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Systemische Konflikttransformation. Konzept und Anwendungsgebiete

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Track-Vernetzung<br />

Dabei wurde bislang wenig systematisch die Frage beantwortet, wie die unterschiedlichen<br />

tracks denn sinnvoll zu vernetzen seien. Erste Ansätze wurden von John Paul Ledearch<br />

entwickelt, der auf der Gr<strong>und</strong>lage der 3 tracks (Konfliktpyramide) für die Unterstützung <strong>und</strong><br />

Bildung von Friedensallianzen (peace constituencies) plädiert, wobei er es für sinnvoll hält,<br />

auf der Ebene der mittleren Entscheidungsträger, die in etwa der track 2 Ebene entspricht,<br />

anzusetzen. 33 Mittlere Entscheidungsträger seien, Lederach zufolge, in ihrem<br />

Problemlösungspotential wesentlich flexibler <strong>und</strong> in der Regel gut mit der Top-Elite vernetzt,<br />

aber auch mit der Zivilgesellschaft <strong>und</strong> anderen regionalen <strong>und</strong> lokalen Organisationen. In<br />

der Zwischenzeit hat die Auswertung der langjährigen Erfahrungen des Life and Peace<br />

Institute in Somalia belegt, dass auch peacebuilding Aktivitäten, die konsequent an der<br />

Grasswurzelebene ansetzen (community-based bottom-up peacebuilding), ein erhebliches<br />

Ausstrahlungspotenzial besitzen 34 .<br />

Aus dem komplexen Lederach'schen <strong>Konzept</strong> wurde der Aspekt der peace constituencies in<br />

Literatur <strong>und</strong> Praxis aufgenommen. Auch das Berghof Zentrum machte es zum Ansatzpunkt<br />

seiner Arbeit. Ausgehend von der Unterstützung von Friedensaktivisten in verschiedenen<br />

Konfliktregionen, hat sich im Laufe der Zeit auch dieser Ansatz verändert. Der Blick hat sich<br />

von den zuerst adressierten Akteuren erweitert auf den Kontext der "Friedenspotenziale"<br />

einerseits, die mehr umfassen als aktive Personen <strong>und</strong> Netzwerke in der Zivilgesellschaft.<br />

Zunehmend in den Blick geraten jedoch auch diejenigen Akteure, die für Friedensprozesse<br />

essentiell sind, aber die sich nicht ohne weiteres in ihnen engagieren oder die sogar ein<br />

Interesse an der Fortdauer oder gar weiteren Eskalation des Konfliktes haben. Hier trifft sich<br />

die Erfahrung des Berghof Zentrums mit den Schlussfolgerungen aus empirischen<br />

Fallstudien, die im Reflecting on Peace Practice Project erarbeitet wurden. Dort zeigte es sich,<br />

dass Friedensprojekte bislang viel zu wenig diejenigen Akteure berücksichtigen, die, wie<br />

Milizionäre, wirtschaftliche Eliten, Regierungen <strong>und</strong> Diaspora-Gruppen, vom Konflikt<br />

profitieren. Ein Erfolgskriterium ist demzufolge, inwieweit es den Projekten gelingt,<br />

konflikttreibende Kräfte in ihrem Wirken zu stoppen; ein anderes Kriterium verweist auf die<br />

Notwendigkeit der Veränderung in den Institutionen <strong>und</strong> Mechanismen einer Gesellschaft.<br />

Institution building von Institutionen, die für den Fortgang des Konfliktes irrelevant sind, ist<br />

demzufolge eine Verschwendung von Energie, Zeit <strong>und</strong> Ressourcen an der falschen Stelle 35 .<br />

Wie Lederach plädiert auch das von Mary Anderson <strong>und</strong> Lara Olsen koordinierte Reflecting on<br />

Peace Practice Project (RPP) 36 dafür, die unterschiedlichen tracks zu verknüpfen <strong>und</strong> neben<br />

Maßnahmen zur Veränderung von individuellen Einstellungen <strong>und</strong> Verhaltensweisen auch<br />

mit Aktivitäten zur Transformation von Strukturen beizutragen.<br />

Individual/<br />

Personal Level<br />

Socio/Political<br />

level<br />

RPP Raster<br />

More People Key People<br />

33 Vgl. Lederach 1997: 55-61.<br />

34 Thania Paffenholz: Community-based Bottom-up Peacebuilding. The development of the Life and Peace<br />

Institute's approach to peacebuilding and Lessons Learned from the Somalia experience (1990-2003), LPI 2003.<br />

35 Reflecting on Peace Practice Handbook, Cambridge: Nov. 2004, CDA,11, 15.<br />

36 Vgl. Mary Anderson & Lara Olson: Confronting War. Critical Lessons for Peace Practitioners, CDA 2003.<br />

BFPS Studie – <strong>Systemische</strong> <strong>Konflikttransformation</strong><br />

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