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Systemische Konflikttransformation. Konzept und Anwendungsgebiete

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Funktion/Rolle im Konflikt zu hinterfragen. So können Dialogformate helfen, die Mythen,<br />

zentralen Narrative <strong>und</strong> Symboliken der jeweiligen Geschichtskonstruktion der beteiligten<br />

Gruppen zu thematisieren <strong>und</strong> damit auch Anknüpfungspunkte für den Umgang mit<br />

kollektiven Widerständen <strong>und</strong> Tabuthemen zu identifizieren. So gibt es bspw. insbesondere<br />

im primär Theravada-buddhistisch geprägten Süden von Sri Lanka gegenwärtig noch<br />

erhebliche Widerstände gegen den Begriff „Föderalismus“. Insofern als es sich dabei um die<br />

Abwehr einer genuinen Machtteilung handelt, ist dieser Widerstand verständlich <strong>und</strong> bedarf<br />

einer politischen Bearbeitung. Er wurzelt aber auch in kulturell-religiösen Tiefenstrukturen,<br />

die auf andere Weise angesprochen werden müssen, so dass es nötig sein könnte, äquivalente<br />

“Ressourcen” im kulturell-religiösen Erbe des Landes zu erschließen.<br />

Auf der anderen Seite existieren Widerstände gegen Veränderungsprozesse, die sich aus der<br />

Angst vor dem Verlust von Sicherheit, Macht, Ressourcen, Wohlstand, Identität oder vor<br />

Veränderung überhaupt speisen. Diese Widerstände sind aus dem Veränderungsmanagement<br />

in Organisationen bekannt, treten aber auch in der Friedensförderung auf. In der Regel<br />

bestehen gleichzeitig auch Kräfte, welche die Veränderung befürworten <strong>und</strong> sie unterstützen.<br />

Wenn ein Berater oder eine kleine Gruppe einen Veränderungsprozess anstoßen will, tut<br />

er/sie daher gut daran, im voraus auszuloten, welche Teile des Systems diesen Prozess<br />

unterstützen <strong>und</strong> von wem <strong>und</strong> warum Widerstände zu erwarten sind. Ein solches Vorgehen<br />

kann dazu genutzt werden, zwischen mehreren möglichen Veränderungsstrategien diejenige<br />

auszuwählen, die am erfolgversprechendsten zu sein scheint, da sie die breiteste<br />

Unterstützung hat <strong>und</strong> die geringsten Widerstände hervorruft. Wo eine derartige Auswahl<br />

nicht möglich ist, bleibt eine Kenntnis der unterstützenden <strong>und</strong> widerständigen Kräfte<br />

dennoch sinnvoll, um mit den ersteren Allianzen aufzubauen <strong>und</strong> die Ursachen der<br />

Widerstände gezielt zu bearbeiten bzw. deren Blockade zu umgehen. Hierzu bietet sich das<br />

Instrument der Kraftfeldanalyse (force field analysis) von Kurt Lewin an. 55 Im Bereich der<br />

systemischen <strong>Konflikttransformation</strong> lässt sich die Kraftfeldanalyse auf zwei Ebenen<br />

einsetzen:<br />

• Abschätzung der Erfolgschancen einer geplante Intervention;<br />

• Abschätzung der Unterstützung <strong>und</strong> der Widerstände, die eine bestimmte Form der<br />

Konfliktbeilegung (z.B. Punkte der Verhandlungsagenda) zu erwarten hat.<br />

5.2 <strong>Systemische</strong> Interventionsplanung<br />

In diesem Unterkapitel geht es um Reduktion <strong>und</strong> Vereinfachung. Die systemische<br />

<strong>Konflikttransformation</strong> hält dazu an, Strategien <strong>und</strong> Arbeitshypothesen bezüglich geeigneter<br />

Anknüpfungspunkte <strong>und</strong> Interventionshebel zu entwickeln. Darüber hinaus werden Methoden flexibler<br />

Projektplanung vorgestellt <strong>und</strong> abschließend Monitoring <strong>und</strong> Evaluation systemisch angelegter<br />

Interventionen thematisiert.<br />

Eine der zentralen Herausforderungen in der Praxis der Friedensförderung besteht darin, aus<br />

den Erkenntnissen von notwendigerweise umfangreichen Konfliktanalysen konkrete<br />

Maßnahmen abzuleiten, die der Komplexität des Konfliktsystems gerecht werden <strong>und</strong> die<br />

wirksam sind, also einen wirklichen Unterschied machen. Hier schließen sich die Fragen an,<br />

wie die relevanten Hebel der <strong>Konflikttransformation</strong> identifiziert werden <strong>und</strong> wie<br />

unterschiedliche Aktivitäten auf unterschiedlichen tracks strategisch miteinander verknüpft<br />

werden können. Wie können Unterstützungsmaßnahmen sinnvoll sequenziert werden? Und<br />

wie kann die hohe Dynamik politischer Konflikte in der Projektplanung <strong>und</strong> Durchführung<br />

aufgegriffen werden? Nicht zuletzt spielt hier auch die Frage nach der Messbarkeit der<br />

Wirkungen von Maßnahmen der <strong>Konflikttransformation</strong> eine Rolle.<br />

55 Kurt Lewin: Field Theory in Social Science (Ed. Dorwin Cartwright), New York: Harper & Brothers 1951.<br />

BFPS Studie – <strong>Systemische</strong> <strong>Konflikttransformation</strong><br />

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