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RÄUME LESEN, RÄUME SCHREIBEN

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14 Rekonstruktion des „Großen Hafi rs von Naga“. Das<br />

Blockbild zeigt das antike handgegrabene Wasserbassin<br />

der meroitischen Stadt Naga. In der Mitte des Beckens<br />

befand sich das Reservoir mit einer Tiefe von bis zu<br />

15 Metern und einem Fassungsvermögen von bis zu<br />

37 Millionen Litern Wasser. Zu erkennen sind der Zufl uss<br />

aus südöst licher Richt ung und sein Überlauf in Richtung<br />

Westen. Das Becken ist heutzutage vollständig zusedimentiert<br />

und nicht mehr in Benutzung.<br />

sechsten Katarakt bis hinunter ins ägyptische Kernland<br />

beherrscht. Doch trotz dieser traditionel len<br />

Orientierung auf Ägypten hin, verschob sich der<br />

Schwerpunkt ihres Reiches im Lauf von 2000 Jahren<br />

immer mehr nach Süden. Vom 19. Breitengrad<br />

mit dem Zentrum Kerma wanderte er nilaufwärts,<br />

bis er in den Jahrhunderten zwischen 400 v. und<br />

300 n. Chr. am 16. Breitengrad in Meroë lag, auf<br />

der „Insel“, die vom Nil im Osten und dem Atbara<br />

im Westen gebildet wird. Dafür sind verschiedene<br />

Gründe verantwortlich. Zum einen entzog man<br />

sich durch die größere Entfernung dem von Ägypten<br />

ausgehenden politischen Druck, zum anderen<br />

entwickelte sich die Hauptstadt Meroë dank ihrer<br />

günstigen Lage zu einem Knotenpunkt des Handels.<br />

Von hier aus erreichte man Äthiopien und<br />

über das Rote Meer Indien, im Westen den Tschad<br />

und im Süden das Gebiet der großen afrikanischen<br />

Seen. Entscheidend aber war ein klimatischer Vorteil.<br />

Aufgrund seiner südlichen Position rückte das<br />

Reich von Meroë in die Zone des jährlichen Sommerregens,<br />

war also nicht ausschließlich auf den<br />

Nil angewiesen.<br />

Im 3. und 2. Jahrhundert v. Chr. nutzte man diesen<br />

Vorteil konsequent und erschloss, verbunden<br />

mit der Anlage von festen Siedlungen, neue landwirtschaftliche<br />

Flächen auch im Landesinneren.<br />

Die nötige Bewässerung und die Versorgung von<br />

Mensch und Vieh lieferten mehr als 800 Ha� re,<br />

Speicherbecken, mit denen man das jährlich niedergehende<br />

Regenwasser au� ng. Die Anlage dieser<br />

Ha� re ist eine bemerkenswerte ingenieurtechnische<br />

Leistung. Im Gegensatz zum allmählich<br />

steigenden Nil fällt in Nubien der Niederschlag<br />

sint� utartig in wenigen Tagen. Die tief in den Wüs-<br />

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tenboden eingeschnittenen Täler der Wadis verwandeln<br />

sich in kürzester Zeit in reißende Flüsse.<br />

Der ausgedörrte, vegetationslose Boden, durch die<br />

Trockenheit hart und verkrustet, bildet eine kompakte,<br />

gleichsam zementierte Schicht, ohne genügende<br />

Fähigkeit, das Wasser zu speichern. Um es<br />

aufzufangen, wird deshalb ein kreis- oder hufeisenförmiger<br />

Erdwall am Ausgang eines Wadis angelegt.<br />

Der Nachteil wandelt sich zum Vorteil,<br />

denn durch den wenig durchlässigen Untergrund<br />

bedarf es nur noch einer ausreichenden Tiefe des<br />

Reservoirs, damit sich die Verdunstung des Wassers<br />

in Grenzen hält.<br />

In Naga, einer der südlichsten Städte des Reiches<br />

von Meroë, 150 Kilometer nordöstlich des heutigen<br />

Khartoum und 37 Kilometer vom Nil entfernt<br />

mitten in der Trockensavanne gelegen, haben sich<br />

die Reste eines Ha� rs aus meroitischer Zeit erhalten.<br />

Zwar sind die antiken Froschskulpturen, die<br />

das Wasser anlocken sollten, genauso verschwunden<br />

wie die lebensgroßen schützenden Löwen� guren,<br />

doch geblieben ist der 4,5 Meter hohe Erdwall<br />

der Einfassung und das in seinen Ausmaßen beeindruckende<br />

Becken. Mit einer Tiefe von bis zu fünfzehn<br />

Metern und einer Fläche von 3,5 Hektar hatte<br />

es ein Volumen von 37 Millionen Litern. Zusammen<br />

mit zwei weiteren Ha� ren reichte das vermutlich<br />

aus, um den Einwohnern der Stadt, vor allem<br />

aber dem Nutzvieh – Rindern, Schafen und Ziegen –<br />

genügend Brauchwasser für ein Jahr zu liefern. Wie<br />

viel Regen fallen muss und welche Ober� ächenbescha�<br />

enheit nötig ist, damit der Ha� r vollläuft,<br />

jedenfalls solange es zumindest ein- bis zweimal<br />

im Jahr regnet, lässt sich berechnen. Eine Simulation<br />

des Niederschlags und seines Ab� usses durch<br />

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