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Sibylle und Venia Pfammatter Abschlussarbeit: Rückenschmerzen? Tanz dich frei!<br />
und vegetativen Reaktionen sowie im Verhalten eines Menschen (z.B. Vermeiden von<br />
Aktivitäten, Hilfe suchen usw.) zum Ausdruck (Output des physiologischen Systems bzw. auf<br />
Verhaltensebene). Und dieser Output wiederum beeinflusst den nächsten Input, da er als<br />
Lernerfahrung gespeichert wird. Das Schmerzerleben wird so als dynamisches Phänomen<br />
dargestellt und zeigt, dass eine Behinderung durch Schmerzen direkt als Folge kognitiver,<br />
affektiver oder Verhaltensfaktoren auftreten kann. 28,8<br />
Chronischer Schmerz ist also das Resultat von verschiedenen multiplen,<br />
zusammenhängenden, physikalischen, psychologischen und sozialen Faktoren und wird auch<br />
noch verstärkt durch Fear Avoidance Beliefs. Dies ist die Überzeugung, dass Schmerz das<br />
Signal für eine Verletzung oder eine dem Schmerz zugrunde liegende Pathologie ist und dass<br />
körperliche Aktivität zu einer Verschlimmerung des Schmerzes und zu einer erhöhten<br />
Verletzungsgefahr führt. Dies führt zu einer angstbedingten Vermeidungshaltung. 9,10<br />
2.4.3. Wie kommt es zur Chronifizierung von Rückenschmerzen?<br />
Jede Schmerzerfahrung ist eine normale Reaktionsantwort auf etwas, das das Gehirn als<br />
Bedrohung ansieht. Die Intensität des Schmerzempfindens steht nicht im Verhältnis zum<br />
Ausmass der Gewebeschädigung. Die Schmerzerfahrung wird im Gehirn in Abhängigkeit von<br />
vielen sensorischen Signalen erzeugt.<br />
Wird das so genannte nozizeptive System (alle Nervenzellen, die gewebeschädigende Reize<br />
kodieren und verarbeiten) aktiviert, so wird die Wahrnehmung „Schmerz“ ausgelöst. Schmerz<br />
ist eine komplexe Reaktion mit sensorischer (wir können den Schmerz nach Ort, Intensität,<br />
Art und Dauer analysieren), affektiver (schmerzverbundene, unlustbetonte Emotionen und<br />
gestörtes Wohlbefinden), vegetativer (Reaktionen des autonomen Nervensystems wie Schwitzen,<br />
Erweiterung der Pupillen, Übelkeit etc.), motorischer (Schutzreflex, Hand von heisser<br />
Platte wegziehen, Schonhaltungen) und kognitiver (Schmerz wird bewertet und mit früheren<br />
Erfahrungen verglichen) Komponente.<br />
Nozizeptoren sind Nervenzellen des peripheren Nervensystems, die auf die Detektion von<br />
gewebeschädigenden Reizen spezialisiert sind (so genannte Gefahrensensoren). Sie sind über<br />
den ganzen Körper unterschiedlich verteilt und haben definierte, rezeptive Felder, von denen<br />
aus sie nur durch noxische (schmerzhafte) Reize erregt werden können. Wird ein solcher<br />
Gefahrensensor zu stark erregt, so wird eine Botschaft mittels Aktionspotentialen Richtung<br />
Rückenmark geschickt. Danach wird die „Botschaft“ über primärafferente Fasern und über<br />
die Hinterwurzeln ins Rückenmark transportiert. Hier werden Synapsen zu Second-order-<br />
Neuronen gebildet. Dies sind erregende Chemikalien, meist Glutamat, NMDA- Rezeptoren<br />
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