Spiegel der Modernisierung - Landeskrankenhaus
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Die Vergangenheit wach halten<br />
Rhein-Mosel-Fachklinik gedachte <strong>der</strong> Opfer<br />
<strong>der</strong> Euthanasie<br />
Die Machtergreifung <strong>der</strong> Nationalsozialisten wirkte<br />
sich in <strong>der</strong> Psychiatrie unmittelbar und einschneidend<br />
aus. Bereits im Juli 1933 erfolgte das »Gesetz zur<br />
Verhütung erbkranken Nachwuchses«, durch das bis<br />
1945 mehr als 400.000 Menschen zwangssterilisiert<br />
wurden.<br />
Im Oktober 1939 unterzeichnete Adolf Hitler einen<br />
auf den 1. September zurückdatierten fünfzeiligen Text,<br />
durch den Reichsleiter Bouhler und sein Leibarzt Dr.<br />
Brandt »unter Verantwortung beauftragt sind, die Befugnisse<br />
namentlich zu bestimmen<strong>der</strong> Ärzte so zu<br />
Kranznie<strong>der</strong>legung am Mahnmal für die Opfer <strong>der</strong> Euthanasie in <strong>der</strong> An<strong>der</strong>nacher<br />
Innenstadt.<br />
erweitern, dass nach menschlichem Ermessen unheilbar<br />
Kranken bei kritischster Beurteilung ihres<br />
Krankheitszustandes <strong>der</strong> Gnadentod gewährt werden<br />
kann.« Dieser handschriftliche Text war die Grundlage<br />
für das sogenannte »Euthanasie«-Programm, in<br />
dessen Verlauf mehr als 20.000 seelisch kranke und<br />
geistig behin<strong>der</strong>te Menschen im damaligen Reichs-<br />
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gebiet ermordet wurden. Im Rahmen <strong>der</strong> Veranstaltungen<br />
zum 125-jährigen Bestehen <strong>der</strong> Rhein-Mosel-<br />
Fachklinik An<strong>der</strong>nach wurde dem dunkelsten Kapitel<br />
in <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Klinik gedacht: den Opfern<br />
<strong>der</strong> Euthanasie, die in <strong>der</strong> Zeit des Nationalsozialismus<br />
in <strong>der</strong> Psychiatrie zu Tode gekommen sind.<br />
Wie viele an<strong>der</strong>e psychiatrische Krankenhäuser<br />
war auch die An<strong>der</strong>nacher Klinik während <strong>der</strong> Zeit<br />
des Dritten Reiches in das »Euthanasie«-Programm<br />
<strong>der</strong> Nationalsozialisten eingebunden. Als sogenannte<br />
»Zwischenanstalt« diente sie <strong>der</strong> Weiterverlegung<br />
von Patientinnen und Patienten in die damalige<br />
Tötungsanstalt in Hadamar.<br />
Aufarbeitung <strong>der</strong> Vergangenheit<br />
Mit einem ökumenischen Gottesdienst und anschließenden<br />
Vorträgen zu den historischen Abläufen gedachte<br />
die Rhein-Mosel-Fachklinik <strong>der</strong><br />
Verbrechen<br />
in <strong>der</strong> Psychiatrie des Dritten Reiches.<br />
Die Schatten dieser unheilvollen<br />
Vergangenheit haben über viele Jahre<br />
die Entwicklung <strong>der</strong> Psychiatrie im<br />
Nachkriegs-Deutschland beeinflusst.<br />
Erst Ende <strong>der</strong> 70er Jahre wurde in<br />
<strong>der</strong> Psychiatrie <strong>der</strong> unmittelbar nach<br />
Kriegsende einsetzende Verdrängungsprozess<br />
durchbrochen und mit<br />
<strong>der</strong> Aufarbeitung begonnen. Im Mai<br />
1996 wurde auf Initiative von Schülern<br />
und Lehrern des Bertha-von-Sutt-<br />
ner-Gymnasiums das Euthanasie-<br />
Mahnmal in <strong>der</strong> An<strong>der</strong>nacher Innenstadt<br />
<strong>der</strong> Öffentlichkeit übergeben.<br />
Norbert Finke, Geschäftsführer des<br />
<strong>Landeskrankenhaus</strong>es (AöR), ging in seiner Ansprache<br />
sehr nachdenklich auf den geschichtlichen Aufarbeitungsprozess<br />
<strong>der</strong> Rhein-Mosel-Fachklinik ein. »Auch<br />
unsere Klinik hier in An<strong>der</strong>nach hat sich lange Zeit<br />
außerordentlich schwer damit getan, die Geschehnisse<br />
<strong>der</strong> Euthanasie-Aktion hier am Standort aufzuarbeiten<br />
und ihrer Opfer zu gedenken.«