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Systemische Konflikttransformation. Konzept und Anwendungsgebiete

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Die Klärung der Frage der Systemgrenzen sollte unbedingt mit <strong>und</strong> durch einheimische<br />

Akteure erfolgen. <strong>Systemische</strong> Modelle sind nur Konstruktionen der Wirklichkeit, weshalb es<br />

wichtig ist, dass einheimische Akteure auf der Gr<strong>und</strong>lage ihres eigenen Systembilds arbeiten<br />

<strong>und</strong> dieses weiterentwickeln können.<br />

Intervenierende Dritte Parteien bilden dabei mit den einheimischen Partnerorganisationen<br />

ein eigenes Beratungssystem auf Zeit aus. Die Güte <strong>und</strong> Wirksamkeit dieses Beratungssystems<br />

hängt direkt von den Kapazitäten <strong>und</strong> Kompetenzen der beteiligten Organisationen, der<br />

Qualität der Unterstützungsmaßnahmen sowie der Qualität der Partnerbeziehungen ab. Dazu<br />

ist u.a. eine hohe Transparenz hinsichtlich der Motivationen <strong>und</strong> Wertegeb<strong>und</strong>enheit der<br />

Drittpartei notwenig, aber auch Klarheit über die Grenzen des Engagements. Innerhalb des<br />

Beratungssystems sollte besonders darauf geachtet werden, dass nicht als ungerecht<br />

empf<strong>und</strong>ene Macht- <strong>und</strong> Herrschaftsstrukturen (z.B. zwischen Männern <strong>und</strong> Frauen,<br />

zwischen internationalen <strong>und</strong> einheimischen Akteuren) reproduziert werden.<br />

„Vogel- <strong>und</strong> Froschperspektive“ <strong>und</strong> Abgleich unterschiedlicher Perspektiven<br />

Eine systemische Konfliktanalyse muss immer zweierlei berücksichtigen:<br />

• die Verortung (<strong>und</strong> Funktion) des Bezugssystems im übergeordneten System; <strong>und</strong><br />

• den Abgleich unterschiedlicher Perspektiven der Konfliktakteure.<br />

Eine systemische Analyse beinhaltet immer den Blick aufs Ganze (Vogelperspektive) <strong>und</strong> eine<br />

Detailuntersuchung von Subsystemen (Froschperspektive). Durch einen wiederholten<br />

Wechsel zwischen Vogel- <strong>und</strong> Froschperspektive <strong>und</strong> einer zunehmenden Fokussierung der<br />

Fragestellungen können die Funktionen <strong>und</strong> Wechselbeziehungen zwischen Einzelelementen<br />

des Systems herausgearbeitet werden. Hierzu schlagen wir vor, die Frage nach der<br />

spezifischen Funktion von Subsystemen im übergeordneten Kontext zu stellen <strong>und</strong> anhand<br />

von „systemischen“ oder „zirkulären“ Fragen die Wechselwirkungen zu anderen<br />

Systemeinheiten zu vertiefen.<br />

Zirkuläre Fragen<br />

Das zirkuläre Fragen zielt auf das Funktionieren des Systems, die unterschiedliche Sichtweise aller<br />

beteiligten Akteure <strong>und</strong> bemüht sich, die Beziehungen aller Beteiligten zueinander offenzulegen.<br />

Übertragen auf die Bearbeitung politischer Gewaltkonflikte handelt es sich um die oben erwähnte<br />

systemische Konfliktanalyse, insbesondere in der Form einer partizipativen Konfliktanalyse in<br />

Kooperation mit den Konfliktparteien (die man unter diesem Blickwinkel auch “zirkuläre Analyse”<br />

nennen könnte). Das Veränderungspotential liegt hier vor allem in der Aufforderung, die<br />

unterschiedlichen Sichtweisen als Teil “eines Systems” zu begreifen. Die bei solchen Methoden<br />

generell bestehende Gefahr, dass die Analyse in Schuldzuweisungen über die Hauptverantwortung für<br />

den Konflikt eskaliert, kann bei der systemischen Analyse leichter als bei anderen Methoden<br />

kontrolliert werden, da sie dazu anhält, alle Konflikt-Subsysteme <strong>und</strong> den Beitrag aller Akteure in den<br />

Blick zu nehmen.<br />

Durch den Abgleich unterschiedlicher Perspektiven können von den Konfliktparteien ständig<br />

reproduzierte Kommunikations- <strong>und</strong> Interpretationsmuster identifiziert <strong>und</strong> damit einer<br />

Bearbeitung zugänglich gemacht werden. Im Rahmen des von Berghof <strong>und</strong> Conciliation<br />

Resources durchgeführten georgisch-abchasischen Dialog-Prozesses werden diese<br />

Wahrnehmungs-Dissonanzen thematisiert, da den teilnehmenden Parteien oft nicht bewusst<br />

ist, dass ihre Handlungen für die andere Seite provokante Elemente enthalten. Sie verstehen<br />

deshalb die Reaktion nicht bzw. nehmen diese als eine negative Handlung der anderen Seite<br />

wahr ohne diese überhaupt als Reaktion auf das eigene Handeln zu erkennen. Die<br />

Diskussionen um sogenannte „vertrauenszerstörende Rhetorik“ spiegeln die Asymmetrie<br />

bezüglich der Bedrohungsängste bei Georgiern <strong>und</strong> Abchasen wider. So sind es überwiegend<br />

BFPS Studie – <strong>Systemische</strong> <strong>Konflikttransformation</strong><br />

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