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RÄUME LESEN, RÄUME SCHREIBEN

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JENSEITS DES HORIZONTS<br />

Warum sich der Nil so verhielt, wusste kein Ägypter<br />

Herodot genau zu sagen. Eine � eorie erklärte<br />

sein Verhalten mit Jahreswinden, die vom Mittelmeer<br />

blasend den Fluss aufstauen würden. Diese<br />

Lösung erschien Herodot genauso unglaubwürdig<br />

wie die Behauptung, es sei die jährliche Schneeschmelze<br />

in Äthiopien, die den Fluss anschwellen<br />

lasse (2,19–22). Letzteres kam der Wahrheit schon<br />

ziemlich nahe. 500 Jahre später wussten es der Römer<br />

Plinius und der Grieche Strabon besser. Beide<br />

brachten die sommerlichen Regenfälle in Äthiopien<br />

ins Spiel (Naturkunde 5,11,55, Geographica 17,1,5),<br />

wobei Stra bon betonte, diese Erkenntnis sei keine<br />

Vermutung, sondern aus Anschauung gewonnen.<br />

Übersetzt in unsere Begri� e, sind für die Nilschwelle<br />

tat sächlich der Sommermonsun in Äthiopien<br />

(Blau er Nil) und der tropische Zenitalregen in Zentralafrika<br />

(Weißer Nil) verantwortlich.<br />

Das ganze Leben Ägyptens richtete sich nach<br />

dem Nil. Die drei Jahreszeiten trugen ihre Namen<br />

nach dem auf- und abschwellendem Strom, hießen<br />

Achet (Überschwemmung) von Juli bis November,<br />

Peret (Aussaat) von November bis März, und Schemu<br />

(Trockenzeit) von März bis Juli – wobei sich<br />

freilich der „bürgerliche“ Kalender Ägyptens mit<br />

seinen 365 Tagen unmerklich gegen das natürliche<br />

Jahr verschob, so dass die kalendarische „Überschwemmungsjahreszeit“<br />

periodenweise in die Trockenzeit<br />

des Hochsommers � el. Alles hing davon<br />

ab, dass der Nil genügend Wasser führte. Gab es zu<br />

wenig, herrschte Hungersnot, trotz eines gut ausgebauten<br />

Netzes von Bewässerungskanälen und Staubecken.<br />

Gab es zu viel, was allerdings selten vorkam,<br />

zerstörte der Fluss Wege und Stege, Dämme<br />

und Wasserräder, Häfen und Häuser. Rechtzeitig<br />

Bescheid zu wissen, wie die Ernte ausfallen würde,<br />

war von höchster Wichtigkeit. Schon seit der ersten<br />

Dynastie der Pharaonen, ab etwa 3000 v. Chr.,<br />

zeichnete man die Nilstände auf. Später erbaute<br />

man spezielle Messanlagen, die Nilometer, von denen<br />

sich zwei auf der Insel Elephantine in der Nähe<br />

von Assuan erhalten haben.<br />

Es war ein besonderer Ort, denn hier, an der alten<br />

Südgrenze Ägyptens, be� ndet sich der erste<br />

Katarakt, eine kilometerlange Abfolge felsiger Stromschnellen<br />

und Strudel, in dem die Ägypter die Nilquelle<br />

vermuteten. In einer seiner Höhlen saß Hapi,<br />

der Gott des Nil, der jedes Jahr das Wunder der<br />

Nil� ut bewirkte. Wie es sich für einen Fruchtbarkeitsgott<br />

gehörte, war er fett. Schmerbäuchig und<br />

mit schwer herabhängenden Brüsten kombinierte<br />

30<br />

12 Darstellung des Nilgottes<br />

in seinem Quellloch auf dem<br />

so genannten Hadrianstor auf<br />

der Insel Philae.<br />

2. Jh. n. Chr.<br />

13 Klima und Kulturgeschichte des mittleren und<br />

unteren Nils: vom Mittel- bis ins Spätholo zän:<br />

Karte A: Paläoklimatische Bedingungen und neolithische<br />

Fundplätze (rote Punkte) zwischen 7000 und<br />

5300 v. Chr.<br />

Karte B: Paläoklimatische Bedingungen und neolithische<br />

Fundplätze (rote Punkte), aufgegebene Standorte<br />

(rote Kreise) und prädynastische Fun de (gelbe Kästchen)<br />

zwischen 5300 und 3500 v. Chr.<br />

Karte C: Paläoklimatische Bedingungen, Fundorte und<br />

Besiedelung in Ägypten (rote Kästchen) sowie Nubien<br />

(hellblaue Punkte). Rohstoffvorkommen und der Abbau<br />

von Kupfer, Zinn, Gold, Kalkstein sowie Sandstein sind<br />

mit Schaufel und Hammer symbolisiert. Die Zeitspanne<br />

erstreckt sich von 3500 bis 1500 v. Chr.

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