>er Absperre<strong>in</strong>richtung direkt vor oder h<strong>in</strong>ter der Ladepumpe kann <strong>in</strong> solchen Fällen der Speicher für die<br />

Bedarfsdeckung bei Spitzenentnahme aktiviert werden. Können so die verbrauchsabhängigen Temperaturschwankungen<br />

erkennbar reduziert werden, muss e<strong>in</strong>e Ladepumpe mit ger<strong>in</strong>gerer Leistung <strong>in</strong>stalliert werden,<br />

oder es muss e<strong>in</strong> Regulierventil e<strong>in</strong>gebaut werden, das e<strong>in</strong>e reproduzierbare und dauerhafte Drosselstellung<br />

ermöglicht.<br />

178


5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme<br />

5.4 Temperaturerhöhung <strong>in</strong> bestehenden Warmwasserversorgungssystemen<br />

Abbildung 132: Messwertaufzeichnungen für den Kaltwasservolumenstrom und die Warmwasseraustrittstemperatur aus e<strong>in</strong>er Tr<strong>in</strong>kwassererwärmungsanlage<br />

(Speicher-Ladesystem) mit starken Temperaturschwankungen<br />

Abbildung 133: Speicher-Ladesystem mit konstanter Speicheraustrittstemperatur<br />

Im Sanierungsfall muss <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ersten Schritt durch „betriebstechnische“ und/oder „bautechnische“ Maßnahmen<br />

für e<strong>in</strong>e konstante Speicheraustrittstemperatur von 60 °C gesorgt werden → Abb. 133.<br />

179


5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme<br />

5.4 Temperaturerhöhung <strong>in</strong> bestehenden Warmwasserversorgungssystemen<br />

Abschalten der Zirkulationspumpe<br />

Nur bei hygienisch e<strong>in</strong>wandfreien Verhältnissen dürfen Zirkulationspumpen für max. 8 Stunden abgeschaltet<br />

werden (DVGW W 551, Abschnitt 6.4). Im Falle e<strong>in</strong>er erforderlichen Sanierungsmaßnahme müssen die Zirkulationspumpen<br />

kont<strong>in</strong>uierlich durchlaufen.<br />

Abbildung 134: Temperaturabfall <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zirkulationssystem durch Abschalten der Zirkulationspumpe <strong>in</strong> den Nachtstunden<br />

Rückströmungen, Fehlzirkulation<br />

Abbildung 135: Messwertaufzeichnungen für den Kaltwasservolumenstrom und die Warmwasseraustrittstemperatur aus e<strong>in</strong>er Tr<strong>in</strong>kwassererwärmungsanlage<br />

(Speicher-Ladesystem) mit Rückströmungen aus dem Speicher <strong>in</strong> die Anschlussleitung der TWE-<br />

Anlage<br />

180


5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme<br />

5.4 Temperaturerhöhung <strong>in</strong> bestehenden Warmwasserversorgungssystemen<br />

Die vorbeschriebenen Langzeit-Volumenstrom- bzw. Temperaturmessungen liefern wichtige Informationen für die<br />

durchgreifende Sanierung der Warmwasser-Versorgungsanlage. Aus → Abb. 135 s<strong>in</strong>d beispielsweise Rückströmungen<br />

über den Speicher <strong>in</strong> die Anschlussleitung der TWE-Anlage zu erkennen, deren Ursache e<strong>in</strong> defekter<br />

Rückflussverh<strong>in</strong>derer und e<strong>in</strong>e falsch e<strong>in</strong>gebaute Zirkulationspumpe auf dem Zirkulationssammler waren.<br />

Zu ger<strong>in</strong>ger Zirkulationsvolumenstrom<br />

i E<strong>in</strong>regulierungsmaßnahmen werden nur dann von Erfolg gekrönt se<strong>in</strong>, wenn die Zirkulationspumpe(n) <strong>in</strong> der<br />

Lage ist (s<strong>in</strong>d), e<strong>in</strong>en ausreichenden Zirkulationsvolumenstrom gegen den Netzwiderstand zu transportieren.<br />

Liegt bei e<strong>in</strong>em nicht e<strong>in</strong>regulierten Zirkulationssystem, mit e<strong>in</strong>er konstanten Speicheraustrittstemperatur von<br />

60 °C, die aus dem System zurückkehrende Zirkulationstemperatur nicht über den geforderten 55 °C, fließt e<strong>in</strong><br />

zu ger<strong>in</strong>ger Zirkulationsvolumenstrom → Abb. 137.<br />

Abbildung 136: Messpunkte für den Zirkulationsvolumenstrom und die Temperatur der Zirkulation am Wiedere<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> die TWE-Anlage<br />

Abbildung 137: Zu ger<strong>in</strong>ger Zirkulationsvolumenstrom mit e<strong>in</strong>er Zirkulationstemperatur < 55 °C<br />

181


5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme<br />

5.4 Temperaturerhöhung <strong>in</strong> bestehenden Warmwasserversorgungssystemen<br />

Bevor weitere Maßnahmen ergriffen werden können, muss die Ursache für den zu ger<strong>in</strong>gen Zirkulationsvolumenstrom<br />

ermittelt und beseitigt werden.<br />

Zirkulationspumpen<br />

Bei der Überprüfung der verfügbaren Pumpenleistung ist zu beachten, dass bei h<strong>in</strong>tere<strong>in</strong>ander geschalteten Zirkulationspumpen<br />

unterschiedlicher Größe, kle<strong>in</strong>ere Pumpen häufig nur als Strömungswiderstand fungieren und<br />

damit ke<strong>in</strong>en Beitrag für die Erhöhung des Zirkulationsvolumenstromes leisten können. Die Erfahrung zeigt, dass<br />

Sanierungsmaßnahmen zur Temperaturerhöhung leichter gel<strong>in</strong>gen, wenn mehr oder weniger unkoord<strong>in</strong>iert h<strong>in</strong>tere<strong>in</strong>ander-<br />

und parallel geschaltete Pumpen ausgebaut werden und nur e<strong>in</strong>e leistungsfähige Zirkulationspumpe an<br />

zentraler Stelle im System wirksam bleibt → Abb. 138.<br />

Abbildung 138: Anordnung von Zirkulationspumpen<br />

E<strong>in</strong>e Abschätzung der erforderlichen Druckdifferenz und des Volumenstromes zur Größenbestimmung e<strong>in</strong>er<br />

geeigneten Zirkulationspumpe ist mit e<strong>in</strong>er Überschlagsrechnung möglich. In Zirkulationssystemen ohne größere<br />

Inkrustationen kann der Druckverlust <strong>in</strong> den Rohrleitungen und E<strong>in</strong>zelwiderständen des längsten Zirkulationskreises<br />

mit R m ≈ 1,5 – 2 mbar/m genügend genau abgeschätzt werden. Über stärkere Inkrustationen <strong>in</strong>formieren<br />

Kontrollrohrstücke, die nach den DVGW Anforderungen im System vorhanden se<strong>in</strong> sollten. Gegebenenfalls muss<br />

e<strong>in</strong> höherer Druckabfall pro Meter Rohrleitung unterstellt und berücksichtigt werden:<br />

∆p p =<br />

Rm ⋅ Iges + ∆p RV + ∆p Ap<br />

Gleichung 31<br />

hier<strong>in</strong> bedeuten:<br />

∆pP überschläglich ermittelte Pumpendruckdifferenz <strong>in</strong> mbar<br />

Rm mittleres Rohrreibungsdruckgefälle <strong>in</strong> mbar/m<br />

Iges Länge des ungünstigsten (längsten) Zirkulationskreises <strong>in</strong> m<br />

∆pRV Druckverlust <strong>in</strong> Rückflussverh<strong>in</strong>derern <strong>in</strong> mbar<br />

∆pAp Druckverlust <strong>in</strong> Wärmetauschern oder anderen Apparaten <strong>in</strong> mbar<br />

182


5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme<br />

5.4 Temperaturerhöhung <strong>in</strong> bestehenden Warmwasserversorgungssystemen<br />

Neben der Druckdifferenz muss auch der erforderliche Zirkulationsvolumenstrom der Pumpe überschlägig<br />

berechnet werden:<br />

V · P<br />

Σ Iges,Z q · ( ⋅ W)<br />

=<br />

----------------------------------ρ<br />

⋅ c ⋅ ∆ϑW Gleichung 32<br />

hier<strong>in</strong> bedeuten:<br />

Σ(Iges,Z · qW) Summe der Wärmeverluste über die Oberfläche aller an der Zirkulation beteiligten Leitungen (TWW + TWZ) <strong>in</strong> W<br />

ρ Dichte des Wassers (ρ ≈1kg/m3 )<br />

c spezifische Wärmekapazität von Wasser (c ≈ 1,2 Wh/(kg ⋅K))<br />

∆ϑW zugelassener Temperaturabfall zwischen Austritt und Wiedere<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> den Tr<strong>in</strong>kwassererwärmer ∆ϑW,max = 5 K<br />

Zur Ermittlung des Gesamtwärmeverlustes e<strong>in</strong>er bestehenden Anlage müssen neben der Leitungslänge noch der<br />

Dämmstoff und die Dämmschichtdicke bekannt se<strong>in</strong>. Nach den Anforderungen aus den DVGW-Arbeitsblättern<br />

zur „örtlichen Bestandsaufnahme“ müssten die für die Berechnung erforderlichen Daten bekannt se<strong>in</strong>. Da ältere<br />

Anlagen <strong>in</strong> der Regel die Anforderungen aus der EnEV nicht erfüllen, müssen die Wärmeverluste unter Verwendung<br />

der anlagenspezifischen Werte differenziert berechnet werden (siehe z. B. Tabellensammlung unter<br />

→ www.geberit.de oder → datenservice.kemper-olpe.de).<br />

Abbildung 139: Vorhandene Dämmung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Sanierungsobjekt [45]<br />

Liefert die „örtliche Bestandsaufnahme“ die für e<strong>in</strong>e differenzierte Berechnung erforderlichen Daten nicht oder<br />

nicht <strong>in</strong> erforderlicher Qualität, muss e<strong>in</strong>e grobe Abschätzung weiterhelfen. Für die Entwicklung dieser ersten Größenvorstellung<br />

zu den Wärmeverlusten muss m<strong>in</strong>destens die Länge aller an der Zirkulation beteiligten Leitungen<br />

und e<strong>in</strong> mittlerer Wärmeverlust pro Meter Rohrleitung bekannt se<strong>in</strong>.<br />

i E<strong>in</strong>e Abschätzung des mittleren Wärmeverlustes mit q W,m von 10 – 15 W/m berücksichtigt am oberen<br />

Rand auch Dämmungen, die nicht den Anforderungen der EnEV entsprechen.<br />

183


5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme<br />

5.4 Temperaturerhöhung <strong>in</strong> bestehenden Warmwasserversorgungssystemen<br />

Liegen die notwendigen Informationen vor, kann unter Verwendung der oben stehenden Gleichung jetzt der Volumenstrom<br />

berechnet werden, der zur Abdeckung des Gesamtwärmeverlustes des Zirkulationssystems erforderlich<br />

ist.<br />

Mit dieser Überlegung s<strong>in</strong>d die für e<strong>in</strong>en Sanierungserfolg notwendigen Pumpendaten (Druckdifferenz/Pumpenvolumenstrom)<br />

<strong>in</strong> der Größenordnung bekannt. Bei e<strong>in</strong>fachen Systemen mit nur e<strong>in</strong>er Pumpe reicht die Kennl<strong>in</strong>ie<br />

der <strong>in</strong>stallierten Zirkulationspumpe für e<strong>in</strong>e Beurteilung aus. Liegt der berechnete Betriebspunkt unterhalb der<br />

Pumpenkennl<strong>in</strong>ie, kann die vorhandene Pumpe weiter verwendet werden. Im anderen Fall muss e<strong>in</strong>e größere<br />

Pumpe e<strong>in</strong>gesetzt werden. Es sollte dann e<strong>in</strong>e mehrstufige Zirkulationspumpe zum E<strong>in</strong>satz kommen, die e<strong>in</strong>e<br />

Anpassung an die tatsächlichen Netzverhältnisse ermöglicht und noch über Reserven für die thermische Des<strong>in</strong>fektion<br />

verfügt (→ Kapitel 5.3 auf Seite 164). In komplexeren Systemen mit mehreren h<strong>in</strong>tere<strong>in</strong>ander geschalteten<br />

Pumpen muss der errechnete Betriebspunkt mit den Messergebnissen für den aktuell vorhandenen Betriebspunkt<br />

nach oben beschriebenem Muster verglichen werden.<br />

Beispiel:<br />

Länge des ungünstigsten Zirkulationskreises I ges = 250 m<br />

Gesamtlänge aller am Umlauf beteiligten Teilstrecken I ges,Z = 600 m<br />

Nach Inaugensche<strong>in</strong>nahme der örtlichen Gegebenheiten wird der mittlere Rohrreibungsdruckverlust mit<br />

R m = 1,5 mbar/m und der mittlere Wärmeverlust pro Meter Rohrleitung mit 15 W/m abgeschätzt. Daraus ergibt<br />

sich der für e<strong>in</strong>e erfolgreiche Sanierungsmaßnahme erforderliche Betriebspunkt für die Zirkulationspumpe mit:<br />

∆p P = 250 ⋅ 1, 5 = 375 mbar<br />

V · P<br />

184<br />

Σ Iges,Z q · ( ⋅ W)<br />

600 ⋅ 15<br />

= ----------------------------------- = -------------------------- =<br />

1500 l/h<br />

ρ ⋅ c ⋅ ∆ϑW 1 ⋅ 1, 2 ⋅ 5


5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme<br />

5.4 Temperaturerhöhung <strong>in</strong> bestehenden Warmwasserversorgungssystemen<br />

Rückflussverh<strong>in</strong>derer<br />

Steht offensichtlich ausreichende Pumpenleistung zur Verfügung, müssen außerordentliche Strömungswiderstände<br />

im Zirkulationssystem den Zirkulationsvolumenstrom begrenzen [46]. Solche Widerstände können <strong>in</strong>sbesondere<br />

durch Rückflussverh<strong>in</strong>derer verursacht werden. Alte federbelastete Rückflussverh<strong>in</strong>derer müssen ausgebaut<br />

werden, da sie immer zu viel Druckverlust erzeugen. Sofern die Funktion des Systems Rückflussverh<strong>in</strong>derer<br />

erfordert, müssen sie durch solche mit e<strong>in</strong>em ger<strong>in</strong>gen Öffnungsdruck ersetzt werden. Die vorhandenen Absperrventile<br />

müssen überprüft werden. Auch hier kann unzulässiger Druckverlust durch festsitzende Ventile, lose Ventilteller,<br />

Kalkablagerungen <strong>in</strong> Ventilsitzen usw. auftreten. → Abb. 140 zeigt, dass nur nach Ausbau überflüssiger<br />

Rückflussverh<strong>in</strong>derer der Zirkulationsvolumenstrom <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Sanierungsobjekt um das 5-fache gesteigert<br />

werden konnte [46].<br />

Abbildung 140: Erhöhung des Zirkulationsvolumenstromes durch Ausbau mehrerer h<strong>in</strong>tere<strong>in</strong>ander geschalteter Rückflussverh<strong>in</strong>derer<br />

Wärmetauscher<br />

Bei e<strong>in</strong>em zu ger<strong>in</strong>gen Volumenstrom <strong>in</strong> Zirkulationssystemen müssen gegebenenfalls von der Zirkulationspumpe<br />

durchströmte Wärmetauscher als mögliche Störquelle <strong>in</strong> Betracht gezogen werden [45]. E<strong>in</strong>e Messung der<br />

Druckdifferenz zwischen Wärmetauschere<strong>in</strong>- und Austritt liefert Aufschluss darüber, ob der Wärmetauscher durch<br />

Fehlbemessung oder durch Verkalkung e<strong>in</strong>en zu großen Druckverlust aufbaut → Abb. 141. Gegebenenfalls<br />

müssen Re<strong>in</strong>igungsmaßnahmen durchgeführt werden oder der Wärmetauscher muss durch e<strong>in</strong>en größeren<br />

ersetzt werden.<br />

185


5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme<br />

5.4 Temperaturerhöhung <strong>in</strong> bestehenden Warmwasserversorgungssystemen<br />

Abbildung 141: Druckdifferenzmessung an e<strong>in</strong>em Wärmetauscher (Zirkulation)<br />

Abbildung 142: Verdoppelung des Zirkulationsvolumenstromes durch E<strong>in</strong>bau e<strong>in</strong>es größeren Wärmetauschers mit ger<strong>in</strong>gerem<br />

Druckverlust [45]<br />

Zu ger<strong>in</strong>ge Rohrleitungsdurchmesser<br />

Ältere Zirkulationssysteme lassen sich meistens ohne wesentliche Veränderung der Rohrleitungsanlage sanieren.<br />

Dabei s<strong>in</strong>d Altanlagen, die mit der früher üblichen Faustregel „Durchmesser der Zirkulationsleitung 1 bis 2 Nennweiten<br />

kle<strong>in</strong>er als die zugehörige Warmwasserleitung“ bemessen wurden noch unproblematischer e<strong>in</strong>zuschätzen<br />

als nach DIN 1988-3 bemessene Zirkulationsleitungen → Kapitel 4 auf Seite 99.<br />

186


5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme<br />

5.4 Temperaturerhöhung <strong>in</strong> bestehenden Warmwasserversorgungssystemen<br />

Abbildung 143: Verbesserung der hydraulischen Gegebenheiten durch zusätzliche Parallelverlegung e<strong>in</strong>er Zirkulations-Sammelleitung<br />

Gelegentlich werden immer noch größere Zirkulationssysteme ohne e<strong>in</strong>e fundierte hydraulische Berechnung, nur<br />

unter Anwendung der Festlegungen <strong>in</strong> DIN 1988-3, Tabelle 10 „Richtwerte für Nennweiten von Zirkulations-Sammelleitungen“,<br />

bemessen. Diese Vorgehensweise ist bereits bei konventionellen Verteilungspr<strong>in</strong>zipien außerordentlich<br />

risikoreich und führt bei e<strong>in</strong>er „Zirkulation bis zu den Entnahmestellen“ zu katastrophalen Fehlfunktionen.<br />

In derartig fehlbemessenen Zirkulationssystemen können die zur Temperaturhaltung erforderlichen großen Zirkulationsvolumenströme<br />

nur noch durch e<strong>in</strong>en vollständigen Umbau der vorhandenen Leitungsanlage erreicht<br />

werden z. B. → Abb. 143.<br />

Regulierventile<br />

Thermostatische Zirkulationsregulierventile haben die Aufgabe, temperaturabhängig Druckverlust aufzubauen.<br />

Der dafür verfügbare Ventilhub beträgt nur wenige Millimeter. Dieser ger<strong>in</strong>ge Hub hat zur Folge, dass die Ventile<br />

bei voller Öffnung (z. B. gemessen bei e<strong>in</strong>er Regelabweichung von 7 K) und e<strong>in</strong>em größeren Zirkulationsvolumenstrom<br />

e<strong>in</strong>en erheblichen Druckverlust erzeugen können. Wie bereits mehrfach herausgestellt wurde, ist e<strong>in</strong>e Temperaturhaltung<br />

im Zirkulationssystem nur dann möglich, wenn <strong>in</strong> den pumpenferneren Steigleitungen verhältnismäßig<br />

große Volumenströme fließen können. E<strong>in</strong> falsch angeordnetes oder bemessenes Thermostatventil <strong>in</strong><br />

<strong>diesem</strong> Bereich kann zu erheblichen Fehlfunktionen führen! Damit dieser Fehler sicher vermieden werden kann,<br />

sollten <strong>in</strong> größeren Zirkulationssystemen die hydraulisch ungünstigen Zirkulationskreise mit Regulierventilen der<br />

M<strong>in</strong>destnennweite DN 20 ausgestattet werden.<br />

Bei der Fehlersuche muss auch die bereits e<strong>in</strong>gesetzte Reguliertechnik kritisch h<strong>in</strong>terfragt werden. Es ist zu<br />

erwarten, dass die Zirkulationsvolumenströme ungünstig bee<strong>in</strong>flusst werden, wenn<br />

Thermostatventile mit zu ger<strong>in</strong>ger Nennweite <strong>in</strong> hydraulisch ungünstigen Zirkulationskreisen angeordnet<br />

wurden,<br />

mehrere Thermostatventile <strong>in</strong> den Zirkulationskreisen h<strong>in</strong>tere<strong>in</strong>ander geschaltet s<strong>in</strong>d,<br />

e<strong>in</strong> Thermostatventil zentral, z. B. auf dem Zirkulationssammler angeordnet wurde.<br />

In solchen Fällen kann durch Ausbau des Thermostatkopfes am Zirkulations-Regulierventil der kritische Strömungswiderstand<br />

kurzfristig beseitigt werden → Abb. 144. Verbessern sich dadurch die Temperaturverhältnisse<br />

erkennbar, muss das Ventil ausgebaut und durch e<strong>in</strong> Absperrventil gegebenenfalls auch durch e<strong>in</strong> statisches Zirkulationsregulierventil<br />

ersetzt werden.<br />

187


5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme<br />

5.4 Temperaturerhöhung <strong>in</strong> bestehenden Warmwasserversorgungssystemen<br />

Abbildung 144: KEMPER MultiTherm-Zirkulationsregulierventil mit ausgebautem Thermostatkopf<br />

Zu großer Zirkulationsvolumenstrom<br />

E<strong>in</strong>e Temperaturerhöhung nur mit E<strong>in</strong>satz übergroßer Zirkulationspumpen und unter Verzicht auf Reguliertechnik<br />

ist immer mit gravierenden Nachteilen verbunden. In Teilbereichen können solche Maßnahmen zwar kurzfristig<br />

e<strong>in</strong>e Temperaturerhöhung im geforderten Maße sicherstellen → Abb. 145. Das dadurch erzeugte Übermaß an<br />

Zirkulationsvolumenstrom <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Teilbereich führt aber zu e<strong>in</strong>er M<strong>in</strong>derversorgung an anderer Stelle, zum<strong>in</strong>dest<br />

aber zu unwirtschaftlichen Betriebsverhältnissen. Das DVGW-Arbeitsblatt W 551, 8.3.2 geht daher auch im<br />

Sanierungsfall davon aus, dass <strong>in</strong> Zirkulationssystemen die erforderlichen Temperaturen <strong>in</strong> der Regel nur mit dem<br />

E<strong>in</strong>bau von Regulierventilen für den hydraulischen Abgleich erreicht werden können.<br />

Abbildung 145: Nach E<strong>in</strong>bau e<strong>in</strong>er größeren Pumpe<br />

188


Abbildung 146: Nach E<strong>in</strong>regulierung mit KEMPER MultiTherm-Zirkulationsregulierventilen<br />

5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme<br />

5.4 Temperaturerhöhung <strong>in</strong> bestehenden Warmwasserversorgungssystemen<br />

Nicht nur die vielfältigen Berechnungen für die Referenzanlage sondern auch Messungen <strong>in</strong> ausgeführten Zirkulationsanlagen<br />

zeigen, dass e<strong>in</strong>e hochwertige Temperaturhaltung mit ungefähr der Hälfte des Zirkulationsvolumenstromes<br />

e<strong>in</strong>er nicht abgeglichenen Anlage möglich ist → Abb. 146. Voraussetzung dafür ist der E<strong>in</strong>satz spezialisierter<br />

Reguliertechnik.<br />

189


5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme<br />

5.5 Nachuntersuchungen<br />

5.5 Nachuntersuchungen<br />

Gel<strong>in</strong>gt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er kontam<strong>in</strong>ierten Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation die Systemoptimierung, <strong>in</strong>sbesondere die Erhöhung der<br />

Warmwassertemperaturen auf Werte oberhalb von 55 °C, kann auch die Besiedlung mit Legionellen deutlich<br />

reduziert, <strong>in</strong> vielen Fällen sogar elim<strong>in</strong>iert werden.<br />

Abschließender Bericht e<strong>in</strong>er Nachuntersuchung 1)<br />

Es wurden kont<strong>in</strong>uierlich 10 Probenstellen <strong>in</strong> der Peripherie (Stationen) beprobt und auf Legionellen untersucht.<br />

Probenvolumen:<br />

100 ml; E<strong>in</strong>heit: KBE (Koloniebildende E<strong>in</strong>heiten)<br />

Zur besseren Übersicht wurden die Ergebnisse auf 1 ml umgerechnet, so dass Zahlen < 1 auftreten können, z. B.<br />

0,1 KBE/ml = 10 KBE/100ml.<br />

Untersuchungsmethode:<br />

Nachweis von Legionellen <strong>in</strong> Tr<strong>in</strong>kwasser und Badebeckenwasser, Bundesgesundheitsblatt 11-2000: 911-915;<br />

ISO 11731, 05-1998: Water quality – Detection and enumeration of Legionella<br />

Ergebnisse der Untersuchungen (jeweils Maximal- und Mittelwerte)<br />

Jahr 2000 bis Juni 2001 (Vor Sanierung):<br />

Maximal 80 KBE/ml; Mittelwert: 12 KBE/ml<br />

100 % der Probenahmestellen waren Legionella-positiv <strong>in</strong> 100 ml<br />

Probenahme 26.09.2001 (nach dem Pumpene<strong>in</strong>bau):<br />

Maximal: 8 KBE/ml; Mittelwert: 0,8 KBE/ml<br />

75% der Proben waren Legionella-positiv <strong>in</strong> 100 ml<br />

Probenahme 28.11.2001 (nach der Installation der Ventile):<br />

Maximal 2 KBE/ml; Mittelwert: 0,215 KBE/ml<br />

50% der Proben waren Legionella-positiv <strong>in</strong> 100 ml<br />

Probenahme 11.01.2002:<br />

Maximal 1 KBE/ml, Mittelwert 0,1 KBE/ml<br />

nur 1 von 10 Proben war Legionella-positiv<br />

Probenahme 20.03.2002:<br />

ke<strong>in</strong>e Legionellen <strong>in</strong> 100 ml Wasser nachweisbar.<br />

Probenahme 10.05.2002:<br />

ke<strong>in</strong>e Legionellen <strong>in</strong> 100 ml Wasser nachweisbar.<br />

1) Institut für Hygiene des Universitätskl<strong>in</strong>ikums Münster<br />

190


5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme<br />

5.5 Nachuntersuchungen<br />

Beurteilung:<br />

Die Belastung vor der Sanierung muss als stark bezeichnet werden. Durch E<strong>in</strong>bau e<strong>in</strong>er neuen Pumpe, <strong>in</strong>sbesondere<br />

aber durch die Zirkulationsregulierventile kam es zu e<strong>in</strong>er erheblichen Reduktion der Legionellen. Nach ca. 4<br />

Monaten Betriebszeit waren ke<strong>in</strong>e Legionellen mehr nachweisbar, also e<strong>in</strong> durchschlagender Erfolg!<br />

Abbildung 147: Ergebnis der mikrobiologischen Untersuchungen <strong>in</strong> Abhängigkeit von den durchgeführten Sanierungsmaßnahmen und der<br />

Zeit [44]<br />

191


5 Sanierung kontam<strong>in</strong>ierter Systeme<br />

5.5 Nachuntersuchungen<br />

192


6 Berechnungsbeispiel<br />

Dieses Kapitel würde den Rahmen dieser Broschüre sprengen. Sie können es jedoch im Internet f<strong>in</strong>den unter<br />

→ www.geberit.de oder → datenservice.kemper-olpe.de<br />

7 Tabellen, Diagramme und Formulare<br />

Dieses Kapitel würde den Rahmen dieser Broschüre sprengen. Sie können es jedoch im Internet f<strong>in</strong>den unter<br />

→ www.geberit.de oder → datenservice.kemper-olpe.de<br />

193


7 Tabellen, Diagramme und Formulare<br />

194


8 Anhang<br />

Formulare Dieses Kapitel würde den Rahmen dieser Broschüre sprengen. Sie können es jedoch im Internet f<strong>in</strong>den<br />

unter → www.geberit.de oder → datenservice.kemper-olpe.de<br />

8.1 Schrifttum ................................................................................................................................. 196<br />

8.2 Glossar ...................................................................................................................................... 199<br />

195


8 Anhang<br />

8.1 Schrifttum<br />

8.1 Schrifttum<br />

[1] Bartel, H., W. Krüger, B. Mendel, R. Suhr 2007: Die Tr<strong>in</strong>kwasserverordnung 2001 – bewährt oder revisionsbedürftig?<br />

Bundesgesundheitsbl-Gesundheitsforsch-Gesundheitsschutz 2007, 50: 265<br />

[2] BHKS-Regeln: 5.001 Druckprüfung von Tr<strong>in</strong>kwasserleitungen mit Druckluft oder Inertgasen (07.2004),<br />

5.002 Spülen von Tr<strong>in</strong>kwasser-Installationen (07.2004), 5.003 Richtzeiten für das Spülen von Tr<strong>in</strong>kwasser-<br />

Installationen (07.2004)<br />

[3] DVGW-Arbeitsblatt W 290: Tr<strong>in</strong>kwasserdes<strong>in</strong>fektion – E<strong>in</strong>satz und Anforderungskriterien. DVGW 2005<br />

[4] DVGW-Arbeitsblatt W 551: Tr<strong>in</strong>kwassererwärmungs- und Tr<strong>in</strong>kwasserleitungsanlagen, Technische Maßnahmen<br />

zur Verm<strong>in</strong>derung des Legionellenwachstums; Planung, Errichtung, Betrieb und Sanierung von<br />

Tr<strong>in</strong>kwasser-Installationen. DVGW 2004<br />

[5] DVGW-Arbeitsblatt W 553: Bemessung von Zirkulationssystemen <strong>in</strong> zentralen Tr<strong>in</strong>kwassererwärmungsanlagen.<br />

DVGW 1998<br />

[6] Feuerpfeil, I., A. Hummel, P. Renner 2007: Ausgewählte Aspekte bei der mikrobiologischen Überwachung<br />

der Tr<strong>in</strong>kwasserqualität. Bundesgesundheitsbl-Gesundheitsforsch-Gesundheitsschutz 2007, 50: 284<br />

[7] IfSG 2003: Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz-IfSG)<br />

zu letzt geändert BGBl. I vom 29.12.2003, 2954<br />

[8] EG-Richtl<strong>in</strong>ie 1998: Richtl<strong>in</strong>ie 98/83/EG des Rates v. 3. November 1998 über die Qualität von Wasser für<br />

den menschlichen Gebrauch. Amtsblatt der Europäischen Geme<strong>in</strong>schaften L330/32-L330/55 v. 5.12.98<br />

[9] Exner, M., A. Kramer, T. Kistemann, J. Gebel, S. Engelhart 2007: Wasser als Infektionsquelle <strong>in</strong> mediz<strong>in</strong>ischen<br />

E<strong>in</strong>richtungen, Prävention und Kontrolle. Bundesgesundheitsbl-Gesundheitsforsch-Gesundheitsschutz<br />

2007, 50: 302<br />

[10] EWGLI: The European Work<strong>in</strong>g Group for Legionella Infections. http://www.ewgli.org/<br />

[11] Liste § 11 Tr<strong>in</strong>kwV: Liste der Aufbereitungsstoffe und Des<strong>in</strong>fektionsverfahren gemäß § 11 Tr<strong>in</strong>kwasserverordnung<br />

2001, veröffentlicht im Bundesgesundheitsblatt und unter http://www.umweltbundesamt.de/<br />

wasser/themen/downloads/tr<strong>in</strong>kwasser/tr<strong>in</strong>k11.pdf<br />

[12] Ließfeld, R, DVGW 2005: Grundsätzliche Anforderungen an Mittel und Verfahren zur chemischen Des<strong>in</strong>fektion<br />

von Tr<strong>in</strong>kwasser. E<strong>in</strong>e Erklärung des DVGW-Technischen Komitees „Wasseraufbereitungsverfahren“<br />

und des Projektkreises „Des<strong>in</strong>fektion“. energie wasser-praxis 2005: 11, 42<br />

[13] Mathys. W., J. Stanke, M. Harmuth, E. Junge-Mathys 2007: Occurrence of Legionella <strong>in</strong> hot water systems<br />

of s<strong>in</strong>gle-family residences <strong>in</strong> suburbs of two German cities with special reference to solar and district heat<strong>in</strong>g.<br />

Int. J. Hyg. Environ. Health 2007, <strong>in</strong> press.<br />

[14] Niss<strong>in</strong>g, W. 2006: Hygienische und korrosionschemische Aspekte bei der Des<strong>in</strong>fektion von Tr<strong>in</strong>kwasser-<br />

Installationen. energie wasser-praxis 2006: 4, 10<br />

[15] Schaefer B. 2007: Legionellenuntersuchung bei der Tr<strong>in</strong>kwasseranalyse . H<strong>in</strong>weise zur Probenahme,<br />

Durchführung im Labor und Bewertung. Bundesgesundheitsbl-Gesundheitsforsch-Gesundheitsschutz<br />

2007, 50: 291<br />

[16] Tr<strong>in</strong>kwV 2001: Verordnung zur Novellierung der Tr<strong>in</strong>kwasserverordnung vom 21. Mai 2001, zu letzt geändert<br />

durch Achte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 25.11.2003, BGBl I 2003, 2304<br />

[17] Umweltbundesamt 2004: Beurteilung der Tr<strong>in</strong>kwasserqualität h<strong>in</strong>sichtlich der Parameter Blei, Kupfer und<br />

Nickel. Empfehlung des Umweltbundesamtes nach Anhörung der Tr<strong>in</strong>kwasserkommission des Bundesm<strong>in</strong>isteriums<br />

für Gesundheit und soziale Sicherung. Bundesgesundheitsbl-Gesundheitsforsch-Gesundheitsschutz<br />

2004, 47: 296<br />

196


8 Anhang<br />

8.1 Schrifttum<br />

[18] Umweltbundesamt 2006a: Empfehlung des Umweltbundesamtes nach Anhörung der Tr<strong>in</strong>kwasserkommission<br />

des Bundesm<strong>in</strong>isteriums für Gesundheit<br />

Hygienisch-mikrobiologische Untersuchung im Kaltwasser von Wasserversorgungsanlagen nach § 3 Nr. 2<br />

Buchstabe c Tr<strong>in</strong>kwV 2001, aus denen Wasser für die Öffentlichkeit im S<strong>in</strong>ne des § 18 Abs. 1 Tr<strong>in</strong>kwV<br />

2001 bereit gestellt wird. Bundesgesundheitsbl-Gesundheitsforsch-Gesundheitsschutz 2006, 49:693<br />

[19] Umweltbundesamt 2006b: Empfehlung des Umweltbundesamtes nach Anhörung der Tr<strong>in</strong>kwasserkommission<br />

des Bundesm<strong>in</strong>isteriums für Gesundheit. Periodische Untersuchung auf Legionellen <strong>in</strong> zentralen<br />

Erwärmungsanlagen der Haus<strong>in</strong>stallation nach § 3 Nr. 2 Buchstabe c Tr<strong>in</strong>kwV 2001, aus denen Wasser für<br />

die Öffentlichkeit bereitgestellt wird. Bundesgesundheitsbl-Gesundheitsforsch-Gesundheitsschutz 2006,<br />

49:697<br />

[20] Umweltbundesamt 2006c: Ergebnisse e<strong>in</strong>er Expertenanhörung am 31.03.2004 im Universitätskl<strong>in</strong>ikum<br />

Bonn. Haus<strong>in</strong>stallationen, aus denen Wasser für die Öffentlichkeit bereitgestellt wird, als potenzielles Infektionsreservoir<br />

mit besonderer Berücksichtigung von E<strong>in</strong>richtungen zur mediz<strong>in</strong>ischen Versorgung – Kenntnisstand,<br />

Prävention und Kontrolle. Bundesgesundheitsbl-Gesundheitsforsch-Gesundheitsschutz 2005,<br />

49:681<br />

[21] Umweltbundesamt 2006d: Tr<strong>in</strong>k was – Tr<strong>in</strong>kwasser aus dem Hahn. Gesundheitliche Aspekte der Tr<strong>in</strong>kwasser-Installation<br />

– Informationen und Tipps für Mieter, Haus- und Wohnungsbesitzer – Herausgeber:<br />

Umweltbundesamt, Postfach 14 06, 06844 Dessau, Redaktion: Fachgebiete II 3.6 und II 3.4, Stand: Juni<br />

2006<br />

[22] Umweltbundesamt 2006d: 6. Änderungsmitteilung zur Liste1 der Aufbereitungsstoffe und Des<strong>in</strong>fektionsverfahren<br />

gemäß § 11 Tr<strong>in</strong>kwasserverordnung 20012. Stand: November 2006. Bundesgesundheitsbl-<br />

Gesundheitsforsch-Gesundheitsschutz 2006, 49:1172<br />

[23] VDI 6023 Blatt 1, Juli 2006, „Hygiene <strong>in</strong> Tr<strong>in</strong>kwasser-Installationen; Anforderungen an Planung, Ausführugn,<br />

Betrieb und Instandhaltung“, VDI-Gesellschaft Technische Gebäudeausrüstung<br />

[24] WHO-Richtl<strong>in</strong>ien 2004: Guidel<strong>in</strong>es for Dr<strong>in</strong>k<strong>in</strong>g-Water Quality (3rd ed, Vol. 1) WHO, Geneva 2004<br />

[25] ZVSHK: Betriebsanleitungen von Tr<strong>in</strong>kwasser-Installationen, Spülen, Des<strong>in</strong>fizieren und Inbetriebnahme von<br />

Tr<strong>in</strong>kwasser-Installationen, Dichtigkeitsprüfungen von Tr<strong>in</strong>kwasser-Installationen mit Druckluft, Inertgas<br />

oder Wasser.<br />

[26] Ergebnisse e<strong>in</strong>er Expertenanhörung am 31.03.2004 im Universitätskl<strong>in</strong>ikum Bonn: Haus<strong>in</strong>stallationen, aus<br />

denen Wasser für die Öffentlichkeit bereitgestellt wird, als potenzielles Infektionsrisiko mit besonderer<br />

Berücksichtigung von E<strong>in</strong>richtungen zur mediz<strong>in</strong>ischen Versorgung – Kenntnisstand, Prävention und Kontrolle.<br />

Bundesgesundheitsbl – Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz Juli 2006, Spr<strong>in</strong>ger Mediz<strong>in</strong> Verlag<br />

2006<br />

[27] DIN 1988-3: 12-98, „Technische Regeln für Tr<strong>in</strong>kwasser-Installationen (TRWI) – Ermittlung der Rohrdurchmesser“,<br />

Beuth Verlag, Berl<strong>in</strong><br />

[28] DVGW – Forschungsprogramm, „Ermittlung des Wasserbedarfs als Plangrundlage zur Bemessung von<br />

Wasserversorgungsanlagen“, Schlussbericht Dezember 1990<br />

[29] Otto, H., „Übernahme der Ergebnisse für die Berechnung der Tr<strong>in</strong>kwasser-Installation“, Internationales<br />

Symposium Wasserbedarf <strong>in</strong> Igls/Tirol im Juni 1984, DVGW Schriftenreihe Wasser Nr. 44<br />

[30] Dendrit 5.4 „Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallationen gemäß DIN 1988-3, DVGW W 551 und W 553“, Dendrit Haustechnik-Software<br />

GmbH, Dülmen<br />

[31] Rickmann, Bernd “Zirkulation mit Inl<strong>in</strong>ern <strong>in</strong> den Warmwasser-Steigleitungen“ TGA Fachplaner 6/24<br />

[32] Anneken, Christoph/Knobloch, Sven “Konzeption und Aufbau e<strong>in</strong>er Versuchsanlage zur Problematik <strong>in</strong>nenliegender<br />

Zirkulationsleitungen“, Diplomarbeit, Fachhochschule Münster 2002<br />

[33] Meissner, Dorian/Wiebe, Jakob „Entwicklung von Algorithmen zur Berechnung von Zirkulationssystemen<br />

mit Inl<strong>in</strong>ern <strong>in</strong> der TWW-Steigleitung“ Diplomarbeit, Fachhochschule Münster 2003<br />

197


8 Anhang<br />

8.1 Schrifttum<br />

[34] Rudat, Klaus „Analytische Untersuchung von Warmwasserverteilungssystemen mit strangweise <strong>in</strong>nenliegenden<br />

Zirkulationsleitungen“ HLH, Bd. 51/1999<br />

[35] Ch. Saunus „Sterben die Tr<strong>in</strong>kwasser-Zirkulationssysteme den Legionellentod?“ Sanitär- und Heizungstechnik<br />

4/5 1993<br />

[36] F. Schrapper „Hydraulisches Verhalten von thermisch geregelten Strangregulierventilen – Entwurf und<br />

Aufbau e<strong>in</strong>es Prüfstandes“, Diplomarbeit 1995, Fachhochschule Münster<br />

[37] A. Kle<strong>in</strong>e-Hartlage, „Weiterentwicklung e<strong>in</strong>es thermisch geregelten Drosselventils für Tr<strong>in</strong>kwasser-Zirkulationssysteme“,<br />

Diplomarbeit 1995, Fachhochschule Münster<br />

[38] J. Straube, „Planung e<strong>in</strong>er Zirkulations – Pilotanlage mit thermisch geregelten Strangregulierventilen unter<br />

Verwendung von W<strong>in</strong>dows-Dendrit 2.5 – Meßtechnische Voruntersuchungen“, Diplomarbeit 1996, Fachhochschule<br />

Münster<br />

[39] DVGW VP 554 – Vorläufige Prüfgrundlage “Thermostatische Zirkulationsregulierventile für den hydraulischen<br />

Abgleich <strong>in</strong> Warmwasser-Tr<strong>in</strong>kwassersystemen“<br />

[40] Mass, Tobias „Vergleich technischer Berechnungsprogrammen auf Grundlage des ZVSHK – Zertifizierungsverfahrens“,.<br />

Diplomarbeit Fachhochschule Münster 2004<br />

[41] Energiee<strong>in</strong>sparverordnung-EnEV) vom 1. Oktober 2007 Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz<br />

und energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden<br />

[42] M<strong>in</strong>isterialblatt für das Land NRW (Ausgabedatum 14. März ´97) „Umweltverträgliches Planen und Bauen<br />

von Wasser- und Abwasseranlagen <strong>in</strong> Liegenschaften des Landes NRW<br />

[43] „Richtl<strong>in</strong>ie für die Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Krankenhaus<strong>in</strong>fektionen” Anlage zu Ziffer<br />

4.4.6 und 6.7<br />

[44] Bothe, Torsten/Thessel<strong>in</strong>g, Andreas “Sanierung e<strong>in</strong>es Tr<strong>in</strong>kwasser-Zirkulationssystems <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Krankenhaus<br />

gemäß der DVGW- Arbeitsblätter W 551 – W 553 Aufnahme des Istzustandes, Erarbeitung von<br />

Sanierungsmaßnahmen, Erfolgskontrolle“ Diplomarbeit Fachhochschule Münster, 2002<br />

[45] Dunker, Stefan “Sanierung e<strong>in</strong>er mit Legionellen kontam<strong>in</strong>ierten Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallation <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Krankenhaus“<br />

Diplomarbeit Fachhochschule Münster, 2004<br />

[46] Peters, Raimund/Pennekamp, Ra<strong>in</strong>er “Sanierung e<strong>in</strong>es Zirkulationssystems <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Krankenhaus“<br />

Diplomarbeit Fachhochschule Münster, 2003<br />

[47] Nyhuis, Schmidt: „E<strong>in</strong>fluss der Stockwerks<strong>in</strong>stallation auf die Rohrleitungsdurchmesser von Tr<strong>in</strong>kwasser<strong>in</strong>stallationen<br />

bei Verwendung von Edelstahlrohren“ nach DVGW W 541, Diplomarbeit 1996, Fachhochschule<br />

Münster<br />

198


8.2 Glossar<br />

8 Anhang<br />

8.2 Glossar<br />

Biofilm mikrobiell aktiver Belag auf allen wasserbenetzten Teilen; Konglomerat von<br />

Bakterien, anderen Mikroorganismen und extrazellulärer Substanz,<br />

Zufluchtsort für Legionellen und Pseudomonas aerug<strong>in</strong>osa.<br />

Coliforme Bakterien nicht e<strong>in</strong>deutig def<strong>in</strong>ierte Bakteriengruppe aus dem Bereich der Enterobacteriaceae.<br />

In der Tr<strong>in</strong>kwV 2001 def<strong>in</strong>iert als Laktose abbauende, Cytochromoxidase<br />

negative gramnegative Stäbchenbakterien; nahe Verwandte des<br />

E.coli;<br />

<strong>in</strong> der Tr<strong>in</strong>kwV 2001 mit e<strong>in</strong>em Grenzwert (0/100ml) mit zeitbegrenzten<br />

Überschreitungen belegt<br />

Des<strong>in</strong>fektion Reduzierung von Krankheitserregern auf e<strong>in</strong> Niveau, vom dem ke<strong>in</strong>e<br />

Erkrankungen mehr ausgelöst werden können; kann chemisch oder physikalisch<br />

durchgeführt werden<br />

Enterokokken runde Darmbakterien mit höherer Resistenz als E.coli; häufig im Darm von<br />

Vögeln;<br />

<strong>in</strong> der Tr<strong>in</strong>kwV 2001 mit e<strong>in</strong>em Grenzwert (0/100ml) belegt<br />

Escherichia coli (E.coli) stäbchenförmiges Darmbakterium aller Warmblüter, auch des Menschen;<br />

Indikator für e<strong>in</strong>e fäkale Verunre<strong>in</strong>igung;<br />

<strong>in</strong> der Tr<strong>in</strong>kwV 2001 mit e<strong>in</strong>em Grenzwert (0/100ml) belegt.<br />

HACCP Hazard Analysis Critical Control Po<strong>in</strong>t. Aus der Lebensmittel<strong>in</strong>dustrie stammendes<br />

Instrument zur Risikoabschätzung und Risikom<strong>in</strong>imierung. Kritische<br />

Bereiche werden festgelegt und Kontroll/Lenkungspunkte def<strong>in</strong>iert.<br />

Hazard = Gefährdung, Gefahr für die Gesundheit<br />

Analysis = Analyse, Untersuchung der Gefährdung<br />

Critical = kritisch, entscheidend für die Beherrschung<br />

Control = Lenkung, Überwachung der Bed<strong>in</strong>gungen<br />

Po<strong>in</strong>t = Punkt, Stelle im Verfahren<br />

Haus<strong>in</strong>stallation Die Gesamtheit der Rohrleitungen, Armaturen und Geräte, die sich zwischen<br />

dem Punkt der Entnahme von Wasser für den menschlichen<br />

Gebrauch und dem Punkt der Übergabe von Wasser aus e<strong>in</strong>er kommunalen<br />

Wasserversorgungsanlage bzw. e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>zelwasserversorgungsanlage<br />

an den Verbraucher bef<strong>in</strong>den<br />

199


8 Anhang<br />

8.2 Glossar<br />

Heterotrophe Bakterien Weit verbreitete Gruppe von Bakterien, die auf Zufuhr von organischen<br />

Nährsubstraten angewiesen s<strong>in</strong>d<br />

Keimzahl Begriff sollte <strong>in</strong> der Wasserhygiene nicht mehr verwendet werden; häufig<br />

fälschlicherweise synonym verwendet mit KBE<br />

Kolonie-bildende-E<strong>in</strong>heiten (KBE) Anzahl von vermehrungsfähigen E<strong>in</strong>heiten = „Bakterien“, die bei def<strong>in</strong>ierten<br />

Wachstumsbed<strong>in</strong>gungen sichtbare Kolonien auf Nährböden bilden. Diese<br />

Kolonien können durch e<strong>in</strong>zelne Bakterien, aber auch durch Aggregate<br />

gebildet werden, die e<strong>in</strong>zelne bis viele Bakterien enthalten<br />

Kontam<strong>in</strong>ation, endständig E<strong>in</strong>e Besiedlung, die ausschließlich an Entnahmearmaturen, Ausläufen,<br />

Duschen etc. vorzuf<strong>in</strong>den ist. Das versorgende Netz ist mikrobiell unbelastet.<br />

Sanierung e<strong>in</strong>fach<br />

Kontam<strong>in</strong>ation, systemisch Kontam<strong>in</strong>ation der gesamten Tr<strong>in</strong>kwasseranlage oder von substanziellen<br />

Teilen der Anlage; Sanierung u.U. sehr schwierig<br />

Krankenhausbed<strong>in</strong>gte Infektionen = nosokomiale Infektionen; Infektionen, die e<strong>in</strong> Patient während e<strong>in</strong>es Krankenhausaufenthaltes<br />

erwirbt<br />

Legionella pneumophila Häufigste und aggressivste Legionellenart, <strong>in</strong>sbesondere die Subgruppe<br />

Serogruppe 1, Subtyp pontiac<br />

Legionellen Warmwasserbakterien mit e<strong>in</strong>em Lebensoptimum zwischen 30 °C und<br />

48 °C; Erreger schwerer Lungenentzündungen<br />

Multibarrierenkonzept Schutzkonzept, bei dem mehrere Schutzstufen h<strong>in</strong>tere<strong>in</strong>ander geschaltet<br />

werden, um die Gesamtsicherheit des Systems zu erhöhen<br />

Mykobakterien, atypische Warmwasserbakterien, die bei Dialysepatienten und HIV-<strong>in</strong>fizierten Personen<br />

Infektionen auslösen können.<br />

Po<strong>in</strong>t-of-Use Filter Endständige Filter für Entnahmearmaturen oder Duschen, die Bakterien<br />

aus dem Tr<strong>in</strong>kwasser zurückhalten. Ihr gezielter E<strong>in</strong>satz z. B. <strong>in</strong> Transplantationse<strong>in</strong>heiten<br />

ist heute obligat<br />

Pseudomonaden überall vorkommende, nicht klar def<strong>in</strong>ierte Gruppe von Feuchtkeimen mit<br />

pathogenen, fakultativ pathogenen (z. B. Pseudomonas aerug<strong>in</strong>osa) und<br />

nichtpathogenen Arten; im Wasser sehr verbreitete Bakteriengruppe<br />

200


8 Anhang<br />

8.2 Glossar<br />

Pseudomonas aerug<strong>in</strong>osa überall vorkommender Feuchtkeim, der <strong>in</strong>sbesondere Tr<strong>in</strong>kwasser Kalt<br />

besiedeln kann; im Krankenhaus Erreger schwerer krankenhausbed<strong>in</strong>gter<br />

Infektionen<br />

Sanierung Dauerhafte nachhaltige Verbesserung der hygienischen Qualität e<strong>in</strong>er Tr<strong>in</strong>kwasseranlage;<br />

nicht zu verwechseln mit Des<strong>in</strong>fektion<br />

Stagnation Zustand von Wasser, bei dem durch fehlende Entnahme e<strong>in</strong> Stillstand auftritt.<br />

Dieser Zustand begünstigt <strong>in</strong> der Regel den Aufwuchs von Biofilmen<br />

und die Anzahl von Mikroorganismen im Wasser sowie die Aufnahme von<br />

Schwermetallen aus Installationsmaterialien<br />

Stagnationsbeprobung, gestaffelte Spezielle Entnahmeprozedur, bei der gemäß e<strong>in</strong>er Empfehlung des UBA 3<br />

Proben je Probenstelle mit 4-stündiger Stagnationszeit gewonnen werden<br />

Vorsorge/Vorsorgepr<strong>in</strong>zip Bei der Vorsorge geht es darum, theoretisch mögliche bzw. vermutete und<br />

nicht wie bei der Gefahrenabwehr h<strong>in</strong>reichend wahrsche<strong>in</strong>liche Umweltschäden<br />

zu vermeidern (z. B. Vorsorgegrundsatz BImSchG).<br />

WSP = Water Safety Plan Umfassendes Dokumentations- und Präventiv- und Handlungskonzept zur<br />

Wahrung der Wasserqualität <strong>in</strong> allen Bereichen e<strong>in</strong>er Wassergew<strong>in</strong>nung/<br />

Wasserverteilung/Haus<strong>in</strong>stallation<br />

201

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