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Einige Bemerkungen zur poststrukturalistischen ... - Roger Behrens

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Seite 19<br />

theoretisches, abstraktes Problem. Er ist nicht konkret – deshalb seine<br />

Nähe zu den Empiristen, auf die er sich mehrfach positiv bezieht.<br />

Deleuze ist schlechter Idealist; deshalb steht er dem Materialismus nicht<br />

einmal nahe. Deleuze hat ein ideales, wenn nicht sogar ein ideologisches<br />

Interesse an der ideellen Welt, an der idealisierten Welt. Ideologisch<br />

deshalb, weil vermutet werden kann, dass Deleuze gar kein Interesse hat.<br />

Streng genommen dürfte er auch gar kein Interesse formulieren können,<br />

denn Inter-esse, Zwischen-Sein, bezeichnet ja ein allgemeines Verhältnis<br />

zu Besonderheiten (selbst wenn man hier von Singularitäten spricht,<br />

deren Inter-esse eben in Differenz und Wiederholung bestünde, also<br />

selbst, wenn man die Singularitäten ontologisiert, ist der<br />

Allgemeinbegriff des Seins notwendig).<br />

Im Gegensatz zu Adorno: Deleuze beruft sich zwar auf Kritik (was bei<br />

ihm nicht mehr heißt als Entscheidung, Scheidung, Teilung, Differenz<br />

…), aber nicht auf immanente Kritik. Weder setzt er sich mit zum Beispiel<br />

Hegel immanent auseinander, indem er die Hegelsche Logik<br />

nachvollzieht, noch lässt er es zu, dass man sich mit ihm selbst immanent<br />

auseinander setzt. (Man kann sagen: in Deleuze’ Welt ist immer schon<br />

alles auseinandergesetzt, entschieden, entfaltet.)<br />

Deleuze ist ungenau. Er arbeitet mit dieser theoretischen, begrifflichen,<br />

reflexiven Unschärfe allerdings als Genauigkeit. Das kann er machen,<br />

weil seine ›Begriffe‹ nicht Reflexionsbegriffe sind – ihnen liegt keine, im<br />

strengen Sinne, Begriffsarbeit zugrunde –, sondern eine Reihe<br />

Behauptungen. Zum Beispiel die Hegellektüre: Differenz und<br />

Wiederholung sind bei Hegel nichts, was jenseits vom Allgemeinen und<br />

Besonderen besteht. Nichts jenseits der Logik. Bei Deleuze werden die<br />

Differenz und die Wiederholung zu einem metaphysischen Reiche<br />

jenseits dieser Welt erklärt. Schlechte Metaphysik. Es ist Metaphysik<br />

genau in dem Punkt, wo dieser Kosmos von Ereignis, Singularität und<br />

Universalität Alles, nur keine Metaphysik, zu sein behauptet. Es gibt bei<br />

Deleuze keine Solidarität mit Metaphysik im Augenblick ihres Sturzes.<br />

Auch vor diesem Hintergrund (da es nicht einmal Immanenz im eigenen<br />

Kosmos Deleuze’ gibt, bleibt dieser merkwürdige Ereignishimmel, das<br />

Reich des Einzigartigen, Singulären: Hintergrund, Projektionsfläche,

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