Einige Bemerkungen zur poststrukturalistischen ... - Roger Behrens
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Seite 10<br />
nicht die beste aller möglichen Welten. Die Wiederholung und die<br />
Differenz des Barock »möchte mit jener Welt sich abfinden: sie blieb als<br />
entzauberte die dinghafte, eine von Waren. Der Barock steht … ein fürs<br />
verdrängte und ersehnte Ornament, und macht … dabei als Stil, der das<br />
Ornament gestatte und erheische, das gute Gewissen. Aber das<br />
vermeintlich unbeschädigte Ornament, zu dem sie flüchten, ist<br />
Ausdruck des gleichen Prinzips, vor dem sie die Flucht ergreifen. Die<br />
Einheit des Bürgerlichen und Absolutistischen, die sie zum Barock zieht,<br />
steht ihnen als Gleichnis jener tödlichen Ordnung vor Augen, in der die<br />
Verflechtung der bürgerlichen Gesellschaft umschlägt in totale<br />
Unterdrückung.« 19 Das Ornament ist die Differenz, die Reihe, die<br />
Verzierung, das Parergon, jenseits von Ergon und Energeia.<br />
Was ist die Dummheit in der Philosophie? Die Methode der Philosophie<br />
wird ins Barock <strong>zur</strong>ückgezerrt, in den Pop verzerrt (der Jargon der<br />
Eigentlichkeit der Fünfziger passt vortrefflich <strong>zur</strong> Kulturalisierung der<br />
Linken in den Neunzigern). Im Anschluss an Deleuze: die Multitude –<br />
ein Begriff, den Negri, der sich wesentlich auf den frühen Deleuze<br />
bezieht, bereits Anfang der Achtziger von Spinoza übernimmt. Deleuze<br />
verwandelt die Monadologie in eine Nomadologie, auch hier mit dem<br />
Soundtrack Barock und Pop: »Das Problem ist immer noch, die Welt zu<br />
bewohnen, aber die musikalische Behausung Stockhausens, die<br />
plastische Behausung Jean Dubuffets lassen den Unterschied des<br />
Inneren und des Äußeren, des Privaten und des Öffentlichen nicht<br />
bestehen: sie identifizieren Variation und Trajektorie und überbieten die<br />
Monadologie durch eine ›Nomadologie‹. Die Musik ist das Haus<br />
geblieben, was sich aber verändert hat, ist die Organisation des Hauses<br />
und seine Natur. Wir bleiben Leibnizianer, obwohl es nicht mehr die<br />
Zusammenklänge sind, die unsere Welt oder unseren Text ausdrücken.<br />
Wir entdecken neue Weisen zu falten und neue Hüllen, wir bleiben aber<br />
Leibnizianer, weil es immerzu darum geht zu falten, zu entfalten, wieder<br />
19 Theodor W. Adorno, ›Der missbrauchte Barock‹, in: GS Bd. 10·1, S. 422.