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BVI Jahrbuch 2009

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Aktienkultur und Mitarbeiterkapitalbeteiligung in Deutschland<br />

lange die Bevölkerung und die Wirtschaftsleistung<br />

wuchsen. Dies reduzierte den Bedarf an Eigenvorsorge<br />

fürs Alter, wovon besonders die Kriegs- und unmittelbare<br />

Nachkriegsgeneration profitierten, die infolge der<br />

oben genannten Krisen ohnehin im Schnitt nur wenig<br />

sparen konnten. Bei einer alternden, in Zukunft wohl<br />

auch schrumpfenden Bevölkerung stößt dieses System<br />

allerdings an seine Grenzen, weil dann immer weniger<br />

Berufstätige für die Finanzierung der Rentner zur Verfügung<br />

stehen. Und das Problem wird sich dadurch<br />

weiter verschärfen, dass die Lebenserwartung – und<br />

damit die Rentenbezugsdauer – der Pensionäre steigt.<br />

Ein dritter Grund dürfte in dem in Deutschland traditionell<br />

stark verankerten Hausbank-System liegen. Für die<br />

Unternehmensfinanzierung spielten in diesem System<br />

Bankkredite lange Zeit eine deutlich wichtigere Rolle als<br />

die Kapitalmarktfinanzierung. Dies dürfte dazu beigetragen<br />

haben, dass die Deutschen erst spät anfingen,<br />

die Chancen der Kapitalmärkte zu erkennen und zu<br />

nutzen – sowohl auf der Finanzierungsseite als auch<br />

auf der Anlageseite.<br />

Neben diesen historischen Gründen ist die Zurückhaltung<br />

der Anleger bei Aktien aber auch durch mangelnde<br />

Wirtschaftskenntnisse begründet. Die immense Bedeutung<br />

der Finanzwirtschaft für die Wertschöpfung<br />

ist wenig bekannt. Eigenkapital als Finanzie-rungsinstrument<br />

für Investitionen ist als Treibstoff im Wirtschaftsmotor<br />

unverzichtbar und der Garant für Wachstum<br />

und Wohlstand. Auch darf der Finanzsektor nicht<br />

als wichtiger Wirtschaftsfaktor unterschätzt werden. Finanzinstitute,<br />

Vermögensverwalter und Versi-cherungen<br />

tragen in Deutschland pro Jahr fünf Prozent zur<br />

Bruttowertschöpfung, also zur Gesamtproduktion von<br />

Gütern und Dienstleistungen bei. Dies ist genauso viel<br />

wie die Sektoren Fahrzeugbau, Land- und Forstwirt-<br />

52<br />

schaft sowie Fischerei zusammen genommen. Anders<br />

als von vielen unterstellt, ist die Finanzwirtschaft somit<br />

von großer Bedeutung für das Gemeinwohl.<br />

Neben ihrem Beitrag zur Bruttowertschöpfung und als<br />

Garant von Arbeits- und Ausbildungsplätzen fällt der<br />

Investmentfondsbranche als Teil des Finanzsektors eine<br />

weitere wichtige volkswirtschaftliche Bedeutung zu.<br />

Sie ist Intermediär zwischen Kapitalanbietern und<br />

-nachfragern. Investmentfonds stellen Chancengleichheit<br />

für alle Investoren an allen Anlagemärkten her. Die<br />

Anlage in Investmentfonds ermöglicht breiten Bevölkerungsschichten,<br />

mit beliebigen Anlagebeträgen in flexibler<br />

Weise weltweit an den Entwicklungen der Geld-,<br />

Kapital- und Immobilienmärkte unter Wahrung hoher<br />

Sicherheits- und Transparenzstandards sowie absolutem<br />

Insolvenzschutz zu partizipieren. Investmentfonds<br />

sind damit ein wichtiges Instrument eines sozial ausgerichteten<br />

Staatswesens im Rahmen einer liberalen,<br />

marktwirtschaftlichen Wirtschaftsverfassung.<br />

Bildung ist elementarer Schlüssel zur Etablierung<br />

einer Aktienkultur<br />

Die Gründe für eine nur schwach ausgeprägte Aktienkultur<br />

in Deutschland sind nicht zuletzt im gesellschaftlichen<br />

Erfahrungsschatz und in der Gefühlswelt verankert.<br />

Um diesen Abwehrblock zu überwinden, bedarf<br />

es einer gemeinschaftlichen Anstrengung aller gesellschaftlichen<br />

Gruppen. Der Physiker und Nobelpreisträger<br />

Albert Einstein brachte es einst auf den Punkt: „Es<br />

ist leichter, ein Atom zu spalten, als ein Vorurteil“. Um<br />

die Ablehnungsfront und Skepsis gegenüber Aktien<br />

aufzulockern, ist intensive Aufklärungsarbeit erforderlich.<br />

Insofern ist Bildung ein elementarer Schlüssel zur<br />

Etablierung einer Aktienkultur in Deutschland. Der Kapitalmarkt<br />

muss aus der Expertenecke heraus.

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