Die Gefahrstoffverordnung in der betrieblichen Praxis - IG Metall ...
Die Gefahrstoffverordnung in der betrieblichen Praxis - IG Metall ...
Die Gefahrstoffverordnung in der betrieblichen Praxis - IG Metall ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Arbeitshilfe 22<br />
<strong>Die</strong> <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> <strong>Praxis</strong><br />
www.igmetall.de/gesundheit
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Herausgeber ......................... <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>, Vorstand | Ressort Arbeits- und Gesundheitsschutz<br />
Wilhelm-Leuschner-Straße 79 | 60329 Frankfurt/Ma<strong>in</strong><br />
Tel. 069 / 66 93 22 23 | ags@igmetall.de<br />
Verantwortlich: Wolfgang Rhode<br />
Autor/<strong>in</strong>nen .......................... Dr. Henn<strong>in</strong>g Wriedt, Beratungs- und Informationsstelle Arbeit & Gesundheit, Hamburg<br />
Volker Borghoff, <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> Bildungszentrum Sprockhövel<br />
Petra Müller-Knöß, <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> Vorstand, Ressort Arbeits- und Gesundheitsschutz<br />
Wir bedanken uns für H<strong>in</strong>weise und Anregungen bei Sönke Bock und Gerd Nickel<br />
Redaktionelle Mitarbeit ........... Frank Walensky-Schweppe<br />
Gestaltung ........................... L<strong>in</strong>goVision Hamburg<br />
Bildnachweis ........................ Bayer (1), Walensky-Schweppe (3)<br />
Druck .................................. Raiffeisendruckerei GmbH, Neuwied<br />
Bestellh<strong>in</strong>weis ...................... www.igmetall.de/gesundheit/material, Produkt-Nr. 8306-13609<br />
Auflage ................................ Erste Auflage, Juli 2006<br />
Copyright ............................. <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>, Frankfurt am Ma<strong>in</strong>
Inhalt<br />
Vorwort ....................................................2<br />
Struktur <strong>der</strong> Arbeitshilfe .........................4<br />
1 Überblick .................................................7<br />
2 Zentrale Inhalte <strong>der</strong><br />
<strong>Gefahrstoffverordnung</strong> .......................... 13<br />
2.1 Prozess und Grundlagen<br />
<strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung .............. 16<br />
2.2 Informationsbasis für die<br />
Gefährdungsbeurteilung ..................... 18<br />
2.3 Gefährdungsbeurteilung .................... 21<br />
2.4 Schutzmaßnahmen ............................24<br />
2.5 Wirksamkeitsprüfung<br />
<strong>der</strong> Schutzmaßnahmen ......................27<br />
2.6 Dokumentation <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
und weitere Unterlagen ...30<br />
2.7 Aktualisierung und Neuerstellung<br />
<strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung ..............32<br />
1<br />
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
2.8 Grenzwertkonzept ..............................33<br />
2.9 Information <strong>der</strong> Beschäftigten ............36<br />
2.10 Arbeitsmediz<strong>in</strong>ische Vorsorge ............38<br />
2.11 Zusammenarbeit<br />
verschiedener Firmen .........................40<br />
2.12 Anzeigepflichten bei <strong>der</strong> Aufsichtsbehörde<br />
und Möglichkeiten<br />
für Ausnahmegenehmigungen ............ 41<br />
3 Gestaltungsmöglichkeiten für<br />
Betriebsräte und Beschäftigte ..............43<br />
4 Anhang ..................................................57<br />
4.1 H<strong>in</strong>weise auf Rechtsquellen<br />
und Kommentare ................................57<br />
4.2 Liste von Internet-L<strong>in</strong>ks ......................57<br />
4.3 Glossar/Begriffe .................................59<br />
4.4 Abkürzungsverzeichnis .......................73<br />
4.5 H<strong>in</strong>tergrund ........................................74
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Vorwort<br />
Jahr für Jahr kommen Beschäftigte durch ihre Arbeit<br />
zu Schaden: So wurden z.B. mehr als 18 000<br />
Haut- und Atemwegserkrankungen im Jahr 2004<br />
als vermutlich arbeitsbed<strong>in</strong>gt angezeigt. <strong>Die</strong>se<br />
Erkrankungen werden erfahrungsgemäß vor allem<br />
von Gefahrstoffen verursacht. Sie s<strong>in</strong>d Ausdruck<br />
e<strong>in</strong>es viel größeren Problems: Auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite<br />
kommt es bei vielen Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen<br />
durch Gefahrstoffe gelegentlich o<strong>der</strong> auch regelmäßig<br />
zu Gesundheitsstörungen, die zum Glück<br />
aber wie<strong>der</strong> verschw<strong>in</strong>den und dauerhaft ke<strong>in</strong>e<br />
erkennbaren Schäden zurücklassen.<br />
Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite kann e<strong>in</strong>e Erkrankung<br />
durch Gefahrstoffe schleichend entstehen. Manche<br />
Krankheiten werden erst nach mehreren<br />
Jahren ständiger Belastung sichtbar – wie etwa<br />
chronische Bronchitis durch Schweißrauche<br />
o<strong>der</strong> Nervenschäden durch Lösemitteldämpfe.<br />
An<strong>der</strong>e können noch Jahre nach Beendigung <strong>der</strong><br />
Belastungen mit Gefahrstoffen auftreten – so<br />
die Krebserkrankungen. Gerade bei diesen Erkrankungen<br />
wird häufig ke<strong>in</strong> Zusammenhang mit<br />
den beruflichen Ursachen hergestellt. Und selbst<br />
wenn <strong>der</strong> Verdacht aufkommt, dass die Krankheit<br />
auf Gefahrstoffe zurückzuführen ist, lässt sich<br />
<strong>der</strong> Verdacht oft nicht beweisen. Nur <strong>in</strong> Ausnahmefällen<br />
existieren Aufzeichnungen über Art und<br />
Ausmaß von Belastungen durch Gefahrstoffe am<br />
Arbeitsplatz, die viele Jahre zurückliegen.<br />
Ob überhaupt e<strong>in</strong> Verdacht aufkommt, dass e<strong>in</strong>e<br />
Krankheit auf die Arbeit mit Gefahrstoffen zurück-<br />
zuführen ist, setzt durchweg die Kenntnis über<br />
die schädigenden Eigenschaften <strong>der</strong> betreffenden<br />
Stoffe voraus. Doch diese Voraussetzung ist für<br />
die meisten Stoffe überhaupt nicht gegeben: Von<br />
den rund 100 000 E<strong>in</strong>zelstoffen, die <strong>in</strong> Europa<br />
verwendet werden, s<strong>in</strong>d nur für e<strong>in</strong>en Bruchteil<br />
alle gesundheitsschädigenden Eigenschaften bekannt.<br />
Zumeist weiß man um die Schäden, die bei<br />
e<strong>in</strong>maliger, hoher Belastung ausgelöst werden<br />
können. Dagegen s<strong>in</strong>d die Gefahren, die bei ger<strong>in</strong>gerer<br />
Belastung bestehen, nicht o<strong>der</strong> nur bruchstückhaft<br />
bekannt.<br />
H<strong>in</strong>zu kommt, dass Wirkungen nur für E<strong>in</strong>zelstoffe<br />
untersucht werden. An Arbeitsplätzen werden<br />
aber zumeist Stoffgemische e<strong>in</strong>gesetzt. Komb<strong>in</strong>ations-<br />
und Wechselwirkungen von Stoffen s<strong>in</strong>d<br />
bislang nur wenig erforscht und lassen sich wegen<br />
<strong>der</strong> Vielzahl <strong>der</strong> Komb<strong>in</strong>ationsmöglichkeiten<br />
kaum umfassend untersuchen.<br />
Schließlich kann es durch die Art <strong>der</strong> Verwendung<br />
von Stoffen zur Umwandlung o<strong>der</strong> Zersetzung <strong>der</strong><br />
Ausgangsstoffe kommen. Fast immer entstehen<br />
Cocktails von Umwandlungsprodukten, für die e<strong>in</strong>ige<br />
schädigende Eigenschaften e<strong>in</strong>iger Bestandteile<br />
bekannt s<strong>in</strong>d – dabei ist aber we<strong>der</strong> die genaue Zusammensetzung<br />
<strong>der</strong> Mischung bekannt noch liegt<br />
Wissen über alle schädigenden Eigenschaften vor.<br />
Verstärkt wird die Gesundheitsgefährdung auch<br />
dadurch, dass die e<strong>in</strong>gesetzten o<strong>der</strong> entstehenden<br />
Stoffe aufgrund <strong>der</strong> mechanischen Energie als<br />
Sprühnebel verteilt werden o<strong>der</strong> wegen <strong>der</strong> hohen<br />
2
Temperaturen stärker verdampfen o<strong>der</strong> als Gase<br />
o<strong>der</strong> Rauche freigesetzt werden.<br />
Selbst wenn bei <strong>der</strong> Planung <strong>der</strong> Schutzmaßnahmen<br />
an den Arbeitsplätzen alle bekannten<br />
schädigenden Wirkungen von Gefahrstoffen berücksichtigt<br />
werden, verbleiben also zahlreiche<br />
Wissenslücken. Deshalb muss es das Ziel aller<br />
Schutzmaßnahmen se<strong>in</strong>, Belastungen durch Gefahrstoffe<br />
möglichst vollständig zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />
o<strong>der</strong> sie zum<strong>in</strong>dest so ger<strong>in</strong>g wie möglich zu halten<br />
und sie weiter zu verr<strong>in</strong>gern.<br />
Betriebsräte haben die wichtige Aufgabe zu überwachen,<br />
dass <strong>der</strong> Arbeitgeber se<strong>in</strong>en Verpflichtungen<br />
zum Schutz <strong>der</strong> Gesundheit nachkommt<br />
und sie haben umfassende Mitbestimmungsrechte<br />
bei <strong>der</strong> konkreten Ausgestaltung dieses Schutzes.<br />
Nach den Betriebsratswahlen ist e<strong>in</strong>e große Zahl<br />
von Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen neu mit dem Thema<br />
„Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz“ und speziell<br />
auch mit dem „Schutz vor Gefahrstoffen am<br />
Arbeitsplatz“ befasst. Ihnen soll diese Arbeitshilfe<br />
den E<strong>in</strong>stieg erleichtern.<br />
Doch auch für diejenigen Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen,<br />
die schon lange aktiv für den Schutz vor<br />
Gefahrstoffen arbeiten, bietet diese Arbeitshilfe<br />
Unterstützung an: So werden <strong>in</strong> ihr nicht nur die<br />
Vorgaben erläutert, die mit <strong>der</strong> Neufassung <strong>der</strong><br />
<strong>Gefahrstoffverordnung</strong> seit Anfang 2005 gelten,<br />
3<br />
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
son<strong>der</strong>n es wird auch gezeigt, <strong>in</strong>wieweit die neuen<br />
Bestimmungen e<strong>in</strong>e Fortschreibung <strong>der</strong> früheren<br />
Vorschriften s<strong>in</strong>d und wo es durch die neugefasste<br />
Verordnung zu Verän<strong>der</strong>ungen gekommen<br />
ist.<br />
E<strong>in</strong>ige <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ungen s<strong>in</strong>d durchaus positiv<br />
und führen bei korrekter betrieblicher Umsetzung<br />
zu e<strong>in</strong>em besseren Schutz <strong>der</strong> Gesundheit <strong>der</strong> Beschäftigten.<br />
Hier s<strong>in</strong>d die Betriebsräte gefor<strong>der</strong>t,<br />
im Rahmen ihrer Überwachungs- und Mitbestimmungsrechte<br />
zu e<strong>in</strong>er umfassenden Umsetzung<br />
<strong>der</strong> Vorgaben <strong>in</strong> den Betrieben beizutragen.<br />
An<strong>der</strong>e Verän<strong>der</strong>ungen dagegen reißen Löcher <strong>in</strong><br />
das bisherige System zum Schutz <strong>der</strong> Beschäftigten.<br />
Hier ist es Aufgabe <strong>der</strong> Betriebsräte dafür zu<br />
sorgen, dass das bisherige Schutzniveau <strong>in</strong> den<br />
Betrieben nicht abgebaut wird. Mit Betriebsvere<strong>in</strong>barungen<br />
o<strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Regelungen können<br />
sie erreichen, dass bewährte Verfahrensweisen<br />
beibehalten werden, auch wenn dies <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Gefahrstoffverordnung</strong> nicht konkret vorgeschrieben<br />
ist. Leitl<strong>in</strong>ie sollte dabei stets die Verbesserung<br />
des Gesundheitsschutzes <strong>der</strong> Beschäftigten<br />
se<strong>in</strong>, wie dies im Arbeitsschutzgesetz <strong>in</strong> § 1 und<br />
§ 3 ausdrücklich gefor<strong>der</strong>t wird.<br />
Wolfgang Rhode<br />
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Struktur <strong>der</strong> Arbeitshilfe<br />
<strong>Die</strong> Arbeitshilfe besteht aus vier Teilen:<br />
E<strong>in</strong>leitend wird <strong>in</strong> Kapitel 1 e<strong>in</strong> Überblick über die<br />
folgenden Punkte gegeben:<br />
Was s<strong>in</strong>d Gefahrstoffe und woran<br />
s<strong>in</strong>d sie im Betrieb zu erkennen?<br />
Welche Gesundheitsschäden können von<br />
Gefahrstoffen verursacht werden?<br />
Wie gelangen Gefahrstoffe <strong>in</strong> den Körper?<br />
Welchen Schutz gibt es vor Gefahrstoffen?<br />
In Kapitel 2 werden dann die für die betriebliche<br />
<strong>Praxis</strong> wichtigen Teile <strong>der</strong> <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
vorgestellt. Verbunden wird diese Vorstellung mit<br />
gezielten H<strong>in</strong>weisen für Betriebsräte. In jedem <strong>der</strong><br />
thematisch geglie<strong>der</strong>ten Abschnitte s<strong>in</strong>d Fragen<br />
formuliert, die Betriebsräte als Kontrollfragen nutzen<br />
können, wenn sie ihren Überwachungspflichten<br />
nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 nachkommen wollen.<br />
Im Mittelpunkt des Kapitels steht dabei die Gefährdungsbeurteilung<br />
gemäß <strong>Gefahrstoffverordnung</strong>.<br />
Ohne den E<strong>in</strong>zelheiten von Kapitel 2 vorzugreifen,<br />
hier bereits vorab zwei grundlegende<br />
H<strong>in</strong>weise:<br />
die Gefährdungsbeurteilung ist das zentrale<br />
Instrument <strong>der</strong> <strong>Gefahrstoffverordnung</strong>; deshalb<br />
ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Verordnung bestimmt, dass „<strong>der</strong><br />
Arbeitgeber ... e<strong>in</strong>e Tätigkeit mit Gefahrstoffen<br />
erst aufnehmen lassen (darf), nachdem<br />
e<strong>in</strong>e Gefährdungsbeurteilung vorgenommen<br />
wurde und die erfor<strong>der</strong>lichen Schutzmaßnahmen<br />
getroffen wurden“ (§ 7 Abs. 1 Satz<br />
3 GefStoffV); mit Hilfe dieser Bestimmung<br />
<strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit § 80 Abs. 1 Nr. 1 und § 87<br />
Abs. 1 Nr. 7 BetrVG steht dem Betriebsrat e<strong>in</strong><br />
machtvolles Instrument zum Schutz <strong>der</strong> Beschäftigten<br />
zur Verfügung, mit dem bis h<strong>in</strong> zur<br />
Androhung von Produktionsstilllegungen die<br />
Durchführung <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
und die Ableitung erfor<strong>der</strong>licher Arbeitsschutzmaßnahmen<br />
erzwungen werden können;<br />
die Beschäftigten haben e<strong>in</strong> Anrecht darauf,<br />
<strong>in</strong> den Prozess <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
e<strong>in</strong>bezogen zu werden; auf dieses Recht wird<br />
zwar nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Gefahrstoffverordnung</strong> h<strong>in</strong>gewiesen,<br />
wohl aber im Arbeitsschutzgesetz:<br />
danach s<strong>in</strong>d die Beschäftigten „berechtigt,<br />
dem Arbeitgeber Vorschläge zu allen Fragen<br />
<strong>der</strong> Sicherheit und des Gesundheitsschutzes<br />
bei <strong>der</strong> Arbeit zu machen“ (§ 17 Abs. 1<br />
Satz 1 ArbSchG); <strong>in</strong> welcher Form diese Beteiligung<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
erfolgen kann, ist ungeregelt, damit greift<br />
auch hier die zw<strong>in</strong>gende Mitbestimmung<br />
des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 7.<br />
Im Mittelpunkt von Kapitel 3 stehen die Gestaltungsmöglichkeiten<br />
von Betriebsräten und<br />
Beschäftigten. Neben <strong>der</strong> Überwachung <strong>der</strong><br />
Aufgaben, zu denen <strong>der</strong> Arbeitgeber gemäß <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
verpflichtet ist und die <strong>in</strong><br />
Kapitel 2 vorgestellt werden, zeichnet sich die<br />
Verordnung durch e<strong>in</strong>e Vielzahl unbestimmter<br />
Rechtsbegriffe und vielfach durch fehlende Detailregelungen<br />
aus. Damit stellt die seit 2005 geltende<br />
Verordnung sehr viel größere Herausfor<strong>der</strong>un-<br />
4
gen an Betriebe – und vor allem an Betriebsräte!<br />
– als es die frühere Verordnung tat: In <strong>der</strong> Vergangenheit<br />
musste vom Betriebsrat kontrolliert<br />
werden, ob e<strong>in</strong>e Regelung betrieblich umgesetzt<br />
wurde. Jetzt ist dagegen betrieblich zunächst zu<br />
regeln, wie die Rahmenvorschriften <strong>der</strong> Verordnung<br />
vor Ort konkretisiert werden sollen, und erst<br />
als zweiter Schritt muss kontrolliert werden, ob<br />
diese betrieblich festgelegten E<strong>in</strong>zelheiten auch<br />
tatsächlich umgesetzt werden.<br />
Sowohl die unbestimmten Rechtsbegriffe als<br />
auch die fehlenden Detailregelungen unterliegen<br />
zw<strong>in</strong>gend <strong>der</strong> Mitbestimmung gemäß § 87 Abs. 1<br />
Nr. 7 BetrVG. <strong>Die</strong>se Rechtslage ist im Juni 2004<br />
auch durch zwei Beschlüsse des Bundesarbeitsgerichts<br />
nachdrücklich bestätigt und <strong>in</strong>haltlich<br />
präzisiert worden 1 . Angesichts <strong>der</strong> Vielzahl <strong>der</strong><br />
erfor<strong>der</strong>lichen <strong>betrieblichen</strong> Konkretisierungen<br />
besteht die Gefahr, dass <strong>der</strong> Betriebsrat geradezu<br />
mit Entscheidungen überschwemmt wird. Hier<br />
wird für den Betriebsrat die Kunst dar<strong>in</strong> bestehen,<br />
wichtige von weniger wichtigen Fragestellungen<br />
zu unterscheiden und e<strong>in</strong>e strategisch kluge Auswahl<br />
<strong>der</strong> Themen zu treffen, mit denen er sich<br />
vordr<strong>in</strong>glich befassen will. Vorschläge hierzu f<strong>in</strong>den<br />
sich <strong>in</strong> Kapitel 3.<br />
Der vierte Teil <strong>der</strong> Arbeitshilfe ist <strong>der</strong> Anhang.<br />
In ihm s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Reihe praktischer Hilfen zusammengestellt:<br />
1 Beschlüsse des BAG vom 8.6.2004, Az. 1 ABR 4/03 und 1 ABR 13/03.<br />
5<br />
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
H<strong>in</strong>weise auf wichtige Gesetzes- und Verordnungstexte,<br />
auf den Zugang zu Technischen<br />
Regeln (TRGS) sowie auf e<strong>in</strong>en<br />
Kommentar zur <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Internet-l<strong>in</strong>ks zu Websites mit Informationen<br />
zum Thema „Gefahrstoffe“<br />
e<strong>in</strong> Glossar mit Erläuterungen<br />
von Fachbegriffen<br />
e<strong>in</strong> Verzeichnis wichtiger Abkürzungen.<br />
Schließlich werden im Anhang als H<strong>in</strong>tergrund<strong>in</strong>formation<br />
die Gründe für die Neufassung <strong>der</strong> <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
erläutert. Im Mittelpunkt <strong>der</strong><br />
Darstellung stehen dabei zum e<strong>in</strong>en die Vorgaben<br />
von Seiten <strong>der</strong> EU, zum zweiten <strong>der</strong> Versuch, e<strong>in</strong>e<br />
Reihe von Schwachstellen <strong>der</strong> früheren Verordnung<br />
zu beheben und zum dritten die <strong>in</strong>nenpolitischen<br />
Vorgaben, mit denen unter dem Kampfbegriff<br />
„Bürokratieabbau“ e<strong>in</strong> „schlankeres“ Regelwerk<br />
auch im Arbeitsschutz durchgesetzt werden<br />
soll.<br />
Beschlossen wird die dortige Übersicht mit e<strong>in</strong>er<br />
Zusammenstellung <strong>der</strong> verbliebenen Lücken, also<br />
von Themen, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Verordnung überhaupt<br />
nicht angesprochen werden o<strong>der</strong> zu denen nur<br />
allgeme<strong>in</strong>e Vorgaben gemacht worden s<strong>in</strong>d, ohne<br />
sie mit <strong>in</strong>haltlichen Festlegungen zu füllen. Für<br />
viele <strong>der</strong> betrieblich zu regelnden Themen, die <strong>in</strong><br />
den Kapiteln 2 und 3 angesprochen s<strong>in</strong>d, soll damit<br />
<strong>der</strong> Blick auf die politischen Konflikte eröffnet<br />
werden, die e<strong>in</strong>e Regelung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Verordnung verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t<br />
haben.
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Raum für Notizen<br />
6
1 Überblick<br />
Was s<strong>in</strong>d Gefahrstoffe und woran<br />
s<strong>in</strong>d sie im Betrieb zu erkennen?<br />
Je<strong>der</strong> Stoff, <strong>der</strong> im Betrieb e<strong>in</strong>gesetzt wird o<strong>der</strong><br />
während des Herstellungs- und Bearbeitungsprozesses<br />
entsteht, kann e<strong>in</strong> Gefahrstoff se<strong>in</strong> o<strong>der</strong><br />
dazu werden. Ob e<strong>in</strong> Stoff o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Gemisch von<br />
Stoffen (<strong>in</strong> <strong>der</strong> Sprache <strong>der</strong> GefStoffV e<strong>in</strong>e „Zubereitung“)<br />
tatsächlich e<strong>in</strong> Gefahrstoff ist, hängt von<br />
zwei grundlegenden D<strong>in</strong>gen ab: von den Stoffeigenschaften<br />
und von <strong>der</strong> Art und Weise, wie <strong>der</strong><br />
Stoff o<strong>der</strong> die Zubereitung im Betrieb verwendet<br />
werden.<br />
Bei den Stoffeigenschaften werden 15 Eigenschaften<br />
unterschieden, die <strong>in</strong> drei Gruppen unterteilt<br />
s<strong>in</strong>d, nämlich <strong>in</strong> physikalisch-chemische<br />
Eigenschaften, <strong>in</strong> gesundheitsschädigende (o<strong>der</strong><br />
„toxische“) Eigenschaften und <strong>in</strong> umweltschädigende<br />
Eigenschaften:<br />
Gefährliche Stoffeigenschaften<br />
■ Physikalisch-chemische Eigenschaften<br />
explosionsgefährlich<br />
brandför<strong>der</strong>nd<br />
hochentzündlich<br />
leichtentzündlich<br />
entzündlich<br />
■ Gesundheitsschädigende (toxische) Eigenschaften<br />
sehr giftig<br />
giftig<br />
gesundheitsschädlich<br />
ätzend<br />
reizend<br />
sensibilisierend<br />
krebserzeugend (karz<strong>in</strong>ogen)<br />
fortpflanzungsgefährdend (reproduktionstoxisch)<br />
erbgutverän<strong>der</strong>nd (mutagen)<br />
■ Umweltschädigende Eigenschaften<br />
umweltgefährlich<br />
7<br />
Überblick<br />
Hat e<strong>in</strong> Stoff e<strong>in</strong>e dieser Eigenschaften, so<br />
muss er als „gefährlicher Stoff“ (Gefahrstoff )<br />
e<strong>in</strong>gestuft werden. Ganz entsprechend werden<br />
auch Zubereitungen beurteilt, allerd<strong>in</strong>gs gibt es<br />
hier e<strong>in</strong>e Beson<strong>der</strong>heit: Für die E<strong>in</strong>stufung von<br />
Zubereitungen gibt es neben <strong>der</strong> Möglichkeit,<br />
die Zubereitung als Ganzes zu beurteilen, auch<br />
die Möglichkeit, sie anhand <strong>der</strong> bekannten Eigenschaften<br />
ihrer Inhaltsstoffe zu beurteilen<br />
und e<strong>in</strong>zustufen. In H<strong>in</strong>blick auf toxische und<br />
umweltschädigende Eigenschaften wird üblicherweise<br />
die zweite Möglichkeit gewählt. Als<br />
gefährlich e<strong>in</strong>gestufte Zubereitungen werden <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Sprache <strong>der</strong> GefStoffV ebenfalls als Gefahrstoffe<br />
bezeichnet.<br />
Für alle Stoffe und Zubereitungen, die vermarktet<br />
werden, also von e<strong>in</strong>em Unternehmen an an<strong>der</strong>e<br />
geliefert werden, ist es die Pflicht des sogenannten<br />
„Inverkehrbr<strong>in</strong>gers“, also des Herstellers o<strong>der</strong><br />
Importeurs zu beurteilen, ob sie über gefährliche<br />
Eigenschaften verfügen und sie dementsprechend<br />
e<strong>in</strong>zustufen.<br />
Ist e<strong>in</strong> Stoff o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Zubereitung als gefährlich<br />
e<strong>in</strong>gestuft, so müssen sie vom „Inverkehrbr<strong>in</strong>ger“<br />
gekennzeichnet werden. Außerdem muss<br />
e<strong>in</strong> Sicherheitsdatenblatt (SDB) erstellt und den<br />
Kunden spätestens bei <strong>der</strong> ersten Lieferung des<br />
Produktes übermittelt werden.<br />
<strong>Die</strong> Kennzeichnungsvorschriften sehen vor, dass<br />
auf <strong>der</strong> Verpackung e<strong>in</strong> Etikett mit folgenden Angaben<br />
anzubr<strong>in</strong>gen ist:
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Name und vollständige Anschrift<br />
des Herstellers bzw. E<strong>in</strong>führers<br />
Bezeichnung des Stoffes bzw. Bezeichnung<br />
o<strong>der</strong> Handelsname <strong>der</strong> Zubereitung<br />
bei Zubereitungen die Bezeichnungen <strong>der</strong><br />
wichtigsten gefährlichen Inhaltsstoffe<br />
Gefahrensymbole und Gefahrenbezeichnungen<br />
Gefahrenh<strong>in</strong>weise (R-Sätze)<br />
Sicherheitsratschläge (S-Sätze)<br />
Gefahrensymbole und Gefahrenbezeichnung ermöglichen<br />
es, auf den ersten Blick zu erkennen,<br />
dass es sich um e<strong>in</strong>en Gefahrstoff handelt und<br />
welche Art von Gefahren von ihm ausgehen.<br />
Für Zubereitungen gibt es e<strong>in</strong>e wichtige Beson<strong>der</strong>heit:<br />
Sie gelten nur dann als „gefährlich“,<br />
wenn <strong>der</strong> Anteil gefährlicher Inhaltsstoffe e<strong>in</strong>en<br />
bestimmten Anteil übersteigt. <strong>Die</strong>ser M<strong>in</strong>destan-<br />
teil ist abhängig von <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> schädigenden Ei-<br />
genschaft. So muss e<strong>in</strong>e Zubereitung m<strong>in</strong>destens<br />
25 Prozent als „gesundheitsschädlich“ e<strong>in</strong>gestufter<br />
Inhaltsstufe enthalten, um selber als „gesundheitsschädlich“<br />
e<strong>in</strong>gestuft zu werden.<br />
Um für den Verwen<strong>der</strong> solcher Zubereitungen, die<br />
zwar gefährliche Inhaltsstoffe enthalten, selber<br />
aber nicht als gefährlich e<strong>in</strong>gestuft s<strong>in</strong>d, e<strong>in</strong>e Wissenslücke<br />
zu schließen, müssen Zubereitungen<br />
ab e<strong>in</strong>em M<strong>in</strong>destanteil von 1 Prozent gesundheits-<br />
o<strong>der</strong> umweltschädigen<strong>der</strong> Inhaltsstoffe auf<br />
dem Etikett folgenden H<strong>in</strong>weis tragen: „Sicherheitsdatenblatt<br />
auf Anfrage für berufsmäßige Verwen<strong>der</strong><br />
erhältlich.“<br />
Für Stoffe und Zubereitungen, die im Betrieb für<br />
den Eigengebrauch hergestellt werden, gibt es<br />
ebenfalls die Pfl icht sie e<strong>in</strong>zustufen, wenn auch <strong>in</strong><br />
abgeschwächter Form. Nach § 7 Abs. 2 GefStoffV<br />
müssen zum<strong>in</strong>dest die von den Stoffen o<strong>der</strong> Zubereitungen<br />
ausgehenden Gefährdungen<br />
für die Beschäftigten ermittelt<br />
werden.<br />
E<strong>in</strong> Stoff o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Zubereitung können<br />
allerd<strong>in</strong>gs nicht nur aufgrund<br />
ihrer E<strong>in</strong>stufung e<strong>in</strong> Gefahrstoff<br />
se<strong>in</strong>, son<strong>der</strong>n auch aufgrund<br />
<strong>der</strong> Art und Weise, wie sie im<br />
Betrieb<br />
verwendet werden.<br />
Hierfür gibt es e<strong>in</strong>e Reihe von<br />
Möglichkeiten:<br />
Stoffe und Zubereitungen<br />
können aufgrund ihrer<br />
8
Verwendung explosionsfähig werden, so etwa<br />
Feststoffe, die <strong>in</strong> Pulverform gebracht werden<br />
und dann zu Staubexplosionen führen können<br />
o<strong>der</strong> Flüssigkeiten, über denen sich bei<br />
Erwärmung Dampf-Luft-Gemische bilden;<br />
aus Stoffen, Zubereitungen und Erzeugnissen<br />
können bei ihrer Verwendung an<strong>der</strong>e gefährliche<br />
Stoffe o<strong>der</strong> Zubereitungen freigesetzt<br />
werden, so etwa Beschichtungen, aus denen<br />
beim Überschweißen giftige und atemwegsreizende<br />
Zersetzungsprodukte entstehen;<br />
Stoffe können aufgrund ihrer Verwendung zu<br />
Gesundheitsschäden führen, so etwa tiefkalte<br />
Gase zu schweren Hautschäden, Heißdampf<br />
zu schweren Hautschäden und Verbrennungen,<br />
Inertisierungsgase wie Stickstoff zum<br />
Ersticken und schließlich auch Wasser bei<br />
ständigem Hautkontakt zu Hautschäden.<br />
Für Stoffe, Zubereitungen und Erzeugnisse, die<br />
aufgrund <strong>der</strong> Art und Weise <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong><br />
Verwendung zu Gefahrstoffen werden, ist es weitgehend<br />
Sache des Betriebes, sie im Rahmen <strong>der</strong><br />
Gefährdungsbeurteilung als Gefahrstoffe zu identifizieren.<br />
Welche Gesundheitsschäden können<br />
von Gefahrstoffen verursacht werden?<br />
Wie die Liste <strong>der</strong> toxischen Eigenschaften <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Tabelle im vorigen Abschnitt zeigt, können Gefahrstoffe<br />
e<strong>in</strong> weites Spektrum unterschiedlicher<br />
Gesundheitsschäden verursachen. Üblicherweise<br />
wird zwischen akuten und chronischen Schäden<br />
unterschieden.<br />
9<br />
Überblick<br />
Schäden werden als akut bezeichnet, wenn sie<br />
unmittelbar als Folge e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>maligen Belastung<br />
auftreten können; sie werden als chronisch bezeichnet,<br />
wenn sie Folge e<strong>in</strong>er wie<strong>der</strong>holten o<strong>der</strong><br />
dauernden Belastung s<strong>in</strong>d. Belastungen, bei denen<br />
ke<strong>in</strong>e akuten Gesundheitsschäden auftreten,<br />
können also durchaus zu chronischen Schäden<br />
führen.<br />
Genaue H<strong>in</strong>weise darauf, welche Art von Gesundheitsschäden<br />
e<strong>in</strong> Stoff verursachen kann, liefern<br />
die Gefahrenh<strong>in</strong>weise (R-Sätze), die dem Etikett<br />
und – <strong>in</strong> vollem Umfang – dem SDB entnommen<br />
werden können. Ist für e<strong>in</strong>en Stoff ebenfalls e<strong>in</strong><br />
Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) festgesetzt, so kann<br />
auch abgeschätzt werden, unterhalb welcher<br />
Belastung mit dem Stoff chronische Gesundheitsschäden<br />
im Allgeme<strong>in</strong>en nicht auftreten.<br />
Wie gelangen Gefahrstoffe <strong>in</strong> den Körper?<br />
Gefahrstoffe können auf drei Wegen auf den<br />
Körper e<strong>in</strong>wirken und <strong>in</strong> ihn e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen:<br />
Über die Luft können sie zum e<strong>in</strong>en <strong>in</strong><br />
die Atemwege und von dort über die Lungen<br />
<strong>in</strong> den Körper gelangen. Ätzende und<br />
reizende Stoffe können zudem zu Schäden<br />
<strong>der</strong> Atemwege selbst o<strong>der</strong> von Haut,<br />
Schleimhäuten und Augen führen.<br />
Bei Hautkontakt können e<strong>in</strong>erseits Hautschäden<br />
entstehen, an<strong>der</strong>erseits s<strong>in</strong>d zahlreiche<br />
Stoffe <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage, die Haut zu durchdr<strong>in</strong>gen<br />
und so <strong>in</strong> den Körper zu gelangen. Ist die<br />
Haut bereits vorgeschädigt – etwa durch fe<strong>in</strong>e<br />
Verletzungen – o<strong>der</strong> durch E<strong>in</strong>wirkung von
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Wasser aufgeweicht, können Schadstoffe<br />
sie noch leichter durchdr<strong>in</strong>gen. Auch Hautkontakt<br />
mit verschmutzten Werkzeugen,<br />
Werkstücken o<strong>der</strong> Oberflächen kann zur<br />
Aufnahme <strong>der</strong> Stoffe <strong>in</strong> den Körper führen.<br />
Schließlich können Gefahrstoffe auch<br />
verschluckt werden. Vor allem bei Belastungen<br />
mit Schwermetallstäuben,<br />
zum Beispiel von Blei, ist dies <strong>der</strong><br />
Hauptaufnahmeweg <strong>in</strong> den Körper.<br />
Welchen Schutz gibt es vor Gefahrstoffen?<br />
Bester Schutz vor Gefahrstoffen ist es, sie überhaupt<br />
nicht zu verwenden. Entwe<strong>der</strong> können an<strong>der</strong>e<br />
Herstellungsverfahren zum E<strong>in</strong>satz kommen,<br />
die ganz ohne Verwendung von Stoffen auskommen<br />
o<strong>der</strong> es können an<strong>der</strong>e Stoffe e<strong>in</strong>gesetzt<br />
werden, die nicht o<strong>der</strong> zum<strong>in</strong>dest weniger gefährlich<br />
s<strong>in</strong>d.<br />
Ist e<strong>in</strong>e solche Substitution technisch nicht<br />
möglich, sollten Gefahrstoffe im geschlossenen<br />
System e<strong>in</strong>gesetzt werden. <strong>Die</strong>s verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t den<br />
Kontakt über die Atemluft und die Haut. Ist auch<br />
dies technisch nicht machbar, sollten die Gefahrstoffe<br />
auf e<strong>in</strong>e Weise und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Form e<strong>in</strong>gesetzt<br />
werden, durch die ihre Freisetzung völlig unterbunden<br />
o<strong>der</strong> weitgehend verm<strong>in</strong><strong>der</strong>t wird (etwa<br />
durch Verwendung emissionsgem<strong>in</strong><strong>der</strong>ter Produkte<br />
wie Pellets anstelle von Pulver, Anwendung<br />
von Tauch-, Streich- o<strong>der</strong> Rollverfahren anstelle<br />
von Spritzverfahren). Gleichzeitig sollten an den<br />
Stellen Absaugungen <strong>in</strong>stalliert werden, an denen<br />
die Gefahrstoffe <strong>in</strong> die Luft gelangen.<br />
Werden trotz dieser Maßnahmen Gefahrstoffe<br />
freigesetzt, so s<strong>in</strong>d Lüftungsmaßnahmen zu treffen.<br />
E<strong>in</strong>e weitere Möglichkeit, die Belastung zu<br />
begrenzen, besteht <strong>in</strong> <strong>der</strong> zeitlichen Beschränkung<br />
<strong>der</strong> belastenden Tätigkeit.<br />
Erst nachdem alle diese Maßnahmen ausgeschöpft<br />
s<strong>in</strong>d und wenn trotzdem noch e<strong>in</strong>e Gesundheitsgefährdung<br />
besteht, darf auf persönliche<br />
Schutzmaßnahmen und hier <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />
auf die Verwendung von Atemschutz zurückgegriffen<br />
werden.<br />
Allgeme<strong>in</strong>e H<strong>in</strong>weise auf Schutzmaßnahmen<br />
liefern die Sicherheitsratschläge (S-Sätze), die<br />
dem SDB entnommen werden können. Sie s<strong>in</strong>d<br />
allerd<strong>in</strong>gs nicht auf die speziellen Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen<br />
abgestimmt und können ke<strong>in</strong>eswegs die<br />
eigenständige Ableitung von Schutzmaßnahmen<br />
im Betrieb im Rahmen <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
ersetzen.<br />
Zusätzlich zu diesen Maßnahmen <strong>in</strong> Bezug auf<br />
Gefahrstoffe gilt grundsätzlich bei Tätigkeiten<br />
mit jeglicher Art von Stoffen, dass die Pr<strong>in</strong>zipien<br />
<strong>der</strong> Arbeitshygiene stets die Grundlage für den<br />
Schutz gegen alle möglichen Gesundheitsgefährdungen<br />
bilden sollten. <strong>Die</strong>s schließt e<strong>in</strong><br />
die Menge <strong>der</strong> am Arbeitsplatz vorhandenen<br />
Stoffe auf das für die betreffende Tätigkeit<br />
erfor<strong>der</strong>liche Ausmaß zu beschränken,<br />
den Arbeitsplatz regelmäßig zu re<strong>in</strong>igen und<br />
verschüttete Stoffe sofort zu beseitigen,<br />
10
die Anzahl <strong>der</strong> Beschäftigten, die den<br />
Stoffen ausgesetzt se<strong>in</strong> können, so<br />
weit wie möglich zu begrenzen,<br />
Dauer und Ausmaß <strong>der</strong> Belastung mit den<br />
Stoffen so weit wie möglich zu begrenzen.<br />
In sämtlichen Arbeitsbereichen, <strong>in</strong> denen Gefahrstoffe<br />
vorkommen können, sollte strikt darauf<br />
geachtet werden, dass dort we<strong>der</strong> gegessen noch<br />
getrunken noch geraucht wird.<br />
Welche weiteren Möglichkeiten gibt es?<br />
<strong>Die</strong>se genannten Maßnahmen zum Schutz vor<br />
Gefahrstoffen s<strong>in</strong>d Vorgaben, die sich aus <strong>der</strong><br />
<strong>Gefahrstoffverordnung</strong> ergeben. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />
können Betriebe selbstverständlich zusätzliche<br />
Maßnahmen treffen, auch wenn sie nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
GefStoffV beschrieben s<strong>in</strong>d.<br />
11<br />
Überblick<br />
Beispiel e<strong>in</strong>er guten Arbeitsschutzpraxis ist e<strong>in</strong><br />
betriebliches Freigabesystem für Arbeitsstoffe:<br />
Bevor e<strong>in</strong> neuer Arbeitsstoff erstmals e<strong>in</strong>gekauft<br />
werden darf, muss von den Verantwortlichen<br />
für den Arbeitsschutz geprüft werden, ob das<br />
Produkt erfor<strong>der</strong>lich ist o<strong>der</strong> ob nicht e<strong>in</strong> bereits<br />
vorhandenes Produkt für denselben Zweck e<strong>in</strong>gesetzt<br />
werden könnte. Falls das neue Produkt<br />
erfor<strong>der</strong>lich ist, muss weiter geprüft werden, ob<br />
es möglicherweise e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Produkt gibt, das<br />
ke<strong>in</strong>e o<strong>der</strong> weniger gesundheitsschädigende Eigenschaften<br />
aufweist o<strong>der</strong> ob durch e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e<br />
Verfahrensweise vollständig auf das neue Produkt<br />
verzichtet werden kann. Erst nach e<strong>in</strong>er solchen<br />
Prüfung, <strong>in</strong> die auch <strong>der</strong> Betriebsrat im Rahmen<br />
se<strong>in</strong>er Mitbestimmungsrechte e<strong>in</strong>bezogen werden<br />
muss, darf das neue Produkt bestellt werden.
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Raum für Notizen<br />
12
2 Zentrale Inhalte <strong>der</strong> <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Aufbau <strong>der</strong> <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
An dieser Stelle werden ke<strong>in</strong>e H<strong>in</strong>weise auf die<br />
rechtliche Zuordnung <strong>der</strong> <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
(kurz: GefStoffV) zum Arbeitsschutzgesetz und<br />
zum Chemikaliengesetz sowie zu den europäischen<br />
Richtl<strong>in</strong>ien zum <strong>betrieblichen</strong> Gesundheitsschutz<br />
gegeben. Um dieses Kapitel übersichtlich<br />
zu halten, s<strong>in</strong>d die entsprechenden Erläuterungen<br />
<strong>in</strong> den Abschnitt „H<strong>in</strong>tergrund“ im Anhang <strong>der</strong><br />
Arbeitshilfe aufgenommen worden.<br />
In ihrem Aufbau weist die neue <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
große Ähnlichkeit mit <strong>der</strong> bisherigen<br />
Verordnung auf. Es gibt aber auch e<strong>in</strong>ige wichtige<br />
Neuerungen:<br />
In <strong>der</strong> alten Verordnung waren alle Vorschriften<br />
für krebserzeugende und erbgutverän<strong>der</strong>nde<br />
Gefahrstoffe als eigenständiger Abschnitt aufgeführt.<br />
In <strong>der</strong> neuen Verordnung s<strong>in</strong>d die Vorschriften<br />
für krebserzeugende, erbgutverän<strong>der</strong>nde<br />
und – mit diesen jetzt gleichgestellt – fruchtbarkeitsgefährdende<br />
Gefahrstoffe <strong>in</strong> die für alle<br />
Stoffe geltenden Vorschriften <strong>in</strong>tegriert worden.<br />
<strong>Die</strong>se Vorschriften zu Tätigkeiten mit Gefahrstoffen<br />
s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> neuen GefStoffV <strong>in</strong> zwei Abschnitte<br />
unterteilt. „Allgeme<strong>in</strong>e Schutzmaßnahmen“,<br />
die stets anzuwenden s<strong>in</strong>d und „Ergänzende<br />
Schutzmaßnahmen“ für Tätigkeiten mit höherer<br />
Gefährdung. Zum an<strong>der</strong>en s<strong>in</strong>d dort die Vorschriften<br />
über die Information <strong>der</strong> Beschäftigten<br />
und über die Arbeitsmediz<strong>in</strong>ische Vorsorge zu<br />
f<strong>in</strong>den.<br />
13<br />
Zentrale Inhalte <strong>der</strong> <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Struktur <strong>der</strong> <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Erster Abschnitt Anwendungsbereich und<br />
Begriffsbestimmungen<br />
(§§ 1 – 3, Anhang I)<br />
Zweiter Abschnitt Gefahrstoff<strong>in</strong>formation (§§ 4 – 6, Anhang II)<br />
Dritter Abschnitt Allgeme<strong>in</strong>e<br />
Schutzmaßnahmen<br />
(§§ 7 – 9, Anhang III)<br />
Vierter Abschnitt Ergänzende<br />
Schutzmaßnahmen<br />
(§§ 10 – 17, Anhang V)<br />
Fünfter Abschnitt Verbote und Beschränkungen (§ 18, Anhang IV)<br />
Sechster Abschnitt Vollzugsregelungen<br />
und Schlussvorschriften<br />
(§§ 19 – 22)<br />
Siebter Abschnitt Ordnungswidrigkeiten<br />
und Straftaten<br />
(§§ 23 – 26)<br />
Wichtige Begriffe <strong>der</strong> Verordnung s<strong>in</strong>d im ersten<br />
Abschnitt <strong>in</strong> § 3 def<strong>in</strong>iert. An erster Stelle steht<br />
<strong>der</strong> Begriff Gefahrstoff, <strong>der</strong> weiter als früher gefasst<br />
ist: Zu den als gefährlich e<strong>in</strong>gestuften Stoffen<br />
und Zubereitungen (so werden Stoffgemische<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Verordnung genannt) s<strong>in</strong>d ausdrücklich solche<br />
h<strong>in</strong>zugenommen worden, die zwar nicht als<br />
gefährlich e<strong>in</strong>gestuft s<strong>in</strong>d, die aber durch die Art<br />
<strong>der</strong> Tätigkeit o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Verwendung die Gesundheit<br />
gefährden können. Beispiele hierfür s<strong>in</strong>d:<br />
Wasser, das bei Feuchtarbeit Hautschäden verursachen<br />
kann, tiefkalte Gase, die bei direktem<br />
Hautkontakt Hautzerstörungen bewirken o<strong>der</strong><br />
<strong>in</strong>erte Gase wie Stickstoff, die durch Verdrängen<br />
von Sauerstoff aus <strong>der</strong> Atemluft zum Ersticken<br />
führen.<br />
Werden solche Stoffe auf die beschriebene Weise<br />
verwendet, dann unterliegen auch diese Tätigkeiten<br />
den Vorschriften <strong>der</strong> GefStoffV.<br />
E<strong>in</strong> zweiter wichtiger Begriff ist die Tätigkeit.<br />
<strong>Die</strong>ser Begriff hat den Begriff „Umgang“ <strong>der</strong> alten<br />
Verordnung abgelöst. Grob gesprochen wird <strong>der</strong><br />
„Umgang“ mit Stoffen – also Herstellung, Verwen-
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
dung o<strong>der</strong> Lagerung – durch die E<strong>in</strong>beziehung von<br />
Arbeiten ergänzt, bei denen Stoffe „entstehen“<br />
o<strong>der</strong> „auftreten“ (etwa Schweißrauche o<strong>der</strong> Holzstäube).<br />
Zusätzlich zum Transport („Beför<strong>der</strong>n“) von Stoffen<br />
<strong>in</strong>nerhalb des Betriebes wird mit <strong>der</strong> neuen<br />
Verordnung auch <strong>der</strong> Transport außerhalb des<br />
Betriebs abgedeckt. <strong>Die</strong>s wird <strong>in</strong>sgesamt unter<br />
„Tätigkeit mit Stoffen“ zusammengefasst.<br />
Zudem gelten für solche Tätigkeiten die Vorschriften<br />
<strong>der</strong> GefStoffV, bei denen Beschäftigte<br />
durch Gefahrstoffe gefährdet werden, auch wenn<br />
sie nicht von ihnen selber verwendet werden<br />
o<strong>der</strong> aufgrund <strong>der</strong> von ihnen selbst verrichteten<br />
Tätigkeit auftreten. Typische Beispiele s<strong>in</strong>d<br />
Bedien- und Überwachungsarbeiten sowie Wartungs-<br />
und Reparaturarbeiten. Damit betreffen<br />
die Vorschriften <strong>der</strong> neuen Verordnung sowohl<br />
die Arbeit e<strong>in</strong>es reparierenden Elektrikers, <strong>der</strong><br />
im Schweißrauch steht, als auch die Arbeit e<strong>in</strong>es<br />
Tankre<strong>in</strong>igers, <strong>der</strong> den Restgasen im Tank ausgesetzt<br />
ist.<br />
<strong>Die</strong> Vorschriften des zweiten Abschnitts s<strong>in</strong>d<br />
an diejenigen gerichtet, die Stoffe und Zubereitungen<br />
vermarkten, seien sie Hersteller o<strong>der</strong><br />
Importeure. Sie haben Stoffe und Zubereitungen<br />
e<strong>in</strong>zustufen und gefährliche Stoffe und Zubereitungen<br />
zu kennzeichnen. Ferner müssen für<br />
gefährliche Stoffe und Zubereitungen Sicherheitsdatenblätter<br />
erstellt und den gewerblichen<br />
Kunden übermittelt werden. Mit diesen Vorga-<br />
ben für Kennzeichnung und Sicherheitsdatenblatt<br />
werden die beiden zentralen Instrumente<br />
für Gefahrstoff<strong>in</strong>formationen e<strong>in</strong>gerichtet, die<br />
für die Gefährdungsbeurteilung des Verwen<strong>der</strong>s<br />
unverzichtbar s<strong>in</strong>d.<br />
Im dritten und vierten Abschnitt s<strong>in</strong>d die wesentlichen<br />
Vorschriften für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen<br />
benannt. <strong>Die</strong> Gefährdungsbeurteilung ist<br />
dabei das zentrale Instrument und steht im Mittelpunkt<br />
<strong>der</strong> neuen GefStoffV.<br />
<strong>Die</strong> wichtigsten Themen werden weiter unten<br />
<strong>in</strong> zwölf kurzen Unterabschnitten (2.1. bis 2.12)<br />
vorgestellt. Unmittelbar zum dritten Abschnitt<br />
gehören auch Spezialvorschriften für e<strong>in</strong>e Reihe<br />
von Tätigkeiten mit beson<strong>der</strong>er Gefährdung,<br />
die <strong>in</strong> Anhang III aufgeführt s<strong>in</strong>d, beispielsweise<br />
Tätigkeiten, für die Brand- und Explosionsgefahren<br />
bestehen, Tätigkeiten mit Staubbelastungen<br />
(„partikelförmige Gefahrstoffe“) o<strong>der</strong> Tätigkeiten<br />
<strong>in</strong> Räumen und Behältern.<br />
Der fünfte Abschnitt sowie Anhang IV enthalten<br />
e<strong>in</strong>e Reihe von Verboten und Verwendungsbeschränkungen,<br />
die weitgehend bereits <strong>in</strong> <strong>der</strong> alten<br />
GefStoffV zu f<strong>in</strong>den waren.<br />
<strong>Die</strong> Rechte <strong>der</strong> Aufsichtsbehörden s<strong>in</strong>d im sechsten<br />
Abschnitt zu f<strong>in</strong>den. Gemäß § 20 GefStoffV<br />
erstrecken sie sich von <strong>der</strong> Möglichkeit, Ausnahmegenehmigungen<br />
für sämtliche Vorgaben des<br />
dritten bis sechsten Abschnitts zu erteilen bis zur<br />
Befugnis, unter bestimmten Voraussetzungen<br />
14
Tätigkeiten zu untersagen und die Stilllegung von<br />
Arbeitsbereichen anzuordnen.<br />
Mit <strong>der</strong> neuen GefStoffV s<strong>in</strong>d ebenfalls e<strong>in</strong>e<br />
Reihe neuer Begriffe e<strong>in</strong>geführt worden. In <strong>der</strong><br />
15<br />
Zentrale Inhalte <strong>der</strong> <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Neue Begriffe <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Begriff Erläuterung Verwendung<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> GefStoffV<br />
Schutzstufen Bauste<strong>in</strong>e des Schutzstufenkonzepts; jede <strong>der</strong> vier Schutzstufen gilt für<br />
Gefährdungen e<strong>in</strong>es bestimmten Ausmaßes und enthält Rahmenvorgaben<br />
für Schutzmaßnahmen und Vorgaben für die Wirksamkeitsprüfung <strong>der</strong><br />
Maßnahmen; die Schutzstufe e<strong>in</strong>er Tätigkeit richtet sich sowohl nach den<br />
gesundheitsschädigenden Eigenschaften <strong>der</strong> Stoffe als auch nach den<br />
E<strong>in</strong>zelheiten <strong>der</strong> Tätigkeit, bei <strong>der</strong> die Stoffe verwendet werden o<strong>der</strong> entstehen.<br />
E<strong>in</strong>zelheiten s. Abschnitt Schutzmaßnahmen<br />
§§ 8 - 11<br />
ger<strong>in</strong>ge Gefährdung Niedrigste Gefährdungsstufe, für die Schutzmaßnahmen gemäß § 8<br />
ausreichen. E<strong>in</strong>zelheiten s. Abschnitt Schutzmaßnahmen<br />
§ 7 Abs. 9<br />
Vermutungswirkung Bei <strong>der</strong> E<strong>in</strong>haltung Technischer Regeln kann <strong>der</strong> Arbeitgeber davon ausgehen,<br />
dass er die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Verordnung gestellten Anfor<strong>der</strong>ungen, auf die sich die Regeln<br />
beziehen, erfüllt.<br />
§ 8 Abs. 1 Satz 3<br />
Wirksamkeitskontrolle Erfor<strong>der</strong>liche Prüfung des Funktionierens und <strong>der</strong> Wirksamkeit von<br />
Schutzmaßnahmen. E<strong>in</strong>zelheiten s. Abschnitt Wirksamkeitsprüfung <strong>der</strong><br />
Schutzmaßnahmen<br />
Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) Luftkonzentration e<strong>in</strong>es Gefahrstoffes, bei <strong>der</strong> im Allgeme<strong>in</strong>en ke<strong>in</strong>e<br />
Gesundheitsschäden mehr auftreten. E<strong>in</strong>zelheiten s. Abschnitt<br />
Grenzwertkonzept<br />
Biologischer Grenzwert (BGW) Konzentration e<strong>in</strong>es Gefahrstoffes o<strong>der</strong> se<strong>in</strong>es Abbauproduktes im Körper, bei<br />
<strong>der</strong> im Allgeme<strong>in</strong>en ke<strong>in</strong>e Gesundheitsschäden mehr auftreten. E<strong>in</strong>zelheiten s.<br />
Abschnitt Grenzwertkonzept<br />
verfahrens- und<br />
stoffspezifische Kriterien<br />
(VSK)<br />
erweiterte Informationsrechte<br />
<strong>der</strong> Beschäftigten<br />
folgenden Tabelle s<strong>in</strong>d die wichtigsten mit e<strong>in</strong>er<br />
kurzen Erklärung, e<strong>in</strong>em H<strong>in</strong>weis auf weitere Erläuterungen<br />
<strong>in</strong> den nächsten Abschnitten sowie<br />
auf ihren Fundort <strong>in</strong> <strong>der</strong> Verordnung zusammengestellt:<br />
Vom AGS beschlossene praxisgerechte Festlegungen im Rahmen <strong>der</strong><br />
Gefährdungsbeurteilung für def<strong>in</strong>ierte Tätigkeiten mit Gefahrstoffen<br />
e<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong> Beschreibung geeigneter Schutzmaßnahmen und<br />
Festlegungen zu ihrer Wirksamkeitskontrolle. E<strong>in</strong>zelheiten s. TRGS 420<br />
Aufnahme folgen<strong>der</strong> Informationsrechte <strong>in</strong> die GefStoffV, die über die Vorgaben<br />
<strong>der</strong> alten GefStoffV h<strong>in</strong>ausgehen: E<strong>in</strong>sichtsrecht <strong>in</strong> das Gefahrstoffverzeichnis;<br />
E<strong>in</strong>sichtsrecht <strong>in</strong> die Sicherheitsdatenblätter; Unterrichtung <strong>in</strong> den Methoden<br />
und Verfahren, <strong>der</strong>en Beherrschung für die sichere Verwendung <strong>der</strong> jeweiligen<br />
Gefahrstoffe erfor<strong>der</strong>lich ist; allgeme<strong>in</strong>e arbeitsmediz<strong>in</strong>isch-toxikologische<br />
Beratung. E<strong>in</strong>zelheiten s. Abschnitt Information <strong>der</strong> Beschäftigten<br />
Angebotsuntersuchungen Arbeitsmediz<strong>in</strong>ische Vorsorgeuntersuchungen, die den Beschäftigten vom<br />
Arbeitgeber anzubieten s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong>zelheiten s. Abschnitt Arbeitsmediz<strong>in</strong>ische<br />
Vorsorge<br />
Gefahrstoff-Koord<strong>in</strong>ator Beauftragter, <strong>der</strong> bei Zusammenarbeit verschiedener Firmen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Betrieb<br />
zu benennen ist, wenn es durch Tätigkeiten mit Gefahrstoffen zu gegenseitigen<br />
Gefährdungen von Beschäftigten <strong>der</strong> verschiedenen Firmen kommen kann.<br />
E<strong>in</strong>zelheiten s. Abschnitt Zusammenarbeit verschiedener Firmen<br />
§ 8 Abs. 2; § 9 Abs. 3, 4 und<br />
8; § 10 Abs. 2; § 13 Abs. 1<br />
§ 3 Abs. 6; § 9 Abs. 4 und 5;<br />
§ 10 Abs. 2; § 11 Abs. 1; § 16<br />
Abs. 1<br />
§ 3 Abs. 7; § 15 Abs. 2<br />
§ 9 Abs. 4; § 10 Abs. 2; § 11<br />
Abs. 1<br />
§ 14<br />
§ 16 Abs. 3<br />
§ 17 Abs. 2
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Um das Verständnis für die Beschreibungen <strong>der</strong><br />
weiteren Abschnitte zu erleichtern, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
folgenden Übersicht e<strong>in</strong>ige Begriffe und Vorgaben<br />
aus <strong>der</strong> alten und aus <strong>der</strong> neuen Verordnung<br />
e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> gegenübergestellt, die sich <strong>in</strong> Bezug<br />
Begriffliche Entsprechungen zwischen alter und neuer <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
auf ihre Bedeutung o<strong>der</strong> Funktion ähnlich s<strong>in</strong>d.<br />
Auf weitere Erläuterungen wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Übersicht<br />
verzichtet, hierzu wird auf die weiteren Abschnitte<br />
verwiesen.<br />
Begriff / Vorgabe <strong>in</strong> <strong>der</strong> alten GefStoffV Begriff / Vorgabe <strong>in</strong> <strong>der</strong> neuen GefStoffV Abschnitt <strong>in</strong> diesem Teil<br />
mit weiteren Erläuterungen<br />
Umgang Tätigkeit Aufbau <strong>der</strong> <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Ermittlungspflicht Informationsermittlung, Gefährdungsermittlung Gefährdungsbeurteilung<br />
Allgeme<strong>in</strong>e Schutzpflicht,<br />
Rangfolge <strong>der</strong> Schutzmaßnahmen<br />
Maßnahmen nach Schutzstufenkonzept Schutzmaßnahmen<br />
Überwachungspflicht Wirksamkeit <strong>der</strong> getroffenen Schutzmaßnahmen Wirksamkeitsprüfung <strong>der</strong> Schutzmaßnahmen<br />
Maximale Arbeitsplatzkonzentration<br />
(MAK-Wert)<br />
Biologischer Arbeitsstofftoleranzwert<br />
(BAT-Wert)<br />
Nicht <strong>in</strong> die neue Verordnung aufgenommen<br />
worden – auch nicht unter an<strong>der</strong>er Bezeichnung<br />
– s<strong>in</strong>d vier Begriffe und Vorgaben aus <strong>der</strong> alten<br />
Verordnung: die ersten drei passten nicht zum<br />
Ansatz <strong>der</strong> neuen Verordnung, die vierte wi<strong>der</strong>sprach<br />
dem politischen Wollen <strong>der</strong> Mehrheit <strong>der</strong><br />
Bundeslän<strong>der</strong>:<br />
Expositionsverbot<br />
Auslöseschwelle<br />
Technische Richtkonzentration (TRK-Wert)<br />
Anzeige beim Umgang mit krebserzeugenden<br />
o<strong>der</strong> erbgutverän<strong>der</strong>nden Stoffen<br />
(gemäß § 37 <strong>der</strong> alten Verordnung)<br />
Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) Grenzwertkonzept<br />
Biologischer Grenzwert (BGW) Grenzwertkonzept<br />
2.1 Prozess und Grundlagen<br />
<strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
<strong>Die</strong> laut Arbeitsschutzgesetz (§ 5 ArbSchG) erfor<strong>der</strong>liche<br />
Gefährdungsbeurteilung betrifft selbstverständlich<br />
auch Tätigkeiten mit Gefahrstoffen.<br />
<strong>Die</strong> speziellen Vorgaben, wie die Beurteilung für<br />
diese Tätigkeiten durchzuführen ist, s<strong>in</strong>d zentrales<br />
Element <strong>der</strong> neuen GefStoffV.<br />
Um möglichen Missverständnissen von vornhere<strong>in</strong><br />
vorzubeugen: Wann immer <strong>in</strong> diesem und<br />
den nächsten Abschnitten von „Gefährdungsbeurteilung“<br />
die Rede ist, so ist dies immer<br />
e<strong>in</strong>e bequeme, aber verkürzte Darstellung. Es<br />
gibt ke<strong>in</strong>e eigenständige Gefährdungsbeurteilung<br />
alle<strong>in</strong> auf Grundlage <strong>der</strong> GefStoffV – bei<br />
<strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung s<strong>in</strong>d stets alle<br />
16
Gefährdungen und <strong>der</strong>en Wechselwirkungen zu<br />
berücksichtigen. In § 7 GefStoffV wird lediglich<br />
die Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit<br />
Gefahrstoffen konkretisiert.<br />
Beispiele für die E<strong>in</strong>beziehung an<strong>der</strong>er Gefährdungen<br />
s<strong>in</strong>d: Lärm und Verwendung von Lösemitteln;<br />
Nacht- o<strong>der</strong> Mehrarbeit und Tätigkeit mit<br />
Gefahrstoffen; Verwendung e<strong>in</strong>atembarer Gefahrstoffe<br />
bei schweren körperlichen Tätigkeiten o<strong>der</strong><br />
hohen Leistungsanfor<strong>der</strong>ungen.<br />
Demzufolge schreibt die GefStoffV denselben Prozessverlauf<br />
für die Gefährdungsbeurteilung vor,<br />
wie ihn auch das ArbSchG vorgibt:<br />
Gemäß ArbSchG handelt es sich dabei nicht um<br />
e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>maligen Vorgang, son<strong>der</strong>n um e<strong>in</strong>en zu<br />
17<br />
Zentrale Inhalte <strong>der</strong> <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
wie<strong>der</strong>holenden Prozess, <strong>der</strong> – <strong>in</strong> den Worten des<br />
ArbSchG – zum Ziel hat, „Sicherheit und Gesundheitsschutz<br />
<strong>der</strong> Beschäftigten bei <strong>der</strong> Arbeit durch<br />
Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu sichern und<br />
zu verbessern“ (§ 1 Abs. 1 sowie auch § 3 Abs. 1<br />
Satz 2 und 3 ArbSchG).<br />
<strong>Die</strong> Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit<br />
Gefahrstoffen darf nur von fachkundigen Personen<br />
durchgeführt werden (§ 7 Abs. 7 GefStoffV).<br />
Als fachkundig gelten <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e Fachkraft für<br />
Arbeitssicherheit und Betriebsarzt. Damit liegt es<br />
nahe, dass sich <strong>der</strong> Arbeitgeber, als Verantwortlicher<br />
für die Gefährdungsbeurteilung, zunächst<br />
von ihnen beraten lässt, wenn er selber nicht<br />
fachkundig ist.<br />
In <strong>der</strong> Verordnung ist unmissverständlich klar<br />
gestellt, dass e<strong>in</strong>e Tätigkeit mit Gefahrstoffen<br />
erst dann begonnen werden darf, nachdem die<br />
Gefährdungsbeurteilung durchgeführt ist – also<br />
nachdem <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />
➊ die erfor<strong>der</strong>lichen Schutzmaßnahmen<br />
getroffen worden s<strong>in</strong>d<br />
➋ die mit <strong>der</strong> Tätigkeit betrauten Beschäftigten<br />
anhand e<strong>in</strong>er Betriebsanweisung<br />
mündlich unterwiesen worden s<strong>in</strong>d<br />
➌ die Gefährdungsbeurteilung schriftlich dokumentiert<br />
worden ist (§ 7 Abs. 1 GefStoffV).<br />
Beim Fehlen e<strong>in</strong>er Gefährdungsbeurteilung kann<br />
die Aufsichtsbehörde die betreffenden Tätigkeiten<br />
untersagen und den Arbeitsbereich stilllegen<br />
lassen (§ 20 Abs. 5 GefStoffV).
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Mit diesem Prozess <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen wird nun aber<br />
nicht etwas völlig Neues gefor<strong>der</strong>t: Bereits <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
alten Verordnung gab es e<strong>in</strong>e Reihe von Vorschriften,<br />
zum Teil unter an<strong>der</strong>en Bezeichnungen, die<br />
wichtige Bauste<strong>in</strong>e für die Gefährdungsbeurteilung<br />
s<strong>in</strong>d. Allerd<strong>in</strong>gs hatten sie früher nicht dieselbe<br />
Systematik wie heute und es fehlte ihnen<br />
e<strong>in</strong>e Verknüpfung, die jetzt mit <strong>der</strong> Dokumentation<br />
<strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung geschaffen worden<br />
ist.<br />
H<strong>in</strong>weise für Betriebsräte<br />
Haben Fachkraft für Arbeitssicherheit<br />
und Betriebsarzt tatsächlich die erfor<strong>der</strong>liche<br />
Fachkunde für den Bereich <strong>der</strong> Gefahrstoffe?<br />
S<strong>in</strong>d für Fachkraft für Arbeitssicherheit o<strong>der</strong><br />
Betriebsarzt gegebenenfalls Weiterqualifi -<br />
zierungsmaßnahmen <strong>in</strong> Bezug auf die im Betrieb<br />
vorhandenen Gefahrstoffe erfor<strong>der</strong>lich,<br />
bevor sie den Arbeitgeber fachkundig bei <strong>der</strong><br />
Gefährdungsbeurteilung beraten können?<br />
Überwacht <strong>der</strong> Betriebsrat systematisch, ob<br />
<strong>der</strong> Arbeitgeber se<strong>in</strong>er Verpfl ichtung zur Gefährdungsbeurteilung<br />
nachkommt, bevor e<strong>in</strong>e<br />
Tätigkeit mit Gefahrstoffen begonnen wird?<br />
2.2 Informationsbasis für die<br />
Gefährdungsbeurteilung<br />
Vor e<strong>in</strong>em näheren Blick auf die E<strong>in</strong>zelheiten <strong>der</strong><br />
Gefährdungsbeurteilung zunächst e<strong>in</strong>ige Anmerkungen<br />
zu den grundlegenden Informations-<br />
quellen. Bereits im E<strong>in</strong>leitungsabschnitt dieses<br />
Kapitels fi ndet sich <strong>der</strong> H<strong>in</strong>weis auf die Verpfl ichtung<br />
<strong>der</strong> Lieferanten von Gefahrstoffen, diese<br />
e<strong>in</strong>zustufen, zu kennzeichnen, für sie e<strong>in</strong> Sicherheitsdatenblatt<br />
zu erstellen und dem Verwen<strong>der</strong><br />
mitzuliefern (§§ 5 und 6).<br />
E<strong>in</strong>stufen bedeutet, anhand von genau festgelegten<br />
Kriterien zu entscheiden, ob e<strong>in</strong> Gefahrstoff<br />
bestimmte schädigende Eigenschaften – <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Verordnung als Gefährlichkeitsmerkmale bezeichnet<br />
– aufweist.<br />
Kennzeichnen bedeutet, entsprechend <strong>der</strong><br />
E<strong>in</strong>stufung die jeweiligen schädigenden Eigenschaften<br />
durch Gefahrensymbole und Gefahrenbezeichnungen<br />
sowie durch vorformulierte<br />
Gefahrenh<strong>in</strong>weise (R-Sätze; risk (engl.): Risiko,<br />
Gefährdung) offen zu legen und zudem durch vorformulierte<br />
Sicherheitsratschläge (S-Sätze; safety<br />
(engl.): Sicherheit) Hilfestellung für e<strong>in</strong>e sichere<br />
Verwendung zu geben.<br />
<strong>Die</strong> wichtigsten Elemente <strong>der</strong> Gefahrenkennzeichnung<br />
müssen auf dem Etikett aufgeführt<br />
se<strong>in</strong>. <strong>Die</strong>s kann aber nur e<strong>in</strong>en ersten, groben<br />
18
Überblick über die schädigenden Eigenschaften<br />
liefern. Deshalb müssen zusätzliche E<strong>in</strong>zelheiten,<br />
die genaue H<strong>in</strong>weise auf Schutzmaßnahmen<br />
umfassen müssen, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geson<strong>der</strong>ten<br />
Dokument, dem Sicherheitsdatenblatt, zusamvvmengestellt<br />
werden. Das muss den Verwen<strong>der</strong>n<br />
unaufgefor<strong>der</strong>t – spätestens bei <strong>der</strong><br />
ersten Lieferung – <strong>in</strong> deutscher Sprache übermittelt<br />
werden (§ 6 Abs. 1 GefStoffV). Zubereitungen,<br />
die zwar selbst nicht als gefährlich<br />
e<strong>in</strong>gestuft und gekennzeichnet s<strong>in</strong>d, die aber<br />
gefährlich e<strong>in</strong>gestufte Inhaltsstoffe enthalten,<br />
müssen auf dem Etikett den H<strong>in</strong>weis tragen:<br />
„Sicherheitsdatenblatt auf Anfrage für berufsmäßige<br />
Verwen<strong>der</strong> erhältlich.“ Für Produkte<br />
mit e<strong>in</strong>em solchen H<strong>in</strong>weis sollte <strong>der</strong> Betrieb<br />
das Sicherheitsdatenblatt rout<strong>in</strong>emäßig anfor<strong>der</strong>n.<br />
<strong>Die</strong> Umsetzung dieser Vorgaben weist allerd<strong>in</strong>gs<br />
e<strong>in</strong>e Reihe von Schwachstellen auf, über die sich<br />
die Verantwortlichen im Betrieb im Klaren se<strong>in</strong><br />
müssen, wenn sie ihre Gefährdungsbeurteilung<br />
auf diese Informationsquellen stützen: Noch<br />
immer s<strong>in</strong>d viele Sicherheitsdatenblätter nur bed<strong>in</strong>gt<br />
brauchbar, auch wenn sich ihre Qualität <strong>in</strong><br />
den vergangenen 15 Jahren erkennbar verbessert<br />
hat. In vielen Fällen s<strong>in</strong>d die empfohlenen Schutzmaßnahmen<br />
nicht konkret und praxisgerecht<br />
genug. Außerdem s<strong>in</strong>d Sicherheitsdatenblätter<br />
von ihrer Aufmachung und von den verwendeten<br />
Begriffen her e<strong>in</strong> Informations<strong>in</strong>strument für<br />
Fachleute. Gerade Kle<strong>in</strong>- und Mittelbetriebe s<strong>in</strong>d<br />
hier häufig überfor<strong>der</strong>t.<br />
19<br />
Zentrale Inhalte <strong>der</strong> <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
H<strong>in</strong>weis<br />
Gute Hilfestellung für die Auswertung von Sicherheitsdatenblättern<br />
leistet zum e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong><br />
Faltblatt <strong>der</strong> Bundesanstalt für Arbeitsschutz<br />
und Arbeitsmediz<strong>in</strong> (BAuA) mit dem Titel „Sicherheitsdatenblätter:<br />
E<strong>in</strong>e Hilfe für den Arbeitgeber“,<br />
das auch im Internet verfügbar ist: www.<br />
baua.de > Themen von A-Z > Gefahrstoffe<br />
> Informationen und Hilfen für die <strong>Praxis</strong> ><br />
Sicherheitsdatenblatt > Faltblatt „Sicherheitsdatenblätter“<br />
> Faltblatt „Sicherheitsdatenblätter“<br />
(PDF-Datei …)<br />
Zum an<strong>der</strong>en bietet GISBAU, das Gefahrstoff-<br />
Informationssystem <strong>der</strong> Berufsgenossenschaft<br />
<strong>der</strong> Bauwirtschaft, mit dem speziellen Internet-<br />
Portal „Sicherheitsd@tenblatt-onl<strong>in</strong>e.de“ umfassende<br />
Unterstützung für die Nutzung von Sicherheitsdatenblättern<br />
an unter <strong>der</strong> Adresse:<br />
www.gisbau.de/service/SDB/start.htm.<br />
Der Nutzen <strong>der</strong> Sicherheitsdatenblätter leidet<br />
erheblich darunter, dass die gesundheits- und<br />
umweltschädigenden Eigenschaften vieler Stoffe<br />
bislang nicht o<strong>der</strong> nur zum Teil untersucht s<strong>in</strong>d.<br />
Insbeson<strong>der</strong>e über Schädigungen bei längerfristiger<br />
Belastung ist das Wissen häufig höchst<br />
lückenhaft.<br />
Da es bisher aber ke<strong>in</strong>e Vorschriften gibt, diese<br />
Wissenslücken zu schließen, müssen sie we<strong>der</strong><br />
bei <strong>der</strong> E<strong>in</strong>stufung noch bei <strong>der</strong> Kennzeichnung<br />
ausgewiesen werden. Wenn e<strong>in</strong> Stoff ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zi-
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
ges Gefährlichkeitsmerkmal aufweist, kann dies<br />
bedeuten:<br />
alle erfor<strong>der</strong>lichen Daten haben vorgelegen<br />
und <strong>der</strong> Stoff brauchte für ke<strong>in</strong>es dieser Merkmale<br />
als gefährlich e<strong>in</strong>gestuft zu werden.<br />
Genauso gut kann es aber auch bedeuten,<br />
dass überhaupt ke<strong>in</strong>e Daten vorgelegen<br />
haben und e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>stufung des<br />
Stoffes überhaupt nicht möglich war.<br />
<strong>Die</strong>ser extrem wichtige Unterschied – ob e<strong>in</strong>e<br />
nicht vorhandene E<strong>in</strong>stufung mit Wissen o<strong>der</strong><br />
mit dessen Fehlen begründet ist – erschließt<br />
sich nur aus dem Sicherheitsdatenblatt.<br />
Doch selbst wenn das Ausmaß <strong>der</strong> Datenlücken<br />
für den Fachkundigen ke<strong>in</strong> Geheimnis ist, so<br />
stellt sich bei <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung das<br />
Problem, ob und welche Schutzmaßnahmen zu<br />
ergreifen s<strong>in</strong>d.<br />
Zwischen <strong>der</strong> Unterstellung, dass bis zum Nachweis<br />
des Gegenteils alle schädigenden Eigenschaften<br />
als vorhanden anzunehmen s<strong>in</strong>d und<br />
dem an<strong>der</strong>en Extrem, dass das Vorhandense<strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er schädigenden Eigenschaft erst nach dem<br />
entsprechenden Nachweis berücksichtigt werden<br />
sollte, ist e<strong>in</strong> Kompromiss entwickelt worden.<br />
<strong>Die</strong>ser Ansatz, <strong>der</strong> auch von Seiten <strong>der</strong><br />
Gewerkschaften als gangbarer Mittelweg angesehen<br />
wird, wird im nächsten Abschnitt genauer<br />
beschrieben.<br />
Im Sicherheitsdatenblatt verboten s<strong>in</strong>d verharmlosende<br />
Angaben wie “nicht giftig“, „nicht ge-<br />
sundheitsschädlich“, „nicht umweltbelastend“,<br />
„ökologisch“ o<strong>der</strong> ähnliche Angaben (TRGS 220,<br />
6 Abs. 5).<br />
Bestehen im Betrieb noch Ungewissheiten über<br />
die auftretenden Gefährdungen (sei es wegen<br />
unklarer Angaben im Sicherheitsdatenblatt o<strong>der</strong><br />
aufgrund <strong>der</strong> speziellen Art des Stoffe<strong>in</strong>satzes<br />
im Betrieb, für die es ke<strong>in</strong>e H<strong>in</strong>weise im Sicherheitsdatenblatt<br />
gibt) muss <strong>der</strong> Betrieb die notwendigen<br />
Informationen vom Hersteller beschaffen<br />
(§ 7 Abs. 2 GefStoffV) und <strong>der</strong> Hersteller hat<br />
diese Informationen mitzuteilen (TRGS 220, 4<br />
Abs. 14).<br />
H<strong>in</strong>weise für Betriebsräte<br />
Informationen über Stoffe und Zubereitungen,<br />
die von außerhalb bezogen werden<br />
S<strong>in</strong>d Sicherheitsdatenblätter für alle verwendeten<br />
Stoffe und Zubereitungen vorhanden?<br />
Wird geprüft, dass die Sicherheitsdatenblätter<br />
aktuell s<strong>in</strong>d, also nicht älter als 1 Jahr?<br />
Werden Sicherheitsdatenblätter rout<strong>in</strong>emäßig<br />
vom Lieferanten angefor<strong>der</strong>t, wenn dieser von<br />
sich aus ke<strong>in</strong> Sicherheitsdatenblatt mitliefert?<br />
Wird geprüft, für welche gesundheitsschädlichen<br />
Eigenschaften im Sicherheitsdatenblatt<br />
ke<strong>in</strong>e Informationen vorhanden s<strong>in</strong>d?<br />
Wird bei fehlenden Informationen über<br />
gesundheitsschädliche Eigenschaften<br />
beim Lieferanten nachgefragt?<br />
Wird das Fehlen von Informationen bei <strong>der</strong> Ableitung<br />
<strong>der</strong> Schutzmaßnahmen berücksichtigt?<br />
20
Informationen über Stoffe, die<br />
während Tätigkeiten entstehen<br />
Wird ermittelt, ob gefährliche Stoffe <strong>in</strong>folge<br />
von Tätigkeiten entstehen und freigesetzt<br />
werden (z.B. Schweißrauche, Holz- o<strong>der</strong> Le<strong>der</strong>stäube,<br />
thermische Zersetzungsprodukte)?<br />
Werden die gesundheitsschädlichen Eigenschaften<br />
solcher Stoffe ermittelt?<br />
Werden die ermittelten Informationen<br />
schriftlich festgehalten?<br />
Werden auch die Gefahrstoffe, aus denen<br />
solche gefährlichen Stoffe entstehen, <strong>in</strong> das<br />
Gefahrstoffverzeichnis aufgenommen?<br />
Informationen über Tätigkeiten<br />
Werden alle Tätigkeiten erfasst,<br />
für die e<strong>in</strong> Stoff verwendet werden<br />
soll o<strong>der</strong> bei denen er freigesetzt werden<br />
kann? Werden auch Re<strong>in</strong>igungs-, Wartungs-<br />
und Reparaturarbeiten berücksichtigt?<br />
Werden bei <strong>der</strong> Beurteilung <strong>der</strong> Tätigkeiten<br />
alle dabei verwendeten o<strong>der</strong> freigesetzten<br />
Stoffe berücksichtigt?<br />
Werden bei <strong>der</strong> Beurteilung <strong>der</strong> Tätigkeiten<br />
auch die an<strong>der</strong>en dabei auftretenden<br />
Belastungen berücksichtigt, z.B. schweres<br />
Heben und Tragen, hohe Temperatur, das<br />
Tragen persönlicher Schutzausrüstung,<br />
Nacht- und Schichtarbeit, Überstunden?<br />
Werden die Beschäftigten systematisch<br />
<strong>in</strong> die Ermittlung aller Tätigkeiten<br />
und Belastungen e<strong>in</strong>bezogen?<br />
Werden die zusammengetragenen Informationen<br />
schriftlich festgehalten?<br />
21<br />
Zentrale Inhalte <strong>der</strong> <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
2.3 Gefährdungsbeurteilung<br />
Bevor im folgenden auf E<strong>in</strong>zelheiten <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
e<strong>in</strong>gegangen wird, sollen noch<br />
e<strong>in</strong>mal drei Bestimmungen <strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung gerufen<br />
werden, die Gültigkeit haben, auch wenn sie <strong>in</strong><br />
die neue GefStoffV nicht zusätzlich aufgenommen<br />
worden s<strong>in</strong>d:<br />
Wichtig für Betriebsrat und Beschäftigte<br />
Der Betriebsrat hat umfassende Kontroll- und<br />
Mitbestimmungsrechte gemäß § 80 Abs. 1 Nr.<br />
1 und Nr. 9 sowie § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Neben<br />
<strong>der</strong> Überwachung und Mitgestaltung <strong>der</strong><br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> GefStoffV enthaltenen Vorgaben ist es<br />
auch se<strong>in</strong>e Aufgabe, die Beteiligung <strong>der</strong> Beschäftigten<br />
an <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung zu<br />
regeln und ihr <strong>in</strong> § 17 Abs. 1 ArbSchG verbrieftes<br />
Vorschlagsrecht konkret auszugestalten.<br />
Beschäftigte <strong>in</strong> Betrieben mit Betriebsrat<br />
haben das Recht, mit ihren Vorschlägen<br />
für die Gestaltung des Arbeitsplatzes<br />
und des Arbeitsablaufs angehört<br />
zu werden (§ 82 Abs. 1 BetrVG).<br />
Beschäftigte <strong>in</strong> Betrieben ohne Betriebsrat<br />
haben nicht nur das Recht, mit ihren Vorschlägen<br />
für die Gestaltung des Arbeitsplatzes<br />
und des Arbeitsablaufs angehört zu werden<br />
(§ 82 Abs. 1 BetrVG); <strong>in</strong> <strong>der</strong>artigen Betrieben<br />
ohne Betriebsrat hat <strong>der</strong> Arbeitgeber sogar<br />
die Pflicht, alle Maßnahmen mit den Beschäftigten<br />
zu erörtern, die Auswirkungen auf ihre<br />
Sicherheit und Gesundheit haben (§ 81 Abs. 3<br />
BetrVG). Zweifelsfrei gehören hierzu alle Maßnahmen,<br />
die Gegenstand <strong>der</strong> Gefährdungsbe-
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
urteilung s<strong>in</strong>d – und damit selbstverständlich<br />
auch die E<strong>in</strong>zelheiten <strong>der</strong> Gefährdungen, <strong>der</strong>entwegen<br />
die Maßnahmen erfor<strong>der</strong>lich s<strong>in</strong>d.<br />
Ausgangspunkt des Prozesses <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
ist die Ermittlung <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen<br />
Informationen.<br />
Zunächst s<strong>in</strong>d die Stoffeigenschaften zu ermitteln.<br />
Dazu s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie die Kennzeichnung<br />
und das Sicherheitsdatenblatt zu nutzen.<br />
Wenn aus dem Sicherheitsdatenblatt hervorgeht,<br />
dass bestimmte Stoffeigenschaften nicht geprüft<br />
s<strong>in</strong>d, sollte für die Gefährdungsbeurteilung unterstellt<br />
werden, dass diese Eigenschaften vorhanden<br />
s<strong>in</strong>d. Für folgende Eigenschaften, die auch <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> TRGS 440 Abschnitt 4 Abs. 8 aufgeführt s<strong>in</strong>d,<br />
sollte entsprechend verfahren werden: akute Toxizität,<br />
Hautreizung, Schleimhautreizung, Hautsensibilisierung,<br />
Toxizität bei wie<strong>der</strong>holter Belastung,<br />
erbgutverän<strong>der</strong>nde Wirkung. Insbeson<strong>der</strong>e bei<br />
<strong>der</strong> Festlegung <strong>der</strong> Schutzmaßnahmen s<strong>in</strong>d diese<br />
Eigenschaften dann gegebenenfalls als vorhanden<br />
zu berücksichtigen.<br />
Wird festgestellt, dass es sich bei den verwendeten<br />
Arbeitsstoffen um Gefahrstoffe handelt<br />
o<strong>der</strong> dass bei Tätigkeiten mit ihnen Gesundheitsgefährdungen<br />
auftreten können, s<strong>in</strong>d die<br />
E<strong>in</strong>zelheiten <strong>der</strong> jeweiligen Tätigkeiten zu ermitteln.<br />
Um die hier erfor<strong>der</strong>lichen Angaben zu<br />
den Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen (dazu gehören unter<br />
an<strong>der</strong>em das Arbeitsverfahren, die Arbeitsmittel<br />
und die Menge <strong>der</strong> Arbeitsstoffe) sowie zum<br />
Ausmaß, zur Art und zur Dauer <strong>der</strong> Belastung<br />
mit den Stoffen (Exposition) zu erlangen, sollten<br />
auch die mit diesen Tätigkeiten beschäftigten<br />
Arbeitnehmer als „Experten <strong>in</strong> eigener Sache“<br />
h<strong>in</strong>zugezogen werden. Ebenfalls müssen<br />
die bereits bestehenden Schutzmaßnahmen<br />
und <strong>der</strong>en Wirksamkeit erfasst werden. Liegen<br />
Ergebnisse aus arbeitsmediz<strong>in</strong>ischen Vorsorgeuntersuchungen<br />
vor, s<strong>in</strong>d auch diese zu berücksichtigen.<br />
Bei <strong>der</strong> Ermittlung <strong>der</strong> Gefährdungen müssen<br />
auch solche Stoffe erfasst werden, die bei den<br />
Tätigkeiten entstehen o<strong>der</strong> entstehen können.<br />
Beispiele s<strong>in</strong>d Holzstaub beim Schleifen, Sägen<br />
o<strong>der</strong> Bohren; <strong>Metall</strong>stäube beim Schleifen von<br />
<strong>Metall</strong>en; Schweißrauche; <strong>Die</strong>selrußpartikel beim<br />
E<strong>in</strong>satz von Staplern <strong>in</strong> Hallen; Schmutz aus verschmutzter<br />
Arbeitskleidung bei <strong>der</strong>en Re<strong>in</strong>igung<br />
<strong>in</strong> Wäschereien.<br />
Zudem s<strong>in</strong>d die Komb<strong>in</strong>ations- und Wechselwirkungen<br />
von Stoffen, etwa von Lösemittelgemischen,<br />
zu ermitteln und zu beurteilen.<br />
Anhand <strong>der</strong> ermittelten Stoffeigenschaften und<br />
<strong>der</strong> ermittelten Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen und Belastungen<br />
ist dann zu bewerten, ob und <strong>in</strong> welchem<br />
Ausmaß von den jeweiligen Tätigkeiten Gesundheitsgefährdungen<br />
für die Beschäftigten ausgehen.<br />
Hierfür s<strong>in</strong>d alle Arten <strong>der</strong> Gefährdung<br />
zu betrachten, also Gefährdungen durch Brände<br />
22
o<strong>der</strong> Explosionen, durch E<strong>in</strong>atmen <strong>der</strong> Stoffe,<br />
durch Kontakt mit <strong>der</strong> Haut o<strong>der</strong> den Augen sowie<br />
durch Verschlucken. Das Ergebnis <strong>der</strong> Bewertung<br />
ist dann schriftlich zu dokumentieren (§ 7 Abs. 6<br />
GefStoffV). Entgegen dem Wortlaut des Arbeitsschutzgesetzes<br />
(dort § 6 Abs. 1 Satz 3 ArbSchG)<br />
sieht die GefStoffV ausdrücklich ke<strong>in</strong>e Ausnahme<br />
für Kle<strong>in</strong>betriebe von <strong>der</strong> Dokumentationspflicht<br />
vor. Zudem s<strong>in</strong>d die ermittelten Gefahrstoffe unter<br />
Verweis auf die zugehörigen Sicherheitsdatenblätter<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Gefahrstoffverzeichnis aufzunehmen<br />
(§ 7 Abs. 8 GefStoffV).<br />
Ob und <strong>in</strong> welchem Umfang zusätzliche Schutzmaßnahmen<br />
über die bereits vorhandenen h<strong>in</strong>aus<br />
getroffen werden müssen, ergibt sich unmittelbar<br />
als e<strong>in</strong> Ergebnis <strong>der</strong> Bewertung. E<strong>in</strong>zelheiten über<br />
die Ableitung <strong>der</strong> Schutzmaßnahmen werden im<br />
folgenden Abschnitt erläutert.<br />
In Betrieben, <strong>in</strong> denen bislang ke<strong>in</strong>e o<strong>der</strong> nur<br />
lückenhafte Gefährdungsbeurteilungen für Tätigkeiten<br />
mit Gefahrstoffen durchgeführt wurden,<br />
obwohl viele Tätigkeiten mit Gefahrstoffen<br />
verrichtet werden, wird es sich nicht vermeiden<br />
lassen, die gesamte Gefährdungsbeurteilung<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em längeren Zeitraum abzuarbeiten. Hier<br />
sollte <strong>in</strong> Absprache mit <strong>der</strong> Aufsichtbehörde (Amt<br />
für Arbeitsschutz, Gewerbeaufsichtsamt) e<strong>in</strong>e<br />
Reihenfolge <strong>der</strong> zu bewertenden Tätigkeiten festgelegt<br />
werden. Dabei sollten solche Tätigkeiten,<br />
von denen die höchsten Gefährdungen ausgehen,<br />
an erster Stelle stehen. Anhaltspunkte für hohe<br />
Gefährdungen ergeben sich aus<br />
23<br />
Zentrale Inhalte <strong>der</strong> <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
<strong>der</strong> Kennzeichnung <strong>der</strong> Stoffe mit e<strong>in</strong>em<br />
Totenkopf als Gefahrensymbol,<br />
<strong>der</strong> Verwendung großer Stoffmengen,<br />
<strong>der</strong> offenen Verwendung von Stoffen,<br />
<strong>der</strong> Verwendung sehr flüchtiger<br />
o<strong>der</strong> stark stauben<strong>der</strong> Stoffe,<br />
<strong>der</strong> langen Dauer o<strong>der</strong> <strong>der</strong> häufigen<br />
Durchführung <strong>der</strong> Tätigkeit,<br />
H<strong>in</strong>weisen auf Gesundheitsprobleme<br />
von Beschäftigten.<br />
Je mehr dieser Anhaltspunkte gleichzeitig zutreffen,<br />
desto höher ist die Gefährdung e<strong>in</strong>zuschätzen<br />
und desto dr<strong>in</strong>glicher ist die vollständige<br />
Gefährdungsbeurteilung für die betreffende Tätigkeit.<br />
H<strong>in</strong>weise für Betriebsräte<br />
Werden alle Wege berücksichtigt,<br />
auf denen die Stoffe auf den Körper e<strong>in</strong>wirken<br />
können, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e auch die Aufnahme<br />
über die Haut, sowie auch durch Verschlucken<br />
bei nicht zulässiger Aufnahme von Nahrungs-<br />
und Genussmitteln am Arbeitsplatz?<br />
Werden auch die bei <strong>der</strong> Tätigkeit entstehenden<br />
Gefahrstoffe erfasst und bewertet?<br />
Wird das Zusammenwirken <strong>der</strong> verschiedenen<br />
Stoffe sowie das Zusammenwirken<br />
mit Gefährdungen durch<br />
an<strong>der</strong>e Belastungen berücksichtigt?<br />
Werden die Ergebnisse arbeitsmediz<strong>in</strong>ischer<br />
Vorsorgeuntersuchungen berücksichtigt?
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Werden H<strong>in</strong>weise von Beschäftigten auf die<br />
Bee<strong>in</strong>trächtigung ihrer Gesundheit durch die<br />
Belastung mit Gefahrstoffen berücksichtigt?<br />
Werden die Bewertungen schriftlich<br />
festgehalten?<br />
2.4 Schutzmaßnahmen<br />
Als Hilfestellung für die Ableitung <strong>der</strong> Schutzmaßnahmen<br />
<strong>in</strong> Bezug auf gesundheitsschädigende<br />
(toxische) Stoffeigenschaften ist e<strong>in</strong> Schutzstufenkonzept<br />
e<strong>in</strong>geführt worden. Es liefert Rahmenvorgaben<br />
(§§ 8 – 11 mit den Schutzstufen<br />
1 – 4). Abhängig vom Ausmaß <strong>der</strong> ermittelten<br />
Gefährdung führt es zu aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong> aufbauenden<br />
Schutzmaßnahmen.<br />
Mit dieser Stufung von Schutzmaßnahmen sollen<br />
nach den Vorstellungen des Verordnungsgebers<br />
mehrere Ziele erreicht werden:<br />
für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, von denen<br />
ke<strong>in</strong>e nennenswerten Gefährdungen ausgehen,<br />
wie etwa bei typischen Bürotätigkeiten,<br />
s<strong>in</strong>d weitgehende Erleichterungen von<br />
den Vorschriften <strong>der</strong> GefStoffV geschaffen<br />
worden, damit die Anfor<strong>der</strong>ungen hier nicht<br />
über diejenigen im ArbSchG h<strong>in</strong>ausgehen;<br />
für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, die nicht<br />
e<strong>in</strong>en Totenkopf als Gefahrensymbol tragen,<br />
s<strong>in</strong>d gewisse Erleichterungen im Vergleich<br />
zur früheren Verordnung geschaffen<br />
worden; dies soll <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e für Kle<strong>in</strong>-<br />
betriebe e<strong>in</strong> Anreiz se<strong>in</strong>, möglichst ke<strong>in</strong>e<br />
Stoffe mit Totenkopf zu verwenden;<br />
dagegen s<strong>in</strong>d die Anfor<strong>der</strong>ungen für Tätigkeiten<br />
mit Gefahrstoffen, die mit e<strong>in</strong>em<br />
Totenkopf gekennzeichnet s<strong>in</strong>d, im Vergleich<br />
zur früheren Verordnung erhöht<br />
worden; angesichts <strong>der</strong> Gesundheitsgefahren,<br />
die von solchen Stoffen ausgehen war<br />
dies e<strong>in</strong> konsequenter und notwendiger<br />
Schritt. Damit soll auch <strong>der</strong> Anreiz erhöht<br />
werden, <strong>der</strong>artige Stoffe zu meiden;<br />
für Tätigkeiten mit krebserzeugenden, erbgutverän<strong>der</strong>nden<br />
und fruchtbarkeitsschädigenden<br />
Gefahrstoffen s<strong>in</strong>d zusätzlich beson<strong>der</strong>e<br />
Vorgaben gemacht worden, die sich direkt<br />
aus <strong>der</strong> Krebsrichtl<strong>in</strong>ie <strong>der</strong> EU 1 ergeben.<br />
Immer anzuwenden s<strong>in</strong>d die allgeme<strong>in</strong>en Grundsätze<br />
guter Arbeitshygiene, die als „Grundsätze<br />
für die Verhütung von Gefährdungen“ <strong>in</strong> § 8 zusammengestellt<br />
s<strong>in</strong>d und die Maßnahmen <strong>der</strong><br />
Schutzstufe 1 ausmachen. Bei Tätigkeiten, die<br />
lediglich zu e<strong>in</strong>er ger<strong>in</strong>gen Gefährdung <strong>der</strong> Beschäftigten<br />
führen, s<strong>in</strong>d an diesen Grundsätzen<br />
ausgerichtete Maßnahmen ausreichend. E<strong>in</strong>e<br />
konkrete Beschreibung solcher Maßnahmen ist <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> TRGS 500 (Schutzmaßnahmen: M<strong>in</strong>deststandards)<br />
zu f<strong>in</strong>den.<br />
Damit jedoch die Gefährdung als lediglich „ger<strong>in</strong>g“<br />
bewertet werden kann, müssen e<strong>in</strong>e Reihe<br />
von Voraussetzungen gegeben se<strong>in</strong> (§ 7 Abs. 9):<br />
1 Richtl<strong>in</strong>ie 2004/37/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über den Schutz <strong>der</strong> Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch<br />
Karz<strong>in</strong>ogene o<strong>der</strong> Mutagene bei <strong>der</strong> Arbeit (sechste E<strong>in</strong>zelrichtl<strong>in</strong>ie im S<strong>in</strong>ne des Artikels 16 Absatz 1 <strong>der</strong> Richtl<strong>in</strong>ie 89/391/EWG des Rates) (kodifizierte<br />
Fassung <strong>der</strong> Richtl<strong>in</strong>ie 90/394/EWG und ihrer Än<strong>der</strong>ungen)<br />
24
<strong>der</strong> Gefahrstoff darf nicht mit e<strong>in</strong>em Totenkopf<br />
als Gefahrensymbol gekennzeichnet se<strong>in</strong>,<br />
die Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen dürfen nicht zu<br />
e<strong>in</strong>er erhöhten Gefährdung führen,<br />
die verwendete Stoffmenge muss ger<strong>in</strong>g se<strong>in</strong>,<br />
Höhe und Dauer <strong>der</strong> Exposition<br />
müssen niedrig se<strong>in</strong>.<br />
Auch wenn diese Vorgaben bislang nicht weiter<br />
konkretisiert worden s<strong>in</strong>d ist klar, dass sie auf<br />
Tätigkeiten mit Gefahrstoffen <strong>in</strong> haushaltsüblichen<br />
Mengen abzielen sowie auf Tätigkeiten,<br />
die typischerweise <strong>in</strong> Büros und Verwaltungen<br />
gelegentlich verrichtet werden (Verwendung von<br />
Klebstoff im Büro, tägliches Befüllen <strong>der</strong> Spülmasch<strong>in</strong>e<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Teeküche mit e<strong>in</strong>em Re<strong>in</strong>igungsmittel,<br />
gelegentliches Entkalken von Kaffeemasch<strong>in</strong>en).<br />
Geme<strong>in</strong>sam mit den Beschäftigten sollte <strong>der</strong><br />
Betriebsrat e<strong>in</strong>schätzen, ob tatsächlich e<strong>in</strong>e nur<br />
ger<strong>in</strong>ge Gefährdung vorliegt.<br />
Dagegen wird es kaum e<strong>in</strong>e Tätigkeit im gewerblichen<br />
o<strong>der</strong> <strong>in</strong>dustriellen Bereich geben, auf<br />
die alle Voraussetzungen für „ger<strong>in</strong>ge Gefährdung“<br />
zutreffen und für die deshalb Maßnahmen<br />
<strong>der</strong> Schutzstufe 1 ausreichen. Maßnahmen<br />
<strong>der</strong> Schutzstufe 1 schließen (nach § 14 Abs. 2<br />
GefStoffV) ke<strong>in</strong>e vorgeschriebene mündliche Unterweisung<br />
e<strong>in</strong>. An ihre Stelle tritt stattdessen die<br />
nach § 12 Abs. 1 ArbSchG erfor<strong>der</strong>liche Unterweisung.<br />
Für die üblichen gewerblichen und <strong>in</strong>dustriellen<br />
Tätigkeiten mit Gefahrstoffen werden zusätzlich<br />
25<br />
Zentrale Inhalte <strong>der</strong> <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
zu den Maßnahmen <strong>der</strong> Stufe 1 Maßnahmen <strong>der</strong><br />
Schutzstufe 2 gemäß § 9 GefStoffV erfor<strong>der</strong>lich.<br />
Zusätzlich zu diesen „Grundmaßnahmen zum<br />
Schutz <strong>der</strong> Beschäftigten“ müssen bei höherer<br />
Gefährdung gemäß § 10 GefStoffV „Ergänzende<br />
Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit hoher<br />
Gefährdung“, also Maßnahmen <strong>der</strong> Schutzstufe<br />
3, getroffen werden. Für Tätigkeiten mit krebserzeugenden,<br />
erbgutverän<strong>der</strong>nden o<strong>der</strong> fruchtbarkeitsgefährdenden<br />
Gefahrstoffen kommen dann<br />
noch Maßnahmen <strong>der</strong> Schutzstufe 4 gemäß § 11<br />
GefStoffV h<strong>in</strong>zu.<br />
Maßnahmen <strong>der</strong> Schutzstufe 2 können für solche<br />
Stoffe ausreichend se<strong>in</strong>, die nicht mit e<strong>in</strong>em Totenkopf<br />
als Gefahrensymbol gekennzeichnet s<strong>in</strong>d.<br />
Für Tätigkeiten mit solchen Stoffen müssen die<br />
weitergehenden Maßnahmen <strong>der</strong> Schutzstufe 3<br />
genutzt werden, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die Verwendung e<strong>in</strong>es<br />
geschlossenen Systems, wenn mit den Maßnahmen<br />
nach Stufe 2 die Gesundheitsgefährdung<br />
nicht beseitigt werden kann.
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Ab Schutzstufe 2 wird sowohl die Substitution<br />
von Stoffen durch weniger gefährliche Stoffe gefor<strong>der</strong>t<br />
als auch e<strong>in</strong>e Rangfolge <strong>der</strong> Schutzmaßnahmen<br />
vorgegeben:<br />
Ist ke<strong>in</strong>e Substitution möglich, so s<strong>in</strong>d zunächst<br />
technische Schutzmaßnahmen zu ergreifen.<br />
Erst wenn diese <strong>in</strong> ihrer Wirkung nicht ausreichen,<br />
s<strong>in</strong>d kollektive Maßnahmen wie Be- und<br />
Entlüftung sowie organisatorische Maßnahmen<br />
zulässig. Individuelle Schutzmaßnahmen, also<br />
persönliche Schutzausrüstung, dürfen erst als<br />
letztes Mittel zum E<strong>in</strong>satz kommen, nachdem<br />
alle an<strong>der</strong>en Maßnahmen ausgereizt s<strong>in</strong>d.<br />
Individuelle Schutzmaßnahmen dürfen nicht als<br />
Dauerlösung vorgesehen werden. Vielmehr s<strong>in</strong>d<br />
technische und organisatorische Maßnahmen<br />
zu treffen, die die Verwendung von persönlicher<br />
Schutzausrüstung längerfristig überflüssig<br />
machen. Muss persönliche Schutzausrüstung<br />
benutzt werden, weil Arbeitsplatzgrenzwerte<br />
nicht e<strong>in</strong>gehalten werden können, ist <strong>der</strong> Betrieb<br />
sogar verpflichtet, e<strong>in</strong>en Maßnahmenplan für<br />
die längerfristige E<strong>in</strong>haltung des Grenzwertes zu<br />
entwickeln und diesen Plan <strong>in</strong> die Dokumentation<br />
<strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung aufzunehmen (§<br />
10 Abs. 2 Satz 8 GefStoffV).<br />
<strong>Die</strong> Vorgaben <strong>in</strong> Bezug auf Substitution und<br />
technische Maßnahmen weisen Unterschiede<br />
zwischen den Schutzstufen 2 und 3 auf. Damit<br />
soll e<strong>in</strong> Anreiz für die Verwendung weniger gefährlicher<br />
Produkte gegeben werden, für die<br />
Maßnahmen nach Schutzstufe 2 ausreichend<br />
s<strong>in</strong>d. In Schutzstufe 2 darf auf e<strong>in</strong>e mögliche<br />
Substitution verzichtet werden, wenn durch an<strong>der</strong>e<br />
Maßnahmen e<strong>in</strong>e Gefährdung vermieden<br />
werden kann. E<strong>in</strong> <strong>der</strong>artiger Verzicht muss aber<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung begründet werden.<br />
In Schutzstufe 3 ist e<strong>in</strong>e solche Möglichkeit<br />
nicht zugelassen. Hier muss substituiert werden,<br />
wann immer dies technisch möglich ist. Auch<br />
h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> technischen Maßnahmen eröffnet<br />
Schutzstufe 2 e<strong>in</strong>e größere Flexibilität, da es<br />
ke<strong>in</strong>e weiteren Vorgaben gibt. Demgegenüber<br />
wird <strong>in</strong> Schutzstufe 3 verlangt, dass die Verwendung<br />
des Gefahrstoffes <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geschlossenen<br />
System zu erfolgen hat. Nur wenn dies technisch<br />
nicht möglich ist, dürfen weniger wirksame technische<br />
Lösungen, wie e<strong>in</strong>e Absaugung an <strong>der</strong><br />
Quelle, zum E<strong>in</strong>satz kommen.<br />
Ausgehend von den Rahmenvorgaben <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Verordnung bietet die Bundesanstalt für Arbeitsschutz<br />
und Arbeitsmediz<strong>in</strong> (BAuA) über das<br />
Internet e<strong>in</strong> „E<strong>in</strong>faches Maßnahmenkonzept<br />
Gefahrstoffe“ als Unterstützung für die Auswahl<br />
von Schutzmaßnahmen an. Als konkrete Hilfe für<br />
ausgewählte Tätigkeiten werden ebenfalls von<br />
<strong>der</strong> BAuA Modelllösungen für Schutzmaßnahmen<br />
zur Verfügung gestellt 1 .<br />
1 Weitere Informationen zum „E<strong>in</strong>fachen Maßnahmenkonzept Gefahrstoffe“ und zu den Schutzleitfäden (Modelllösungen) s<strong>in</strong>d unter <strong>der</strong> folgenden Internet-Adresse<br />
zu f<strong>in</strong>den: http://www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Gefahrstoffe/Informationen-und-Hilfen-fuer-die-<strong>Praxis</strong>/Arbeiten-mit-Gefahrstoffen/E<strong>in</strong>faches_20Ma_C3_9Fnahmenkonzept_20Gefahrstoffe.html__nnn=true.<br />
Von dort können die betreffenden Unterlagen auch heruntergeladen werden.<br />
26
Unabhängig von den Maßnahmen zum Schutz vor<br />
toxischen Stoffeigenschaften s<strong>in</strong>d zum Schutz<br />
gegen Brand- und Explosionsgefahren die <strong>in</strong> §<br />
12 GefStoffV und <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> Anhang III Nr.<br />
1 aufgeführten Maßnahmen zu treffen. Darüber<br />
h<strong>in</strong>aus s<strong>in</strong>d die Vorgaben <strong>der</strong> Betriebssicherheitsverordnung<br />
zu berücksichtigen.<br />
Ferner s<strong>in</strong>d als Vorsorge gegen Betriebsstörungen,<br />
Unfälle und Notfälle die <strong>in</strong> § 13 GefStoffV<br />
genannten Notfallmaßnahmen vorzubereiten und<br />
regelmäßig e<strong>in</strong>zuüben.<br />
H<strong>in</strong>weise für Betriebsräte<br />
Ist für die Zuordnung zu e<strong>in</strong>er<br />
Schutzstufe die jeweilige Tätigkeit berücksichtigt<br />
worden und nicht nur die Kennzeichnung<br />
<strong>der</strong> verwendeten Gefahrstoffe?<br />
Falls lediglich Maßnahmen gemäß Schutzstufe<br />
1 getroffen werden: Ist nachvollziehbar<br />
dokumentiert worden, dass die verwendete<br />
Stoffmenge ger<strong>in</strong>g ist, dass Höhe und<br />
Dauer <strong>der</strong> Exposition niedrig s<strong>in</strong>d und dass<br />
auch die Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen nur mit e<strong>in</strong>er<br />
ger<strong>in</strong>gen Gefährdung verbunden s<strong>in</strong>d?<br />
Falls Maßnahmen gemäß Schutzstufe 2<br />
o<strong>der</strong> höher getroffen werden:<br />
Ist e<strong>in</strong>e Substitutionsprüfung erfolgt?<br />
Ist ihr Ergebnis schriftlich festgehalten<br />
worden?<br />
Ist bei Verzicht auf e<strong>in</strong>e mögliche<br />
Substitution die Begründung dafür<br />
dokumentiert worden?<br />
27<br />
Zentrale Inhalte <strong>der</strong> <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Ist bei <strong>der</strong> Auswahl <strong>der</strong> Schutzmaßnahmen<br />
<strong>der</strong>en vorgeschriebene<br />
Rangfolge beachtet worden:<br />
Gestaltung des Verfahrens und<br />
technische Maßnahmen<br />
Kollektive Schutzmaßnahmen (Be- und Entlüftung)<br />
und organisatorische Maßnahmen<br />
persönliche Schutzausrüstung?<br />
Falls die Verwendung von persönlicher<br />
Schutzausrüstung vorgeschrieben wird: S<strong>in</strong>d<br />
die Gründe schriftlich festgehalten worden<br />
dafür, dass die entsprechende Belastung we<strong>der</strong><br />
durch technische noch durch organisatorische<br />
Maßnahmen verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t werden kann?<br />
S<strong>in</strong>d für die Festlegung <strong>der</strong> Schutzmaßnahmen<br />
die beson<strong>der</strong>en Vorschriften von<br />
Anhang III berücksichtigt worden?<br />
Werden die Schutzmaßnahmen getroffen,<br />
bevor mit den jeweiligen Tätigkeiten<br />
begonnen wird?<br />
2.5 Wirksamkeitsprüfung<br />
<strong>der</strong> Schutzmaßnahmen<br />
E<strong>in</strong> weiterer zentraler Bauste<strong>in</strong> <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
ist die Wirksamkeitsprüfung <strong>der</strong> getroffenen<br />
Schutzmaßnahmen.<br />
Für Stoffe, für die e<strong>in</strong> Arbeitsplatzgrenzwert<br />
(AGW) festgelegt ist, muss ermittelt bzw. sicher<br />
gestellt werden, dass <strong>der</strong> AGW e<strong>in</strong>gehalten ist.<br />
Durch die E<strong>in</strong>haltung des AGW ist nachgewiesen,<br />
dass die getroffenen Schutzmaßnahmen <strong>in</strong> Bezug<br />
auf die Belastung über die Luft ausreichend<br />
wirksam s<strong>in</strong>d. Allerd<strong>in</strong>gs sollte nicht übersehen
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
werden, dass das AGW-Konzept nur zu e<strong>in</strong>em<br />
begrenzten Schutz führt, wie im Abschnitt „Grenzwertkonzept“<br />
weiter unten erläutert ist. <strong>Die</strong> Wirksamkeit<br />
von Maßnahmen bei e<strong>in</strong>er Belastung <strong>der</strong><br />
Haut o<strong>der</strong> bei e<strong>in</strong>er Gefährdung durch Verschlucken,<br />
<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e beim Auftreten von Schwermetallstäuben,<br />
ist zusätzlich zu prüfen.<br />
<strong>Die</strong> Ermittlung, ob <strong>der</strong> AGW e<strong>in</strong>gehalten ist, muss<br />
nicht notwendig durch Messungen erfolgen.<br />
An<strong>der</strong>e Beurteilungsverfahren s<strong>in</strong>d ebenfalls<br />
zulässig. Allerd<strong>in</strong>gs gibt es bei <strong>der</strong> Überprüfung<br />
<strong>der</strong> AGW-E<strong>in</strong>haltung e<strong>in</strong>en wichtigen Unterschied<br />
zwischen den Schutzstufen 2 und 3: Nur bei e<strong>in</strong>er<br />
Überprüfung entsprechend Stufe 3 müssen die<br />
Ergebnisse aufgezeichnet und aufbewahrt werden.<br />
Außerdem muss den Beschäftigten und dem<br />
Betriebsrat E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> die Aufzeichnungen ermöglicht<br />
werden.<br />
Wenn <strong>der</strong> Betriebsrat die entsprechenden Vorschriften<br />
auch auf die Schutzstufe 2 ausdehnen<br />
will (und damit die Regelungen <strong>der</strong> bis 2004 gültigen<br />
GefStoffV erhalten will), so ist dies nur im<br />
Rahmen e<strong>in</strong>er Betriebsvere<strong>in</strong>barung möglich.<br />
E<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Möglichkeit, die E<strong>in</strong>haltung des<br />
AGW sicher zu stellen und damit die Wirksamkeit<br />
<strong>der</strong> getroffenen Schutzmaßnahmen zu belegen<br />
besteht dar<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>e Tätigkeit gemäß verfahrens-<br />
und stoffspezifischen Kriterien (VSK) durchzuführen,<br />
die im Rahmen e<strong>in</strong>er TRGS veröffentlicht<br />
s<strong>in</strong>d. Wichtig ist dabei, dass alle <strong>in</strong> den VSK<br />
beschriebenen Vorgaben ohne Abstriche be-<br />
trieblich umgesetzt werden. Allerd<strong>in</strong>gs wird es<br />
voraussichtlich nur e<strong>in</strong>e eng begrenzte Zahl von<br />
Tätigkeiten geben, für die auf diese Weise die<br />
E<strong>in</strong>haltung des AGW gesichert werden kann, da<br />
<strong>der</strong> Aufwand für die Ableitung von VSK erheblich<br />
ist.<br />
Wenn die technischen und organisatorischen<br />
Schutzmaßnahmen ausgereizt s<strong>in</strong>d, <strong>der</strong> AGW<br />
aber trotzdem nicht e<strong>in</strong>gehalten werden kann,<br />
dann muss zum e<strong>in</strong>en persönliche Schutzausrüstung<br />
verwendet werden. Als Neuerung schreibt<br />
die Verordnung darüber h<strong>in</strong>aus vor, dass „weitere<br />
Maßnahmen zur E<strong>in</strong>haltung des AGW“ <strong>in</strong> <strong>der</strong> Dokumentation<br />
<strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung festzulegen<br />
s<strong>in</strong>d (§ 10 Abs. 2 Satz 8). Geme<strong>in</strong>t ist damit<br />
die Planung konkreter Maßnahmen, mit denen<br />
mittelfristig die E<strong>in</strong>haltung des AGW erreicht werden<br />
soll.<br />
Für Stoffe, für die ke<strong>in</strong> AGW festgelegt ist, gibt<br />
es wegen des Fehlens e<strong>in</strong>es Vergleichsmaßstabes<br />
bisher ke<strong>in</strong> entsprechendes Verfahren<br />
zur Kontrolle <strong>der</strong> Wirksamkeit <strong>der</strong> getroffenen<br />
Schutzmaßnahmen. E<strong>in</strong>e gewisse Hilfe bietet<br />
auch hier das schon im vorigen Abschnitt erwähnte,<br />
von <strong>der</strong> BAuA entwickelte „E<strong>in</strong>fache<br />
Maßnahmenkonzept Gefahrstoffe“. Es liefert<br />
Anhaltspunkte dafür, ob <strong>der</strong> Umfang <strong>der</strong> Maßnahmen<br />
ausreichend ist. Außerdem können<br />
Übersichten, die bei <strong>der</strong> Vorbereitung des Konzeptes<br />
erarbeitet worden s<strong>in</strong>d dazu genutzt<br />
werden, die ungefähre Höhe <strong>der</strong> Belastungen<br />
abzuschätzen, die – abhängig von <strong>der</strong> E<strong>in</strong>stu-<br />
28
fung e<strong>in</strong>es Stoffes – e<strong>in</strong>gehalten o<strong>der</strong> unterschritten<br />
werden sollte.<br />
E<strong>in</strong>e weiteren Anhaltspunkt für die Beurteilung<br />
kann auch <strong>der</strong> Wirkungsgrad von Absauge<strong>in</strong>richtungen<br />
o<strong>der</strong> von Be- und Entlüftungsanlagen<br />
liefern.<br />
Für technische Schutzmaßnahmen greift generell<br />
die Bestimmung, sie regelmäßig auf ihr Funktionieren<br />
und ihre Wirksamkeit zu überprüfen,<br />
m<strong>in</strong>destens alle drei Jahre (§ 8 Abs. 2 GefStoffV).<br />
Völlig unbestritten ist aber, dass die Länge <strong>der</strong><br />
Prüfzeiträume vom Ausmaß <strong>der</strong> Gesundheitsgefährdung<br />
bestimmt se<strong>in</strong> muss, die bei ungenügen<strong>der</strong><br />
Wirksamkeit o<strong>der</strong> gar Ausfall <strong>der</strong> Schutze<strong>in</strong>richtung<br />
droht: Je höher diese Gefährdung ist,<br />
desto kürzere Prüfzeiträume müssen festgelegt<br />
werden. Auch hierbei hat <strong>der</strong> Betriebsrat mitzubestimmen.<br />
Als Anhaltspunkt kann ihm dabei<br />
dienen, dass im Entwurf <strong>der</strong> Verordnung als<br />
maximaler Prüfzeitraum nur e<strong>in</strong> Jahr vorgesehen<br />
war.<br />
Für Persönliche Schutzausrüstungen s<strong>in</strong>d ebenfalls<br />
geson<strong>der</strong>te Wirksamkeitsprüfungen vorgeschrieben,<br />
die vor dem Gebrauch <strong>der</strong> Ausrüstung<br />
durchgeführt werden müssen (§ 9 Abs. 3<br />
GefStoffV). Außerdem muss die Wirksamkeit <strong>der</strong><br />
gemäß § 13 Abs. 1 GefStoffV festgelegten Notfallmaßnahmen<br />
durch regelmäßige Sicherheitsübungen<br />
kontrolliert werden.<br />
29<br />
Zentrale Inhalte <strong>der</strong> <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Als e<strong>in</strong>e späte Wirksamkeitskontrolle und hier zudem<br />
durchweg bei Vorliegen e<strong>in</strong>er Belastung des<br />
Körpers o<strong>der</strong> sogar nach E<strong>in</strong>tritt e<strong>in</strong>es Schadens<br />
lassen sich schließlich die arbeitsmediz<strong>in</strong>ischen<br />
Vorsorgeuntersuchungen ansehen:<br />
Wenn beim Biomonitor<strong>in</strong>g erhöhte Schadstoffbelastungen<br />
im Körper gefunden werden o<strong>der</strong> wenn<br />
bereits Gesundheitsbee<strong>in</strong>trächtigungen festgestellt<br />
werden, waren die Schutzmaßnahmen offenkundig<br />
nicht ausreichend.<br />
H<strong>in</strong>weise für Betriebsräte<br />
Ist die Wirksamkeit <strong>der</strong><br />
technischen Schutzmaßnahmen vor Beg<strong>in</strong>n<br />
<strong>der</strong> jeweiligen Tätigkeit geprüft<br />
und schriftlich festgehalten worden?<br />
Ist festgelegt worden, <strong>in</strong> welchen zeitlichen<br />
Abständen die Wirksamkeit <strong>der</strong> technischen<br />
Schutzmaßnahmen überprüft werden muss?<br />
Ist festgelegt worden, wie diese Prüfung<br />
durchzuführen ist?<br />
Ist bei <strong>der</strong> Verwendung von Stoffen, für die<br />
e<strong>in</strong> Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) festgelegt<br />
ist, geprüft beziehungsweise sichergestellt<br />
worden, dass <strong>der</strong> AGW e<strong>in</strong>gehalten wird?<br />
Wenn die E<strong>in</strong>haltung e<strong>in</strong>es AGW nicht möglich<br />
ist: Ist außer <strong>der</strong> Anordnung, persönliche<br />
Schutzausrüstung zu verwenden,<br />
auch e<strong>in</strong> verb<strong>in</strong>dlicher Maßnahmenplan<br />
aufgestellt worden, <strong>der</strong> zum Ziel hat, den<br />
AGW mittelfristig e<strong>in</strong>halten zu können?
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Auf welche Weise werden Beschäftigte und<br />
Betriebsrat <strong>in</strong> die Erarbeitung e<strong>in</strong>es solchen<br />
Maßnahmenplans e<strong>in</strong>bezogen?<br />
Ist festgelegt worden, wie die Umsetzung e<strong>in</strong>es<br />
solchen Maßnahmenplans kontrolliert wird?<br />
2.6 Dokumentation <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
und weitere Unterlagen<br />
<strong>Die</strong> Dokumentation <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
hat e<strong>in</strong>e erhebliche Bedeutung: ohne sie gilt die<br />
Gefährdungsbeurteilung nicht als vollständig<br />
durchgeführt. Dementsprechend darf die betreffende<br />
Tätigkeit nicht begonnen werden. Der<br />
Stellenwert <strong>der</strong> Dokumentation ist vergleichbar<br />
mit demjenigen <strong>der</strong> Durchführung von Schutzmaßnahmen,<br />
ohne die Tätigkeiten ebenso wenig<br />
begonnen werden dürfen. E<strong>in</strong>e schriftliche Dokumentation,<br />
also das Vorhandense<strong>in</strong> schriftlicher<br />
Unterlagen, ist <strong>in</strong> Betrieben aller Größen erfor<strong>der</strong>lich,<br />
<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e auch <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>betrieben.<br />
<strong>Die</strong> grundsätzliche Funktion <strong>der</strong> Dokumentation<br />
ist die Sicherung von Angaben, um die Angemessenheit<br />
<strong>der</strong> abgeleiteten und durchgeführten<br />
Maßnahmen überprüfen zu können. Überdies soll<br />
die Dokumentation als Grundlage für e<strong>in</strong>e erneute<br />
Gefährdungsbeurteilung dienen können.<br />
E<strong>in</strong>en konkreten Vorschlag enthält die folgende<br />
Üversicht. E<strong>in</strong>e entsprechend diesem Vorschlag<br />
gestaltete Dokumentation kann gleichzeitig als<br />
zentraler Bestandteil e<strong>in</strong>es <strong>betrieblichen</strong> Arbeitsschutzmanagement-Systems<br />
genutzt werden.<br />
Dokumentation <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
– e<strong>in</strong> Vorschlag für die E<strong>in</strong>zelheiten<br />
Für jede Tätigkeit sollte ohne Schwierigkeit <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />
zu entnehmen se<strong>in</strong>:<br />
Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen (Verfahren, Arbeitsmittel)<br />
Verwendete o<strong>der</strong> freigesetzte Gefahrstoffe, <strong>der</strong>en<br />
Gefährlichkeitsmerkmale und <strong>der</strong>en Menge<br />
E<strong>in</strong>zuhaltende AGW<br />
Art <strong>der</strong> Exposition (Atemwege, Haut, Gefahr<br />
des Verschluckens), Höhe <strong>der</strong> Exposition,<br />
zeitliches Muster <strong>der</strong> Exposition<br />
(z.B. gelegentlich, wie<strong>der</strong>holt, ständig)<br />
an<strong>der</strong>e Belastungsfaktoren<br />
Zahl <strong>der</strong> exponierten Beschäftigten<br />
erfor<strong>der</strong>liche Schutzstufe<br />
Ergebnis <strong>der</strong> Substitutionsprüfung und<br />
Gründe für Verzicht auf Substitution<br />
ausgewählte Schutzmaßnahmen (technische,<br />
organisatorische, persönliche, mediz<strong>in</strong>ische)<br />
ausgewähltes Verfahren für die Funktions-<br />
und Wirksamkeitsprüfung <strong>der</strong><br />
technischen Schutzmaßnahmen<br />
zuständige Person für die Funktions-<br />
und Wirksamkeitsprüfung <strong>der</strong><br />
technischen Schutzmaßnahmen<br />
Datum <strong>der</strong> letzten sowie <strong>der</strong> nächsten<br />
Funktions- und Wirksamkeitsprüfung<br />
<strong>der</strong> technischen Schutzmaßnahmen<br />
ausgewählte Verfahren für die Ermittlung<br />
bzw. Sicherstellung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>haltung <strong>der</strong> AGW<br />
sowie für die Beurteilung <strong>der</strong> Wirksamkeit<br />
<strong>der</strong> Schutzmaßnahmen für Stoffe ohne AGW<br />
zuständige Personen für die Ermittlung bzw.<br />
Sicherstellung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>haltung <strong>der</strong> AGW so-<br />
30
wie für die Beurteilung <strong>der</strong> Wirksamkeit <strong>der</strong><br />
Schutzmaßnahmen für Stoffe ohne AGW<br />
Datum und Ergebnis <strong>der</strong> letzten Ermittlung<br />
<strong>der</strong> E<strong>in</strong>haltung <strong>der</strong> AGW beziehungsweise<br />
<strong>der</strong> Beurteilung <strong>der</strong> Wirksamkeit <strong>der</strong><br />
Schutzmaßnahmen für Stoffe ohne AGW<br />
Datum <strong>der</strong> letzten Messung zur Sicherstellung<br />
<strong>der</strong> AGW-E<strong>in</strong>haltung und Verweis auf<br />
den Aufbewahrungsort <strong>der</strong> Messergebnisse<br />
Datum <strong>der</strong> nächsten<br />
Überprüfung <strong>der</strong> AGW-E<strong>in</strong>haltung<br />
Beurteilung <strong>der</strong> Wirksamkeit <strong>der</strong> Schutzmaßnahmen<br />
für Stoffe ohne AGW<br />
Messung zur Sicherstellung <strong>der</strong><br />
AGW-E<strong>in</strong>haltung<br />
bei Nicht-E<strong>in</strong>haltung von AGW:<br />
geplante weitere Maßnahmen zur<br />
Absenkung <strong>der</strong> Exposition mit voraussichtlichem<br />
Ausmaß <strong>der</strong> Absenkung<br />
und Zeitplan für Durchführung<br />
<strong>der</strong> Maßnahmen<br />
Datum <strong>der</strong> letzten sowie <strong>der</strong> nächsten<br />
Unterweisung <strong>der</strong> Beschäftigten<br />
zuständige Person für die Unterweisung<br />
<strong>der</strong> Beschäftigten<br />
Datum <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
sowie <strong>der</strong> nächsten regelmäßigen<br />
Überprüfung auf Aktualität<br />
zuständige Person für die Gefährdungsbeurteilung<br />
Für den Betriebsrat bildet die Dokumentation<br />
e<strong>in</strong>e wichtige Informationsgrundlage, wenn er<br />
31<br />
Zentrale Inhalte <strong>der</strong> <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
se<strong>in</strong>e Anhörungs- und Mitbestimmungsrechte<br />
effektiv nutzen will.<br />
Außer <strong>der</strong> Dokumentation <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
müssen auf Grundlage <strong>der</strong> GefStoffV e<strong>in</strong>e<br />
Reihe weiterer Unterlagen erstellt und bereit gehalten<br />
werden:<br />
das Gefahrstoffverzeichnis<br />
gemäß § 7 Abs. 8 GefStoffV,<br />
die Sammlung <strong>der</strong> Sicherheitsdatenblätter<br />
gemäß § 7 Abs. 8 GefStoffV,<br />
gegebenenfalls das Explosionsschutzdokument<br />
gemäß § 6 Betriebssicherheitsverordnung,<br />
die Ergebnisse von Messungen o<strong>der</strong> gleichwertigen<br />
Nachweisen bezüglich <strong>der</strong> E<strong>in</strong>haltung<br />
von AGW gemäß § 10 Abs. 2 GefStoffV,<br />
e<strong>in</strong> Verzeichnis <strong>der</strong> Beschäftigten, die gesundheitsgefährdende<br />
Tätigkeiten mit<br />
krebserzeugenden, erbgutverän<strong>der</strong>nden o<strong>der</strong><br />
fruchtbarkeitsgefährdenden Gefahrstoffen<br />
durchführen gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 3 GefStoffV,<br />
die Vorsorgekartei gemäß<br />
§ 15 Abs. 5 GefStoffV.<br />
Nur für die beiden letztgenannten Unterlagen<br />
schreibt die Verordnung e<strong>in</strong>e Aufbewahrung<br />
durch den Betrieb vor, allerd<strong>in</strong>gs auch hier nicht<br />
für m<strong>in</strong>destens 40 Jahre bzw. bis zum 80. Lebensjahr<br />
des jeweiligen Beschäftigten, wie dies noch<br />
<strong>in</strong> den Entwürfen <strong>der</strong> Verordnung vorgesehen war.<br />
Für das Gefahrstoffverzeichnis, die Ergebnisse<br />
von Messungen und die Dokumentation <strong>der</strong>
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Gefährdungsbeurteilung gibt es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Verordnung<br />
überhaupt ke<strong>in</strong>e Vorgabe <strong>in</strong> Bezug auf die<br />
Aufbewahrung. Aus Gründen des vorbeugenden<br />
Gesundheitsschutzes ist dies auch nicht erfor<strong>der</strong>lich,<br />
wohl aber <strong>in</strong> Bezug auf mögliche, erst<br />
nach langer Zeit auftretende Berufskrankheiten.<br />
Hier könnten bestimmte Teile dieser Unterlagen<br />
erheblichen Wert als Beweismittel besitzen. Mit<br />
ihrer Hilfe ließe sich möglicherweise e<strong>in</strong> Zusammenhang<br />
<strong>der</strong> Erkrankung mit früheren Belastungen<br />
herstellen, <strong>der</strong> auf an<strong>der</strong>e Weise nicht mehr<br />
nachzuweisen ist.<br />
Aus Sicht e<strong>in</strong>er verantwortungsbewussten Interessenvertretung<br />
sollte <strong>der</strong> Betriebsrat daher<br />
se<strong>in</strong>e Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs.1 Nr.<br />
7 BetrVG nutzen und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Betriebsvere<strong>in</strong>barung<br />
auf <strong>der</strong> Grundlage von § 6 ArbSchG und § 7<br />
GefStoffV den Umfang <strong>der</strong> Dokumentation <strong>der</strong><br />
Gefährdungsbeurteilung sowie die Aufbewahrungsfristen<br />
regeln.<br />
Für die Ergebnisse von Gefahrstoffmessungen,<br />
die vor 2005, also noch unter den Vorgaben <strong>der</strong><br />
früheren Verordnung durchgeführt worden s<strong>in</strong>d, ist<br />
mit <strong>der</strong> neuen Verordnung e<strong>in</strong> ähnliches Problem<br />
entstanden: Da die neue Verordnung ke<strong>in</strong>e Übergangsregelungen<br />
<strong>in</strong> Bezug auf die alte Verordnung<br />
enthält, wäre es trotz <strong>der</strong> früher gefor<strong>der</strong>ten Aufbewahrungspflicht<br />
von 30 Jahren zulässig, die damaligen<br />
Messergebnisse zu vernichten, es sei denn,<br />
sie dienen zum Nachweis <strong>der</strong> Wirksamkeit von<br />
noch aktuellen Schutzmaßnahmen entsprechend<br />
Schutzstufe 3. Deshalb sollte es e<strong>in</strong>e dr<strong>in</strong>gliche<br />
Aufgabe von Betriebsräten se<strong>in</strong>, auch <strong>in</strong> diesem<br />
Fall durch betriebliche Vere<strong>in</strong>barungen die Vernichtung<br />
solcher Unterlagen zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n.<br />
H<strong>in</strong>weise für Betriebsräte<br />
Liegt für alle Tätigkeiten, bei<br />
denen Gefahrstoffe verwendet<br />
o<strong>der</strong> freigesetzt werden, e<strong>in</strong>e schriftliche Dokumentation<br />
<strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung vor?<br />
Ist die Dokumentation <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
so gestaltet, dass<br />
anhand <strong>der</strong> <strong>in</strong> ihr enthaltenen Angaben<br />
die Angemessenheit <strong>der</strong> abgeleiteten<br />
Maßnahmen überprüft werden kann und<br />
sie als Grundlage für e<strong>in</strong>e erneute Gefährdungsbeurteilung<br />
dienen kann?<br />
Ist gewährleistet, dass Ergebnisse von Messungen<br />
zur Sicherstellung <strong>der</strong> AGW-E<strong>in</strong>haltung<br />
m<strong>in</strong>destens 40 Jahre aufbewahrt werden?<br />
Ist gewährleistet, dass Ergebnisse von Arbeitsplatzmessungen,<br />
die vor 2005 durchgeführt<br />
wurden, auch weiterh<strong>in</strong> m<strong>in</strong>destens<br />
30 Jahre aufbewahrt werden, wie es<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> alten Verordnung verlangt wurde?<br />
Ist gewährleistet, dass nicht mehr aktuelle<br />
Dokumentationen von Gefährdungsbeurteilungen<br />
archiviert werden, so dass sie bei<br />
möglichen künftigen Berufskrankheitenverfahren<br />
als Beweismittel zur Verfügung stehen?<br />
2.7 Aktualisierung und Neuerstellung<br />
<strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
Laut Verordnung muss die Gefährdungsbeurteilung<br />
immer dann aktualisiert werden, wenn<br />
32
„maßgebliche Verän<strong>der</strong>ungen“ dies erfor<strong>der</strong>lich<br />
machen o<strong>der</strong> wenn die Ergebnisse <strong>der</strong> arbeitsmediz<strong>in</strong>ischen<br />
Vorsorge auf arbeitsplatzbezogene<br />
Gesundheitsschäden bei Beschäftigten h<strong>in</strong>deuten<br />
(§ 7 Abs. 6 GefStoffV). Für den Begriff „maßgebliche<br />
Verän<strong>der</strong>ung“ gibt es bislang ke<strong>in</strong>e Erläuterung.<br />
Hier liefern die Entwürfe <strong>der</strong> Verordnung<br />
Klarheit darüber, was sich alles h<strong>in</strong>ter diesem<br />
Begriff verbirgt:<br />
Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Stoffe, die bei e<strong>in</strong>er<br />
Tätigkeit verwendet werden<br />
Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Tätigkeiten, die<br />
zu e<strong>in</strong>er Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Belastungssituation<br />
führen können<br />
neue Entwicklungen <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf Substitutionsmöglichkeiten<br />
und technische<br />
Schutzmaßnahmen, <strong>in</strong> <strong>der</strong>en Folge e<strong>in</strong>e Reduzierung<br />
<strong>der</strong> Belastung o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Wegfall persönlicher<br />
Schutzmaßnahmen möglich wäre<br />
neue Erkenntnisse über Stoffeigenschaften,<br />
die sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er verän<strong>der</strong>ten E<strong>in</strong>stufung<br />
des Stoffes o<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>führung<br />
o<strong>der</strong> Absenkung e<strong>in</strong>es Arbeitsplatzgrenzwertes<br />
nie<strong>der</strong>geschlagen haben.<br />
Im Gegensatz zu den Vorentwürfen, die dies spätestens<br />
nach fünf Jahren vorsahen, was auch von<br />
den Gewerkschaften unterstützt wurde, schreibt<br />
die Verordnung e<strong>in</strong>e generelle Neuerstellung <strong>der</strong><br />
Gefährdungsbeurteilung <strong>in</strong> bestimmten Zeitabständen<br />
nicht vor. Auch zu diesem Thema kann<br />
<strong>der</strong> Betriebsrat im Rahmen se<strong>in</strong>er Mitbestimmungsrechte<br />
<strong>in</strong>itiativ werden.<br />
33<br />
Zentrale Inhalte <strong>der</strong> <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
H<strong>in</strong>weise für Betriebsräte<br />
S<strong>in</strong>d Kriterien dafür festgelegt<br />
worden, wann e<strong>in</strong>e Gefährdungsbeurteilung<br />
wegen „maßgeblicher Verän<strong>der</strong>ungen“<br />
aktualisiert werden muss?<br />
Ist festgelegt worden, nach welchem Zeitraum<br />
e<strong>in</strong>e Gefährdungsbeurteilung neu erstellt werden<br />
soll, auch wenn es ke<strong>in</strong>e offensichtlichen<br />
Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Tätigkeiten gegeben hat?<br />
2.8 Grenzwertkonzept<br />
In <strong>der</strong> neuen Verordnung gibt es nur noch zwei Arten<br />
von Grenzwerten: den Arbeitsplatzgrenzwert<br />
(AGW) und den biologischen Grenzwert (BGW).<br />
AGW: <strong>Die</strong>jenige Konzentration e<strong>in</strong>es Arbeitsstoffes<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Atemluft, bei <strong>der</strong> im Allgeme<strong>in</strong>en<br />
akute o<strong>der</strong> chronische schädliche Auswirkungen<br />
auf die Gesundheit nicht zu erwarten s<strong>in</strong>d (§ 3<br />
Abs. 6 GefStoffV).<br />
BGW: <strong>Die</strong>jenige Konzentration e<strong>in</strong>es Stoffes o<strong>der</strong><br />
e<strong>in</strong>es Stoffwechselproduktes <strong>in</strong> Körperflüssigkeiten<br />
(Blut o<strong>der</strong> Ur<strong>in</strong>), bei <strong>der</strong> im Allgeme<strong>in</strong>en<br />
die Gesundheit nicht bee<strong>in</strong>trächtigt wird (§ 3<br />
Abs. 7 GefStoffV).<br />
Der AGW entspricht von <strong>der</strong> Def<strong>in</strong>ition her dem<br />
MAK-Wert (Maximale Arbeitsplatzkonzentration)<br />
<strong>der</strong> alten Verordnung. BGW gibt es für e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e<br />
Zahl von Arbeitsstoffen, entsprechend dem<br />
früheren BAT-Wert (Biologischer Arbeitsstofftoleranzwert).
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Der AGW ist als Durchschnittswert für e<strong>in</strong>e<br />
achtstündige Belastung def<strong>in</strong>iert. Er darf kurzfristig<br />
überschritten werden, jedoch muss <strong>der</strong><br />
Grenzwert – umgerechnet auf den Arbeitstag<br />
– e<strong>in</strong>gehalten werden. Das zulässige Ausmaß<br />
<strong>der</strong> kurzfristigen Überschreitung hängt von <strong>der</strong><br />
Art <strong>der</strong> gesundheitsschädigenden Eigenschaften<br />
des jeweiligen Stoffes ab und ist durch<br />
stoffspezifische Kurzzeitwerte begrenzt. <strong>Die</strong><br />
aktuell gültigen AGW s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> TRGS 900 zu<br />
f<strong>in</strong>den.<br />
AGW werden für Menschen im arbeitsfähigen<br />
Alter aufgestellt. Dabei bleiben beson<strong>der</strong>e<br />
Empf<strong>in</strong>dlichkeiten o<strong>der</strong> Empfänglichkeiten e<strong>in</strong>zelner<br />
Personen (durch spezielle genetische<br />
Ausstattung o<strong>der</strong> von Vorschädigungen) unberücksichtigt.<br />
Ebenso wenig werden bei <strong>der</strong> Ableitung<br />
von AGW durch Biorhythmen bed<strong>in</strong>gte<br />
Empf<strong>in</strong>dlichkeitsschwankungen <strong>in</strong> Betracht gezogen,<br />
obwohl die Auswirkungen des Tag- und<br />
Nachtrhythmus des Menschen beson<strong>der</strong>s bei<br />
Spät- und Nachtarbeit von Bedeutung ist.<br />
Auch mögliche Wirkungsverstärkungen bei<br />
gleichzeitiger Belastung mit an<strong>der</strong>en Arbeitsstoffen<br />
werden durch das AGW-Konzept nicht<br />
abgedeckt. Stattdessen wird nur die Wirkung<br />
von jeweils e<strong>in</strong>em Stoff auf den durchschnittlichen<br />
gesunden Menschen betrachtet. Als Ersatz<br />
wird versucht, gleichzeitigen Belastungen<br />
durch mehrere Stoffe durch e<strong>in</strong>e Addition <strong>der</strong><br />
E<strong>in</strong>zelwirkungen Rechnung zu tragen.<br />
Ferner ist für AGW zu bedenken, dass mit ihnen<br />
nur die Belastung <strong>der</strong> Atemluft kontrolliert wird,<br />
nicht jedoch die Hautbelastung. <strong>Die</strong>se hat aber<br />
für viele Tätigkeiten e<strong>in</strong>e erhebliche Bedeutung,<br />
<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e wenn dabei Stoffe verwendet werden,<br />
die über die Haut <strong>in</strong> den Körper aufgenommen<br />
werden können.<br />
Der AGW berücksichtigt auch nicht die Aufnahme<br />
von Gefahrstoffen durch Verschlucken. Das ist<br />
beson<strong>der</strong>s bei Tätigkeiten mit Blei o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />
Schwermetallen relevant. Über Verschlucken<br />
erfolgt <strong>der</strong> hauptsächliche Belastungsbeitrag,<br />
wenn die Hygienebed<strong>in</strong>gungen am Arbeitsplatz<br />
schlecht s<strong>in</strong>d und zudem noch Waschgelegenheiten<br />
fehlen. Dann können Stäube aus dem Arbeitsbereich<br />
verschleppt und auf Nahrungs- und Genussmittel<br />
übertragen werden. Auf diesem Weg<br />
gelangen sie schließlich <strong>in</strong> den Körper.<br />
Im Gegensatz zu den AGW ermöglichen es die<br />
BGW, e<strong>in</strong>e Bewertung <strong>der</strong> Gesamtbelastung zu<br />
treffen, also unter E<strong>in</strong>schluss <strong>der</strong> Hautbelastung<br />
und <strong>der</strong> Belastung durch Verschlucken. <strong>Die</strong> aktuell<br />
gültigen BGW s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> TRGS 903 zu f<strong>in</strong>den.<br />
Wie im Abschnitt „Wirksamkeitskontrolle <strong>der</strong><br />
Schutzmaßnahmen“ erläutert, haben AGW mit<br />
<strong>der</strong> neuen Verordnung e<strong>in</strong>en Bedeutungswandel<br />
erfahren: sie s<strong>in</strong>d jetzt zu e<strong>in</strong>em Instrument geworden,<br />
mit dem die Wirksamkeit <strong>der</strong> getroffenen<br />
Schutzmaßnahmen beurteilt werden kann. Ist<br />
<strong>der</strong> AGW e<strong>in</strong>gehalten, so s<strong>in</strong>d – <strong>in</strong> Bezug auf die<br />
Belastung <strong>der</strong> Atemluft – die Schutzmaßnahmen<br />
34
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel ausreichend. Ausgeblendet s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs<br />
Wechsel- und Komb<strong>in</strong>ationswirkungen<br />
von Stoffen sowie die Auswirkungen an<strong>der</strong>er Belastungen.<br />
Beim Vergleich <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> AGW <strong>in</strong> <strong>der</strong> TRGS<br />
900 mit <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> Luftgrenzwerte <strong>in</strong> <strong>der</strong> bis<br />
Ende 2004 gültigen TRGS 900 fällt die deutlich<br />
ger<strong>in</strong>gere Zahl von AGW auf. Das hat se<strong>in</strong>en<br />
Grund dar<strong>in</strong>, dass <strong>der</strong> Übergang zur neuen Verordnung<br />
auch dazu genutzt worden ist, für die<br />
früheren Luftgrenzwerte zu überprüfen, ob sie<br />
den an sie gestellten Anfor<strong>der</strong>ungen genügen. Für<br />
e<strong>in</strong>e Reihe alter MAK-Werte konnte mit den ihnen<br />
zugrunde liegenden Daten e<strong>in</strong> Schutz bei länger<br />
anhalten<strong>der</strong> Belastung nicht belegt werden, sie<br />
werden daher nicht als AGW weitergeführt. Mit<br />
an<strong>der</strong>en Worten: Solche jetzt wegfallenden Werte<br />
haben auch früher den versprochenen Schutz <strong>der</strong><br />
Gesundheit nicht bieten können. Für mehrere an<strong>der</strong>e<br />
MAK-Werte lagen bereits seit längerem Informationen<br />
vor, nach denen auch bei E<strong>in</strong>haltung<br />
des Wertes e<strong>in</strong>e Gesundheitsschädigung nicht<br />
auszuschließen war. <strong>Die</strong>s hat <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit<br />
nicht zu Konsequenzen geführt, doch jetzt<br />
wird e<strong>in</strong>e Absenkung dieser Werte vorbereitet<br />
und mit ihrer Aufnahme <strong>in</strong> die TRGS 900 ist <strong>in</strong> den<br />
nächsten zwei Jahren zu rechnen.<br />
Technisch begründete Grenzwerte sieht die<br />
neue Verordnung nicht mehr vor. <strong>Die</strong> TRK-Werte<br />
35<br />
Zentrale Inhalte <strong>der</strong> <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
(Technische Richtkonzentrationen) <strong>der</strong> alten Verordnung<br />
s<strong>in</strong>d ersatzlos weggefallen. Sie waren<br />
hauptsächlich für krebserzeugende Stoffe festgelegt<br />
worden und gaben an, welche Luftkonzentrationen<br />
technisch e<strong>in</strong>haltbar waren. Bei ihrer<br />
E<strong>in</strong>haltung bestand aber weiterh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Gesundheitsgefährdung,<br />
<strong>der</strong>en Ausmaß je nach Stoff<br />
höchst unterschiedlich se<strong>in</strong> konnte.<br />
Der Wegfall <strong>der</strong> TRK-Werte darf nicht als Freibrief<br />
dafür verstanden werden, höhere Belastungen<br />
mit den betreffenden Stoffen als <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit<br />
zuzulassen. Es gibt ke<strong>in</strong>e Begründung<br />
dafür, e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>mal erreichten Stand <strong>der</strong> Technik<br />
wie<strong>der</strong> zu verschlechtern. Wenn Belastungen über<br />
den früheren TRK-Werten liegen würden, wäre<br />
dies zweifellos e<strong>in</strong> massiver Verstoß gegen das<br />
M<strong>in</strong>imierungsgebot.<br />
Stattdessen müssen Betriebe, <strong>in</strong> denen krebserzeugende<br />
o<strong>der</strong> erbgutverän<strong>der</strong>nde Stoffe verwendet<br />
o<strong>der</strong> freigesetzt werden, jetzt im Rahmen <strong>der</strong><br />
Gefährdungsbeurteilung die Frage neu beantworten,<br />
ob und wann Atemschutz verwendet werden<br />
muss. Bislang war dies bei Unterschreiten des<br />
TRK-Wertes gemäß <strong>der</strong> früheren Verordnung nicht<br />
erfor<strong>der</strong>lich. Jetzt muss die Entscheidung von den<br />
Betrieben selbst getroffen werden, um aus den<br />
verfügbaren Angaben über das Ausmaß <strong>der</strong> mit<br />
den Belastungen verknüpften Risiken die erfor<strong>der</strong>lichen<br />
Schlussfolgerungen zu ziehen 1 .<br />
1 Für e<strong>in</strong>e Reihe krebserzeugen<strong>der</strong> Stoffe s<strong>in</strong>d H<strong>in</strong>weise auf die Höhe <strong>der</strong> Risiken, die mit Belastungen durch diese Stoffe verknüpft s<strong>in</strong>d, im BGIA-Handbuch<br />
zu f<strong>in</strong>den: Krebsrisikozahlen. Sicherheitstechnisches Informations- und Arbeitsblatt 120 120; <strong>in</strong>: BGIA-Handbuch Sicherheit und Gesundheitsschutz<br />
am Arbeitsplatz. 42. Lfg. XII/2002. Hrsg.: Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitsschutz – BGIA, Sankt August<strong>in</strong>. Berl<strong>in</strong>: Erich Schmidt 2003 – Losebl.-Ausg.<br />
www.bgia-handbuchdigital.de/120120.
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
2.9 Information <strong>der</strong> Beschäftigten<br />
Für die direkte Information <strong>der</strong> Beschäftigten, zu<br />
denen stets auch Leiharbeitnehmer/Leiharbeitnehmer<strong>in</strong>nen<br />
gehören, ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> GefStoffV e<strong>in</strong>e<br />
Reihe e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> ergänzen<strong>der</strong> Instrumente vorgesehen,<br />
die vom Arbeitgeber gewährleistet werden<br />
müssen.<br />
Zunächst müssen für alle Tätigkeiten mit Gefahrstoffen<br />
ab Schutzstufe 2 schriftliche Betriebsanweisungen<br />
erstellt werden. Aus ihnen muss hervorgehen,<br />
welche Schutzmaßnahmen bei diesen<br />
Tätigkeiten zu ergreifen s<strong>in</strong>d. <strong>Die</strong>s schließt Angaben<br />
über das Verhalten im Gefahrfall und über<br />
Erste- Hilfe-Maßnahmen e<strong>in</strong>. Alle Informationen<br />
müssen sich auf den jeweiligen Arbeitsplatz und<br />
die ausgeübte Tätigkeit beziehen. Zudem müssen<br />
sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Sprache abgefasst se<strong>in</strong>, die den Beschäftigten<br />
verständlich ist (§14 Abs. 1 GefStoffV).<br />
Für Beschäftigte ausländischer Herkunft wird das<br />
vielfach <strong>der</strong>en Heimatsprache se<strong>in</strong> müssen.<br />
Vor Aufnahme <strong>der</strong> Tätigkeit, bei Verän<strong>der</strong>ungen<br />
und ansonsten m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>mal jährlich müssen<br />
die Beschäftigten anhand <strong>der</strong> Betriebsanweisung<br />
über auftretende Gefährdungen und erfor<strong>der</strong>liche<br />
Schutzmaßnahmen mündlich unterwiesen<br />
werden. Auch die mündliche Unterweisung<br />
muss <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er für die Beschäftigten verständlichen<br />
Sprache erfolgen, also durchaus auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Heimatsprache<br />
ausländischer Beschäftigter. Inhalt<br />
und Zeitpunkt <strong>der</strong> Unterweisung s<strong>in</strong>d schriftlich<br />
festzuhalten und von den Beschäftigten durch<br />
Unterschrift zu bestätigen (§ 14 Abs. 2 GefStoffV).<br />
Ergänzend zur mündlichen Unterweisung gibt die<br />
neue Verordnung dem Arbeitgeber auf, die Beschäftigten<br />
<strong>in</strong> den Methoden und Verfahren unterrichten<br />
zu lassen, die für die sichere Verwendung<br />
<strong>der</strong> jeweiligen Gefahrstoffe erfor<strong>der</strong>lich ist (§ 14<br />
Abs. 1 GefStoffV). Zielstellung für diese Unterrichtung<br />
sollte se<strong>in</strong>, dass die Beschäftigten mit allen<br />
Schutzmaßnahmen praktisch vertraut gemacht<br />
werden. Unter fachkundiger Anleitung sollen sie<br />
lernen, das gesamte Spektrum von Schutzmaßnahmen<br />
eigenständig handhaben zu können.<br />
Hierzu zählt auch die sachgemäße Benutzung<br />
von persönlicher Schutzausrüstung, bis h<strong>in</strong> zum<br />
Wechseln verschmutzter Schutzhandschuhe ohne<br />
dabei die ungeschützten Hände mit den Gefahrstoffen<br />
zu beschmutzen. Letztlich wird es darum<br />
gehen, alle <strong>in</strong> <strong>der</strong> Betriebsanweisung aufgeführten<br />
Maßnahmen unter kundiger Anleitung e<strong>in</strong>zuüben.<br />
Ferner müssen die Beschäftigten e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e<br />
arbeitsmediz<strong>in</strong>isch-toxikologische Beratung<br />
erhalten, die im Rahmen <strong>der</strong> mündlichen Unterweisung<br />
erfolgen soll. An dieser Beratung ist <strong>der</strong><br />
Betriebsarzt aktiv zu beteiligen, wenn es hierfür<br />
arbeitsmediz<strong>in</strong>ische Gründe gibt (§ 14 Abs. 3<br />
GefStoffV). Bei dieser Beratung sollten zwei Ziele<br />
im Vor<strong>der</strong>grund stehen:<br />
Es soll deutlich werden, welche Gesundheitsgefährdungen<br />
von den verwendeten Arbeitsstoffen<br />
ausgehen, so dass den Beschäftigten<br />
unmittelbar e<strong>in</strong>sichtig wird, weshalb die <strong>in</strong><br />
den Betriebsanweisungen vorgeschriebenen<br />
und <strong>in</strong> den Unterweisungen vorgestellten<br />
36
Maßnahmen notwendig und s<strong>in</strong>nvoll s<strong>in</strong>d.<br />
Auf diese Weise soll die Motivation <strong>der</strong> Beschäftigten<br />
erhöht werden, diese Maßnahmen<br />
im eigenen Interesse anzuwenden.<br />
Beschäftigte sollen wissen, welche speziellen<br />
persönlichen Bed<strong>in</strong>gungen und Voraussetzungen<br />
zu e<strong>in</strong>er höheren Gefährdung<br />
durch die verwendeten Arbeitsstoffe führen<br />
können und welche konkreten Anzeichen<br />
es dafür gibt, beg<strong>in</strong>nende Gesundheitsbee<strong>in</strong>trächtigung<br />
zu erkennen. Durch beides<br />
sollen sie <strong>in</strong> die Lage versetzt werden, sich<br />
gezielt arbeitsmediz<strong>in</strong>isch beraten zu lassen<br />
und so, falls erfor<strong>der</strong>lich, den Anstoß für<br />
zusätzliche Schutzmaßnahmen zu geben.<br />
E<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Form <strong>der</strong> Information <strong>der</strong> Beschäftigten<br />
stellen arbeitsmediz<strong>in</strong>ische Vorsorgeuntersuchungen<br />
und Untersuchungen nach Beendigung<br />
von Tätigkeiten dar. Sie s<strong>in</strong>d im folgenden<br />
Abschnitt (2.10) beschrieben.<br />
Bei arbeitsmediz<strong>in</strong>ischen Vorsorgeuntersuchungen<br />
bietet sich die Gelegenheit, die allgeme<strong>in</strong>e<br />
arbeitsmediz<strong>in</strong>isch-toxikologische Beratung<br />
durch e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuelle arbeitsmediz<strong>in</strong>ische Beratung<br />
zu ergänzen. So besteht die Möglichkeit,<br />
auch auf die <strong>in</strong>dividuellen Beson<strong>der</strong>heiten von<br />
Beschäftigten e<strong>in</strong>zugehen und abzuklären, ob die<br />
getroffenen Schutzmaßnahmen auch für ihre speziellen<br />
Erfor<strong>der</strong>nisse ausreichend wirksam s<strong>in</strong>d.<br />
Des weiteren muss <strong>der</strong> Arbeitgeber den betroffenen<br />
Beschäftigten e<strong>in</strong>e Kopie <strong>der</strong> Mitteilung an<br />
37<br />
Zentrale Inhalte <strong>der</strong> <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
die Aufsichtsbehörde zukommen lassen, die im<br />
Fall e<strong>in</strong>er Erkrankung aufgrund von Tätigkeiten<br />
mit Gefahrstoffen vorgeschrieben ist (§ 19 Abs. 1<br />
GefStoffV).<br />
Zusätzlich zu diesen Informationen, die vom Arbeitgeber<br />
aktiv veranlasst werden müssen, hat<br />
je<strong>der</strong> Beschäftigte e<strong>in</strong>e Reihe von E<strong>in</strong>sichtsrechten<br />
<strong>in</strong> verschiedene Unterlagen, wie:<br />
das Gefahrstoffverzeichnis<br />
(gemäß § 7 Abs. 8 GefStoffV),<br />
alle Sicherheitsdatenblätter für Stoffe und<br />
Zubereitungen, die von ihnen verwendet<br />
werden (gemäß § 14 Abs. 1 GefStoffV),<br />
die Ergebnisse von Messungen und Nachweisen<br />
bezüglich <strong>der</strong> E<strong>in</strong>haltung von<br />
AGW (gemäß § 10 Abs. 2 GefStoffV),<br />
die nicht personenbezogenen sowie die ihn<br />
betreffenden Angaben im Verzeichnis <strong>der</strong><br />
Beschäftigten, die Tätigkeiten mit krebserzeugenden,<br />
erbgutverän<strong>der</strong>nden o<strong>der</strong><br />
fruchtbarkeitsgefährdenden Gefahrstoffen<br />
durchführen (gemäß § 14 Abs. 4 GefStoffV),<br />
die ihn betreffenden Angaben <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vorsorgekartei<br />
(gemäß § 15 Abs. 5 GefStoffV).<br />
Schließlich haben Beschäftigte, die mit krebserzeugenden,<br />
erbgutverän<strong>der</strong>nden o<strong>der</strong> fruchtbarkeitsgefährdenden<br />
Gefahrstoffen arbeiten<br />
auch das Recht, die Auswahl <strong>der</strong> persönlichen<br />
Schutzausrüstung und die Beurteilung <strong>der</strong> daraus<br />
resultierenden Gesundheitsbelastungen zu überprüfen<br />
(§ 14 Abs. 4 GefStoffV). Um dieses Recht
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
wahrnehmen zu können, muss ihnen E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong><br />
die entsprechenden Teile <strong>der</strong> Dokumentation <strong>der</strong><br />
Gefährdungsbeurteilung ermöglicht werden.<br />
Sollte <strong>der</strong> Arbeitgeber die Wahrnehmung dieser<br />
E<strong>in</strong>sichtsrechte beh<strong>in</strong><strong>der</strong>n, so ist es Aufgabe des<br />
Betriebsrates, die Beschäftigten entsprechend zu<br />
unterstützen.<br />
H<strong>in</strong>weise für Betriebsräte<br />
Liegen für alle Tätigkeiten mit Gefahrstoffen<br />
Betriebsanweisungen<br />
vor und s<strong>in</strong>d sie den Beschäftigten zugänglich?<br />
(bei Tätigkeiten <strong>der</strong> Schutzstufen 2 o<strong>der</strong> höher)<br />
Ist die Sprache <strong>der</strong> Betriebsanweisungen<br />
für die Beschäftigten verständlich?<br />
Erhalten die Beschäftigten die erfor<strong>der</strong>liche<br />
Unterweisung, bevor sie die entsprechende<br />
Tätigkeit aufnehmen?<br />
Wenn lediglich Schutzmaßnahmen gemäß<br />
Schutzstufe 1 erfor<strong>der</strong>lich s<strong>in</strong>d: Erhalten die<br />
Beschäftigten die gemäß Arbeitsschutzgesetz<br />
erfor<strong>der</strong>liche Unterweisung, bevor sie<br />
die entsprechende Tätigkeit aufnehmen?<br />
Werden die Beschäftigten gezielt dar<strong>in</strong> unterrichtet,<br />
die von ihnen verwendeten Gefahrstoffe<br />
auf sichere Weise zu verwenden?<br />
Erhalten die Beschäftigten im Rahmen <strong>der</strong><br />
Unterweisung auch e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e arbeitsmediz<strong>in</strong>isch-toxikologische<br />
Beratung?<br />
Werden sie dabei auf ihr Recht auf Angebotsuntersuchungen<br />
als Teil <strong>der</strong> arbeitsmediz<strong>in</strong>ischen<br />
Vorsorge h<strong>in</strong>gewiesen?<br />
Erhalten die Beschäftigten die ihnen zustehende<br />
E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> diverse Unterlagen? Werden<br />
sie über diese E<strong>in</strong>sichtsrechte <strong>in</strong>formiert?<br />
2.10 Arbeitsmediz<strong>in</strong>ische Vorsorge<br />
Gegenüber <strong>der</strong> früheren Verordnung s<strong>in</strong>d die Vorschriften<br />
über die arbeitsmediz<strong>in</strong>ische Vorsorge<br />
vollständig überarbeitet worden. So ist <strong>in</strong> die<br />
Verordnung e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>destkatalog von Maßnahmen<br />
aufgenommen worden, die ausdrücklich Teil <strong>der</strong><br />
arbeitsmediz<strong>in</strong>ischen Vorsorge se<strong>in</strong> müssen (§ 15<br />
Abs. 1 GefStoffV). Hierzu gehören unter an<strong>der</strong>em:<br />
die Beteiligung des Betriebsarztes<br />
bei <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung,<br />
arbeitsmediz<strong>in</strong>isch begründete Empfehlungen<br />
zur Überprüfung von Arbeitsplätzen und zur<br />
Wie<strong>der</strong>holung <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung,<br />
die Aufklärung und Beratung <strong>der</strong> Beschäftigten<br />
über Gesundheitsgefährdungen<br />
durch die Arbeit mit Gefahrstoffen.<br />
E<strong>in</strong> weiteres Element <strong>der</strong> arbeitsmediz<strong>in</strong>ischen<br />
Vorsorge s<strong>in</strong>d arbeitsmediz<strong>in</strong>ische Vorsorgeuntersuchungen.<br />
Auch für sie enthält die Verordnung<br />
e<strong>in</strong>en Katalog von Bauste<strong>in</strong>en, aus denen<br />
sie üblicherweise bestehen müssen (§ 15 Abs. 2<br />
GefStoffV). Hierzu gehören ausdrücklich:<br />
die Begehung o<strong>der</strong> die Kenntnis des<br />
Arbeitsplatzes durch den Arzt,<br />
die bereits im vorigen Abschnitt angesprochene<br />
<strong>in</strong>dividuelle arbeitsmediz<strong>in</strong>ische Beratung.<br />
Gemäß <strong>der</strong> neuen Verordnung gibt es zwei Arten<br />
von Vorsorgeuntersuchungen:<br />
38
zum e<strong>in</strong>en „Pflichtuntersuchungen“,<br />
also Untersuchungen, an denen die Beschäftigten<br />
teilnehmen müssen (§ 16<br />
Abs. 1 i.V.m. Anhang V GefStoffV),<br />
zum an<strong>der</strong>en „Angebotsuntersuchungen“,<br />
also Untersuchungen, die den Beschäftigten<br />
angeboten werden müssen,<br />
an denen die Teilnahme aber freiwillig ist<br />
(§16 Abs. 3 i.V.m. Anhang V GefStoffV).<br />
<strong>Die</strong> Tätigkeiten, für die arbeitsmediz<strong>in</strong>ische<br />
Vorsorgeuntersuchungen erfor<strong>der</strong>lich s<strong>in</strong>d o<strong>der</strong><br />
angeboten werden müssen, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Anhang V<br />
aufgeführt. Ferner geht aus § 16 Abs. 1 und 3<br />
hervor, dass für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen,<br />
die <strong>in</strong> Anhang V Nr. 1 genannt werden, e<strong>in</strong>e<br />
Untersuchung nur dann erfor<strong>der</strong>lich ist, wenn<br />
<strong>der</strong> AGW nicht e<strong>in</strong>gehalten wird. Bereits bei ger<strong>in</strong>geren<br />
Belastungen mit diesen Stoffen muss<br />
<strong>der</strong> Arbeitgeber aber e<strong>in</strong>e solche Untersuchung<br />
anbieten. <strong>Die</strong> Beschäftigten können dann selbst<br />
entscheiden, ob sie sie durchführen lassen o<strong>der</strong><br />
nicht.<br />
E<strong>in</strong> sehr wichtiger Bestandteil dieser Vorsorgeuntersuchungen<br />
ist die <strong>in</strong>dividuelle arbeitsmediz<strong>in</strong>ische<br />
Beratung, <strong>in</strong> <strong>der</strong> die speziellen Gesundheitsgefährdungen<br />
<strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Beschäftigten<br />
vor dem H<strong>in</strong>tergrund ihrer persönlichen körperlichen<br />
Ausstattung und bereits bestehen<strong>der</strong><br />
gesundheitlicher Bee<strong>in</strong>trächtigungen geschützt<br />
durch die ärztliche Schweigepflicht zur Sprache<br />
kommen können.<br />
39<br />
Zentrale Inhalte <strong>der</strong> <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Ferner haben Beschäftigte, die mit krebserzeugenden<br />
o<strong>der</strong> erbgutverän<strong>der</strong>nden Stoffen belastet<br />
werden, das Recht auf Nachuntersuchungen<br />
auch nach Beendigung <strong>der</strong> Beschäftigung erhalten<br />
(§ 16 Abs. 3 GefStoffV), damit denkbare Erkrankungen<br />
möglichst frühzeitig entdeckt werden<br />
können. Solche Nachuntersuchungen waren bisher<br />
durch berufsgenossenschaftliche Vorschriften<br />
geregelt und wurden über die Zentrale Erfassungsstelle<br />
asbeststaubgefährdeter Arbeitnehmer<br />
(ZAs) o<strong>der</strong> den Organisationsdienst für nachgehende<br />
Untersuchungen (ODIN) organisiert.<br />
Um die Voraussetzungen für die Pflichtuntersuchungen<br />
zu schaffen und um <strong>der</strong>en Ergebnisse zu<br />
dokumentieren, muss e<strong>in</strong>e Vorsorgekartei geführt<br />
werden (§ 15 Abs. 5 GefStoffV). Für die Angaben<br />
zur Exposition sollten die Dokumentation <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung,<br />
die Messungen und Nachweise<br />
zur E<strong>in</strong>haltung von AGW gemäß § 10 Abs.<br />
2 GefStoffV sowie die Messungen <strong>der</strong> Belastung<br />
mit krebserzeugenden, erbgutverän<strong>der</strong>nden und<br />
fruchtbarkeitsgefährdenden Gefahrstoffen gemäß<br />
§ 11 Abs. 2 GefStoffV herangezogen werden.<br />
Wegen <strong>der</strong> Bedeutung dieser Daten für die Beweisführung<br />
<strong>in</strong> möglichen späteren Berufskrankheitenverfahren<br />
sollte betrieblich vere<strong>in</strong>bart<br />
werden, dass sie auch bei Ausscheiden von Mitarbeitern<br />
aus dem Betrieb m<strong>in</strong>destens 40 Jahre<br />
aufbewahrt werden müssen, selbst wenn dies<br />
über die Vorgaben für die Aufbewahrung von<br />
Personalunterlagen h<strong>in</strong>ausgeht (vgl. § 15 Abs. 6<br />
GefStoffV).
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
H<strong>in</strong>weise für Betriebsräte<br />
Kennt <strong>der</strong> Arbeitsmediz<strong>in</strong>er<br />
die Arbeitsplätze <strong>der</strong> von ihm beratenen<br />
und untersuchten Beschäftigten? Hat er<br />
sich <strong>der</strong>en Arbeitsplätze angesehen?<br />
Wird e<strong>in</strong>e Vorsorgekartei geführt, aus <strong>der</strong> hervorgeht,<br />
welchen Stoffbelastungen die zu untersuchenden<br />
Beschäftigten ausgesetzt s<strong>in</strong>d?<br />
Wird darauf geachtet, dass Pflichtuntersuchungen<br />
nur dann durchgeführt werden,<br />
wenn dies nach § 16 Abs. 1 <strong>in</strong> Zusammenhang<br />
mit Anhang V Nr. 1 o<strong>der</strong><br />
Nr. 2.1 GefStoffV vorgeschrieben ist?<br />
Wird darauf geachtet, dass Angebotsuntersuchungen<br />
wenigstens dann angeboten<br />
werden, wenn dies nach § 16 Abs. 3 <strong>in</strong><br />
Zusammenhang mit Anhang V Nr. 1 o<strong>der</strong><br />
Nr. 2.2 GefStoffV vorgeschrieben ist?<br />
Wird dafür gesorgt, dass Beschäftigten<br />
nach Ende ihrer Beschäftigung Nachuntersuchungen<br />
angeboten werden, wenn<br />
sie mit krebserzeugenden o<strong>der</strong> erbgutverän<strong>der</strong>nden<br />
Stoffen belastet waren?<br />
Ist betrieblich vere<strong>in</strong>bart worden, dass die Vorsorgekartei<br />
auch bei Ausscheiden des Beschäftigten<br />
wenigstens 40 Jahre aufbewahrt wird?<br />
2.11 Zusammenarbeit verschiedener Firmen<br />
Mit den Vorschriften über die Zusammenarbeit<br />
verschiedener Firmen <strong>in</strong> § 17 GefStoffV wird die<br />
allgeme<strong>in</strong>e Vorgabe von § 8 ArbSchG für Tätigkeiten<br />
mit Gefahrstoffen konkretisiert. Gleichzeitig<br />
werden damit ältere berufsgenossenschaftliche<br />
Regelungen abgelöst.<br />
Beson<strong>der</strong>s wichtig s<strong>in</strong>d folgende Bestimmungen,<br />
die sich an den Arbeitgeber richten, <strong>der</strong> die Tätigkeiten<br />
beauftragt beziehungsweise auf dessen<br />
Betriebsgelände sie durchgeführt werden:<br />
er hat die Verantwortung dafür, dass nur erfahrene<br />
und fachkompetente Fremdfirmen<br />
beauftragt werden (§ 17 Abs. 1 GefStoffV),<br />
er hat vor dem Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Tätigkeiten e<strong>in</strong>en<br />
Koord<strong>in</strong>ator zu bestellen, sofern es zu e<strong>in</strong>er<br />
gegenseitigen Gefährdung von Beschäftigten<br />
verschiedener Firmen kommen kann,<br />
er hat dafür zu sorgen, dass die Fremdfirmen<br />
<strong>in</strong> das betriebliche Arbeitsschutzsystem e<strong>in</strong>bezogen<br />
werden (§ 17 Abs. 2 GefStoffV).<br />
Zudem ist von allen beteiligten Unternehmen e<strong>in</strong>e<br />
geme<strong>in</strong>same Gefährdungsbeurteilung durchzuführen,<br />
die <strong>in</strong> jedem <strong>der</strong> Unternehmen zu dokumentieren<br />
ist (§ 17 Abs. 3 GefStoffV).<br />
H<strong>in</strong>weise für Betriebsräte<br />
Wie wird gewährleistet,<br />
dass beauftragte Fremdfirmen<br />
über die erfor<strong>der</strong>lichen Fachkenntnisse<br />
und Erfahrung verfügen?<br />
Wird bei Fremdfirmene<strong>in</strong>satz<br />
e<strong>in</strong> Koord<strong>in</strong>ator bestellt?<br />
Wird bei Fremdfirmene<strong>in</strong>satz e<strong>in</strong>e<br />
geme<strong>in</strong>same Gefährdungsbeurteilung<br />
erstellt und von allen beteiligten<br />
Firmen dokumentiert?<br />
40
2.12 Anzeigepflichten bei <strong>der</strong><br />
Aufsichtsbehörde und Möglichkeiten<br />
für Ausnahmegenehmigungen<br />
Kommt es bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen zu<br />
e<strong>in</strong>em Unfall o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er Betriebsstörung, durch<br />
die Beschäftigte e<strong>in</strong>e ernste Schädigung erleiden,<br />
o<strong>der</strong> gibt es konkrete Anhaltspunkte dafür,<br />
dass die Erkrankung o<strong>der</strong> gar <strong>der</strong> Tod e<strong>in</strong>es<br />
Beschäftigten auf solche Tätigkeiten zurückzuführen<br />
ist, muss <strong>der</strong> Arbeitgeber unverzüglich<br />
die Aufsichtsbehörde (Amt für Arbeitsschutz,<br />
Gewerbeaufsichtsamt) <strong>in</strong>formieren und den<br />
betroffenen Beschäftigten sowie dem Betriebsrat<br />
e<strong>in</strong>e Kopie <strong>der</strong> Mitteilung übermitteln (§ 19<br />
Abs. 1 GefStoffV). Darüber h<strong>in</strong>aus kann die Aufsichtsbehörde<br />
e<strong>in</strong>e Reihe weiterer Unterlagen<br />
verlangen, die <strong>in</strong> § 19 Abs. 2, 3 und 4 GefStoffV<br />
genannt s<strong>in</strong>d.<br />
Schließlich sieht die Verordnung auch die Möglichkeit<br />
für weitgehende Ausnahmen von den<br />
Bestimmungen <strong>in</strong> den §§ 7 – 19 GefStoffV und<br />
den Anhängen II – V vor. E<strong>in</strong> solcher Ausnahmeantrag<br />
ist <strong>in</strong> jedem E<strong>in</strong>zelfall ausführlich entsprechend<br />
den Vorgaben <strong>in</strong> § 20 Abs. 1 GefStoffV zu<br />
begründen. Selbstverständlich hat auch hier <strong>der</strong><br />
Betriebsrat e<strong>in</strong> umfassendes Mitbestimmungsrecht<br />
gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. In diesem<br />
Fall ist es für den Betriebsrat höchst ratsam, sich<br />
zuvor mit <strong>der</strong> zuständigen Behörde zu beraten<br />
(vgl. § 89 Abs. 1 und 2 BetrVG).<br />
<strong>Die</strong>se Bestimmung kann sich aber auch <strong>der</strong><br />
Betriebsrat dann zu Nutze machen, wenn das<br />
41<br />
Zentrale Inhalte <strong>der</strong> <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Unternehmen mit <strong>der</strong> Durchführung <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen<br />
<strong>in</strong> Verzug ist, aber beabsichtigt, die<br />
Versäumnisse zügig abzuarbeiten. Anstatt zu<br />
verlangen, die entsprechenden Tätigkeiten bis<br />
zum Abschluss <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung zu<br />
unterbrechen o<strong>der</strong> sie nicht vorher zu beg<strong>in</strong>nen,<br />
kann für den Betriebsrat e<strong>in</strong>e Alternative dar<strong>in</strong><br />
bestehen, mit dem Arbeitgeber e<strong>in</strong>en genauen<br />
Zeitplan für die Durchführung <strong>der</strong> fehlenden Gefährdungsbeurteilung<br />
zu vere<strong>in</strong>baren und gleichzeitig<br />
zu verlangen, dass hierfür e<strong>in</strong>e Ausnahmegenehmigung<br />
gemäß § 20 Abs. 1 GefStoffV<br />
beantragt wird.<br />
H<strong>in</strong>weise für Betriebsräte<br />
Wie wird gewährleistet, dass<br />
<strong>der</strong> Arbeitgeber die zuständige Aufsichtsbehörde<br />
unverzüglich über Unfälle und Betriebsstörungen<br />
benachrichtigt, bei denen es<br />
zu e<strong>in</strong>er Gesundheitsschädigung gekommen<br />
ist, sowie über Erkrankungen und Todesfälle,<br />
für die es konkrete H<strong>in</strong>weise auf Tätigkeiten<br />
mit Gefahrstoffen als Ursache gibt?<br />
Erhalten die betroffenen Beschäftigten und<br />
<strong>der</strong> Betriebsrat Kopien solcher Mitteilungen?<br />
Wird <strong>der</strong> Betriebsrat im Rahmen se<strong>in</strong>er<br />
Mitbestimmungsrechte e<strong>in</strong>bezogen, bevor<br />
<strong>der</strong> Arbeitgeber e<strong>in</strong>en Ausnahmeantrag<br />
gemäß § 20 Abs. 1 GefStoffV stellt?<br />
Hat <strong>der</strong> Betriebsrat regelmäßigen Kontakt<br />
zu den zuständigen Behörden, um<br />
so se<strong>in</strong>e Beratungsrechte nach § 89<br />
Abs. 1 BetrVG optimal zu nutzen?
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Raum für Notizen<br />
42
43<br />
Gestaltungsmöglichkeiten für Betriebsräte und Beschäftigte<br />
3 Gestaltungsmöglichkeiten für Betriebsräte und Beschäftigte<br />
Aufgaben und Rolle des Betriebsrates<br />
Im Rahmen <strong>der</strong> GefStoffV und des ArbSchG hat<br />
<strong>der</strong> Betriebsrat weitreichende Mitbestimmungsmöglichkeiten<br />
auf Grundlage des § 87 Abs.1 Nr.<br />
7 BetrVG. <strong>Die</strong>s gilt für die Ermittlung und Beurteilung<br />
von Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen<br />
sowie <strong>der</strong> Festlegung von Schutzmaßnahmen<br />
und <strong>der</strong> Dokumentation des gesamten<br />
Prozesses (siehe Schaubild Gefährdungsbeurteilung<br />
auf Seite 17).<br />
Bei <strong>der</strong> Planung von Arbeitsplätzen, Arbeitsabläufen<br />
und <strong>der</strong> Arbeitsumgebung hat <strong>der</strong> Betriebsrat<br />
gemäß § 90 BetrVG Unterrichtungs- und Beratungsrechte.<br />
Hierbei hat er unter Berücksichtigung<br />
gesicherter arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse<br />
alle Auswirkungen auf die betroffenen<br />
Beschäftigten mit dem Arbeitgeber zu beraten.<br />
Des weiteren muss <strong>der</strong> Betriebsrat die E<strong>in</strong>haltung<br />
<strong>der</strong> dem Arbeitgeber vom Gesetzgeber<br />
vorgeschriebenen Vorschriften gemäß § 80 Abs.<br />
1 Nr. 1 überwachen. <strong>Die</strong>s gilt für Gesetze ( z.B.<br />
ArbSchG), für Verordnungen (hier vor allem für die<br />
GefStoffV) und die „Technischen Regeln Gefahrstoffe“<br />
(TRGS).<br />
<strong>Die</strong>se Aufgaben erfor<strong>der</strong>n vom Betriebsrat zum<br />
e<strong>in</strong>en Kenntnisse über die rechtlichen Vorschriften<br />
bei <strong>der</strong> Überwachung als auch fachliches<br />
Wissen bei <strong>der</strong> Ausgestaltung <strong>der</strong> rechtlichen<br />
Bestimmungen im Rahmen se<strong>in</strong>er Mitbestimmungsrechte.<br />
Um angesichts <strong>der</strong> geradezu erschlagenden Vielfalt<br />
von nicht e<strong>in</strong>deutigen Begriffen und fehlenden<br />
Detailregelungen nicht sofort zu kapitulieren,<br />
muss sich <strong>der</strong> Betriebsrat bei <strong>der</strong> Ermittlung und<br />
Beurteilung von Gefährdungen durch Gefahrstoffe<br />
sowie <strong>der</strong> Festlegung von Schutzmaßnahmen<br />
gegebenenfalls sachgerecht beraten lassen.<br />
<strong>Die</strong>se Beratung kann e<strong>in</strong>erseits durch den Betriebsarzt/Betriebsärzt<strong>in</strong><br />
und die Fachkraft für<br />
Arbeitssicherheit (§ 9 Arbeitssicherheitsgesetz)<br />
sowie weitere <strong>in</strong>nerbetriebliche Sachkundige<br />
erfolgen – hierzu gehören auch sachkundige<br />
Beschäftigte nach § 80 Abs. 2 BetrVG – als auch<br />
an<strong>der</strong>erseits durch externe Sachverständige, wie<br />
Techniker, Chemiker, Arbeitswissenschaftler gemäß<br />
§ 80 Abs. 3 BetrVG.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus kann <strong>der</strong> Betriebsrat auch den<br />
Sachverstand <strong>der</strong> Behörden (Arbeitsschutzämter;<br />
Umweltbehörden) und <strong>der</strong> zuständigen Berufsgenossenschaft<br />
nutzen. Selbstverständlich steht<br />
auch die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> mit Rat und Tat zur Seite.<br />
Um se<strong>in</strong>e Rolle effizient ausfüllen zu können, ist<br />
e<strong>in</strong>e systematische Herangehens- und Arbeitsweise<br />
des Betriebsrates von großer Bedeutung.<br />
Sie sollte m<strong>in</strong>destens folgende Punkte umfassen:<br />
Überblick über den gesamten<br />
Aufgabenbereich.<br />
Zum E<strong>in</strong>stieg sollte sich <strong>der</strong> Betriebsrat<br />
e<strong>in</strong>e möglichst komplette Übersicht<br />
über alle Aufgaben zum Thema „Schutz
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
vor Gefahrstoffen“ verschaffen, die im<br />
Pr<strong>in</strong>zip angepackt werden könnten:<br />
E<strong>in</strong> erster Bereich s<strong>in</strong>d die Aufgaben,<br />
zu denen <strong>der</strong> Arbeitgeber gemäß <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
verpflichtet ist – im<br />
zweiten Kapitel dieser Broschüre f<strong>in</strong>den<br />
sich hierzu umfassende H<strong>in</strong>weise.<br />
E<strong>in</strong> weiterer Bereich s<strong>in</strong>d die unbestimmten<br />
Rechtsbegriffe sowie die fehlenden Detailregelungen<br />
<strong>der</strong> Verordnung, bei denen <strong>der</strong><br />
Arbeitgeber Wahlmöglichkeiten und Ermessensspielräume<br />
bei <strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> Vorschriften<br />
hat. Hieraus muss <strong>der</strong> Betriebsrat<br />
se<strong>in</strong>e Mitbestimmungsrechte ableiten. Der<br />
Abschnitt „Unbestimmte Rechtsbegriffe<br />
und fehlende Detailregelungen“ enthält<br />
hierzu e<strong>in</strong>en ausführlichen Überblick.<br />
E<strong>in</strong> dritter Bereich ist schließlich die E<strong>in</strong>bettung<br />
<strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung <strong>in</strong><br />
Bezug auf Gefahrstoffe <strong>in</strong> die gesamte<br />
Gefährdungsbeurteilung gemäß Arbeitsschutzgesetz,<br />
also die Umsetzung e<strong>in</strong>es<br />
ganzheitlichen Ansatzes zum präventiven<br />
Schutz <strong>der</strong> Gesundheit <strong>der</strong> Beschäftigten.<br />
Auswahl zentraler Themen und<br />
Festlegung e<strong>in</strong>er Aufgabenreihenfolge<br />
Aus <strong>der</strong> Übersicht sollte man sich dann diejenigen<br />
Themen auswählen, die angesichts <strong>der</strong><br />
jeweiligen <strong>betrieblichen</strong> Gegebenheiten von<br />
beson<strong>der</strong>er Wichtigkeit und von langfristiger<br />
Bedeutung s<strong>in</strong>d sowie gute Anknüpfungspunkte<br />
für die eigene Arbeit und die strategischen<br />
Überlegungen des Betriebsrates bilden.<br />
Hierzu werden mit Sicherheit die Themen „Ge-<br />
fährdungsbeurteilung“ und „Information <strong>der</strong><br />
Beschäftigten“ gehören. Auch die Verknüpfung<br />
mit an<strong>der</strong>en Bereichen des Arbeitsschutzes<br />
sowie die Nutzung von Elementen <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
für e<strong>in</strong> mögliches betriebliches<br />
Arbeitsschutzmanagement-System<br />
können solche zentralen Themen se<strong>in</strong>. Hierauf<br />
wird im übernächsten Abschnitt weiter e<strong>in</strong>gegangen.<br />
<strong>Die</strong> aus <strong>der</strong> Übersicht zunächst nicht ausgewählten<br />
Themen sollten jedoch ke<strong>in</strong>esfalls<br />
e<strong>in</strong>fach zur Seite gelegt, son<strong>der</strong>n vielmehr<br />
sollte e<strong>in</strong>e Reihenfolge <strong>der</strong> späteren Bearbeitung<br />
festgelegt werden. Gleichzeitig<br />
sollte e<strong>in</strong> Zeitraum bestimmt werden, nach<br />
dem die Bearbeitungsreihenfolge jeweils<br />
überprüft und im Licht neuer Entwicklungen<br />
gegebenenfalls verän<strong>der</strong>t wird.<br />
Formulierung von Kontrollfragen<br />
S<strong>in</strong>d erst e<strong>in</strong>mal zentrale Themen ausgewählt<br />
worden, wird es für den Betriebsrat<br />
um die Überwachung <strong>der</strong> hierzu gefor<strong>der</strong>ten<br />
Aktivitäten des Betriebes gehen sowie<br />
um die Mitgestaltung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>zelheiten dieser<br />
Aktivitäten. Hilfreich, weil strukturierend,<br />
s<strong>in</strong>d folgende Fragestellungen:<br />
ob: wird das jeweils Erfor<strong>der</strong>liche überhaupt<br />
vom Arbeitgeber getan?<br />
wann und wie oft: wann und wie häufig werden<br />
diese Aktivitäten durchgeführt? Ist <strong>der</strong> Zeitpunkt<br />
s<strong>in</strong>nvoll, ist die Häufigkeit ausreichend?<br />
wie: wie werden diese Aktivitäten durchgeführt?<br />
Gibt es an<strong>der</strong>e Verfahren o<strong>der</strong> Gestal-<br />
44
tungsmöglichkeiten für diese Aktivitäten,<br />
die möglicherweise angemessener s<strong>in</strong>d?<br />
von wem und mit wem: wer ist mit <strong>der</strong> Durchführung<br />
beauftragt? Werden Betriebsrat und<br />
Beschäftigte an <strong>der</strong> Durchführung beteiligt?<br />
Wie sieht die Form <strong>der</strong> Beteiligung aus?<br />
Beschaffung von Unterstützung<br />
für die eigene Arbeit<br />
Je stärker <strong>der</strong> Betriebsrat von organisatorischsteuernden<br />
zu <strong>in</strong>haltlich-gestaltenden Fragestellungen<br />
übergeht, desto größer wird se<strong>in</strong><br />
Bedarf an fachlicher Beratung werden. Er sollte<br />
ke<strong>in</strong>e Scheu haben, sich diese Unterstützung<br />
gezielt zu beschaffen.<br />
Hierzu kann er grundsätzlich auf die <strong>in</strong>ternen<br />
Experten zurückgreifen, also auf die Fachkraft<br />
für Arbeitssicherheit und den Betriebsarzt, zu<br />
<strong>der</strong>en Aufgaben auch die Beratung des Betriebsrates<br />
gemäß § 9 ASiG gehört.<br />
Problemlos kann er aber auch die Hilfe externer<br />
Fachleute <strong>in</strong> Anspruch nehmen, <strong>der</strong>en Service<br />
kostenlos ist, sich also an die Mitarbeiter<br />
des Amtes für Arbeitsschutz (Gewerbeaufsicht)<br />
und <strong>der</strong> zuständigen Berufsgenossenschaft<br />
wenden.<br />
Will er sich darüber h<strong>in</strong>aus die Unterstützung<br />
von Fachleuten holen, die ihre <strong>Die</strong>nstleistung<br />
<strong>in</strong> Rechnung stellen, so muss er sich<br />
hierüber zuvor mit dem Arbeitgeber e<strong>in</strong>igen,<br />
wie dies § 80 Abs. 3 BetrVG vorgibt.<br />
Festlegung von überprüfbaren Zielen<br />
Um D<strong>in</strong>ge <strong>in</strong> Bewegung zu halten – o<strong>der</strong> <strong>in</strong><br />
manchen Betrieben erst <strong>in</strong> Bewegung zu<br />
br<strong>in</strong>gen – müssen konkrete Absprachen<br />
45<br />
Gestaltungsmöglichkeiten für Betriebsräte und Beschäftigte<br />
über die jeweils angestrebten Ziele getroffen<br />
werden und über den Zeitpunkt, bis zu<br />
dem diese Ziele erreicht werden sollen. Nur<br />
so lässt sich im E<strong>in</strong>zelfall überprüfen, ob<br />
<strong>der</strong> Verantwortliche – also <strong>der</strong> Arbeitgeber<br />
– se<strong>in</strong>en Verpflichtungen nachkommt.<br />
In welcher Form solche Vere<strong>in</strong>barungen<br />
getroffen werden, sollte sich nach den jeweiligen<br />
<strong>betrieblichen</strong> Gepflogenheiten<br />
richten: Wegen <strong>der</strong> damit verbundenen<br />
Rechtssicherheit und <strong>der</strong> Nachwirkung<br />
sollte dies <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er Betriebsvere<strong>in</strong>barung<br />
geschehen (§§ 77 und<br />
87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG i.V.m. <strong>der</strong> jeweiligen<br />
Vorschrift von ArbSchG und GefStoffV).<br />
Unbestimmte Rechtsbegriffe und fehlende<br />
Detailregelungen – e<strong>in</strong>e Zusammenstellung<br />
Bereits mehrfach wurde darauf h<strong>in</strong>gewiesen:<br />
<strong>Die</strong> neue <strong>Gefahrstoffverordnung</strong> enthält zahlreiche<br />
unbestimmte Rechtsbegriffe und vielfach<br />
nur Rahmenregelungen. Detailregelungen fehlen<br />
dagegen häufig. <strong>Die</strong> folgenden zwei Tabellen<br />
geben hierzu e<strong>in</strong>en umfassenden Überblick.<br />
E<strong>in</strong>ige <strong>der</strong> unbestimmten Rechtsbegriffe werden<br />
sich bei gutem Willen im <strong>betrieblichen</strong><br />
Alltag mit „gesundem Menschenverstand“<br />
problemlos auflösen lassen, und zu e<strong>in</strong>igen<br />
weiteren wird <strong>der</strong> Ausschuss für Gefahrstoffe<br />
(AGS) im Rahmen Technischer Regeln (TRGS)<br />
vermutlich <strong>in</strong> den nächsten Jahren verb<strong>in</strong>dliche<br />
Vorgaben treffen.
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Gleichwohl wird e<strong>in</strong>e erhebliche Zahl von Begriffen<br />
verbleiben, die unterschiedlich <strong>in</strong>terpretiert<br />
werden können. Über sie sollte deshalb e<strong>in</strong>e<br />
<strong>in</strong>nerbetriebliche Verständigung erfolgen, die<br />
<strong>der</strong> Betriebsrat bei Verweigerung seitens des Arbeitgebers<br />
nötigenfalls entsprechend § 87 Abs. 2<br />
durchsetzen sollte.<br />
Auswahl unbestimmter Rechtsbegriffe<br />
Fundstelle <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Verordnung<br />
Unbestimmter Rechtsbegriff Gegenstand <strong>der</strong> Regelung<br />
§ 7 (2) Satz 1 ohne weiteres zugängliche Quellen Informationsbeschaffung für die Gefährdungsbeurteilung<br />
§ 7 (6) Satz 5; § 14 (1) maßgebliche Verän<strong>der</strong>ung(en) Aktualisierung <strong>der</strong> Gefährdungsbeurtei-<br />
Satz 3<br />
lung bzw. <strong>der</strong> Betriebs-anweisung<br />
§ 7 (6) Satz 3; § 7 (8)<br />
Satz 2; § 7 (9) Satz 1<br />
ger<strong>in</strong>ge Gefährdung Ergebnis <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
§ 7 (9) Satz 1 ger<strong>in</strong>ge Stoffmenge / niedrige Exposition Beurteilung e<strong>in</strong>er ger<strong>in</strong>gen Gefährdung<br />
§ 8 (2) Satz 1 auf e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>imum zu reduzieren Zielvorgabe für Schutzmaßnahmen (<strong>in</strong> Schutzstufe 1)<br />
§ 8 (2) Satz 1, Nr. 2 geeignete Arbeitsmittel Ableitung von Schutzmaßnahmen (<strong>in</strong> Schutzstufe 1)<br />
§ 8 (2) Satz 1, Nr. 5 angemessene Hygienemaßnahmen Ableitung von Schutzmaßnahmen (<strong>in</strong> Schutzstufe 1)<br />
§ 8 (2) Satz 1, Nr. 5 regelmäßige Re<strong>in</strong>igung Ableitung von Schutzmaßnahmen (<strong>in</strong> Schutzstufe 1)<br />
§ 8 (2) Satz 1, Nr. 6 für die betreffende Tätigkeit erfor<strong>der</strong>liche<br />
Menge<br />
Ableitung von Schutzmaßnahmen (<strong>in</strong> Schutzstufe 1)<br />
§ 8 (2) Satz 1, Nr. 7 geeignete Arbeitsmethoden und Verfahren Ableitung von Schutzmaßnahmen (<strong>in</strong> Schutzstufe 1)<br />
§ 8 (2) Satz 2 so ger<strong>in</strong>g wie möglich Zielvorgabe für Schutzmaßnahmen (<strong>in</strong> Schutzstufe 1)<br />
§ 8 (2) Satz 3; § 13 (1) regelmäßig Häufigkeit <strong>der</strong> Funktions- und Wirksamkeitsprüfung techni-<br />
Satz 2<br />
scher Schutzmaßnahmen bzw. von Sicherheitsübungen<br />
§ 8 (7) Satz 2 unmittelbare Nähe Lagerung von Gefahrstoffen<br />
§ 9 (1) Satz 1 auf e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>destmaß verr<strong>in</strong>gert Zielvorgabe für Schutzmaßnahmen (<strong>in</strong> Schutzstufe 2)<br />
§ 9 (1) Satz 2 bevorzugt durchführen Vorgabe für Substitution (<strong>in</strong> Schutzstufe 2)<br />
§ 9 (2) Satz 1, Nr. 1 geeignete Verfahren / geeignete Arbeitsmittel<br />
Ableitung von Schutzmaßnahmen (<strong>in</strong> Schutzstufe 2)<br />
§ 9 (2) Satz 1, Nr. 2 angemessene Be- und Entlüftung Ableitung von Schutzmaßnahmen (<strong>in</strong> Schutzstufe 2)<br />
§ 9 (2) Satz 1, Nr. 2 geeignete organisatorische Maßnahmen Ableitung von Schutzmaßnahmen (<strong>in</strong> Schutzstufe 2)<br />
§ 9 (3) Satz 2 belastende persönliche Schutzausrüstung Ableitung von Schutzmaßnahmen (<strong>in</strong> Schutzstufe 2)<br />
§ 9 (3) Satz 2 ständige Maßnahme Ableitung von Schutzmaßnahmen (<strong>in</strong> Schutzstufe 2)<br />
§ 9 (4) Satz 2 gleichwertige Beurteilungsverfahren Methoden für Wirksamkeitsprüfung <strong>der</strong> Schutzmaßnahmen<br />
(<strong>in</strong> Schutzstufe 2)<br />
§ 9 (8) Satz 1 und 2 geeignete Beurteilungsmethoden Methoden für Wirksamkeitsprüfung <strong>der</strong> Schutzmaßnahmen<br />
(<strong>in</strong> Schutzstufe 2)<br />
§ 9 (9) Satz 2 geeignete Bereiche E<strong>in</strong>richtung von Pausenräumen<br />
§ 9 (10) Satz 1 angemessene Aufsicht Zusätzliche Schutzmaßnahmen bei Alle<strong>in</strong>arbeit<br />
§ 10 (1) Satz 3; § 10 (2) nach dem Stand <strong>der</strong> Technik so weit wie Zielvorgabe für Schutzmaßnahmen (<strong>in</strong> Schutzstufe 3)<br />
Satz 6<br />
möglich verr<strong>in</strong>gert<br />
§ 10 (2) Satz 2 erfor<strong>der</strong>liche Messungen (Häufigkeit <strong>der</strong>) Wirksamkeitsprüfung <strong>der</strong> Schutzmaßnahmen<br />
§ 10 (2) Satz 5 an<strong>der</strong>e gleichwertige Nachweismethoden Methoden für Wirksamkeitsprüfung <strong>der</strong> Schutzmaßnahmen<br />
(<strong>in</strong> Schutzstufe 3)<br />
§ 10 (2) Satz 8 weitere Maßnahmen Planung künftiger Schutzmaßnahmen bei Grenzwertüberschreitung<br />
(<strong>in</strong> Schutzstufe 3)<br />
46
47<br />
Gestaltungsmöglichkeiten für Betriebsräte und Beschäftigte<br />
Auswahl unbestimmter Rechtsbegriffe<br />
§ 10 (3) Satz 1 geeignete Maßnahmen Maßnahmen zur Zutrittsbegrenzung von Arbeitsbereichen<br />
(<strong>in</strong> Schutzstufe 3)<br />
§ 11 (2) Satz 1, Nr. 1 frühzeitige Ermittlung erhöhter Exposition Zeitpunkt von Messungen (<strong>in</strong> Schutzstufe 4)<br />
§ 11 (3) Satz 1 beträchtliche Erhöhung <strong>der</strong> Exposition Anhaltspunkt für zusätzliche Maßnahmen (<strong>in</strong> Schutzstufe 4)<br />
§ 11 (3) Satz 3 unbed<strong>in</strong>gt erfor<strong>der</strong>liches M<strong>in</strong>destmaß Verwendung von persönlicher Schutzausrüstung<br />
bei erhöhter Exposition (<strong>in</strong> Schutzstufe 4)<br />
§ 13 (1) Satz 1; § 13 (3) rechtzeitig Planung von Maßnahmen bei Betriebsstörungen, Unfäl-<br />
Satz 1<br />
len und Notfällen bzw. Ausstattung mit Schutzkleidung<br />
§ 13 (1) Satz 2 angemessene Erste-Hilfe-E<strong>in</strong>richtungen Maßnahmen bei Betriebsstörungen, Unfällen und Notfällen<br />
§ 13 (2) Satz 1 und 2; unverzüglich Durchführung von Maßnahmen bei Betriebs-<br />
§ 13 (4)<br />
störungen, Unfällen und Notfällen<br />
§ 13 (4) angemessene Reaktion Durchführung von Maßnahmen bei Betriebsstörungen,<br />
Unfällen und Notfällen<br />
§ 14 (1) Satz 1; § 14 (2)<br />
Satz 3<br />
verständliche Form und Sprache Betriebsanweisung bzw. Unterweisung<br />
§ 14 (1) Satz 2, Nr. 2 angemessene Vorsichtsmaßregeln Betriebsanweisung<br />
§ 15 (2) Satz 2, Nr. 2 regelmäßige Abstände Häufigkeit spezieller arbeitsmediz<strong>in</strong>ischer<br />
Vorsorgeuntersuchungen<br />
§ 15 (3) Satz 4 angemessene Weise Führen <strong>der</strong> Vorsorgekartei<br />
§ 16 (4) Satz 1; § 16 (5) unverzüglich Angebot arbeitsmediz<strong>in</strong>ischer Untersuchungen bzw.<br />
Satz 1<br />
Durchführung zusätzlicher Schutzmaßnahmen<br />
§ 17 (2) Satz 6 geeignete Maßnahmen Maßnahmen bei Verstößen gegen sicherheitsrelevante Verhaltensvorschriften<br />
(bei <strong>der</strong> Zusammenarbeit verschiedener Firmen)<br />
Für das Fehlen <strong>der</strong> vielen Detailregelungen gibt<br />
es unterschiedliche Gründe: E<strong>in</strong>ige s<strong>in</strong>d sicherlich<br />
zu speziell, um sie im Rahmen <strong>der</strong> Verordnung<br />
zu gestalten, für sie s<strong>in</strong>d Technische Regeln <strong>der</strong><br />
geeignetere Rahmen. An<strong>der</strong>e waren politisch umstritten<br />
und s<strong>in</strong>d aus Furcht vor e<strong>in</strong>em politischen<br />
Scheitern <strong>der</strong> Verordnung offen gelassen worden.<br />
Für e<strong>in</strong>e dritte Gruppe sah das fe<strong>der</strong>führende Arbeits-<br />
und Sozialm<strong>in</strong>isterium ke<strong>in</strong>en Anlass, das<br />
Thema <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Gefahrstoffverordnung</strong> (GefStoffV)<br />
zu regeln.<br />
Ergebnis ist nun: Dort, wo es lediglich Rahmenvorgaben<br />
gibt, müssen nun betriebliche Lösungen<br />
gefunden werden.<br />
Schwieriger wird es für Betriebsräte, <strong>in</strong> Bezug auf<br />
vollständig aus <strong>der</strong> Verordnung ausgeklammerte<br />
Themen mit Hilfe <strong>in</strong>nerbetrieblicher Absprachen<br />
o<strong>der</strong> von Betriebsvere<strong>in</strong>barungen zu <strong>betrieblichen</strong><br />
Regelungen zu gelangen. Angesichts ihrer<br />
Bedeutung sollten jedoch auch diese Themen<br />
nicht vernachlässigt werden.
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Übersicht über fehlende Detailregelungen und vollständig ausgeklammerte Themen<br />
Fundstelle <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Verordnung<br />
§ 7 (1) und<br />
(2)<br />
§ 7 (1), § 9 (1)<br />
und § 10 (1)<br />
Thema <strong>der</strong> Detailregelung H<strong>in</strong>weise und Erläuterungen<br />
Vorgaben für die Gefährdungsbeurteilung<br />
bei fehlenden Informationen<br />
zu gesundheitsschädigenden Eigenschaften<br />
von Stoffen<br />
Prüfung von Substitutionsmöglichkeiten<br />
§ 7 (5) Berücksichtigung <strong>der</strong> Wechsel- o<strong>der</strong><br />
Komb<strong>in</strong>ationswirkung unterschiedlicher<br />
Gefahrstoffe bei <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
§ 7 (6) Gestaltung <strong>der</strong> Dokumentation <strong>der</strong><br />
Gefährdungsbeurteilung<br />
§ 7 (6) Kriterien für die Aktualisierung <strong>der</strong><br />
Gefährdungsbeurteilung<br />
§ 7 (6) Vorgaben für die Neuerstellung <strong>der</strong><br />
Gefährdungsbeurteilung<br />
§ 7 (6) Vorgaben für die Aufbewahrung<br />
nicht mehr aktueller Dokumentationen<br />
von Gefährdungsbeurteilungen<br />
§ 7 (7) Beteiligung <strong>der</strong> Beschäftigten an <strong>der</strong><br />
Gefährdungsbeurteilung<br />
§ 7 (8) Gestaltung des Gefahrstoffverzeichnisses<br />
§ 9 (4) Vorgaben für die Dokumentation und<br />
Aufbewahrung von Expositionsdaten<br />
<strong>in</strong> Schutzstufe 2<br />
e<strong>in</strong>e Hilfe zum Vorgehen f<strong>in</strong>det sich dazu <strong>in</strong> <strong>der</strong> bisherigen TRGS 440 <strong>in</strong> Nr. 4<br />
Abs. 8; weitere Informationen zu diesem Problem s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Kapitel 2, Abschnitt<br />
“Informationsbasis für die Gefährdungsbeurteilung“ enthalten<br />
e<strong>in</strong>e Hilfe zum Vorgehen f<strong>in</strong>det sich dazu <strong>in</strong> <strong>der</strong> bisherigen TRGS 440; zudem<br />
bereitet <strong>der</strong> AGS e<strong>in</strong>e neue TRGS 600 („Substitution“) vor<br />
hierzu gibt es bisher ke<strong>in</strong>e übergreifenden Hilfen; möglicherweise wird die zur<br />
Zeit vom AGS vorbereitete neue TRGS 400 („Gefährdungsbeurteilung“) H<strong>in</strong>weise<br />
zu diesem Thema enthalten<br />
hierzu gibt es bisher ke<strong>in</strong>e Vorgaben; möglicherweise werden <strong>in</strong> die zur Zeit<br />
vom AGS vorbereitete neue TRGS 400 („Gefährdungsbeurteilung“) M<strong>in</strong>destanfor<strong>der</strong>ungen<br />
aufgenommen; ausführliche H<strong>in</strong>weise zu diesem Thema enthält<br />
Kap. 2, Abschnitt „Dokumentation <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung und weitere<br />
Unterlagen“<br />
möglicherweise werden die allgeme<strong>in</strong>en Vorgaben <strong>der</strong> Verordnung <strong>in</strong> <strong>der</strong> zur<br />
Zeit vom AGS vorbereiteten neuen TRGS 400 („Gefährdungsbeurteilung“) konkretisiert;<br />
beispielhafte H<strong>in</strong>weise zu diesem Thema enthält Kap. 2, Abschnitt<br />
„Aktualisierung und Neuerstellung <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung“<br />
da das Thema „Neuerstellung“ <strong>in</strong> <strong>der</strong> Verordnung nicht angesprochen ist, wird<br />
es hierzu auch ke<strong>in</strong>e Vorgaben im Rahmen e<strong>in</strong>er TRGS geben; e<strong>in</strong>en H<strong>in</strong>weis zu<br />
diesem Thema enthält Kap. 2, Abschnitt „Aktualisierung und Neuerstellung <strong>der</strong><br />
Gefährdungsbeurteilung“<br />
die Aufbewahrung nicht mehr aktueller Dokumentationen von Gefährdungsbeurteilungen<br />
ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Verordnung nicht gefor<strong>der</strong>t, Vorgaben im Rahmen e<strong>in</strong>er<br />
TRGS s<strong>in</strong>d deshalb nicht möglich; H<strong>in</strong>weise zu diesem Thema enthält Kap. 2,<br />
Abschnitt „Dokumentation <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung und weitere Unterlagen“<br />
dieses Thema ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> GefStoffV nicht angesprochen, die Verpflichtung dazu<br />
ergibt sich unmittelbar aus § 17 (1) ArbSchG; Vorgaben im Rahmen e<strong>in</strong>er TRGS<br />
wird es deshalb nicht geben; H<strong>in</strong>weise zu diesem Thema enthält Kap. 2, Abschnitt<br />
„Gefährdungsbeurteilung“<br />
durch die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> GefStoffV haben die bisherigen Vorgaben <strong>in</strong> <strong>der</strong> TRGS<br />
440 <strong>in</strong> Nr. 5 für die Gestaltung ihre rechtliche Grundlage verloren; bis zum Vorliegen<br />
neuer Vorgaben, vermutlich im Rahmen <strong>der</strong> zur Zeit vom AGS vorbereiteten<br />
neuen TRGS 400 („Gefährdungsbeurteilung“) empfiehlt es sich allerd<strong>in</strong>gs,<br />
die bisherigen weiter zur Grundlage zu nehmen<br />
da dies <strong>in</strong> <strong>der</strong> Verordnung nicht gefor<strong>der</strong>t ist, wird dies auch nicht im Rahmen<br />
e<strong>in</strong>er TRGS geschehen; weitere H<strong>in</strong>weise zu diesem Thema enthält Kap. 2,<br />
Abschnitt „Wirksamkeitsprüfung <strong>der</strong> Schutzmaßnahmen“<br />
48
Übersicht über fehlende Detailregelungen und vollständig ausgeklammerte Themen<br />
§ 9 (8) Beurteilungsmethoden für die Wirksamkeitskontrolle<br />
von Schutzmaßnahmen<br />
für Stoffe ohne Arbeitsplatzgrenzwert<br />
§ 16 (1) Häufigkeit verpflichten<strong>der</strong> arbeitsmediz<strong>in</strong>ischerVorsorgeuntersuchungen<br />
§ 16 (3) Häufigkeit selbst gewünschter arbeitsmediz<strong>in</strong>ischerVorsorgeuntersuchungen<br />
Themenstellungen e<strong>in</strong>grenzen und<br />
zentrale Ansatzpunkte auswählen<br />
Trotz aller Unterschiede zwischen e<strong>in</strong>zelnen Betrieben<br />
o<strong>der</strong> zwischen den e<strong>in</strong>zelnen Bereichen<br />
e<strong>in</strong>es großen Unternehmens zeigt Kapitel 2, dass<br />
drei Themen durchweg grundlegende Bedeutung<br />
haben: Gefährdungsbeurteilung, Information<br />
<strong>der</strong> Beschäftigten sowie Arbeitsmediz<strong>in</strong>ische<br />
Vorsorge.<br />
Aus Kapitel 2 lässt sich auch erkennen, dass diese<br />
Themen nicht isoliert nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> stehen,<br />
son<strong>der</strong>n vielfach mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verknüpft s<strong>in</strong>d, wobei<br />
<strong>der</strong> Prozess <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung als<br />
Ausgangsbasis zu sehen ist.<br />
Deshalb wird hier das Hauptaugenmerk zunächst<br />
auf diesen Prozess gelenkt. Es empfiehlt sich für<br />
49<br />
Gestaltungsmöglichkeiten für Betriebsräte und Beschäftigte<br />
hierzu bietet das von <strong>der</strong> BAuA entwickelte „E<strong>in</strong>fache Maßnahmenkonzept Gefahrstoffe“<br />
e<strong>in</strong>e gewisse Hilfe; möglicherweise werden auch <strong>in</strong> die zur Zeit vom<br />
AGS vorbereitete neue TRGS 400 („Gefährdungsbeurteilung“) H<strong>in</strong>weise aufgenommen;<br />
weitere Informationen zu diesem Thema s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Kapitel 2, Abschnitt<br />
„Wirksamkeitsprüfung <strong>der</strong> Schutzmaßnahmen“ enthalten<br />
durch die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> GefStoffV haben die bisherigen Vorgaben <strong>in</strong> <strong>der</strong> BGV<br />
A 4 <strong>in</strong> Anlage 1 ihre rechtliche Grundlage verloren; bis zum Vorliegen neuer<br />
Vorgaben, die im Rahmen <strong>der</strong> zur Zeit vom AGS vorbereiteten neuen TRGS<br />
„Arbeitsmediz<strong>in</strong>ische Vorsorge“ zu erwarten s<strong>in</strong>d, empfiehlt es sich allerd<strong>in</strong>gs,<br />
die bislang geltenden Fristen weiter zur Grundlage zu nehmen; dort, wo zusätzliche<br />
Anlässe für verpflichtende Vorsorgeuntersuchungen e<strong>in</strong>geführt worden<br />
s<strong>in</strong>d, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> BGV A 4 nicht enthalten s<strong>in</strong>d, sollte <strong>der</strong> Rat des Betriebsarztes<br />
gesucht werden; siehe zu diesem Thema auch Kap. 2, Abschnitt „Arbeitsmediz<strong>in</strong>ische<br />
Vorsorge“ sowie Kap. 3, Abschnitt “Themenstellungen e<strong>in</strong>grenzen und<br />
zentrale Ansatzpunkte auswählen“<br />
hierzu gibt es bisher ke<strong>in</strong>e übergreifenden Hilfen; möglicherweise wird die zur<br />
Zeit vom AGS vorbereitete neue TRGS „Arbeitsmediz<strong>in</strong>ische Vorsorge“ entsprechende<br />
H<strong>in</strong>weise enthalten; siehe zu diesem Thema auch Kap. 2, Abschnitt<br />
„Arbeitsmediz<strong>in</strong>ische Vorsorge“ sowie Kap. 3, Abschnitt “Themenstellungen<br />
e<strong>in</strong>grenzen und zentrale Ansatzpunkte auswählen“<br />
Betriebsräte, die Kontrolle über diesen Prozess<br />
auf e<strong>in</strong>e klar strukturierte Weise anzugehen, um<br />
sich nicht hoffnungslos <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vielzahl von E<strong>in</strong>zelheiten<br />
und von nicht präzisierten Bestimmungen<br />
zu verlieren. Hierzu bietet es sich an, drei Ebenen<br />
zu unterscheiden:<br />
den Prozessablauf<br />
die e<strong>in</strong>zelnen Prozessschritte<br />
Zuständigkeiten und Zeitvorgaben<br />
Für jede dieser Ebenen ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> folgenden Übersicht<br />
e<strong>in</strong>e Reihe von Fragen zu f<strong>in</strong>den, die e<strong>in</strong>e<br />
strukturierte Kontrolle des Prozesses unterstützen<br />
sollen.<br />
Weiterh<strong>in</strong> ist es ratsam, aus dem umfangreichen<br />
Komplex „Gefährdungsbeurteilung“ bestimmte
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Bereiche als <strong>in</strong>haltliche Schwerpunkte auszuwählen.<br />
Dazu bieten sich folgende Themen an:<br />
Beteiligung <strong>der</strong> Beschäftigten an<br />
<strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
Auswahl <strong>der</strong> Schutzmaßnahmen<br />
Mitgestaltung und Überwachung<br />
<strong>der</strong> Maßnahmen zur längerfristigen<br />
Absenkung von Belastungen<br />
Dabei sollte auch bei den letztgenannten beiden<br />
Punkten e<strong>in</strong>e möglichst weitgehende Beteiligung<br />
<strong>der</strong> Beschäftigten angestrebt werden.<br />
Folgende Fragen dienen <strong>der</strong> Orientierung und Unterstützung:<br />
Fragen zur Strukturierung des Prozesses<br />
<strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung: Prozessablauf<br />
Ist gewährleistet, dass e<strong>in</strong>e Gefährdungsbeurteilung<br />
durchgeführt wird, bevor e<strong>in</strong>e neue<br />
Tätigkeit mit Gefahrstoffen begonnen wird<br />
o<strong>der</strong> bevor e<strong>in</strong>e bisherige Tätigkeit nach erheblichen<br />
Verän<strong>der</strong>ungen fortgesetzt wird?<br />
Falls <strong>der</strong> Betrieb se<strong>in</strong>er Verpflichtung zur<br />
Durchführung e<strong>in</strong>er Gefährdungsbeurteilung<br />
<strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf Tätigkeiten mit Gefahrstoffen<br />
bisher nicht o<strong>der</strong> nur unzulänglich<br />
nachgekommen ist (was z.B. unmittelbar<br />
an e<strong>in</strong>er fehlenden o<strong>der</strong> lückenhaften<br />
Dokumentation zu erkennen ist):<br />
ist e<strong>in</strong>e Prioritätenliste erstellt worden,<br />
um die Gefährdungsbeurteilung zunächst<br />
für die Tätigkeiten o<strong>der</strong> Bereiche durch-<br />
zuführen, bei o<strong>der</strong> <strong>in</strong> denen die Gefährdungen<br />
vermutlich am höchsten s<strong>in</strong>d?<br />
Wird die Gefährdungsbeurteilung von<br />
fachkundigen Personen durchgeführt?<br />
Werden die Fachkraft für Arbeitssicherheit<br />
und <strong>der</strong> Betriebsarzt / die Betriebsärzt<strong>in</strong><br />
an <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung beteiligt?<br />
Auf welche Weise werden die Beschäftigten<br />
<strong>in</strong> die Gefährdungsbeurteilung e<strong>in</strong>bezogen?<br />
Hat <strong>der</strong> Betriebsrat ausreichende Möglichkeiten,<br />
die Durchführung <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
mitzugestalten?<br />
Ist gewährleistet, dass alle E<strong>in</strong>zelschritte<br />
<strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung abgearbeitet<br />
s<strong>in</strong>d, bevor die betreffende Tätigkeit aufgenommen<br />
werden darf? <strong>Die</strong>s schließt e<strong>in</strong>:<br />
Substitutionsprüfung<br />
Vorbereitung <strong>der</strong> Schutzmaßnahmen<br />
und Prüfung ihrer Wirksamkeit<br />
Festlegung des nächsten Prüfterm<strong>in</strong>s<br />
Erstellung <strong>der</strong> Betriebsanweisung und<br />
Unterweisung <strong>der</strong> Beschäftigten e<strong>in</strong>schließlich<br />
allgeme<strong>in</strong>er arbeitsmediz<strong>in</strong>isch-toxikologischer<br />
Beratung<br />
Prüfung, ob arbeitsmediz<strong>in</strong>ische<br />
Vorsorgeuntersuchungen durchzuführen<br />
o<strong>der</strong> anzubieten s<strong>in</strong>d<br />
schriftliche Dokumentation aller E<strong>in</strong>zelheiten<br />
und Festlegungen<br />
S<strong>in</strong>d Kriterien dafür festgelegt worden,<br />
wann e<strong>in</strong>e Gefährdungsbeurteilung<br />
wegen „maßgeblicher Verän<strong>der</strong>ungen“<br />
aktualisiert werden muss?<br />
50
Ist festgelegt worden, nach welchem Zeitraum<br />
e<strong>in</strong>e Gefährdungsbeurteilung neu erstellt werden<br />
soll, auch wenn es ke<strong>in</strong>e offensichtlichen<br />
Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Tätigkeiten gegeben hat?<br />
Prozessschritte<br />
S<strong>in</strong>d die im vorigen Kapitel als H<strong>in</strong>weise<br />
für Betriebsräte zusammengestellten Fragen<br />
geprüft worden, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e zu<br />
Informationsbeschaffung und –auswertung<br />
<strong>in</strong> Bezug auf Stoffe und Tätigkeiten<br />
Bewertung <strong>der</strong> Gefährdungen<br />
Festlegen und Treffen <strong>der</strong> Schutzmaßnahmen<br />
Wirksamkeitsprüfung <strong>der</strong> Schutzmaßnahmen<br />
Dokumentation <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung?<br />
Zuständigkeiten und Zeitvorgaben<br />
Ist festgelegt, wer für die Überwachung des<br />
Prozessablaufs, wer für die Bearbeitung <strong>der</strong><br />
e<strong>in</strong>zelnen Prozessschritte zuständig ist?<br />
S<strong>in</strong>d konkrete Zeitvorgaben für den Prozessablauf<br />
als Ganzes und für jeden <strong>der</strong><br />
Prozessschritte festgelegt worden?<br />
Im Zusammenhang mit Ablauf, Struktur und Zuständigkeiten<br />
<strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung sollte<br />
darauf geachtet werden, dass diese Beurteilung<br />
für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen möglichst e<strong>in</strong>e<br />
E<strong>in</strong>heit mit <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung gemäß<br />
den Vorgaben des Arbeitsschutzgesetzes und<br />
<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en darauf beruhenden Verordnungen<br />
(<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e Betriebssicherheits-Verordnung,<br />
51<br />
Gestaltungsmöglichkeiten für Betriebsräte und Beschäftigte<br />
Arbeitsstätten-Verordnung, Biostoff-Verordnung)<br />
bildet.<br />
In Betrieben, <strong>in</strong> denen die Durchführung <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
gut funktioniert, sollten die<br />
bewährten Verfahren so weit wie möglich auch<br />
für die Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten<br />
mit Gefahrstoffen e<strong>in</strong>gesetzt werden. Dort h<strong>in</strong>gegen,<br />
wo die Gefährdungsbeurteilung bislang nur<br />
schlecht o<strong>der</strong> unvollständig durchgeführt worden<br />
ist, kann und sollte <strong>der</strong> für die Gefährdungsbeurteilung<br />
mit Gefahrstoffen skizzierte Prozess auch<br />
für die Strukturierung <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
<strong>in</strong>sgesamt genutzt werden.<br />
Außerdem kann <strong>der</strong> Betriebsrat die Gestaltung<br />
<strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung mit Gefahrstoffen<br />
zum Anlass nehmen, auf den Aufbau e<strong>in</strong>es Arbeitsschutzmanagement-Systems<br />
(AMS) entsprechend<br />
den Anfor<strong>der</strong>ungen des Arbeitsschutzgesetzes<br />
(§ 3 Abs. 2) zu drängen. Als zusätzliches<br />
Argument kann er hier anführen, dass die Dokumentation<br />
<strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung wie oben<br />
entwickelt im Grunde bereits zentrale Elemente<br />
e<strong>in</strong>es AMS umfasst, wenn aus ihr <strong>der</strong> Prozessablauf,<br />
Zeitvorgaben und -pläne sowie Zuständigkeiten<br />
und Verantwortlichkeiten entnommen werden<br />
können.<br />
Zweites grundlegendes Thema, auf das <strong>der</strong> Betriebsrat<br />
se<strong>in</strong>e Aufmerksamkeit lenken sollte, ist<br />
die Information <strong>der</strong> Beschäftigten.
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Über die Vorgaben für Betriebsanweisungen und<br />
mündliche Unterweisungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> alten Verordnung<br />
h<strong>in</strong>aus enthält die neue Verordnung Vorgaben<br />
für e<strong>in</strong>e Reihe zusätzlicher Informationsrechte<br />
und -angebote für die Beschäftigten:<br />
Zugangsrecht zum Gefahrstoffverzeichnis<br />
und zu den Sicherheitsdatenblättern<br />
aller Stoffe und Zubereitungen, mit denen<br />
Tätigkeiten verrichtet werden<br />
Unterrichtung über Methoden und Verfahren<br />
zur sicheren Verwendung von Gefahrstoffen<br />
allgeme<strong>in</strong>e arbeitsmediz<strong>in</strong>isch-toxikologische<br />
Beratung als Ergänzung<br />
zur mündlichen Unterweisung<br />
<strong>in</strong>dividuelle arbeitsmediz<strong>in</strong>ische Beratung<br />
als Teil <strong>der</strong> arbeitsmediz<strong>in</strong>ischen<br />
Vorsorgeuntersuchungen<br />
Gerade die neu h<strong>in</strong>zugekommenen Informationsangebote<br />
gilt es zu gestalten. Für sie kann<br />
<strong>der</strong> Betrieb durchweg noch auf ke<strong>in</strong>e Erfahrungen<br />
zurückgreifen und Empfehlungen des AGS<br />
stehen bislang auch noch nicht zur Verfügung.<br />
Als m<strong>in</strong>destes sollte vom Betriebsrat darauf<br />
h<strong>in</strong>gewirkt werden, dass die <strong>in</strong> Kapitel 2 hierfür<br />
benannten Zielstellungen maßgeblich berücksichtigt<br />
werden. E<strong>in</strong>e umfassende Darstellung,<br />
wie die Information <strong>der</strong> Beschäftigten gestaltet<br />
werden sollte, ist im April 2006 <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitschrift<br />
„Gute Arbeit“ vorgestellt worden 1 .<br />
Das dritte grundlegende Thema für den Betriebsrat<br />
sollte schließlich die arbeitsmediz<strong>in</strong>ische Vorsorge<br />
se<strong>in</strong>.<br />
Generell wird es hier se<strong>in</strong>e Aufgabe se<strong>in</strong> zu kontrollieren,<br />
dass <strong>der</strong> Betriebsarzt/die Betriebsärzt<strong>in</strong><br />
den Arbeitsplatz und die Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen<br />
<strong>der</strong> zu untersuchenden Beschäftigten kennt. Nur<br />
so wird <strong>der</strong> Arzt überhaupt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>e<br />
wirkungsvolle arbeitsmediz<strong>in</strong>ische Vorsorge zu<br />
leisten und bei <strong>der</strong> Beurteilung des Gesundheitszustandes<br />
die Arbeitsplatzverhältnisse zu berücksichtigen.<br />
Ferner sollte <strong>der</strong> Betriebsrat die Beschäftigten auf<br />
ihr Recht zu e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dividuellen arbeitsmediz<strong>in</strong>ischen<br />
Beratung h<strong>in</strong>weisen. Ebenfalls sollte er<br />
darauf achten, dass ihnen im Rahmen <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>en<br />
arbeitsmediz<strong>in</strong>isch-toxikologischen Beratung<br />
<strong>der</strong> unmittelbare Zusammenhang mit <strong>der</strong><br />
<strong>in</strong>dividuellen arbeitsmediz<strong>in</strong>ischen Beratung verständlich<br />
gemacht wird, so dass ihnen <strong>der</strong> S<strong>in</strong>n<br />
<strong>der</strong> zusätzlichen <strong>in</strong>dividuellen Beratung deutlich<br />
wird.<br />
Bei den vorgeschriebenen arbeitsmediz<strong>in</strong>ischen<br />
Vorsorgeuntersuchungen – den sogenannten<br />
Pflichtuntersuchungen – wird <strong>der</strong> Betriebsrat<br />
e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>s Augenmerk auf die Fälle richten<br />
müssen, die gesundheitliche Bedenken gegen die<br />
Ausübung <strong>der</strong> betreffenden Tätigkeit zum Ergeb-<br />
1 W. Hien; Aufklärung und Unterrichtung <strong>der</strong> Beschäftigten: Unabd<strong>in</strong>gbare Voraussetzung des Arbeitsschutzes; <strong>in</strong>: Gute Arbeit 4/2006, S. 36 – 38<br />
52
nis haben. In Fällen, <strong>in</strong> denen die Bedenken ihre<br />
Ursachen <strong>in</strong> den Arbeitsplatzbed<strong>in</strong>gungen haben,<br />
muss kontrolliert werden, dass die Schutzmaßnahmen<br />
verbessert werden und dass die Gefährdungsbeurteilung<br />
wie<strong>der</strong>holt wird, damit die<br />
Gründe für die gesundheitlichen Bedenken beseitigt<br />
werden. Auch die Aufsichtsbehörde (Amt für<br />
Arbeitsschutz, Gewerbeaufsicht) muss unbed<strong>in</strong>gt<br />
<strong>in</strong>formiert werden.<br />
H<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> neu e<strong>in</strong>geführten Angebotsuntersuchungen,<br />
also <strong>der</strong> arbeitsmediz<strong>in</strong>ischen Vorsorgeuntersuchungen,<br />
auf die Beschäftigte e<strong>in</strong> Recht<br />
haben, wird es für viele Betriebsräte zunächst e<strong>in</strong><br />
Arbeitsschwerpunkt se<strong>in</strong> zu regeln, dass den Beschäftigten<br />
diese Untersuchungen auf e<strong>in</strong>e Weise<br />
angeboten werden, die ihnen den S<strong>in</strong>n und den<br />
eigenen Nutzen deutlich werden lässt. Außerdem<br />
wird mangels an<strong>der</strong>weitiger Vorgaben betrieblich<br />
zu regeln se<strong>in</strong>, wie häufig Beschäftigte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel<br />
solche Angebotsuntersuchungen e<strong>in</strong>for<strong>der</strong>n<br />
können und aus welchen Gründen sie darüber<br />
h<strong>in</strong>aus zusätzliche Untersuchungen verlangen<br />
können. Insgesamt bietet es sich an, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en<br />
<strong>in</strong>tensiven Diskussions- und Klärungsprozess zwischen<br />
Betriebsrat und Betriebsarzt/Betriebsärzt<strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>zutreten, um Absprachen zum konkreten Vorgehen<br />
zu treffen.<br />
Unterstützung für die Arbeit des Betriebsrats<br />
beschaffen und Beschäftigte beteiligen<br />
Je <strong>in</strong>tensiver <strong>der</strong> Betriebsrat sich <strong>in</strong>haltlich-gestaltenden<br />
Fragestellungen zuwendet, desto<br />
stärker wird er auf zusätzliche Erfahrung und<br />
53<br />
Gestaltungsmöglichkeiten für Betriebsräte und Beschäftigte<br />
Fachkenntnisse angewiesen se<strong>in</strong>. Für viele Themen<br />
– von <strong>der</strong> Ermittlung wichtiger E<strong>in</strong>zelheiten<br />
bei <strong>der</strong> Verwendung von Gefahrstoffen über die<br />
Auswahl und Gestaltung wirkungsvoller Schutzmaßnahmen<br />
bis h<strong>in</strong> zur Verständlichkeit von Betriebsanweisungen<br />
und Unterweisungen – sollte<br />
unbed<strong>in</strong>gt auf das Wissen und die Kompetenz<br />
<strong>der</strong> betroffenen Beschäftigten zurückgegriffen<br />
werden: zweifellos s<strong>in</strong>d sie „Experten <strong>in</strong> eigener<br />
Sache“.<br />
<strong>Die</strong> E<strong>in</strong>beziehung <strong>der</strong> Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen<br />
kann auf vielfache Weise erfolgen, die von <strong>der</strong><br />
jeweiligen Problemstellung und von den <strong>betrieblichen</strong><br />
Gegebenheiten und Traditionen abhängen.<br />
Zu den Methoden <strong>der</strong> Beteiligung können Befragungen,<br />
Problemlöse- und Gesundheitszirkel<br />
o<strong>der</strong> Abteilungsversammlungen ebenso gehören<br />
wie Kurzfragebögen zur Bewertung von Unterweisungen<br />
und Beratungen.<br />
Auch <strong>der</strong> Austausch von Erfahrungen mit Betriebsräten<br />
an<strong>der</strong>er Betriebe kann e<strong>in</strong>e wertvolle<br />
Unterstützung für die eigene Arbeit se<strong>in</strong>. Um e<strong>in</strong>en<br />
solchen Austausch zu för<strong>der</strong>n, kommt lokalen<br />
und regionalen <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>-Arbeitskreisen e<strong>in</strong>e große<br />
Bedeutung zu.<br />
Neben den Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen s<strong>in</strong>d es die<br />
<strong>betrieblichen</strong> Fachleute für den Arbeitsschutz<br />
– Fachkraft für Arbeitssicherheit und Betriebsarzt<br />
– auf <strong>der</strong>en fachliche Unterstützung <strong>der</strong> Betriebsrat<br />
e<strong>in</strong> Anrecht hat (§ 9 ASiG) und <strong>der</strong>en Hilfe er<br />
ohne Zögern nutzen sollte.
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Außerhalb des Betriebes stehen ihm die Experten<br />
<strong>der</strong> Aufsichtsbehörden – Amt für Arbeitsschutz<br />
(Gewerbeaufsicht) und Berufsgenossenschaft<br />
– mit ihrem Fachwissen zur Verfügung.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus kann sich <strong>der</strong> Betriebsrat grundsätzlich<br />
auch von an<strong>der</strong>en externen Fachleuten<br />
beraten lassen. Hierfür benötigt er allerd<strong>in</strong>gs<br />
die Zustimmung des Arbeitgebers. Verweigert<br />
<strong>der</strong> Arbeitgeber die Zustimmung, so kann <strong>der</strong><br />
Betriebsrat sie vor dem Arbeitsgericht mit Hilfe<br />
e<strong>in</strong>es Beschlussverfahrens e<strong>in</strong>for<strong>der</strong>n, <strong>in</strong> dr<strong>in</strong>genden<br />
Fällen auch mit dem Mittel <strong>der</strong> e<strong>in</strong>stweiligen<br />
Verfügung. Bei e<strong>in</strong>em solchen Konflikt ist <strong>in</strong> jedem<br />
Fall die E<strong>in</strong>schaltung <strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> vor Ort<br />
und dementsprechend e<strong>in</strong>e juristische Vertretung<br />
dr<strong>in</strong>gend erfor<strong>der</strong>lich.<br />
Generell ist es für den Betriebsrat erfor<strong>der</strong>lich,<br />
sich zu dem entsprechenden Themenbereich<br />
fachkompetent gemäß § 37 Abs. 6 BetrVG schulen<br />
zu lassen. <strong>Die</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> bietet dazu entsprechende<br />
Sem<strong>in</strong>are an.<br />
Überprüfbare Ziele festlegen<br />
Alle Aufgaben und Zielstellungen sollten mit festen<br />
Term<strong>in</strong>setzungen und klaren Verantwortlichkeiten<br />
versehen werden, so dass Verzögerungen<br />
zeitnah festgestellt und umgehend behoben werden<br />
können. Insgesamt ist e<strong>in</strong>e konkrete Abarbeitung<br />
von Prioritäten auf Grundlage <strong>der</strong> GefStoffV<br />
anzustreben.<br />
Als Rahmen bietet sich e<strong>in</strong>e Betriebsvere<strong>in</strong>barung<br />
an, die s<strong>in</strong>nvoller Weise das Thema „Arbeits- und<br />
Gesundheitsschutz“ <strong>in</strong>sgesamt umfassen sollte.<br />
Besteht bereits e<strong>in</strong>e solche Betriebsvere<strong>in</strong>barung,<br />
so sollte geprüft werden, ob und wie sie um<br />
e<strong>in</strong>en speziellen Abschnitt zum Thema „Schutz<br />
vor Gefahrstoffen“ erweitert werden kann. E<strong>in</strong><br />
Beispiel für e<strong>in</strong>e solche Betriebsvere<strong>in</strong>barung ist<br />
im Oktober 2005 <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitschrift „Gute Arbeit“<br />
vorgestellt worden 1 .<br />
Möglichkeiten von Beschäftigten<br />
<strong>in</strong> Betrieben ohne Betriebsrat<br />
In Betrieben ohne Betriebsrat haben Beschäftigte<br />
dieselben Informationsrechte wie <strong>in</strong> Betrieben<br />
mit Betriebsrat. E<strong>in</strong>e umfassende Übersicht<br />
über diese Rechte ist <strong>in</strong> Kapitel II im Abschnitt<br />
„Information <strong>der</strong> Beschäftigten“ zu f<strong>in</strong>den.<br />
An<strong>der</strong>s sieht es dagegen bei ihren Beteiligungsrechten<br />
aus. Hier greifen nur die Vorgaben des<br />
Arbeitsschutzgesetzes und des Betriebsverfassungsgesetzes.<br />
Demnach haben Beschäftigte<br />
das Recht, „dem Arbeitgeber Vorschläge zu allen<br />
Fragen <strong>der</strong> Sicherheit und des Gesundheitsschutzes<br />
bei <strong>der</strong> Arbeit zu machen“ (§ 17 Abs. 1<br />
ArbSchG), und <strong>der</strong> Arbeitgeber hat sie „zu allen<br />
Maßnahmen zu hören, die Auswirkungen auf<br />
(ihre) Sicherheit und Gesundheit... haben können“<br />
(§ 81 Abs. 3 BetrVG).<br />
1 Sauer-Danfoss: Rahmenbetriebsvere<strong>in</strong>barung zum Arbeits- und Gesundheitsschutz; <strong>in</strong>: Gute Arbeit 10/2005, S. 27 – 29<br />
54
Zu solchen Maßnahmen gehören unbed<strong>in</strong>gt alle<br />
Maßnahmen, die Ergebnis <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
s<strong>in</strong>d. Neben den eigentlichen Schutzmaßnahmen<br />
s<strong>in</strong>d hierzu auch die Maßnahmen<br />
zur Information <strong>der</strong> Beschäftigten zu rechnen. Um<br />
aber überhaupt Stellung nehmen und Vorschläge<br />
machen zu können, müssen sie zunächst Informationen<br />
über die E<strong>in</strong>zelheiten <strong>der</strong> Gefährdungen<br />
erhalten, <strong>der</strong>entwegen die Maßnahmen getroffen<br />
werden sollen.<br />
Konsequent wäre es deshalb auch <strong>in</strong> Betrieben<br />
ohne Betriebsrat, die Beschäftigten bei <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
als „Experten <strong>in</strong> eigener<br />
Sache“ systematisch zu beteiligen. Nur wenn ihr<br />
Erfahrungswissen und ihre Verbesserungsvorschläge<br />
möglichst umfassend <strong>in</strong> diesen Prozess<br />
e<strong>in</strong>fließen, wird <strong>der</strong> Betrieb zu e<strong>in</strong>er möglichst<br />
realitätsnahen Gefährdungsbeurteilung gelangen<br />
und Schutzmaßnahmen festlegen können, die sowohl<br />
effektiv s<strong>in</strong>d als auch e<strong>in</strong>e hohe Akzeptanz<br />
bei den Beschäftigten f<strong>in</strong>den.<br />
55<br />
Gestaltungsmöglichkeiten für Betriebsräte und Beschäftigte<br />
In <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Wirklichkeit wird e<strong>in</strong> solcher<br />
Ansatz allerd<strong>in</strong>gs zumeist e<strong>in</strong>e eher theoretische<br />
Möglichkeit bleiben, da die Beschäftigten nur<br />
ger<strong>in</strong>ge Durchsetzungsmöglichkeiten haben und<br />
die große Gefahr besteht, dass sich mögliche<br />
Konflikte mit dem Arbeitgeber zu ihren Lasten<br />
entwickeln.<br />
Wo die Betriebsgröße dafür ausreicht, ist es deshalb<br />
s<strong>in</strong>nvoll, die Gründung e<strong>in</strong>es Betriebsrates<br />
zu überlegen, <strong>der</strong> neben vielen an<strong>der</strong>en Themen<br />
bei <strong>der</strong> Gestaltung von Arbeits- und Gesundheitsschutz<br />
weit reichende Mitbestimmungsmöglichkeiten<br />
besitzt und aufgrund se<strong>in</strong>er Funktion auch<br />
mögliche Konflikte angehen kann.<br />
In Betrieben mit weniger als fünf Beschäftigten,<br />
<strong>in</strong> denen die Gründung e<strong>in</strong>es Betriebsrates nicht<br />
möglich ist, bleibt den Beschäftigten dagegen nur<br />
die Möglichkeit, sich von <strong>der</strong> örtlichen <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong><br />
beraten zu lassen o<strong>der</strong> sich mit <strong>der</strong> Bitte um Unterstützung<br />
vertraulich an die Überwachungsbehörde<br />
(Amt für Arbeitsschutz, Gewerbeaufsicht)<br />
zu wenden.
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Raum für Notizen<br />
56
4 Anhang<br />
4.1 H<strong>in</strong>weise auf Rechtsquellen<br />
und Kommentare<br />
Gesetzes- und Verordnungstexte<br />
sowie Technische Regeln<br />
Betriebsverfassungsgesetz – BetrVG, zugänglich<br />
unter: http://bundesrecht.juris.de/betrvg/<br />
Arbeitsschutzgesetz – ArbSchG, zugänglich<br />
unter: http://bundesrecht.juris.de/arbschg/<br />
Arbeitssicherheitsgesetz – ASiG, zugänglich<br />
unter: http://bundesrecht.juris.de/asig/<br />
Chemikaliengesetz – ChemG, zugänglich unter:<br />
http://bundesrecht.juris.de/chemg/<br />
<strong>Gefahrstoffverordnung</strong> – GefStoffV,<br />
zugänglich unter: http://bundesrecht.juris.de/gefstoffv_2005/<br />
Alle gültigen Technischen Regeln für Gefahrstoffe<br />
(TRGS) s<strong>in</strong>d als Dokumente im PDF-Format auf<br />
<strong>der</strong> Website <strong>der</strong> Bundesanstalt für Arbeitsschutz<br />
und Arbeitsmediz<strong>in</strong> zugänglich unter: www.baua.<br />
de/nn_12448/de/Themen-von-A-Z/Gefahrstoffe/<br />
Technische-Regeln-fuer-Gefahrstoffe-_28TRGS_<br />
29/Technische_20Regeln_20f_C3_BCr_20Gefahrstoffe_20_28TRGS_29.html__nnn=true<br />
Kommentare und an<strong>der</strong>e Hilfen zum<br />
Verständnis <strong>der</strong> <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Gefahrstoffrecht. Basiskommentar zur<br />
GefStoffV mit Erläuterungen zur Mitbestimmung;<br />
herausgegeben von Joachim Heilmann.<br />
3., überarbeitete und aktualisierte Auflage<br />
2005; Bund-Verlag; ISBN: 3-7663-3606-1<br />
Leitl<strong>in</strong>ien zur <strong>Gefahrstoffverordnung</strong>. Fragen<br />
und Antworten zur Gefahrstoffverord-<br />
57<br />
Anhang<br />
nung; herausgegeben vom Län<strong>der</strong>ausschuss<br />
für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik<br />
(LASI); LASI-Veröffentlichung LV 45;<br />
Wiesbaden 2005, 71 S., zugänglich unter:<br />
http://lasi.osha.de/docs/lv45.pdf<br />
<strong>Gefahrstoffverordnung</strong> 2005. H<strong>in</strong>weise<br />
für <strong>Praxis</strong> und Vollzug; herausgegeben<br />
vom M<strong>in</strong>isterium für Arbeit, Soziales,<br />
Gesundheit und Familie des Landes<br />
Brandenburg; Potsdam 2005, 48 S.<br />
Handlungshilfe zur Gefährdungsbeurteilung<br />
bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen; herausgegeben<br />
vom Hauptverband <strong>der</strong> gewerblichen<br />
Berufsgenossenschaften (HVBG) und<br />
vom Berufsgenossenschaftlichen Institut<br />
für Arbeitsschutz (BGIA); Sankt August<strong>in</strong><br />
2005, 8 S., zugänglich unter: www.hvbg.<br />
de/d/bia/pra/pdf_bild/handlungshilfe1.pdf<br />
Gefahrstoffe <strong>in</strong> <strong>der</strong> Arbeitswelt. Internet-Informationen<br />
des DGB unter:<br />
http://www.dgb.de/themen/arbeitsschutz/gefahrstoffe/<strong>in</strong>dex_html<br />
4.2 Liste von Internet-L<strong>in</strong>ks<br />
Bundesanstalt für Arbeitsschutz<br />
und Arbeitsmediz<strong>in</strong> (BAuA)<br />
Thema „Gefahrstoffe“: www.baua.<br />
de/de/Themen-von-A-Z/Gefahrstoffe/Gefahrstoffe.html__nnn=true<br />
Gefahrstoffportal “Gefahrstoffe im<br />
Griff”: www.gefahrstoffe-im-griff.de<br />
Gefahrstoffdatenbank <strong>der</strong> Län<strong>der</strong>:<br />
www.gefahrstoff-<strong>in</strong>fo.de
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Gefahrstoff<strong>in</strong>formationssystem <strong>der</strong> gewerblichen<br />
Berufsgenossenschaften (GESTIS):<br />
www.hvbg.de/d/bia/gestis/stoffdb/<strong>in</strong>dex.html<br />
GISBAU – Gefahrstoff-Informationssystem<br />
<strong>der</strong> Berufsgenossenschaft <strong>der</strong> Bauwirtschaft:<br />
www.gisbau.de/<strong>in</strong>dex.html<br />
GisChem – Branchenspezifisches Gefahrstoff<strong>in</strong>formationssystem<br />
<strong>der</strong> Berufsgenossenschaft<br />
<strong>der</strong> chemischen Industrie: www.gischem.de<br />
BASIS – Branchen- und Arbeitsschutz-Informations-System<br />
<strong>der</strong> BG Druck und Papierverarbeitung,<br />
Modul Hand- und Hautschutz:<br />
www.basis-dp.de/als/<strong>in</strong>dex.html<br />
Arbeit und Gesundheit. Internet-Informationen<br />
<strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> unter:<br />
www.igmetall.de/gesundheit<br />
gute Arbeit – Zeitschrift für Gesundheitsschutz<br />
und Arbeitsgestaltung:<br />
www.gutearbeit-onl<strong>in</strong>e.de<br />
58
4.3 Glossar/Begriffe<br />
ätzend<br />
Stoffe und Zubereitungen s<strong>in</strong>d ätzend, wenn sie lebende<br />
Gewebe bei Berührung zerstören können (§ 3 Nr. 9<br />
GefStoffV).<br />
akute Wirkung<br />
unmittelbar als Folge e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>maligen Belastung mit e<strong>in</strong>em<br />
Gefahrstoff auftretende Wirkung, z.B. e<strong>in</strong>e Haut- o<strong>der</strong><br />
Augenreizung, e<strong>in</strong>e Verätzung o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Vergiftung (Gegenstück<br />
ist die > chronische Wirkung)<br />
Angebotsuntersuchung<br />
Angebotsuntersuchungen muss <strong>der</strong> Arbeitgeber den Beschäftigten<br />
unter bestimmten Voraussetzungen anbieten,<br />
den Beschäftigten steht es allerd<strong>in</strong>gs frei, an diesen Untersuchungen<br />
teilzunehmen. Angebotsuntersuchungen haben<br />
ihre generelle Rechtsgrundlage <strong>in</strong> § 11 ArbSchG, die speziellen<br />
Voraussetzungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> § 16 Abs. 3 <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit<br />
Anh. V Nr. 1 und Nr. 2.2 GefStoffV festgelegt.<br />
(Weitere E<strong>in</strong>zelheiten s. Kap. 2, Abschnitt<br />
„Arbeitsmediz<strong>in</strong>ische Vorsorge“)<br />
(Gegenstück ist die > Pflichtuntersuchung)<br />
arbeitsbed<strong>in</strong>gte Erkrankung<br />
<strong>Die</strong>s ist e<strong>in</strong>e Erkrankung, die zwar nicht den strengen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
e<strong>in</strong>er Berufskrankheit genügt, die aber dennoch<br />
durch berufs- bzw. betriebsbed<strong>in</strong>gte E<strong>in</strong>wirkungen mit verursacht<br />
ist.<br />
Der Begriff „Arbeitsbed<strong>in</strong>gte Erkrankung“ wird erstmals im<br />
Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) genannt, er wird dort allerd<strong>in</strong>gs<br />
nicht def<strong>in</strong>iert.<br />
(Gegenstück s<strong>in</strong>d die > Berufskrankheit und die<br />
> Gesundheitsstörung)<br />
59<br />
Anhang<br />
arbeitshygienische Maßnahmen<br />
<strong>Die</strong>s s<strong>in</strong>d Maßnahmen, die <strong>der</strong> Vermeidung des Kontakts<br />
mit Gefahrstoffen und <strong>der</strong> Sauberkeit am Arbeitsplatz zum<br />
Erreichen dieses Ziels dienen. Stets zu treffende arbeitshygienische<br />
Maßnahmen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> § 8 Abs. 2 GefStoffV zusammengestellt;<br />
Maßnahmen, die ab Schutzstufe 2 zu treffen<br />
s<strong>in</strong>d, enthält § 9 Abs. 3 und 9. E<strong>in</strong>e umfassende Übersicht<br />
über arbeitshygienische Maßnahmen ist ferner <strong>in</strong> <strong>der</strong> TRGS<br />
500 zu f<strong>in</strong>den.<br />
arbeitsmediz<strong>in</strong>ische Vorsorge (AMV)<br />
Arbeitsmediz<strong>in</strong>ische Vorsorge be<strong>in</strong>haltet arbeitsmediz<strong>in</strong>ische<br />
Untersuchungen (> Angebotsuntersuchung, ><br />
Pflichtuntersuchung), geht aber erheblich über diese h<strong>in</strong>aus.<br />
So ist <strong>der</strong> Betriebsarzt zw<strong>in</strong>gend an <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
zu beteiligen. Dazu muss er die Arbeitsplätze,<br />
die Arbeitstätigkeiten sowie die Beschäftigten bei ihren<br />
Tätigkeiten aus arbeitsmediz<strong>in</strong>ischer Sicht bewertet haben.<br />
Ferner schließt arbeitmediz<strong>in</strong>ische Vorsorge die Empfehlung<br />
geeigneter Schutzmaßnahmen, die Beratung <strong>der</strong> Beschäftigten<br />
und die Weiterentwicklung des <strong>betrieblichen</strong> Gesundheitsschutzes<br />
auf <strong>der</strong> Grundlage gewonnener Erkenntnisse<br />
e<strong>in</strong>. (Weitere E<strong>in</strong>zelheiten s. Kap. 2, Abschnitt „Arbeitsmediz<strong>in</strong>ische<br />
Vorsorge“)<br />
Arbeitsplatzgrenzwert (AGW)<br />
<strong>Die</strong>s ist <strong>der</strong> Grenzwert für die zeitlich gewichtete durchschnittliche<br />
Konzentration e<strong>in</strong>es Stoffes <strong>in</strong> <strong>der</strong> Luft am<br />
Arbeitsplatz <strong>in</strong> Bezug auf e<strong>in</strong>en gegebenen Referenzzeitraum.<br />
Er gibt an, bei welcher Konzentration e<strong>in</strong>es<br />
Stoffes akute o<strong>der</strong> chronische schädliche Auswirkungen<br />
auf die Gesundheit im Allgeme<strong>in</strong>en nicht zu erwarten<br />
s<strong>in</strong>d (§ 3 Abs. 6 GefStoffV).<br />
Üblicherweise wird als Referenzzeitraum zum e<strong>in</strong>en 8 Std.,<br />
also e<strong>in</strong>e Schichtlänge, zu Grunde gelegt, um den erfor<strong>der</strong>lichen<br />
Schutz vor lang andauern<strong>der</strong> Belastung zu bestimmen.
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
<strong>Die</strong> entsprechenden Größen werden als Schichtmittelwerte<br />
bezeichnet. Zum Schutz gegen kurzzeitige Wirkungen, wie<br />
etwa Augen- o<strong>der</strong> Atemwegsreizungen, wird für Stoffe mit<br />
solchen Wirkungen zusätzlich e<strong>in</strong>e Spitzenbelastung für<br />
e<strong>in</strong>en fünf- o<strong>der</strong> fünfzehnm<strong>in</strong>ütigen Zeitraum festgelegt,<br />
die je nach Stoff denselben Wert wie <strong>der</strong> Schichtmittelwert<br />
haben kann o<strong>der</strong> auch darüber liegen kann. Der AGW ist an<br />
die Stelle des MAK-Wertes <strong>der</strong> bis 2004 geltenden Verordnung<br />
getreten. <strong>Die</strong> aktuell gültigen AGW s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> TRGS<br />
900 aufgeführt.<br />
AGW werden nur für E<strong>in</strong>zelstoffe abgeleitet, nicht für Stoffgemische.<br />
Für Stoffgemische o<strong>der</strong> für gleichzeitige Belastung<br />
mit mehreren Stoffen wird angenommen, dass sich die<br />
Wirkungen addieren. In diesem Fall ist die für die Mischexposition<br />
zulässige Höchstbelastung entsprechend dem <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> TRGS 403 beschriebenen Verfahren zu berechnen.<br />
Bei <strong>der</strong> Ableitung von AGW bleiben an<strong>der</strong>e Belastungen,<br />
wie etwa schwere körperliche Arbeit, Hitzearbeit o<strong>der</strong><br />
Nachtarbeit ausgeklammert. Solche zusätzlichen Belastungsfaktoren<br />
s<strong>in</strong>d im Rahmen <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
zu berücksichtigen. Ebenso wenig gehen <strong>in</strong>dividuelle Empf<strong>in</strong>dlichkeiten,<br />
sei es aufgrund angeborener Merkmale o<strong>der</strong><br />
aufgrund früherer Schädigungen, <strong>in</strong> die Ableitung des AGW<br />
e<strong>in</strong>. Auch dies ist bei <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung <strong>in</strong> Rechnung<br />
zu stellen.<br />
(Weitere E<strong>in</strong>zelheiten s. Kap. 2, Abschnitt<br />
„Grenzwertkonzept“)<br />
Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS)<br />
21-köpfiges Beratungsgremium für das Bundesm<strong>in</strong>isterium<br />
für Arbeit und Soziales, das aus Vertretern <strong>der</strong> Sozialpartner,<br />
<strong>der</strong> Län<strong>der</strong>behörden, <strong>der</strong> gesetzlichen Unfallversicherung<br />
und <strong>der</strong> Wissenschaft besteht. Se<strong>in</strong>e Aufgaben s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />
§ 21 GefStoffV beschrieben. Hierzu gehört unter an<strong>der</strong>em<br />
die Erarbeitung von Technischen Regeln für Gefahrstoffe<br />
(TRGS), die allerd<strong>in</strong>gs erst nach <strong>der</strong> Bekanntgabe durch das<br />
M<strong>in</strong>isterium Verb<strong>in</strong>dlichkeit erlangen.<br />
Bef<strong>in</strong>dlichkeitsstörung<br />
s. > Gesundheitsstörung<br />
Berufsgenossenschaft (BG)<br />
Berufsgenossenschaften s<strong>in</strong>d die Träger <strong>der</strong> gesetzlichen<br />
Unfallversicherung. Es gibt die gewerblichen Berufsgenossenschaften,<br />
die fachlich, d.h. nach Gewerbezweigen<br />
geglie<strong>der</strong>t s<strong>in</strong>d, die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften<br />
sowie die Unfallkassen als Unfallversicherungsträger<br />
<strong>der</strong> öffentlichen Hand.<br />
<strong>Die</strong> gesetzliche Unfallversicherung ist e<strong>in</strong> Zweig <strong>der</strong> Sozialversicherung<br />
neben <strong>der</strong> gesetzlichen Kranken-, Renten- und<br />
Arbeitslosenversicherung. Sie ist e<strong>in</strong>e Pflichtversicherung,<br />
<strong>der</strong>en Beiträge alle<strong>in</strong> <strong>der</strong> Arbeitgeber zahlt. Sie hat das Ziel,<br />
die Beschäftigten vor Unfällen und Berufskrankheiten zu<br />
schützen und verb<strong>in</strong>det Prävention, Rehabilitation und Entschädigung.<br />
Gesetzliche Grundlage <strong>der</strong> Unfallversicherung<br />
ist das Sozialgesetzbuch VII.<br />
<strong>Die</strong> Arbeit <strong>der</strong> Verwaltung und des Technischen Aufsichtsdienstes<br />
wird durch paritätisch besetzte Selbstverwaltungsorgane<br />
(VertreterInnen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern)<br />
politisch kontrolliert.<br />
Berufskrankheit (BK)<br />
Als Berufskrankheit werden Erkrankungen bezeichnet, die<br />
durch beson<strong>der</strong>e E<strong>in</strong>wirkungen verursacht werden, denen<br />
Beschäftigte durch ihre Arbeit <strong>in</strong> erheblich höherem Maß<br />
als die übrige Bevölkerung ausgesetzt s<strong>in</strong>d. Erkrankungen,<br />
die als Berufskrankheit gelten, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er beson<strong>der</strong>en<br />
„Berufskrankheiten-Liste“ (BK-Liste) als Anlage zu § 1 <strong>der</strong><br />
Berufskrankheitenverordnung (BeKV) näher bezeichnet.<br />
60
Nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Berufskrankheitenverordnung aufgeführte<br />
Krankheiten können entschädigt werden, wenn nach neuen<br />
mediz<strong>in</strong>isch-wissenschaftlichen Erkenntnissen die sonstigen<br />
Voraussetzungen für e<strong>in</strong>e Berufskrankheit erfüllt s<strong>in</strong>d.<br />
(Gegenstück s<strong>in</strong>d die > arbeitsbed<strong>in</strong>gte<br />
Erkrankung und die > Gesundheitsstörung)<br />
Betriebsanweisung<br />
Betriebsanweisungen s<strong>in</strong>d arbeitsplatz- und tätigkeitsbezogene,<br />
verb<strong>in</strong>dliche, schriftliche Anordnungen und Verhaltensregeln<br />
des Arbeitgebers an Beschäftigte zum Schutz<br />
vor Unfall- und Gesundheitsgefahren sowie zum Schutz <strong>der</strong><br />
Umwelt bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen. <strong>Die</strong> Betriebsanweisung<br />
ist <strong>in</strong> für die Beschäftigten verständlicher Form und<br />
Sprache abzufassen und ihnen zugänglich zu machen (§ 14<br />
GefStoffV). <strong>Die</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen an Inhalte, graphische und<br />
sprachliche Gestaltung von Betriebsanweisungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> TRGS 555 konkretisiert.<br />
<strong>Die</strong> Betriebsanweisung ist auch die Grundlage für die<br />
mündliche Unterweisung <strong>der</strong> Beschäftigten (> Unterweisung).<br />
(Weitere E<strong>in</strong>zelheiten s. Kap. 2, Abschnitt<br />
„Information <strong>der</strong> Beschäftigten“)<br />
Betriebsarzt<br />
E<strong>in</strong> Betriebsarzt ist vom Arbeitgeber nach § 2 ASiG zu bestellen.<br />
Se<strong>in</strong>e Aufgaben s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> § 3 sowie <strong>in</strong> §§ 8 – 10 ASiG<br />
beschrieben. Gemäß § 9 ASiG hat er mit dem Betriebsrat<br />
zusammenzuarbeiten. Nach § 11 ASiG hat er im Arbeitssicherheitsausschuss<br />
mitzuarbeiten.<br />
Der Betriebsarzt ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel e<strong>in</strong> Facharzt für Arbeitsmediz<strong>in</strong><br />
o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Arzt mit <strong>der</strong> Zusatzbezeichnung „Betriebsmediz<strong>in</strong>“.<br />
Beide müssen e<strong>in</strong>en zwölfwöchigen Lehrgang absol-<br />
61<br />
Anhang<br />
viert haben; <strong>der</strong> Facharzt muss zusätzlich m<strong>in</strong>destens zwei<br />
Jahre <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er arbeitsmediz<strong>in</strong>ischen E<strong>in</strong>richtung gearbeitet<br />
haben, die weiterbildungsbefugt ist.<br />
<strong>Die</strong> betriebsärztliche Tätigkeit geht weit über mediz<strong>in</strong>ische<br />
Untersuchungen h<strong>in</strong>aus. Nach den Vorgaben <strong>der</strong> GefStoffV<br />
muss <strong>der</strong> Betriebsarzt an <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung, an<br />
<strong>der</strong> Unterrichtung <strong>der</strong> Beschäftigten und an <strong>der</strong> Weiterentwicklung<br />
des <strong>betrieblichen</strong> Gesundheitsschutzes beteiligt<br />
werden (s. § 15 GefStoffV).<br />
(Weitere E<strong>in</strong>zelheiten s. Kap. 2, Abschnitt<br />
„Arbeitsmediz<strong>in</strong>ische Vorsorge“)<br />
Biologischer Grenzwert (BGW)<br />
<strong>Die</strong>s ist <strong>der</strong> Grenzwert für die toxikologisch arbeitsmediz<strong>in</strong>isch<br />
abgeleitete Konzentration e<strong>in</strong>es Stoffes, se<strong>in</strong>es Metaboliten<br />
(Umwandlungsproduktes im Körper) o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>es<br />
Beanspruchungs<strong>in</strong>dikators im entsprechenden biologischen<br />
Material (z.B. Blut, Ur<strong>in</strong>), bei dem im Allgeme<strong>in</strong>en die<br />
Gesundheit e<strong>in</strong>es Beschäftigten nicht bee<strong>in</strong>trächtigt wird.<br />
(§ 3 Abs. 7 GefStoffV). Der BGW ist an die Stelle des BAT-<br />
Wertes <strong>der</strong> bis 2004 geltenden Verordnung getreten. <strong>Die</strong><br />
aktuell gültigen BGW s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> TRGS 903 aufgeführt.<br />
(Weitere E<strong>in</strong>zelheiten s. Kap. 2, Abschnitt<br />
„Grenzwertkonzept“)<br />
Biomonitor<strong>in</strong>g<br />
Biomonitor<strong>in</strong>g bezeichnet die Untersuchung biologischen<br />
Materials (<strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel Blut o<strong>der</strong> Ur<strong>in</strong>) <strong>der</strong> Beschäftigten zur<br />
quantitativen Bestimmung von Gefahrstoffen, von <strong>der</strong>en<br />
Umsetzungs- o<strong>der</strong> Abbauprodukten o<strong>der</strong> von an<strong>der</strong>en biologischen<br />
o<strong>der</strong> biochemischen Größen, die als Folge e<strong>in</strong>er<br />
Gefahrstoffbelastung entstehen. (E<strong>in</strong>zelheiten s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
TRGS 710 beschrieben.)
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Unter gewissen Voraussetzungen (vgl. § 15 Abs. 2<br />
GefStoffV) ist Biomonitor<strong>in</strong>g Bestandteil <strong>der</strong> arbeitsmediz<strong>in</strong>ischen<br />
Vorsorgeuntersuchungen.<br />
Brand- und Explosionsgefahren<br />
Gefahren aufgrund <strong>der</strong> Brennbarkeit, Entzündlichkeit o<strong>der</strong><br />
Explosionsgefährlichkeit von Stoffen und Zubereitungen.<br />
Solche Gefahrstoffe s<strong>in</strong>d als „explosionsgefährlich“,<br />
„brandför<strong>der</strong>nd“, „hochentzündlich“, „leichtentzündlich“<br />
o<strong>der</strong> „entzündlich“ e<strong>in</strong>gestuft und gekennzeichnet (vgl. § 4<br />
Nr. 1 – 5 GefStoffV).<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus können diese Gefahren unter bestimmten<br />
Voraussetzungen auch von nicht gekennzeichneten Stoffen<br />
ausgehen, so etwa von Feststoffen, wenn sie <strong>in</strong> fe<strong>in</strong> verteilter<br />
Form <strong>in</strong> Luft vorliegen, so etwa Mehl-, Getreide-, Holz-<br />
o<strong>der</strong> <strong>Metall</strong>stäube, o<strong>der</strong> von Flüssigkeiten mit e<strong>in</strong>em hohen<br />
Flammpunkt, aus denen bei hohen Betriebstemperaturen<br />
Dämpfe freigesetzt werden, die explosionsfähige Dampf-<br />
Luft-Gemische bilden können.<br />
chronische Wirkung<br />
als Folge e<strong>in</strong>er wie<strong>der</strong>holten o<strong>der</strong> dauernden Belastung mit<br />
e<strong>in</strong>em Gefahrstoff auftretende Wirkung, z.B. e<strong>in</strong>e Hautentzündung,<br />
e<strong>in</strong>e Nervenschädigung, e<strong>in</strong>e schleichende Vergiftung<br />
o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Krebserkrankung<br />
(Gegenstück ist die > akute Wirkung)<br />
E<strong>in</strong>stufung<br />
Vor ihrer Vermarktung müssen Stoffe und Zubereitungen<br />
vom Hersteller o<strong>der</strong> Importeur entsprechend den <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
EU-Richtl<strong>in</strong>ie beschriebenen Kriterien e<strong>in</strong>gestuft werden (§<br />
5 Abs. 1 GefStoffV). Dabei s<strong>in</strong>d alle gefährlichen Eigenschaften<br />
<strong>der</strong> Stoffe und Zubereitungen zu berücksichtigen. <strong>Die</strong>se<br />
Eigenschaften s<strong>in</strong>d auch <strong>in</strong> § 4 GefStoffV<br />
genannt (> Gefährlichkeitsmerkmale).<br />
Für Stoffe und Zubereitungen, die nicht vom Inverkehrbr<strong>in</strong>ger<br />
(Hersteller, Importeur o<strong>der</strong> Lieferant) e<strong>in</strong>gestuft und<br />
gekennzeichnet worden s<strong>in</strong>d, muss <strong>der</strong> Arbeitgeber die<br />
E<strong>in</strong>stufung vornehmen, zum<strong>in</strong>dest aber die von den Stoffen<br />
o<strong>der</strong> Zubereitungen ausgehenden Gefährdungen für die<br />
Beschäftigten ermitteln (§ 7 Abs. 2 GefStoffV).<br />
<strong>Die</strong> E<strong>in</strong>stufung ist e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> Grundlagen<br />
<strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung.<br />
(Weitere E<strong>in</strong>zelheiten s. Kap. 2, Abschnitt<br />
„Informationsbasis für die Gefährdungsbeurteilung“)<br />
entzündlich<br />
s. > Brand- und Explosionsgefahren<br />
erbgutverän<strong>der</strong>nd<br />
Stoffe und Zubereitungen s<strong>in</strong>d erbgutverän<strong>der</strong>nd (mutagen),<br />
wenn sie bei E<strong>in</strong>atmen, Verschlucken o<strong>der</strong> Aufnahme<br />
über die Haut vererbbare genetische Schäden zur Folge<br />
haben o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en Häufigkeit erhöhen können (§ 3 Nr. 14<br />
GefStoffV).<br />
Ermittlungspflicht<br />
<strong>Die</strong> Ermittlungspflicht war <strong>in</strong> <strong>der</strong> bis 2004 geltenden<br />
GefStoffV geregelt. An ihre Stelle s<strong>in</strong>d die umfassen<strong>der</strong>en<br />
Pflichten des § 7 GefStoffV getreten, <strong>in</strong> denen Informationsermittlung<br />
und Gefährdungsbeurteilung geregelt s<strong>in</strong>d.<br />
(Weitere E<strong>in</strong>zelheiten s. Kap. 2, Abschnitte „Informationsbasis<br />
für die Gefährdungsbeurteilung“ und „Gefährdungsbeurteilung“)<br />
62
explosionsgefährlich<br />
s. > Brand- und Explosionsgefahren<br />
Exposition<br />
Exposition ist das Ausgesetztse<strong>in</strong> gegenüber e<strong>in</strong>em Gefahrstoff<br />
am Arbeitsplatz. <strong>Die</strong>s kann <strong>der</strong> Fall se<strong>in</strong> durch die<br />
Belastung <strong>der</strong> Atemluft, durch Hautkontakt o<strong>der</strong> durch Verschlucken<br />
von Gefahrstoffen.<br />
Fachkraft für Arbeitssicherheit<br />
E<strong>in</strong>e Fachkraft für Arbeitssicherheit ist vom Arbeitgeber<br />
nach § 5 ASiG zu bestellen. Ihre Aufgaben s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> § 6 sowie<br />
<strong>in</strong> §§ 8 – 10 ASiG beschrieben. Gemäß § 9 ASiG hat sie mit<br />
dem Betriebsrat zusammenzuarbeiten. Nach § 11 ASiG hat<br />
sie im Arbeitssicherheitsausschuss mitzuarbeiten.<br />
<strong>Die</strong> Funktion e<strong>in</strong>er Fachkraft für Arbeitssicherheit kann von<br />
e<strong>in</strong>em Sicherheits<strong>in</strong>genieur ausgeübt werden, <strong>der</strong> berechtigt<br />
ist, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen und<br />
über die zur Erfüllung <strong>der</strong> ihm übertragenen Aufgaben erfor<strong>der</strong>liche<br />
sicherheitstechnische Fachkunde verfügt. Sie kann<br />
auch von e<strong>in</strong>em Sicherheitstechniker o<strong>der</strong> Sicherheitsmeister<br />
ausgeübt werden, <strong>der</strong> über die zur Erfüllung <strong>der</strong> ihm<br />
übertragenen Aufgaben erfor<strong>der</strong>liche sicherheitstechnische<br />
Fachkunde verfügt (§ 7 ASiG).<br />
Nach den Vorgaben <strong>der</strong> GefStoffV muss die Fachkraft für<br />
Arbeitssicherheit an <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung beteiligt<br />
werden (s. § 7 Abs. 7 GefStoffV).<br />
Fachkunde<br />
Fachkunde bezeichnet die Anfor<strong>der</strong>ung e<strong>in</strong>er geeigneten<br />
Ausbildung und e<strong>in</strong>er entsprechenden beruflichen Erfahrung.<br />
Nicht verlangt wird h<strong>in</strong>gegen die Qualifikation durch<br />
e<strong>in</strong>en Lehrgang mit Prüfung o<strong>der</strong> durch e<strong>in</strong>e spezielle Akkreditierung<br />
– das s<strong>in</strong>d Anfor<strong>der</strong>ungen, die unter die weiter<br />
gehende Sachkunde gefasst werden.<br />
63<br />
Für folgende Tätigkeiten ist Fachkunde gefor<strong>der</strong>t:<br />
Erstellung des Sicherheitsdatenblattes<br />
gemäß § 6 Abs. 1 GefStoffV<br />
Durchführung <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
gemäß § 7 Abs. 7 GefStoffV<br />
Durchführung von Messungen gemäß<br />
§ 9 Abs. 6 GefStoffV<br />
Anhang<br />
fortpflanzungsgefährdend<br />
Stoffe und Zubereitungen s<strong>in</strong>d fortpflanzungsgefährdend<br />
(reproduktionstoxisch), wenn sie bei E<strong>in</strong>atmen, Verschlucken<br />
o<strong>der</strong> Aufnahme über die Haut > fruchtschädigend<br />
o<strong>der</strong> > fruchtbarkeitsgefährdend s<strong>in</strong>d (§ 3 Nr. 13<br />
GefStoffV).<br />
fruchtbarkeitsgefährdend<br />
Stoffe und Zubereitungen s<strong>in</strong>d fruchtbarkeitsgefährdend,<br />
wenn sie bei E<strong>in</strong>atmen, Verschlucken o<strong>der</strong> Aufnahme über<br />
die Haut e<strong>in</strong>e Bee<strong>in</strong>trächtigung <strong>der</strong> männlichen o<strong>der</strong> weiblichen<br />
Fortpflanzungsfunktionen o<strong>der</strong> –fähigkeit zur Folge<br />
haben können (§ 3 Nr. 13 b) GefStoffV).<br />
fruchtschädigend<br />
Stoffe und Zubereitungen s<strong>in</strong>d fruchtschädigend, wenn sie<br />
bei E<strong>in</strong>atmen, Verschlucken o<strong>der</strong> Aufnahme über die Haut<br />
nicht vererbbare Schäden <strong>der</strong> Nachkommenschaft hervorrufen<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en Häufigkeit erhöhen (§ 3 Nr. 13 a) GefStoffV).<br />
Gefährlichkeitsmerkmale<br />
Gefährlichkeitsmerkmale s<strong>in</strong>d die <strong>in</strong> § 4 GefStoffV beschriebenen<br />
15 Eigenschaften, die als beson<strong>der</strong>e Merkmale die<br />
bestimmte Gefährlichkeit e<strong>in</strong>es Stoffes o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er Zubereitung<br />
bezeichnen. <strong>Die</strong> Zuordnung <strong>der</strong> Gefährlichkeitsmerkmale<br />
zu e<strong>in</strong>em Stoff o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er Zubereitung erfolgt im<br />
Prozess <strong>der</strong> > E<strong>in</strong>stufung.
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Gefahrenbezeichnung<br />
Gefahrenbezeichnungen s<strong>in</strong>d die <strong>in</strong> Anhang II <strong>der</strong> EU-Richtl<strong>in</strong>ie<br />
67/548/EWG aufgeführten 10 Eigenschaften, die zusammen<br />
mit den entsprechenden > Gefahrensymbolen als<br />
e<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong> Kennzeichnung von Stoffen und Zubereitungen<br />
zu verwenden s<strong>in</strong>d, die als gefährlich e<strong>in</strong>gestuft s<strong>in</strong>d (Gefahrstoffe).<br />
Es gibt weniger Gefahrenbezeichnung als Gefährlichkeitsmerkmale,<br />
da für e<strong>in</strong>ige Gefährlichkeitsmerkmale dieselbe<br />
Gefahrenbezeichnung zu verwenden ist.<br />
Gefahrensymbol<br />
Gefahrensymbole s<strong>in</strong>d die <strong>in</strong> Anhang II <strong>der</strong> EU-Richtl<strong>in</strong>ie<br />
67/548/EWG aufgeführten 10 Symbole (Piktogramme), die<br />
zusammen mit den entsprechenden >Gefahrenbezeichnungen<br />
als e<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong> Kennzeichnung von Stoffen und<br />
Zubereitungen zu verwenden s<strong>in</strong>d, die als gefährlich e<strong>in</strong>gestuft<br />
s<strong>in</strong>d (Gefahrstoffe).<br />
Es gibt weniger Gefahrensymbole als Gefährlichkeitsmerkmale,<br />
da für e<strong>in</strong>ige Gefährlichkeitsmerkmale dasselbe Gefahrensymbol<br />
zu verwenden ist.<br />
Gefahrstoff<br />
<strong>Die</strong>s s<strong>in</strong>d entsprechend § 3 Abs. 1 GefStoffV<br />
gefährliche Stoffe o<strong>der</strong> Zubereitungen nach § 3a des<br />
Chemikaliengesetzes (dies entspricht Stoffen und Zubereitungen,<br />
denen e<strong>in</strong> o<strong>der</strong> mehrere <strong>der</strong> <strong>in</strong> § 4 GefStoffV<br />
aufgeführten Gefährlichkeitsmerkmale zugeordnet worden<br />
s<strong>in</strong>d) sowie Stoffe und Zubereitungen, die sonstige<br />
chronisch schädigende Eigenschaften besitzen (wie<br />
z.B. <strong>in</strong>erte Stäube, die chronische Atemwegserkrankungen<br />
verursachen können, ohne dass ihnen aber e<strong>in</strong><br />
Gefährlichkeitsmerkmal zugeordnet werden kann),<br />
Stoffe, Zubereitungen und Erzeugnisse, die explosionsfähig<br />
s<strong>in</strong>d (wie etwa Feststoffe, wenn sie <strong>in</strong> fe<strong>in</strong><br />
verteilter Form <strong>in</strong> Luft vorliegen, so etwa Mehl-, Ge-<br />
treide-, Holz- o<strong>der</strong> <strong>Metall</strong>stäube, o<strong>der</strong> Flüssigkeiten<br />
mit e<strong>in</strong>em hohen Flammpunkt, aus denen bei hohen<br />
Betriebstemperaturen Dämpfe freigesetzt werden, die<br />
explosionsfähige Dampf-Luft-Gemische bilden können),<br />
Stoffe, Zubereitungen und Erzeugnisse, aus denen<br />
bei <strong>der</strong> Herstellung o<strong>der</strong> Verwendung Stoffe o<strong>der</strong> Zubereitungen<br />
nach Nummer 1 o<strong>der</strong> 2 entstehen o<strong>der</strong><br />
freigesetzt werden können (wie etwa Schweißelektroden,<br />
aus denen beim Schweißen Schweißrauch<br />
freigesetzt wird; Holz, wenn bei dessen Bearbeitung<br />
Holzstaub entsteht o<strong>der</strong> Tonerkartuschen, wenn<br />
<strong>der</strong>en im Kopiergerät abgelagerter Tonerstaub bei<br />
Arbeiten am geöffneten Gerät freigesetzt wird),<br />
sonstige gefährliche chemische Arbeitsstoffe im<br />
S<strong>in</strong>ne des Artikels 2 Buchstabe b <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />
mit Buchstabe a <strong>der</strong> Richtl<strong>in</strong>ie 98/24/EG (dies s<strong>in</strong>d<br />
Stoffe, bei denen die Art und Weise ihrer Verwendung<br />
e<strong>in</strong>e Gesundheitsgefährdung hervorruft, wie<br />
etwa tiefkalte Gase, Heißdampf o<strong>der</strong> auch Wasser<br />
bei Tätigkeiten mit ständigem Hautkontakt).<br />
geschlossenes System<br />
<strong>Die</strong> differenzierten Anfor<strong>der</strong>ungen dafür, wann e<strong>in</strong> System<br />
als „geschlossen“ anzusehen ist, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Anhang VII Ziffer<br />
7.5 <strong>der</strong> EU-Stoffrichtl<strong>in</strong>ie 67/548/EWG nie<strong>der</strong>gelegt. Sie<br />
werden ebenfalls <strong>in</strong> Anlage 1 Nr. IV Ziffer 6 <strong>der</strong> TRGS 420<br />
wie<strong>der</strong>gegeben.<br />
gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse<br />
Wissenschaftliche Erkenntnisse s<strong>in</strong>d als gesichert anzusehen,<br />
wenn <strong>der</strong> überwiegende Teil <strong>der</strong> Fachwelt mit ihnen<br />
übere<strong>in</strong>stimmt und sie sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> <strong>Praxis</strong> bewährt<br />
haben. Gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse<br />
s<strong>in</strong>d teilweise <strong>in</strong> Vorschriften und Normen festgeschrieben,<br />
wie z.B. <strong>in</strong> TRGS, DIN-Normen, Unfallverhütungsvorschriften.<br />
64
gesundheitsschädlich<br />
Stoffe und Zubereitungen s<strong>in</strong>d gesundheitsschädlich, wenn<br />
sie bei E<strong>in</strong>atmen, Verschlucken o<strong>der</strong> Aufnahme über die<br />
Haut zum Tode führen o<strong>der</strong> akute o<strong>der</strong> chronische Gesundheitsschäden<br />
verursachen können (§ 3 Nr. 8 GefStoffV).<br />
Gesundheitsstörungen<br />
<strong>Die</strong>s s<strong>in</strong>d unspezifische Störungen von Gesundheit und<br />
Wohlbef<strong>in</strong>den wie z.B. Geschmacksverän<strong>der</strong>ungen, Appetitmangel,<br />
Schw<strong>in</strong>delgefühl, Kopfschmerzen, andauernde<br />
Müdigkeit, nächtliche Schlaflosigkeit. Gesundheitsstörungen<br />
können Frühsignale von Beanspruchungen <strong>in</strong>folge von<br />
Arbeitsbelastungen se<strong>in</strong>, die – über längere Zeit anhaltend<br />
– zu Krankheiten führen können.<br />
(Gegenstück s<strong>in</strong>d die > arbeitsbed<strong>in</strong>gte Erkrankung<br />
und die > Berufskrankheit)<br />
Gewerbeaufsicht<br />
s. > Staatliche Aufsichtsbehörden<br />
giftig<br />
Stoffe und Zubereitungen s<strong>in</strong>d giftig, wenn sie <strong>in</strong> ger<strong>in</strong>ger<br />
Menge bei E<strong>in</strong>atmen, Verschlucken o<strong>der</strong> Aufnahme über die<br />
Haut zum Tode führen o<strong>der</strong> akute o<strong>der</strong> chronische Gesundheitsschäden<br />
verursachen können (§ 3 Nr. 7 GefStoffV).<br />
Grenzwerte<br />
Grenzwerte s<strong>in</strong>d Festlegungen für die höchstzulässigen<br />
stoffbed<strong>in</strong>gten Belastungen am Arbeitsplatz. Bei ihrer<br />
E<strong>in</strong>haltung (Unterschreitung) s<strong>in</strong>d akute o<strong>der</strong> chronische<br />
schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit im Allgeme<strong>in</strong>en<br />
nicht zu erwarten. Grenzwerte s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> Instrument, um<br />
die Wirksamkeit <strong>der</strong> getroffenen Schutzmaßnahmen zu<br />
überprüfen.<br />
65<br />
Anhang<br />
Seit 2005 kennt die GefStoffV zwei Arten von Grenzwerten:<br />
den > Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) und den > biologischen<br />
Grenzwert (BGW).<br />
Mit ihnen ist das Grenzwertkonzept <strong>der</strong> alten GefStoffV abgelöst<br />
worden, das noch drei Arten von Grenzwerten kannte<br />
(MAK, BAT, TRK).<br />
(Weitere E<strong>in</strong>zelheiten s. Kap. 2, Abschnitte „Wirksamkeitsprüfung<br />
<strong>der</strong> Schutzmaßnahmen“ und „Grenzwertkonzept“)<br />
Hersteller<br />
Hersteller (Produzent) ist <strong>der</strong>jenige, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Stoff, e<strong>in</strong>e<br />
Zubereitung o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Erzeugnis herstellt o<strong>der</strong> gew<strong>in</strong>nt (gew<strong>in</strong>nt<br />
im S<strong>in</strong>ne von: Gew<strong>in</strong>nung von Rohstoffen). Bei Herstellern<br />
kann es sich um natürliche Personen, um juristische<br />
Personen sowie um nicht rechtsfähige Personenvere<strong>in</strong>igungen<br />
handeln.<br />
hochentzündlich<br />
s. > Brand- und Explosionsgefahren<br />
Inhaltsstoff<br />
Als Inhaltsstoffe werden Bestandteile von Zubereitungen<br />
(Mischungen von Re<strong>in</strong>stoffen) bezeichnet. Ab e<strong>in</strong>em bestimmten<br />
Gewichtsanteil müssen als gefährlich e<strong>in</strong>gestufte<br />
Inhaltsstoffe e<strong>in</strong>er Zubereitung im Sicherheitsdatenblatt<br />
aufgeführt werden.<br />
<strong>in</strong>erte Gase<br />
Inerte Gase s<strong>in</strong>d gasförmige Stoffe, die unter Umgebungsbed<strong>in</strong>gungen<br />
zu ke<strong>in</strong>en chemischen Reaktionen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage<br />
s<strong>in</strong>d. Beispiele s<strong>in</strong>d Stickstoff o<strong>der</strong> die Edelgase. E<strong>in</strong>e Gesundheitsgefährdung<br />
geht von ihnen nur aus, wenn sie so
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
verwendet werden, dass sie den Luftsauerstoff verdrängen<br />
und damit zum Ersticken führen können.<br />
<strong>in</strong>erte Stäube<br />
Inerte Stäube besitzen ke<strong>in</strong>e <strong>der</strong> <strong>in</strong> § 4 GefStoffV aufgeführten<br />
15 Eigenschaften und werden deshalb nicht als<br />
„gefährlich“ e<strong>in</strong>gestuft. Trotzdem handelt es sich bei ihnen<br />
um Gefahrstoffe, da sie bei Ablagerung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lunge <strong>der</strong>en<br />
Selbstre<strong>in</strong>igungsfunktion bee<strong>in</strong>trächtigen und chronische<br />
Atemwegserkrankungen verursachen können.<br />
Kennzeichnung<br />
Vor ihrer Vermarktung müssen als gefährlich e<strong>in</strong>gestufte<br />
Stoffe und Zubereitungen sowie Biozid-Produkte vom Hersteller<br />
o<strong>der</strong> Importeur entsprechend den <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er EU-Richtl<strong>in</strong>ie<br />
beschriebenen Vorgaben gekennzeichnet werden (§ 5<br />
Abs. 4 und 5 <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit Anhang II GefStoffV).<br />
Durch die Kennzeichnung sollen den Verwen<strong>der</strong>n Informationen<br />
über gefährliche Eigenschaften sowie Ratschläge für<br />
den sicheren Umgang gegeben werden, um so Gefährdungen<br />
bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen zu vermeiden bzw. zu<br />
verr<strong>in</strong>gern.<br />
<strong>Die</strong> Kennzeichnung ist auf dem Etikett anzugeben und muss<br />
folgende Angaben enthalten:<br />
Name und vollständige Anschrift des<br />
Herstellers bzw. E<strong>in</strong>führers<br />
Bezeichnung des Stoffes bzw. Bezeichnung<br />
o<strong>der</strong> Handelsname <strong>der</strong> Zubereitung<br />
bei Zubereitungen die Bezeichnungen <strong>der</strong><br />
wichtigsten gefährlichen Inhaltsstoffe<br />
> Gefahrensymbole und > Gefahrenbezeichnungen<br />
Gefahrenh<strong>in</strong>weise (> R-Sätze)<br />
Sicherheitsratschläge (> S-Sätze)<br />
<strong>Die</strong> Kennzeichnungspflicht gilt auch für die <strong>in</strong>ner<strong>betrieblichen</strong><br />
Verwendung, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e dann, wenn Gefahrstoffe<br />
aus Orig<strong>in</strong>algeb<strong>in</strong>den umgefüllt werden. Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d die<br />
hier erfor<strong>der</strong>lichen Angaben weniger umfangreich und auf<br />
die Bezeichnung des Stoffes o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Zubereitung, Gefahrensymbole,<br />
Gefahrenbezeichnungen, Gefahrenh<strong>in</strong>weise<br />
und Sicherheitsratschläge begrenzt (§ 8 Abs. 4 GefStoffV).<br />
<strong>Die</strong> Kennzeichnung ist e<strong>in</strong>e wichtige Informationsquelle für<br />
die Gefährdungsbeurteilung, reicht jedoch für die Ableitung<br />
von Schutzmaßnahmen ke<strong>in</strong>esfalls aus.<br />
(Weitere E<strong>in</strong>zelheiten s. Kap. 2, Abschnitt<br />
„Informationsbasis für die Gefährdungsbeurteilung“)<br />
krebserzeugend<br />
Stoffe und Zubereitungen s<strong>in</strong>d krebserzeugend (karz<strong>in</strong>ogen),<br />
wenn sie bei E<strong>in</strong>atmen, Verschlucken o<strong>der</strong> Aufnahme<br />
über die Haut Krebs erregen o<strong>der</strong> die Krebshäufigkeit erhöhen<br />
können (§ 3 Nr. 12 GefStoffV).<br />
leichtentzündlich<br />
s. > Brand- und Explosionsgefahren<br />
Maximale Arbeitsplatzkonzentration (MAK)<br />
Bis 2004 verwendeter Grenzwert <strong>der</strong> früheren<br />
GefStoffV. Seit 2005 durch den >Arbeitsplatzgrenzwert<br />
(AGW) abgelöst.<br />
M<strong>in</strong>imierungsgebot<br />
Bezogen auf krebserzeugende, erbgutverän<strong>der</strong>nde und<br />
fruchtbarkeitsgefährdende Stoffe bezeichnet das M<strong>in</strong>imierungsgebot<br />
die Verpflichtung des Arbeitgebers, die<br />
Exposition mit <strong>der</strong>artigen chemischen Stoffen so weit wie<br />
technisch möglich zu verr<strong>in</strong>gern, falls we<strong>der</strong> ihre Substitution<br />
noch ihre Verwendung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geschlossenen System<br />
möglich ist. Bezogen auf alle an<strong>der</strong>en Gefahrstoffe bezeichnet<br />
es die Verpflichtung des Arbeitgebers, die Gefährdung<br />
66
durch solche Stoffen auszuschalten o<strong>der</strong> so weit wie technisch<br />
möglich zu verr<strong>in</strong>gern, falls e<strong>in</strong>e Substitution nicht<br />
möglich ist.<br />
<strong>Die</strong> diesbezüglichen rechtlichen Vorgaben f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> Art.<br />
5 Abs. 3 <strong>der</strong> EU-Krebsrichtl<strong>in</strong>ie 2004/37/EG beziehungsweise<br />
<strong>in</strong> Art. 6 Abs. 1 und 2 <strong>der</strong> EU-Chemikalienrichtl<strong>in</strong>ie<br />
98/24/EG sowie als nationale Regelungen entsprechend <strong>in</strong><br />
§ 10 Abs. 1 GefStoffV beziehungsweise § 8 Abs. 2 und § 9<br />
Abs. 1 GefStoffV.<br />
mutagen<br />
s. > erbgutverän<strong>der</strong>nd<br />
Partikel<br />
Mit Partikel werden ganz allgeme<strong>in</strong> sehr kle<strong>in</strong>e Teilchen von<br />
Feststoffen bezeichnet. Beispiele s<strong>in</strong>d Fe<strong>in</strong>stäube, Ultrafe<strong>in</strong>stäube<br />
und Rauche. Beson<strong>der</strong>e Vorschriften für partikelförmige<br />
Gefahrstoffe f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> Anhang III Nr. 2 GefStoffV.<br />
Persönliche Schutzausrüstung (PSA)<br />
Persönliche Schutzausrüstung PSA) ist die<br />
Sammelbezeichnung für Kopf-, Fuß-, Gesichts-,<br />
Augen-, Hand-, Körper-, Atemschutz. <strong>Die</strong> Verwendung von<br />
PSA darf nur dann angeordnet werden, wenn Gesundheitsgefährdungen<br />
durch technische und organisatorische<br />
Maßnahmen nicht beseitigt o<strong>der</strong> zum<strong>in</strong>dest auf e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>imum<br />
begrenzt werden können. Führt das Tragen von PSA<br />
zu Belastungen, so ist dies <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
zu berücksichtigen und es s<strong>in</strong>d Ausgleichsmaßnahmen<br />
festzulegen, wie etwa Tragezeitbegrenzungen, zusätzliche<br />
Erholzeiten o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> regelmäßiger Wechsel mit Tätigkeiten<br />
ohne <strong>der</strong>artige Belastungen.<br />
PSA ist vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen und<br />
muss wirksam, geeignet, gebrauchsfähig und hygienisch<br />
67<br />
Anhang<br />
e<strong>in</strong>wandfrei se<strong>in</strong> (s. § 9 Abs. 3 GefStoffV sowie PSA-BenutzungsVO,<br />
<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e § 2).<br />
Pflichtuntersuchung<br />
Pflichtuntersuchungen, an denen die Beschäftigten teilnehmen<br />
müssen, s<strong>in</strong>d an genau festgelegte Voraussetzungen<br />
gebunden, die die Überschreitung e<strong>in</strong>es Arbeitsplatzgrenzwertes<br />
o<strong>der</strong> Hautkontakt mit beson<strong>der</strong>s gefährlichen Stoffen<br />
be<strong>in</strong>halten o<strong>der</strong> das Ausführen bestimmter Tätigkeiten.<br />
<strong>Die</strong>se Voraussetzungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> § 16 Abs. 1 <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit<br />
Anh. V Nr. 1 und Nr. 2.1 GefStoffV zu f<strong>in</strong>den. Pflichtuntersuchungen<br />
dürfen also immer erst dann veranlasst werden,<br />
wenn die Möglichkeiten kollektiver Schutzmaßnahmen,<br />
also technischer und organisatorischer Maßnahmen, ausgeschöpft<br />
worden s<strong>in</strong>d.<br />
(Weitere E<strong>in</strong>zelheiten s. Kap. 2, Abschnitt<br />
„Arbeitsmediz<strong>in</strong>ische Vorsorge“)<br />
(Gegenstück ist die > Angebotsuntersuchung)<br />
physikalisch-chemische E<strong>in</strong>wirkungen<br />
Mit physikalisch-chemischen E<strong>in</strong>wirkungen werden E<strong>in</strong>wirkungen<br />
durch physikalisch-chemische Eigenschaften<br />
bezeichnet. Hierzu gehören <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie Explosionsfähigkeit,<br />
Entzündlichkeit, brandför<strong>der</strong>nde Wirkung sowie die<br />
Reaktionsfähigkeit mit Wasser. Ebenfalls die erstickende<br />
Wirkung von Gasen sowie die gewebezerstörenden Wirkungen<br />
ultrakalter o<strong>der</strong> heißer Gase, Dämpfe und Flüssigkeiten<br />
s<strong>in</strong>d hierzu zu rechnen.<br />
Rangfolge <strong>der</strong> Schutzmaßnahmen<br />
<strong>Die</strong> Rangfolge <strong>der</strong> Schutzmaßnahmen ist e<strong>in</strong> „Grundgesetz“<br />
des Arbeitsschutzes. Sie gibt an, dass Schutzmaßnahmen <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er vorgegebenen Reihenfolge getroffen werden müssen.<br />
In Bezug auf Gefahrstoffe hat diese Reihenfolge folgendes<br />
Aussehen:
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Substitution, d.h. Verzicht auf den E<strong>in</strong>satz von Gefahrstoffen<br />
durch e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Verfahren, das ohne diese<br />
Stoffe auskommt (Ersatzverfahren); Ersatz von Gefahrstoffen<br />
durch Stoffe, die ke<strong>in</strong>e Gefahrstoffe s<strong>in</strong>d, o<strong>der</strong><br />
durch weniger gefährliche Gefahrstoffe (Ersatzstoffe)<br />
Technische Maßnahmen, abgestuft nach Verwendung<br />
e<strong>in</strong>es geschlossenen Systems, Absaugung<br />
an <strong>der</strong> Quelle, Lüftungsmaßnahmen<br />
Organisatorische Maßnahmen<br />
Persönliche Schutzmaßnahmen<br />
<strong>Die</strong>se Rangfolge <strong>der</strong> Schutzmaßnahmen wird auch als<br />
„STOP-Pr<strong>in</strong>zip“ bezeichnet. Insbeson<strong>der</strong>e folgt aus diesem<br />
Pr<strong>in</strong>zip, dass <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz von > PSA die schwächste denkbare<br />
Schutzmaßnahme ist, auf die nur dann zurückgegriffen<br />
werden darf, wenn alle an<strong>der</strong>en Maßnahmen nicht möglich<br />
s<strong>in</strong>d o<strong>der</strong> nicht zu e<strong>in</strong>em ausreichenden Schutz führen. <strong>Die</strong>s<br />
ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Dokumentation <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung begründet<br />
zu belegen.<br />
<strong>Die</strong> rechtliche Grundlage für die Rangfolge <strong>der</strong> Schutzmaßnahmen<br />
f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> den entsprechenden EU-Richtl<strong>in</strong>ien<br />
und im ArbSchG. In <strong>der</strong> GefStoffV ist <strong>in</strong> den > Schutzstufen<br />
1 und 2 e<strong>in</strong>e gewisse Lockerung dieser Rangfolge vorgenommen<br />
worden, e<strong>in</strong>e Erleichterung für den E<strong>in</strong>satz von<br />
PSA ist dabei allerd<strong>in</strong>gs nicht erfolgt.<br />
(Weitere E<strong>in</strong>zelheiten s. Kap. 2, Abschnitt<br />
„Schutzmaßnahmen“)<br />
REACH<br />
REACH steht für e<strong>in</strong>e <strong>der</strong>zeit von <strong>der</strong> EU vorbereitete Verordnung,<br />
mit <strong>der</strong> die Chemikalienpolitik <strong>in</strong> <strong>der</strong> EU neu geregelt<br />
werden soll. Formal betrifft diese Verordnung, die voraussichtlich<br />
2007 <strong>in</strong> Kraft treten und im Verlauf von 11 Jahren<br />
stufenweise wirksam werden soll, nur die Vermarktung von<br />
chemischen Stoffen. Allerd<strong>in</strong>gs wird die Verordnung auch<br />
unmittelbare Auswirkungen auf den Arbeitsschutz haben:<br />
Zum e<strong>in</strong>en sollen die Hersteller von Chemikalien künftig<br />
zusätzliche Informationen über gesundheitsschädigende<br />
Eigenschaften von Stoffen ermitteln, und zum an<strong>der</strong>en<br />
sollen sie sehr viel konkreter als bisher im Sicherheitsdatenblatt<br />
beschreiben, wie die von ihnen hergestellten Stoffe<br />
und die daraus gefertigten Produkte ohne Gesundheitsgefährdungen<br />
verwendet werden können. Im vollen Umfang<br />
werden diese Verbesserungen allerd<strong>in</strong>gs nur solche Stoffe<br />
betreffen, die <strong>in</strong> großen Mengen hergestellt o<strong>der</strong> importiert<br />
werden. Stoffe, von denen weniger als 1 Tonne pro Jahr<br />
hergestellt o<strong>der</strong> importiert wird, werden von REACH nicht<br />
erfasst.<br />
<strong>Die</strong> Abkürzung REACH steht für Registrierung, Evaluierung<br />
(Bewertung) und Autorisierung (Zulassung) von Chemikalien,<br />
den drei Hauptelementen <strong>der</strong> Verordnung.<br />
reizend<br />
Stoffe und Zubereitungen s<strong>in</strong>d reizend, wenn sie – ohne<br />
ätzend zu se<strong>in</strong> – bei kurzzeitigem, länger andauerndem<br />
o<strong>der</strong> wie<strong>der</strong>holtem Kontakt mit Haut o<strong>der</strong> Schleimhaut e<strong>in</strong>e<br />
Entzündung hervorrufen können (§ 3 Nr. 10 GefStoffV).<br />
reproduktionstoxisch<br />
s. > fortpflanzungsgefährdend<br />
R-Sätze<br />
R-Sätze o<strong>der</strong> Gefahrenh<strong>in</strong>weise s<strong>in</strong>d standardisierte Kurztexte,<br />
mit denen den Verwen<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>es Gefahrstoffes verdeutlicht<br />
werden soll, wie, durch was o<strong>der</strong> unter welchen<br />
Umständen durch den Stoff e<strong>in</strong>e Gefahr entsteht. <strong>Die</strong> R-Sätze<br />
s<strong>in</strong>d vom Hersteller o<strong>der</strong> Importeur als Teil <strong>der</strong> > E<strong>in</strong>stufung<br />
entsprechend den <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er EU-Richtl<strong>in</strong>ie beschriebenen<br />
Kriterien zuzuordnen und als Teil <strong>der</strong> > Kennzeichnung<br />
sowie im > Sicherheitsdatenblatt anzugeben. Sie s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong><br />
wichtiges Hilfsmittel für die Gefährdungsbeurteilung.<br />
68
<strong>Die</strong> Abkürzung „R“ ist vom englischen Wort risk (Risiko, Gefährdung)<br />
abgeleitet. E<strong>in</strong>e vollständige Zusammenstellung<br />
<strong>der</strong> R-Sätze enthält Anhang III <strong>der</strong> EU-Richtl<strong>in</strong>ie 67/548/<br />
EWG.<br />
Schutzmaßnahmen<br />
Schutzmaßnahmen zum Schutz gegen gesundheitliche<br />
Gefährdungen werden üblicherweise <strong>in</strong> technische, organisatorische<br />
und persönliche Schutzmaßnahmen unterteilt.<br />
Zu ersteren gehört das geschlossene System, die emissionsarme<br />
Gestaltung des Verfahrens o<strong>der</strong> die Verwendung<br />
des Stoffes <strong>in</strong> emissionsarmer Form, vollständige Erfassung<br />
des Stoffes an <strong>der</strong> Austritts- o<strong>der</strong> Entstehungsstelle sowie<br />
lüftungstechnische Maßnahmen. Bei <strong>der</strong> Anwendung von<br />
Schutzmaßnahmen ist e<strong>in</strong>e vorgegebene Reihenfolge e<strong>in</strong>zuhalten:><br />
Rangfolge <strong>der</strong> Schutzmaßnahmen<br />
Schutzstufe / Schutzstufenkonzept<br />
<strong>Die</strong> Palette <strong>der</strong> möglichen, zu treffenden > Schutzmaßnahmen<br />
ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> GefStoffV <strong>in</strong> verschiedene Bereiche aufgeteilt<br />
worden: e<strong>in</strong> Bereich mit grundsätzlich zu treffenden Maßnahmen,<br />
drei Bereiche mit Maßnahmen zum Schutz gegen<br />
> toxische Eigenschaften und e<strong>in</strong> Bereich mit Maßnahmen<br />
zum Schutz vor > physikalisch-chemischen E<strong>in</strong>wirkungen<br />
von Gefahrstoffen. <strong>Die</strong> grundsätzlich zu treffenden Maßnahmen<br />
werden als Schutzstufe 1 bezeichnet, die Maßnahmen<br />
zum Schutz gegen toxische Eigenschaften als Schutzstufe<br />
2 (Grundmaßnahmen), 3 (ergänzende Schutzmaßnahmen<br />
bei hoher Gefährdung) sowie 4 (ergänzende Schutzmaßnahmen<br />
bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden, erbgutverän<strong>der</strong>nden<br />
und fruchtbarkeitsgefährdenden Gefahrstoffen).<br />
Dagegen werden die Maßnahmen zum Schutz vor physikalisch-chemischen<br />
E<strong>in</strong>wirkungen nicht als „Schutzstufe“<br />
ausgewiesen.<br />
Dementsprechend ist <strong>der</strong> Begriff „Schutzstufenkonzept“<br />
lediglich auf Maßnahmen zum Schutz gegen toxische Eigen-<br />
69<br />
Anhang<br />
schaften e<strong>in</strong>gegrenzt. <strong>Die</strong> Maßnahmen <strong>der</strong> höheren Schutzstufen<br />
bauen auf denjenigen <strong>der</strong> darunter liegenden auf,<br />
müssen also zusätzlich zu diesen getroffen werden.<br />
<strong>Die</strong> Schutzstufe, die für e<strong>in</strong>e Tätigkeit mit Gefahrstoffen erfor<strong>der</strong>lich<br />
ist, muss im Rahmen <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
festgelegt werden. Maßgeblich s<strong>in</strong>d sowohl die E<strong>in</strong>stufung<br />
<strong>der</strong> verwendeten o<strong>der</strong> entstehenden Gefahrstoffe als auch<br />
die Beson<strong>der</strong>heiten <strong>der</strong> Tätigkeit, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e Art und<br />
Ausmaß <strong>der</strong> > Exposition.<br />
(Weitere E<strong>in</strong>zelheiten s. Kap. 2, Abschnitt<br />
„Schutzmaßnahmen“)<br />
sehr giftig<br />
Stoffe und Zubereitungen s<strong>in</strong>d sehr giftig, wenn sie <strong>in</strong> sehr<br />
ger<strong>in</strong>ger Menge bei E<strong>in</strong>atmen, Verschlucken o<strong>der</strong> Aufnahme<br />
über die Haut zum Tode führen o<strong>der</strong> akute o<strong>der</strong> chronische<br />
Gesundheitsschäden verursachen können (§ 3 Nr. 6<br />
GefStoffV).<br />
sensibilisierend<br />
Stoffe und Zubereitungen s<strong>in</strong>d sensibilisierend, wenn sie<br />
bei E<strong>in</strong>atmen, Verschlucken o<strong>der</strong> Aufnahme über die Haut<br />
Überempf<strong>in</strong>dlichkeitsreaktionen hervorrufen können, so<br />
dass bei künftiger Exposition gegenüber dem Stoff o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Zubereitung charakteristische Störungen auftreten (§ 3 Nr.<br />
11 GefStoffV).<br />
Sicherheitsdatenblatt (SDB)<br />
Das Sicherheitsdatenblatt (SDB) ist das vom Hersteller o<strong>der</strong><br />
Importeur kostenlos zu übermittelnde Dokument <strong>in</strong> deutscher<br />
Sprache, das alle wichtigen Informationen über e<strong>in</strong>en<br />
Gefahrstoff enthält. Hierzu gehören <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e Angaben<br />
über die gefährlichen Inhaltsstoffe (bei Zubereitungen),<br />
vorgesehene Verwendung, Gefahren, Aufbewahrung,
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Schutzmaßnahmen. Das SDB muss von e<strong>in</strong>er fachkundigen<br />
Person erstellt worden se<strong>in</strong> und den Abnehmern spätestens<br />
bei <strong>der</strong> ersten Lieferung übermittelt werden. Es muss fachlich<br />
richtig und vollständig ausgefüllt se<strong>in</strong> sowie regelmäßig<br />
aktualisiert werden (s. § 6 GefStoffV).<br />
S-Sätze<br />
S-Sätze o<strong>der</strong> Sicherheitsratschläge s<strong>in</strong>d standardisierte<br />
Kurztexte, mit denen die Verwen<strong>der</strong> e<strong>in</strong>es Gefahrstoffes<br />
auf notwendige Vorsichtsmaßnahmen h<strong>in</strong>gewiesen werden<br />
sollen. <strong>Die</strong> S-Sätze s<strong>in</strong>d vom Hersteller o<strong>der</strong> Importeur<br />
als Teil <strong>der</strong> > E<strong>in</strong>stufung entsprechend den <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er EU-<br />
Richtl<strong>in</strong>ie beschriebenen Kriterien auszuwählen und als Teil<br />
<strong>der</strong> > Kennzeichnung sowie im > Sicherheitsdatenblatt<br />
anzugeben. Sie s<strong>in</strong>d zwar e<strong>in</strong>e Hilfe für die Gefährdungsbeurteilung,<br />
können jedoch die eigenständige Ableitung von<br />
Schutzmaßnahmen nicht ersetzen.<br />
<strong>Die</strong> Abkürzung „S“ ist vom englischen Wort safety (Sicherheit)<br />
abgeleitet. E<strong>in</strong>e vollständige Zusammenstellung <strong>der</strong><br />
S-Sätze enthält Anhang IV <strong>der</strong> EU-Richtl<strong>in</strong>ie 67/548/EWG.<br />
Staatliche Aufsichtsbehörden<br />
Aufgabe <strong>der</strong> staatlichen Aufsichtbehörden ist es, die betriebliche<br />
E<strong>in</strong>haltung <strong>der</strong> staatlichen Arbeitsschutzvorschriften,<br />
darunter die GefStoffV, zu überwachen. Daneben haben<br />
sie auch die Aufgabe, Betriebe, Betriebsräte und Beschäftigte<br />
zu Fragen des Arbeitsschutzes zu beraten.<br />
Ihre Bezeichnung ist <strong>in</strong> den verschiedenen Bundeslän<strong>der</strong>n<br />
unterschiedlich, gebräuchliche Bezeichnungen s<strong>in</strong>d Gewerbeaufsicht,<br />
Gewerbeaufsichtsamt, Amt für Arbeitsschutz,<br />
Staatliches Amt für Arbeitsschutz.<br />
Stand <strong>der</strong> Technik<br />
Stand <strong>der</strong> Technik ist <strong>der</strong> Entwicklungsstand fortschrittlicher<br />
Verfahren, E<strong>in</strong>richtungen o<strong>der</strong> Betriebsweisen, <strong>der</strong><br />
die praktische Eignung e<strong>in</strong>er Maßnahme zum Schutz <strong>der</strong><br />
Gesundheit und zur Sicherheit <strong>der</strong> Beschäftigten gesichert<br />
ersche<strong>in</strong>en lässt. Bei <strong>der</strong> Bestimmung des Standes <strong>der</strong><br />
Technik s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e vergleichbare Verfahren, E<strong>in</strong>richtungen<br />
o<strong>der</strong> Betriebsweisen heranzuziehen, die mit Erfolg<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Praxis</strong> erprobt worden s<strong>in</strong>d. Gleiches gilt für die Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
an die Arbeitsmediz<strong>in</strong> und die Arbeitsplatzhygiene<br />
(§ 3 Abs. 10 GefStoffV).<br />
<strong>Die</strong> allgeme<strong>in</strong>e Anerkennung und <strong>Praxis</strong>bewährung, wie<br />
bei den > gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen,<br />
s<strong>in</strong>d demnach bei <strong>der</strong> Bestimmung des Standes <strong>der</strong> Technik<br />
ke<strong>in</strong>e erfor<strong>der</strong>liche Bed<strong>in</strong>gung, da die technische Entwicklung<br />
den Sicherheitsstandard kennzeichnet (Bundesverfassungsgesicht<br />
<strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Entscheidung vom 08.08.1978 2 BvL<br />
8/77). <strong>Die</strong> EU-Rahmenrichtl<strong>in</strong>ie (89/391/EWG) verpflichtet<br />
<strong>in</strong> Art. 6 Abs. 2 dazu, den Stand <strong>der</strong> Technik und nicht nur<br />
die gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse anzuwenden<br />
und e<strong>in</strong>zuhalten.<br />
Stoff<br />
Chemische Stoffe s<strong>in</strong>d chemische Elemente o<strong>der</strong> Verb<strong>in</strong>dungen,<br />
wie sie natürlich vorkommen o<strong>der</strong> hergestellt werden,<br />
e<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong> Verunre<strong>in</strong>igungen und <strong>der</strong> für die Vermarktung<br />
erfor<strong>der</strong>lichen Hilfsstoffe, sofern diese bestimmte<br />
Konzentrationsgrenzen unterschreiten.<br />
(Gegenstück ist die > Zubereitung)<br />
Substitution<br />
Substitution bezeichnet den Ersatz e<strong>in</strong>es Gefahrstoffes<br />
durch e<strong>in</strong>en weniger gefährlichen Stoff (Stoffsubstitution)<br />
o<strong>der</strong> den Ersatz e<strong>in</strong>es Verfahrens durch e<strong>in</strong> Verfahren ohne<br />
Verwendung von Gefahrstoffen (Verfahrenssubstitution).<br />
70
Tätigkeit<br />
Als Tätigkeit im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> GefStoffV gilt jede Arbeit, bei<br />
<strong>der</strong> Stoffe, Zubereitungen o<strong>der</strong> Erzeugnisse hergestellt,<br />
verwendet, gehandhabt, gelagert, beför<strong>der</strong>t, entsorgt o<strong>der</strong><br />
behandelt werden o<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Stoffe o<strong>der</strong> Zubereitungen<br />
entstehen o<strong>der</strong> auftreten. Ferner s<strong>in</strong>d zu Tätigkeiten im<br />
S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> GefStoffV auch solche Arbeiten zu rechnen, bei<br />
denen e<strong>in</strong>e Gefährdung durch Gefahrstoffe besteht, die<br />
dort vorhanden s<strong>in</strong>d o<strong>der</strong> die Gegenstand <strong>der</strong> Tätigkeit von<br />
Dritten s<strong>in</strong>d o<strong>der</strong> waren. Beispiele hierfür s<strong>in</strong>d Bedien- und<br />
Überwachungstätigkeiten <strong>in</strong> Bereichen, an denen Tätigkeiten<br />
mit Gefahrstoffen durchgeführt werden ebenso wie<br />
Inspektionstätigkeiten <strong>in</strong> Lagertanks, <strong>in</strong> denen sich trotz<br />
Entleerung Reste von Gefahrstoffen bef<strong>in</strong>den (s. § 3 Abs. 3<br />
GefStoffV).<br />
Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS)<br />
Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) s<strong>in</strong>d Bestimmungen,<br />
<strong>in</strong> denen die Vorschriften <strong>der</strong> <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
<strong>in</strong>haltlich näher bestimmt werden. <strong>Die</strong> <strong>in</strong> ihnen enthalten<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen s<strong>in</strong>d im Regelfall unter Berücksichtigung <strong>der</strong><br />
üblichen Betriebsverhältnisse zu stellen. Von Technischen<br />
Regeln kann allerd<strong>in</strong>gs ohne E<strong>in</strong>schaltung e<strong>in</strong>er Behörde<br />
abgewichen werden, wenn stattdessen ebenso wirksame<br />
Maßnahmen getroffen werden.<br />
Technische Regeln werden vom Bundesm<strong>in</strong>isterium für<br />
Arbeit und Soziales nach Beratung durch den > AGS veröffentlicht.<br />
Weitere E<strong>in</strong>zelheiten s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> Technischen Regel<br />
„Allgeme<strong>in</strong>es, Aufbau, Anwendung und Wirksamwerden <strong>der</strong><br />
TRGS“ (TRGS 001) nie<strong>der</strong>gelegt.<br />
Technische Richtkonzentration (TRK)<br />
Bis 2004 verwendeter technischer Grenzwert <strong>der</strong> früheren<br />
GefStoffV, dessen E<strong>in</strong>haltung nicht vor Gesundheitsschäden<br />
schützte. TRK-Werte waren vor allem für krebserzeugende<br />
71<br />
Anhang<br />
Gefahrstoffe festgelegt. Hat ke<strong>in</strong> Gegenstück im Grenzwertkonzept<br />
<strong>der</strong> seit 2005 geltenden GefStoffV.<br />
(Weitere E<strong>in</strong>zelheiten s. Kap. 2, Abschnitt<br />
„Grenzwertkonzept“)<br />
Toxikologie<br />
<strong>Die</strong> Toxikologie ist die Wissenschaft <strong>der</strong> Giftstoffe, d.h. <strong>der</strong><br />
Zweig <strong>der</strong> Wissenschaft, <strong>der</strong> sich mit den schädlichen Wirkungen<br />
chemischer Substanzen auf lebende Organismen<br />
befasst.<br />
toxisch<br />
„Toxisch“ wird als Oberbegriff für alle Arten gesundheitsschädigen<strong>der</strong><br />
Wirkungen verwendet. Toxisch schließt gesundheitsschädlich,<br />
reizend, ätzend, sensibilisierend, giftig,<br />
sehr giftig, krebserzeugend, erbgutverän<strong>der</strong>nd und fortpflanzungsschädigend<br />
e<strong>in</strong>. Dagegen werden Schädigungen<br />
durch > physikalisch-chemische Eigenschaften sowie ><br />
umweltgefährliche Eigenschaften nicht unter diesen Begriff<br />
gefasst.<br />
Toxizität<br />
Toxizität bedeutet Gesundheitsschädlichkeit e<strong>in</strong>es Stoffes.<br />
Mit „akuter Toxizität“ werden <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die abgestuften<br />
Wirkungen „gesundheitsschädlich“ – „giftig“ – „sehr giftig“<br />
bezeichnet.<br />
Überwachungspflicht<br />
<strong>Die</strong> Überwachungspflicht war <strong>in</strong> <strong>der</strong> bis 2004 geltenden<br />
GefStoffV geregelt. An ihre Stelle ist die Pflicht getreten, die<br />
Wirksamkeit <strong>der</strong> getroffenen Schutzmaßnahmen nachzuweisen.<br />
(Weitere E<strong>in</strong>zelheiten s. Kap. 2, Abschnitt<br />
„Wirksamkeitsprüfung <strong>der</strong> Schutzmaßnahmen“)
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Umgang mit Gefahrstoffen<br />
Umgang mit Gefahrstoffen war <strong>in</strong> <strong>der</strong> bis 2004 geltenden<br />
GefStoffV def<strong>in</strong>iert. An die Stelle dieses Begriffes ist<br />
<strong>der</strong> umfassen<strong>der</strong>e <strong>der</strong> > Tätigkeit getreten (§ 3 Abs. 3<br />
GefStoffV).<br />
umweltgefährlich<br />
Stoffe und Zubereitungen s<strong>in</strong>d umweltgefährlich, wenn sie<br />
selbst o<strong>der</strong> ihre Umwandlungsprodukte geeignet s<strong>in</strong>d, die<br />
Beschaffenheit des Naturhaushalts, von Wasser, Boden<br />
o<strong>der</strong> Luft, Klima, Tieren, Pflanzen o<strong>der</strong> Mikroorganismen<br />
<strong>der</strong>art zu verän<strong>der</strong>n, dass dadurch sofort o<strong>der</strong> später Gefahren<br />
für die Umwelt herbeigeführt werden können (§ 3 Nr.<br />
15 GefStoffV).<br />
Unterweisung<br />
Unterweisungen s<strong>in</strong>d arbeitsplatz- und tätigkeitsbezogene,<br />
verb<strong>in</strong>dliche, mündliche Anordnungen und Verhaltensregeln<br />
des Arbeitgebers an Beschäftigte zum Schutz vor Unfall-<br />
und Gesundheitsgefahren sowie zum Schutz <strong>der</strong> Umwelt<br />
bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen. Unterweisungen nach<br />
GefStoffV s<strong>in</strong>d auf <strong>der</strong> Basis von > Betriebsanweisungen<br />
durchzuführen. Sie müssen erstmalig vor Aufnahme <strong>der</strong><br />
Beschäftigung erfolgen und danach m<strong>in</strong>destens jährlich<br />
wie<strong>der</strong>holt werden. Inhalt und Zeitpunkt <strong>der</strong> Unterweisung<br />
müssen dokumentiert und von den Unterwiesenen durch<br />
Unterschrift bestätigt werden (§ 14 Abs. 2 GefStoffV). H<strong>in</strong>weise<br />
zu den Inhalten <strong>der</strong> Unterweisung und zu ihrer Durchführung<br />
s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> TRGS 555 zu f<strong>in</strong>den.<br />
Seit 2005 sollen die Beschäftigten im Rahmen <strong>der</strong> Unterweisung<br />
auch e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e arbeitsmediz<strong>in</strong>isch-toxikologische<br />
Beratung erhalten, bei <strong>der</strong> sie auch über > Angebotsuntersuchungen<br />
zu <strong>in</strong>formieren s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong>e Beteiligung<br />
des > Betriebsarztes an <strong>der</strong> Beratung kann erfor<strong>der</strong>lich<br />
se<strong>in</strong> (§ 14 Abs. 3 GefStoffV).<br />
(Weitere E<strong>in</strong>zelheiten s. Kap. 2, Abschnitt<br />
„Information <strong>der</strong> Beschäftigten“)<br />
Verfahrens- und stoffspezifisches<br />
Kriterium (VSK)<br />
Verfahrens- und stoffspezifische Kriterien (VSK) s<strong>in</strong>d Beschreibungen<br />
von Arbeitsverfahren, bei <strong>der</strong>en Anwendung<br />
davon ausgegangen werden kann, dass entwe<strong>der</strong> die ><br />
AGW e<strong>in</strong>gehalten werden o<strong>der</strong>, im Fall von Stoffen ohne<br />
AGW, die Wirksamkeit <strong>der</strong> getroffenen Schutzmaßnahmen<br />
den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> GefStoffV genügt.<br />
Weitere E<strong>in</strong>zelheiten zu VSK, zu ihrer Anwendung und Aufstellung<br />
s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> TRGS 420 zu f<strong>in</strong>den. Als Übersicht s<strong>in</strong>d<br />
dort auch die existierenden VSK zusammengestellt.<br />
Vermutungswirkung<br />
Der Arbeitgeber kann bei <strong>der</strong> E<strong>in</strong>haltung Technischer Regeln<br />
davon ausgehen, dass er die <strong>in</strong> <strong>der</strong> GefStoffV gestellten<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen, auf die sich die Regeln beziehen, erfüllt (§<br />
8 Abs. 1 Satz 3 GefStoffV). <strong>Die</strong>se Vermutungswirkung stellt<br />
e<strong>in</strong>e Umkehr <strong>der</strong> Beweislast dar und entlastet so den Arbeitgeber.<br />
Weicht <strong>der</strong> Arbeitgeber dagegen von den Vorgaben<br />
von TRGS ab und legt an<strong>der</strong>e Maßnahmen fest, so ist er<br />
nachweispflichtig, dass mit diesen Maßnahmen m<strong>in</strong>destens<br />
e<strong>in</strong> gleich guter Schutz <strong>der</strong> Beschäftigten gewährleistet ist.<br />
Vorsorgekartei<br />
<strong>Die</strong> Vorsorgekartei muss die Ergebnisse <strong>der</strong> > arbeitmediz<strong>in</strong>ischen<br />
Vorsorgeuntersuchungen enthalten sowie<br />
Angaben zur > Exposition. Beschäftigte haben e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>sichtsrecht<br />
<strong>in</strong> die sie betreffenden Angaben. Für jeden<br />
Beschäftigten s<strong>in</strong>d die ihn betreffenden Teile <strong>der</strong> Kartei bis<br />
zu se<strong>in</strong>em Ausscheiden aus dem Betrieb aufzubewahren<br />
72
und ihm danach auszuhändigen. E<strong>in</strong>e Kopie davon ist vom<br />
Betrieb wie Personalunterlagen aufzubewahren (§ 15 Abs. 5<br />
und 6 GefStoffV).<br />
(Weitere E<strong>in</strong>zelheiten s. Kap. 2, Abschnitte „Arbeitsmediz<strong>in</strong>ische<br />
Vorsorge“ und „Dokumentation <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
und weitere Unterlagen“)<br />
Zersetzungsprodukte<br />
<strong>Die</strong>s s<strong>in</strong>d chemische Stoffe, die bei <strong>der</strong> Umwandlung von<br />
Ausgangsstoffen aufgrund äußerer E<strong>in</strong>flüsse wie Licht o<strong>der</strong><br />
Wärme entstehen. <strong>Die</strong>se neu entstandenen Stoffe haben<br />
durchweg an<strong>der</strong>e Eigenschaften als die Ausgangsstoffe<br />
und können <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e gesundheitsschädigende Eigenschaften<br />
<strong>in</strong> höherem Maße aufweisen. <strong>Die</strong> Möglichkeit des<br />
Auftretens von Zersetzungs- und Umwandlungsprodukten<br />
ist im Rahmen <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung vor allem für<br />
Tätigkeiten zu berücksichtigen, bei denen hohe Temperaturen<br />
auftreten.<br />
Zubereitung<br />
Zubereitungen s<strong>in</strong>d Gemische aus zwei o<strong>der</strong><br />
mehreren chemischen Stoffen.<br />
(Gegenstück ist <strong>der</strong> > Stoff)<br />
73<br />
4.4 Abkürzungsverzeichnis<br />
Abs. Absatz<br />
AGS Ausschuss für Gefahrstoffe<br />
AGW Arbeitsplatzgrenzwert<br />
AMV arbeitsmediz<strong>in</strong>ische Vorsorge<br />
Anh. Anhang<br />
ArbSchG Arbeitsschutzgesetz<br />
ASiG Arbeitssicherheitsgesetz<br />
BASIS Branchen- und Arbeitsschutz-Informations-<br />
System <strong>der</strong> BG Druck und Papierverarbeitung<br />
BAT Biologischer Arbeitsstofftoleranzwert<br />
BAuA Bundesanstalt für Arbeitsschutz<br />
und Arbeitsmediz<strong>in</strong><br />
BeKV Berufskrankheiten-Verordnung<br />
BetrVG Betriebsverfassungsgesetz<br />
BG Berufsgenossenschaft<br />
BGIA Berufsgenossenschaftliches Institut<br />
für Arbeitsschutz<br />
BGW Biologischer Grenzwert<br />
BK Berufskrankheit<br />
BMAS Bundesm<strong>in</strong>isterium für Arbeit und Soziales<br />
bzw. beziehungsweise<br />
ChemG Chemikaliengesetz<br />
DGB Deutscher Gewerkschaftsbund<br />
d.h. das heißt<br />
DIN Deutsche Industrie-Norm<br />
EU Europäische Union<br />
GefStoffV <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
GISBAU Gefahrstoff-Informationssystem <strong>der</strong><br />
Berufsgenossenschaft <strong>der</strong> Bauwirtschaft<br />
GisChem Branchenspezifisches Gefahrstoff<strong>in</strong>formationssystem<br />
<strong>der</strong> Berufsgenossenschaft<br />
<strong>der</strong> chemischen Industrie<br />
<strong>IG</strong>M Industriegewerkschaft <strong>Metall</strong><br />
Kap. Kapitel<br />
LASI Län<strong>der</strong>ausschuss für Arbeitschutz<br />
und Sicherheitstechnik<br />
MAK Maximale Arbeitsplatzkonzentration<br />
Nr. Nummer<br />
PSA Persönliche Schutzausrüstung<br />
s. siehe<br />
SDB Sicherheitsdatenblatt<br />
SGB Sozialgesetzbuch<br />
Std. Stunde<br />
TRGS Technische Regel(n) für Gefahrstoffe<br />
TRK Technische Richtkonzentration<br />
vgl. vergleiche<br />
VO Verordnung<br />
VSK verfahrens- und stoffspezifisches Kriterium<br />
z.B. zum Beispiel<br />
Anhang
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
4.5 H<strong>in</strong>tergrund<br />
Wozu e<strong>in</strong>e neue <strong>Gefahrstoffverordnung</strong>?<br />
Wichtigster Auslöser für die neue <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
ist e<strong>in</strong>e EU-Richtl<strong>in</strong>ie von 1998 1 . In dieser<br />
EU-Richtl<strong>in</strong>ie s<strong>in</strong>d die allgeme<strong>in</strong>en Vorgaben <strong>der</strong><br />
EU-Rahmenrichtl<strong>in</strong>ie zum Arbeits- und Gesundheitsschutz<br />
2 für Tätigkeiten mit Arbeitsstoffen<br />
konkretisiert.<br />
<strong>Die</strong> bisherige <strong>Gefahrstoffverordnung</strong>, die bis Dezember<br />
2004 gültig war, stammte <strong>in</strong> ihrer Grundstruktur<br />
noch aus dem Jahr 1993. Daher fehlten<br />
<strong>in</strong> ihr zentrale Bestandteile des Arbeitsschutzgesetzes<br />
von 1996, wie etwa Bestimmungen über<br />
die Gefährdungsbeurteilung o<strong>der</strong> auch Vorgaben<br />
zum Recht, sich regelmäßig arbeitsmediz<strong>in</strong>isch<br />
untersuchen zu lassen, die ebenfalls aufzugreifen<br />
waren.<br />
Damit <strong>der</strong> Bundestag dem Beitritt Deutschlands<br />
zu e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>ternationalen Übere<strong>in</strong>kommen <strong>der</strong> Internationalen<br />
Arbeitsorganisation 3 aus dem Jahr<br />
1990 zustimmen konnte, hat die Bundesregierung<br />
außerdem e<strong>in</strong>ige Bestimmungen dieses Abkommens<br />
<strong>in</strong> die neue Verordnung aufgenommen, die<br />
nicht durch die Vorgaben <strong>der</strong> EU-Richtl<strong>in</strong>ie 98/24/<br />
EG abgedeckt s<strong>in</strong>d.<br />
Neben diesen <strong>in</strong>haltlichen Anfor<strong>der</strong>ungen wurde<br />
die Novellierung auch genutzt, um e<strong>in</strong>e Reihe<br />
von Kritikpunkten an <strong>der</strong> bisherigen Verordnung<br />
aufzunehmen und bessere Lösungen zu f<strong>in</strong>den.<br />
Ferner wurde die neue Verordnung auch zur Umsetzung<br />
e<strong>in</strong>er generellen politischen Vorgabe<br />
genutzt, nämlich gesetzliche Regelungen zu verschlanken.<br />
Wie ist die <strong>Gefahrstoffverordnung</strong> <strong>in</strong> das deutsche<br />
und das europäische Rechtssystem e<strong>in</strong>geordnet?<br />
<strong>Die</strong> E<strong>in</strong>ordnung <strong>der</strong> <strong>Gefahrstoffverordnung</strong> <strong>in</strong> das<br />
deutsche und <strong>in</strong> das europäische Rechtssystem<br />
ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Abbildung auf Seite 75 skizziert. Auf <strong>der</strong><br />
nationalen Ebene hat die <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
ihre Rechtsgrundlagen sowohl im Arbeitsschutzgesetz<br />
als auch im Chemikaliengesetz. <strong>Die</strong>se nationalen<br />
Gesetze und Verordnungen wie<strong>der</strong>um s<strong>in</strong>d<br />
so ausgestaltet, dass mit ihnen die Vorgaben aus<br />
verschiedenen europäischen Richtl<strong>in</strong>ien <strong>in</strong> deutsches<br />
Recht umgesetzt werden.<br />
Welche Ziele hat <strong>der</strong> Verordnungsgeber<br />
mit <strong>der</strong> neuen Verordnung verfolgt?<br />
An erster Stelle stand zweifellos die Notwendigkeit,<br />
die rechtlichen Vorgaben <strong>der</strong> EU zu<br />
erfüllen und die Richtl<strong>in</strong>ie 98/24/EG <strong>in</strong> deut-<br />
1 Richtl<strong>in</strong>ie 98/24/EG des Rates vom 7. April 1998 zum Schutz von Gesundheit und Sicherheit <strong>der</strong> Arbeitnehmer vor <strong>der</strong> Gefährdung durch chemische<br />
Arbeitsstoffe bei <strong>der</strong> Arbeit (vierzehnte E<strong>in</strong>zelrichtl<strong>in</strong>ie im S<strong>in</strong>ne des Artikels 16 Absatz 1 <strong>der</strong> Richtl<strong>in</strong>ie 89/391/EWG des Rates)<br />
2 Richtl<strong>in</strong>ie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung <strong>der</strong> Sicherheit und des Gesundheitsschut-<br />
zes <strong>der</strong> Arbeitnehmer bei <strong>der</strong> Arbeit (Rahmen-Richtl<strong>in</strong>ie)<br />
1 Internationale Arbeitsorganisation (ILO), Übere<strong>in</strong>kommen 170: Übere<strong>in</strong>kommen über Sicherheit bei <strong>der</strong> Verwendung chemischer Stoffe bei <strong>der</strong> Arbeit,<br />
1990 (<strong>in</strong> Kraft getreten am 4. November 1993)<br />
74
sches Recht zu überführen.<br />
<strong>Die</strong> Frist für die Umsetzung<br />
war bereits im Mai 2001 abgelaufen<br />
und von Seiten <strong>der</strong> EU-<br />
Kommission gab es drängende<br />
Nachfragen, wann Deutschland<br />
se<strong>in</strong>e vertraglichen Verpflichtungen<br />
erfüllen würde.<br />
Gleichzeitig sollte mit <strong>der</strong><br />
Umsetzung <strong>der</strong> EU-Richtl<strong>in</strong>ie<br />
erreicht werden, dass<br />
die Bestimmungen des<br />
Arbeitsschutzgesetzes für Tätigkeiten mit<br />
Gefahrstoffen konkretisiert werden. <strong>Die</strong>s<br />
s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die Verpflichtung, e<strong>in</strong>e<br />
Gefährdungsbeurteilung durchzuführen sowie<br />
den Beschäftigten unter bestimmten<br />
Voraussetzungen regelmäßige arbeitsmediz<strong>in</strong>ische<br />
Untersuchungen anzubieten.<br />
Direkte Folge e<strong>in</strong>es Schutzansatzes, <strong>der</strong> auf<br />
e<strong>in</strong>er Beurteilung <strong>der</strong> Gefährdung beruht<br />
war die Notwendigkeit, bei <strong>der</strong> Ableitung von<br />
Schutzmaßnahmen nicht hauptsächlich die<br />
gesundheitsschädlichen Stoffeigenschaften<br />
zum Ausgangspunkt zu nehmen son<strong>der</strong>n<br />
Stoffeigenschaften und Verwendungsbed<strong>in</strong>gungen<br />
<strong>der</strong> Stoffe gleichberechtigt zu<br />
berücksichtigen. <strong>Die</strong> Verordnung sollte so<br />
angelegt werden, dass sich die dar<strong>in</strong> gefor<strong>der</strong>ten<br />
Schutzmaßnahmen stets auf die<br />
Tätigkeiten beziehen müssen, die mit den<br />
jeweiligen Stoffen verrichtet werden.<br />
Entsprechend dem grundlegenden Ansatz<br />
<strong>der</strong> Europäischen Richtl<strong>in</strong>ien zum betrieb-<br />
75<br />
Anhang<br />
lichen Gesundheitsschutz gibt auch das<br />
Arbeitsschutzgesetz Schutzziele vor, statt<br />
Detailvorgaben zu machen. <strong>Die</strong> Übernahme<br />
dieses Ansatzes hat sich bei <strong>der</strong> Novellierung<br />
dar<strong>in</strong> nie<strong>der</strong>geschlagen, dass Rahmenvorgaben<br />
für Schutzmaßnahmen <strong>der</strong> verschiedenen<br />
Schutzstufen gemacht werden o<strong>der</strong><br />
weitgehend auf konkrete Fristsetzungen für<br />
Überprüfungen verzichtet wird. Damit sollte<br />
den Betrieben Eigenverantwortung übertragen<br />
und Spielraum bei <strong>der</strong> Ausgestaltung<br />
von Maßnahmen geschaffen werden. Durch<br />
die Verm<strong>in</strong><strong>der</strong>ung von E<strong>in</strong>zelbestimmungen<br />
sollte gleichzeitig zur angestrebten Verschlankung<br />
<strong>der</strong> Verordnung beigetragen werden.<br />
Eher als Nebeneffekt wurden e<strong>in</strong>ige Bestimmungen<br />
des ILO-Übere<strong>in</strong>kommens <strong>in</strong> die neue<br />
Verordnung aufgenommen, um die erfor<strong>der</strong>liche<br />
Voraussetzung für die Zustimmung des<br />
Bundestages zu dem <strong>in</strong>ternationalen Übere<strong>in</strong>kommen<br />
zu schaffen. Zu diesen Bestimmungen<br />
gehören das Führen e<strong>in</strong>es Gefahrstoffverzeichnisses<br />
sowie das E<strong>in</strong>sichtsrecht <strong>der</strong> Beschäf-
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
tigten und ihrer Vertreter <strong>in</strong> das Verzeichnis,<br />
die <strong>in</strong>nerbetriebliche Kennzeichnung aller<br />
Gefahrstoffe, die Entfernung aller nicht mehr<br />
benötigten Gefahrstoffe vom Arbeitsplatz,<br />
die Überprüfung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>haltung von Arbeitsplatzgrenzwerten<br />
sowie die Weiterbildung <strong>der</strong><br />
Beschäftigten <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf die Sicherheit<br />
bei <strong>der</strong> Verwendung von Arbeitsstoffen.<br />
An <strong>der</strong> bisherigen Verordnung wurde vielfach<br />
bemängelt, dass sie zu sehr auf Großbetriebe<br />
und <strong>der</strong>en Möglichkeiten ausgerichtet<br />
sei. Als Reaktion auf diese Kritik sollte die<br />
neue Verordnung anwen<strong>der</strong>freundlicher angelegt<br />
werden und beson<strong>der</strong>s Kle<strong>in</strong>- und<br />
Mittelbetrieben Unterstützung bei <strong>der</strong><br />
Umsetzung bieten. Hierzu s<strong>in</strong>d vor allem<br />
folgende Punkte als Hilfen gedacht:<br />
die Entwicklung des Schutzstufenkonzeptes;<br />
die Integration <strong>der</strong> speziellen Bestimmungen<br />
für krebserzeugende und erbgutverän<strong>der</strong>nde<br />
Gefahrstoffe <strong>in</strong> die<br />
generellen Bestimmungen für Gefahrstoffe,<br />
für die es <strong>in</strong> <strong>der</strong> alten Verordnung<br />
e<strong>in</strong>en geson<strong>der</strong>ten Abschnitt gab;<br />
die E<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> Vermutungswirkung.<br />
E<strong>in</strong> weiterer Kritikpunkt an <strong>der</strong> bisherigen<br />
Verordnung war die e<strong>in</strong>seitige Ausrichtung<br />
an Stoffen mit Grenzwert: Das Erfor<strong>der</strong>nis für<br />
weitergehende Schutzmaßnahmen war vielfach<br />
an die Überschreitung e<strong>in</strong>es Grenzwertes<br />
geknüpft. Hier soll mit <strong>der</strong> neuen Verordnung<br />
e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>heitliches Schutzniveau für Stoffe mit<br />
und ohne Grenzwert geschaffen werden.<br />
Eng verknüpft mit <strong>der</strong> e<strong>in</strong>seitigen Ausrichtung<br />
<strong>der</strong> bisherigen Verordnung an Stoffen mit<br />
Grenzwert war die bevorzugte Betrachtung<br />
<strong>der</strong> Luftbelastung und damit <strong>der</strong> Belastung<br />
<strong>der</strong> Atemwege, während die Berücksichtigung<br />
<strong>der</strong> Hautbelastung bei <strong>der</strong> Ableitung<br />
von Schutzmaßnahmen bislang durchweg<br />
im Schatten stand. Hier soll mit <strong>der</strong> neuen<br />
Verordnung e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>heitliches Schutzniveau<br />
für alle Belastungswege erreicht<br />
werden – und das heißt im <strong>betrieblichen</strong><br />
Alltag die gleichberechtigte Behandlung <strong>der</strong><br />
Belastungen von Atemwegen und Haut.<br />
Der grundlegende Ansatz, Schutzmaßnahmen<br />
an <strong>der</strong> jeweiligen Gefährdung auszurichten,<br />
berührte direkt das Grenzwertkonzept <strong>der</strong><br />
alten Verordnung: Technisch begründete<br />
Grenzwerte (TRK-Werte), wie sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> alten<br />
Verordnung zu f<strong>in</strong>den waren, lassen ke<strong>in</strong>e<br />
Aussage über das Ausmaß <strong>der</strong> Gefährdung<br />
zu, das bei ihrer E<strong>in</strong>haltung noch besteht.<br />
Sie passten also nicht zum Ansatz <strong>der</strong> neuen<br />
Verordnung und wurden deshalb ersatzlos<br />
abgeschafft. Für die neue Verordnung<br />
musste e<strong>in</strong> verän<strong>der</strong>tes Grenzwertkonzept<br />
geschaffen werden mit e<strong>in</strong>em Grenzwerttyp,<br />
bei dessen E<strong>in</strong>haltung sich e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige<br />
Aussage über die verbleibende Gefährdung<br />
treffen lässt. E<strong>in</strong> solcher Grenzwert ist <strong>der</strong><br />
Arbeitsplatzgrenzwert (AGW), bei dessen E<strong>in</strong>haltung<br />
„akute o<strong>der</strong> chronische Auswirkungen<br />
auf die Gesundheit im Allgeme<strong>in</strong>en nicht zu<br />
erwarten s<strong>in</strong>d“ (§ 3 (6) Satz 2 GefStoffV).<br />
76
<strong>Die</strong> Arbeitsmediz<strong>in</strong>ische Vorsorge sollte <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
neuen Verordnung so gestaltet werden, dass<br />
gleichzeitig mehrere Ziele erreicht werden:<br />
<strong>Die</strong> im Arbeitsschutzgesetz enthaltene<br />
Vorgabe, den Beschäftigten unter bestimmten<br />
Voraussetzungen regelmäßige<br />
arbeitsmediz<strong>in</strong>ische Untersuchungen<br />
anzubieten (sogenannte „Angebotsuntersuchungen“),<br />
sollte durch die Beschreibung<br />
solcher Voraussetzungen <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Verordnung umgesetzt werden.<br />
Verpflichtende arbeitsmediz<strong>in</strong>ische Untersuchungen<br />
(sogenannte „Pflichtuntersuchungen“)<br />
sollten auf e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>imum<br />
reduziert werden: Da sie e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>griff <strong>in</strong><br />
Grundrechte <strong>der</strong> Beschäftigten darstellen,<br />
dürfen sie vom Staat nur angeordnet<br />
werden, wenn es schwerwiegende Gründe<br />
dafür gibt. Nach heutigem Verständnis<br />
werden verpflichtende Untersuchungen<br />
nur dann für vertretbar gehalten, wenn mit<br />
ihnen e<strong>in</strong>e mögliche Gesundheitsschädigung<br />
bereits erkannt werden kann, wovon<br />
bei Schädigungen durch krebserzeugende<br />
Stoffe <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel nicht auszugehen ist.<br />
In <strong>der</strong> Vergangenheit ist vielfach bemängelt<br />
worden, dass arbeitsmediz<strong>in</strong>ische<br />
Vorsorge von vielen Betriebsärzten ausschließlich<br />
als mediz<strong>in</strong>ische Untersuchung<br />
<strong>der</strong> Beschäftigten begriffen wurde, die<br />
Verb<strong>in</strong>dung von Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen und<br />
Gesundheitszustand h<strong>in</strong>gegen ausgeblendet<br />
blieb. Deshalb sollte e<strong>in</strong> Katalog von<br />
arbeitsmediz<strong>in</strong>ischen Maßnahmen <strong>in</strong> die<br />
77<br />
Anhang<br />
Verordnung aufgenommen werden, um<br />
so die M<strong>in</strong>destanfor<strong>der</strong>ungen an arbeitsmediz<strong>in</strong>ische<br />
Vorsorge zu beschreiben.<br />
Zudem sollte mit <strong>der</strong> neuen Verordnung die<br />
generelle politische Anfor<strong>der</strong>ung erfüllt werden,<br />
dass sie weniger umfangreich als ihre<br />
Vorgänger<strong>in</strong> se<strong>in</strong> sollte, also weniger Paragraphen<br />
umfassen sollte. <strong>Die</strong>ser Vorgabe ist<br />
auf drei Wegen nachgekommen worden:<br />
Bestimmungen technischer Art aus EU-<br />
Richtl<strong>in</strong>ien, die <strong>in</strong> unverän<strong>der</strong>ter Form <strong>in</strong><br />
deutsches Recht übernommen werden<br />
müssen, werden bereits seit 1999 nicht<br />
mehr als Bestandteil <strong>der</strong> <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
o<strong>der</strong> von <strong>der</strong>en Anhängen aufgeführt.<br />
Stattdessen wird seitdem <strong>in</strong> <strong>der</strong> Verordnung<br />
darauf verwiesen, dass bestimmte<br />
EU-Bestimmungen Teil <strong>der</strong> Verordnung<br />
s<strong>in</strong>d (sogenannte „gleitende Verweise“).<br />
Än<strong>der</strong>n sich diese EU-Bestimmungen, so<br />
än<strong>der</strong>t sich automatisch die Verordnung,<br />
sie muss also im Gegensatz zu früher<br />
nicht mehr zusätzlich angepasst werden.<br />
Spezialbestimmungen <strong>in</strong> Bezug auf die<br />
Kennzeichnung und Verpackung von Gefahrstoffen<br />
s<strong>in</strong>d vom Paragraphenteil <strong>der</strong> Verordnung<br />
<strong>in</strong> die Anhänge verlagert worden.<br />
Regelungen, die sich <strong>in</strong> übergeordneten<br />
Gesetzen f<strong>in</strong>den, wie etwa im Arbeitsschutzgesetz<br />
o<strong>der</strong> im Betriebsverfassungsgesetz,<br />
o<strong>der</strong> die sich aus den dortigen Bestimmungen<br />
ableiten lassen, s<strong>in</strong>d nicht geson<strong>der</strong>t<br />
<strong>in</strong> die neue Verordnung aufgenommen worden.<br />
<strong>Die</strong>s betrifft zum Beispiel das Arbeits-
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
verweigerungsrecht, das bei unmittelbarer<br />
Gefahr für Leben und Gesundheit besteht,<br />
o<strong>der</strong> die Unterrichtungs- und Beteiligungsrechte<br />
von Betriebs- und Personalräten.<br />
Schließlich sollten auch die Bundeslän<strong>der</strong>,<br />
die für die Überwachung <strong>der</strong> Verordnung<br />
zuständig s<strong>in</strong>d, von e<strong>in</strong>igen ungeliebten<br />
Pflichten entlastet werden:<br />
So ist zum e<strong>in</strong>en die seit 1993 bestehende<br />
Anzeigepflicht für Tätigkeiten mit krebserzeugenden<br />
und erbgutverän<strong>der</strong>nden Gefahrstoffen<br />
– mit Ausnahme von Tätigkeiten<br />
mit Asbest – ersatzlos weggefallen. <strong>Die</strong>se<br />
Verpflichtung war <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit von<br />
zahlreichen Bundeslän<strong>der</strong>n dadurch unterlaufen<br />
worden, dass sie die E<strong>in</strong>haltung seitens<br />
<strong>der</strong> Betriebe nicht kontrolliert hatten.<br />
Und zum an<strong>der</strong>en ist die Anfor<strong>der</strong>ung an<br />
die Betriebe, Ausnahmegenehmigungen<br />
bei <strong>der</strong> zuständigen Überwachungsbehörde<br />
zu beantragen, weiter reduziert<br />
worden, was wie<strong>der</strong>um den Verwaltungsaufwand<br />
<strong>der</strong> Län<strong>der</strong> verm<strong>in</strong><strong>der</strong>t.<br />
Welche Lücken weist die<br />
neue Verordnung noch auf?<br />
Trotz <strong>der</strong> sehr langen Vorbereitungszeit – erste konzeptionelle<br />
Überlegungen wurden immerh<strong>in</strong> schon<br />
im Sommer 1997, also bereits e<strong>in</strong> Jahr vor Verabschiedung<br />
<strong>der</strong> EU-Richtl<strong>in</strong>ie 98/24/EG zur Diskussion<br />
gestellt – weist die neue Verordnung im Vergleich<br />
zu ihrer Vorgänger<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ige markante Lücken auf.<br />
Hier s<strong>in</strong>d zwei Arten von Lücken zu unterscheiden:<br />
Politisch gewollte Lücken als Folge von unbestimmten<br />
Rechtsbegriffen (z.B. „ohne weiteres<br />
zugänglich“, „maßgebliche Verän<strong>der</strong>ungen“,<br />
„geeignete Arbeitsmittel“, „angemessene<br />
Maßnahmen“) und fehlenden Detailregelungen<br />
(z.B. Gestaltung <strong>der</strong> Dokumentation<br />
<strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung, Gestaltung des<br />
Gefahrstoffverzeichnisses, Kriterien für die<br />
Aktualisierung <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung<br />
sowie Kriterien für <strong>der</strong>en Neuerstellung).<br />
Sie s<strong>in</strong>d mit dem politischen Ziel e<strong>in</strong>geführt<br />
worden, den Betrieben größere Gestaltungsmöglichkeiten<br />
zu geben, allerd<strong>in</strong>gs um den<br />
Preis e<strong>in</strong>es Verlustes an Rechtssicherheit.<br />
Politisch ursprünglich nicht gewollte Lücken<br />
als Ergebnis e<strong>in</strong>es ab Mitte 2002 sehr kontroversen<br />
Diskussionsprozesses über Inhalte <strong>der</strong><br />
neuen Verordnung, die über die Vorgaben <strong>der</strong><br />
EU-Richtl<strong>in</strong>ie h<strong>in</strong>ausgehen; hierzu gehören<br />
die noch nicht ausgereiften Beurteilungsmethoden<br />
für die Wirksamkeitskontrolle <strong>der</strong><br />
Schutzmaßnahmen für Stoffe ohne AGW,<br />
das unvollständige Grenzwertkonzept, dem<br />
noch e<strong>in</strong> Kapitel für krebserzeugende Stoffe<br />
fehlt, die Ausgestaltung <strong>der</strong> Expositionsangaben<br />
als Teil <strong>der</strong> Vorsorgekartei sowie die<br />
fehlenden o<strong>der</strong> unzureichenden Vorgaben<br />
für die Aufbewahrungspflichten <strong>in</strong> Bezug auf<br />
Dokumentation <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung,<br />
Expositionsdaten und Gesundheitskartei.<br />
<strong>Die</strong> zuletzt genannte Art von Lücken ist im Frühjahr<br />
2004 politisch <strong>in</strong> Kauf genommen worden,<br />
78
um die Verabschiedung <strong>der</strong> neuen Verordnung<br />
nicht noch weiter zu verzögern.<br />
Damals war nicht absehbar, ob es zu den genannten<br />
Themen überhaupt zu e<strong>in</strong>er raschen Übere<strong>in</strong>stimmung<br />
zwischen dem Bundesm<strong>in</strong>isterium, den<br />
Bundeslän<strong>der</strong>n und den Sozialpartnern kommen<br />
könnte, nachdem <strong>der</strong> bis Mitte 2002 weitgehend<br />
konsensorientierte Diskussionsprozess ohne erkennbare<br />
Vorwarnung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e kontroverse Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung<br />
umgeschlagen war.<br />
Entgegen dem geme<strong>in</strong>samen Verständnis <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Vergangenheit war seitens <strong>der</strong> beteiligten Industrievertreter<br />
plötzlich sehr vehement die Position<br />
vertreten worden, dass die EU-Richtl<strong>in</strong>ie 1:1, also<br />
ohne weitergehende nationale Anfor<strong>der</strong>ungen,<br />
<strong>in</strong> die neue <strong>Gefahrstoffverordnung</strong> übergeführt<br />
werden sollte. Zwar s<strong>in</strong>d die EU-Richtl<strong>in</strong>ien zum<br />
Arbeitsschutz ausdrücklich nur als „M<strong>in</strong>destanfor<strong>der</strong>ungen“<br />
formuliert, die <strong>in</strong> den Gesetzen und<br />
Verordnungen <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Mitgliedsstaaten<br />
durchaus schärfer gefasst werden dürfen, doch<br />
versuchen die Wirtschaftsverbände seit e<strong>in</strong>igen<br />
Jahren diese Möglichkeit zu blockieren.<br />
Im Fall <strong>der</strong> neuen <strong>Gefahrstoffverordnung</strong> hat<br />
vermutlich auch die Debatte um die REACH-<br />
79<br />
Anhang<br />
Verordnung 1 , <strong>in</strong> <strong>der</strong> die künftige Chemiepolitik<br />
<strong>der</strong> EU geregelt werden soll, e<strong>in</strong>e beträchtliche<br />
Rolle gespielt: Zugeständnisse bei <strong>der</strong> neuen<br />
<strong>Gefahrstoffverordnung</strong> wären aus Sicht <strong>der</strong> Wirtschaft<br />
vermutlich e<strong>in</strong>e Schwächung <strong>der</strong> eigenen<br />
Verhandlungsposition <strong>in</strong> Bezug auf REACH gewesen.<br />
<strong>Die</strong> so entstandenen Lücken sollen jetzt vom<br />
Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) bearbeitet<br />
werden und <strong>in</strong> Vorschlägen zur Ergänzung <strong>der</strong><br />
Verordnung münden.<br />
In Bezug auf die als erstes genannten Lücken ist<br />
das weitere Vorgehen noch offen: E<strong>in</strong>erseits gibt<br />
es Erwartungen, dass auch hier <strong>der</strong> AGS aktiv<br />
wird und im Rahmen von Technischen Regeln<br />
Konkretisierungen trifft. Dagegen gibt es Warnungen,<br />
dass durch solche Festlegungen <strong>in</strong> Technischen<br />
Regeln die gerade erst geschaffenen<br />
Spielräume wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>geengt würden. Allerd<strong>in</strong>gs<br />
fühlen sich e<strong>in</strong>e Reihe von Unternehmen durch<br />
diese Spielräume offensichtlich überfor<strong>der</strong>t und<br />
wünschen sich konkrete Vorschriften wie <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Vergangenheit zurück, mit <strong>der</strong>en E<strong>in</strong>haltung die<br />
Sicherheit, rechtlich korrekt zu handeln, verknüpft<br />
ist – e<strong>in</strong>e Gewissheit, die die Freiheiten<br />
<strong>der</strong> neuen Verordnung nicht bietet.<br />
1 REACH-VO-Entwurf: Proposal concern<strong>in</strong>g the Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals (REACH) COM(2003)<br />
644 f<strong>in</strong>al (29 Oct. 2003)
Arbeitshilfe <strong>Gefahrstoffverordnung</strong><br />
Raum für Notizen<br />
80
Veröffentlichungen<br />
Bestellungen ausschließlich im Internet: www.igmetall.de/gesundheit/material<br />
Arbeitshilfe 19<br />
Schutz vor<br />
ionisieren<strong>der</strong><br />
Strahlung im Betrieb<br />
Arbeitsmappe<br />
Der Arbeitszeit-TÜV<br />
(mit Auswertungstool)<br />
Arbeitshilfe 13<br />
Holzstaub?<br />
Ne<strong>in</strong> danke!<br />
Handlungshilfe<br />
E<strong>in</strong>glie<strong>der</strong>n<br />
statt kündigen<br />
Handlungshilfe<br />
Psychische<br />
Belastungen<br />
beurteilen – aber wie?<br />
Tipp 29<br />
Gesund die<br />
Rente erreichen<br />
CD-ROM<br />
<strong>Die</strong> CD <strong>der</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong><br />
zum Arbeits- und<br />
Gesundheitsschutz<br />
Tipp 28<br />
Gute Arbeit<br />
braucht Erholzeit